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Mainzer Journal. Nr. 49. Mainz, 3. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Gesetz erhoben werden sollte. M. Mohl und Schneider sprachen
sich am heftigsten gegen den Adel und die Beibehaltung der Titel aus.
Die bisherige Eintheilung in eine vornehme und eine geringe
Kaste, sagte Mohl, ist eine Verletzung der Ehre des bürger-
lichen Standes. Mit den Privilegien ist der Adel selbst aufgeho-
ben, sonst werden sich die Adeligen immer noch für eine geschlos-
sene und bevorzugte Classe halten. So lange der Adel selbst nicht
aufgehoben ist, wird die Reaction nicht beseitigt, werden immer
noch Camarillas bestehen. Nur keine halben Maßregeln. Es ist
vorgeschlagen worden, dem jetzt lebenden Adel den Titel zu be-
lassen; dies hieße den Adel noch auf neunzig Jahre garantiren.
Noch heftiger erklärt sich Schneider aus Brünn für Abschaf-
sung des Adels, besonders auf seinem Standpunkte als Abgeord-
neter aus Oesterreich, wo man entschieden für die Abschaffung
sey. Wenn, wie man sagt, der bloße Titel nichts bedeutet, so
wäre die gesetzliche Beibehaltung ein Possenspiel. Aber der Titel
bedeutet etwas, in ihm verewigen sich die alten Ansprüche und
Vorurtheile. Gerade daß Napoleon den alten Adel hervorsuchte,
hat ihm die Sympathien in Frankreich entzogen. Man wird al-
lerdings Geld= und Geistesaristokratie statt des Geburtsadels
haben. Aber jene sind nicht ausschließend und nicht abgeschlossen.
Wenn der Geburtsadel die Throne geschützt hat, so geschah es
aus Selbstsucht, und kein Fürst wird wie Ludwig XVI. vom
Adel geschützt seyn wollen. Die jetzige unglückliche politische
Eintheilung von Deutschland gibt den traurigen Beleg für
die für die Bestrebungen des Adels in der Vergangenheit.
Diesen Rednern entgegen ward nicht der Fortbestand der Pri-
vilegien,
aber doch des Adeltitels, in Schutz genommen von
Gombart und Michelsen, wovon der erstere bemerkt: Wir
sind berechtigt, die Privilegien aufzuheben. Es soll aber den
Familien die Erinnerung an die vergangenen Zeiten bleiben.
Nach dem Verhältniß der Adeligen und Nichtadeligen brauchte
nicht ein Adeliger hier zu sitzen. Es sind aber gegen 80 hier, ein
Beweis, daß das Volk die behauptete Abneigung nicht hat. Lassen
wir Rechte, die keine andere Rechte verletzen. -- Der letzte Redner
aber gegen Ende der Debatte die wahre Bedeutung des Ausschuß-
antrages entwickelt und die ungemessenen Angriffe gut zurückweist[unleserliches Material]Von den Adeligen, die doch zahlreich in der Versammlung sitzen,
hat nur Fürst Lichnowsky gesprochen, ungefähr in folgender Weise:
Jch verhehle es nicht, daß die von mir zu vertheidigende Sache
in vielen Kreisen keinen Anklang finden wird. Jch vertheidige
das Ausschußgutachten, weil ich von Adel bin. Jch habe ein
Recht, für meine Standesgenossen zu sprechen. Es handelt sich
um das rechtliche und um das factische Verhältniß. Von den
Rechten ist Stück für Stück abgehauen worden. Jch werde für
keine Privilegien fechten. Jch komme zum factischen. Jch will
nicht Beschuldigungen zurückgeben, aber ich habe mit Betrübniß
gesehen, daß alles Schmachvolle aus Deutschlands Vergangen-
heit einem Theil der Mitbürger aufgerechnet wurde, weil sie
Privilegien hatten. Jch weiß nicht was Abschaffung der Adels-
namen heißen soll; es müßte denn seyn, daß Nummern, wie bei den
Verbannten in Sibirien eingeführt werden sollen. Man wird wohl
die Titel meinen. Wenn Sie nicht das Vertrauen auf Sich haben,
wie das neu geschaffene Belgien, so nehmen Sie die Titel weg;
es wird Sie niemand um die Belassung bitten. Aber damit ist der
Adel selbst nicht abgeschafft. Die französische Revolution hat den
Adel abgeschafft, und den Adeligen die Köpfe dazu genommen.
Napoleon hat sich mit den Trägern des alten Adels umgeben. Jn
den Trägern des alten Adels wird dieser fortleben in der Geschichte
der Länder, den sie angehören. Jch will nichts über die Abschaff-
ung der Orden sagen, nachdem Belgien und Norwegen Orden
eingeführt haben. Auch ich bin der Meinung, daß man mit dem
Mediatisiren seiner Zeit hätte weiter gehen sollen; wenn Sie aber
den Mediatisirten nichts übrig lassen, so machen Sie sich das spä-
tere Mediatisiren nicht leicht. Zur Abstimmung kam es noch nicht.
-- Nach neuesten hier eingelaufenen Nachrichten hat der Erzher-
zog Johann am 31. Abends Wien verlassen nnd gedenkt am 3.
dahier einzutreffen.

Wien 28. Juli. ( A. Z. ) Die Unterhandlungen zur friedlichen
Ausgleichung der ungarisch=croatischen Angelegenheit haben nun
seit gestern unter dem Vorsitze des Erzherzogs Johann zwischen
dem Erzherzoge Palatin Stephan und dem Banus Jellachich un-
ter Mitwirkung der ungarischen Minister Batthyanyi und Ester-
hazy begonnen, indessen hat über den Gang der Conferenz nichts
verlautet. Eine allgemeine Mißstimmung herrscht über die nun
abermals hinausgeschobene Rückkehr des Kaisers. Der gestern
aus Jnnsbruck zurückgekehrte Generaladjutant Hannecart hat
keine bestimmte Antwort überbracht. Daher ist vorgestern der
Feldmarschalllieutenant Graf Grünne abermals mit einer drin-
genden
Mission nach Jnnsbruck gesendet worden, um den Kai-
ser zur schleunigen Rückkehr zu bewegen. Die Abdankung des
[Spaltenumbruch] Commandanten der Nationalgarde Pannasch geschah in Folge
eines Beschlusses des Sicherheitsausschusses der Bürgernational-
garde und Studenten, da der Obercommandant einen gestern er-
lassenen " gemessenen Auftrag " des Ausschusses zu befolgen
Anstand nahm. Wir wären somit um eine Errungenschaft des
Ausschusses reicher und hätten einen Fortschritt mehr. Die Ab-
reise des Erzherzogs=Reichsverwesers ist auf den nächsten Mon-
tag festgesetzt.

Berlin 30. Juli. Unter diesem Datum enthält der " Preus-
sische Staatsanzeiger" folgende amtliche Mittheilung: "Des
Königs Majestät haben wegen Errichtung der provisorischen
Centralgewalt in Deutschland, zu welcher Se. kaiserl. Hoheit
der Erzherzog Johann von Oesterreich durch seine Ernennung
zum Reichsverweser berufen worden, den nachfolgenden Ar-
meebefehl erlassen: Armeebefehl. Zur Kräftigung der Einheit
des gemeinsamen Vaterlandes ist die Führung der deutschen Cen-
tralangelegenheiten einem Reichsverweser anvertraut worden. Jch
habe mich für die Wahl Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Jo-
hann ausgesprochen, nicht nur, weil dieser Fürst mein per-
sönlicher Freund ist, sondern auch weil er in Krieg und Frieden
einen glorreichen Namen erworben hat. Preußen weiß, daß
die Kraft Deutschlands zugleich seine eigene ist. Preußen weiß,
wie sehr Deutschland der erprobten Tapferkeit der preußischen
Truppen vertraut. Es weiß, daß die Geschicke Deutschlands we-
sentlich auf seinem treuen Schwert beruhen. Für alle gemeinsa-
men Zwecke Deutschlands wird es daher aufrichtig seine Ehre
darein setzen, den Frieden, die Freiheit und die Unabhängigkeit
der deutschen Nation durch seine Armee mit allen deutschen Brü-
dern nachdrücklich zu schützen. Soldaten! Ueberall, wo preußische
Truppen für die deutsche Sache einzutreten und nach meinem
Befehl
Sr. k. k. Hoh. dem Reichsverweser sich unterzuordnen
haben, werdet Jhr den Ruhm preußischer Tapferkeit und Dis-
ciplin treu bewahren, siegreich bewähren! Bellevue, den 29.
Juli 1848. ( gez. ) Friedrich Wilhelm. ( gegengez. ) Freiherr
v. Schreckenstein. Die commandirenden Generale sind beauf-
tragt worden, diesen Befehl den Truppen bekannt zu machen."

Aachen 27. Juli. ( A. Z. ) Die Frankfurter Nationalver-
sammlung hat die Limburger Frage so entschieden wie das Recht
Deutschlands, gestützt auf den klaren Wortlaut der Verträge, es
geboten. Die Kunde davon hat im ganzen Herzogthum Limburg
die freudigste Ueberraschung hervorgerufen, denn man ahnte
nicht, daß die deutsche Nationalversammlung so rasch einen Ent-
scheid treffe, nachdem neun Jahre lang die Klagen Limburgs
vergebens ein Echo gesucht. Um so größer ist die Bestürzung
und der Jngrimm der Stockholländer zu Maestricht und Venloo.
Seitdem man wirklich Ernst mit der Zwangsanleihe zu machen
scheint, fließt die Theilnahme an der freiwilligen Anleihe reich-
licher. Nichtsdestoweniger glauben wir nicht, daß durch freiwillige
Subscriptionen der ganze Betrag des Anlehens gedeckt werden
dürfte. Leider hat sich hier wieder bewährt, daß der Patrio-
tismus nicht beim Reichthum, sondern mehr bei dem
Mittelstande und dem Kern des Volkes zu suchen ist.

München 30. Juli. ( A. Z. ) . Jst es nicht sehr bedeutsam,
daß die "Neue Münchner Zeitung," ein durch seine seitherige
Haltung sich unzweideutig als halbofficiell darstellendes Blatt,
seit einiger Zeit gleichsam wie absichtlich theils Correspondenzen,
theils Auszüge aus fremden, besonders preußischen Zeitungen
veröffentlicht, welche die Jdee des aufrichtigen Anschlusses an die
Beschlüsse der Frankfurter Nationalversammlung entschieden in
Frage stellen und soweit als möglich bei Seite zu schieben suchen?
Diese "Neue Münchner Zeitung," welche seit ihrem Entstehen
mit wahrem Feuereifer dem Treiben der Republikaner und zumal
der sogenannten Wühler entgegengetreten ist und, so oft sie Aus-
züge aus fremden Zeitungen in genanntem Jnteresse geschrieben
in ihre Spalten aufnahm, dieselben immer mit einigen beißenden
Worten der Widerlegung zu begleiten wußte, stellt nun gleichsam
selbstgefällig die obengenannten separatistischen Artikel ohne die
geringste Bemerkung
hin, und zwar so oft wiederkehrend,
daß es schwer wird sich von dem Gedanken loszumachen, als sey
ihre eigene Gesinnung mit der in jenen Correspondenzen und Aus-
zügen ausgesprochenen nicht gerade im Widerspruche. ( Bezeichnend
genug für das Aufgehen der bayrischen Cabinetspolitik -- in
Preußen! )

Speyer 1. August. Jch beeile mich, die von hier aus be-
züglich der Malereien in unserm Kaiserdome Jhnen zugegangene
Nachricht dahin zu berichtigen, daß allerdings die Ornamentir-
ung augenblicklich nicht weiter fortgesetzt wird, nachden durch ein
offenbares Versehen die für diesen Sommer kreditirte Summe
nicht hoch genug gegriffen war. Dagegen gehen die Fresko-
malereien unseres Schraudolph und seiner Schüler unbehin-
dert fort, und werden vor der Hand keine Unterbrechung leiden.
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Gesetz erhoben werden sollte. M. Mohl und Schneider sprachen
sich am heftigsten gegen den Adel und die Beibehaltung der Titel aus.
Die bisherige Eintheilung in eine vornehme und eine geringe
Kaste, sagte Mohl, ist eine Verletzung der Ehre des bürger-
lichen Standes. Mit den Privilegien ist der Adel selbst aufgeho-
ben, sonst werden sich die Adeligen immer noch für eine geschlos-
sene und bevorzugte Classe halten. So lange der Adel selbst nicht
aufgehoben ist, wird die Reaction nicht beseitigt, werden immer
noch Camarillas bestehen. Nur keine halben Maßregeln. Es ist
vorgeschlagen worden, dem jetzt lebenden Adel den Titel zu be-
lassen; dies hieße den Adel noch auf neunzig Jahre garantiren.
Noch heftiger erklärt sich Schneider aus Brünn für Abschaf-
sung des Adels, besonders auf seinem Standpunkte als Abgeord-
neter aus Oesterreich, wo man entschieden für die Abschaffung
sey. Wenn, wie man sagt, der bloße Titel nichts bedeutet, so
wäre die gesetzliche Beibehaltung ein Possenspiel. Aber der Titel
bedeutet etwas, in ihm verewigen sich die alten Ansprüche und
Vorurtheile. Gerade daß Napoleon den alten Adel hervorsuchte,
hat ihm die Sympathien in Frankreich entzogen. Man wird al-
lerdings Geld= und Geistesaristokratie statt des Geburtsadels
haben. Aber jene sind nicht ausschließend und nicht abgeschlossen.
Wenn der Geburtsadel die Throne geschützt hat, so geschah es
aus Selbstsucht, und kein Fürst wird wie Ludwig XVI. vom
Adel geschützt seyn wollen. Die jetzige unglückliche politische
Eintheilung von Deutschland gibt den traurigen Beleg für
die für die Bestrebungen des Adels in der Vergangenheit.
Diesen Rednern entgegen ward nicht der Fortbestand der Pri-
vilegien,
aber doch des Adeltitels, in Schutz genommen von
Gombart und Michelsen, wovon der erstere bemerkt: Wir
sind berechtigt, die Privilegien aufzuheben. Es soll aber den
Familien die Erinnerung an die vergangenen Zeiten bleiben.
Nach dem Verhältniß der Adeligen und Nichtadeligen brauchte
nicht ein Adeliger hier zu sitzen. Es sind aber gegen 80 hier, ein
Beweis, daß das Volk die behauptete Abneigung nicht hat. Lassen
wir Rechte, die keine andere Rechte verletzen. — Der letzte Redner
aber gegen Ende der Debatte die wahre Bedeutung des Ausschuß-
antrages entwickelt und die ungemessenen Angriffe gut zurückweist[unleserliches Material]Von den Adeligen, die doch zahlreich in der Versammlung sitzen,
hat nur Fürst Lichnowsky gesprochen, ungefähr in folgender Weise:
Jch verhehle es nicht, daß die von mir zu vertheidigende Sache
in vielen Kreisen keinen Anklang finden wird. Jch vertheidige
das Ausschußgutachten, weil ich von Adel bin. Jch habe ein
Recht, für meine Standesgenossen zu sprechen. Es handelt sich
um das rechtliche und um das factische Verhältniß. Von den
Rechten ist Stück für Stück abgehauen worden. Jch werde für
keine Privilegien fechten. Jch komme zum factischen. Jch will
nicht Beschuldigungen zurückgeben, aber ich habe mit Betrübniß
gesehen, daß alles Schmachvolle aus Deutschlands Vergangen-
heit einem Theil der Mitbürger aufgerechnet wurde, weil sie
Privilegien hatten. Jch weiß nicht was Abschaffung der Adels-
namen heißen soll; es müßte denn seyn, daß Nummern, wie bei den
Verbannten in Sibirien eingeführt werden sollen. Man wird wohl
die Titel meinen. Wenn Sie nicht das Vertrauen auf Sich haben,
wie das neu geschaffene Belgien, so nehmen Sie die Titel weg;
es wird Sie niemand um die Belassung bitten. Aber damit ist der
Adel selbst nicht abgeschafft. Die französische Revolution hat den
Adel abgeschafft, und den Adeligen die Köpfe dazu genommen.
Napoleon hat sich mit den Trägern des alten Adels umgeben. Jn
den Trägern des alten Adels wird dieser fortleben in der Geschichte
der Länder, den sie angehören. Jch will nichts über die Abschaff-
ung der Orden sagen, nachdem Belgien und Norwegen Orden
eingeführt haben. Auch ich bin der Meinung, daß man mit dem
Mediatisiren seiner Zeit hätte weiter gehen sollen; wenn Sie aber
den Mediatisirten nichts übrig lassen, so machen Sie sich das spä-
tere Mediatisiren nicht leicht. Zur Abstimmung kam es noch nicht.
— Nach neuesten hier eingelaufenen Nachrichten hat der Erzher-
zog Johann am 31. Abends Wien verlassen nnd gedenkt am 3.
dahier einzutreffen.

Wien 28. Juli. ( A. Z. ) Die Unterhandlungen zur friedlichen
Ausgleichung der ungarisch=croatischen Angelegenheit haben nun
seit gestern unter dem Vorsitze des Erzherzogs Johann zwischen
dem Erzherzoge Palatin Stephan und dem Banus Jellachich un-
ter Mitwirkung der ungarischen Minister Batthyanyi und Ester-
hazy begonnen, indessen hat über den Gang der Conferenz nichts
verlautet. Eine allgemeine Mißstimmung herrscht über die nun
abermals hinausgeschobene Rückkehr des Kaisers. Der gestern
aus Jnnsbruck zurückgekehrte Generaladjutant Hannecart hat
keine bestimmte Antwort überbracht. Daher ist vorgestern der
Feldmarschalllieutenant Graf Grünne abermals mit einer drin-
genden
Mission nach Jnnsbruck gesendet worden, um den Kai-
ser zur schleunigen Rückkehr zu bewegen. Die Abdankung des
[Spaltenumbruch] Commandanten der Nationalgarde Pannasch geschah in Folge
eines Beschlusses des Sicherheitsausschusses der Bürgernational-
garde und Studenten, da der Obercommandant einen gestern er-
lassenen „ gemessenen Auftrag “ des Ausschusses zu befolgen
Anstand nahm. Wir wären somit um eine Errungenschaft des
Ausschusses reicher und hätten einen Fortschritt mehr. Die Ab-
reise des Erzherzogs=Reichsverwesers ist auf den nächsten Mon-
tag festgesetzt.

Berlin 30. Juli. Unter diesem Datum enthält der „ Preus-
sische Staatsanzeiger“ folgende amtliche Mittheilung: „Des
Königs Majestät haben wegen Errichtung der provisorischen
Centralgewalt in Deutschland, zu welcher Se. kaiserl. Hoheit
der Erzherzog Johann von Oesterreich durch seine Ernennung
zum Reichsverweser berufen worden, den nachfolgenden Ar-
meebefehl erlassen: Armeebefehl. Zur Kräftigung der Einheit
des gemeinsamen Vaterlandes ist die Führung der deutschen Cen-
tralangelegenheiten einem Reichsverweser anvertraut worden. Jch
habe mich für die Wahl Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Jo-
hann ausgesprochen, nicht nur, weil dieser Fürst mein per-
sönlicher Freund ist, sondern auch weil er in Krieg und Frieden
einen glorreichen Namen erworben hat. Preußen weiß, daß
die Kraft Deutschlands zugleich seine eigene ist. Preußen weiß,
wie sehr Deutschland der erprobten Tapferkeit der preußischen
Truppen vertraut. Es weiß, daß die Geschicke Deutschlands we-
sentlich auf seinem treuen Schwert beruhen. Für alle gemeinsa-
men Zwecke Deutschlands wird es daher aufrichtig seine Ehre
darein setzen, den Frieden, die Freiheit und die Unabhängigkeit
der deutschen Nation durch seine Armee mit allen deutschen Brü-
dern nachdrücklich zu schützen. Soldaten! Ueberall, wo preußische
Truppen für die deutsche Sache einzutreten und nach meinem
Befehl
Sr. k. k. Hoh. dem Reichsverweser sich unterzuordnen
haben, werdet Jhr den Ruhm preußischer Tapferkeit und Dis-
ciplin treu bewahren, siegreich bewähren! Bellevue, den 29.
Juli 1848. ( gez. ) Friedrich Wilhelm. ( gegengez. ) Freiherr
v. Schreckenstein. Die commandirenden Generale sind beauf-
tragt worden, diesen Befehl den Truppen bekannt zu machen.“

Aachen 27. Juli. ( A. Z. ) Die Frankfurter Nationalver-
sammlung hat die Limburger Frage so entschieden wie das Recht
Deutschlands, gestützt auf den klaren Wortlaut der Verträge, es
geboten. Die Kunde davon hat im ganzen Herzogthum Limburg
die freudigste Ueberraschung hervorgerufen, denn man ahnte
nicht, daß die deutsche Nationalversammlung so rasch einen Ent-
scheid treffe, nachdem neun Jahre lang die Klagen Limburgs
vergebens ein Echo gesucht. Um so größer ist die Bestürzung
und der Jngrimm der Stockholländer zu Maestricht und Venloo.
Seitdem man wirklich Ernst mit der Zwangsanleihe zu machen
scheint, fließt die Theilnahme an der freiwilligen Anleihe reich-
licher. Nichtsdestoweniger glauben wir nicht, daß durch freiwillige
Subscriptionen der ganze Betrag des Anlehens gedeckt werden
dürfte. Leider hat sich hier wieder bewährt, daß der Patrio-
tismus nicht beim Reichthum, sondern mehr bei dem
Mittelstande und dem Kern des Volkes zu suchen ist.

München 30. Juli. ( A. Z. ) . Jst es nicht sehr bedeutsam,
daß die „Neue Münchner Zeitung,“ ein durch seine seitherige
Haltung sich unzweideutig als halbofficiell darstellendes Blatt,
seit einiger Zeit gleichsam wie absichtlich theils Correspondenzen,
theils Auszüge aus fremden, besonders preußischen Zeitungen
veröffentlicht, welche die Jdee des aufrichtigen Anschlusses an die
Beschlüsse der Frankfurter Nationalversammlung entschieden in
Frage stellen und soweit als möglich bei Seite zu schieben suchen?
Diese „Neue Münchner Zeitung,“ welche seit ihrem Entstehen
mit wahrem Feuereifer dem Treiben der Republikaner und zumal
der sogenannten Wühler entgegengetreten ist und, so oft sie Aus-
züge aus fremden Zeitungen in genanntem Jnteresse geschrieben
in ihre Spalten aufnahm, dieselben immer mit einigen beißenden
Worten der Widerlegung zu begleiten wußte, stellt nun gleichsam
selbstgefällig die obengenannten separatistischen Artikel ohne die
geringste Bemerkung
hin, und zwar so oft wiederkehrend,
daß es schwer wird sich von dem Gedanken loszumachen, als sey
ihre eigene Gesinnung mit der in jenen Correspondenzen und Aus-
zügen ausgesprochenen nicht gerade im Widerspruche. ( Bezeichnend
genug für das Aufgehen der bayrischen Cabinetspolitik — in
Preußen! )

Speyer 1. August. Jch beeile mich, die von hier aus be-
züglich der Malereien in unserm Kaiserdome Jhnen zugegangene
Nachricht dahin zu berichtigen, daß allerdings die Ornamentir-
ung augenblicklich nicht weiter fortgesetzt wird, nachden durch ein
offenbares Versehen die für diesen Sommer kreditirte Summe
nicht hoch genug gegriffen war. Dagegen gehen die Fresko-
malereien unseres Schraudolph und seiner Schüler unbehin-
dert fort, und werden vor der Hand keine Unterbrechung leiden.
[Ende Spaltensatz]

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[0002] Gesetz erhoben werden sollte. M. Mohl und Schneider sprachen sich am heftigsten gegen den Adel und die Beibehaltung der Titel aus. Die bisherige Eintheilung in eine vornehme und eine geringe Kaste, sagte Mohl, ist eine Verletzung der Ehre des bürger- lichen Standes. Mit den Privilegien ist der Adel selbst aufgeho- ben, sonst werden sich die Adeligen immer noch für eine geschlos- sene und bevorzugte Classe halten. So lange der Adel selbst nicht aufgehoben ist, wird die Reaction nicht beseitigt, werden immer noch Camarillas bestehen. Nur keine halben Maßregeln. Es ist vorgeschlagen worden, dem jetzt lebenden Adel den Titel zu be- lassen; dies hieße den Adel noch auf neunzig Jahre garantiren. Noch heftiger erklärt sich Schneider aus Brünn für Abschaf- sung des Adels, besonders auf seinem Standpunkte als Abgeord- neter aus Oesterreich, wo man entschieden für die Abschaffung sey. Wenn, wie man sagt, der bloße Titel nichts bedeutet, so wäre die gesetzliche Beibehaltung ein Possenspiel. Aber der Titel bedeutet etwas, in ihm verewigen sich die alten Ansprüche und Vorurtheile. Gerade daß Napoleon den alten Adel hervorsuchte, hat ihm die Sympathien in Frankreich entzogen. Man wird al- lerdings Geld= und Geistesaristokratie statt des Geburtsadels haben. Aber jene sind nicht ausschließend und nicht abgeschlossen. Wenn der Geburtsadel die Throne geschützt hat, so geschah es aus Selbstsucht, und kein Fürst wird wie Ludwig XVI. vom Adel geschützt seyn wollen. Die jetzige unglückliche politische Eintheilung von Deutschland gibt den traurigen Beleg für die für die Bestrebungen des Adels in der Vergangenheit. Diesen Rednern entgegen ward nicht der Fortbestand der Pri- vilegien, aber doch des Adeltitels, in Schutz genommen von Gombart und Michelsen, wovon der erstere bemerkt: Wir sind berechtigt, die Privilegien aufzuheben. Es soll aber den Familien die Erinnerung an die vergangenen Zeiten bleiben. Nach dem Verhältniß der Adeligen und Nichtadeligen brauchte nicht ein Adeliger hier zu sitzen. Es sind aber gegen 80 hier, ein Beweis, daß das Volk die behauptete Abneigung nicht hat. Lassen wir Rechte, die keine andere Rechte verletzen. — Der letzte Redner aber gegen Ende der Debatte die wahre Bedeutung des Ausschuß- antrages entwickelt und die ungemessenen Angriffe gut zurückweist_ Von den Adeligen, die doch zahlreich in der Versammlung sitzen, hat nur Fürst Lichnowsky gesprochen, ungefähr in folgender Weise: Jch verhehle es nicht, daß die von mir zu vertheidigende Sache in vielen Kreisen keinen Anklang finden wird. Jch vertheidige das Ausschußgutachten, weil ich von Adel bin. Jch habe ein Recht, für meine Standesgenossen zu sprechen. Es handelt sich um das rechtliche und um das factische Verhältniß. Von den Rechten ist Stück für Stück abgehauen worden. Jch werde für keine Privilegien fechten. Jch komme zum factischen. Jch will nicht Beschuldigungen zurückgeben, aber ich habe mit Betrübniß gesehen, daß alles Schmachvolle aus Deutschlands Vergangen- heit einem Theil der Mitbürger aufgerechnet wurde, weil sie Privilegien hatten. Jch weiß nicht was Abschaffung der Adels- namen heißen soll; es müßte denn seyn, daß Nummern, wie bei den Verbannten in Sibirien eingeführt werden sollen. Man wird wohl die Titel meinen. Wenn Sie nicht das Vertrauen auf Sich haben, wie das neu geschaffene Belgien, so nehmen Sie die Titel weg; es wird Sie niemand um die Belassung bitten. Aber damit ist der Adel selbst nicht abgeschafft. Die französische Revolution hat den Adel abgeschafft, und den Adeligen die Köpfe dazu genommen. Napoleon hat sich mit den Trägern des alten Adels umgeben. Jn den Trägern des alten Adels wird dieser fortleben in der Geschichte der Länder, den sie angehören. Jch will nichts über die Abschaff- ung der Orden sagen, nachdem Belgien und Norwegen Orden eingeführt haben. Auch ich bin der Meinung, daß man mit dem Mediatisiren seiner Zeit hätte weiter gehen sollen; wenn Sie aber den Mediatisirten nichts übrig lassen, so machen Sie sich das spä- tere Mediatisiren nicht leicht. Zur Abstimmung kam es noch nicht. — Nach neuesten hier eingelaufenen Nachrichten hat der Erzher- zog Johann am 31. Abends Wien verlassen nnd gedenkt am 3. dahier einzutreffen. Wien 28. Juli. ( A. Z. ) Die Unterhandlungen zur friedlichen Ausgleichung der ungarisch=croatischen Angelegenheit haben nun seit gestern unter dem Vorsitze des Erzherzogs Johann zwischen dem Erzherzoge Palatin Stephan und dem Banus Jellachich un- ter Mitwirkung der ungarischen Minister Batthyanyi und Ester- hazy begonnen, indessen hat über den Gang der Conferenz nichts verlautet. Eine allgemeine Mißstimmung herrscht über die nun abermals hinausgeschobene Rückkehr des Kaisers. Der gestern aus Jnnsbruck zurückgekehrte Generaladjutant Hannecart hat keine bestimmte Antwort überbracht. Daher ist vorgestern der Feldmarschalllieutenant Graf Grünne abermals mit einer drin- genden Mission nach Jnnsbruck gesendet worden, um den Kai- ser zur schleunigen Rückkehr zu bewegen. Die Abdankung des Commandanten der Nationalgarde Pannasch geschah in Folge eines Beschlusses des Sicherheitsausschusses der Bürgernational- garde und Studenten, da der Obercommandant einen gestern er- lassenen „ gemessenen Auftrag “ des Ausschusses zu befolgen Anstand nahm. Wir wären somit um eine Errungenschaft des Ausschusses reicher und hätten einen Fortschritt mehr. Die Ab- reise des Erzherzogs=Reichsverwesers ist auf den nächsten Mon- tag festgesetzt. Berlin 30. Juli. Unter diesem Datum enthält der „ Preus- sische Staatsanzeiger“ folgende amtliche Mittheilung: „Des Königs Majestät haben wegen Errichtung der provisorischen Centralgewalt in Deutschland, zu welcher Se. kaiserl. Hoheit der Erzherzog Johann von Oesterreich durch seine Ernennung zum Reichsverweser berufen worden, den nachfolgenden Ar- meebefehl erlassen: Armeebefehl. Zur Kräftigung der Einheit des gemeinsamen Vaterlandes ist die Führung der deutschen Cen- tralangelegenheiten einem Reichsverweser anvertraut worden. Jch habe mich für die Wahl Sr. k. k. Hoheit des Erzherzogs Jo- hann ausgesprochen, nicht nur, weil dieser Fürst mein per- sönlicher Freund ist, sondern auch weil er in Krieg und Frieden einen glorreichen Namen erworben hat. Preußen weiß, daß die Kraft Deutschlands zugleich seine eigene ist. Preußen weiß, wie sehr Deutschland der erprobten Tapferkeit der preußischen Truppen vertraut. Es weiß, daß die Geschicke Deutschlands we- sentlich auf seinem treuen Schwert beruhen. Für alle gemeinsa- men Zwecke Deutschlands wird es daher aufrichtig seine Ehre darein setzen, den Frieden, die Freiheit und die Unabhängigkeit der deutschen Nation durch seine Armee mit allen deutschen Brü- dern nachdrücklich zu schützen. Soldaten! Ueberall, wo preußische Truppen für die deutsche Sache einzutreten und nach meinem Befehl Sr. k. k. Hoh. dem Reichsverweser sich unterzuordnen haben, werdet Jhr den Ruhm preußischer Tapferkeit und Dis- ciplin treu bewahren, siegreich bewähren! Bellevue, den 29. Juli 1848. ( gez. ) Friedrich Wilhelm. ( gegengez. ) Freiherr v. Schreckenstein. Die commandirenden Generale sind beauf- tragt worden, diesen Befehl den Truppen bekannt zu machen.“ Aachen 27. Juli. ( A. Z. ) Die Frankfurter Nationalver- sammlung hat die Limburger Frage so entschieden wie das Recht Deutschlands, gestützt auf den klaren Wortlaut der Verträge, es geboten. Die Kunde davon hat im ganzen Herzogthum Limburg die freudigste Ueberraschung hervorgerufen, denn man ahnte nicht, daß die deutsche Nationalversammlung so rasch einen Ent- scheid treffe, nachdem neun Jahre lang die Klagen Limburgs vergebens ein Echo gesucht. Um so größer ist die Bestürzung und der Jngrimm der Stockholländer zu Maestricht und Venloo. Seitdem man wirklich Ernst mit der Zwangsanleihe zu machen scheint, fließt die Theilnahme an der freiwilligen Anleihe reich- licher. Nichtsdestoweniger glauben wir nicht, daß durch freiwillige Subscriptionen der ganze Betrag des Anlehens gedeckt werden dürfte. Leider hat sich hier wieder bewährt, daß der Patrio- tismus nicht beim Reichthum, sondern mehr bei dem Mittelstande und dem Kern des Volkes zu suchen ist. München 30. Juli. ( A. Z. ) . Jst es nicht sehr bedeutsam, daß die „Neue Münchner Zeitung,“ ein durch seine seitherige Haltung sich unzweideutig als halbofficiell darstellendes Blatt, seit einiger Zeit gleichsam wie absichtlich theils Correspondenzen, theils Auszüge aus fremden, besonders preußischen Zeitungen veröffentlicht, welche die Jdee des aufrichtigen Anschlusses an die Beschlüsse der Frankfurter Nationalversammlung entschieden in Frage stellen und soweit als möglich bei Seite zu schieben suchen? Diese „Neue Münchner Zeitung,“ welche seit ihrem Entstehen mit wahrem Feuereifer dem Treiben der Republikaner und zumal der sogenannten Wühler entgegengetreten ist und, so oft sie Aus- züge aus fremden Zeitungen in genanntem Jnteresse geschrieben in ihre Spalten aufnahm, dieselben immer mit einigen beißenden Worten der Widerlegung zu begleiten wußte, stellt nun gleichsam selbstgefällig die obengenannten separatistischen Artikel ohne die geringste Bemerkung hin, und zwar so oft wiederkehrend, daß es schwer wird sich von dem Gedanken loszumachen, als sey ihre eigene Gesinnung mit der in jenen Correspondenzen und Aus- zügen ausgesprochenen nicht gerade im Widerspruche. ( Bezeichnend genug für das Aufgehen der bayrischen Cabinetspolitik — in Preußen! ) Speyer 1. August. Jch beeile mich, die von hier aus be- züglich der Malereien in unserm Kaiserdome Jhnen zugegangene Nachricht dahin zu berichtigen, daß allerdings die Ornamentir- ung augenblicklich nicht weiter fortgesetzt wird, nachden durch ein offenbares Versehen die für diesen Sommer kreditirte Summe nicht hoch genug gegriffen war. Dagegen gehen die Fresko- malereien unseres Schraudolph und seiner Schüler unbehin- dert fort, und werden vor der Hand keine Unterbrechung leiden.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 49. Mainz, 3. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal049_1848/2>, abgerufen am 17.06.2024.