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Mährisches Tagblatt. Nr. 271, Olmütz, 28.11.1887.

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[Spaltenumbruch] am Ende des Aufenthaltes in Baveno fühlbar machte,
ist dies die erste directe Aeußerung des Kronprinzen,
welche zur öffentlicheu Kenntniß gelangt. Das augen-
blicklich verhältnißmäßige Wohlbefinden des Kron-
prinzen darf freilich nicht überschätzt werden. Wich-
tiger ist, daß, wie jetzt keinem Zweifel mehr unter-
liegt, Virchow bei der mikroskopischen Untersuchung
des Auswurfes des Kronprinzen keinerlei Spuren
gefunden hat, welche auf Krebskrankheit hindeuten.
Es f[e]hlt in Berlin auch nicht an ärztlichen Stim-
men, welche das Vorhandensein eines Krebses noch
durchaus nicht als unumstößlich feststeh[e]nd betrachten
wollen. Man hört vielfach darauf hinweisen, daß
gewisse andere Krankheitserscheinungen große Aehnlich-
keit mit Krebsbildungen zeigen können. Thatsache ist,
daß Dr. Schmiedt bei seiner Anwesenheit in Berlin
gegenüber Aerzten die, wenn auch entfernte Möglich-
keit des Vorhaudenseins einer andern Krankheitsform
erwähnt hat. Er habe zu diesem Zwecke nach Ableh-
nung der Operation in San Remo eine Behandlung
mit Jodkalium vorgeschlagen, welche schon im August
mit Erfolg angewendet worden sei. Die übrigen Aerzte
hätten indessen diese Behandlung abgelehnt. Im
Berliner Publicum ist man noch mehr geneigt, das
zu hoffen was man wünscht.

(Das neueste Merk Sardon's.)

Aus
Paris wird geschrieben, daß das vorgestern an
der "Porte S. Martin" gegebene fünfactige Drama
Sarvou's: "La Fosca" einen großen Erfolg
hatte. Sarah Bernhardt, weiche die Hauptrolle
spielte, wurde durch stürmischen Beifall ausge-
zeichnet. Die Handlung des Drama's spielt in
Rom im Jahre 1800, kurze Zeit nach dem Rück-
zuge der Franzosen und der Einnahme der ewigen
Stadt durch die Neapolitaner.

(Schönheits-Concurrenz.)

Im Laufe der
nächstjährigen Saison wird im belgischen Bad[e]-
o[r]te Spaa ein internationaler Wettbewerb für
weibliche Schönheit stattfinden. Der erste Preis
besteht in einer Geldprämie von 10.000 Francs,
der zweite beträgt 5000 Francs etc. Ein äynlicher
W[e]t[t]bewerb hat im vergangenen Sommer in
Brüssel stattgefunden, die Preise waren jedoch
viel niedriger. Außerdem soll noch ein Schön-
heitspreis für die von dem internationalen Wett-
bewerbe ausgeschlossenen Jungfrauen des Bade-
ortes gestistet werden.

(Die Toiletten aus "Le Souris.")

Man
schr[e]ibt aus Paris: "Die Mode hat bei der letz-
ten Premiere in der Comedie Francaise eine Art
General-Probe Desjen[ig]en gebracht, das sie heuer
geschaffen. Mlle. Bartet trug eine heliotropfar-
bene Keschemir-Robe mit einer Renaissance-Weste
und Gold Galons. Viel Aussehen machte ein
Su[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]ah-Mantel in der bekannten Schattirung:
Flohsarben. Den Entsagungsact spielte die Künst-
lerin in einer stahlgrauen Seidentoilette, das
Leibchen mit Stahlnägein beschlagen, was ver-
muthlich andeuten sollte, daß ihr Herz von allen
Seiten durchbohrt werde. Jeaune Samory, die
lachende Schönheit, trug kühn ein grellrothes Kleid
mit Silberstickereien, darauf eine weiße Tunique,
die mit rothen Sammtnelken gerafft war. Ihre
Rival[i]n, Madame Broisat, kam äußerst jugend-
lich in rosa Atlas.

(Die Affaire Caffarel.)

Man meldet aus
Paris unterm 27. November: Im Enquete-Aus-
schuß[e] hatten gestern General Caffarel, Frau
Limousin, ferner der Lorenz und Baron
Kraitomayer Verhöre zu bestehen Der "Gaulois"
weiß bierüber zu erzählen, daß Frau Limousin
sich in folgender Weise äußerte: "Ich begreife
nicht meine Herren, daß die Mitglieder eines
parlamentarischen Ausschusses, welche ehrenhafte
Männer sein sollten, mein Zeugniß anrufen,
nachdem sie schon Straßendirnen ihr Ohr gelie
hen hatten. Ich bin es mir selbst schuldig,
nicht auf ihre Frage zu antworten und
Herr Lorenz, der mich begleitet, wird es ebenso
wenig thun." Nachdem Frau Limonsin so gespro-
chen hatte, erhob sie sich und sagte in gebiete-
rischem Tone zu ihrem Gefährten: "Kommen Sie,
Lorentz, wir wollen diese Herren allein lassen".

(Die rauhe Jahreszeit)

mit ihren kalten
Nebeln und eisigen Stürmen ist heuer plötzlich und
frühzeitiger als sonst über uns herein gebrocheu.
Tausende leiden in Folge davon an Erkrankungen
der Respirationsorgane, an Husten, Kehlkopfkatarrhen
und ähnlichen Affectionen. Der wohlschmeckende und
erfrischende Mattoni'sche Gießhübler Sauerbrunn be-
sitzt in solchen Fällen eine anerkannt lösende, be-
[Spaltenumbruch] ruhigende und heileude Wirkung, eignet sich vorzüg-
lich zu einer selbstständigen Hauscur und ist (be-
sonders mit warmer Milch genossen) bei diesen Er-
scheinungen ein Kurmittel ersten Ranges. Man hüte
sich vor Fälschungen.

(Du sollst und mußt [l]a[c]h[en]!)

[Vor] eini-
gen und zwanzig Jahren war General Belzu das
anerkannte Haupt der Republik Bolivia (Südamerika).
Seine ganz besondere Art, die Vertreter fremder
Mächte zu behandeln, machte die Freude seiner Zeit-
genossen aus. Hier ein kleines Beispiel von vielen:
Die Tochter Belzu's war trotz ihrer fünfzehn Jahre,
ihrer Schönheit und ihres Reichthums im Begriff,
vor Langeweile an einem unheilbaren Spleen zu
sterben. Vergebens versuchten die Aerzte zu La Paz
all' ihre Kunst; sie mußten schließlich ihre Ohn-
macht gegenüber einer so unergründlichen Krankheit
eingestehen. Der unglückliche Präsident beschwor sein
bleiches Kind, ihm zu sagen, was ihm fehle, irgend
einen Wunsch auszuspiechen, dessen Erfüllung sie
h[e]iter und zufrieden machte und ihr auch nur ein-
mal ein Lachen abgewinne. Das junge Mädchen gab
einen Augenblick seine träumerische Stimmung auf
und ließ die Worte fallen: Ich werde lachen, wenn
ich den englischen Gesandten werde lachen sehen!"
Den Gesandten, bevollmächtigten Minister und Ver-
treter Ihrer britanischen Majestät hatte noch kein
Mensch lachen sehen. Er war eine vornehme Per-
sönlichkeit, sehr streng und steif und bewies seine
Wichtigkeit durch einen unerschütterlichen und souverä-
nen Ernst: er war der verkörperte Stolz, die
menschgewordene Würde. -- "Man hole sofort den
englischen Gesandten, es handelt sich um eine wich-
tige Staatsangelegenheit!" befahl der Präsident.
Eine Viertelstunde darnach trat der Engländer
feierlich beim Präsidenten ein und machte eine
tiefe Verbeugung. Alsbald stürzte der Präsident der
bolivianischen Republik auf den Ahnungslosen, faßte
ihn ohne ein Wort zu reden, um die Taille und
begann ihn in der nachdrücklichsten Weise zu kitzeln.
Der englische Gesandte lachte nicht allein wie toll,
sondern sprang auch tanzend im Zimmer herum.
Bei diesem Schauspiel brach das junge Mädchen
in lautes Lachen aus, jauchzte vor Frende und
war geheilt. Dieses Ereigniß hatte einen sofortigen
Bruch zwischen der Präsidentschaft und der Gesandt-
chaft zur Folge, die alsbald ihren Abschied nahm.
Zwanzig Jahre lang hatte England keinen Vertre-
ter in Bolivia, was, wie man sagt, die Bolivianer
ganz ruhig ließ.

(Ein moderner Blaubart.)

In Warschau
wurde vor Kurzem ein junger Mann, Namens
Wladislaw K., entdeckt, der es innerhalb vier Jah-
ren fertig brachte, sich sechsmal trauen zu lassen.
Als K. zum ersten Male heirathete, war er 15 Jahre
alt[.] Schon nach zwei Monaten verließ er die junge
Frau und flüchtete nach Galizien; dort hielt er sich
zwei Jahre auf, änderte des Oefteren seinen Namen
und Aufenthaltsort und ging in dieser Zeit drei
neue Ehen ein. Die Polizei wurde schließlich auf
ihn aufmerksam gemacht und verhaftete ihn. Indeß
gelang es K, noch vor der Verhandlung seines
Prozesses nach Preußeu zu flüchten, wo er sich bald
zum fünften Male trauen ließ. Bei der Ausweisung
paßloser Ausländer aus den preußischen Ostprovinzen
wurde auch K. zur Rückkehr nach Rußland gezwun-
gen Er siedelte sich in der Umgebung von Mlawa
an, machte dort die Bekanntschaft eines ziemlich
vermögenden Mädchens und heirathete dasselbe. Vor
Kurzem verließ er auch diese seine sechste Frau und
kam nach Warschau, wo e[r] in. einer Fabrik Be-
schäftigung fand. Hier umgarnte er sofort die
Tochter des Fabrikswächters und wollte schon zum
siebenten Mal an den Altar treten, als sich die
zuletzt verlassene und betrogene Frau hindernd in
den Weg stellte. K. hatte nämlich, wie bei allen
übrigen, so auch bei dieser Frau nicht unterlassen,
sich die Mittel zur Flucht aus dem Vermögen oder
der Habe der geprellten Frauen zu verschaffen. Den
Bemühungen der letzten Frau war es gelungen, K.
in Warschau zu ermitteln, und so kam sein ver-
brecherisches Gebahren zur Anzeige. Leider ist man
aber, wie es scheint, nicht mit der nöthigen Vor-
sicht zu Werke gegangen; K. bekam Wind und ent-
zog sich seiner Verhaftung durch die Flucht.




Telegramme.
Ein Festzug anläßlich des Kaiser-
Jubiläums.

(Orig.-Teleg. des
"Mähr. Tagbl.")

Die Wiener Aristo-
kratie
hat beschlossen, anläßlich der im
[Spaltenumbruch] nächsten Jahre stattfindenden Feier des vierzig-
jährigen Regierungsjubiläums Kaiser
Franz Josefs
einen großen Huldigungs-
Festzug zu veranstalten.

Die Adreß-Debatte in der italienischen
Kammer.

(Orig.-Tel. des "M.
Tagbl.")

Die Kammer berieth gestern den Antrag des
Finanzministers, die von ihm verlangte Erhöhung
des Einfuhrzolles auf Zucker, Essig etc. sofort in
Anwendung zu bringen. Der Antrag wurde mit
142 gegen 69 Stimmen angenommen. Die Kam-
mer schritt hierauf zur Berathung der in Beant-
wortung der Thronrede zu überreichenden Adresse.
Nach den Reden Ferraris (äußerste Linke,) Mar-
tinis und Baccarinis, ergriff Ministerpräsident
Crispi das Wort und erklärte, Italien sei, was
die internationale Politik betreffe, mit allen Re-
gierungen befreundet und wünsche die Auf-
rechthaltung des Friedens.
Zu diesem
Zwecke bleiben wir der bei unserem Regierungs-
antritte vorgefundenen Allianz treu. Sicherlich
wollen wir, daß Italien durch seine Allianzen
alle Vortheile genieße, zu welchen es als Groß-
macht ein Recht hat. (Sehr richtig.) Niemand
könne sich in das innere Leben des Landes ein-
mischen. Das Ausl[a]nd könne sich nicht in einer
Weise einmengen, im Innern zu regieren. (Sehr
richtig!) Es sei dies eine Frage der Würde,
welche man fühle aber nicht [d]ebattire. Italien,
welches sich unter der Aegide der Freiheit ohne
Gewaltthätigkeiten und ohne Belagerungszustand
bildete, könnte nicht jetzt die Freiheit verletzen,
wo es sich gefestigt hat. (Zustimmung.) Crispi
spricht die Ueberzeugung aus, daß die gegenwär-
tige Kammer ihm freundlich gesinnt sei und hoffe
er demnach, daß sie ihn in dem schwierigen Werke
der Regierung in loyaler Weise unterstützen
werde. Die Adresse wurde hierauf einstimmig an-
genommen. Sacchi kündigt eine Interpellation
an über die Haltung der Regierung gegenüber
den Hirtenbriefen und der Petition zu Gunsten
der weltlichen Macht des Papstes. Der Senat
wird morgen den diesbezüglichen Antrag Mag-
lianis in Berathung ziehen.




(Orig-Tel. d. "M,
Tagbl.)

Die von dem Papste im gestrigen Con-
sistorium gehaltene Allocution wird erst Montag
oder noch später von der katholischen Presse ver-
öffentlicht werden. Die "Agencia Stefani" bringt
ein Resume der Rede des Papstes. Nach demselben
sprach der Papst von seinem demnächstigen Jubiläum
uud drückte den Cardinälen gegenüber seine Freude
aus, zu sehen, daß die gläubigen Souveräne ih[m]
ihre Neigung kundgeben durch Geschenke, Huldigun-
gen und Pilgerzüge. Sodann gab der Papst dem
Schmerze Ausdruck, welchen Italien ihm bereite,
indem es nicht dem entspreche, was er für dasselbe
that, er, welcher ihm so viel Liebe bezeugte und
ihm so viel entgegenkam, was es ablehne. Ja noch
mehr; es betrübe die Kirche durch neue Gesetzent-
würfe, welche der priesterlichen Organisation zu-
widerlaufen; es trachte eine Spaltung zwischen
den Gläubigen und dem Clerus zu schaffen, indem
es die Kirchengüter durch die Laien verwalten läßt
und sich des letzten Restes des Kirchengutes be-
mächtigt. Auch beklagte der Papst die jüngste Ab-
schaffung des Kirchenzehents.

(Orig.-Telegr. des
"Mähr. Tagbl.")

Der Papst empfing die Bischöfe
von Zips, Fünfkirchen nnd Kaschau, welche reichliche
Geschenke, den Peterspfennig und einen Band mit
Unterschriften von Opferspendern überreichten. Abends
empfing der Papst den Cardinal Simor.

(Orig.-Teiegr. d.
"Mähr. Tagbl.")

Heute Nachts brach auf dem
deutschen Admiralsschiff ein Feuer aus, welches
von italienischen Officieren, Gensdarmen und der
Feuerwehr bald gelöscht wurde.

(Orig.-Telegr.
des "Mähr. Tagbl.")

Der deutsche Krouprinz machte
mit seiner Familie um 11 Uhr Vormittags eine
Spazierfahrt, stieg außerhalb der Stadt ab, machte
eine Fußpartie von zwei Stunden, bestieg sodann
wieder den Wagen und kehrte gegen Abends nach
San Remo zurück.




Die rumänische Thronrede.

(Orig.-Tel. d.
"Mähr. Tagbl.")

Die Session der Kammer

[Spaltenumbruch] am Ende des Aufenthaltes in Baveno fühlbar machte,
iſt dies die erſte directe Aeußerung des Kronprinzen,
welche zur öffentlicheu Kenntniß gelangt. Das augen-
blicklich verhältnißmäßige Wohlbefinden des Kron-
prinzen darf freilich nicht überſchätzt werden. Wich-
tiger iſt, daß, wie jetzt keinem Zweifel mehr unter-
liegt, Virchow bei der mikroſkopiſchen Unterſuchung
des Auswurfes des Kronprinzen keinerlei Spuren
gefunden hat, welche auf Krebskrankheit hindeuten.
Es f[e]hlt in Berlin auch nicht an ärztlichen Stim-
men, welche das Vorhandenſein eines Krebſes noch
durchaus nicht als unumſtößlich feſtſteh[e]nd betrachten
wollen. Man hört vielfach darauf hinweiſen, daß
gewiſſe andere Krankheitserſcheinungen große Aehnlich-
keit mit Krebsbildungen zeigen können. Thatſache iſt,
daß Dr. Schmiedt bei ſeiner Anweſenheit in Berlin
gegenüber Aerzten die, wenn auch entfernte Möglich-
keit des Vorhaudenſeins einer andern Krankheitsform
erwähnt hat. Er habe zu dieſem Zwecke nach Ableh-
nung der Operation in San Remo eine Behandlung
mit Jodkalium vorgeſchlagen, welche ſchon im Auguſt
mit Erfolg angewendet worden ſei. Die übrigen Aerzte
hätten indeſſen dieſe Behandlung abgelehnt. Im
Berliner Publicum iſt man noch mehr geneigt, das
zu hoffen was man wünſcht.

(Das neueſte Merk Sardon’s.)

Aus
Paris wird geſchrieben, daß das vorgeſtern an
der „Porte S. Martin“ gegebene fünfactige Drama
Sarvou’s: „La Fosca“ einen großen Erfolg
hatte. Sarah Bernhardt, weiche die Hauptrolle
ſpielte, wurde durch ſtürmiſchen Beifall ausge-
zeichnet. Die Handlung des Drama’s ſpielt in
Rom im Jahre 1800, kurze Zeit nach dem Rück-
zuge der Franzoſen und der Einnahme der ewigen
Stadt durch die Neapolitaner.

(Schönheits-Concurrenz.)

Im Laufe der
nächſtjährigen Saiſon wird im belgiſchen Bad[e]-
o[r]te Spaa ein internationaler Wettbewerb für
weibliche Schönheit ſtattfinden. Der erſte Preis
beſteht in einer Geldprämie von 10.000 Francs,
der zweite beträgt 5000 Francs ꝛc. Ein äynlicher
W[e]t[t]bewerb hat im vergangenen Sommer in
Brüſſel ſtattgefunden, die Preiſe waren jedoch
viel niedriger. Außerdem ſoll noch ein Schön-
heitspreis für die von dem internationalen Wett-
bewerbe ausgeſchloſſenen Jungfrauen des Bade-
ortes geſtiſtet werden.

(Die Toiletten aus „Le Souris.“)

Man
ſchr[e]ibt aus Paris: „Die Mode hat bei der letz-
ten Premiére in der Comédie Françaiſe eine Art
General-Probe Desjen[ig]en gebracht, das ſie heuer
geſchaffen. Mlle. Bartet trug eine heliotropfar-
bene Keſchemir-Robe mit einer Renaiſſance-Weſte
und Gold Galons. Viel Auſſehen machte ein
Su[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]ah-Mantel in der bekannten Schattirung:
Flohſarben. Den Entſagungsact ſpielte die Künſt-
lerin in einer ſtahlgrauen Seidentoilette, das
Leibchen mit Stahlnägein beſchlagen, was ver-
muthlich andeuten ſollte, daß ihr Herz von allen
Seiten durchbohrt werde. Jeaune Samory, die
lachende Schönheit, trug kühn ein grellrothes Kleid
mit Silberſtickereien, darauf eine weiße Tunique,
die mit rothen Sammtnelken gerafft war. Ihre
Rival[i]n, Madame Broiſat, kam äußerſt jugend-
lich in roſa Atlas.

(Die Affaire Caffarel.)

Man meldet aus
Paris unterm 27. November: Im Enquete-Aus-
ſchuß[e] hatten geſtern General Caffarel, Frau
Limouſin, ferner der Lorenz und Baron
Kraitomayer Verhöre zu beſtehen Der „Gaulois“
weiß bierüber zu erzählen, daß Frau Limouſin
ſich in folgender Weiſe äußerte: „Ich begreife
nicht meine Herren, daß die Mitglieder eines
parlamentariſchen Ausſchuſſes, welche ehrenhafte
Männer ſein ſollten, mein Zeugniß anrufen,
nachdem ſie ſchon Straßendirnen ihr Ohr gelie
hen hatten. Ich bin es mir ſelbſt ſchuldig,
nicht auf ihre Frage zu antworten und
Herr Lorenz, der mich begleitet, wird es ebenſo
wenig thun.“ Nachdem Frau Limonſin ſo geſpro-
chen hatte, erhob ſie ſich und ſagte in gebiete-
riſchem Tone zu ihrem Gefährten: „Kommen Sie,
Lorentz, wir wollen dieſe Herren allein laſſen“.

(Die rauhe Jahreszeit)

mit ihren kalten
Nebeln und eiſigen Stürmen iſt heuer plötzlich und
frühzeitiger als ſonſt über uns herein gebrocheu.
Tauſende leiden in Folge davon an Erkrankungen
der Reſpirationsorgane, an Huſten, Kehlkopfkatarrhen
und ähnlichen Affectionen. Der wohlſchmeckende und
erfriſchende Mattoni’ſche Gießhübler Sauerbrunn be-
ſitzt in ſolchen Fällen eine anerkannt löſende, be-
[Spaltenumbruch] ruhigende und heileude Wirkung, eignet ſich vorzüg-
lich zu einer ſelbſtſtändigen Hauscur und iſt (be-
ſonders mit warmer Milch genoſſen) bei dieſen Er-
ſcheinungen ein Kurmittel erſten Ranges. Man hüte
ſich vor Fälſchungen.

(Du ſollſt und mußt [l]a[c]h[en]!)

[Vor] eini-
gen und zwanzig Jahren war General Belzu das
anerkannte Haupt der Republik Bolivia (Südamerika).
Seine ganz beſondere Art, die Vertreter fremder
Mächte zu behandeln, machte die Freude ſeiner Zeit-
genoſſen aus. Hier ein kleines Beiſpiel von vielen:
Die Tochter Belzu’s war trotz ihrer fünfzehn Jahre,
ihrer Schönheit und ihres Reichthums im Begriff,
vor Langeweile an einem unheilbaren Spleen zu
ſterben. Vergebens verſuchten die Aerzte zu La Paz
all’ ihre Kunſt; ſie mußten ſchließlich ihre Ohn-
macht gegenüber einer ſo unergründlichen Krankheit
eingeſtehen. Der unglückliche Präſident beſchwor ſein
bleiches Kind, ihm zu ſagen, was ihm fehle, irgend
einen Wunſch auszuſpiechen, deſſen Erfüllung ſie
h[e]iter und zufrieden machte und ihr auch nur ein-
mal ein Lachen abgewinne. Das junge Mädchen gab
einen Augenblick ſeine träumeriſche Stimmung auf
und ließ die Worte fallen: Ich werde lachen, wenn
ich den engliſchen Geſandten werde lachen ſehen!“
Den Geſandten, bevollmächtigten Miniſter und Ver-
treter Ihrer britaniſchen Majeſtät hatte noch kein
Menſch lachen ſehen. Er war eine vornehme Per-
ſönlichkeit, ſehr ſtreng und ſteif und bewies ſeine
Wichtigkeit durch einen unerſchütterlichen und ſouverä-
nen Ernſt: er war der verkörperte Stolz, die
menſchgewordene Würde. — „Man hole ſofort den
engliſchen Geſandten, es handelt ſich um eine wich-
tige Staatsangelegenheit!“ befahl der Präſident.
Eine Viertelſtunde darnach trat der Engländer
feierlich beim Präſidenten ein und machte eine
tiefe Verbeugung. Alsbald ſtürzte der Präſident der
bolivianiſchen Republik auf den Ahnungsloſen, faßte
ihn ohne ein Wort zu reden, um die Taille und
begann ihn in der nachdrücklichſten Weiſe zu kitzeln.
Der engliſche Geſandte lachte nicht allein wie toll,
ſondern ſprang auch tanzend im Zimmer herum.
Bei dieſem Schauſpiel brach das junge Mädchen
in lautes Lachen aus, jauchzte vor Frende und
war geheilt. Dieſes Ereigniß hatte einen ſofortigen
Bruch zwiſchen der Präſidentſchaft und der Geſandt-
chaft zur Folge, die alsbald ihren Abſchied nahm.
Zwanzig Jahre lang hatte England keinen Vertre-
ter in Bolivia, was, wie man ſagt, die Bolivianer
ganz ruhig ließ.

(Ein moderner Blaubart.)

In Warſchau
wurde vor Kurzem ein junger Mann, Namens
Wladislaw K., entdeckt, der es innerhalb vier Jah-
ren fertig brachte, ſich ſechsmal trauen zu laſſen.
Als K. zum erſten Male heirathete, war er 15 Jahre
alt[.] Schon nach zwei Monaten verließ er die junge
Frau und flüchtete nach Galizien; dort hielt er ſich
zwei Jahre auf, änderte des Oefteren ſeinen Namen
und Aufenthaltsort und ging in dieſer Zeit drei
neue Ehen ein. Die Polizei wurde ſchließlich auf
ihn aufmerkſam gemacht und verhaftete ihn. Indeß
gelang es K, noch vor der Verhandlung ſeines
Prozeſſes nach Preußeu zu flüchten, wo er ſich bald
zum fünften Male trauen ließ. Bei der Ausweiſung
paßloſer Ausländer aus den preußiſchen Oſtprovinzen
wurde auch K. zur Rückkehr nach Rußland gezwun-
gen Er ſiedelte ſich in der Umgebung von Mlawa
an, machte dort die Bekanntſchaft eines ziemlich
vermögenden Mädchens und heirathete dasſelbe. Vor
Kurzem verließ er auch dieſe ſeine ſechſte Frau und
kam nach Warſchau, wo e[r] in. einer Fabrik Be-
ſchäftigung fand. Hier umgarnte er ſofort die
Tochter des Fabrikswächters und wollte ſchon zum
ſiebenten Mal an den Altar treten, als ſich die
zuletzt verlaſſene und betrogene Frau hindernd in
den Weg ſtellte. K. hatte nämlich, wie bei allen
übrigen, ſo auch bei dieſer Frau nicht unterlaſſen,
ſich die Mittel zur Flucht aus dem Vermögen oder
der Habe der geprellten Frauen zu verſchaffen. Den
Bemühungen der letzten Frau war es gelungen, K.
in Warſchau zu ermitteln, und ſo kam ſein ver-
brecheriſches Gebahren zur Anzeige. Leider iſt man
aber, wie es ſcheint, nicht mit der nöthigen Vor-
ſicht zu Werke gegangen; K. bekam Wind und ent-
zog ſich ſeiner Verhaftung durch die Flucht.




Telegramme.
Ein Feſtzug anläßlich des Kaiſer-
Jubiläums.

(Orig.-Teleg. des
„Mähr. Tagbl.“)

Die Wiener Ariſto-
kratie
hat beſchloſſen, anläßlich der im
[Spaltenumbruch] nächſten Jahre ſtattfindenden Feier des vierzig-
jährigen Regierungsjubiläums Kaiſer
Franz Joſefs
einen großen Huldigungs-
Feſtzug zu veranſtalten.

Die Adreß-Debatte in der italieniſchen
Kammer.

(Orig.-Tel. des „M.
Tagbl.“)

Die Kammer berieth geſtern den Antrag des
Finanzminiſters, die von ihm verlangte Erhöhung
des Einfuhrzolles auf Zucker, Eſſig ꝛc. ſofort in
Anwendung zu bringen. Der Antrag wurde mit
142 gegen 69 Stimmen angenommen. Die Kam-
mer ſchritt hierauf zur Berathung der in Beant-
wortung der Thronrede zu überreichenden Adreſſe.
Nach den Reden Ferraris (äußerſte Linke,) Mar-
tinis und Baccarinis, ergriff Miniſterpräſident
Crispi das Wort und erklärte, Italien ſei, was
die internationale Politik betreffe, mit allen Re-
gierungen befreundet und wünſche die Auf-
rechthaltung des Friedens.
Zu dieſem
Zwecke bleiben wir der bei unſerem Regierungs-
antritte vorgefundenen Allianz treu. Sicherlich
wollen wir, daß Italien durch ſeine Allianzen
alle Vortheile genieße, zu welchen es als Groß-
macht ein Recht hat. (Sehr richtig.) Niemand
könne ſich in das innere Leben des Landes ein-
miſchen. Das Ausl[a]nd könne ſich nicht in einer
Weiſe einmengen, im Innern zu regieren. (Sehr
richtig!) Es ſei dies eine Frage der Würde,
welche man fühle aber nicht [d]ebattire. Italien,
welches ſich unter der Aegide der Freiheit ohne
Gewaltthätigkeiten und ohne Belagerungszuſtand
bildete, könnte nicht jetzt die Freiheit verletzen,
wo es ſich gefeſtigt hat. (Zuſtimmung.) Crispi
ſpricht die Ueberzeugung aus, daß die gegenwär-
tige Kammer ihm freundlich geſinnt ſei und hoffe
er demnach, daß ſie ihn in dem ſchwierigen Werke
der Regierung in loyaler Weiſe unterſtützen
werde. Die Adreſſe wurde hierauf einſtimmig an-
genommen. Sacchi kündigt eine Interpellation
an über die Haltung der Regierung gegenüber
den Hirtenbriefen und der Petition zu Gunſten
der weltlichen Macht des Papſtes. Der Senat
wird morgen den diesbezüglichen Antrag Mag-
lianis in Berathung ziehen.




(Orig-Tel. d. „M,
Tagbl.)

Die von dem Papſte im geſtrigen Con-
ſiſtorium gehaltene Allocution wird erſt Montag
oder noch ſpäter von der katholiſchen Preſſe ver-
öffentlicht werden. Die „Agencia Stefani“ bringt
ein Reſumé der Rede des Papſtes. Nach demſelben
ſprach der Papſt von ſeinem demnächſtigen Jubiläum
uud drückte den Cardinälen gegenüber ſeine Freude
aus, zu ſehen, daß die gläubigen Souveräne ih[m]
ihre Neigung kundgeben durch Geſchenke, Huldigun-
gen und Pilgerzüge. Sodann gab der Papſt dem
Schmerze Ausdruck, welchen Italien ihm bereite,
indem es nicht dem entſpreche, was er für dasſelbe
that, er, welcher ihm ſo viel Liebe bezeugte und
ihm ſo viel entgegenkam, was es ablehne. Ja noch
mehr; es betrübe die Kirche durch neue Geſetzent-
würfe, welche der príeſterlichen Organiſation zu-
widerlaufen; es trachte eine Spaltung zwiſchen
den Gläubigen und dem Clerus zu ſchaffen, indem
es die Kirchengüter durch die Laien verwalten läßt
und ſich des letzten Reſtes des Kirchengutes be-
mächtigt. Auch beklagte der Papſt die jüngſte Ab-
ſchaffung des Kirchenzehents.

(Orig.-Telegr. des
„Mähr. Tagbl.“)

Der Papſt empfing die Biſchöfe
von Zips, Fünfkirchen nnd Kaſchau, welche reichliche
Geſchenke, den Peterspfennig und einen Band mit
Unterſchriften von Opferſpendern überreichten. Abends
empfing der Papſt den Cardinal Simor.

(Orig.-Teiegr. d.
„Mähr. Tagbl.“)

Heute Nachts brach auf dem
deutſchen Admiralsſchiff ein Feuer aus, welches
von italieniſchen Officieren, Gensdarmen und der
Feuerwehr bald gelöſcht wurde.

(Orig.-Telegr.
des „Mähr. Tagbl.“)

Der deutſche Krouprinz machte
mit ſeiner Familie um 11 Uhr Vormittags eine
Spazierfahrt, ſtieg außerhalb der Stadt ab, machte
eine Fußpartie von zwei Stunden, beſtieg ſodann
wieder den Wagen und kehrte gegen Abends nach
San Remo zurück.




Die rumäniſche Thronrede.

(Orig.-Tel. d.
„Mähr. Tagbl.“)

Die Seſſion der Kammer

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[[6]/0006] am Ende des Aufenthaltes in Baveno fühlbar machte, iſt dies die erſte directe Aeußerung des Kronprinzen, welche zur öffentlicheu Kenntniß gelangt. Das augen- blicklich verhältnißmäßige Wohlbefinden des Kron- prinzen darf freilich nicht überſchätzt werden. Wich- tiger iſt, daß, wie jetzt keinem Zweifel mehr unter- liegt, Virchow bei der mikroſkopiſchen Unterſuchung des Auswurfes des Kronprinzen keinerlei Spuren gefunden hat, welche auf Krebskrankheit hindeuten. Es fehlt in Berlin auch nicht an ärztlichen Stim- men, welche das Vorhandenſein eines Krebſes noch durchaus nicht als unumſtößlich feſtſtehend betrachten wollen. Man hört vielfach darauf hinweiſen, daß gewiſſe andere Krankheitserſcheinungen große Aehnlich- keit mit Krebsbildungen zeigen können. Thatſache iſt, daß Dr. Schmiedt bei ſeiner Anweſenheit in Berlin gegenüber Aerzten die, wenn auch entfernte Möglich- keit des Vorhaudenſeins einer andern Krankheitsform erwähnt hat. Er habe zu dieſem Zwecke nach Ableh- nung der Operation in San Remo eine Behandlung mit Jodkalium vorgeſchlagen, welche ſchon im Auguſt mit Erfolg angewendet worden ſei. Die übrigen Aerzte hätten indeſſen dieſe Behandlung abgelehnt. Im Berliner Publicum iſt man noch mehr geneigt, das zu hoffen was man wünſcht. (Das neueſte Merk Sardon’s.) Aus Paris wird geſchrieben, daß das vorgeſtern an der „Porte S. Martin“ gegebene fünfactige Drama Sarvou’s: „La Fosca“ einen großen Erfolg hatte. Sarah Bernhardt, weiche die Hauptrolle ſpielte, wurde durch ſtürmiſchen Beifall ausge- zeichnet. Die Handlung des Drama’s ſpielt in Rom im Jahre 1800, kurze Zeit nach dem Rück- zuge der Franzoſen und der Einnahme der ewigen Stadt durch die Neapolitaner. (Schönheits-Concurrenz.) Im Laufe der nächſtjährigen Saiſon wird im belgiſchen Bade- orte Spaa ein internationaler Wettbewerb für weibliche Schönheit ſtattfinden. Der erſte Preis beſteht in einer Geldprämie von 10.000 Francs, der zweite beträgt 5000 Francs ꝛc. Ein äynlicher Wettbewerb hat im vergangenen Sommer in Brüſſel ſtattgefunden, die Preiſe waren jedoch viel niedriger. Außerdem ſoll noch ein Schön- heitspreis für die von dem internationalen Wett- bewerbe ausgeſchloſſenen Jungfrauen des Bade- ortes geſtiſtet werden. (Die Toiletten aus „Le Souris.“) Man ſchreibt aus Paris: „Die Mode hat bei der letz- ten Premiére in der Comédie Françaiſe eine Art General-Probe Desjenigen gebracht, das ſie heuer geſchaffen. Mlle. Bartet trug eine heliotropfar- bene Keſchemir-Robe mit einer Renaiſſance-Weſte und Gold Galons. Viel Auſſehen machte ein Su_ah-Mantel in der bekannten Schattirung: Flohſarben. Den Entſagungsact ſpielte die Künſt- lerin in einer ſtahlgrauen Seidentoilette, das Leibchen mit Stahlnägein beſchlagen, was ver- muthlich andeuten ſollte, daß ihr Herz von allen Seiten durchbohrt werde. Jeaune Samory, die lachende Schönheit, trug kühn ein grellrothes Kleid mit Silberſtickereien, darauf eine weiße Tunique, die mit rothen Sammtnelken gerafft war. Ihre Rivalin, Madame Broiſat, kam äußerſt jugend- lich in roſa Atlas. (Die Affaire Caffarel.) Man meldet aus Paris unterm 27. November: Im Enquete-Aus- ſchuße hatten geſtern General Caffarel, Frau Limouſin, ferner der Lorenz und Baron Kraitomayer Verhöre zu beſtehen Der „Gaulois“ weiß bierüber zu erzählen, daß Frau Limouſin ſich in folgender Weiſe äußerte: „Ich begreife nicht meine Herren, daß die Mitglieder eines parlamentariſchen Ausſchuſſes, welche ehrenhafte Männer ſein ſollten, mein Zeugniß anrufen, nachdem ſie ſchon Straßendirnen ihr Ohr gelie hen hatten. Ich bin es mir ſelbſt ſchuldig, nicht auf ihre Frage zu antworten und Herr Lorenz, der mich begleitet, wird es ebenſo wenig thun.“ Nachdem Frau Limonſin ſo geſpro- chen hatte, erhob ſie ſich und ſagte in gebiete- riſchem Tone zu ihrem Gefährten: „Kommen Sie, Lorentz, wir wollen dieſe Herren allein laſſen“. (Die rauhe Jahreszeit) mit ihren kalten Nebeln und eiſigen Stürmen iſt heuer plötzlich und frühzeitiger als ſonſt über uns herein gebrocheu. Tauſende leiden in Folge davon an Erkrankungen der Reſpirationsorgane, an Huſten, Kehlkopfkatarrhen und ähnlichen Affectionen. Der wohlſchmeckende und erfriſchende Mattoni’ſche Gießhübler Sauerbrunn be- ſitzt in ſolchen Fällen eine anerkannt löſende, be- ruhigende und heileude Wirkung, eignet ſich vorzüg- lich zu einer ſelbſtſtändigen Hauscur und iſt (be- ſonders mit warmer Milch genoſſen) bei dieſen Er- ſcheinungen ein Kurmittel erſten Ranges. Man hüte ſich vor Fälſchungen. (Du ſollſt und mußt lachen!) Vor eini- gen und zwanzig Jahren war General Belzu das anerkannte Haupt der Republik Bolivia (Südamerika). Seine ganz beſondere Art, die Vertreter fremder Mächte zu behandeln, machte die Freude ſeiner Zeit- genoſſen aus. Hier ein kleines Beiſpiel von vielen: Die Tochter Belzu’s war trotz ihrer fünfzehn Jahre, ihrer Schönheit und ihres Reichthums im Begriff, vor Langeweile an einem unheilbaren Spleen zu ſterben. Vergebens verſuchten die Aerzte zu La Paz all’ ihre Kunſt; ſie mußten ſchließlich ihre Ohn- macht gegenüber einer ſo unergründlichen Krankheit eingeſtehen. Der unglückliche Präſident beſchwor ſein bleiches Kind, ihm zu ſagen, was ihm fehle, irgend einen Wunſch auszuſpiechen, deſſen Erfüllung ſie heiter und zufrieden machte und ihr auch nur ein- mal ein Lachen abgewinne. Das junge Mädchen gab einen Augenblick ſeine träumeriſche Stimmung auf und ließ die Worte fallen: Ich werde lachen, wenn ich den engliſchen Geſandten werde lachen ſehen!“ Den Geſandten, bevollmächtigten Miniſter und Ver- treter Ihrer britaniſchen Majeſtät hatte noch kein Menſch lachen ſehen. Er war eine vornehme Per- ſönlichkeit, ſehr ſtreng und ſteif und bewies ſeine Wichtigkeit durch einen unerſchütterlichen und ſouverä- nen Ernſt: er war der verkörperte Stolz, die menſchgewordene Würde. — „Man hole ſofort den engliſchen Geſandten, es handelt ſich um eine wich- tige Staatsangelegenheit!“ befahl der Präſident. Eine Viertelſtunde darnach trat der Engländer feierlich beim Präſidenten ein und machte eine tiefe Verbeugung. Alsbald ſtürzte der Präſident der bolivianiſchen Republik auf den Ahnungsloſen, faßte ihn ohne ein Wort zu reden, um die Taille und begann ihn in der nachdrücklichſten Weiſe zu kitzeln. Der engliſche Geſandte lachte nicht allein wie toll, ſondern ſprang auch tanzend im Zimmer herum. Bei dieſem Schauſpiel brach das junge Mädchen in lautes Lachen aus, jauchzte vor Frende und war geheilt. Dieſes Ereigniß hatte einen ſofortigen Bruch zwiſchen der Präſidentſchaft und der Geſandt- chaft zur Folge, die alsbald ihren Abſchied nahm. Zwanzig Jahre lang hatte England keinen Vertre- ter in Bolivia, was, wie man ſagt, die Bolivianer ganz ruhig ließ. (Ein moderner Blaubart.) In Warſchau wurde vor Kurzem ein junger Mann, Namens Wladislaw K., entdeckt, der es innerhalb vier Jah- ren fertig brachte, ſich ſechsmal trauen zu laſſen. Als K. zum erſten Male heirathete, war er 15 Jahre alt. Schon nach zwei Monaten verließ er die junge Frau und flüchtete nach Galizien; dort hielt er ſich zwei Jahre auf, änderte des Oefteren ſeinen Namen und Aufenthaltsort und ging in dieſer Zeit drei neue Ehen ein. Die Polizei wurde ſchließlich auf ihn aufmerkſam gemacht und verhaftete ihn. Indeß gelang es K, noch vor der Verhandlung ſeines Prozeſſes nach Preußeu zu flüchten, wo er ſich bald zum fünften Male trauen ließ. Bei der Ausweiſung paßloſer Ausländer aus den preußiſchen Oſtprovinzen wurde auch K. zur Rückkehr nach Rußland gezwun- gen Er ſiedelte ſich in der Umgebung von Mlawa an, machte dort die Bekanntſchaft eines ziemlich vermögenden Mädchens und heirathete dasſelbe. Vor Kurzem verließ er auch dieſe ſeine ſechſte Frau und kam nach Warſchau, wo er in. einer Fabrik Be- ſchäftigung fand. Hier umgarnte er ſofort die Tochter des Fabrikswächters und wollte ſchon zum ſiebenten Mal an den Altar treten, als ſich die zuletzt verlaſſene und betrogene Frau hindernd in den Weg ſtellte. K. hatte nämlich, wie bei allen übrigen, ſo auch bei dieſer Frau nicht unterlaſſen, ſich die Mittel zur Flucht aus dem Vermögen oder der Habe der geprellten Frauen zu verſchaffen. Den Bemühungen der letzten Frau war es gelungen, K. in Warſchau zu ermitteln, und ſo kam ſein ver- brecheriſches Gebahren zur Anzeige. Leider iſt man aber, wie es ſcheint, nicht mit der nöthigen Vor- ſicht zu Werke gegangen; K. bekam Wind und ent- zog ſich ſeiner Verhaftung durch die Flucht. Telegramme. Ein Feſtzug anläßlich des Kaiſer- Jubiläums. Wien, 28. November. (Orig.-Teleg. des „Mähr. Tagbl.“) Die Wiener Ariſto- kratie hat beſchloſſen, anläßlich der im nächſten Jahre ſtattfindenden Feier des vierzig- jährigen Regierungsjubiläums Kaiſer Franz Joſefs einen großen Huldigungs- Feſtzug zu veranſtalten. Die Adreß-Debatte in der italieniſchen Kammer. Rom, 27. Novbr. (Orig.-Tel. des „M. Tagbl.“) Die Kammer berieth geſtern den Antrag des Finanzminiſters, die von ihm verlangte Erhöhung des Einfuhrzolles auf Zucker, Eſſig ꝛc. ſofort in Anwendung zu bringen. Der Antrag wurde mit 142 gegen 69 Stimmen angenommen. Die Kam- mer ſchritt hierauf zur Berathung der in Beant- wortung der Thronrede zu überreichenden Adreſſe. Nach den Reden Ferraris (äußerſte Linke,) Mar- tinis und Baccarinis, ergriff Miniſterpräſident Crispi das Wort und erklärte, Italien ſei, was die internationale Politik betreffe, mit allen Re- gierungen befreundet und wünſche die Auf- rechthaltung des Friedens. Zu dieſem Zwecke bleiben wir der bei unſerem Regierungs- antritte vorgefundenen Allianz treu. Sicherlich wollen wir, daß Italien durch ſeine Allianzen alle Vortheile genieße, zu welchen es als Groß- macht ein Recht hat. (Sehr richtig.) Niemand könne ſich in das innere Leben des Landes ein- miſchen. Das Ausland könne ſich nicht in einer Weiſe einmengen, im Innern zu regieren. (Sehr richtig!) Es ſei dies eine Frage der Würde, welche man fühle aber nicht debattire. Italien, welches ſich unter der Aegide der Freiheit ohne Gewaltthätigkeiten und ohne Belagerungszuſtand bildete, könnte nicht jetzt die Freiheit verletzen, wo es ſich gefeſtigt hat. (Zuſtimmung.) Crispi ſpricht die Ueberzeugung aus, daß die gegenwär- tige Kammer ihm freundlich geſinnt ſei und hoffe er demnach, daß ſie ihn in dem ſchwierigen Werke der Regierung in loyaler Weiſe unterſtützen werde. Die Adreſſe wurde hierauf einſtimmig an- genommen. Sacchi kündigt eine Interpellation an über die Haltung der Regierung gegenüber den Hirtenbriefen und der Petition zu Gunſten der weltlichen Macht des Papſtes. Der Senat wird morgen den diesbezüglichen Antrag Mag- lianis in Berathung ziehen. Rom, 26. November. (Orig-Tel. d. „M, Tagbl.) Die von dem Papſte im geſtrigen Con- ſiſtorium gehaltene Allocution wird erſt Montag oder noch ſpäter von der katholiſchen Preſſe ver- öffentlicht werden. Die „Agencia Stefani“ bringt ein Reſumé der Rede des Papſtes. Nach demſelben ſprach der Papſt von ſeinem demnächſtigen Jubiläum uud drückte den Cardinälen gegenüber ſeine Freude aus, zu ſehen, daß die gläubigen Souveräne ihm ihre Neigung kundgeben durch Geſchenke, Huldigun- gen und Pilgerzüge. Sodann gab der Papſt dem Schmerze Ausdruck, welchen Italien ihm bereite, indem es nicht dem entſpreche, was er für dasſelbe that, er, welcher ihm ſo viel Liebe bezeugte und ihm ſo viel entgegenkam, was es ablehne. Ja noch mehr; es betrübe die Kirche durch neue Geſetzent- würfe, welche der príeſterlichen Organiſation zu- widerlaufen; es trachte eine Spaltung zwiſchen den Gläubigen und dem Clerus zu ſchaffen, indem es die Kirchengüter durch die Laien verwalten läßt und ſich des letzten Reſtes des Kirchengutes be- mächtigt. Auch beklagte der Papſt die jüngſte Ab- ſchaffung des Kirchenzehents. Rom, 26. November. (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.“) Der Papſt empfing die Biſchöfe von Zips, Fünfkirchen nnd Kaſchau, welche reichliche Geſchenke, den Peterspfennig und einen Band mit Unterſchriften von Opferſpendern überreichten. Abends empfing der Papſt den Cardinal Simor. Neapel, 27. November. (Orig.-Teiegr. d. „Mähr. Tagbl.“) Heute Nachts brach auf dem deutſchen Admiralsſchiff ein Feuer aus, welches von italieniſchen Officieren, Gensdarmen und der Feuerwehr bald gelöſcht wurde. San Remo, 2_. November (Orig.-Telegr. des „Mähr. Tagbl.“) Der deutſche Krouprinz machte mit ſeiner Familie um 11 Uhr Vormittags eine Spazierfahrt, ſtieg außerhalb der Stadt ab, machte eine Fußpartie von zwei Stunden, beſtieg ſodann wieder den Wagen und kehrte gegen Abends nach San Remo zurück. Die rumäniſche Thronrede. Bukareſt, 27. November. (Orig.-Tel. d. „Mähr. Tagbl.“) Die Seſſion der Kammer

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Zitationshilfe: Mährisches Tagblatt. Nr. 271, Olmütz, 28.11.1887, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maehrisches271_1887/6>, abgerufen am 21.11.2024.