Mährisches Tagblatt. Nr. 40, Olmütz, 18.02.1889.[Spaltenumbruch]
Das Abonnoment für Olmütz: Zustellung ins Haus monat- Auswärts durch die Post: Einzelne Nummer 5 Kreuzer [Spaltenumbruch] Mährisches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Insertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuscripte werden nicht Nr. 40. Olmütz, Montag den 18. Februar 1889. 10. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Der Protest-Amzug in Budapest. (Orig.-Telegramme des "Mähr. Tablattes.") Budapest 18. Februar. Die gestern von den oppositionellen Abgeord- Jurist Pandy hielt an dieselben eine An- [Spaltenumbruch] Den eigentlichen Zug eröffneten so- Unter Eljenrufen auf Seine Majestät be- Von hier bog der Zug auf den Donau- Von hier kehrte der Zug zu dem Ausgangs- Vor der Statue Petösi's wurde das "Szozat" Das Auseinandergehen der Menge vollzog Bis 6 Uhr Abends wogte auf den Straßen [Spaltenumbruch] Feuilleton. Die Gefängnißerinnerungen der Herzogin von Duras. Während die französische Republik die hun- In der Reihe dieser Veröffentlichungen wird [Spaltenumbruch] Die Herzogin von Duras war die Tochter In dem dortigen Schlosse schmachteten zu Zu solchen Entbehrungen und Widerwärtig- [Spaltenumbruch]
Das Abonnoment für Olmütz: Zuſtellung ins Haus monat- Auswärts durch die Poſt: Einzelne Nummer 5 Kreuzer [Spaltenumbruch] Mähriſches Tagblatt. [Spaltenumbruch] Inſertionsgebühren Außerhalb Olmütz überneh- Manuſcripte werden nicht Nr. 40. Olmütz, Montag den 18. Februar 1889. 10. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Der Proteſt-Amzug in Budapeſt. (Orig.-Telegramme des „Mähr. Tablattes.“) Budapeſt 18. Februar. Die geſtern von den oppoſitionellen Abgeord- Juriſt Pandy hielt an dieſelben eine An- [Spaltenumbruch] Den eigentlichen Zug eröffneten ſo- Unter Eljenrufen auf Seine Majeſtät be- Von hier bog der Zug auf den Donau- Von hier kehrte der Zug zu dem Ausgangs- Vor der Statue Petöſi’s wurde das „Szozat“ Das Auseinandergehen der Menge vollzog Bis 6 Uhr Abends wogte auf den Straßen [Spaltenumbruch] Feuilleton. Die Gefängnißerinnerungen der Herzogin von Duras. Während die franzöſiſche Republik die hun- In der Reihe dieſer Veröffentlichungen wird [Spaltenumbruch] Die Herzogin von Duras war die Tochter In dem dortigen Schloſſe ſchmachteten zu Zu ſolchen Entbehrungen und Widerwärtig- <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Das<lb/><hi rendition="#b">„Mähriſche Tagblatt</hi><lb/> mit der illuſtr. alle 14 Tage<lb/> 1 Bogen ſtark erſcheinende<lb/><hi rendition="#b">„Illuſtrirt. Sonntagsbeil.“</hi><lb/> erſcheint mit Ausnahme der<lb/> Sonn- und Feiertage täglich.<lb/> Ausgabe 2 Uhr Nachmittags<lb/> im Adminiſtrations-Locale<lb/><hi rendition="#b">Niederring Nr. 41 neu</hi><lb/> ober den Fleiſchbänken.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Abonnoment für Olmütz:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 10.—<lb/> Halbjährig fl. 5.—<lb/> Bierteljährig fl. 2 50<lb/> Monatlich fl. —.90</p><lb/> <p>Zuſtellung ins Haus monat-<lb/> lich 10 Kreuzer.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Auswärts durch die Poſt:</hi><lb/> Ganzjährig fl. 14.—<lb/> Halbjährig „ 7.—<lb/> Vierteljährig „ 3.50</p><lb/> <p>Einzelne Nummer 5 Kreuzer</p> </div><lb/> <cb/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Mähriſches<lb/> Tagblatt.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p><hi rendition="#b">Inſertionsgebühren</hi><lb/> nach. aufliegendem Tarif.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Außerhalb <hi rendition="#b">Olmütz</hi> überneh-<lb/> men Inſe ons-Aufträge<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Heinrich Schalek,</hi></hi> Annon-<lb/> cen Exped. in Wien, <hi rendition="#aq">I.</hi> Woll-<lb/> zeile Nr. 11, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Haasenstein &<lb/> Vogler</hi></hi> in Wien, Prag, Buda-<lb/> peſt, Berlin, F<supplied>ra</supplied>nkfurt a. M.<lb/> Hamburg, Baſel und Leipzig<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Alois Opellik,</hi></hi> in Wien, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Rud.<lb/> Mosse</hi></hi> in Wien, München u.<lb/> Berlin <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">M. Dukes,</hi></hi> Wien <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">I.</hi></hi><lb/> Schulerſtraße 8. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">G. L. Daube<lb/> u. Co.</hi></hi> Frankfurt a. M.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Adolf Steiner’s</hi></hi> Annoncen<lb/> bureau in Hamburg, ſowie<lb/> ſämmtl. conc. Inſertions Bu-<lb/> reaus des In- u. Auslandes</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Manuſcripte werden nicht<lb/> zurückgeſtellt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <titlePage xml:id="title2" prev="#title1" type="heading"> <docImprint> <docDate> <hi rendition="#b">Nr. 40. Olmütz, Montag den 18. Februar 1889. 10. Jahrgang.</hi> </docDate> </docImprint> </titlePage><lb/> </front> <body> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="budapest1" next="#budapest2" n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Proteſt-Amzug in Budapeſt.</hi> </head><lb/> <head> <hi rendition="#b">(Orig.-Telegramme des „Mähr. Tablattes.“)</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Budapeſt</hi> 18. Februar.</dateline><lb/> <p>Die geſtern von den oppoſitionellen Abgeord-<lb/> neten unter Mitwirkung der ſtudirenden Jugend<lb/> veranſtaltete Kundgebung wurde von einem pracht-<lb/> vollen Wetter begünſtigt. Aus allen Stadttheilen<lb/> zog die Bevölkerung nach dem als Verſammlungs-<lb/> punkt beſtimmten Calvinplatze, welcher um 2 Uhr,<lb/> dem officiellen Beginn der Manifeſtation, bereits<lb/> von einer vieltauſendköpfigen Menge beſetzt war,<lb/> welche ſich fortwährend vergrößerte. Am Balkon<lb/> des Clublocals der gemäßigten Oppoſition hatten<lb/> ſich 20 bis 25 Mitglieder der Partei verſammelt.</p><lb/> <p>Juriſt Pandy hielt an dieſelben eine An-<lb/> ſprache, in welcher er für die Unterſtützung der<lb/> Intereſſen der Jugend den Dank ausſprach. —<lb/> Abg. Achaz Beöthy hierauf entgegnend, verſicherte,<lb/> die Partei werde die Jugend auch fernerhin unter-<lb/> ſtützen, und ſprach die Bitte aus, es möge jeder<lb/> Einzelne dazu beitragen, daß die Manifeſtation<lb/> eine würdige bleibe; denn in dieſem Falle werde<lb/> ſie der <hi rendition="#g">Freiheit,</hi> im anderen Falle aber der<lb/><hi rendition="#g">Knechtſchaft</hi> dienen. Beöthy ſchloß ſeine Rede<lb/> mit dem Rufe: <hi rendition="#g">„Es lebe der König!“,</hi><lb/> in welchen die Menge entblößten Hauptes mit<lb/> Begeiſterung einſtimmte. Hierauf ſetzte ſich der<lb/> Zug in Bewegung. Denſelben führten einige<lb/> berittene Poliziſten und, im Wagen ſtehend, der<lb/> Abg. Graf Karolyi. Dieſem folgten die Träger<lb/> nationaler Banner, welche die Aufſchriften tru-<lb/> gen: <hi rendition="#g">„Es lebe der König!“, „Nieder<lb/> mit Tisza!“, „Weg mit dem Para-<lb/> graph</hi> 25!“ und <hi rendition="#g">„Es lebe die unga-<lb/> riſche Nation!“</hi> </p><lb/> <cb/> <p>Den <hi rendition="#g">eigentlichen Zug</hi> eröffneten ſo-<lb/> dann die der <hi rendition="#g">Unabhängigkeitspartei</hi><lb/> angehörenden <hi rendition="#g">Reichstags-Abgeordne-<lb/> ten,</hi> welche Arm in Arm in drei Reihen ein-<lb/> herſchritten. Dieſen folgte die <hi rendition="#g">Univerſitäts-<lb/> jugend</hi> mit ihren Abzeichen und eine unab-<lb/> ſehbare, allen Schichten der hauptſtädtiſchen Be-<lb/> völkerung augehörende Menge, darunter ſehr zahl-<lb/> reiche, mit nationalfärbigen Cocarden und Bän-<lb/> dern geſchmückte Damen. Zu beiden Seiten des<lb/> unabſehbaren Zuges bildeten die als Ordner fun-<lb/> girenden, mit entſprechenden Abzeichen verſehenen<lb/> Univerſitätshörer Hand in Hand einen Cor-<lb/> don, innerhalb deſſen der Zug ſich unge-<lb/> ſtört fortbewegte. Derſelbe nahm den Weg über<lb/> den Muſeumring und die Kerepeſerſtraße. Dort,<lb/> vor dem Club der Unabhängigkeits Partei ange-<lb/> langt, richtete der Juriſt Polacsek namens der<lb/> Jugend eine dankende Anſprache an die Partei,<lb/> in deren Namen Coloman Thaly unter brauſen-<lb/> den Elj<supplied>e</supplied>nrufen erwiderte.</p><lb/> <p>Unter Eljenrufen auf Seine Majeſtät be-<lb/> wegte ſich der Zug weiter über die Kereveſer-<lb/> ſtraße, bog in die Eliſabeth- und Thereſien-Ring-<lb/> ſtraße ein und langte ſodann über die Andraſſy-<lb/> ſtraße und die Badgaſſe am Franz Joſefs-Platze<lb/> vor dem Club der liberalen Partei an. Ueberall<lb/> entlang des ganzen Weges bildete die Menge zu<lb/> beiden Seiten der Straße Spalier. Von den<lb/> Fenſtern und Balconen einzelner Häuſer wurden<lb/> die Manifeſtanten mit Tücherſchwenken aufgemun-<lb/> tert. Die von denſelben ausgebrachten Rufe: „Es<lb/> lebe der König!“ fanden tauſendſtimmigen Wider-<lb/> hall, ihnen folgten die Abzugsrufe gegen Tisza.<lb/> Unter fortwährenden Acclamationen und unter<lb/> Abſingung patriotiſcher Lieder langte der Zug<lb/><cb/> vor dem <hi rendition="#g">Club der liberalen Parte</hi><lb/> an, wo die Menge in ſtürmiſchen Rufe: <hi rendition="#g">„Nie-<lb/> der mit Tisza!“</hi> ausbrach.</p><lb/> <p>Von hier bog der Zug auf den <hi rendition="#g">Donau-<lb/> quai</hi> ein und nahm <hi rendition="#g">gegenüber der Ofner<lb/> königlichen Burg</hi> Aufſtellung. Ohne beſondere<lb/> Aufforderung brach die Menge in die Rufe aus:<lb/><hi rendition="#g">„Es lebe der König“, ſchwenkte die<lb/> Hüte und ſenkte die Fahnen, enthielt<lb/> ſich aber jeder anderweitigen Demon-<lb/> ſtration oder irgend welcher Aus-<lb/> rufe.</hi> </p><lb/> <p>Von hier kehrte der Zug zu dem Ausgangs-<lb/> punkte zurück. Vor dem Palais des Baron Bela<lb/> Aczel, woſelbſt ſich nebſt dem Grafen Stefan<lb/> Karolyi auch mehrere Magnaten am Balcon be-<lb/> fanden, richtete Juriſt Bezsille eine Anſprache an<lb/> dieſelben, in welcher er ſagte, daß die Magnaten<lb/> ſtets Hüter der Verfaſſung waren und es auch<lb/> jetzt ſein werden.</p><lb/> <p>Vor der Statue Petöſi’s wurde das „Szozat“<lb/> intonirt, worauf die Menge allmälig auf den<lb/> Calvin-Platz zurückkehrte. Hier wurde die Num-<lb/> mer des „Nemzet“, und des humoriſtiſchen<lb/> Blattes „Borszem Janko“ verbrannt, worauf<lb/> Pazmandy und Kalrolyi die Menge aufforderten<lb/> ſich ruhig zu zerſtreuen.</p><lb/> <p>Das Auseinandergehen der Menge vollzog<lb/> ſich in beſter Ordnung. Die Demonſtration war<lb/> um halb 5 Uhr zu Ende. <hi rendition="#g">Die Zahl der<lb/> Theilnehmer wird auf</hi> 70.000 <hi rendition="#g">Per-<lb/> ſonen geſchätzt.</hi> </p><lb/> <p>Bis 6 Uhr Abends wogte auf den Straßen<lb/> überall eine rieſige Menſchenmenge. Die Ordnung<lb/> und Ruhe wurde aber nicht geſtört.</p> </div> </div> </div><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Feuilleton.</hi> </hi> </head><lb/> <div xml:id="duras1" next="#duras2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Gefängnißerinnerungen der<lb/> Herzogin von Duras.</hi> </head><lb/> <byline>Von <hi rendition="#b">Carl Witte.</hi> </byline><lb/> <p>Während die franzöſiſche Republik die hun-<lb/> dertjährige Feier des Ausbruches der großen Re-<lb/> volution durch eine Weltausſtellung zu krönen<lb/> gedenkt, um die ſegensreichen, wenn auch mittel-<lb/> baren Folgen derſelben allen Völkern vor Augen<lb/> zu führen, öffnen die vornehmen Familien des<lb/> Landes ihre Archive, um die Aufzeichnungen ihrer<lb/> Vorfahren aus jener denkwürdigen Zeit der<lb/> Oeffentlichkeit zu übergeben und durch dieſelben<lb/> die Zeugniſſe von dem blutigen und grauenvollen<lb/> Character jener gewaltigen ſtaatlichen Umwäl-<lb/> zung zu vermehren.</p><lb/> <p>In der Reihe dieſer Veröffentlichungen wird<lb/> man einem Buche, das vor Kurzem unter dem Titel<lb/><hi rendition="#aq">„Journal des prisons de mon pé e de ma<lb/> mére et des miens, par la Duchesse de<lb/> Duras“</hi> in Paris bei Plon erſchienen iſt, eine<lb/> hervorragenve Stelle zuweiſen dürfen. Wir müſſen<lb/> jedoch hinzufügen, daß der Titel inſofern einen<lb/> falſchen Begriff von dem Inhalte des We<supplied>r</supplied>kes<lb/> gibt, als die Denkwürdigkeiten aus dem Gefäng-<lb/> nißleben der Angehörigen der Verfaſſerin einen<lb/> weit geringeren Theil desſelben ausfüllen, als<lb/> ihre Aufzeichnungen über ihre eigene Gefängniß-<lb/> zeit. Mit den letzteren wollen wir uns in Fol-<lb/> gendem auch allein beſchäftigen.</p><lb/> <cb/> <p>Die Herzogin von Duras war die Tochter<lb/> des Grafen von Noailles, Marſchalls von<lb/> Frankreich, der beim Ausbruch der Revolution<lb/> bereits nahe vor ſeinem achtzigſten Lebensjahre<lb/> ſtand und ſich vielleicht aus dieſem Grunde nicht<lb/> den Auswanderern anſchloß. Um ihre hochbetagten<lb/> Eltern in den Stürmen der Revolution nicht<lb/> allein zu laſſen, beſchloß die Herzogin, im Gegen-<lb/> ſatz zu ihren Brüdern, bei ihnen auszuharren<lb/> und begleitete ſie im September des Jahres 1792<lb/> auf das Stammſchloß im Departement Oiſe.<lb/> Wenn jedoch die gräfliche Familie gehofft hatte,<lb/> ſich durch ein zurückgezogenes Leben in der Pro-<lb/> vinz den Blicken der Schreckensmänner zu ent-<lb/> ziehen, ſo ſah ſie ſich nach dieſer Richtung bitter ent-<lb/> täuſcht; denn im October des folgenden Jahres<lb/> wurde die Herzogin verhaftet, und zwar aus<lb/> keinem anderen Grunde, als um durch ihren<lb/> hohen Rang dem Gefängniß von Chantilly einen<lb/> gewiſſen Glanz zu verleihen.</p><lb/> <p>In dem dortigen Schloſſe ſchmachteten zu<lb/> jener Zeit in banger Erwartung des ihnen be-<lb/> vorſtehenden Schickſals über 600 Perſonen aus<lb/> allen Ständen und vom Kindes- bis zum hohen<lb/> Greiſenalter. Die Herzogin wurde inſofern be-<lb/> vorzugt, als ſie ein kleines Gemach für ſich er-<lb/> hielt, während die übrigen Gefangenen ohne<lb/> Unterſchied des Geſchlechts in den großen Schloß-<lb/> räumen zuſammeng<supplied>e</supplied>pfercht waren. Sie ſchreibt<lb/> darüber: Die Zimmer, die in dem alten Um-<lb/> fange erhalten waren, enthielten bis zu fünf-<lb/> undzwanzig Perſonen. Die Jaſaſſen des einen<lb/><cb/> derſelben, in dem die Betten ſo nahe bei ein-<lb/> ander ſtanden, daß man ſie am Tage, um Raum<lb/> zur Bewegung zu haben, über einander ſtellen<lb/> mußte, habe ich mir gemerkt. Sie beſtanden aus<lb/> einem republikaniſchen General mit ſeiner Frau,<lb/> einem Geiſtlichen aus Noyon im Alter von<lb/> ſiebenundzwanzig Jahren, mehreren jungen Leuten<lb/> und zwei tugendhaften Familienmüttern mit fünf<lb/> oder ſechs Töchtern im Alter von vierzehn bis<lb/> zwanzig Jahren.“ — Die Mahlzeiten wurden<lb/> von den Gefangenen zu je zweihundert in der<lb/> Galerie des Schloſſes eingenommen, aber die<lb/> Speiſen, die man ihnen vorſetzte, waren derart,<lb/> daß ſelbſt der ſchärfſte Hunger den Ekel, d:n<lb/> ſie erregten, kaum zu überwinden vermochte.<lb/> Trotzdem aber erſchien eine ſolche Beköſtigungs-<lb/> art den republicaniſchen Machthabern noch nicht<lb/> ſchlecht genug, und eines Tages machte ein von<lb/> ihnen abgeſandter Commiſſär dem Kerkermeiſter<lb/> in Gegenwart der Gefangenen bittere Vorwürfe<lb/> darüber, daß von dieſen zu wenige mit dem Tode<lb/> abgingen.</p><lb/> <p>Zu ſolchen Entbehrungen und Widerwärtig-<lb/> keiten, welche die zum weitaus größten Theil<lb/> völlig unſchuldigen Opfer revolutionärer Rach-<lb/> ſucht über ſich ergehen laſſen mußten, trat noch<lb/> die beſtändige Furcht vor der Guillotine. Faſt<lb/> täglich wurde eine größere Anzahl von ihnen<lb/> nach Paris befördert, um die Lücken, die das<lb/> Henkerbeil in den dortigen Gefängniſſen verur-<lb/> ſachte, wieder anzufüllen, und nach halbjähriger<lb/> Kerkerhaft in Chantilly kam auch die Reihe an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Das
„Mähriſche Tagblatt
mit der illuſtr. alle 14 Tage
1 Bogen ſtark erſcheinende
„Illuſtrirt. Sonntagsbeil.“
erſcheint mit Ausnahme der
Sonn- und Feiertage täglich.
Ausgabe 2 Uhr Nachmittags
im Adminiſtrations-Locale
Niederring Nr. 41 neu
ober den Fleiſchbänken.
Abonnoment für Olmütz:
Ganzjährig fl. 10.—
Halbjährig fl. 5.—
Bierteljährig fl. 2 50
Monatlich fl. —.90
Zuſtellung ins Haus monat-
lich 10 Kreuzer.
Auswärts durch die Poſt:
Ganzjährig fl. 14.—
Halbjährig „ 7.—
Vierteljährig „ 3.50
Einzelne Nummer 5 Kreuzer
Mähriſches
Tagblatt.
Inſertionsgebühren
nach. aufliegendem Tarif.
Außerhalb Olmütz überneh-
men Inſe ons-Aufträge
Heinrich Schalek, Annon-
cen Exped. in Wien, I. Woll-
zeile Nr. 11, Haasenstein &
Vogler in Wien, Prag, Buda-
peſt, Berlin, Frankfurt a. M.
Hamburg, Baſel und Leipzig
Alois Opellik, in Wien, Rud.
Mosse in Wien, München u.
Berlin M. Dukes, Wien I.
Schulerſtraße 8. G. L. Daube
u. Co. Frankfurt a. M.
Adolf Steiner’s Annoncen
bureau in Hamburg, ſowie
ſämmtl. conc. Inſertions Bu-
reaus des In- u. Auslandes
Manuſcripte werden nicht
zurückgeſtellt.
Nr. 40. Olmütz, Montag den 18. Februar 1889. 10. Jahrgang.
Der Proteſt-Amzug in Budapeſt.
(Orig.-Telegramme des „Mähr. Tablattes.“)
Budapeſt 18. Februar.
Die geſtern von den oppoſitionellen Abgeord-
neten unter Mitwirkung der ſtudirenden Jugend
veranſtaltete Kundgebung wurde von einem pracht-
vollen Wetter begünſtigt. Aus allen Stadttheilen
zog die Bevölkerung nach dem als Verſammlungs-
punkt beſtimmten Calvinplatze, welcher um 2 Uhr,
dem officiellen Beginn der Manifeſtation, bereits
von einer vieltauſendköpfigen Menge beſetzt war,
welche ſich fortwährend vergrößerte. Am Balkon
des Clublocals der gemäßigten Oppoſition hatten
ſich 20 bis 25 Mitglieder der Partei verſammelt.
Juriſt Pandy hielt an dieſelben eine An-
ſprache, in welcher er für die Unterſtützung der
Intereſſen der Jugend den Dank ausſprach. —
Abg. Achaz Beöthy hierauf entgegnend, verſicherte,
die Partei werde die Jugend auch fernerhin unter-
ſtützen, und ſprach die Bitte aus, es möge jeder
Einzelne dazu beitragen, daß die Manifeſtation
eine würdige bleibe; denn in dieſem Falle werde
ſie der Freiheit, im anderen Falle aber der
Knechtſchaft dienen. Beöthy ſchloß ſeine Rede
mit dem Rufe: „Es lebe der König!“,
in welchen die Menge entblößten Hauptes mit
Begeiſterung einſtimmte. Hierauf ſetzte ſich der
Zug in Bewegung. Denſelben führten einige
berittene Poliziſten und, im Wagen ſtehend, der
Abg. Graf Karolyi. Dieſem folgten die Träger
nationaler Banner, welche die Aufſchriften tru-
gen: „Es lebe der König!“, „Nieder
mit Tisza!“, „Weg mit dem Para-
graph 25!“ und „Es lebe die unga-
riſche Nation!“
Den eigentlichen Zug eröffneten ſo-
dann die der Unabhängigkeitspartei
angehörenden Reichstags-Abgeordne-
ten, welche Arm in Arm in drei Reihen ein-
herſchritten. Dieſen folgte die Univerſitäts-
jugend mit ihren Abzeichen und eine unab-
ſehbare, allen Schichten der hauptſtädtiſchen Be-
völkerung augehörende Menge, darunter ſehr zahl-
reiche, mit nationalfärbigen Cocarden und Bän-
dern geſchmückte Damen. Zu beiden Seiten des
unabſehbaren Zuges bildeten die als Ordner fun-
girenden, mit entſprechenden Abzeichen verſehenen
Univerſitätshörer Hand in Hand einen Cor-
don, innerhalb deſſen der Zug ſich unge-
ſtört fortbewegte. Derſelbe nahm den Weg über
den Muſeumring und die Kerepeſerſtraße. Dort,
vor dem Club der Unabhängigkeits Partei ange-
langt, richtete der Juriſt Polacsek namens der
Jugend eine dankende Anſprache an die Partei,
in deren Namen Coloman Thaly unter brauſen-
den Eljenrufen erwiderte.
Unter Eljenrufen auf Seine Majeſtät be-
wegte ſich der Zug weiter über die Kereveſer-
ſtraße, bog in die Eliſabeth- und Thereſien-Ring-
ſtraße ein und langte ſodann über die Andraſſy-
ſtraße und die Badgaſſe am Franz Joſefs-Platze
vor dem Club der liberalen Partei an. Ueberall
entlang des ganzen Weges bildete die Menge zu
beiden Seiten der Straße Spalier. Von den
Fenſtern und Balconen einzelner Häuſer wurden
die Manifeſtanten mit Tücherſchwenken aufgemun-
tert. Die von denſelben ausgebrachten Rufe: „Es
lebe der König!“ fanden tauſendſtimmigen Wider-
hall, ihnen folgten die Abzugsrufe gegen Tisza.
Unter fortwährenden Acclamationen und unter
Abſingung patriotiſcher Lieder langte der Zug
vor dem Club der liberalen Parte
an, wo die Menge in ſtürmiſchen Rufe: „Nie-
der mit Tisza!“ ausbrach.
Von hier bog der Zug auf den Donau-
quai ein und nahm gegenüber der Ofner
königlichen Burg Aufſtellung. Ohne beſondere
Aufforderung brach die Menge in die Rufe aus:
„Es lebe der König“, ſchwenkte die
Hüte und ſenkte die Fahnen, enthielt
ſich aber jeder anderweitigen Demon-
ſtration oder irgend welcher Aus-
rufe.
Von hier kehrte der Zug zu dem Ausgangs-
punkte zurück. Vor dem Palais des Baron Bela
Aczel, woſelbſt ſich nebſt dem Grafen Stefan
Karolyi auch mehrere Magnaten am Balcon be-
fanden, richtete Juriſt Bezsille eine Anſprache an
dieſelben, in welcher er ſagte, daß die Magnaten
ſtets Hüter der Verfaſſung waren und es auch
jetzt ſein werden.
Vor der Statue Petöſi’s wurde das „Szozat“
intonirt, worauf die Menge allmälig auf den
Calvin-Platz zurückkehrte. Hier wurde die Num-
mer des „Nemzet“, und des humoriſtiſchen
Blattes „Borszem Janko“ verbrannt, worauf
Pazmandy und Kalrolyi die Menge aufforderten
ſich ruhig zu zerſtreuen.
Das Auseinandergehen der Menge vollzog
ſich in beſter Ordnung. Die Demonſtration war
um halb 5 Uhr zu Ende. Die Zahl der
Theilnehmer wird auf 70.000 Per-
ſonen geſchätzt.
Bis 6 Uhr Abends wogte auf den Straßen
überall eine rieſige Menſchenmenge. Die Ordnung
und Ruhe wurde aber nicht geſtört.
Feuilleton.
Die Gefängnißerinnerungen der
Herzogin von Duras.
Von Carl Witte.
Während die franzöſiſche Republik die hun-
dertjährige Feier des Ausbruches der großen Re-
volution durch eine Weltausſtellung zu krönen
gedenkt, um die ſegensreichen, wenn auch mittel-
baren Folgen derſelben allen Völkern vor Augen
zu führen, öffnen die vornehmen Familien des
Landes ihre Archive, um die Aufzeichnungen ihrer
Vorfahren aus jener denkwürdigen Zeit der
Oeffentlichkeit zu übergeben und durch dieſelben
die Zeugniſſe von dem blutigen und grauenvollen
Character jener gewaltigen ſtaatlichen Umwäl-
zung zu vermehren.
In der Reihe dieſer Veröffentlichungen wird
man einem Buche, das vor Kurzem unter dem Titel
„Journal des prisons de mon pé e de ma
mére et des miens, par la Duchesse de
Duras“ in Paris bei Plon erſchienen iſt, eine
hervorragenve Stelle zuweiſen dürfen. Wir müſſen
jedoch hinzufügen, daß der Titel inſofern einen
falſchen Begriff von dem Inhalte des Werkes
gibt, als die Denkwürdigkeiten aus dem Gefäng-
nißleben der Angehörigen der Verfaſſerin einen
weit geringeren Theil desſelben ausfüllen, als
ihre Aufzeichnungen über ihre eigene Gefängniß-
zeit. Mit den letzteren wollen wir uns in Fol-
gendem auch allein beſchäftigen.
Die Herzogin von Duras war die Tochter
des Grafen von Noailles, Marſchalls von
Frankreich, der beim Ausbruch der Revolution
bereits nahe vor ſeinem achtzigſten Lebensjahre
ſtand und ſich vielleicht aus dieſem Grunde nicht
den Auswanderern anſchloß. Um ihre hochbetagten
Eltern in den Stürmen der Revolution nicht
allein zu laſſen, beſchloß die Herzogin, im Gegen-
ſatz zu ihren Brüdern, bei ihnen auszuharren
und begleitete ſie im September des Jahres 1792
auf das Stammſchloß im Departement Oiſe.
Wenn jedoch die gräfliche Familie gehofft hatte,
ſich durch ein zurückgezogenes Leben in der Pro-
vinz den Blicken der Schreckensmänner zu ent-
ziehen, ſo ſah ſie ſich nach dieſer Richtung bitter ent-
täuſcht; denn im October des folgenden Jahres
wurde die Herzogin verhaftet, und zwar aus
keinem anderen Grunde, als um durch ihren
hohen Rang dem Gefängniß von Chantilly einen
gewiſſen Glanz zu verleihen.
In dem dortigen Schloſſe ſchmachteten zu
jener Zeit in banger Erwartung des ihnen be-
vorſtehenden Schickſals über 600 Perſonen aus
allen Ständen und vom Kindes- bis zum hohen
Greiſenalter. Die Herzogin wurde inſofern be-
vorzugt, als ſie ein kleines Gemach für ſich er-
hielt, während die übrigen Gefangenen ohne
Unterſchied des Geſchlechts in den großen Schloß-
räumen zuſammengepfercht waren. Sie ſchreibt
darüber: Die Zimmer, die in dem alten Um-
fange erhalten waren, enthielten bis zu fünf-
undzwanzig Perſonen. Die Jaſaſſen des einen
derſelben, in dem die Betten ſo nahe bei ein-
ander ſtanden, daß man ſie am Tage, um Raum
zur Bewegung zu haben, über einander ſtellen
mußte, habe ich mir gemerkt. Sie beſtanden aus
einem republikaniſchen General mit ſeiner Frau,
einem Geiſtlichen aus Noyon im Alter von
ſiebenundzwanzig Jahren, mehreren jungen Leuten
und zwei tugendhaften Familienmüttern mit fünf
oder ſechs Töchtern im Alter von vierzehn bis
zwanzig Jahren.“ — Die Mahlzeiten wurden
von den Gefangenen zu je zweihundert in der
Galerie des Schloſſes eingenommen, aber die
Speiſen, die man ihnen vorſetzte, waren derart,
daß ſelbſt der ſchärfſte Hunger den Ekel, d:n
ſie erregten, kaum zu überwinden vermochte.
Trotzdem aber erſchien eine ſolche Beköſtigungs-
art den republicaniſchen Machthabern noch nicht
ſchlecht genug, und eines Tages machte ein von
ihnen abgeſandter Commiſſär dem Kerkermeiſter
in Gegenwart der Gefangenen bittere Vorwürfe
darüber, daß von dieſen zu wenige mit dem Tode
abgingen.
Zu ſolchen Entbehrungen und Widerwärtig-
keiten, welche die zum weitaus größten Theil
völlig unſchuldigen Opfer revolutionärer Rach-
ſucht über ſich ergehen laſſen mußten, trat noch
die beſtändige Furcht vor der Guillotine. Faſt
täglich wurde eine größere Anzahl von ihnen
nach Paris befördert, um die Lücken, die das
Henkerbeil in den dortigen Gefängniſſen verur-
ſachte, wieder anzufüllen, und nach halbjähriger
Kerkerhaft in Chantilly kam auch die Reihe an
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Benjamin Fiechter, Susanne Haaf: Bereitstellung der digitalen Textausgabe (Konvertierung in das DTA-Basisformat).
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T15:49:55Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |