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Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 86. Donnerstag, den 14. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. October begin-
nende neue Quartal des Mainzer Journals nehmen
alle Postämter an und wir ersuchen die resp. Abon-
nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen,
damit wir die Größe der Auflage bestimmen können.
Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für
die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren.


Die äußerste Linke und ihre Verdienste um das
deutsche Vaterland 1).
II.

# # Die deutsche Einheit ist thatsächlich durch die Kraft der
Centralgewalt und das Ansehen der Nationalversammlung, und
diese sind wiederum durch das Vertrauen der Nation bedingt. Da
nun die Linke, seitdem die Centralgewalt nicht nach ihrem Willen
republikanisch organisirt wurde, Alles aufbietet, um das Ansehen
der Nationalversammlung und die Centralgewalt zu schwächen,
so ist es klar, daß sie sich dadurch um die Einheit unseres Vater-
landes schlecht verdient gemacht hat. Dasselbe muß aber auch be-
züglich der Größe Deutschlands behauptet werden, schon dar-
um, weil diese ganz und gar auf der Einheit ruht.

Nur ein einiges Deutschland kann groß seyn unter den großen
Nationen Europa's. Wer also immer einer möglichen Einheit
Deutschlands Abbruch thut, ist Mitschuldiger an der aus der
Zerrissenheit erwachsenden Erniedrigung Deutschlands. Allein die
Linke hat sich bisher auch direct durch ihre falsche, chimärische,
unpraktische Politik bezüglich der fremden Nationalitäten gegen
Deutschlands Größe versündigt. Wäre es ihr nachgegangen, so
hätte Oesterreich alle seine nicht deutschen Provinzen aufgeben
und Deutschland hiermit zu einem Binnenlande zweiten Ranges
herabsinken müssen, während es durch eine muthige Behauptung
dessen, was ihm vom Erbe des alten Kaiserthums noch übrig
geblieben, wieder die mächtigste und erste Nation Europa's wer-
den kann. Jmmer wird unser Vaterland fremde Nationalitäten
achten und ihrer Eigenthümlichkeit und ihrem Rechte volle Rech-
nung tragen, nimmer aber kann es seinen rechtmäßigen Besitz
und die ihm zustehende Obmacht über fremde Nationalitäten auf-
geben, nur um dieselbe -- nach einem kurzen Zwischenspiel --
an seine geborenen Gegner, an Frankreich, Eng-
land und Rußland übergehen zu sehen.
Durch nichts
aber hat die äußerste Linke ihre politische Untüchtigkeit so sehr an
den Tag gelegt, als durch ihr leidenschaftliches Parteinehmen für
die Jtaliener mit ihrem Feldgeschrei: Tod den Deutschen! --
und gegen Oesterreich. Wohl waren die Männer der Zukunft
dabei von einer gar annehmlich scheinenden Jdee geleitet, die da
heißt: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aller Nationen --
die aber keinen anderen Fehler hat, als daß sie vor der Hand
noch eine schöne Phrase ist, ganz geeignet um von dem schlauen
Franzosen gegen Michel den Träumer vortheilhaft ausgebeutet zu
werden. Da jedoch dieser Gegenstand schon vielfach in diesen
Blättern, und zuletzt erst vor ein paar Tagen ( Nr. 76. "Unsere
nationale Politik und die Linke" ) besprochen wurde, so wollen
wir zum dritten Punct uns wenden, nämlich zur Freiheit und
zur Wohlfahrt des deutschen Volkes.

[Spaltenumbruch]

Die Freiheit und die Wohlfahrt des deutschen Volkes können
nur bestehen durch eine die Freiheit und das Recht
schützende Autorität.
Eine solche Autorität hat die deutsche
Nation in der Nationalversammlung und der Centralgewalt sich
geschaffen, -- und da stehen wir wieder bei unserem alten Argu-
mente: Wer die Centralgewalt und das Ansehen der National-
versammlung schwächt, raubt damit der deutschen Freiheit ihr
Fundament, ihren Schild und ihre Wehr, und wirft uns, anstatt
die errungene Freiheit nun zu consolidiren und sicher zu stellen,
zurück in den Zustand der Revolution, in welcher der Ausgang
ungewiß ist und alle Rechte und Freiheiten noch auf dem Spiele
stehen. Hier sind wir nun bei dem Kern der Frage angelangt, von
dem wir nur wünschen, daß derselbe von Allen recht klar erkannt
seyn möge. Es fragt sich nämlich ganz einfach: Will man, mit
den Errungenschaften des Frühjahrs 1848 zufrieden, daß fortan
Friede und Ordnung herrsche und die Angelegenheiten Deutschlands
auf friedlichem und gesetzlichem Wege durch die Nationalversamm-
lung und die Centralgewalt geordnet werden, -- oder soll das
Bisherige nur der Anfang der Umwälzung seyn und will man
Deutschland auf dem Wege der Revolution fortdrängen, bis es
bei der absoluten Republik angelangt ist? Für alle Jene, welche
das Erstere wollen, ist die Handlungsweise vorgezeichnet, sie
heißt: um jeden Preis Einheit und Kraft dem Reichstag und
der Centralgewalt! All ihr Wirken muß also dahin gehen, die
Autorität
der Centralgewalt zu heben und zu mehren; nichts
kann verkehrter seyn als ihr gegenüber jene Opposition, wie
sie dem bisherigen Polizeistaat gegenüber am Orte war, wie sie
noch jetzt in Einzelstaaten der particularen Staatsgewalt gegen-
über am Orte seyn kann. Denn man bedenke es wohl, daß die
Centralgewalt nicht nur eine erst sich bildende Autorität ist, die
anstatt einer Beschränkung, vielmehr der Nahrung und Pflege
bedarf, sondern daß sie selbst die dem dynastischen Particularis-
mus entgegengesetzte Macht zum Schutze der deutschen Einheit und
Freiheit ist. Würde man also gegen die Centralgewalt und das
Parlament opponiren, so wäre es eine Opposition gegen
sich selbst
und der größte Dienst, welcher der Reaction geleistet
werden könnte.

Einer solchen Opposition aber hat bisher die äußerste Linke
sich beflissen und selbe auf alle Weise im Volke zu verbreiten gesucht.
Sie kann das nur rechtfertigen, wenn sie des entschiedenen Wil-
lens ist, den Weg der Revolution zu verfolgen, wo wir dann
noch lange nicht am Aufbauen wären, sondern erst recht an's
Niederreißen kämen. Und dieses ist in der That die Ansicht und
Absicht, wenn auch nicht aller Mitglieder der Linken, so doch
jener Partei, welche sich selbst eben darum die Partei der
Zukunft
zu seyn rühmt, nicht einer Zukunft, welche aus der
Vergangenheit und Gegenwart sich entwickelt, sondern welche
auf einer gänzlichen Vernichtung alles Dessen, was war und ist,
einen ganz neuen Zustand der menschlichen Gesellschaft gründen
soll. Allein es bedarf keiner großen Kenntniß der Geschichte
und der menschlichen Natur, um einzusehen, daß statt jenes er-
träumten Zustandes einer unbeschränkten Freiheit und eines fabel-
haften Glückes in der Wirklichkeit entweder Despotismus und
gränzenloses Elend sich einstellen, oder die alten Zustände zurück-
kehren würden. Denn sobald eine neue Revolution die bestehende
Centralgewalt stürzen, oder was auf dasselbe hinausliefe, die
Partei der Zukunft derselben sich bemächtigen würde, so erschie-
nen sofort die bestehenden Einzelstaaten, besonders die größeren,
als die einzigen Dämme gegen das Hereinbrechen der Alles ver-
schlingenden rothen Republik; -- dadurch würde ihre Macht
materiell und noch mehr moralisch gewaltig gestärkt und ihnen
[Ende Spaltensatz]

1) Vergl. Nr. 78. dieser Blätter.
Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 86. Donnerstag, den 14. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. October begin-
nende neue Quartal des Mainzer Journals nehmen
alle Postämter an und wir ersuchen die resp. Abon-
nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen,
damit wir die Größe der Auflage bestimmen können.
Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für
die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren.


Die äußerste Linke und ihre Verdienste um das
deutsche Vaterland 1).
II.

# # Die deutsche Einheit ist thatsächlich durch die Kraft der
Centralgewalt und das Ansehen der Nationalversammlung, und
diese sind wiederum durch das Vertrauen der Nation bedingt. Da
nun die Linke, seitdem die Centralgewalt nicht nach ihrem Willen
republikanisch organisirt wurde, Alles aufbietet, um das Ansehen
der Nationalversammlung und die Centralgewalt zu schwächen,
so ist es klar, daß sie sich dadurch um die Einheit unseres Vater-
landes schlecht verdient gemacht hat. Dasselbe muß aber auch be-
züglich der Größe Deutschlands behauptet werden, schon dar-
um, weil diese ganz und gar auf der Einheit ruht.

Nur ein einiges Deutschland kann groß seyn unter den großen
Nationen Europa's. Wer also immer einer möglichen Einheit
Deutschlands Abbruch thut, ist Mitschuldiger an der aus der
Zerrissenheit erwachsenden Erniedrigung Deutschlands. Allein die
Linke hat sich bisher auch direct durch ihre falsche, chimärische,
unpraktische Politik bezüglich der fremden Nationalitäten gegen
Deutschlands Größe versündigt. Wäre es ihr nachgegangen, so
hätte Oesterreich alle seine nicht deutschen Provinzen aufgeben
und Deutschland hiermit zu einem Binnenlande zweiten Ranges
herabsinken müssen, während es durch eine muthige Behauptung
dessen, was ihm vom Erbe des alten Kaiserthums noch übrig
geblieben, wieder die mächtigste und erste Nation Europa's wer-
den kann. Jmmer wird unser Vaterland fremde Nationalitäten
achten und ihrer Eigenthümlichkeit und ihrem Rechte volle Rech-
nung tragen, nimmer aber kann es seinen rechtmäßigen Besitz
und die ihm zustehende Obmacht über fremde Nationalitäten auf-
geben, nur um dieselbe — nach einem kurzen Zwischenspiel —
an seine geborenen Gegner, an Frankreich, Eng-
land und Rußland übergehen zu sehen.
Durch nichts
aber hat die äußerste Linke ihre politische Untüchtigkeit so sehr an
den Tag gelegt, als durch ihr leidenschaftliches Parteinehmen für
die Jtaliener mit ihrem Feldgeschrei: Tod den Deutschen! —
und gegen Oesterreich. Wohl waren die Männer der Zukunft
dabei von einer gar annehmlich scheinenden Jdee geleitet, die da
heißt: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aller Nationen —
die aber keinen anderen Fehler hat, als daß sie vor der Hand
noch eine schöne Phrase ist, ganz geeignet um von dem schlauen
Franzosen gegen Michel den Träumer vortheilhaft ausgebeutet zu
werden. Da jedoch dieser Gegenstand schon vielfach in diesen
Blättern, und zuletzt erst vor ein paar Tagen ( Nr. 76. „Unsere
nationale Politik und die Linke“ ) besprochen wurde, so wollen
wir zum dritten Punct uns wenden, nämlich zur Freiheit und
zur Wohlfahrt des deutschen Volkes.

[Spaltenumbruch]

Die Freiheit und die Wohlfahrt des deutschen Volkes können
nur bestehen durch eine die Freiheit und das Recht
schützende Autorität.
Eine solche Autorität hat die deutsche
Nation in der Nationalversammlung und der Centralgewalt sich
geschaffen, — und da stehen wir wieder bei unserem alten Argu-
mente: Wer die Centralgewalt und das Ansehen der National-
versammlung schwächt, raubt damit der deutschen Freiheit ihr
Fundament, ihren Schild und ihre Wehr, und wirft uns, anstatt
die errungene Freiheit nun zu consolidiren und sicher zu stellen,
zurück in den Zustand der Revolution, in welcher der Ausgang
ungewiß ist und alle Rechte und Freiheiten noch auf dem Spiele
stehen. Hier sind wir nun bei dem Kern der Frage angelangt, von
dem wir nur wünschen, daß derselbe von Allen recht klar erkannt
seyn möge. Es fragt sich nämlich ganz einfach: Will man, mit
den Errungenschaften des Frühjahrs 1848 zufrieden, daß fortan
Friede und Ordnung herrsche und die Angelegenheiten Deutschlands
auf friedlichem und gesetzlichem Wege durch die Nationalversamm-
lung und die Centralgewalt geordnet werden, — oder soll das
Bisherige nur der Anfang der Umwälzung seyn und will man
Deutschland auf dem Wege der Revolution fortdrängen, bis es
bei der absoluten Republik angelangt ist? Für alle Jene, welche
das Erstere wollen, ist die Handlungsweise vorgezeichnet, sie
heißt: um jeden Preis Einheit und Kraft dem Reichstag und
der Centralgewalt! All ihr Wirken muß also dahin gehen, die
Autorität
der Centralgewalt zu heben und zu mehren; nichts
kann verkehrter seyn als ihr gegenüber jene Opposition, wie
sie dem bisherigen Polizeistaat gegenüber am Orte war, wie sie
noch jetzt in Einzelstaaten der particularen Staatsgewalt gegen-
über am Orte seyn kann. Denn man bedenke es wohl, daß die
Centralgewalt nicht nur eine erst sich bildende Autorität ist, die
anstatt einer Beschränkung, vielmehr der Nahrung und Pflege
bedarf, sondern daß sie selbst die dem dynastischen Particularis-
mus entgegengesetzte Macht zum Schutze der deutschen Einheit und
Freiheit ist. Würde man also gegen die Centralgewalt und das
Parlament opponiren, so wäre es eine Opposition gegen
sich selbst
und der größte Dienst, welcher der Reaction geleistet
werden könnte.

Einer solchen Opposition aber hat bisher die äußerste Linke
sich beflissen und selbe auf alle Weise im Volke zu verbreiten gesucht.
Sie kann das nur rechtfertigen, wenn sie des entschiedenen Wil-
lens ist, den Weg der Revolution zu verfolgen, wo wir dann
noch lange nicht am Aufbauen wären, sondern erst recht an's
Niederreißen kämen. Und dieses ist in der That die Ansicht und
Absicht, wenn auch nicht aller Mitglieder der Linken, so doch
jener Partei, welche sich selbst eben darum die Partei der
Zukunft
zu seyn rühmt, nicht einer Zukunft, welche aus der
Vergangenheit und Gegenwart sich entwickelt, sondern welche
auf einer gänzlichen Vernichtung alles Dessen, was war und ist,
einen ganz neuen Zustand der menschlichen Gesellschaft gründen
soll. Allein es bedarf keiner großen Kenntniß der Geschichte
und der menschlichen Natur, um einzusehen, daß statt jenes er-
träumten Zustandes einer unbeschränkten Freiheit und eines fabel-
haften Glückes in der Wirklichkeit entweder Despotismus und
gränzenloses Elend sich einstellen, oder die alten Zustände zurück-
kehren würden. Denn sobald eine neue Revolution die bestehende
Centralgewalt stürzen, oder was auf dasselbe hinausliefe, die
Partei der Zukunft derselben sich bemächtigen würde, so erschie-
nen sofort die bestehenden Einzelstaaten, besonders die größeren,
als die einzigen Dämme gegen das Hereinbrechen der Alles ver-
schlingenden rothen Republik; — dadurch würde ihre Macht
materiell und noch mehr moralisch gewaltig gestärkt und ihnen
[Ende Spaltensatz]

1) Vergl. Nr. 78. dieser Blätter.
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Abon- nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren. Die äußerste Linke und ihre Verdienste um das deutsche Vaterland 1). II. # # Die deutsche Einheit ist thatsächlich durch die Kraft der Centralgewalt und das Ansehen der Nationalversammlung, und diese sind wiederum durch das Vertrauen der Nation bedingt. Da nun die Linke, seitdem die Centralgewalt nicht nach ihrem Willen republikanisch organisirt wurde, Alles aufbietet, um das Ansehen der Nationalversammlung und die Centralgewalt zu schwächen, so ist es klar, daß sie sich dadurch um die Einheit unseres Vater- landes schlecht verdient gemacht hat. Dasselbe muß aber auch be- züglich der Größe Deutschlands behauptet werden, schon dar- um, weil diese ganz und gar auf der Einheit ruht. Nur ein einiges Deutschland kann groß seyn unter den großen Nationen Europa's. Wer also immer einer möglichen Einheit Deutschlands Abbruch thut, ist Mitschuldiger an der aus der Zerrissenheit erwachsenden Erniedrigung Deutschlands. Allein die Linke hat sich bisher auch direct durch ihre falsche, chimärische, unpraktische Politik bezüglich der fremden Nationalitäten gegen Deutschlands Größe versündigt. Wäre es ihr nachgegangen, so hätte Oesterreich alle seine nicht deutschen Provinzen aufgeben und Deutschland hiermit zu einem Binnenlande zweiten Ranges herabsinken müssen, während es durch eine muthige Behauptung dessen, was ihm vom Erbe des alten Kaiserthums noch übrig geblieben, wieder die mächtigste und erste Nation Europa's wer- den kann. Jmmer wird unser Vaterland fremde Nationalitäten achten und ihrer Eigenthümlichkeit und ihrem Rechte volle Rech- nung tragen, nimmer aber kann es seinen rechtmäßigen Besitz und die ihm zustehende Obmacht über fremde Nationalitäten auf- geben, nur um dieselbe — nach einem kurzen Zwischenspiel — an seine geborenen Gegner, an Frankreich, Eng- land und Rußland übergehen zu sehen. Durch nichts aber hat die äußerste Linke ihre politische Untüchtigkeit so sehr an den Tag gelegt, als durch ihr leidenschaftliches Parteinehmen für die Jtaliener mit ihrem Feldgeschrei: Tod den Deutschen! — und gegen Oesterreich. Wohl waren die Männer der Zukunft dabei von einer gar annehmlich scheinenden Jdee geleitet, die da heißt: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aller Nationen — die aber keinen anderen Fehler hat, als daß sie vor der Hand noch eine schöne Phrase ist, ganz geeignet um von dem schlauen Franzosen gegen Michel den Träumer vortheilhaft ausgebeutet zu werden. Da jedoch dieser Gegenstand schon vielfach in diesen Blättern, und zuletzt erst vor ein paar Tagen ( Nr. 76. „Unsere nationale Politik und die Linke“ ) besprochen wurde, so wollen wir zum dritten Punct uns wenden, nämlich zur Freiheit und zur Wohlfahrt des deutschen Volkes. Die Freiheit und die Wohlfahrt des deutschen Volkes können nur bestehen durch eine die Freiheit und das Recht schützende Autorität. Eine solche Autorität hat die deutsche Nation in der Nationalversammlung und der Centralgewalt sich geschaffen, — und da stehen wir wieder bei unserem alten Argu- mente: Wer die Centralgewalt und das Ansehen der National- versammlung schwächt, raubt damit der deutschen Freiheit ihr Fundament, ihren Schild und ihre Wehr, und wirft uns, anstatt die errungene Freiheit nun zu consolidiren und sicher zu stellen, zurück in den Zustand der Revolution, in welcher der Ausgang ungewiß ist und alle Rechte und Freiheiten noch auf dem Spiele stehen. Hier sind wir nun bei dem Kern der Frage angelangt, von dem wir nur wünschen, daß derselbe von Allen recht klar erkannt seyn möge. Es fragt sich nämlich ganz einfach: Will man, mit den Errungenschaften des Frühjahrs 1848 zufrieden, daß fortan Friede und Ordnung herrsche und die Angelegenheiten Deutschlands auf friedlichem und gesetzlichem Wege durch die Nationalversamm- lung und die Centralgewalt geordnet werden, — oder soll das Bisherige nur der Anfang der Umwälzung seyn und will man Deutschland auf dem Wege der Revolution fortdrängen, bis es bei der absoluten Republik angelangt ist? Für alle Jene, welche das Erstere wollen, ist die Handlungsweise vorgezeichnet, sie heißt: um jeden Preis Einheit und Kraft dem Reichstag und der Centralgewalt! All ihr Wirken muß also dahin gehen, die Autorität der Centralgewalt zu heben und zu mehren; nichts kann verkehrter seyn als ihr gegenüber jene Opposition, wie sie dem bisherigen Polizeistaat gegenüber am Orte war, wie sie noch jetzt in Einzelstaaten der particularen Staatsgewalt gegen- über am Orte seyn kann. Denn man bedenke es wohl, daß die Centralgewalt nicht nur eine erst sich bildende Autorität ist, die anstatt einer Beschränkung, vielmehr der Nahrung und Pflege bedarf, sondern daß sie selbst die dem dynastischen Particularis- mus entgegengesetzte Macht zum Schutze der deutschen Einheit und Freiheit ist. Würde man also gegen die Centralgewalt und das Parlament opponiren, so wäre es eine Opposition gegen sich selbst und der größte Dienst, welcher der Reaction geleistet werden könnte. Einer solchen Opposition aber hat bisher die äußerste Linke sich beflissen und selbe auf alle Weise im Volke zu verbreiten gesucht. Sie kann das nur rechtfertigen, wenn sie des entschiedenen Wil- lens ist, den Weg der Revolution zu verfolgen, wo wir dann noch lange nicht am Aufbauen wären, sondern erst recht an's Niederreißen kämen. Und dieses ist in der That die Ansicht und Absicht, wenn auch nicht aller Mitglieder der Linken, so doch jener Partei, welche sich selbst eben darum die Partei der Zukunft zu seyn rühmt, nicht einer Zukunft, welche aus der Vergangenheit und Gegenwart sich entwickelt, sondern welche auf einer gänzlichen Vernichtung alles Dessen, was war und ist, einen ganz neuen Zustand der menschlichen Gesellschaft gründen soll. Allein es bedarf keiner großen Kenntniß der Geschichte und der menschlichen Natur, um einzusehen, daß statt jenes er- träumten Zustandes einer unbeschränkten Freiheit und eines fabel- haften Glückes in der Wirklichkeit entweder Despotismus und gränzenloses Elend sich einstellen, oder die alten Zustände zurück- kehren würden. Denn sobald eine neue Revolution die bestehende Centralgewalt stürzen, oder was auf dasselbe hinausliefe, die Partei der Zukunft derselben sich bemächtigen würde, so erschie- nen sofort die bestehenden Einzelstaaten, besonders die größeren, als die einzigen Dämme gegen das Hereinbrechen der Alles ver- schlingenden rothen Republik; — dadurch würde ihre Macht materiell und noch mehr moralisch gewaltig gestärkt und ihnen 1) Vergl. Nr. 78. dieser Blätter.

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 86. Mainz, 14. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal086_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.