Mährisches Tagblatt. Nr. 204, Olmütz, 05.09.1888.[Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 204. Olmütz, Mittwoch den 5. September 1888. 9. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Angefährliche Drohungen. Olmütz, 5. September. Die Freunde und Anhänger des Prinzen Manches bedrückte clericale Gemüth mag [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der schwarze Heiland. Eine Geschichte von Massauah. Nachdruck verboten Die Einladung des jungen Bildhauers Es war ein Kunstwerk von edler Einfach- Nachdem er die Runde gemacht, stellte er "Ja," erwiderte Walter, "Jonas ist ein "Mit welcher Ehrerbietung er vor dem blei- "Diese Frage, gnädige Frau," bemerkte Consul [Spaltenumbruch]
Das Abonnement für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummer 5 Kreuzer. [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 204. Olmütz, Mittwoch den 5. September 1888. 9. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Angefährliche Drohungen. Olmütz, 5. September. Die Freunde und Anhänger des Prinzen Manches bedrückte clericale Gemüth mag [Spaltenumbruch] Feuilleton. Der ſchwarze Heiland. Eine Geſchichte von Maſſauah. Nachdruck verboten Die Einladung des jungen Bildhauers Es war ein Kunſtwerk von edler Einfach- Nachdem er die Runde gemacht, ſtellte er „Ja,“ erwiderte Walter, „Jonas iſt ein „Mit welcher Ehrerbietung er vor dem blei- „Dieſe Frage, gnädige Frau,“ bemerkte Conſul <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt“</hi><lb/> mit der illuſtr. Wochenbeilage<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. 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In der fernſten Atelier-<lb/> Ecke, welche hinter einer abſchließenden Draperie<lb/> die Ausſtattung eines gothiſchen Schloßerkers<lb/> aufwies, ſaßen die Gäſte, Herr Schuldirector<lb/> a. D. Berger mit Mrs. Berger, Herr Tendorf,<lb/> der Straußenzüchter ſammt Gemahlin, Conſul<lb/> Rolland und die Herren Reim, Kufen und Nuß-<lb/> berg in bunter Unordnung auf den hohlehnigen,<lb/> geſchnitzten Stühlen und ſchweren Schemeln und<lb/> ſuchten unter dem ſchwarzen Tuche, welches einen<lb/> Theil der Rückwand deckte, das neue Bildwerk<lb/> zu errathen. 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Ich meine, daß man Negern, deren<lb/> Bekehrer und Belehrer Europäer ſind, wo alſo dieſe<lb/> als Träger des neuen Glaubens vor ihnen ſtehen,<lb/> einen ariſchen Gottesſohn als höheres Weſen vor<lb/> Augen halten muß, hat uns Weißen doch der<lb/> beſchränkte Intellect dieſer Kindmenſchen eine Voll-<lb/> kommenheit angedichtet, die wir freilich weniger<lb/> unſern Tugenden, als vielmehr unſerer, im<lb/> Kampfe der Menſchen untereinander entwickelten<lb/> Intelligenz verdanken. Sollte aber ein ſchwarzer<lb/> Miſſionär im Innern des ſchwarzen Continents<lb/> — wohin noch keines Weißen Fuß gedrungen iſt<lb/> — ſeine Stammesgenoſſen bekehren wollen, ſo<lb/> wird er wohl, um der Lehre vom Gottgeworde-<lb/> nen Menſchen bei ihnen Halt zu verſchaffen,</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Das
„Mähriſche Tagblatt“
mit der illuſtr. Wochenbeilage
„Illuſtrirt. Sonntagsblatt“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags
im Adminiſtrations-Locale
Niederring Nr. 41 neu
ober den Fleiſchbänken.
Abonnement für Olmütz:
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Monatlich fl. —.90
Zuſtellung ins Haus monat-
lich 10 Kreuzer.
Auswärts durch die Poſt:
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Einzelne Nummer 5 Kreuzer.
Mähriſches
Tagblatt.
Inſertionsgebühren
Die 4mal geſpaltene Petitzeil
oder deren Raum 6 Kreuzer.
Außerhalb Olmütz überneh-
men Inſe ons-Aufträge:
Heinrich Schalek, Annon-
cen-Exped. in Wien, I. Woll-
zeile Nr. 11, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Baſel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse in Wien, München u.
Berlin, M. Dukes, Wien I.
Schulerſtraße 8. G. L. Daube
u. Co. Frankfurt a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen
bureau in Hamburg, ſowie
ſämmtl. conc. Inſertions Bu-
reaus des In- u. Aus landes
Manuſcripte werden nicht
zurückgeſtellt.
Nr. 204. Olmütz, Mittwoch den 5. September 1888. 9. Jahrgang.
Angefährliche Drohungen.
Olmütz, 5. September.
Die Freunde und Anhänger des Prinzen
Liechtenſtein mögen hinſichtlich der Schule doch
nicht ſo ſicher ſein, als ſie ſich den Anſchein geben,
denn ſonſt würden ſie nicht gleich ängſtlichen und
gereizten Leuten, die ununterbrochen den Gegen-
ſtand ihrer Herzenswünſche im Munde führen,
immer wieder auf das vorausſichtliche Schickſal
ihres Antrages zu ſprechen kommen, würden nicht
fortwährend den günſtigen Stand ihrer Sache
betheuern, würden ſich auch nicht zu Drohungen
wider die Regierung und die Bundesgenoſſen auf
der Rechten verſteigen. Wer ſich ſicher fühlt, der
führt eine andere Sprache und bewahrt eine beſ-
ſere Haltung, der greift vor Allem nicht zu Mit-
teln, die am Allerwenigſten von den Angehörigen
einer Partei in Anwendung gebracht werden ſol-
len, die behauptet, ſich die Rettung der Sittlich-
keit zur Aufgabe geſtellt zu haben. So war bei-
ſpielsweiſe kürzlich in einem Berichte über eine
Pfarrgruppen-Verſammlung des Katholiſchen
Schulvereines zu leſen, die in Graz verſammelt
geweſenen fortſchrittlichen Schulmänner hätten
ihren Freiſinn vor Allem dadurch bethätigt, daß ſie
einen vielgenannten Lehrer nicht zum Worte kom-
men ließen, während dieſer vielgenannte Lehrer
gar nicht in Graz geweſen iſt. In Wirklichkeit
ſcheint den Herren wegen des Schickſals ihres
Lieblingsantrages recht bange zu ſein, weniger
vielleicht in Bezug auf die erſte Leſung, als be-
züglich deſſen, was ſpäter kommen könnte. That-
ſächlich hegt mit Ausnahme der Clericalen keine
Partei den Wunſch nach einer ſo radicalen Aen-
derung im Schulweſen, wie Prinz Liechtenſtein
und ſein Anhang dieſelbe verlangen. Den maß-
vollen Gegnern der achtjährigen Schulpflicht genügt
ſo ziemlich die Erleichterung, welche ſchon jetzt
eingetreten iſt, und nur in dieſer Richtung ſtre-
ben ſie neue Zugeſtändniſſe an. Die Polen, welche
man ſchlauer Weiſe durch eine Ausnahmsſtellung
ködern wollte, erheben trotzdem gegen den Liech-
tenſtein’ſchen Antrag ſchwere Bedenken, die
ihrem beſonderen Verhältniſſe zu den Ru-
thenen entſpringen. Die Alttſchechen, ſonſt
nicht abgeneigt, aus parteitactiſchen Gründen den
clericalen Freunden zu Hilfe zu kommen, ſehen
ſich durch den wachſenden Einfluß der Jung-
tſchechen auch auf dieſem Gebiete in nicht geringe
Verlegenheit verſetzt. So viel muß auch dem
Zweifler klar werden, daß das tſchechiſche Volk
in ſeinem Kerne die Auslieferung der Schule an
die Geiſtlichkeit nicht wünſcht und da die alt-
tſchechiſchen Abgeordneten ohnehin genug zu thun
haben, um ſich ihrer radicalen Mitbewerber zu
erwehren, ſo iſt nicht anzunehmen, daß Diejeni-
gen von ihnen, welche gefährdete Bezirke vertre-
ten, ſich allzu eilig zur Heeresfolge für den Prin-
zen Liechtenſtein herandrängen werden. Es iſt
möglich, daß man in der entſcheidenden Stunde
Manchen vermißt, auf welchen vordem ſicher ge-
rechnet wurde. Auch die übrigen nationalen Par-
teien und Fähnlein werden ſich kaum beeilen,
ihre Ueberzeugung der clericalen Herrſchſucht zu
opfern; ſie haben Rückſicht zu nehmen auf den
intelligenten Theil ihres Volkes und dürfen vor
Allem nicht vergeſſen, daß der beſſere Theil der
Lehrer aller Nationalitäten dem Antrage des
Prinzen Liechtenſtein ablehnend gegenüber ſteht.
Manches bedrückte clericale Gemüth mag
ſchon heute im Stillen flehen: Regierung, hilf!
Es wäre ja für die unverſöhnlichen Gegner der
neuen Schule recht erfreulich, wenn die Regie-
rung die Vermittlung in ihre Hand nehmen und
die Gegner der Lex Liechtenſtein auf der Rech-
ten durch nationale und wirthſchaftliche Zuge-
ſtändniſſe, die natürlich wieder die Deutſchen be-
zahlen müßten gefügig machen wollte. Die Ver-
treter deutſcher Landbezirke in den Alpenländern
würden dagegen ſchwerlich eine Einwendung er-
heben. Aber bis jetzt hat es noch nicht den An-
ſchein, daß die Regierung zu einer ſolchen Dienſt-
leiſtung ſehr bereitwillig wäre; verſchiedene An-
zeichen laſſen im Gegentheile auf eine Verſtim-
mung der clericalen Partei ſchließen, die durch
die unangenehme Gleichgiltigkeit hervorgerufen
wurde, welche in Wien hinſichtlich des rückſchritt-
lichen Schulantrages herrſcht. Eines dieſer An-
zeichen erblicken wir in der Haltung eines her-
vorragenden Tiroler Abgeordneten clericaler Farbe.
Derſelbe rief bekanntlich in einer Wählerverſamm-
lung aus, ſeine Partei ſei feſt entſchloſſen, die
confeſſionelle Schule zu erringen, ſie fürchte ſich
auch nicht vor dem etwaigen Widerſtande der Re-
gierung, ſie ſei vielmehr entſchloſſen, wenn nö-
thig, auch gegen dieſe in Oppoſition zu treten.
Das klingt gerade nicht hoffnungsfreudig; wer ſo
ſpricht, der verräth dem Zuhörer, daß gewaltige
Hinderniſſe ſich der Erfüllung des Lieblingswun-
ſches der Partei entgegenſtellen. Ob die Regie-
rung ſich durch dieſe und ähnliche Drohungen,
Feuilleton.
Der ſchwarze Heiland.
Eine Geſchichte von Maſſauah. Von Otto Fuchs.
Nachdruck verboten
Die Einladung des jungen Bildhauers
Siegfried Walter an einige Bekannte, ſeine neueſte
Sculptur beſichtigen zu kommen, hatte in ſeiner
Arbeitsſtätte eine Anzahl Deutſcher der Colonie
von Kairo verſammelt. In der fernſten Atelier-
Ecke, welche hinter einer abſchließenden Draperie
die Ausſtattung eines gothiſchen Schloßerkers
aufwies, ſaßen die Gäſte, Herr Schuldirector
a. D. Berger mit Mrs. Berger, Herr Tendorf,
der Straußenzüchter ſammt Gemahlin, Conſul
Rolland und die Herren Reim, Kufen und Nuß-
berg in bunter Unordnung auf den hohlehnigen,
geſchnitzten Stühlen und ſchweren Schemeln und
ſuchten unter dem ſchwarzen Tuche, welches einen
Theil der Rückwand deckte, das neue Bildwerk
zu errathen. Der junge Künſtler war eben auf
das angekündigte Schellen des Flurtelegraphen
einem neuen Gaſte entgegengegangen und betrat
nun neuerdings den Erker in Begleitung des
Doctor Heidenreich, deſſen hageres Geſicht noch
von den aufreibenden Mühſeligkeiten ſeiner letzten
Forſchungsreiſe nach den Tropen zeigte, während
die großen, dunklen Augen in jenem Feuer glüh-
ten, welches als dichteriſcher Hochflug ſo oft in
ſeinen Schriften aufflammte. Er ward aufs
wärmſte begrüßt und ſofort von den beiden Da-
men in Anſpruch genommen; der junge Bild-
hauer, der nur auf ſein Erſcheinen gewartet zu
haben ſchien, trat an die Wand und ließ mit
einem leichten Zug an der Leine die Hülle fallen.
Ein weißer Chriſtus auf ſchwarzem Kreuze ge-
bannt leuchtete von dem lichtbraunen Wandge-
täfel auf. Die Gäſte ſtießen ein Ahehrfurchts-
voller Bewunderung aus.
Es war ein Kunſtwerk von edler Einfach-
heit und Schöne, dieſes Chriſtusbild in ziem-
licher Größe, gefertigt aus mattgetontem weiß-
gelbem Elfenbein, das ſich in allen ſeinen reinen
Linien plaſtiſch von dem tiefdunklen Ebenholz-
kreuze abhob. Der Künſtler nahm mit ruhigem
Lächeln all’ die naive Gefühlskritik ſeiner Gäſte
entgegen und gab auf Befragen bereitwillig die
Auskunft, daß das Kreuz für Lord W ... be-
ſtimmt ſei, der ſich auf ſeinen Jagden im Innern
einmal einem Elefanten gegenüber in Lebensge-
fahr befunden hatte und aus Dankbarkeit für
ſeine Errettung aus dem gleichen mächtigen
Stoßzahn, der ihn bedroht, das Bild ſchnitzen
ließ, um ſeine Schloßcapelle damit zu zieren.
Dann ſprach man über die verſchiedenen Dar-
ſtellungen des Gekreuzigten über die künſt-
leriſche Auffaſſung des Gottesſohnes und über
die Stoffe, die von den verſchiedenen Künſtlern
zur Ausgeſtaltung des Bildes verwendet worden
waren, — Frau Tendorf, die in der heißen
Morgenſonne zur Stadt gefahren war und an
Durſt litt, erbat ſich im Laufe des Geſprächs
ein Glas Waſſer, was den jungen Künſtler ver-
anlaßte, in die Hände zu klatſchen und dem zwi-
ſchen den Portieren erſcheinenden ſchwarzen Diener
die Weiſung zu ertheilen, Erfriſchungen zu rei-
chen. Der Diener, ein ſtämmiger Neger in blü-
thenweißem Faltenkleide, betrat nach kurzem
Fernſein wieder den Erker und bot Confect und
Sorbett herum.
Nachdem er die Runde gemacht, ſtellte er
das Tablett auf den Tiſch, ſchritt nach dem
Chriſtusbilde und ſchlug das rechte Knie beu-
gend, andachtsvoll ein Kreuz. Die Gäſte hatten
den religiöſen Gruß des Schwarzen bemerkt und
als er den Erker verlaſſen, fragte Conſul Rol-
land den Künſtler: „Iſt er Chriſt?“
„Ja,“ erwiderte Walter, „Jonas iſt ein
Zögling der Miſſion im Chartum.“
„Mit welcher Ehrerbietung er vor dem blei-
chen Gekreuzigten kniete!“ ſagte Mrs. Berger.
„Ich möchte wiſſen, ob er einen Jeſus aus Eben-
holz, der ſeine eigenen Raſſenmerkmale trägt, die
gleiche Ehrſurcht bezeugen würde?“
„Dieſe Frage, gnädige Frau,“ bemerkte Conſul
Rolland, „läßt ſich nur durch Vermuthungen be-
antworten. Ich meine, daß man Negern, deren
Bekehrer und Belehrer Europäer ſind, wo alſo dieſe
als Träger des neuen Glaubens vor ihnen ſtehen,
einen ariſchen Gottesſohn als höheres Weſen vor
Augen halten muß, hat uns Weißen doch der
beſchränkte Intellect dieſer Kindmenſchen eine Voll-
kommenheit angedichtet, die wir freilich weniger
unſern Tugenden, als vielmehr unſerer, im
Kampfe der Menſchen untereinander entwickelten
Intelligenz verdanken. Sollte aber ein ſchwarzer
Miſſionär im Innern des ſchwarzen Continents
— wohin noch keines Weißen Fuß gedrungen iſt
— ſeine Stammesgenoſſen bekehren wollen, ſo
wird er wohl, um der Lehre vom Gottgeworde-
nen Menſchen bei ihnen Halt zu verſchaffen,
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