Mainzer Journal. Nr. 98. Mainz, 28. September 1848.Beilage zum Mainzer Journal. Nro 98. Freitag, den 29. September. 1848. [Beginn Spaltensatz]
Ein Putsch in Württemberg. Rottweil 26. September. ( Schw. M. ) Die Volksver- Stuttgart 27. Sept. G. Rau von Gaildorf hat die Maske Rottweil 26. September. Mittags. An allen Straßenecken Erstes Bülletin aus Württemberg. Dienstag Die Unwahrheit ist zu grell, als daß irgend Jemand daran Tuttlingen 25. September. Wie man hört, soll sich bei der Oberndorf 26. September. Gestern Nachmittags ( während Balingen 26. September. Abends. Die Schaar von G. Rau Ulm 26. September. ( U. K. ) Heute früh fand man an Deutschland. Reichstag. Frankfurt 28. September. Wieder lauter Jnterpellationen! 1) Rottweil liegt an der Gränze des badischen Oberlandes,
Horb und Sulz tiefer in's Land hinein auf der Route nach Stuttgart, Balingen dicht am Hechingischen, ebenfalls auf der Route nach Stuttgart über Tübingen. Beilage zum Mainzer Journal. Nro 98. Freitag, den 29. September. 1848. [Beginn Spaltensatz]
Ein Putsch in Württemberg. Rottweil 26. September. ( Schw. M. ) Die Volksver- Stuttgart 27. Sept. G. Rau von Gaildorf hat die Maske Rottweil 26. September. Mittags. An allen Straßenecken Erstes Bülletin aus Württemberg. Dienstag Die Unwahrheit ist zu grell, als daß irgend Jemand daran Tuttlingen 25. September. Wie man hört, soll sich bei der Oberndorf 26. September. Gestern Nachmittags ( während Balingen 26. September. Abends. Die Schaar von G. Rau Ulm 26. September. ( U. K. ) Heute früh fand man an Deutschland. Reichstag. Frankfurt 28. September. Wieder lauter Jnterpellationen! 1) Rottweil liegt an der Gränze des badischen Oberlandes,
Horb und Sulz tiefer in's Land hinein auf der Route nach Stuttgart, Balingen dicht am Hechingischen, ebenfalls auf der Route nach Stuttgart über Tübingen. <TEI> <text> <back> <pb facs="#f0005"/> <div> <floatingText> <front> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#fr">Beilage zum Mainzer Journal.</hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <docImprint>N<hi rendition="#sup">ro</hi> 98. <docDate><hi rendition="#c">Freitag, den 29. September.</hi><hi rendition="#right">1848.</hi></docDate></docImprint> </titlePage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </front> <body> <cb type="start"/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head>Ein Putsch in Württemberg.</head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Rottweil 26. September. ( Schw. M. ) Die <hi rendition="#g">Volksver-<lb/> sammlung</hi> am Sonntag, von etwa 3000 Köpfen besucht,<lb/> wurde von Stadtschultheiß <hi rendition="#aq">Dr</hi>. <hi rendition="#g">Rapp</hi> eröffnet; nach ihm ent-<lb/> wickelte Herr Rechtsconsulent <hi rendition="#g">Etter</hi> in seiner Jungfernrede die<lb/> Stellung des Volkes zur Nationalversammlung, besonders im<lb/> Hinblicke auf die neuesten Ereignisse nach der dänischen Frage,<lb/> trug sofort eine Adresse an die Linke und die Beschlüsse des Co-<lb/> mit <hi rendition="#aq">é</hi>s vor, welche sich, mit noch einigen Zusätzen, an die von<lb/> Eßlingen anschließen. Buchhändler <hi rendition="#g">Kapff</hi> von Tuttlingen hielt<lb/> hierauf zwei Reden, die mehr für das Gemüth berechnet waren<lb/> und worin er namentlich die Frauen und Jungfrauen aufforderte,<lb/> die Männer zum Kampfe für die Freiheit zu ermuthigen. Nun<lb/> betrat der Mann des Tages, mit gespannter, ungeduldiger Neu-<lb/> gier von der Menge erwartet, G. <hi rendition="#g">Rau</hi> von Gaildorf, den Bal-<lb/> kon. Das Hauptziel, auf das der Agitator losging, besteht für<lb/> diesmal in einer <hi rendition="#g">bewaffneten Riesenversammlung</hi> am<lb/> Volksfest in Cannstatt; er wußte dies so bedeutungsvoll aus-<lb/> einander zu setzen, <hi rendition="#g">daß gestern Abend um</hi> 6 <hi rendition="#g">Uhr der<lb/> erste Freischaarenzug,</hi> 4—500 <hi rendition="#g">Mann stark, von hier<lb/> abzog.</hi> Diesen Morgen folgten einige Hundert weitere.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Stuttgart 27. Sept. G. <hi rendition="#g">Rau</hi> von Gaildorf hat die Maske<lb/> abgeworfen und das ist gut. Möchten alle seine Freunde seinem<lb/> Beispiele folgen und sich frei erklären — dann wüßte man, wie<lb/> man mit ihnen daran wäre. Dann wüßte man auch wie viele es<lb/> sind, welche den Umsturz alles Bestehenden verlangen, und wie<lb/> groß dagegen die Zahl derer ist, die an der gesetzlichen Ordnung<lb/> festhalten und Abhülfe der großen Gebrechen unserer Zeit durch<lb/> diese gesetzmäßige Ordnung verlangen. Die Straßen sind belebter<lb/> als gewöhnlich, doch herrscht Vertrauen; denn die Regierung hat<lb/> Maßregeln getroffen. Gestern giengen Befehle nach allen Rich-<lb/> tungen ab, auch Kommissäre der Regierung. — Gestern rückten<lb/> viele <hi rendition="#g">Beurlaubte</hi> hier ein, ebenso Munition von Ludwigsburg.<lb/> Diesen Vormittag marschirte ein Bataillon des 1. Jnfanterie-<lb/> Regiments von hier nach <hi rendition="#g">Tübingen</hi> ab; zwei Schwadronen<lb/> des 4. 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Die Rheinkolonne 2000 Mann in Mühlheim. Struve mit<lb/> 4 bis 5000 Mann in Staufen. Um 2 Uhr Mittags schlug er die<lb/> 1900 Mann Badische, nahm ihnen 2 Haubitzen und 2 Sechs-<lb/> pfünder, zerstreute sie vollkommen, belagerte den Rest der sich in<lb/> Freiburg Verbarricadirten. Die sämmtlichen Kolonnen vereinig-<lb/> ten sich vor Tag am Montag um Freiburg. So viel ganz zuver-<lb/> lässig von einem so eben hier eintreffenden Augenzeugen. Wir<lb/> versichern, daß die Sache dem Siege nahe ist.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p><hi rendition="#g">Erstes Bülletin aus Württemberg.</hi> Dienstag<lb/> Morgens 4 Uhr. So eben kommt uns mit obenstehender Nach-<lb/> richt auch die Anzeige zu, daß der ganze Seekreis wie Ein Mann<lb/> sich erhoben hat. Der Abmarsch der Rottweiler Bürger und gan-<lb/> zer Gemeinden aus der Umgegend wird die badischen Brüder be-<lb/> geistern. Schramberg, Oberndorf und Sulz bewegen sich mit ih-<lb/> ren Amtsangehörigen vorwärts. Die Begeisterung ist allgemein.<lb/> Selbst die Frauen sind entflammt für die große Sache des Volks.“</p><lb/> <p>Die Unwahrheit ist zu grell, als daß irgend Jemand daran<lb/> glauben wollte. Von Seiten der bürgerlichen Kollegien und den<lb/> Reitern reisten heute einige Mitglieder den abgezogenen Mann-<lb/> schaften nach, um sie zur Heimkehr noch einmal zu bewegen; ob es<lb/> ihnen bei allen gelingen wird, steht dahin.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Tuttlingen 25. September. Wie man hört, soll sich bei der<lb/> gestrigen Volksversammlung in Rottweil der größte Theil für die<lb/><cb n="2"/> Republik ausgesprochen haben und beschlossen worden seyn, in<lb/> Masse nach Stuttgart zu ziehen. Es ist sogar heute Mittag eine<lb/> berittene Deputation von Rottweil hier im Bären angelangt, um<lb/> auch hiesige Einwohner zum Zuzug aufzufordern. Es sey dies<lb/> aber, mit Ausnahme weniger Stimmen, entschieden abgelehnt wor-<lb/> den, worauf sich dieselbe sogleich wieder entfernte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Oberndorf 26. September. Gestern Nachmittags ( während<lb/> einer Amtsversammlung ) sprengten drei berittene Rottweiler<lb/> Bürgerwehrmänner hier an, welchen bald zwei Civilisten folgten,<lb/> um in Folge des Beschlusses der vorgestrigen Rottweiler Volks-<lb/> versammlung hier ein Aufgebot zu einem bewaffneten Zuzug zum<lb/> Cannstatter Volkstag zu veranstalten. Große Aufregung in der<lb/> Stadt. Um 4 Uhr versammelte der Stadtschultheiß die Bürger-<lb/> schaft auf dem Rathhause, unterrichtete solche von dem Stand der<lb/> Dinge und vermahnte nebst dem Befehlshaber der Bürgerwehr<lb/> dringend vor aller Theilnahme an diesem Unternehmen. Gleich-<lb/> wohl ließ sich einige Lust dazu verspüren. Heute traf wieder eine<lb/> Ordonanz von Rottweil mit der Aufforderung zur Theilnahme<lb/> ein, und um 1 Uhr marschirte <hi rendition="#g">Schramberger</hi> Bürgerwehr<lb/> wohlbewaffnet unter klingendem Spiele, etwa 140 Mann stark,<lb/> in geschlossenen Colonnen durch die Stadt und campirte auf einer<lb/> Wiese am Neckar. Hier folgten Besprechungen, kleine An-<lb/> reden, Toaste, ein Trunk; in der Stadt aber Anwerbungs-<lb/> versuche, in Folge deren <hi rendition="#g">drei Bürgerwehrmänner</hi> von<lb/> hier sich anschlossen. Um 4 Uhr zog diese Kolonne wieder<lb/> ab, erwartet aber heute noch einen Nachzug von Dunningen,<lb/> Oberamts Rottweil. Nach sicheren Nachrichten sind von Rottweil<lb/> und einigen dortigen Amtsorten heute früh 5 Uhr nach angehör-<lb/> ter Anrede von G. Rau von Gaildorf gegen 600 Mann abge-<lb/> gangen. Jn den Amtsorten des hiesigen Bezirks, in welchen es<lb/> an Emissaren keineswegs fehlt, zeigt sich keine Lust zur Theil-<lb/> nahme, es ist auch von keinem Orte bekannt, daß Jemand ab-<lb/> gezogen wäre. Wie es heißt, sind auch die in Rottweil erwar-<lb/> teten Zuzüge von Spaichingen und Tuttlingen ausgeblieben. Die<lb/> überwiegende Mehrzahl der Einwohner des Bezirks bedauert<lb/> offen diesen Schritt. Von <hi rendition="#g">Rottweil</hi> her hört man heute Nach-<lb/> mittag fortwährend die Lärm=Kanone.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Balingen 26. September. Abends. Die Schaar von G. Rau<lb/> ist zwar bis gegen unsere Stadt gezogen: viele Zuzüger vom<lb/> Oberlande <hi rendition="#g">sind aber bereits wieder umgekehrt,</hi> andere<lb/> verweilen noch hier, um abzuwarten, welche Nachrichten von<lb/> den versprochenen Zuzügen eintreffen. <hi rendition="#g">Der ganze Handstreich<lb/> ist aber verunglückt,</hi> da überall bei der Mehrzahl die<lb/> Pflicht die Oberhand gewonnen hat. Wo Rau selbst ist, wissen<lb/> wir hier im Augenblick nicht gewiß.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Ulm 26. September. ( U. K. ) Heute früh fand man an<lb/> mehreren Straßenecken angeschlagene <hi rendition="#g">Plakate,</hi> welche einen<lb/> Aufruf zur republikanischen Schilderhebung enthielten. Das erste<lb/> Stück ähnlicher Gewerbsthätigkeit in Ulm, das aber den guten<lb/> Sinn der Mehrheit der Bürger Ulms nicht im Geringsten bethö-<lb/> ren und den Muth derer, welche den anarchischen Gelüsten eini-<lb/> ger Bankeroteure seither entgegen getreten sind, nicht im Ge-<lb/> ringsten schwächen wird.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#g">Deutschland.<lb/> Reichstag.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Frankfurt 28. September. Wieder lauter Jnterpellationen!<lb/> Die heutige 87. Sitzung der deutschen Reichsversammlung begann<lb/> mit der Erstattung von Berichten des Finanz= und Marineaus-<lb/> schusses. <hi rendition="#g">Jordan</hi> aus Berlin und v. <hi rendition="#g">Reden</hi> interpelliren das<lb/> Reichsministerium in Angelegenheiten der deutschen Kriegsflotte.<lb/> Eine frühere Jnterpellation Jordan's in gleichem Betreffe beant-<lb/> wortete der Reichsminister v. <hi rendition="#g">Schmerling</hi> dahin, daß zur<lb/> Prüfung der angekauften Schiffe ein österreichischer Viceadmiral<lb/> mit nächstem nach Hamburg abgehen werde. <hi rendition="#g">Berger</hi> aus Wien<lb/> interpellirt das Reichsministerium wegen der rückständigen öster-<lb/> reichischen Wahlen und fragte an, welche Stellung die Central-<lb/> gewalt den reactionären particularistischen Bestrebungen Oester-<lb/> reichs gegenüber einzunehmen gedenke zum Schutze der österreichisch<lb/> deutschen Provinzen. v. Schmerling wird diese Fragen am 2.<lb/> October erledigen. 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Beilage zum Mainzer Journal.
Nro 98. Freitag, den 29. September. 1848.
Ein Putsch in Württemberg.
Rottweil 26. September. ( Schw. M. ) Die Volksver-
sammlung am Sonntag, von etwa 3000 Köpfen besucht,
wurde von Stadtschultheiß Dr. Rapp eröffnet; nach ihm ent-
wickelte Herr Rechtsconsulent Etter in seiner Jungfernrede die
Stellung des Volkes zur Nationalversammlung, besonders im
Hinblicke auf die neuesten Ereignisse nach der dänischen Frage,
trug sofort eine Adresse an die Linke und die Beschlüsse des Co-
mit és vor, welche sich, mit noch einigen Zusätzen, an die von
Eßlingen anschließen. Buchhändler Kapff von Tuttlingen hielt
hierauf zwei Reden, die mehr für das Gemüth berechnet waren
und worin er namentlich die Frauen und Jungfrauen aufforderte,
die Männer zum Kampfe für die Freiheit zu ermuthigen. Nun
betrat der Mann des Tages, mit gespannter, ungeduldiger Neu-
gier von der Menge erwartet, G. Rau von Gaildorf, den Bal-
kon. Das Hauptziel, auf das der Agitator losging, besteht für
diesmal in einer bewaffneten Riesenversammlung am
Volksfest in Cannstatt; er wußte dies so bedeutungsvoll aus-
einander zu setzen, daß gestern Abend um 6 Uhr der
erste Freischaarenzug, 4—500 Mann stark, von hier
abzog. Diesen Morgen folgten einige Hundert weitere.
Stuttgart 27. Sept. G. Rau von Gaildorf hat die Maske
abgeworfen und das ist gut. Möchten alle seine Freunde seinem
Beispiele folgen und sich frei erklären — dann wüßte man, wie
man mit ihnen daran wäre. Dann wüßte man auch wie viele es
sind, welche den Umsturz alles Bestehenden verlangen, und wie
groß dagegen die Zahl derer ist, die an der gesetzlichen Ordnung
festhalten und Abhülfe der großen Gebrechen unserer Zeit durch
diese gesetzmäßige Ordnung verlangen. Die Straßen sind belebter
als gewöhnlich, doch herrscht Vertrauen; denn die Regierung hat
Maßregeln getroffen. Gestern giengen Befehle nach allen Rich-
tungen ab, auch Kommissäre der Regierung. — Gestern rückten
viele Beurlaubte hier ein, ebenso Munition von Ludwigsburg.
Diesen Vormittag marschirte ein Bataillon des 1. Jnfanterie-
Regiments von hier nach Tübingen ab; zwei Schwadronen
des 4. Reiter=Regiments folgten in gleicher Richtung. — Rau
soll in Horb und Sulz keinen Anklang gefunden haben, dennoch
aber bis in die Gegend von Balingen gezogen seyn 1). Jndessen
soll ein großer Theil der Rottweiler, die mit ihm ausgezogen
waren, wieder nach Hause gegangen seyn. Verhaftbefehle gegen
Rau wurden schon gestern früh erlassen.
Rottweil 26. September. Mittags. An allen Straßenecken
ist nachstehende gedruckte Proclamation angeheftet: „ Oberst
Mögling mit 1500 Mann übernachtete am Sonntag in Todt-
nau. Die Rheinkolonne 2000 Mann in Mühlheim. Struve mit
4 bis 5000 Mann in Staufen. Um 2 Uhr Mittags schlug er die
1900 Mann Badische, nahm ihnen 2 Haubitzen und 2 Sechs-
pfünder, zerstreute sie vollkommen, belagerte den Rest der sich in
Freiburg Verbarricadirten. Die sämmtlichen Kolonnen vereinig-
ten sich vor Tag am Montag um Freiburg. So viel ganz zuver-
lässig von einem so eben hier eintreffenden Augenzeugen. Wir
versichern, daß die Sache dem Siege nahe ist.
Erstes Bülletin aus Württemberg. Dienstag
Morgens 4 Uhr. So eben kommt uns mit obenstehender Nach-
richt auch die Anzeige zu, daß der ganze Seekreis wie Ein Mann
sich erhoben hat. Der Abmarsch der Rottweiler Bürger und gan-
zer Gemeinden aus der Umgegend wird die badischen Brüder be-
geistern. Schramberg, Oberndorf und Sulz bewegen sich mit ih-
ren Amtsangehörigen vorwärts. Die Begeisterung ist allgemein.
Selbst die Frauen sind entflammt für die große Sache des Volks.“
Die Unwahrheit ist zu grell, als daß irgend Jemand daran
glauben wollte. Von Seiten der bürgerlichen Kollegien und den
Reitern reisten heute einige Mitglieder den abgezogenen Mann-
schaften nach, um sie zur Heimkehr noch einmal zu bewegen; ob es
ihnen bei allen gelingen wird, steht dahin.
Tuttlingen 25. September. Wie man hört, soll sich bei der
gestrigen Volksversammlung in Rottweil der größte Theil für die
Republik ausgesprochen haben und beschlossen worden seyn, in
Masse nach Stuttgart zu ziehen. Es ist sogar heute Mittag eine
berittene Deputation von Rottweil hier im Bären angelangt, um
auch hiesige Einwohner zum Zuzug aufzufordern. Es sey dies
aber, mit Ausnahme weniger Stimmen, entschieden abgelehnt wor-
den, worauf sich dieselbe sogleich wieder entfernte.
Oberndorf 26. September. Gestern Nachmittags ( während
einer Amtsversammlung ) sprengten drei berittene Rottweiler
Bürgerwehrmänner hier an, welchen bald zwei Civilisten folgten,
um in Folge des Beschlusses der vorgestrigen Rottweiler Volks-
versammlung hier ein Aufgebot zu einem bewaffneten Zuzug zum
Cannstatter Volkstag zu veranstalten. Große Aufregung in der
Stadt. Um 4 Uhr versammelte der Stadtschultheiß die Bürger-
schaft auf dem Rathhause, unterrichtete solche von dem Stand der
Dinge und vermahnte nebst dem Befehlshaber der Bürgerwehr
dringend vor aller Theilnahme an diesem Unternehmen. Gleich-
wohl ließ sich einige Lust dazu verspüren. Heute traf wieder eine
Ordonanz von Rottweil mit der Aufforderung zur Theilnahme
ein, und um 1 Uhr marschirte Schramberger Bürgerwehr
wohlbewaffnet unter klingendem Spiele, etwa 140 Mann stark,
in geschlossenen Colonnen durch die Stadt und campirte auf einer
Wiese am Neckar. Hier folgten Besprechungen, kleine An-
reden, Toaste, ein Trunk; in der Stadt aber Anwerbungs-
versuche, in Folge deren drei Bürgerwehrmänner von
hier sich anschlossen. Um 4 Uhr zog diese Kolonne wieder
ab, erwartet aber heute noch einen Nachzug von Dunningen,
Oberamts Rottweil. Nach sicheren Nachrichten sind von Rottweil
und einigen dortigen Amtsorten heute früh 5 Uhr nach angehör-
ter Anrede von G. Rau von Gaildorf gegen 600 Mann abge-
gangen. Jn den Amtsorten des hiesigen Bezirks, in welchen es
an Emissaren keineswegs fehlt, zeigt sich keine Lust zur Theil-
nahme, es ist auch von keinem Orte bekannt, daß Jemand ab-
gezogen wäre. Wie es heißt, sind auch die in Rottweil erwar-
teten Zuzüge von Spaichingen und Tuttlingen ausgeblieben. Die
überwiegende Mehrzahl der Einwohner des Bezirks bedauert
offen diesen Schritt. Von Rottweil her hört man heute Nach-
mittag fortwährend die Lärm=Kanone.
Balingen 26. September. Abends. Die Schaar von G. Rau
ist zwar bis gegen unsere Stadt gezogen: viele Zuzüger vom
Oberlande sind aber bereits wieder umgekehrt, andere
verweilen noch hier, um abzuwarten, welche Nachrichten von
den versprochenen Zuzügen eintreffen. Der ganze Handstreich
ist aber verunglückt, da überall bei der Mehrzahl die
Pflicht die Oberhand gewonnen hat. Wo Rau selbst ist, wissen
wir hier im Augenblick nicht gewiß.
Ulm 26. September. ( U. K. ) Heute früh fand man an
mehreren Straßenecken angeschlagene Plakate, welche einen
Aufruf zur republikanischen Schilderhebung enthielten. Das erste
Stück ähnlicher Gewerbsthätigkeit in Ulm, das aber den guten
Sinn der Mehrheit der Bürger Ulms nicht im Geringsten bethö-
ren und den Muth derer, welche den anarchischen Gelüsten eini-
ger Bankeroteure seither entgegen getreten sind, nicht im Ge-
ringsten schwächen wird.
Deutschland.
Reichstag.
Frankfurt 28. September. Wieder lauter Jnterpellationen!
Die heutige 87. Sitzung der deutschen Reichsversammlung begann
mit der Erstattung von Berichten des Finanz= und Marineaus-
schusses. Jordan aus Berlin und v. Reden interpelliren das
Reichsministerium in Angelegenheiten der deutschen Kriegsflotte.
Eine frühere Jnterpellation Jordan's in gleichem Betreffe beant-
wortete der Reichsminister v. Schmerling dahin, daß zur
Prüfung der angekauften Schiffe ein österreichischer Viceadmiral
mit nächstem nach Hamburg abgehen werde. Berger aus Wien
interpellirt das Reichsministerium wegen der rückständigen öster-
reichischen Wahlen und fragte an, welche Stellung die Central-
gewalt den reactionären particularistischen Bestrebungen Oester-
reichs gegenüber einzunehmen gedenke zum Schutze der österreichisch
deutschen Provinzen. v. Schmerling wird diese Fragen am 2.
October erledigen. Der Justizminister R. v. Mohl beantwortet
eine Jnterpellation Mareck's dahin, daß der Belagerungszu-
1) Rottweil liegt an der Gränze des badischen Oberlandes,
Horb und Sulz tiefer in's Land hinein auf der Route nach Stuttgart,
Balingen dicht am Hechingischen, ebenfalls auf der Route nach
Stuttgart über Tübingen.
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