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Mainzer Journal. Nr. 52. Mainz, 6. August 1848.

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[Beginn Spaltensatz] vorliege und die preußischen Truppen für sie [unleserliches Material - 11 Zeichen fehlen]einzutreten haben,
hängt nicht von der freien Wahl Preußens und seiner Regierung,
sondern von der Entscheidung des Reiches ab. Einem Einzelstaat
kann gegenüber einem Reichsbeschluß kein Veto zustehen, wenn
wir nicht den ganzen Jammer der letzten Jahrhunderte des Kai-
serthums wiederkehren sehen wollen, wo der Kaiser nicht einmal
die Reichsfürsten dahin bringen konnte, die nöthige Hülfe zu lei-
sten, um die Türken von Deutschlands Gränze abzuhalten!

Noch weit anstößiger sind die Worte: "und nach meinem
Befehl
dem Reichsverweser sich unterzuordnen haben." Also
die preußischen Truppen sollen dem Reichsverweser untergeordnet
seyn, aber nur nach dem Befehl des Königs? Also nur
dann, in so weit und so lang, als der König es befiehlt? Wäre
das der Sinn der dunklen Phrase -- dann stünde ja der Reichs-
verweser bezüglich der preußischen Truppen unter dem König
von Preußen, und wenn die übrigen Staaten dasselbe Prinzip
befolgten, bezüglich der hannöverischen Truppen unter dem König
von Hannover, bezüglich der nassauischen Truppen unter dem Her-
zog von Nassau, bezüglich der Frankfurter Miliz unter dem Senate
der Freistadt! Er wäre dann nur ein Mandatar der Einzelstaaten,
ein den Einzelstaaten untergeordneter Befehlshaber. Jedem preußi-
schen General ist seine Brigade oder Division untergeordnet nach
des Königs Befehl.
So aber ist es mit dem Reichsverweser
nicht gemeint und kann es nicht seyn, er ist vielmehr über das
ganze Reich und alle Truppen und alle Befehlshaber und alle
Kriegsfürsten der höchste Befehlshaber und der höchste
Kriegsfürst,
und sein Befehl geht über den Befehl aller ein-
zelnen deutschen Fürsten. Jst das nicht, so kann von keinem Reich
und keinem Reichsoberhaupt die Rede seyn. Darum sagt der
freilich noch bestrittene Gesetzentwurf über die Competenz der
Reichsgewalt ( §. 6. ) : "Die bewaffnete Macht zu Wasser und zu
Land gehört der Reichsgewalt an... ( §. 7. ) Das Reichsheer
wird gebildet aus der gesammten Kriegsmacht der einzelnen deut-
schen Staaten. ( §. 8. ) Das Reichsheer schwört Treue dem
Reichsoberhaupt und der Reichsverfassung; jede andere Ver-
pflichtung des Militärs steht dieser nach.
" Jn
diesem Sinn hat der Reichsverweser als das einstweilige Reichs-
oberhaupt die Huldigung vom Heere gefordert, und in diesem
Sinn und Geist muß sie rein und einfach, offen und [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]ehr-
lich
geleistet werden.

Jn der That, eine große Forderung, welche hiermit an das
kriegsmächtige Preußen und seinen König ergeht, aber eine For-
derung, durch deren opferwillige und hingebende Erfüllung es
den höchsten Ruhm in der deutschen Geschichte sich erwerben und
viel altes Unrecht sühnen kann. Denn war es nicht die übermäch-
tige Souveränetät Preußens, welche dem alten deutschen Reiche
das Ende bereitet hat? Vor der Wahrheit der Geschichte müssen
alle andere Rücksichten schweigen. Preußen, ehemals ein einfaches
Reichsland, hat sich besonders seit jenem genialen, aber das um Recht
unbekümmerten Friedrich II., zu einer europäischen Großmacht
schnell und in Ueberspannung all seiner Kräfte hinaufgehoben.
Daß es darin Genie und Kraft bewiesen, wer wird es leugnen:
daß aber viel Unrecht und Rechtsverletzung dieser Macht anklebt,
wer kann es in Abrede stellen? Nun wohlan, Preußen und sein
König bringe jetzt großmüthig und freiwillig das Opfer einer
Größe, die mit der Einheit und dem Heile Deutschlands unver-
träglich ist, und die über kurz oder lang in schrecklichem Sturze
untergehen muß, -- und durch eine solche Sühne wird es einen
herrlicheren Ruhm und eine schönere Zukunft sich erkaufen, als
alle Waffenthaten und alle Politik eines Friedrich II. ihm ver-
schafft haben. Wenn aber Preußen einer Seits einen großen Ver-
zicht leistet, so liegt eben darin auch die mächtigste Forderung an
die Nationalversammlung, daß auch sie ihrer Seits Preußen ent-
gegenkomme und namentlich dem Reiche eine solche Verfassung
gebe, daß darin die deutschen Staaten und Fürsten eine feste Ga-
rantie dafür finden, daß die provisorische Reichsgewalt nicht blos
eine Uebergangsstufe zur einigen deutschen Republik sey. Allein
auch dieß wird ganz vorzüglich davon abhängen, daß die Einzel-
staaten und vor Allem Preußen dem Reich und dem Reichsver-
weser mit vollem Vertrauen und aller Kraft sich anschließen. Denn
nur eine starke Reichsgewalt kann Deutschland vor einer allver-
schlingenden politischen und socialen Revolution schützen; stark
aber kann die Reichsgewalt nur durch die Treue aller deutschen
Staaten, Stämme, Fürsten und Truppen werden.



Deutschland.

Wien 31. Juli. ( Br. Z. ) Die Abreise des Erzherzogs
Johann, der uns gestern in Mittte einer zweiten noch größeren
Krisis verließ, wird, sobald sie in allen Vorstädten bekannt ist,
neue Betrübniß erregen. Das Ministerium, das sich, diese Lage
[Spaltenumbruch] voraussehend und um Zeit zu gewinnen, vor der Hand auf die
Clubbs und den Sicherheitsausschuß stützt, hat schwere Prüfungs-
tage in Aussicht. Es bereitet sich eine neue Krisis vor. Schon
seit zwei Tagen sind die Arbeiter ins Jnteresse gezogen, und so
durchzogen gestern 20,000 Mann die Stadt und Vorstädte, um
angeblich einer Feldmesse auf dem Glacis, welche der Prof. Füster
abhielt, beizuwohnen. Andererseits wird nun auch in der Tages-
presse die Person des Kaisers selbst, welche bisher verschont
war, in die Verhandlungen gezogen, und so der letzte
Nimbus der Majestät zerstört. Wir sehen traurigen Tagen
entgegen. Alle Symptome eines nahen Ausbruches neuer
Volksbewegungen sind vorhanden. -- Vor der Abreise des
Erzherzogs Johann hatten die ungarischen Minister Fürst
Esterhazy, Graf Bathiany und Herr v. Mailath noch eine Con-
ferenz mit dem Banus von Croatien, Bar. Jellachich, welcher
der Erzherzog beiwohnte. Heute sind auch diese Minister, so wie
der Banus abgereist. So viel man weiß, ist auch über diese
verhängnißvolle kroatische Frage, welche so wichtig für die Zu-
kunft Oesterreichs als die italienische ist, noch keine definitive Pa-
cification zu Stande gekommen. Beide Theile legen die Vor-
schläge den Repräsendanten ihrer Völker vor. Der Banus von
Kroatien aber hat kein Jota in seinen gerechten Anforderungen
nachgegeben.

Berlin 31. Juli. ( Br. Z. ) Ueber die gestrige Lustfahrt der
Abgeordneten nach Potsdam cirkuliren mannigfache, mitunter
ziemlich wunderliche Gerüchte und Erzählungen. Alle stimmen
darin überein, daß die Herren in ihrem Leben noch nicht so viel
Staub verschluckt haben dürften, als diesmal. Auch über die
vielen Rohheiten und Ungezogenheiten, deren sich das Potsdamer
Publikum und viele Soldaten ( Offiziere nicht ausgenom-
men ) gegen die vorüberfahrenden Abgeordneten zu Schulden
kommen ließen, herrscht keine Meinungsverschiedenheit. Dagegen
zerbricht man sich über die Veranlassung zu der Einladung sehr
die Köpfe. Während die Einen der Ansicht sind, der König habe
damit seine Unfriedenheit mit dem Verfassungsentwurf zu erkennen
geben wollen, glauben Andere, die staubige Spazierfahrt hänge
mit der deutschen Frage zusammen, und was dergleichen diplo-
matische Tiefsinnigkeiten mehr sind. Nur Wenige halten die
Einladung für keine Demonstration, und ich glaube, diese
grade haben Recht. Se. Majestät soll ziemlich wohl und heiter
ausgesehen und sich mit einer großen Anzahl Abgeordneter län-
gere Zeit unterhalten haben. Aus mehreren seiner Aeußerungen
soll aber auch hervorgegangen seyn, daß der König hinsichtlich
der letzten Berliner Vorfälle wegen der schwarz=weißen Fahnen
u. s. w. ganz und, wie es scheint, geflissentlich falsch unterrichtet
worden ist.

Heute Mittag haben die Studirenden der hiesigen Universität
in feierlichem Zuge zwei schwarz=roth=goldene Fahnen auf dem
Balkon des Universitätsgebäudes aufgepflanzt; das zahlreich her-
beigeströmte Publikum stimmte enthusiastisch in das der deut-
schen Einheit ausgebrachte Hoch!
ein. Das Gerücht,
daß der Reichsverweser den bekannten Erlaß seines Kriegsmi-
nisters verläugnet habe, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Das
Gerücht, obgleich in verschiedenen, selbst öffentlichen Versamm-
lungen rnd Kreisen verbreitet, stammte doch, wie sich nachher
herausstellte, aus einer und derselben Quelle und scheint mit
jenem leidenschaftlichen Treiben der Borussomanen zusam-
menzuhängen, die sich auch nicht scheuen, falsche Gerüchte auszu-
streuen, wenn sie glauben, daß sie ihren separatistischen Tendenzen
förderlich seyn können. ( Nat.=Z. )

Breslau 1. August. ( Br. Z. ) [ Ernstliche Conflicte in
Schweidnitz.
] Schon heute früh hatte sich hier die Nachricht
verbreitet, daß es in Schweidnitz zu einem blutigen Zusammen-
stoß zwischen Bürgern und Militär gekommen ist. Nähere Nach-
richten über die Ursachen dieses traurigen Conflicts sind uns vor-
läufig noch nicht zugegangen. So viel wir vernehmen soll er
namentlich dadurch entstanden seyn, daß der Festungs=Commandant
die Zugbrücke hat aufziehen lassen, als die Bürgerwehr nach den
Schießständen habe ziehen wollen und sich auf ein Signal versammelt
hat, das der Commandant nicht der Bürgerwehr gestatten wollte. Es
sammelte sich in Folge dessen eine Volksmasse vor dem Hause des
Commandanten und brachte demselben eine Katzenmusik. Es wurde
hierauf Generalmarsch geschlagen und das Militär soll ohne
Commando auf das Volk gefeuert haben. Es sind über
hundert Schüsse gefallen und vier Personen auf
dem Platze geblieben.
Nach einer andern Nachricht sind
fünf von der Schützengilde und drei von der Bürgerwehr gefal-
len 1). Auch sind viele gefährliche Verwundungen vorgekommen.

[Ende Spaltensatz]
1) Ein der Breslauer Zeitung übergebenes Privatschreiben theilt
mit, daß von der zur Herstellung der Ruhe herbeigeeilten Bürgerwehr

[Beginn Spaltensatz] vorliege und die preußischen Truppen für sie [unleserliches Material – 11 Zeichen fehlen]einzutreten haben,
hängt nicht von der freien Wahl Preußens und seiner Regierung,
sondern von der Entscheidung des Reiches ab. Einem Einzelstaat
kann gegenüber einem Reichsbeschluß kein Veto zustehen, wenn
wir nicht den ganzen Jammer der letzten Jahrhunderte des Kai-
serthums wiederkehren sehen wollen, wo der Kaiser nicht einmal
die Reichsfürsten dahin bringen konnte, die nöthige Hülfe zu lei-
sten, um die Türken von Deutschlands Gränze abzuhalten!

Noch weit anstößiger sind die Worte: „und nach meinem
Befehl
dem Reichsverweser sich unterzuordnen haben.“ Also
die preußischen Truppen sollen dem Reichsverweser untergeordnet
seyn, aber nur nach dem Befehl des Königs? Also nur
dann, in so weit und so lang, als der König es befiehlt? Wäre
das der Sinn der dunklen Phrase — dann stünde ja der Reichs-
verweser bezüglich der preußischen Truppen unter dem König
von Preußen, und wenn die übrigen Staaten dasselbe Prinzip
befolgten, bezüglich der hannöverischen Truppen unter dem König
von Hannover, bezüglich der nassauischen Truppen unter dem Her-
zog von Nassau, bezüglich der Frankfurter Miliz unter dem Senate
der Freistadt! Er wäre dann nur ein Mandatar der Einzelstaaten,
ein den Einzelstaaten untergeordneter Befehlshaber. Jedem preußi-
schen General ist seine Brigade oder Division untergeordnet nach
des Königs Befehl.
So aber ist es mit dem Reichsverweser
nicht gemeint und kann es nicht seyn, er ist vielmehr über das
ganze Reich und alle Truppen und alle Befehlshaber und alle
Kriegsfürsten der höchste Befehlshaber und der höchste
Kriegsfürst,
und sein Befehl geht über den Befehl aller ein-
zelnen deutschen Fürsten. Jst das nicht, so kann von keinem Reich
und keinem Reichsoberhaupt die Rede seyn. Darum sagt der
freilich noch bestrittene Gesetzentwurf über die Competenz der
Reichsgewalt ( §. 6. ) : „Die bewaffnete Macht zu Wasser und zu
Land gehört der Reichsgewalt an... ( §. 7. ) Das Reichsheer
wird gebildet aus der gesammten Kriegsmacht der einzelnen deut-
schen Staaten. ( §. 8. ) Das Reichsheer schwört Treue dem
Reichsoberhaupt und der Reichsverfassung; jede andere Ver-
pflichtung des Militärs steht dieser nach.
“ Jn
diesem Sinn hat der Reichsverweser als das einstweilige Reichs-
oberhaupt die Huldigung vom Heere gefordert, und in diesem
Sinn und Geist muß sie rein und einfach, offen und [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]ehr-
lich
geleistet werden.

Jn der That, eine große Forderung, welche hiermit an das
kriegsmächtige Preußen und seinen König ergeht, aber eine For-
derung, durch deren opferwillige und hingebende Erfüllung es
den höchsten Ruhm in der deutschen Geschichte sich erwerben und
viel altes Unrecht sühnen kann. Denn war es nicht die übermäch-
tige Souveränetät Preußens, welche dem alten deutschen Reiche
das Ende bereitet hat? Vor der Wahrheit der Geschichte müssen
alle andere Rücksichten schweigen. Preußen, ehemals ein einfaches
Reichsland, hat sich besonders seit jenem genialen, aber das um Recht
unbekümmerten Friedrich II., zu einer europäischen Großmacht
schnell und in Ueberspannung all seiner Kräfte hinaufgehoben.
Daß es darin Genie und Kraft bewiesen, wer wird es leugnen:
daß aber viel Unrecht und Rechtsverletzung dieser Macht anklebt,
wer kann es in Abrede stellen? Nun wohlan, Preußen und sein
König bringe jetzt großmüthig und freiwillig das Opfer einer
Größe, die mit der Einheit und dem Heile Deutschlands unver-
träglich ist, und die über kurz oder lang in schrecklichem Sturze
untergehen muß, — und durch eine solche Sühne wird es einen
herrlicheren Ruhm und eine schönere Zukunft sich erkaufen, als
alle Waffenthaten und alle Politik eines Friedrich II. ihm ver-
schafft haben. Wenn aber Preußen einer Seits einen großen Ver-
zicht leistet, so liegt eben darin auch die mächtigste Forderung an
die Nationalversammlung, daß auch sie ihrer Seits Preußen ent-
gegenkomme und namentlich dem Reiche eine solche Verfassung
gebe, daß darin die deutschen Staaten und Fürsten eine feste Ga-
rantie dafür finden, daß die provisorische Reichsgewalt nicht blos
eine Uebergangsstufe zur einigen deutschen Republik sey. Allein
auch dieß wird ganz vorzüglich davon abhängen, daß die Einzel-
staaten und vor Allem Preußen dem Reich und dem Reichsver-
weser mit vollem Vertrauen und aller Kraft sich anschließen. Denn
nur eine starke Reichsgewalt kann Deutschland vor einer allver-
schlingenden politischen und socialen Revolution schützen; stark
aber kann die Reichsgewalt nur durch die Treue aller deutschen
Staaten, Stämme, Fürsten und Truppen werden.



Deutschland.

Wien 31. Juli. ( Br. Z. ) Die Abreise des Erzherzogs
Johann, der uns gestern in Mittte einer zweiten noch größeren
Krisis verließ, wird, sobald sie in allen Vorstädten bekannt ist,
neue Betrübniß erregen. Das Ministerium, das sich, diese Lage
[Spaltenumbruch] voraussehend und um Zeit zu gewinnen, vor der Hand auf die
Clubbs und den Sicherheitsausschuß stützt, hat schwere Prüfungs-
tage in Aussicht. Es bereitet sich eine neue Krisis vor. Schon
seit zwei Tagen sind die Arbeiter ins Jnteresse gezogen, und so
durchzogen gestern 20,000 Mann die Stadt und Vorstädte, um
angeblich einer Feldmesse auf dem Glacis, welche der Prof. Füster
abhielt, beizuwohnen. Andererseits wird nun auch in der Tages-
presse die Person des Kaisers selbst, welche bisher verschont
war, in die Verhandlungen gezogen, und so der letzte
Nimbus der Majestät zerstört. Wir sehen traurigen Tagen
entgegen. Alle Symptome eines nahen Ausbruches neuer
Volksbewegungen sind vorhanden. — Vor der Abreise des
Erzherzogs Johann hatten die ungarischen Minister Fürst
Esterhazy, Graf Bathiany und Herr v. Mailath noch eine Con-
ferenz mit dem Banus von Croatien, Bar. Jellachich, welcher
der Erzherzog beiwohnte. Heute sind auch diese Minister, so wie
der Banus abgereist. So viel man weiß, ist auch über diese
verhängnißvolle kroatische Frage, welche so wichtig für die Zu-
kunft Oesterreichs als die italienische ist, noch keine definitive Pa-
cification zu Stande gekommen. Beide Theile legen die Vor-
schläge den Repräsendanten ihrer Völker vor. Der Banus von
Kroatien aber hat kein Jota in seinen gerechten Anforderungen
nachgegeben.

Berlin 31. Juli. ( Br. Z. ) Ueber die gestrige Lustfahrt der
Abgeordneten nach Potsdam cirkuliren mannigfache, mitunter
ziemlich wunderliche Gerüchte und Erzählungen. Alle stimmen
darin überein, daß die Herren in ihrem Leben noch nicht so viel
Staub verschluckt haben dürften, als diesmal. Auch über die
vielen Rohheiten und Ungezogenheiten, deren sich das Potsdamer
Publikum und viele Soldaten ( Offiziere nicht ausgenom-
men ) gegen die vorüberfahrenden Abgeordneten zu Schulden
kommen ließen, herrscht keine Meinungsverschiedenheit. Dagegen
zerbricht man sich über die Veranlassung zu der Einladung sehr
die Köpfe. Während die Einen der Ansicht sind, der König habe
damit seine Unfriedenheit mit dem Verfassungsentwurf zu erkennen
geben wollen, glauben Andere, die staubige Spazierfahrt hänge
mit der deutschen Frage zusammen, und was dergleichen diplo-
matische Tiefsinnigkeiten mehr sind. Nur Wenige halten die
Einladung für keine Demonstration, und ich glaube, diese
grade haben Recht. Se. Majestät soll ziemlich wohl und heiter
ausgesehen und sich mit einer großen Anzahl Abgeordneter län-
gere Zeit unterhalten haben. Aus mehreren seiner Aeußerungen
soll aber auch hervorgegangen seyn, daß der König hinsichtlich
der letzten Berliner Vorfälle wegen der schwarz=weißen Fahnen
u. s. w. ganz und, wie es scheint, geflissentlich falsch unterrichtet
worden ist.

Heute Mittag haben die Studirenden der hiesigen Universität
in feierlichem Zuge zwei schwarz=roth=goldene Fahnen auf dem
Balkon des Universitätsgebäudes aufgepflanzt; das zahlreich her-
beigeströmte Publikum stimmte enthusiastisch in das der deut-
schen Einheit ausgebrachte Hoch!
ein. Das Gerücht,
daß der Reichsverweser den bekannten Erlaß seines Kriegsmi-
nisters verläugnet habe, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Das
Gerücht, obgleich in verschiedenen, selbst öffentlichen Versamm-
lungen rnd Kreisen verbreitet, stammte doch, wie sich nachher
herausstellte, aus einer und derselben Quelle und scheint mit
jenem leidenschaftlichen Treiben der Borussomanen zusam-
menzuhängen, die sich auch nicht scheuen, falsche Gerüchte auszu-
streuen, wenn sie glauben, daß sie ihren separatistischen Tendenzen
förderlich seyn können. ( Nat.=Z. )

Breslau 1. August. ( Br. Z. ) [ Ernstliche Conflicte in
Schweidnitz.
] Schon heute früh hatte sich hier die Nachricht
verbreitet, daß es in Schweidnitz zu einem blutigen Zusammen-
stoß zwischen Bürgern und Militär gekommen ist. Nähere Nach-
richten über die Ursachen dieses traurigen Conflicts sind uns vor-
läufig noch nicht zugegangen. So viel wir vernehmen soll er
namentlich dadurch entstanden seyn, daß der Festungs=Commandant
die Zugbrücke hat aufziehen lassen, als die Bürgerwehr nach den
Schießständen habe ziehen wollen und sich auf ein Signal versammelt
hat, das der Commandant nicht der Bürgerwehr gestatten wollte. Es
sammelte sich in Folge dessen eine Volksmasse vor dem Hause des
Commandanten und brachte demselben eine Katzenmusik. Es wurde
hierauf Generalmarsch geschlagen und das Militär soll ohne
Commando auf das Volk gefeuert haben. Es sind über
hundert Schüsse gefallen und vier Personen auf
dem Platze geblieben.
Nach einer andern Nachricht sind
fünf von der Schützengilde und drei von der Bürgerwehr gefal-
len 1). Auch sind viele gefährliche Verwundungen vorgekommen.

[Ende Spaltensatz]
1) Ein der Breslauer Zeitung übergebenes Privatschreiben theilt
mit, daß von der zur Herstellung der Ruhe herbeigeeilten Bürgerwehr
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[0002] vorliege und die preußischen Truppen für sie ___________einzutreten haben, hängt nicht von der freien Wahl Preußens und seiner Regierung, sondern von der Entscheidung des Reiches ab. Einem Einzelstaat kann gegenüber einem Reichsbeschluß kein Veto zustehen, wenn wir nicht den ganzen Jammer der letzten Jahrhunderte des Kai- serthums wiederkehren sehen wollen, wo der Kaiser nicht einmal die Reichsfürsten dahin bringen konnte, die nöthige Hülfe zu lei- sten, um die Türken von Deutschlands Gränze abzuhalten! Noch weit anstößiger sind die Worte: „und nach meinem Befehl dem Reichsverweser sich unterzuordnen haben.“ Also die preußischen Truppen sollen dem Reichsverweser untergeordnet seyn, aber nur nach dem Befehl des Königs? Also nur dann, in so weit und so lang, als der König es befiehlt? Wäre das der Sinn der dunklen Phrase — dann stünde ja der Reichs- verweser bezüglich der preußischen Truppen unter dem König von Preußen, und wenn die übrigen Staaten dasselbe Prinzip befolgten, bezüglich der hannöverischen Truppen unter dem König von Hannover, bezüglich der nassauischen Truppen unter dem Her- zog von Nassau, bezüglich der Frankfurter Miliz unter dem Senate der Freistadt! Er wäre dann nur ein Mandatar der Einzelstaaten, ein den Einzelstaaten untergeordneter Befehlshaber. Jedem preußi- schen General ist seine Brigade oder Division untergeordnet nach des Königs Befehl. So aber ist es mit dem Reichsverweser nicht gemeint und kann es nicht seyn, er ist vielmehr über das ganze Reich und alle Truppen und alle Befehlshaber und alle Kriegsfürsten der höchste Befehlshaber und der höchste Kriegsfürst, und sein Befehl geht über den Befehl aller ein- zelnen deutschen Fürsten. Jst das nicht, so kann von keinem Reich und keinem Reichsoberhaupt die Rede seyn. Darum sagt der freilich noch bestrittene Gesetzentwurf über die Competenz der Reichsgewalt ( §. 6. ) : „Die bewaffnete Macht zu Wasser und zu Land gehört der Reichsgewalt an... ( §. 7. ) Das Reichsheer wird gebildet aus der gesammten Kriegsmacht der einzelnen deut- schen Staaten. ( §. 8. ) Das Reichsheer schwört Treue dem Reichsoberhaupt und der Reichsverfassung; jede andere Ver- pflichtung des Militärs steht dieser nach. “ Jn diesem Sinn hat der Reichsverweser als das einstweilige Reichs- oberhaupt die Huldigung vom Heere gefordert, und in diesem Sinn und Geist muß sie rein und einfach, offen und ________ehr- lich geleistet werden. Jn der That, eine große Forderung, welche hiermit an das kriegsmächtige Preußen und seinen König ergeht, aber eine For- derung, durch deren opferwillige und hingebende Erfüllung es den höchsten Ruhm in der deutschen Geschichte sich erwerben und viel altes Unrecht sühnen kann. Denn war es nicht die übermäch- tige Souveränetät Preußens, welche dem alten deutschen Reiche das Ende bereitet hat? Vor der Wahrheit der Geschichte müssen alle andere Rücksichten schweigen. Preußen, ehemals ein einfaches Reichsland, hat sich besonders seit jenem genialen, aber das um Recht unbekümmerten Friedrich II., zu einer europäischen Großmacht schnell und in Ueberspannung all seiner Kräfte hinaufgehoben. Daß es darin Genie und Kraft bewiesen, wer wird es leugnen: daß aber viel Unrecht und Rechtsverletzung dieser Macht anklebt, wer kann es in Abrede stellen? Nun wohlan, Preußen und sein König bringe jetzt großmüthig und freiwillig das Opfer einer Größe, die mit der Einheit und dem Heile Deutschlands unver- träglich ist, und die über kurz oder lang in schrecklichem Sturze untergehen muß, — und durch eine solche Sühne wird es einen herrlicheren Ruhm und eine schönere Zukunft sich erkaufen, als alle Waffenthaten und alle Politik eines Friedrich II. ihm ver- schafft haben. Wenn aber Preußen einer Seits einen großen Ver- zicht leistet, so liegt eben darin auch die mächtigste Forderung an die Nationalversammlung, daß auch sie ihrer Seits Preußen ent- gegenkomme und namentlich dem Reiche eine solche Verfassung gebe, daß darin die deutschen Staaten und Fürsten eine feste Ga- rantie dafür finden, daß die provisorische Reichsgewalt nicht blos eine Uebergangsstufe zur einigen deutschen Republik sey. Allein auch dieß wird ganz vorzüglich davon abhängen, daß die Einzel- staaten und vor Allem Preußen dem Reich und dem Reichsver- weser mit vollem Vertrauen und aller Kraft sich anschließen. Denn nur eine starke Reichsgewalt kann Deutschland vor einer allver- schlingenden politischen und socialen Revolution schützen; stark aber kann die Reichsgewalt nur durch die Treue aller deutschen Staaten, Stämme, Fürsten und Truppen werden. Deutschland. Wien 31. Juli. ( Br. Z. ) Die Abreise des Erzherzogs Johann, der uns gestern in Mittte einer zweiten noch größeren Krisis verließ, wird, sobald sie in allen Vorstädten bekannt ist, neue Betrübniß erregen. Das Ministerium, das sich, diese Lage voraussehend und um Zeit zu gewinnen, vor der Hand auf die Clubbs und den Sicherheitsausschuß stützt, hat schwere Prüfungs- tage in Aussicht. Es bereitet sich eine neue Krisis vor. Schon seit zwei Tagen sind die Arbeiter ins Jnteresse gezogen, und so durchzogen gestern 20,000 Mann die Stadt und Vorstädte, um angeblich einer Feldmesse auf dem Glacis, welche der Prof. Füster abhielt, beizuwohnen. Andererseits wird nun auch in der Tages- presse die Person des Kaisers selbst, welche bisher verschont war, in die Verhandlungen gezogen, und so der letzte Nimbus der Majestät zerstört. Wir sehen traurigen Tagen entgegen. Alle Symptome eines nahen Ausbruches neuer Volksbewegungen sind vorhanden. — Vor der Abreise des Erzherzogs Johann hatten die ungarischen Minister Fürst Esterhazy, Graf Bathiany und Herr v. Mailath noch eine Con- ferenz mit dem Banus von Croatien, Bar. Jellachich, welcher der Erzherzog beiwohnte. Heute sind auch diese Minister, so wie der Banus abgereist. So viel man weiß, ist auch über diese verhängnißvolle kroatische Frage, welche so wichtig für die Zu- kunft Oesterreichs als die italienische ist, noch keine definitive Pa- cification zu Stande gekommen. Beide Theile legen die Vor- schläge den Repräsendanten ihrer Völker vor. Der Banus von Kroatien aber hat kein Jota in seinen gerechten Anforderungen nachgegeben. Berlin 31. Juli. ( Br. Z. ) Ueber die gestrige Lustfahrt der Abgeordneten nach Potsdam cirkuliren mannigfache, mitunter ziemlich wunderliche Gerüchte und Erzählungen. Alle stimmen darin überein, daß die Herren in ihrem Leben noch nicht so viel Staub verschluckt haben dürften, als diesmal. Auch über die vielen Rohheiten und Ungezogenheiten, deren sich das Potsdamer Publikum und viele Soldaten ( Offiziere nicht ausgenom- men ) gegen die vorüberfahrenden Abgeordneten zu Schulden kommen ließen, herrscht keine Meinungsverschiedenheit. Dagegen zerbricht man sich über die Veranlassung zu der Einladung sehr die Köpfe. Während die Einen der Ansicht sind, der König habe damit seine Unfriedenheit mit dem Verfassungsentwurf zu erkennen geben wollen, glauben Andere, die staubige Spazierfahrt hänge mit der deutschen Frage zusammen, und was dergleichen diplo- matische Tiefsinnigkeiten mehr sind. Nur Wenige halten die Einladung für keine Demonstration, und ich glaube, diese grade haben Recht. Se. Majestät soll ziemlich wohl und heiter ausgesehen und sich mit einer großen Anzahl Abgeordneter län- gere Zeit unterhalten haben. Aus mehreren seiner Aeußerungen soll aber auch hervorgegangen seyn, daß der König hinsichtlich der letzten Berliner Vorfälle wegen der schwarz=weißen Fahnen u. s. w. ganz und, wie es scheint, geflissentlich falsch unterrichtet worden ist. Heute Mittag haben die Studirenden der hiesigen Universität in feierlichem Zuge zwei schwarz=roth=goldene Fahnen auf dem Balkon des Universitätsgebäudes aufgepflanzt; das zahlreich her- beigeströmte Publikum stimmte enthusiastisch in das der deut- schen Einheit ausgebrachte Hoch! ein. Das Gerücht, daß der Reichsverweser den bekannten Erlaß seines Kriegsmi- nisters verläugnet habe, hat sich bis jetzt nicht bestätigt. Das Gerücht, obgleich in verschiedenen, selbst öffentlichen Versamm- lungen rnd Kreisen verbreitet, stammte doch, wie sich nachher herausstellte, aus einer und derselben Quelle und scheint mit jenem leidenschaftlichen Treiben der Borussomanen zusam- menzuhängen, die sich auch nicht scheuen, falsche Gerüchte auszu- streuen, wenn sie glauben, daß sie ihren separatistischen Tendenzen förderlich seyn können. ( Nat.=Z. ) Breslau 1. August. ( Br. Z. ) [ Ernstliche Conflicte in Schweidnitz. ] Schon heute früh hatte sich hier die Nachricht verbreitet, daß es in Schweidnitz zu einem blutigen Zusammen- stoß zwischen Bürgern und Militär gekommen ist. Nähere Nach- richten über die Ursachen dieses traurigen Conflicts sind uns vor- läufig noch nicht zugegangen. So viel wir vernehmen soll er namentlich dadurch entstanden seyn, daß der Festungs=Commandant die Zugbrücke hat aufziehen lassen, als die Bürgerwehr nach den Schießständen habe ziehen wollen und sich auf ein Signal versammelt hat, das der Commandant nicht der Bürgerwehr gestatten wollte. Es sammelte sich in Folge dessen eine Volksmasse vor dem Hause des Commandanten und brachte demselben eine Katzenmusik. Es wurde hierauf Generalmarsch geschlagen und das Militär soll ohne Commando auf das Volk gefeuert haben. Es sind über hundert Schüsse gefallen und vier Personen auf dem Platze geblieben. Nach einer andern Nachricht sind fünf von der Schützengilde und drei von der Bürgerwehr gefal- len 1). Auch sind viele gefährliche Verwundungen vorgekommen. 1) Ein der Breslauer Zeitung übergebenes Privatschreiben theilt mit, daß von der zur Herstellung der Ruhe herbeigeeilten Bürgerwehr

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 52. Mainz, 6. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal052_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.