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Mainzer Journal. Nr. 93. Mainz, 22. September 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 93. Freitag, den 22. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. October begin-
nende neue Quartal des Mainzer Journals nehmen
alle Postämter an und wir ersuchen die resp. Abon-
nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen,
damit wir die Größe der Auflage bestimmen können.
Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für
die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren.


Und was jetzt?

C Daß die hohe Reichsversammlung, während um die Bar-
ricaden gekämpft ward, zu tagen und Beschlüsse zu fassen ruhig
fortfuhr, das ist ein Benehmen eines altrömischen Senats wür-
dig. Der Dank des deutschen Volkes wird diesen Muth, diese
Festigkeit krönen und lohnen müssen: wir aber kennen ein Werk,
das, wie es geringerer Anerkennung und vielfachen Widerspruchs
gewärtig seyn dürfte, so doch von gleichem Belang ist für das
Wohl unseres Vaterlandes.

Die Herren Simon von Trier, Wesendonk, Zitz und
Schlöffel haben einer Volksversammlung auf der Pfingstweide
beigewohnt, wo beschlossen ward, an das Parlament eine Sturm-
petition zu überreichen, -- im Namen einiger umliegenden Ort-
schaften! An das Parlament eine Sturmpetition, auf Vorschlag
eines Parlamentsmitgliedes! -- Jn der That, mit können nur
bedauern, daß unser politisches Gefühl so geschwächt und verweich-
licht ist, daß uns, wenn sich auch genügende Bestimmungen über
die Strafwürdigkeit einer solchen Auflehnung, eines solchen Hoch-
verrathes an der Nationalversammlung vorfinden möchten,
wahrscheinlich Entschlossenheit und Muth mangeln wird, sie zu
handhaben; und es ist zu befürchten, daß namentlich in der Pauls-
kirche Rücksichten der edelsten Art auf der Rechten über den politi-
schen Nutzen Deutschlands siegen möchten, zu befürchten mit einem
Worte, daß diejenigen Parlamentsmitglieder, welche nicht nur
als thätige Theilnehmer, sondern als Letter der Versammlung auf
der Pfingstweide beigewohnt, werden fortfahren dürfen, die Pauls-
kirche durch ihre Gegenwart zu entweihen und in offenem Bunde
mit der rothen Republik, mit der Partei des völligen Rechtsum-
sturzes, Berathungen pflegen, Entschlüsse fassen zu helfen, welche
Gesetzeskraft haben für das ganze deutsche Volk.

Wir verkennen keineswegs, daß im Parlament Angriffe gegen
die Betheiligten gefährdet wären durch den Schein persönlicher
Rachsucht: man würde ihnen vorwerfen, den Tod Lichnowsky's
und Auerswald's noch nicht verschmerzt zu haben; man würde
vielleicht so weit gehen, manchem Mitglied der Rechten zu sagen,
es gedenke noch der eigenen Verletzungen an Person und Eigenthum.
Deßwegen erachten wir es für wünschenswerth und dringend noth-
wendig, daß die Regierungen ( der Senat von Frankfurt ) Schritte
thuen, die sämmtlichen Redner auf der Pfingstweide in Anklage-
stand zu versetzen.

Aber Volksversammlungen sind nicht ungesetzlich; Reden hal-
ten ist nicht ungesetzlich?

Jn Wahrheit, es ist nicht ungesetzlich, unerfahrene, politisch
doch offenbar urtheilsunfähige Massen zu entflammen, indem man
sich ( nach Herrn Blums Grundsätzen ) von der Vernunft an die
Leidenschaften wendet! Es ist nicht ungesetzlich, diese Leidenschaf-
ten aufs Höchste zu exaltiren, die Wuth aufs Aeußerste zu steigern
durch die altbeliebten Raisonnements und Verleumdungen und
Verheißungen und Schmeicheleien und Aufstachelung! Es ist nicht
ungesetzlich, sag' ich, die Volksmassen zu versammeln und zu erklä-
ren, wie des Redens genug sey, wie die Zeit zum Handeln gekom-
[Spaltenumbruch] men, wie man aus den Leibern Barricaden bauen müsse, --
wenn nur dann die Rede geschlossen wird mit dem sänfti-
genden, wunderbar beruhigenden Zusatze: Nur keine Gewalt,
nur keine Ungesetzlichkeit! O der Loyalität! Nachdem man alle
Gesetze als Handhaben der politischen Willkür bezeichnet, da ist
man noch so loyal, so gewissenhaft, zu sagen: Nur keine Unge-
setzlichkeit! O du barmherziges Krokodil! -- --

Wir fragen aber jetzt, ob es denn gesetzlich sey, eine Sturm-
petition an das Parlament zu beantragen und zu beschließen? --
Wahrlich, wenn das in Deutschland gesetzlich ist, dann hat die
Türkei wenigstens keine schlechteren Gesetze. Denn dann gibt es
keine Sicherheit mehr für Person, Recht, Eigenthum, Freiheit!

Wenn ein Mensch mich um ein Darlehen bittet, und dabei die
Pistole mir auf die Brust setzt, ist das nicht eine Sturmpetition
im Kleinen? Was ist eine Sturmpetition? Bewaffnete Massen
einigen sich über ein Verlangen, ziehen vor ein Haus und hinein,
und legen ihre Bitten vor, mit den Worten: Sey so gut -- oder;
seyd so gut, oder -- --

Das Oder, mein' ich, läßt sich muthmaßen, wenn man die
Zerstörungen in der Paulskirche und im Westendhall, wenn man
Lichnowsky's und Auerswald's Niedermetzlung, so wie vieles An-
dere in's Auge faßt. Man braucht nur Eines und das Andere
dem " oder " beizufügen, und der Satz ist fertig.

Eine Sturmpetition zur Paulskirche! Jch glaube nicht, daß
es unter die Grundrechte des deutschen Volkes wird aufgenommen
werden Sturmpetitionen zu machen. Aber wenn auch: wer sind
sie denn, die sich hier angemaßt, im Namen des deutschen Volkes
Forderungen an den Reichtstag stellen zu wollen? -- -- Wo ist
ihre Legitimirung als Vertreter des deutschen Volkes?

Wir haben vernommen, sie hätten handeln wollen im Namen
einiger Orte der Umgebung Frankfurts, und wenn das wahr ist,
dann müssen wir an sie nur die Frage richten: mit welchem Rechte
sie ihren Willen dem gesammten Deutschland als Gesetz aufzu-
drängen versuchen? Denn ebenso wie im Parlament war im ge-
sammten Deutschland die Stimmung über die schleswig=holsteiner
Frage getheilt. Aber über das Recht des Parlamentes war man
doch wohl in gauz Deutschland einig, der deutsche Volkswille
konnte darüber nicht uneinig seyn, ohne mit sich selbst in Wider-
spruch zu kommen, da er das Parlament mit dem Rechte über
Krieg und Frieden anstatt der entschlafenen Bundesversammlung
zu beschließen ins Leben gerufen hat. Es gibt bei solcher Ver-
schiedenheit der Meinungen, wie sie in dieser Sache sich ergaben
und wie sie bei der Schwierigkeit der Lage, bei dem vielfachen
Conflikt des rechtlichen, des internationalen, des deutschnatio-
nalen, des territorialen, des finanziellen, des commerziellen,
des staatsökonomischen Standpunktes sich nothwendig ergeben
mußten, nur eine doppelte Lösung. Die eine ist Gehorsam gegen
den gesetzlich gefaßten Beschluß der parlamentaren Abstimmung;
die andere Bürgerkrieg. Und der Bürgerkrieg war es, den die
Sturmpetition, wenn sie zur Ausführung kam, uns bringen
mußte, der Bürgerkrieg von den Alpen bis zur Ostsee, die Mi-
litärdespotie oder der Terrorismus auf beiden Seiten!

Noch mehr! Bei dieser Versammlung wurde beantragt,
sämmtliche Parlamentsmitglieder, welche für den Waffenstillstand
gestimmt hatten, in die Acht zu erklären. Heißt das etwas An-
deres bringen, als den Bürgerkrieg? Die Mehrheit des Parla-
mentes ächten, das heißt, die größere Hälfte des deutschen Volkes
ächten, sie bekriegen, wenn sie nicht ihre gesetzlichen Vertreter und
damit ihr gutes Recht der Sturmpetition, dem Terrorismus und
Despotismus einer ehrgeizigen Clique und einem verführten Pö-
belhaufen opfern will! Wenn das nicht Hochverrath ist, weiß ich
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 93. Freitag, den 22. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz] Bestellungen auf das mit dem 1. October begin-
nende neue Quartal des Mainzer Journals nehmen
alle Postämter an und wir ersuchen die resp. Abon-
nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen,
damit wir die Größe der Auflage bestimmen können.
Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für
die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren.


Und was jetzt?

C Daß die hohe Reichsversammlung, während um die Bar-
ricaden gekämpft ward, zu tagen und Beschlüsse zu fassen ruhig
fortfuhr, das ist ein Benehmen eines altrömischen Senats wür-
dig. Der Dank des deutschen Volkes wird diesen Muth, diese
Festigkeit krönen und lohnen müssen: wir aber kennen ein Werk,
das, wie es geringerer Anerkennung und vielfachen Widerspruchs
gewärtig seyn dürfte, so doch von gleichem Belang ist für das
Wohl unseres Vaterlandes.

Die Herren Simon von Trier, Wesendonk, Zitz und
Schlöffel haben einer Volksversammlung auf der Pfingstweide
beigewohnt, wo beschlossen ward, an das Parlament eine Sturm-
petition zu überreichen, — im Namen einiger umliegenden Ort-
schaften! An das Parlament eine Sturmpetition, auf Vorschlag
eines Parlamentsmitgliedes! — Jn der That, mit können nur
bedauern, daß unser politisches Gefühl so geschwächt und verweich-
licht ist, daß uns, wenn sich auch genügende Bestimmungen über
die Strafwürdigkeit einer solchen Auflehnung, eines solchen Hoch-
verrathes an der Nationalversammlung vorfinden möchten,
wahrscheinlich Entschlossenheit und Muth mangeln wird, sie zu
handhaben; und es ist zu befürchten, daß namentlich in der Pauls-
kirche Rücksichten der edelsten Art auf der Rechten über den politi-
schen Nutzen Deutschlands siegen möchten, zu befürchten mit einem
Worte, daß diejenigen Parlamentsmitglieder, welche nicht nur
als thätige Theilnehmer, sondern als Letter der Versammlung auf
der Pfingstweide beigewohnt, werden fortfahren dürfen, die Pauls-
kirche durch ihre Gegenwart zu entweihen und in offenem Bunde
mit der rothen Republik, mit der Partei des völligen Rechtsum-
sturzes, Berathungen pflegen, Entschlüsse fassen zu helfen, welche
Gesetzeskraft haben für das ganze deutsche Volk.

Wir verkennen keineswegs, daß im Parlament Angriffe gegen
die Betheiligten gefährdet wären durch den Schein persönlicher
Rachsucht: man würde ihnen vorwerfen, den Tod Lichnowsky's
und Auerswald's noch nicht verschmerzt zu haben; man würde
vielleicht so weit gehen, manchem Mitglied der Rechten zu sagen,
es gedenke noch der eigenen Verletzungen an Person und Eigenthum.
Deßwegen erachten wir es für wünschenswerth und dringend noth-
wendig, daß die Regierungen ( der Senat von Frankfurt ) Schritte
thuen, die sämmtlichen Redner auf der Pfingstweide in Anklage-
stand zu versetzen.

Aber Volksversammlungen sind nicht ungesetzlich; Reden hal-
ten ist nicht ungesetzlich?

Jn Wahrheit, es ist nicht ungesetzlich, unerfahrene, politisch
doch offenbar urtheilsunfähige Massen zu entflammen, indem man
sich ( nach Herrn Blums Grundsätzen ) von der Vernunft an die
Leidenschaften wendet! Es ist nicht ungesetzlich, diese Leidenschaf-
ten aufs Höchste zu exaltiren, die Wuth aufs Aeußerste zu steigern
durch die altbeliebten Raisonnements und Verleumdungen und
Verheißungen und Schmeicheleien und Aufstachelung! Es ist nicht
ungesetzlich, sag' ich, die Volksmassen zu versammeln und zu erklä-
ren, wie des Redens genug sey, wie die Zeit zum Handeln gekom-
[Spaltenumbruch] men, wie man aus den Leibern Barricaden bauen müsse, —
wenn nur dann die Rede geschlossen wird mit dem sänfti-
genden, wunderbar beruhigenden Zusatze: Nur keine Gewalt,
nur keine Ungesetzlichkeit! O der Loyalität! Nachdem man alle
Gesetze als Handhaben der politischen Willkür bezeichnet, da ist
man noch so loyal, so gewissenhaft, zu sagen: Nur keine Unge-
setzlichkeit! O du barmherziges Krokodil! — —

Wir fragen aber jetzt, ob es denn gesetzlich sey, eine Sturm-
petition an das Parlament zu beantragen und zu beschließen? —
Wahrlich, wenn das in Deutschland gesetzlich ist, dann hat die
Türkei wenigstens keine schlechteren Gesetze. Denn dann gibt es
keine Sicherheit mehr für Person, Recht, Eigenthum, Freiheit!

Wenn ein Mensch mich um ein Darlehen bittet, und dabei die
Pistole mir auf die Brust setzt, ist das nicht eine Sturmpetition
im Kleinen? Was ist eine Sturmpetition? Bewaffnete Massen
einigen sich über ein Verlangen, ziehen vor ein Haus und hinein,
und legen ihre Bitten vor, mit den Worten: Sey so gut — oder;
seyd so gut, oder — —

Das Oder, mein' ich, läßt sich muthmaßen, wenn man die
Zerstörungen in der Paulskirche und im Westendhall, wenn man
Lichnowsky's und Auerswald's Niedermetzlung, so wie vieles An-
dere in's Auge faßt. Man braucht nur Eines und das Andere
dem „ oder “ beizufügen, und der Satz ist fertig.

Eine Sturmpetition zur Paulskirche! Jch glaube nicht, daß
es unter die Grundrechte des deutschen Volkes wird aufgenommen
werden Sturmpetitionen zu machen. Aber wenn auch: wer sind
sie denn, die sich hier angemaßt, im Namen des deutschen Volkes
Forderungen an den Reichtstag stellen zu wollen? — — Wo ist
ihre Legitimirung als Vertreter des deutschen Volkes?

Wir haben vernommen, sie hätten handeln wollen im Namen
einiger Orte der Umgebung Frankfurts, und wenn das wahr ist,
dann müssen wir an sie nur die Frage richten: mit welchem Rechte
sie ihren Willen dem gesammten Deutschland als Gesetz aufzu-
drängen versuchen? Denn ebenso wie im Parlament war im ge-
sammten Deutschland die Stimmung über die schleswig=holsteiner
Frage getheilt. Aber über das Recht des Parlamentes war man
doch wohl in gauz Deutschland einig, der deutsche Volkswille
konnte darüber nicht uneinig seyn, ohne mit sich selbst in Wider-
spruch zu kommen, da er das Parlament mit dem Rechte über
Krieg und Frieden anstatt der entschlafenen Bundesversammlung
zu beschließen ins Leben gerufen hat. Es gibt bei solcher Ver-
schiedenheit der Meinungen, wie sie in dieser Sache sich ergaben
und wie sie bei der Schwierigkeit der Lage, bei dem vielfachen
Conflikt des rechtlichen, des internationalen, des deutschnatio-
nalen, des territorialen, des finanziellen, des commerziellen,
des staatsökonomischen Standpunktes sich nothwendig ergeben
mußten, nur eine doppelte Lösung. Die eine ist Gehorsam gegen
den gesetzlich gefaßten Beschluß der parlamentaren Abstimmung;
die andere Bürgerkrieg. Und der Bürgerkrieg war es, den die
Sturmpetition, wenn sie zur Ausführung kam, uns bringen
mußte, der Bürgerkrieg von den Alpen bis zur Ostsee, die Mi-
litärdespotie oder der Terrorismus auf beiden Seiten!

Noch mehr! Bei dieser Versammlung wurde beantragt,
sämmtliche Parlamentsmitglieder, welche für den Waffenstillstand
gestimmt hatten, in die Acht zu erklären. Heißt das etwas An-
deres bringen, als den Bürgerkrieg? Die Mehrheit des Parla-
mentes ächten, das heißt, die größere Hälfte des deutschen Volkes
ächten, sie bekriegen, wenn sie nicht ihre gesetzlichen Vertreter und
damit ihr gutes Recht der Sturmpetition, dem Terrorismus und
Despotismus einer ehrgeizigen Clique und einem verführten Pö-
belhaufen opfern will! Wenn das nicht Hochverrath ist, weiß ich
[Ende Spaltensatz]

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Abon- nenten, dieselben möglichst bald machen zu wollen, damit wir die Größe der Auflage bestimmen können. Eben so bitten wir alle Freunde sich nach Kräften für die Verbreitung unseres Blattes zu interessiren. Und was jetzt? C Daß die hohe Reichsversammlung, während um die Bar- ricaden gekämpft ward, zu tagen und Beschlüsse zu fassen ruhig fortfuhr, das ist ein Benehmen eines altrömischen Senats wür- dig. Der Dank des deutschen Volkes wird diesen Muth, diese Festigkeit krönen und lohnen müssen: wir aber kennen ein Werk, das, wie es geringerer Anerkennung und vielfachen Widerspruchs gewärtig seyn dürfte, so doch von gleichem Belang ist für das Wohl unseres Vaterlandes. Die Herren Simon von Trier, Wesendonk, Zitz und Schlöffel haben einer Volksversammlung auf der Pfingstweide beigewohnt, wo beschlossen ward, an das Parlament eine Sturm- petition zu überreichen, — im Namen einiger umliegenden Ort- schaften! An das Parlament eine Sturmpetition, auf Vorschlag eines Parlamentsmitgliedes! — Jn der That, mit können nur bedauern, daß unser politisches Gefühl so geschwächt und verweich- licht ist, daß uns, wenn sich auch genügende Bestimmungen über die Strafwürdigkeit einer solchen Auflehnung, eines solchen Hoch- verrathes an der Nationalversammlung vorfinden möchten, wahrscheinlich Entschlossenheit und Muth mangeln wird, sie zu handhaben; und es ist zu befürchten, daß namentlich in der Pauls- kirche Rücksichten der edelsten Art auf der Rechten über den politi- schen Nutzen Deutschlands siegen möchten, zu befürchten mit einem Worte, daß diejenigen Parlamentsmitglieder, welche nicht nur als thätige Theilnehmer, sondern als Letter der Versammlung auf der Pfingstweide beigewohnt, werden fortfahren dürfen, die Pauls- kirche durch ihre Gegenwart zu entweihen und in offenem Bunde mit der rothen Republik, mit der Partei des völligen Rechtsum- sturzes, Berathungen pflegen, Entschlüsse fassen zu helfen, welche Gesetzeskraft haben für das ganze deutsche Volk. Wir verkennen keineswegs, daß im Parlament Angriffe gegen die Betheiligten gefährdet wären durch den Schein persönlicher Rachsucht: man würde ihnen vorwerfen, den Tod Lichnowsky's und Auerswald's noch nicht verschmerzt zu haben; man würde vielleicht so weit gehen, manchem Mitglied der Rechten zu sagen, es gedenke noch der eigenen Verletzungen an Person und Eigenthum. Deßwegen erachten wir es für wünschenswerth und dringend noth- wendig, daß die Regierungen ( der Senat von Frankfurt ) Schritte thuen, die sämmtlichen Redner auf der Pfingstweide in Anklage- stand zu versetzen. Aber Volksversammlungen sind nicht ungesetzlich; Reden hal- ten ist nicht ungesetzlich? Jn Wahrheit, es ist nicht ungesetzlich, unerfahrene, politisch doch offenbar urtheilsunfähige Massen zu entflammen, indem man sich ( nach Herrn Blums Grundsätzen ) von der Vernunft an die Leidenschaften wendet! Es ist nicht ungesetzlich, diese Leidenschaf- ten aufs Höchste zu exaltiren, die Wuth aufs Aeußerste zu steigern durch die altbeliebten Raisonnements und Verleumdungen und Verheißungen und Schmeicheleien und Aufstachelung! Es ist nicht ungesetzlich, sag' ich, die Volksmassen zu versammeln und zu erklä- ren, wie des Redens genug sey, wie die Zeit zum Handeln gekom- men, wie man aus den Leibern Barricaden bauen müsse, — wenn nur dann die Rede geschlossen wird mit dem sänfti- genden, wunderbar beruhigenden Zusatze: Nur keine Gewalt, nur keine Ungesetzlichkeit! O der Loyalität! Nachdem man alle Gesetze als Handhaben der politischen Willkür bezeichnet, da ist man noch so loyal, so gewissenhaft, zu sagen: Nur keine Unge- setzlichkeit! O du barmherziges Krokodil! — — Wir fragen aber jetzt, ob es denn gesetzlich sey, eine Sturm- petition an das Parlament zu beantragen und zu beschließen? — Wahrlich, wenn das in Deutschland gesetzlich ist, dann hat die Türkei wenigstens keine schlechteren Gesetze. Denn dann gibt es keine Sicherheit mehr für Person, Recht, Eigenthum, Freiheit! Wenn ein Mensch mich um ein Darlehen bittet, und dabei die Pistole mir auf die Brust setzt, ist das nicht eine Sturmpetition im Kleinen? Was ist eine Sturmpetition? Bewaffnete Massen einigen sich über ein Verlangen, ziehen vor ein Haus und hinein, und legen ihre Bitten vor, mit den Worten: Sey so gut — oder; seyd so gut, oder — — Das Oder, mein' ich, läßt sich muthmaßen, wenn man die Zerstörungen in der Paulskirche und im Westendhall, wenn man Lichnowsky's und Auerswald's Niedermetzlung, so wie vieles An- dere in's Auge faßt. Man braucht nur Eines und das Andere dem „ oder “ beizufügen, und der Satz ist fertig. Eine Sturmpetition zur Paulskirche! Jch glaube nicht, daß es unter die Grundrechte des deutschen Volkes wird aufgenommen werden Sturmpetitionen zu machen. Aber wenn auch: wer sind sie denn, die sich hier angemaßt, im Namen des deutschen Volkes Forderungen an den Reichtstag stellen zu wollen? — — Wo ist ihre Legitimirung als Vertreter des deutschen Volkes? Wir haben vernommen, sie hätten handeln wollen im Namen einiger Orte der Umgebung Frankfurts, und wenn das wahr ist, dann müssen wir an sie nur die Frage richten: mit welchem Rechte sie ihren Willen dem gesammten Deutschland als Gesetz aufzu- drängen versuchen? Denn ebenso wie im Parlament war im ge- sammten Deutschland die Stimmung über die schleswig=holsteiner Frage getheilt. Aber über das Recht des Parlamentes war man doch wohl in gauz Deutschland einig, der deutsche Volkswille konnte darüber nicht uneinig seyn, ohne mit sich selbst in Wider- spruch zu kommen, da er das Parlament mit dem Rechte über Krieg und Frieden anstatt der entschlafenen Bundesversammlung zu beschließen ins Leben gerufen hat. Es gibt bei solcher Ver- schiedenheit der Meinungen, wie sie in dieser Sache sich ergaben und wie sie bei der Schwierigkeit der Lage, bei dem vielfachen Conflikt des rechtlichen, des internationalen, des deutschnatio- nalen, des territorialen, des finanziellen, des commerziellen, des staatsökonomischen Standpunktes sich nothwendig ergeben mußten, nur eine doppelte Lösung. Die eine ist Gehorsam gegen den gesetzlich gefaßten Beschluß der parlamentaren Abstimmung; die andere Bürgerkrieg. Und der Bürgerkrieg war es, den die Sturmpetition, wenn sie zur Ausführung kam, uns bringen mußte, der Bürgerkrieg von den Alpen bis zur Ostsee, die Mi- litärdespotie oder der Terrorismus auf beiden Seiten! Noch mehr! Bei dieser Versammlung wurde beantragt, sämmtliche Parlamentsmitglieder, welche für den Waffenstillstand gestimmt hatten, in die Acht zu erklären. Heißt das etwas An- deres bringen, als den Bürgerkrieg? Die Mehrheit des Parla- mentes ächten, das heißt, die größere Hälfte des deutschen Volkes ächten, sie bekriegen, wenn sie nicht ihre gesetzlichen Vertreter und damit ihr gutes Recht der Sturmpetition, dem Terrorismus und Despotismus einer ehrgeizigen Clique und einem verführten Pö- belhaufen opfern will! Wenn das nicht Hochverrath ist, weiß ich

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 93. Mainz, 22. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal093_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.