Mährisches Tagblatt. Nr. 17, Olmütz, 21.01.1889.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insert[i]onsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 17. Olmütz, Montag den 21. Jänner 1889. 10. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Antisemitismus und Schule. Wien, 20. Jänner. (Orig.-Corr.) Antisemitismus und Schule -- wie reimt Vergani's Wahl ist nicht von dem Stand- Nun aber wird ein Mann im Bezirksschul- Eine ganz andere Frage ist, ob die Sache [Spaltenumbruch] Feuilleton. In den Wolken. Paris, im Januar. Es handelt sich hier nicht um Politik, noch Der Tag beginnt jetzt um 6 Uhr. Um diese Nach und nach treffen die Arbeiter ein; sie Dergestalt klettern sie jeden Morgen die Dieser erste Aufstieg nimmt eine Viertelstunde Wir befinden uns jetzt in einer Höhe von Hier beginnt die deutlich erkennbare Arbeits- Ungefähr fünfzig Männer bleiben in diesem Auf derselben Plattform befindet sich die be- Die Arbeit macht seither weit raschere Fort- In dieser ungemein regen Werkstätte, welche [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſert[i]onsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 17. Olmütz, Montag den 21. Jänner 1889. 10. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Antiſemitismus und Schule. Wien, 20. Jänner. (Orig.-Corr.) Antiſemitismus und Schule — wie reimt Vergani’s Wahl iſt nicht von dem Stand- Nun aber wird ein Mann im Bezirksſchul- Eine ganz andere Frage iſt, ob die Sache [Spaltenumbruch] Feuilleton. In den Wolken. Paris, im Januar. Es handelt ſich hier nicht um Politik, noch Der Tag beginnt jetzt um 6 Uhr. Um dieſe Nach und nach treffen die Arbeiter ein; ſie Dergeſtalt klettern ſie jeden Morgen die Dieſer erſte Aufſtieg nimmt eine Viertelſtunde Wir befinden uns jetzt in einer Höhe von Hier beginnt die deutlich erkennbare Arbeits- Ungefähr fünfzig Männer bleiben in dieſem Auf derſelben Plattform befindet ſich die be- Die Arbeit macht ſeither weit raſchere Fort- In dieſer ungemein regen Werkſtätte, welche <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt</hi><lb/> mit der illuſtr. W<supplied>o</supplied>chenbeilage<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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Sie machen alle Ver-<lb/> ſuche eine Vertretung in den Schulbehörden zu<lb/> erlangen, um von hier aus ihre Minirarbeit<lb/> gegen die Erziehungs- und Bildungs-Anſtalten<lb/> ins Werk ſetzen zu können. Freilich will ihnen<lb/> dieſes unpatriotiſche und unmenſchliche Be-<lb/> ginnen nicht immer und überall gelingen. Als<lb/> kürzlich die Wahlen für den Bezirksſchulrath<lb/> Krems abgehalten wurden, boten die Antiſemiten<lb/> des Bezirkes alle Mittel der Agitation auf, um<lb/> ihren Candidaten zum Siege zu verhelfen. Allein<lb/> Dank der Energie der fortſchrittlichen Partei ge<supplied>-</supplied><lb/> lang es, die Reactionäre vollſtändig zu ſchlagen<lb/> und dadurch das Attentat auf den bisherigen<lb/> guten Geiſt in der dortigen Schulverwaltung<lb/> abzuwehren. Nur ein gegneriſcher Candidat —<lb/> der Abg. Vergani, ergatterte im 2. Wahlgange<lb/> ein Mandat, während alle anderen Stellen wieder<lb/> in bewährten Händen liberaler Bürger ſich be-<lb/> finden. Die Wahl des Abg. Vergani ſteht im<lb/> geiſtigen Zuſammenhange mit einem Aufſatze der<lb/><cb/> „niederöſterreichiſchen Schulzeitung“, dem wir<lb/> folgende Stellen entnehmen.</p><lb/> <p>Vergani’s Wahl iſt nicht von dem Stand-<lb/> puncte aufzufaſſen, daß die Mehrzahl der Ge-<lb/> meindevertreter unſeres politiſchen Bezirkes im<lb/> Bürgermeiſter von Mühldorf eine geeignete Per-<lb/> ſönlichkeit erblickte, zur Vertretung ihrer Inte-<lb/> reſſen im Bezirksſchulrathe. Der Bürgermeiſter<lb/> von Mühldorf iſt es nicht, den wir meinen, wenn<lb/> wir ſeine Wahl mit aufrichtigen Bedauern zur<lb/> Kenntniß nehmen. Es iſt der Vertreter einer<lb/> politiſchen Richtung, die als der Fundamentalſatz<lb/> ihrer Beſtrebungen, den Antiſemitismus, die Be-<lb/> kämpfung des Judenthums, auf allen Gebieten<lb/> des öffentlichen Lebens hinſtellt. Und von dieſem<lb/> Standpuncte aus bedauern wir die Wahl dieſer<lb/> Perſönlichkeit in eine ſo wichtige Schulbehörde<lb/> ganz ebenſo, als wenn ein clericaler Hetzer der<lb/> ſchlimmſten Sorte gewählt worden wäre. Ja es iſt<lb/> gewiſſermaßen noch ſchlechter, denn ein Clerikaler,<lb/> ſagen wir ein Candidat unſeres regſamen „kath.<lb/> patriotiſchen“ Preßvereines kämpft mit offenem<lb/> Viſir. Man weiß, der Mann iſt freiwilliges oder<lb/> gezwungenes Werkzeug der großen ſchwarzen In-<lb/> ternationale. 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Nun iſt der gute<lb/> Mann Bergwerkbeſitzer, Landwirth, Bürgermeiſter,<lb/> Landtags- und Reichsraths-Abgeordneter, Heraus-<lb/> geber eines Tagblattes, und wer weiß was dies<lb/> beißt, der mag ſich fragen, was ihn nun anders<lb/> bewogen haben kann, auch noch die Wahl in den<lb/> Bezirksſchulrath Krems mit ſolchem Eifer anzu-<lb/> ſtreben, daß er es bis zur engeren Wahl kommen<lb/> ließ, daß ſeine Geſinnungsgenoſſen, der National-<lb/> verein, mit ſolchem Nachdrucke ſeine Wahl be-<lb/> trieben? In den meiſten Bezirksſchulräthen Nie-<lb/> deröſterreichs verſuchten jetzt die Antiſemiten<lb/> Stellen nach Möglichkeit zu erreichen, freilich faſt<lb/> ohne Erfolg. Aber man möge dort, wo man<lb/> Verſtändniß für die Schule hat und deren Be-<lb/> deutung kennt, ſie nicht ausliefern. 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Das Thermometer zeigt<lb/> 6 Grad unter Null.</p><lb/> <p>Hier beginnt die deutlich erkennbare Arbeits-<lb/> theilung.</p><lb/> <p>Ungefähr fünfzig Männer bleiben in dieſem<lb/> zweiten Stockwerke, um dasſelbe zu vollenden.<lb/> In der erſten Etage wird jetzt der franzöſiſch-<lb/> amerikaniſche Pavillon errichtet, welcher eines der<lb/> vier Reſtaurationslocale bilden wird, die im<lb/> Thurm<supplied>e</supplied> angebracht ſein werden; dieſelben wer-<lb/> den, den Plänen nach, geräumig genug angelegt<lb/> ſein, um jedes zweihundertfünfzig Tiſchchen, für<lb/> je zwei Gäſte berechnet, zu faſſen, und jetzt wird<lb/> eben die letzte Hand an die prachtvolle Rund-<lb/> galerie gelegt, deren vergoldete Plafondfelder und<lb/> farbige Glasmalereien die allgemeine Bewunderung<lb/> erregen werden. 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Dem Reſtaurateur wurde die<lb/> Verpflichtung auferlegt, den Arbeitern nur die<lb/> Hälfte des Tarifes zu rechnen, wie er in den<lb/> Wirthshäuſern der Umgebung üblich iſt, und blos<lb/> unter dieſer Bedingung liefert ihm Herr Ciffel<lb/> das Brennmaterial unentgeltlich und zahlt dem<lb/> Reſtaurateur außerdem einen Zuſchuß von 60<lb/> Centimes für jede Mahlzeit. Der Arbeiter hat<lb/> alſo hier für ſein Mittageſſen blos einen ganz<lb/> unbedeutenden Betrag auszugeben und er verliert<lb/> weder ſeine Zeit, noch ſeine Kräfte mit dem wie-<lb/> derholten Hinauf- und Herabſteigen.</p><lb/> <p>Die Arbeit macht ſeither weit raſchere Fort-<lb/> ſchritte.</p><lb/> <p>In dieſer ungemein regen Werkſtätte, welche<lb/> ſich in einer Höhe von hundertfünfzehn Meter<lb/> über dem Boden befindet und die mit Dampf-<lb/> maſchinen und Aufzugswinden angefüllt iſt, hat<lb/> der Arbeiter noch nicht viel von der Kälte zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Das
„Mähriſche Tagblatt
mit der illuſtr. Wochenbeilage
„Illuſtrirt. Sonntagsblatt“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich
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Heinrich Schalek, Annon-
cen Exped. in Wien, I. Woll-
zeile Nr. 11, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Baſel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse in Wien, München u.
Berlin, M. Dukes, Wien I.
Schulerſtraße 8. G. L. Daube
u. Co. Frankfurt a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen
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reaus des In- u. Auslandes.
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zurückgeſtellt.
Nr. 17. Olmütz, Montag den 21. Jänner 1889. 10. Jahrgang.
Antiſemitismus und Schule.
Wien, 20. Jänner. (Orig.-Corr.)
Antiſemitismus und Schule — wie reimt
ſich das zuſammen? Man ſollte glauben, daß es
das Beſtreben aller ehrlichen Menſchen, eines jeden
Jugendfreundes ſein muß, der Leidenſchaft an der
Schulpfoſte Halt zu gebieten und namentlich Alles
zu vermeiden, damit das leicht empfängliche jugend-
liche Gemüth nicht verwildert und verroht werde.
Und doch finden ſich Perſonen, welche kein Be-
denken tragen, den Haß und die Zwietracht ſelbſt
in die Schule zu verpflanzen! Sie machen alle Ver-
ſuche eine Vertretung in den Schulbehörden zu
erlangen, um von hier aus ihre Minirarbeit
gegen die Erziehungs- und Bildungs-Anſtalten
ins Werk ſetzen zu können. Freilich will ihnen
dieſes unpatriotiſche und unmenſchliche Be-
ginnen nicht immer und überall gelingen. Als
kürzlich die Wahlen für den Bezirksſchulrath
Krems abgehalten wurden, boten die Antiſemiten
des Bezirkes alle Mittel der Agitation auf, um
ihren Candidaten zum Siege zu verhelfen. Allein
Dank der Energie der fortſchrittlichen Partei ge-
lang es, die Reactionäre vollſtändig zu ſchlagen
und dadurch das Attentat auf den bisherigen
guten Geiſt in der dortigen Schulverwaltung
abzuwehren. Nur ein gegneriſcher Candidat —
der Abg. Vergani, ergatterte im 2. Wahlgange
ein Mandat, während alle anderen Stellen wieder
in bewährten Händen liberaler Bürger ſich be-
finden. Die Wahl des Abg. Vergani ſteht im
geiſtigen Zuſammenhange mit einem Aufſatze der
„niederöſterreichiſchen Schulzeitung“, dem wir
folgende Stellen entnehmen.
Vergani’s Wahl iſt nicht von dem Stand-
puncte aufzufaſſen, daß die Mehrzahl der Ge-
meindevertreter unſeres politiſchen Bezirkes im
Bürgermeiſter von Mühldorf eine geeignete Per-
ſönlichkeit erblickte, zur Vertretung ihrer Inte-
reſſen im Bezirksſchulrathe. Der Bürgermeiſter
von Mühldorf iſt es nicht, den wir meinen, wenn
wir ſeine Wahl mit aufrichtigen Bedauern zur
Kenntniß nehmen. Es iſt der Vertreter einer
politiſchen Richtung, die als der Fundamentalſatz
ihrer Beſtrebungen, den Antiſemitismus, die Be-
kämpfung des Judenthums, auf allen Gebieten
des öffentlichen Lebens hinſtellt. Und von dieſem
Standpuncte aus bedauern wir die Wahl dieſer
Perſönlichkeit in eine ſo wichtige Schulbehörde
ganz ebenſo, als wenn ein clericaler Hetzer der
ſchlimmſten Sorte gewählt worden wäre. Ja es iſt
gewiſſermaßen noch ſchlechter, denn ein Clerikaler,
ſagen wir ein Candidat unſeres regſamen „kath.
patriotiſchen“ Preßvereines kämpft mit offenem
Viſir. Man weiß, der Mann iſt freiwilliges oder
gezwungenes Werkzeug der großen ſchwarzen In-
ternationale. Gut, ſo werden ſich vorurtheilsfreie,
denkende, Freiheit- und Fortſchritt liebende Männer
finden, die Beſtrebungen á la Liechtenſtein mit
Entſchiedenheit zurückweiſen.
Nun aber wird ein Mann im Bezirksſchul-
rathe Krems ſitzen, der ſcheinbar nicht Clerikaler
iſt und doch die reactionären Tendenzen derſelben
fördert, der ſich wenigſtens als Politiker von Fach
dünkt und der ſeine politiſchen Anſichten überall
und jederzeit zur Geltung zu bringen ſuchen
wird, der die gerade ſeiner Partei eigentümliche
Rückſichtsloſigkeit und deren lärmendes Gebahren
hier gerade ſo wie ſonſt bethätigen wird. In wird
ſich vielleicht mancher unſerer Leſer fragen, hätte
er dieſem Rufe nicht Folge leiſten ſollen? Nein!
Herr Vergani gehört zur Partei, deren Wortführer
ſo oft gegen die Anhäufung von Aemtern in
einer Perſon ſo heftig donnert. Nun iſt der gute
Mann Bergwerkbeſitzer, Landwirth, Bürgermeiſter,
Landtags- und Reichsraths-Abgeordneter, Heraus-
geber eines Tagblattes, und wer weiß was dies
beißt, der mag ſich fragen, was ihn nun anders
bewogen haben kann, auch noch die Wahl in den
Bezirksſchulrath Krems mit ſolchem Eifer anzu-
ſtreben, daß er es bis zur engeren Wahl kommen
ließ, daß ſeine Geſinnungsgenoſſen, der National-
verein, mit ſolchem Nachdrucke ſeine Wahl be-
trieben? In den meiſten Bezirksſchulräthen Nie-
deröſterreichs verſuchten jetzt die Antiſemiten
Stellen nach Möglichkeit zu erreichen, freilich faſt
ohne Erfolg. Aber man möge dort, wo man
Verſtändniß für die Schule hat und deren Be-
deutung kennt, ſie nicht ausliefern. Jeder Erfolg der
Antiſemiten bildet eine neue ernſte Mahnung.
Dieſer Partei handelt es ſich, wie wir ſchon oft
gezeigt darum, jeden Poſten, der ſich erobern läßt,
in die Hand zu bekommen — ſie haben Recht
von ihrem Standpuncte.
Eine ganz andere Frage iſt, ob die Sache
der Schule dieſer ſo hochwichtigen und ſo arg
gefährdeten Inſtitution des modernen Staates
durch die Wahl eines antiſemitiſchen Wortführers
gewinnt. Wir ſagen offen: Nein! Es iſt gar
nicht möglich. Wer will leugnen, daß die öſterr.
Feuilleton.
In den Wolken.
Paris, im Januar.
Es handelt ſich hier nicht um Politik, noch
auch um einen Congreß von Meteorologen, der
die Ausſicht auf endloſe Discuſſionen über das
Wetter böte; es iſt einfach der Eiffelthurm, von
dem hier die Rede iſt, von ihm und von den
Hunderten von Menſchen, welche trotz Wind, Re-
gen und Schnee immer höher dringen und raſtlos
an der Vollendung dieſes ungeheuren babyloni-
ſchen Thurmes arbeiten, an deſſen Fuße bereits
jetzt ein Gewirre von Sprachen herrſcht.
Der Tag beginnt jetzt um 6 Uhr. Um dieſe
Zeit iſt es auf der noch ſchlummernden Bauſtätte
todtenſtill; die ſchlammigen Furchen, die Tags zu-
vor von den Rädern der Karren gezogen wurden,
ſind durch den Froſt ſo hart geworden, wie die
Unmaſſen von Eiſen, die durch den Reif wie kan-
dirt auf den Schienen ſchlummern, und in dem
noch unbeſtimmten Lichte des werdenden Tages
gewinnt der Thurm faſt das Ausſehen eines rie-
ſigen Spinngewebes, deſſen Silberfäden ſich von
dem nebeligen Hintergrunde abheben. Das Ther-
mometer zeigt 4 Grad unter Null.
Nach und nach treffen die Arbeiter ein; ſie
ſind faſt halb erſtarrt vor Kälte, ihre Geſichter
ſind faſt verborgen unter den Mützen aus Otter-
fell, deren Krämpen über die Ohren hinabgezogen
ſind; ihr Leib iſt in dichte Tricotſtoffe gehüllt
und ihre Hände ſind in den Taſchen verborgen.
So ſchreiten ſie mit gebeugtem Oberkörper heran,
um dem Winde weniger Spielraum zu bieten,
und klimmen dann den Thurm empor, langſam,
ſchweigend, anſcheinend faſt unbewußt, als ob ſie
Nachtwandler wären.
Dergeſtalt klettern ſie jeden Morgen die
960 Stufen empor, welche ſie von der zweiten
Plattform trennen; ihre ſchweren, eiſenbeſchlagenen
Schuhe knitſchen auf den Eiſen der Treppe,
während das Marsfeld, dieſer ungeheuere Bienen-
korb mit ſeinen Galerien und Dächern, das
während der Nacht wie von einer Rieſenhand
mit Zucker beſtreut worden zu ſein ſcheint, vor
ihnen langſam verſinkt.
Dieſer erſte Aufſtieg nimmt eine Viertelſtunde
in Anſpruch.
Wir befinden uns jetzt in einer Höhe von
hundertfünfzehn Metern. Das Thermometer zeigt
6 Grad unter Null.
Hier beginnt die deutlich erkennbare Arbeits-
theilung.
Ungefähr fünfzig Männer bleiben in dieſem
zweiten Stockwerke, um dasſelbe zu vollenden.
In der erſten Etage wird jetzt der franzöſiſch-
amerikaniſche Pavillon errichtet, welcher eines der
vier Reſtaurationslocale bilden wird, die im
Thurme angebracht ſein werden; dieſelben wer-
den, den Plänen nach, geräumig genug angelegt
ſein, um jedes zweihundertfünfzig Tiſchchen, für
je zwei Gäſte berechnet, zu faſſen, und jetzt wird
eben die letzte Hand an die prachtvolle Rund-
galerie gelegt, deren vergoldete Plafondfelder und
farbige Glasmalereien die allgemeine Bewunderung
erregen werden. Auf der zweiten Plattform regeln
einige Arbeiter den Gang der Maſchinen und
überwachen die Arbeit der Krahne und Flaſchen-
züge, die Werkſtücke von drei- bis viertauſend
Tonnen Gewicht emporziehen; andere wieder
ſchieben kleine, mit Holz oder Eiſen beladene
kleine Waggons auf Schienen bis an den Fuß
der Pfeiler, wo die Kettenhaken der hoch oben
poſtirten beweglichen Krahne dieſe Laſten erfaſſen
und geräuſchlos in die Höhe ziehen, als ob ſie
ein leichtes Strohbündel wären.
Auf derſelben Plattform befindet ſich die be-
rühmte Cantine, welche ſeit vierzehn Tagen daſelbſt
für die Arbeiter errichtet iſt; es iſt dies ein langes
und niedriges Gemach, in welchem unausgeſetzt
das Feuer zweier Oefen brennt und wo die Werk-
leute ihre Mahlzeiten mit einem ſehr bedeutenden
Nachlaß erhalten. Dem Reſtaurateur wurde die
Verpflichtung auferlegt, den Arbeitern nur die
Hälfte des Tarifes zu rechnen, wie er in den
Wirthshäuſern der Umgebung üblich iſt, und blos
unter dieſer Bedingung liefert ihm Herr Ciffel
das Brennmaterial unentgeltlich und zahlt dem
Reſtaurateur außerdem einen Zuſchuß von 60
Centimes für jede Mahlzeit. Der Arbeiter hat
alſo hier für ſein Mittageſſen blos einen ganz
unbedeutenden Betrag auszugeben und er verliert
weder ſeine Zeit, noch ſeine Kräfte mit dem wie-
derholten Hinauf- und Herabſteigen.
Die Arbeit macht ſeither weit raſchere Fort-
ſchritte.
In dieſer ungemein regen Werkſtätte, welche
ſich in einer Höhe von hundertfünfzehn Meter
über dem Boden befindet und die mit Dampf-
maſchinen und Aufzugswinden angefüllt iſt, hat
der Arbeiter noch nicht viel von der Kälte zu
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(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
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