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Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848.

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[Beginn Spaltensatz] mit den democratischen Vereinen an andern Orten von gleicher
Tendenz im Jn= und Ausland. -- Allgemein war hier das Ge-
rücht verbreitet, daß der 21. Sept., als Jahrestag des Ausbruchs
der ersten französischen Revolution, zur Proklamation der Repu-
blik bestimmt sey; es lief indessen dieser Tag ruhig ab, da von der
Regierung die ernstlichsten Veranstaltungen getroffen worden waren
zur Erhaltung der Ordnung durch Waffengewalt. Das gesammte
Militär war in den Kasernen konsignirt, um der Bürgerwehr und
den Schutzwachen, welche sich mit scharfen Patronen versehen
hatten, Beistand zu leisten. Jm Hofe des Zeughauses standen
Kanonen, mit Kartätschen geladen. Man erwartete nur die Kunde
von dem Gelingen des Unternehmens in Frankfurt zur Spren-
gung und Auflösung der Nationalversammlung, um auch hier
loszubrechen. Als man dessen Mißlingen erfuhr, wurde die Fer-
tigung von drei rothen Fahnen, die bei einem hiesigen Posamen-
tier in Arbeit waren, wieder abbestellt. Gleichwohl fand man eine
gedruckte höchst revolutionäre Proklamation, vom 21. September
datirt, am 25. September an allen Straßenecken angeheftet.

# Darmstadt 2. October. Bei der letzten Einbeorderung der
Truppen kam der sonst selten eintreffende Fall vor, daß in meh-
reren Compagnien 8 bis 15 Mann nicht erschienen. Von Einigen
wissen wir, daß sie nach Amerika desertirten; mit ihnen sind noch
Andere weggegangen, die erst im kommenden Jahre ihrer Mili-
tärpflicht nachzukommen gehabt hätten.

== Aus Rheinhessen 3. October. Unsere Zeit trägt den
Character einer Uebergangsperiode an sich; sie enthält in ihrem
Schoße die widerstreitendsten, feindseligsten Elemente, und
wenn es auch dem geübten Blicke nicht verborgen ist, auf welche
Seite sich der Sieg wendet, so sind doch die mittleren und unteren
Classen, auf welche der größere Theil der Lasten fällt und welche
in den ( durch die Belebung der Fabrikindustrie und durch die
Ausbildung der allgewaltigen Macht des Geldes erzeugten ) unge-
heueren Schwankungen zwischen Ueberfluß an Arbeit und drücken-
der Arbeitslosigkeit unbewußt in den Strudel der Bewung
mit hineingezogen werden, keineswegs im Stande, den Zweck
und das Ende derselben zu erkennen und zu würdigen. Dies
wirkt mit aller Stärke auf die mittleren und unteren Classen und
erzeugt bei ihnen einen Zustand von Beklommenheit und Zweifel.
Dazu kommt noch die sichtlich zunehmende Uebervölkerung nebst
anderen Ursachen, die zum Theil Folgen von jener sind, wie:
Armuth, Nahrungslosigkeit, Unerschwinglichkeit der Abgaben 1)
politische Bewegungen, religiöse Zänkerei, revolutionäre Schwin-
deleien und eine unter gewissen Classen verbreitete Unzufriedenheit
mit dem herrschenden Geiste und den öffentlichen Einrichtungen.
Alle diese Ursachen wirken heuer mehr, als je, zusammen und
bewirken in diesem Jahre eine Auswanderungslust, wie sie noch
nie so allgemein war. Jn Folge dessen sehen wir fast täglich
Massen von Auswanderer rheinabwärts fahren. Sie kommen
aus dem Badischen, Württembergischen, Bayerischen und Hessi-
schen. Besonders zahlreich sind die Auswanderer aus der Provinz
Rheinhessen; fast in jedem Orte sind einige, die ihren vater-
ländischen Boden verlassen, um sich in dem vielgepriesenen
Amerika eine neue Heimath zu suchen. Die Auswandernden die-
ses Jahres, im Gegensatze zu jenen aus früheren Jahren, sind
meistens Leute ledigen Standes, sowohl männlichen als auch
weiblichen Geschlechtes, oder junge Eheleute. Möge der Glücks-
stern ihnen jenseits des Meeres entgegen glänzen, daß sie bald
ihre Hoffnung erfüllt sehen!

sqrt Vom Rheine 3. October. So eben erfahren wir aus
glaubwürdiger Quelle, daß man alle demokratische Vereine
Deutschlands, als der bestehenden Regierungsform entgegenwirkend,
aufzulösen gedenke. Die Turn= und Gesangvereine
sind ebenfalls stark compromittirt und möglicher Weise könnte sie
ein gleiches Loos treffen.

* * * Caub 3. October. Der Wasserstand des Rheines ist
ein äußerst niedriger. Bei uns mißt die tiefste Stelle kaum
3 bis3 1 / 2 Fuß. Jn den Nebenflüssen ist ein gleiches Verhältniß
obwaltend. Der Main ist fast unfahrbar.

Sigmaringen 30. Sept. ( Schw. M. ) Die durch die jüngsten
Ereignisse hervorgerufene Aufregung fängt an, merklich nachzu-
lassen, und droht, in eine gegentheilige Stimmung umzuschlagen.
Die übereinstimmenden Nachrichten von dem Mißlingen der Er-
hebungen an andern Orten, mit denen die hiesige ohne Zweifel in
Verbindung steht, und das Heranrücken von Truppen lassen dieß
leicht erklären. Die Angehörigen der flüchtigen Beamten kehren
zurück, dagegen rüsten sich andere Leute zur Abreise. Allgemein
wünscht man die baldige Rückkehr des Fürsten und der Regierung

[Spaltenumbruch] und hofft, daß dieselbe auf eine energischere Weise, als bisher
auftreten werde. -- Als die für das Fürstenthum bestimmten
Reichstruppen werden ein preußisches und ein bayrisches Re-
giment bezeichnet. Der Sigmaringer Aufstand, wie der altenbur-
gische zeigen das Mißliche solcher kleinen Staaten. Hoffentlich
wird die Nationalversammlung sie in die geeignete Verbindung
mit größeren Staaten, deren Volksstamme sie angehören, zu bringen
wissen.

Nach Berichten aus Konstanz vom 30. Sept. ist der Fürst
von Sigmaringen mit seinem ganzen Regierungspersonal in
Ueberlingen angekommen. Einige Koffer, seine wichtigsten
Papiere enthaltend, sind Alles, was er mitnehmen konnte. Zum
Präsidenten der in Sigmaringen eingesetzten Republik ist der Ad-
vokat Würth ( Bruder des Hofgerichts=Advokaten in Konstanz )
ernannt worden, den die öffentliche Stimme dahier als einen über-
spannten, keineswegs willenskräftigen Mann, wie man zu sagen
pflegt als einen "Haspel" bezeichnet. Uebrigens seyen die Bauern
und die Bürgerwehr in Sigmaringen ganz gut organisirt, nnd
2000 Mann seyen entschlossen, die neue Regierungsform aufrecht
zu erhalten. Würth ist in einer keineswegs behaglichen Stel-
lung, denn er ist von seinen Leuten mit mißtrauischen Augen be-
wacht. Da er bisher immer an der Spitze der Volksbewegungen
gestanden, so wird nunmehr von Seiten der Aufständischen das
Verlangen an ihn gestellt, die Suppe auch auszuessen, die er ein-
brocken half. ( Sehr vernünftig! )

Frankfurt 3. October. ( O. P. A. Z. ) Wir erfahren aus
sicherer Quelle, daß der Reichsgesandte, Abgeordnete Welcker,
in wenigen Tagen schon von seiner Sendung zurück hier eintreffen
wird. Seine Mission ist vollständig erfüllt und ein schwedischer
Gesandter an den Reichsverweser wird ihm bald nachfolgen. --
Ebenso ist, wie wir hören, von Kopenhagen die Nachricht ein-
getroffen, daß, wie vorauszusehen war, der dänische Hof nicht
allein bereit ist, einen Gesandten des Reichsverwesers zu em-
pfangen, sondern auch sofort ein eigenes Dampfboot nach Son-
derburg gesendet hat, um Herrn Banks von dort nach Kopen-
hagen abzuholen.

Frankreich.

* * * Paris 2. October. Graf Mol e hat an die Wähler
der Gironde ( Bordeaux ) , die ihn in die Nationalversammlung
geschickt, ein Rundschreiben erlassen, in welchem sich sehr beher-
zigenswerthe Lehren befinden. "Was jetzt in Gefahr schwebt, be-
merkt er, ist die Societät selbst, es besteht ein Kampf zwischen
Civilisation und Barbarei. Auf der einen Seite stehen Familie
und Eigenthum, auf der andern wird die Abschaffung jener ewi-
gen Gesetze versucht, deren Wurzeln im Herzen des Menschen lie-
gen und die von seinem göttlichen Schöpfer direct ausgehen.
Nicht der Mensch hat die Familie und das Eigenthum erfunden,
sondern Gott, der ihn geschaffen um in der Gesellschaft zu leben,
hat das Eigenthum und die Familie vor ihn hingestellt, als die
Grundlagen seiner irdischen Bestimmung und als Ausgangspunct
aller Civilisation. Wisset Jhr aber, wie auch die beste Sache zu
Grunde gehen kann, obgleich die große Majorität für sie ist?
Durch Gleichgültigkeit, durch Trägheit, durch die Spaltung Je-
ner, in deren höchstem Jnteresse es läge sie zu vertheidigen. Auf
also, lasset uns zusammenwirken! Friede den Menschen und
Versöhnung mit Allen; Krieg aber, einen unerbittlichen Kampf
jenen zerstörenden Doctrinen und der neuen Barbarei, die
nicht wie früher ihren Ursprung in der Unwissenheit, son-
dern in der verdorbenen und verkehrten Menschenvernunft
hat." Solche Ansichten und Aeußerungen, in denen wohl alle
Männer übereinstimmen, die irgend einen staatsmännischen und
politischen Ruf haben, eröffnen uns einen tiefen Blick in die
Lage des Landes, das mit wahrer Begierde nach seinem Retter
aus der Noth sich sehnt.

Die Fürstin Lieven, das Orakel aller Diplomaten, soll wie-
der nach Paris zurückkehren, der Palast der berühmten Jntri-
guantin wird wenigstens schon zu ihrer Aufnahme in Stand ge-
setzt. Ob sie wohl auch Herrn Guizot mitbringen wird?

Admiral Bruat, der ehemalige Statthalter von Taiti, soll
als Generalcapitain nach den französischen Antillen, wo es nichts
weniger als geheuer ist, abgesandt werden.

Nachschrift.

Der Belagerungszustand von Köln ist am 2. October wieder
aufgehoben worden.

Anzeige.

[ Gefundenes. ] Der Anfang einer Barrikade -- ein
umgestürzter Schubkarren -- ist gestern Abend zum großen Aer-
ger ehrlicher Spaziergänger mitten in einer Straße gefunden
worden. Von Wem sagt die Expedition dieses Blattes.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

1) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen,
der Fall.
1 ) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen,
der Fall.

[Beginn Spaltensatz] mit den democratischen Vereinen an andern Orten von gleicher
Tendenz im Jn= und Ausland. — Allgemein war hier das Ge-
rücht verbreitet, daß der 21. Sept., als Jahrestag des Ausbruchs
der ersten französischen Revolution, zur Proklamation der Repu-
blik bestimmt sey; es lief indessen dieser Tag ruhig ab, da von der
Regierung die ernstlichsten Veranstaltungen getroffen worden waren
zur Erhaltung der Ordnung durch Waffengewalt. Das gesammte
Militär war in den Kasernen konsignirt, um der Bürgerwehr und
den Schutzwachen, welche sich mit scharfen Patronen versehen
hatten, Beistand zu leisten. Jm Hofe des Zeughauses standen
Kanonen, mit Kartätschen geladen. Man erwartete nur die Kunde
von dem Gelingen des Unternehmens in Frankfurt zur Spren-
gung und Auflösung der Nationalversammlung, um auch hier
loszubrechen. Als man dessen Mißlingen erfuhr, wurde die Fer-
tigung von drei rothen Fahnen, die bei einem hiesigen Posamen-
tier in Arbeit waren, wieder abbestellt. Gleichwohl fand man eine
gedruckte höchst revolutionäre Proklamation, vom 21. September
datirt, am 25. September an allen Straßenecken angeheftet.

# Darmstadt 2. October. Bei der letzten Einbeorderung der
Truppen kam der sonst selten eintreffende Fall vor, daß in meh-
reren Compagnien 8 bis 15 Mann nicht erschienen. Von Einigen
wissen wir, daß sie nach Amerika desertirten; mit ihnen sind noch
Andere weggegangen, die erst im kommenden Jahre ihrer Mili-
tärpflicht nachzukommen gehabt hätten.

== Aus Rheinhessen 3. October. Unsere Zeit trägt den
Character einer Uebergangsperiode an sich; sie enthält in ihrem
Schoße die widerstreitendsten, feindseligsten Elemente, und
wenn es auch dem geübten Blicke nicht verborgen ist, auf welche
Seite sich der Sieg wendet, so sind doch die mittleren und unteren
Classen, auf welche der größere Theil der Lasten fällt und welche
in den ( durch die Belebung der Fabrikindustrie und durch die
Ausbildung der allgewaltigen Macht des Geldes erzeugten ) unge-
heueren Schwankungen zwischen Ueberfluß an Arbeit und drücken-
der Arbeitslosigkeit unbewußt in den Strudel der Bewung
mit hineingezogen werden, keineswegs im Stande, den Zweck
und das Ende derselben zu erkennen und zu würdigen. Dies
wirkt mit aller Stärke auf die mittleren und unteren Classen und
erzeugt bei ihnen einen Zustand von Beklommenheit und Zweifel.
Dazu kommt noch die sichtlich zunehmende Uebervölkerung nebst
anderen Ursachen, die zum Theil Folgen von jener sind, wie:
Armuth, Nahrungslosigkeit, Unerschwinglichkeit der Abgaben 1)
politische Bewegungen, religiöse Zänkerei, revolutionäre Schwin-
deleien und eine unter gewissen Classen verbreitete Unzufriedenheit
mit dem herrschenden Geiste und den öffentlichen Einrichtungen.
Alle diese Ursachen wirken heuer mehr, als je, zusammen und
bewirken in diesem Jahre eine Auswanderungslust, wie sie noch
nie so allgemein war. Jn Folge dessen sehen wir fast täglich
Massen von Auswanderer rheinabwärts fahren. Sie kommen
aus dem Badischen, Württembergischen, Bayerischen und Hessi-
schen. Besonders zahlreich sind die Auswanderer aus der Provinz
Rheinhessen; fast in jedem Orte sind einige, die ihren vater-
ländischen Boden verlassen, um sich in dem vielgepriesenen
Amerika eine neue Heimath zu suchen. Die Auswandernden die-
ses Jahres, im Gegensatze zu jenen aus früheren Jahren, sind
meistens Leute ledigen Standes, sowohl männlichen als auch
weiblichen Geschlechtes, oder junge Eheleute. Möge der Glücks-
stern ihnen jenseits des Meeres entgegen glänzen, daß sie bald
ihre Hoffnung erfüllt sehen!

√ Vom Rheine 3. October. So eben erfahren wir aus
glaubwürdiger Quelle, daß man alle demokratische Vereine
Deutschlands, als der bestehenden Regierungsform entgegenwirkend,
aufzulösen gedenke. Die Turn= und Gesangvereine
sind ebenfalls stark compromittirt und möglicher Weise könnte sie
ein gleiches Loos treffen.

* * * Caub 3. October. Der Wasserstand des Rheines ist
ein äußerst niedriger. Bei uns mißt die tiefste Stelle kaum
3 bis3 1 / 2 Fuß. Jn den Nebenflüssen ist ein gleiches Verhältniß
obwaltend. Der Main ist fast unfahrbar.

Sigmaringen 30. Sept. ( Schw. M. ) Die durch die jüngsten
Ereignisse hervorgerufene Aufregung fängt an, merklich nachzu-
lassen, und droht, in eine gegentheilige Stimmung umzuschlagen.
Die übereinstimmenden Nachrichten von dem Mißlingen der Er-
hebungen an andern Orten, mit denen die hiesige ohne Zweifel in
Verbindung steht, und das Heranrücken von Truppen lassen dieß
leicht erklären. Die Angehörigen der flüchtigen Beamten kehren
zurück, dagegen rüsten sich andere Leute zur Abreise. Allgemein
wünscht man die baldige Rückkehr des Fürsten und der Regierung

[Spaltenumbruch] und hofft, daß dieselbe auf eine energischere Weise, als bisher
auftreten werde. — Als die für das Fürstenthum bestimmten
Reichstruppen werden ein preußisches und ein bayrisches Re-
giment bezeichnet. Der Sigmaringer Aufstand, wie der altenbur-
gische zeigen das Mißliche solcher kleinen Staaten. Hoffentlich
wird die Nationalversammlung sie in die geeignete Verbindung
mit größeren Staaten, deren Volksstamme sie angehören, zu bringen
wissen.

Nach Berichten aus Konstanz vom 30. Sept. ist der Fürst
von Sigmaringen mit seinem ganzen Regierungspersonal in
Ueberlingen angekommen. Einige Koffer, seine wichtigsten
Papiere enthaltend, sind Alles, was er mitnehmen konnte. Zum
Präsidenten der in Sigmaringen eingesetzten Republik ist der Ad-
vokat Würth ( Bruder des Hofgerichts=Advokaten in Konstanz )
ernannt worden, den die öffentliche Stimme dahier als einen über-
spannten, keineswegs willenskräftigen Mann, wie man zu sagen
pflegt als einen „Haspel“ bezeichnet. Uebrigens seyen die Bauern
und die Bürgerwehr in Sigmaringen ganz gut organisirt, nnd
2000 Mann seyen entschlossen, die neue Regierungsform aufrecht
zu erhalten. Würth ist in einer keineswegs behaglichen Stel-
lung, denn er ist von seinen Leuten mit mißtrauischen Augen be-
wacht. Da er bisher immer an der Spitze der Volksbewegungen
gestanden, so wird nunmehr von Seiten der Aufständischen das
Verlangen an ihn gestellt, die Suppe auch auszuessen, die er ein-
brocken half. ( Sehr vernünftig! )

Frankfurt 3. October. ( O. P. A. Z. ) Wir erfahren aus
sicherer Quelle, daß der Reichsgesandte, Abgeordnete Welcker,
in wenigen Tagen schon von seiner Sendung zurück hier eintreffen
wird. Seine Mission ist vollständig erfüllt und ein schwedischer
Gesandter an den Reichsverweser wird ihm bald nachfolgen. —
Ebenso ist, wie wir hören, von Kopenhagen die Nachricht ein-
getroffen, daß, wie vorauszusehen war, der dänische Hof nicht
allein bereit ist, einen Gesandten des Reichsverwesers zu em-
pfangen, sondern auch sofort ein eigenes Dampfboot nach Son-
derburg gesendet hat, um Herrn Banks von dort nach Kopen-
hagen abzuholen.

Frankreich.

* * * Paris 2. October. Graf Mol é hat an die Wähler
der Gironde ( Bordeaux ) , die ihn in die Nationalversammlung
geschickt, ein Rundschreiben erlassen, in welchem sich sehr beher-
zigenswerthe Lehren befinden. „Was jetzt in Gefahr schwebt, be-
merkt er, ist die Societät selbst, es besteht ein Kampf zwischen
Civilisation und Barbarei. Auf der einen Seite stehen Familie
und Eigenthum, auf der andern wird die Abschaffung jener ewi-
gen Gesetze versucht, deren Wurzeln im Herzen des Menschen lie-
gen und die von seinem göttlichen Schöpfer direct ausgehen.
Nicht der Mensch hat die Familie und das Eigenthum erfunden,
sondern Gott, der ihn geschaffen um in der Gesellschaft zu leben,
hat das Eigenthum und die Familie vor ihn hingestellt, als die
Grundlagen seiner irdischen Bestimmung und als Ausgangspunct
aller Civilisation. Wisset Jhr aber, wie auch die beste Sache zu
Grunde gehen kann, obgleich die große Majorität für sie ist?
Durch Gleichgültigkeit, durch Trägheit, durch die Spaltung Je-
ner, in deren höchstem Jnteresse es läge sie zu vertheidigen. Auf
also, lasset uns zusammenwirken! Friede den Menschen und
Versöhnung mit Allen; Krieg aber, einen unerbittlichen Kampf
jenen zerstörenden Doctrinen und der neuen Barbarei, die
nicht wie früher ihren Ursprung in der Unwissenheit, son-
dern in der verdorbenen und verkehrten Menschenvernunft
hat.“ Solche Ansichten und Aeußerungen, in denen wohl alle
Männer übereinstimmen, die irgend einen staatsmännischen und
politischen Ruf haben, eröffnen uns einen tiefen Blick in die
Lage des Landes, das mit wahrer Begierde nach seinem Retter
aus der Noth sich sehnt.

Die Fürstin Lieven, das Orakel aller Diplomaten, soll wie-
der nach Paris zurückkehren, der Palast der berühmten Jntri-
guantin wird wenigstens schon zu ihrer Aufnahme in Stand ge-
setzt. Ob sie wohl auch Herrn Guizot mitbringen wird?

Admiral Bruat, der ehemalige Statthalter von Taiti, soll
als Generalcapitain nach den französischen Antillen, wo es nichts
weniger als geheuer ist, abgesandt werden.

Nachschrift.

Der Belagerungszustand von Köln ist am 2. October wieder
aufgehoben worden.

Anzeige.

[ Gefundenes. ] Der Anfang einer Barrikade — ein
umgestürzter Schubkarren — ist gestern Abend zum großen Aer-
ger ehrlicher Spaziergänger mitten in einer Straße gefunden
worden. Von Wem sagt die Expedition dieses Blattes.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

1) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen,
der Fall.
1 ) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen,
der Fall.
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[0004] mit den democratischen Vereinen an andern Orten von gleicher Tendenz im Jn= und Ausland. — Allgemein war hier das Ge- rücht verbreitet, daß der 21. Sept., als Jahrestag des Ausbruchs der ersten französischen Revolution, zur Proklamation der Repu- blik bestimmt sey; es lief indessen dieser Tag ruhig ab, da von der Regierung die ernstlichsten Veranstaltungen getroffen worden waren zur Erhaltung der Ordnung durch Waffengewalt. Das gesammte Militär war in den Kasernen konsignirt, um der Bürgerwehr und den Schutzwachen, welche sich mit scharfen Patronen versehen hatten, Beistand zu leisten. Jm Hofe des Zeughauses standen Kanonen, mit Kartätschen geladen. Man erwartete nur die Kunde von dem Gelingen des Unternehmens in Frankfurt zur Spren- gung und Auflösung der Nationalversammlung, um auch hier loszubrechen. Als man dessen Mißlingen erfuhr, wurde die Fer- tigung von drei rothen Fahnen, die bei einem hiesigen Posamen- tier in Arbeit waren, wieder abbestellt. Gleichwohl fand man eine gedruckte höchst revolutionäre Proklamation, vom 21. September datirt, am 25. September an allen Straßenecken angeheftet. # Darmstadt 2. October. Bei der letzten Einbeorderung der Truppen kam der sonst selten eintreffende Fall vor, daß in meh- reren Compagnien 8 bis 15 Mann nicht erschienen. Von Einigen wissen wir, daß sie nach Amerika desertirten; mit ihnen sind noch Andere weggegangen, die erst im kommenden Jahre ihrer Mili- tärpflicht nachzukommen gehabt hätten. == Aus Rheinhessen 3. October. Unsere Zeit trägt den Character einer Uebergangsperiode an sich; sie enthält in ihrem Schoße die widerstreitendsten, feindseligsten Elemente, und wenn es auch dem geübten Blicke nicht verborgen ist, auf welche Seite sich der Sieg wendet, so sind doch die mittleren und unteren Classen, auf welche der größere Theil der Lasten fällt und welche in den ( durch die Belebung der Fabrikindustrie und durch die Ausbildung der allgewaltigen Macht des Geldes erzeugten ) unge- heueren Schwankungen zwischen Ueberfluß an Arbeit und drücken- der Arbeitslosigkeit unbewußt in den Strudel der Bewung mit hineingezogen werden, keineswegs im Stande, den Zweck und das Ende derselben zu erkennen und zu würdigen. Dies wirkt mit aller Stärke auf die mittleren und unteren Classen und erzeugt bei ihnen einen Zustand von Beklommenheit und Zweifel. Dazu kommt noch die sichtlich zunehmende Uebervölkerung nebst anderen Ursachen, die zum Theil Folgen von jener sind, wie: Armuth, Nahrungslosigkeit, Unerschwinglichkeit der Abgaben 1) politische Bewegungen, religiöse Zänkerei, revolutionäre Schwin- deleien und eine unter gewissen Classen verbreitete Unzufriedenheit mit dem herrschenden Geiste und den öffentlichen Einrichtungen. Alle diese Ursachen wirken heuer mehr, als je, zusammen und bewirken in diesem Jahre eine Auswanderungslust, wie sie noch nie so allgemein war. Jn Folge dessen sehen wir fast täglich Massen von Auswanderer rheinabwärts fahren. Sie kommen aus dem Badischen, Württembergischen, Bayerischen und Hessi- schen. Besonders zahlreich sind die Auswanderer aus der Provinz Rheinhessen; fast in jedem Orte sind einige, die ihren vater- ländischen Boden verlassen, um sich in dem vielgepriesenen Amerika eine neue Heimath zu suchen. Die Auswandernden die- ses Jahres, im Gegensatze zu jenen aus früheren Jahren, sind meistens Leute ledigen Standes, sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechtes, oder junge Eheleute. Möge der Glücks- stern ihnen jenseits des Meeres entgegen glänzen, daß sie bald ihre Hoffnung erfüllt sehen! √ Vom Rheine 3. October. So eben erfahren wir aus glaubwürdiger Quelle, daß man alle demokratische Vereine Deutschlands, als der bestehenden Regierungsform entgegenwirkend, aufzulösen gedenke. Die Turn= und Gesangvereine sind ebenfalls stark compromittirt und möglicher Weise könnte sie ein gleiches Loos treffen. * * * Caub 3. October. Der Wasserstand des Rheines ist ein äußerst niedriger. Bei uns mißt die tiefste Stelle kaum 3 bis3 1 / 2 Fuß. Jn den Nebenflüssen ist ein gleiches Verhältniß obwaltend. Der Main ist fast unfahrbar. Sigmaringen 30. Sept. ( Schw. M. ) Die durch die jüngsten Ereignisse hervorgerufene Aufregung fängt an, merklich nachzu- lassen, und droht, in eine gegentheilige Stimmung umzuschlagen. Die übereinstimmenden Nachrichten von dem Mißlingen der Er- hebungen an andern Orten, mit denen die hiesige ohne Zweifel in Verbindung steht, und das Heranrücken von Truppen lassen dieß leicht erklären. Die Angehörigen der flüchtigen Beamten kehren zurück, dagegen rüsten sich andere Leute zur Abreise. Allgemein wünscht man die baldige Rückkehr des Fürsten und der Regierung und hofft, daß dieselbe auf eine energischere Weise, als bisher auftreten werde. — Als die für das Fürstenthum bestimmten Reichstruppen werden ein preußisches und ein bayrisches Re- giment bezeichnet. Der Sigmaringer Aufstand, wie der altenbur- gische zeigen das Mißliche solcher kleinen Staaten. Hoffentlich wird die Nationalversammlung sie in die geeignete Verbindung mit größeren Staaten, deren Volksstamme sie angehören, zu bringen wissen. Nach Berichten aus Konstanz vom 30. Sept. ist der Fürst von Sigmaringen mit seinem ganzen Regierungspersonal in Ueberlingen angekommen. Einige Koffer, seine wichtigsten Papiere enthaltend, sind Alles, was er mitnehmen konnte. Zum Präsidenten der in Sigmaringen eingesetzten Republik ist der Ad- vokat Würth ( Bruder des Hofgerichts=Advokaten in Konstanz ) ernannt worden, den die öffentliche Stimme dahier als einen über- spannten, keineswegs willenskräftigen Mann, wie man zu sagen pflegt als einen „Haspel“ bezeichnet. Uebrigens seyen die Bauern und die Bürgerwehr in Sigmaringen ganz gut organisirt, nnd 2000 Mann seyen entschlossen, die neue Regierungsform aufrecht zu erhalten. Würth ist in einer keineswegs behaglichen Stel- lung, denn er ist von seinen Leuten mit mißtrauischen Augen be- wacht. Da er bisher immer an der Spitze der Volksbewegungen gestanden, so wird nunmehr von Seiten der Aufständischen das Verlangen an ihn gestellt, die Suppe auch auszuessen, die er ein- brocken half. ( Sehr vernünftig! ) Frankfurt 3. October. ( O. P. A. Z. ) Wir erfahren aus sicherer Quelle, daß der Reichsgesandte, Abgeordnete Welcker, in wenigen Tagen schon von seiner Sendung zurück hier eintreffen wird. Seine Mission ist vollständig erfüllt und ein schwedischer Gesandter an den Reichsverweser wird ihm bald nachfolgen. — Ebenso ist, wie wir hören, von Kopenhagen die Nachricht ein- getroffen, daß, wie vorauszusehen war, der dänische Hof nicht allein bereit ist, einen Gesandten des Reichsverwesers zu em- pfangen, sondern auch sofort ein eigenes Dampfboot nach Son- derburg gesendet hat, um Herrn Banks von dort nach Kopen- hagen abzuholen. Frankreich. * * * Paris 2. October. Graf Mol é hat an die Wähler der Gironde ( Bordeaux ) , die ihn in die Nationalversammlung geschickt, ein Rundschreiben erlassen, in welchem sich sehr beher- zigenswerthe Lehren befinden. „Was jetzt in Gefahr schwebt, be- merkt er, ist die Societät selbst, es besteht ein Kampf zwischen Civilisation und Barbarei. Auf der einen Seite stehen Familie und Eigenthum, auf der andern wird die Abschaffung jener ewi- gen Gesetze versucht, deren Wurzeln im Herzen des Menschen lie- gen und die von seinem göttlichen Schöpfer direct ausgehen. Nicht der Mensch hat die Familie und das Eigenthum erfunden, sondern Gott, der ihn geschaffen um in der Gesellschaft zu leben, hat das Eigenthum und die Familie vor ihn hingestellt, als die Grundlagen seiner irdischen Bestimmung und als Ausgangspunct aller Civilisation. Wisset Jhr aber, wie auch die beste Sache zu Grunde gehen kann, obgleich die große Majorität für sie ist? Durch Gleichgültigkeit, durch Trägheit, durch die Spaltung Je- ner, in deren höchstem Jnteresse es läge sie zu vertheidigen. Auf also, lasset uns zusammenwirken! Friede den Menschen und Versöhnung mit Allen; Krieg aber, einen unerbittlichen Kampf jenen zerstörenden Doctrinen und der neuen Barbarei, die nicht wie früher ihren Ursprung in der Unwissenheit, son- dern in der verdorbenen und verkehrten Menschenvernunft hat.“ Solche Ansichten und Aeußerungen, in denen wohl alle Männer übereinstimmen, die irgend einen staatsmännischen und politischen Ruf haben, eröffnen uns einen tiefen Blick in die Lage des Landes, das mit wahrer Begierde nach seinem Retter aus der Noth sich sehnt. Die Fürstin Lieven, das Orakel aller Diplomaten, soll wie- der nach Paris zurückkehren, der Palast der berühmten Jntri- guantin wird wenigstens schon zu ihrer Aufnahme in Stand ge- setzt. Ob sie wohl auch Herrn Guizot mitbringen wird? Admiral Bruat, der ehemalige Statthalter von Taiti, soll als Generalcapitain nach den französischen Antillen, wo es nichts weniger als geheuer ist, abgesandt werden. Nachschrift. Der Belagerungszustand von Köln ist am 2. October wieder aufgehoben worden. Anzeige. [ Gefundenes. ] Der Anfang einer Barrikade — ein umgestürzter Schubkarren — ist gestern Abend zum großen Aer- ger ehrlicher Spaziergänger mitten in einer Straße gefunden worden. Von Wem sagt die Expedition dieses Blattes. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg. 1) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen, der Fall. 1 ) Bei uns jedoch nur äußerst selten, und da in Ausnahmen, der Fall.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 103. Mainz, 4. Oktober 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal103_1848/4>, abgerufen am 21.11.2024.