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Mainzer Journal. Nr. 57. Mainz, 12. August 1848.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 57. Samstag, den 12. August. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Die Finanzpläne des Ministers Hansemann.

Berlin 3. August. ( W. Z. ) Je mehr der Zeitpunkt für die
Berathung der finanziellen Maßregeln heranrückt, desto drohen-
der gestaltet sich die Aussicht für das Ministerium Hansemanns,
mit dessen Sturz der der übrigen Minister aller Wahrscheinlichkeit
nach zusammenfallen dürfte, denn es scheint allerdings, daß der-
selbe sich durch seine Steuerprojecte eine Opposition heraufbe-
schworen habe, die zu bewältigen, er schwerlich die Macht hat.
Wir wollen hier nicht in eine ausführliche Kritik dieser Pläne ein-
treten, wollen noch weit weniger irgend welche Opposition erhe-
ben gegen Verbesserungen, welche vom Geiste der Zeit verlangt
werden, wir wollen vielmehr nur einzelne Data zusammenstellen,
welche unsere Angabe wegen einer nahe bevorstehenden Nieder-
lage Hansemanns zu begründen geeignet sind. Es ist durch die
öffentlichen Blätter bereits zur Kenntniß gekommen, daß die grö-
ßere Zahl der Grundbesitzer in den Provinzen Preußen, Posen,
Pommern, Mark und Sachsen zu einem Vereine zusammengetre-
ten ist, um die gefährdeten Jnteressen ihres Besitzes wahrzuneh-
men, und dieser Verein gewinnt gegenwärtig eine solche Ausdeh-
nung und Macht, daß, zumal ihm das Recht zur Seite steht, ihm
eine bestimmende Einwirkung nicht fehlen kann. Es sind drei Maß-
regeln Hansemanns zu gleicher Zeit, welche die Existenz dieser
Grundbesitzer bedrohen und sie zu einem verzweifelten Widerstande
herausfordern: das neue Grundsteuergesetz bedroht die Gutsbesitzer
mit einer so großen Verminderung des Capitalwerths ihrer Gü-
ter, daß eine Kündigung der darauf haftenden Schulden unbe-
dingt erfolgen muß, und schwerlich Viele sich in Folge davon im
Besitze ihres gegenwärtigen Eigenthums werden erhalten können;
der Entwurf des Gesetzes wegen der Rentenablösung enthält die
schreiendsten Ungerechtigkeiten gegen eben dieselben Grundbesitzer,
und zwar zu Gunsten einer Classe von Personen, die ihren
gegenwärtigen Verhältnissen nach einer so ungerechten Begün-
stigung gar nicht bedürfen; und die Erhöhung der Brannt-
weinsteuer um 50 Procent bedroht endlich von Neuem die-
selben Grundbesitzer mit großen Verlusten, so daß diese Maß-
regeln zusammengenommen einer Confiscation eines großen
Theils von deren Vermögen gleichkommen. Wie sehr auch immer
die eine Hälfte der Abgeordneten auf revolutionärem Boden stehen
mag, so wohnt doch der Mehrzahl so viel Rechtsgefühl inne, um
entschiedenen Rechtsverletzungen, wie sie zum Theil in diesen
Maßregeln liegen, entgegenzutreten. Hierzu kommt die Opposi-
tion, welche sich allgemein gegen die Zwangsanleihe erhebt; in
sieben Tagen geht der Termin für die Betheiligung an der frei-
willigen Anleihe zu Ende und noch sind nicht ganz3 1 / 2 Millionen
Thaler zusammengebracht, so daß der ursprünglichen Absicht zu-
folge noch eine sehr bedeutende Summe durch die Zwangsanleihe
herbeigeschafft werden muß. Fünf Abtheilungen haben aber bereits
den Gesetzentwurf wegen Ausschreibung derselben in indirecter
Form durchfallen lassen, indem sie sich einer speciellen Berathung
desselben gänzlich enthalten haben, bis die durch Beschluß der
Plenarversammlung eingesetzte Finanzcommission die ganze Lage
unseres Staatshaushaltes genau geprüft und ihren Bericht dar-
über wird abgestattet haben. Es steht in einer der nächsten Sitzungen
zunächst der Antrag bevor, den Zeitpunct für den Schluß der
freiwilligen Anleihe noch bis zum 10. October zu verlängern, und
es dürfte derselbe die Billigung der Majorität der Versammlung
erlangen, da man vor definitiver Feststellung der Verfassung zu
irgend welchen bedeutenden Geldbewilligungen nicht geneigt scheint.
Man wirft den Finanzplänen Hansemanns vor, daß sie erstens
zu keinem Ziele führen, zweitens störend auf die ganzen Staats-
verhältnisse einwirken, und drittens schreiende Ungerechtigkeiten
enthalten. Der Nachweis für die theilweise Richtigkeit dieser Vor-
würfe ist eben nicht schwer zu führen, und wir zweifeln, daß der
Herr Minister selbst dieselben gänzlich zurückzuweisen im Stande
seyn werde. Wir machen uns nur zum Organ der allgemein ver-
breiteten Meinung, wenn wir die Ansicht aussprechen, daß eine
wirkliche Ausführung der neuen Steuergesetze in ihrer projectirten
Form nothwendig zu einem völligen Umsturz aller Verhältnisse
führen müsse, und schwerlich wird Hansemann dieser allgemeinen
Opposition gegenüber sich zu halten vermögen.

[Spaltenumbruch]
Deutschland.
Reichstag.

f Frankfurt 11. August. Es war längst als billig erkannt,
daß dem Präsidenten des Reichstags, der bisher nur die Tag-
gelder eines einfachen Abgeordneten bezog, ein angemessenes
Salar bestimmt werden solle. Ein dahin zielender Antrag von
Osterrath kam heute zur Berathung und ward angenommen,
so daß von nun an dem jeweiligen Präsidenten eine monatliche
Entschädigung von 2000 fl. aus Reichsmitteln gegeben wird, auf
welche zu verzichten ihm nicht frei steht. Sodann ward zur Be-
rathung geschritten 1 ) über die Separatverhandlungen deut-
scher Staaten mit Dänemark, 2 ) über die von der dänischen
Regierung zu leistende Entschädigung für die Beschlagnahme
deutscher Schiffe, 3 ) über den Sundzoll, und 4 ) über das Ge-
such der Donaudampfschifffahrt zu Ulm um Schutz gegen Rechts-
verletzung. Ueber den ersten Punkt ward beschlossen, zur Tages-
ordnung überzugehen, über 2., 3. und 4., sie an die Centralge-
walt zu verweisen. -- Die neuesten italienischen Nachrichten er-
regen hier, wie wohl allerwärts, das lebhafteste Jnteresse. Je-
dermann fühlt, wie Das, was jetzt in Jtalien vorgeht, auch
das Wohl Deutschlands nahe berührt, und man erwartet,
daß von Seiten der Centralgewalt die gehörigen Maßregeln
ergriffen werden, um bei der von England und Frankreich ver-
suchten Mediation auch die deutschen Jnteressen zu wahren.
Daß jetzt, wo die Lombardei wiederum im Besitz Oesterreichs ist,
von einer Abtretung Jtaliens nicht mehr die Rede seyn kann,
versteht sich wohl von selbst; es wäre zu wünschen, Lord Palmer-
ston
möge sich seines Benehmens in den Schweizerangelegenhei-
ten erinnern, und dasselbe auch hier einhalten; denn bekannt-
lich hat er damals so lange zugewartet, bis die Schweizer
unter sich Alles beendigt hatten und kein dringender Grund zum
Einschreiten ( diplomatisch oder mit den Waffen ) mehr da war.
Jn vielen deutschen Zeitungen werden leider die italienischen Ver-
hältnisse falsch beurtheilt. Es handelt sich nicht um die italieni-
sche Freiheit
und Nationalität; die ist gesichert, wenn
auch Oberitalien den Oesterreichern verbleibt, sondern darum, ob
England oder Frankreich, oder Deutschland dorten Einfluß ha-
ben solle, und da wäre es doch gar undeutsch gedacht, wenn wir
auf unsern durchaus gerechten Einfluß verzichten, und dieses
herrliche Land, von dessen Besitz unser Handel nach dem Orient
bedingt ist, französischem oder englischem Einflusse preißgeben
sollten. Es ist von großer Wichtigkeit, Wem die Führung dieser
in die deutschen Verhältnisse so ungemein tief eingreifenden Ver-
handlungen anvertraut wird; möchte die Centralgewalt hiefür
den rechten Mann finden, der mit Kraft und Klugheit jetzt zum
erstenmale das Gesammtvaterland der auswärtigen Diplomatie
gegenüber vertreten kann.

Wien 7. August, Abends 5 Uhr. Heute wird Erz-
herzog Franz Karl von Jnnsbruck hier erwartet, in drei Ta-
gen kommt der Kaiser mit dem Präsidenten Schmidt und dem
Abgeordneten Borrosch, welche beide deßhalb in Jnnsbruck zu-
rückgeblieben sind.

Jtalien.

Mailand 7. August. ( Bas. Z. ) Nach den ( gestern gemel-
deten ) Schüssen in die Wohnung Karl Alberts wurde die Straße
durch die Cavallerie gesäubert und eine bedeutende Truppenmasse
in der Gegend versammelt, der König ließ sich nun seinen Schnurr-
bart abnehmen und entfloh mit seinen Söhnen zu Fuß bis auf den
Platz Belgiojoso, wo er in Mitte seiner Dragoner zu Pferde stieg,
und sich dann mit der ganzen Armee, die nach und nach zusam-
mengezogen wurde, nach Mitternacht davon machte. -- Sonntag
Morgens früh war der Jammer in der ganzen Stadt ungeheuer,
und als ich um vier Uhr Morgens durch die Straßen ging, sah
ich eine Menge Familien, Männer, Weiber und Kinder nur mit
kleiner Bagage weinend fortziehen, die früher errichteten Barri-
kaden wurden so gut wie möglich abgetragen und Alles auf den
Einzug der Oesterreicher bereit gemacht. Schon um acht Uhr
rückten die Vorposten ein, und um Mittag hielt Radetzky seinen
Einzug, der prachtvoll war und wobei dasselbe Volk das immer
Morte ai Tedeschi schrie, dem alten Feldmarschall ein lautes
Evviva brachte! Es sind jetzt 80,000 Mann hier und nächstens
werden noch 20,000 unter Welden erwartet, die Ordnung ist
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 57. Samstag, den 12. August. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Die Finanzpläne des Ministers Hansemann.

Berlin 3. August. ( W. Z. ) Je mehr der Zeitpunkt für die
Berathung der finanziellen Maßregeln heranrückt, desto drohen-
der gestaltet sich die Aussicht für das Ministerium Hansemanns,
mit dessen Sturz der der übrigen Minister aller Wahrscheinlichkeit
nach zusammenfallen dürfte, denn es scheint allerdings, daß der-
selbe sich durch seine Steuerprojecte eine Opposition heraufbe-
schworen habe, die zu bewältigen, er schwerlich die Macht hat.
Wir wollen hier nicht in eine ausführliche Kritik dieser Pläne ein-
treten, wollen noch weit weniger irgend welche Opposition erhe-
ben gegen Verbesserungen, welche vom Geiste der Zeit verlangt
werden, wir wollen vielmehr nur einzelne Data zusammenstellen,
welche unsere Angabe wegen einer nahe bevorstehenden Nieder-
lage Hansemanns zu begründen geeignet sind. Es ist durch die
öffentlichen Blätter bereits zur Kenntniß gekommen, daß die grö-
ßere Zahl der Grundbesitzer in den Provinzen Preußen, Posen,
Pommern, Mark und Sachsen zu einem Vereine zusammengetre-
ten ist, um die gefährdeten Jnteressen ihres Besitzes wahrzuneh-
men, und dieser Verein gewinnt gegenwärtig eine solche Ausdeh-
nung und Macht, daß, zumal ihm das Recht zur Seite steht, ihm
eine bestimmende Einwirkung nicht fehlen kann. Es sind drei Maß-
regeln Hansemanns zu gleicher Zeit, welche die Existenz dieser
Grundbesitzer bedrohen und sie zu einem verzweifelten Widerstande
herausfordern: das neue Grundsteuergesetz bedroht die Gutsbesitzer
mit einer so großen Verminderung des Capitalwerths ihrer Gü-
ter, daß eine Kündigung der darauf haftenden Schulden unbe-
dingt erfolgen muß, und schwerlich Viele sich in Folge davon im
Besitze ihres gegenwärtigen Eigenthums werden erhalten können;
der Entwurf des Gesetzes wegen der Rentenablösung enthält die
schreiendsten Ungerechtigkeiten gegen eben dieselben Grundbesitzer,
und zwar zu Gunsten einer Classe von Personen, die ihren
gegenwärtigen Verhältnissen nach einer so ungerechten Begün-
stigung gar nicht bedürfen; und die Erhöhung der Brannt-
weinsteuer um 50 Procent bedroht endlich von Neuem die-
selben Grundbesitzer mit großen Verlusten, so daß diese Maß-
regeln zusammengenommen einer Confiscation eines großen
Theils von deren Vermögen gleichkommen. Wie sehr auch immer
die eine Hälfte der Abgeordneten auf revolutionärem Boden stehen
mag, so wohnt doch der Mehrzahl so viel Rechtsgefühl inne, um
entschiedenen Rechtsverletzungen, wie sie zum Theil in diesen
Maßregeln liegen, entgegenzutreten. Hierzu kommt die Opposi-
tion, welche sich allgemein gegen die Zwangsanleihe erhebt; in
sieben Tagen geht der Termin für die Betheiligung an der frei-
willigen Anleihe zu Ende und noch sind nicht ganz3 1 / 2 Millionen
Thaler zusammengebracht, so daß der ursprünglichen Absicht zu-
folge noch eine sehr bedeutende Summe durch die Zwangsanleihe
herbeigeschafft werden muß. Fünf Abtheilungen haben aber bereits
den Gesetzentwurf wegen Ausschreibung derselben in indirecter
Form durchfallen lassen, indem sie sich einer speciellen Berathung
desselben gänzlich enthalten haben, bis die durch Beschluß der
Plenarversammlung eingesetzte Finanzcommission die ganze Lage
unseres Staatshaushaltes genau geprüft und ihren Bericht dar-
über wird abgestattet haben. Es steht in einer der nächsten Sitzungen
zunächst der Antrag bevor, den Zeitpunct für den Schluß der
freiwilligen Anleihe noch bis zum 10. October zu verlängern, und
es dürfte derselbe die Billigung der Majorität der Versammlung
erlangen, da man vor definitiver Feststellung der Verfassung zu
irgend welchen bedeutenden Geldbewilligungen nicht geneigt scheint.
Man wirft den Finanzplänen Hansemanns vor, daß sie erstens
zu keinem Ziele führen, zweitens störend auf die ganzen Staats-
verhältnisse einwirken, und drittens schreiende Ungerechtigkeiten
enthalten. Der Nachweis für die theilweise Richtigkeit dieser Vor-
würfe ist eben nicht schwer zu führen, und wir zweifeln, daß der
Herr Minister selbst dieselben gänzlich zurückzuweisen im Stande
seyn werde. Wir machen uns nur zum Organ der allgemein ver-
breiteten Meinung, wenn wir die Ansicht aussprechen, daß eine
wirkliche Ausführung der neuen Steuergesetze in ihrer projectirten
Form nothwendig zu einem völligen Umsturz aller Verhältnisse
führen müsse, und schwerlich wird Hansemann dieser allgemeinen
Opposition gegenüber sich zu halten vermögen.

[Spaltenumbruch]
Deutschland.
Reichstag.

f Frankfurt 11. August. Es war längst als billig erkannt,
daß dem Präsidenten des Reichstags, der bisher nur die Tag-
gelder eines einfachen Abgeordneten bezog, ein angemessenes
Salar bestimmt werden solle. Ein dahin zielender Antrag von
Osterrath kam heute zur Berathung und ward angenommen,
so daß von nun an dem jeweiligen Präsidenten eine monatliche
Entschädigung von 2000 fl. aus Reichsmitteln gegeben wird, auf
welche zu verzichten ihm nicht frei steht. Sodann ward zur Be-
rathung geschritten 1 ) über die Separatverhandlungen deut-
scher Staaten mit Dänemark, 2 ) über die von der dänischen
Regierung zu leistende Entschädigung für die Beschlagnahme
deutscher Schiffe, 3 ) über den Sundzoll, und 4 ) über das Ge-
such der Donaudampfschifffahrt zu Ulm um Schutz gegen Rechts-
verletzung. Ueber den ersten Punkt ward beschlossen, zur Tages-
ordnung überzugehen, über 2., 3. und 4., sie an die Centralge-
walt zu verweisen. — Die neuesten italienischen Nachrichten er-
regen hier, wie wohl allerwärts, das lebhafteste Jnteresse. Je-
dermann fühlt, wie Das, was jetzt in Jtalien vorgeht, auch
das Wohl Deutschlands nahe berührt, und man erwartet,
daß von Seiten der Centralgewalt die gehörigen Maßregeln
ergriffen werden, um bei der von England und Frankreich ver-
suchten Mediation auch die deutschen Jnteressen zu wahren.
Daß jetzt, wo die Lombardei wiederum im Besitz Oesterreichs ist,
von einer Abtretung Jtaliens nicht mehr die Rede seyn kann,
versteht sich wohl von selbst; es wäre zu wünschen, Lord Palmer-
ston
möge sich seines Benehmens in den Schweizerangelegenhei-
ten erinnern, und dasselbe auch hier einhalten; denn bekannt-
lich hat er damals so lange zugewartet, bis die Schweizer
unter sich Alles beendigt hatten und kein dringender Grund zum
Einschreiten ( diplomatisch oder mit den Waffen ) mehr da war.
Jn vielen deutschen Zeitungen werden leider die italienischen Ver-
hältnisse falsch beurtheilt. Es handelt sich nicht um die italieni-
sche Freiheit
und Nationalität; die ist gesichert, wenn
auch Oberitalien den Oesterreichern verbleibt, sondern darum, ob
England oder Frankreich, oder Deutschland dorten Einfluß ha-
ben solle, und da wäre es doch gar undeutsch gedacht, wenn wir
auf unsern durchaus gerechten Einfluß verzichten, und dieses
herrliche Land, von dessen Besitz unser Handel nach dem Orient
bedingt ist, französischem oder englischem Einflusse preißgeben
sollten. Es ist von großer Wichtigkeit, Wem die Führung dieser
in die deutschen Verhältnisse so ungemein tief eingreifenden Ver-
handlungen anvertraut wird; möchte die Centralgewalt hiefür
den rechten Mann finden, der mit Kraft und Klugheit jetzt zum
erstenmale das Gesammtvaterland der auswärtigen Diplomatie
gegenüber vertreten kann.

☞ Wien 7. August, Abends 5 Uhr. Heute wird Erz-
herzog Franz Karl von Jnnsbruck hier erwartet, in drei Ta-
gen kommt der Kaiser mit dem Präsidenten Schmidt und dem
Abgeordneten Borrosch, welche beide deßhalb in Jnnsbruck zu-
rückgeblieben sind.

Jtalien.

Mailand 7. August. ( Bas. Z. ) Nach den ( gestern gemel-
deten ) Schüssen in die Wohnung Karl Alberts wurde die Straße
durch die Cavallerie gesäubert und eine bedeutende Truppenmasse
in der Gegend versammelt, der König ließ sich nun seinen Schnurr-
bart abnehmen und entfloh mit seinen Söhnen zu Fuß bis auf den
Platz Belgiojoso, wo er in Mitte seiner Dragoner zu Pferde stieg,
und sich dann mit der ganzen Armee, die nach und nach zusam-
mengezogen wurde, nach Mitternacht davon machte. — Sonntag
Morgens früh war der Jammer in der ganzen Stadt ungeheuer,
und als ich um vier Uhr Morgens durch die Straßen ging, sah
ich eine Menge Familien, Männer, Weiber und Kinder nur mit
kleiner Bagage weinend fortziehen, die früher errichteten Barri-
kaden wurden so gut wie möglich abgetragen und Alles auf den
Einzug der Oesterreicher bereit gemacht. Schon um acht Uhr
rückten die Vorposten ein, und um Mittag hielt Radetzky seinen
Einzug, der prachtvoll war und wobei dasselbe Volk das immer
Morte ai Tedeschi schrie, dem alten Feldmarschall ein lautes
Evviva brachte! Es sind jetzt 80,000 Mann hier und nächstens
werden noch 20,000 unter Welden erwartet, die Ordnung ist
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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 57. Samstag, den 12. August. 1848. Die Finanzpläne des Ministers Hansemann. Berlin 3. August. ( W. Z. ) Je mehr der Zeitpunkt für die Berathung der finanziellen Maßregeln heranrückt, desto drohen- der gestaltet sich die Aussicht für das Ministerium Hansemanns, mit dessen Sturz der der übrigen Minister aller Wahrscheinlichkeit nach zusammenfallen dürfte, denn es scheint allerdings, daß der- selbe sich durch seine Steuerprojecte eine Opposition heraufbe- schworen habe, die zu bewältigen, er schwerlich die Macht hat. Wir wollen hier nicht in eine ausführliche Kritik dieser Pläne ein- treten, wollen noch weit weniger irgend welche Opposition erhe- ben gegen Verbesserungen, welche vom Geiste der Zeit verlangt werden, wir wollen vielmehr nur einzelne Data zusammenstellen, welche unsere Angabe wegen einer nahe bevorstehenden Nieder- lage Hansemanns zu begründen geeignet sind. Es ist durch die öffentlichen Blätter bereits zur Kenntniß gekommen, daß die grö- ßere Zahl der Grundbesitzer in den Provinzen Preußen, Posen, Pommern, Mark und Sachsen zu einem Vereine zusammengetre- ten ist, um die gefährdeten Jnteressen ihres Besitzes wahrzuneh- men, und dieser Verein gewinnt gegenwärtig eine solche Ausdeh- nung und Macht, daß, zumal ihm das Recht zur Seite steht, ihm eine bestimmende Einwirkung nicht fehlen kann. Es sind drei Maß- regeln Hansemanns zu gleicher Zeit, welche die Existenz dieser Grundbesitzer bedrohen und sie zu einem verzweifelten Widerstande herausfordern: das neue Grundsteuergesetz bedroht die Gutsbesitzer mit einer so großen Verminderung des Capitalwerths ihrer Gü- ter, daß eine Kündigung der darauf haftenden Schulden unbe- dingt erfolgen muß, und schwerlich Viele sich in Folge davon im Besitze ihres gegenwärtigen Eigenthums werden erhalten können; der Entwurf des Gesetzes wegen der Rentenablösung enthält die schreiendsten Ungerechtigkeiten gegen eben dieselben Grundbesitzer, und zwar zu Gunsten einer Classe von Personen, die ihren gegenwärtigen Verhältnissen nach einer so ungerechten Begün- stigung gar nicht bedürfen; und die Erhöhung der Brannt- weinsteuer um 50 Procent bedroht endlich von Neuem die- selben Grundbesitzer mit großen Verlusten, so daß diese Maß- regeln zusammengenommen einer Confiscation eines großen Theils von deren Vermögen gleichkommen. Wie sehr auch immer die eine Hälfte der Abgeordneten auf revolutionärem Boden stehen mag, so wohnt doch der Mehrzahl so viel Rechtsgefühl inne, um entschiedenen Rechtsverletzungen, wie sie zum Theil in diesen Maßregeln liegen, entgegenzutreten. Hierzu kommt die Opposi- tion, welche sich allgemein gegen die Zwangsanleihe erhebt; in sieben Tagen geht der Termin für die Betheiligung an der frei- willigen Anleihe zu Ende und noch sind nicht ganz3 1 / 2 Millionen Thaler zusammengebracht, so daß der ursprünglichen Absicht zu- folge noch eine sehr bedeutende Summe durch die Zwangsanleihe herbeigeschafft werden muß. Fünf Abtheilungen haben aber bereits den Gesetzentwurf wegen Ausschreibung derselben in indirecter Form durchfallen lassen, indem sie sich einer speciellen Berathung desselben gänzlich enthalten haben, bis die durch Beschluß der Plenarversammlung eingesetzte Finanzcommission die ganze Lage unseres Staatshaushaltes genau geprüft und ihren Bericht dar- über wird abgestattet haben. Es steht in einer der nächsten Sitzungen zunächst der Antrag bevor, den Zeitpunct für den Schluß der freiwilligen Anleihe noch bis zum 10. October zu verlängern, und es dürfte derselbe die Billigung der Majorität der Versammlung erlangen, da man vor definitiver Feststellung der Verfassung zu irgend welchen bedeutenden Geldbewilligungen nicht geneigt scheint. Man wirft den Finanzplänen Hansemanns vor, daß sie erstens zu keinem Ziele führen, zweitens störend auf die ganzen Staats- verhältnisse einwirken, und drittens schreiende Ungerechtigkeiten enthalten. Der Nachweis für die theilweise Richtigkeit dieser Vor- würfe ist eben nicht schwer zu führen, und wir zweifeln, daß der Herr Minister selbst dieselben gänzlich zurückzuweisen im Stande seyn werde. Wir machen uns nur zum Organ der allgemein ver- breiteten Meinung, wenn wir die Ansicht aussprechen, daß eine wirkliche Ausführung der neuen Steuergesetze in ihrer projectirten Form nothwendig zu einem völligen Umsturz aller Verhältnisse führen müsse, und schwerlich wird Hansemann dieser allgemeinen Opposition gegenüber sich zu halten vermögen. Deutschland. Reichstag. f Frankfurt 11. August. Es war längst als billig erkannt, daß dem Präsidenten des Reichstags, der bisher nur die Tag- gelder eines einfachen Abgeordneten bezog, ein angemessenes Salar bestimmt werden solle. Ein dahin zielender Antrag von Osterrath kam heute zur Berathung und ward angenommen, so daß von nun an dem jeweiligen Präsidenten eine monatliche Entschädigung von 2000 fl. aus Reichsmitteln gegeben wird, auf welche zu verzichten ihm nicht frei steht. Sodann ward zur Be- rathung geschritten 1 ) über die Separatverhandlungen deut- scher Staaten mit Dänemark, 2 ) über die von der dänischen Regierung zu leistende Entschädigung für die Beschlagnahme deutscher Schiffe, 3 ) über den Sundzoll, und 4 ) über das Ge- such der Donaudampfschifffahrt zu Ulm um Schutz gegen Rechts- verletzung. Ueber den ersten Punkt ward beschlossen, zur Tages- ordnung überzugehen, über 2., 3. und 4., sie an die Centralge- walt zu verweisen. — Die neuesten italienischen Nachrichten er- regen hier, wie wohl allerwärts, das lebhafteste Jnteresse. Je- dermann fühlt, wie Das, was jetzt in Jtalien vorgeht, auch das Wohl Deutschlands nahe berührt, und man erwartet, daß von Seiten der Centralgewalt die gehörigen Maßregeln ergriffen werden, um bei der von England und Frankreich ver- suchten Mediation auch die deutschen Jnteressen zu wahren. Daß jetzt, wo die Lombardei wiederum im Besitz Oesterreichs ist, von einer Abtretung Jtaliens nicht mehr die Rede seyn kann, versteht sich wohl von selbst; es wäre zu wünschen, Lord Palmer- ston möge sich seines Benehmens in den Schweizerangelegenhei- ten erinnern, und dasselbe auch hier einhalten; denn bekannt- lich hat er damals so lange zugewartet, bis die Schweizer unter sich Alles beendigt hatten und kein dringender Grund zum Einschreiten ( diplomatisch oder mit den Waffen ) mehr da war. Jn vielen deutschen Zeitungen werden leider die italienischen Ver- hältnisse falsch beurtheilt. Es handelt sich nicht um die italieni- sche Freiheit und Nationalität; die ist gesichert, wenn auch Oberitalien den Oesterreichern verbleibt, sondern darum, ob England oder Frankreich, oder Deutschland dorten Einfluß ha- ben solle, und da wäre es doch gar undeutsch gedacht, wenn wir auf unsern durchaus gerechten Einfluß verzichten, und dieses herrliche Land, von dessen Besitz unser Handel nach dem Orient bedingt ist, französischem oder englischem Einflusse preißgeben sollten. Es ist von großer Wichtigkeit, Wem die Führung dieser in die deutschen Verhältnisse so ungemein tief eingreifenden Ver- handlungen anvertraut wird; möchte die Centralgewalt hiefür den rechten Mann finden, der mit Kraft und Klugheit jetzt zum erstenmale das Gesammtvaterland der auswärtigen Diplomatie gegenüber vertreten kann. ☞ Wien 7. August, Abends 5 Uhr. Heute wird Erz- herzog Franz Karl von Jnnsbruck hier erwartet, in drei Ta- gen kommt der Kaiser mit dem Präsidenten Schmidt und dem Abgeordneten Borrosch, welche beide deßhalb in Jnnsbruck zu- rückgeblieben sind. Jtalien. Mailand 7. August. ( Bas. Z. ) Nach den ( gestern gemel- deten ) Schüssen in die Wohnung Karl Alberts wurde die Straße durch die Cavallerie gesäubert und eine bedeutende Truppenmasse in der Gegend versammelt, der König ließ sich nun seinen Schnurr- bart abnehmen und entfloh mit seinen Söhnen zu Fuß bis auf den Platz Belgiojoso, wo er in Mitte seiner Dragoner zu Pferde stieg, und sich dann mit der ganzen Armee, die nach und nach zusam- mengezogen wurde, nach Mitternacht davon machte. — Sonntag Morgens früh war der Jammer in der ganzen Stadt ungeheuer, und als ich um vier Uhr Morgens durch die Straßen ging, sah ich eine Menge Familien, Männer, Weiber und Kinder nur mit kleiner Bagage weinend fortziehen, die früher errichteten Barri- kaden wurden so gut wie möglich abgetragen und Alles auf den Einzug der Oesterreicher bereit gemacht. Schon um acht Uhr rückten die Vorposten ein, und um Mittag hielt Radetzky seinen Einzug, der prachtvoll war und wobei dasselbe Volk das immer Morte ai Tedeschi schrie, dem alten Feldmarschall ein lautes Evviva brachte! Es sind jetzt 80,000 Mann hier und nächstens werden noch 20,000 unter Welden erwartet, die Ordnung ist

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 57. Mainz, 12. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal057_1848/5>, abgerufen am 21.11.2024.