Mainzer Journal. Nr. 115. Mainz, 18. Oktober 1848.[Beginn Spaltensatz]
chieden von sich jeden Traktat mit der Camarilla und ihren Wien 13. October. Nachmittags. ( L. Z. ) Nachdem zu ver- Grätz 10. October. ( C. Bl. a. B. ) Ueber Wien ist man Jnnsbruck 12. October. ( Volksbl. f. Tyrol. ) Der ständische Berlin 15. October. ( Fr. J. ) Der König ist heute Morgen Königsberg 12. October. Auch Dr. Rupp ist an der Cho- München 15. October. ( A. Z. ) Allgemeines Stadtgespräch == Aus Rheinhessen 16. October. Aus einer Erklärung [Beginn Spaltensatz]
chieden von sich jeden Traktat mit der Camarilla und ihren Wien 13. October. Nachmittags. ( L. Z. ) Nachdem zu ver- Grätz 10. October. ( C. Bl. a. B. ) Ueber Wien ist man Jnnsbruck 12. October. ( Volksbl. f. Tyrol. ) Der ständische Berlin 15. October. ( Fr. J. ) Der König ist heute Morgen Königsberg 12. October. Auch Dr. Rupp ist an der Cho- München 15. October. ( A. Z. ) Allgemeines Stadtgespräch == Aus Rheinhessen 16. October. Aus einer Erklärung <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0003"/><cb type="start"/> chieden von sich jeden Traktat mit der Camarilla und ihren<lb/> eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt<lb/> zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und<lb/> Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandel-<lb/> bar geneigt, die gegenseitigen Jnteressen zur beiderseitigen<lb/> Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit<lb/> und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu<lb/> ihre treue Bruderhand. Ungarn erklärt zugleich seinen wärm-<lb/> sten Dank der hohen Reichsversammlung für die kräftigen<lb/> Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer<lb/> reactionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Hor-<lb/> den Jellachichs zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich<lb/> veranlaßt, die hohe Reichsversammlung zu benachrichtigen,<lb/> daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß<lb/> trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es<lb/> doch gelungen sey, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oester-<lb/> reich an sich zu ziehen, und daß unserem armen, verrathenen Va-<lb/> terlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Jn-<lb/> vasion droht. Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter<lb/> Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie<lb/> wir jeden Ungar für einen Landesverräther erklären, der seine<lb/> unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, ebenso je-<lb/> den Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landes-<lb/> verräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eid-<lb/> brüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung<lb/> der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste<lb/> Unterstützung gewähren würde. Der Empörer Jellachich treibt<lb/> seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit.<lb/> Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen<lb/> Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet<lb/> Oesterreichs wirft und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beab-<lb/> sichtigt. Die ungarische Nation ist fest überzengt, daß er in die-<lb/> sem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhnen Oester-<lb/> reichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Na-<lb/> tion für ihre heiligste Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und<lb/> Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen und in dem<lb/> Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Volk Oester-<lb/> reichs zu unterstützen. Darum haben die Repräsentanten der un-<lb/> garischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt:<lb/> Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge. Doch be-<lb/> theuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt, daß,<lb/> wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu ver-<lb/> folgen bemüßigt wären, hiermit nicht nur keine Gebietsverletz-<lb/> ung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem<lb/> Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit<lb/> folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Be-<lb/> wohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den<lb/> gemeinschaftlichen Feind. Möge die hohe Reichsversammlung<lb/> diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe<lb/> entgegennehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre<lb/> Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich<lb/> nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edeln Vertreter<lb/> des tapferen Oesterreichs dem commandirenden Generale der un-<lb/> garischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaff-<lb/> nung des gemeinsamen Feindes durch eigene Kräfte bewirkt und<lb/> die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinschaftli-<lb/> chen Freiheit nicht mehr nöthig sey. Ungarns Regierung hat die<lb/> strengsten Befehle erlassen, daß, im Falle die ungarische Armee<lb/> vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf dem uns heiligen österreichi-<lb/> schen Boden von Ungarn aus verabfolgt und dem edeln Volke<lb/> Oesterreichs nicht die mindeste Last aufgebürdet werde. Gruß,<lb/> Hochachtung und Bruderliebe. <hi rendition="#g">Pesth,</hi> den 10. October 1848.<lb/> Des ungarischen Reichstages Unterhauses erster Vicepräsident.<lb/><hi rendition="#g">Johann Pallfy.</hi> <hi rendition="#aq">m. p</hi>. 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Auf diese officielle Nachricht hin unterblieb die Deputa-<lb/> tion. — Gestern Abends 7 Uhr sind abermals 300 Soldaten,<lb/> Pionire, übergegangen und haben sich der academischen Legion<lb/> zur Verfügung gestellt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Grätz 10. October. ( C. Bl. a. B. ) Ueber Wien ist man<lb/> gänzlich im Dunkeln. Für den Augenblick glaubt man zu wissen,<lb/> im Rücken <hi rendition="#g">Jellachichs</hi> seyen 30,000 magyarische Bauern auf-<lb/><cb n="2"/> gestanden, welche jedoch der junge <hi rendition="#g">Nugent</hi> mit croatischen und<lb/> serbischen Guerillas in Schach halte, die Hauptmasse der Serben<lb/> unter Stanimirovi <hi rendition="#aq">é</hi> bewege sich gegen Pesth, die Tschaikiften,<lb/> Walachen und Deutschbanater seyen für die croatische Sache auf-<lb/> gestanden. So viel ist gewiß, daß vor einigen Tagen ungarische<lb/> Haufen bei Fürstenfeld in Steiermark einzudringen versuchten, je-<lb/> doch von einer Abtheilung des Regiments Wimpffen zurückgewor-<lb/> fen wurden. Dieses Regiment ist ein italienisches und hat das<lb/> Mißtrauen, welches man gegen dasselbe hegte, sofern es gegen<lb/> die Volksklasse oder gegen magyarische Truppen verwendet wür-<lb/> de, in einer Beziehung widerlegt. Die Gasthäuser sind hier von<lb/> flüchtigen Wienern voll; auch an magyaromanischen Croaten fehlt<lb/> es hier nicht. — Wir haben nun eine österreichische Völkerwan-<lb/> derung zu erwarten, vom siebenbürgischen Osten beginnend und<lb/> Gott weiß wo stille haltend. <hi rendition="#g">Demokratie</hi> ( Anarchie ) oder<lb/><hi rendition="#g">Militärherrschaft,</hi> das ist jetzt die Frage.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Jnnsbruck 12. October. ( Volksbl. f. Tyrol. ) Der ständische<lb/> Ausschuß in Jnnsbruck und das Gubernium haben im Einver-<lb/> ständnisse mit allen Aemtern und dem Magistrate beschlossen,<lb/><hi rendition="#g">weder Commissäre noch Beschlüsse vom Reichs-<lb/> tage anzunehmen,</hi> wenn sie nicht vom Kaiser ihre Beglau-<lb/> bigung und Bestätigung erhalten. Der „Tyroler Bote“ vom 11.<lb/> October sagt: „Eben vernehmen wir, daß die <hi rendition="#g">Garnison von<lb/> Salzburg</hi> Befehl erhalten habe, in der Richtung gegen Linz<lb/> abzumarschiren.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Berlin 15. October. ( Fr. J. ) Der König ist heute Morgen<lb/> von Potsdam hier eingetroffen und in einer offenen Chaise mit<lb/> seiner Gemahlin <hi rendition="#g">unter dem Jubel des Volks</hi> die Linden<lb/> entlang gefahren. Dem königlichen Wagen folgten die der Prin-<lb/> zen und des Hofstaates. Nachdem Se. Maj. im Dome dem Got-<lb/> tesdienst beigewohnt hat, in der Kirche selbst mit den lebhaftesten<lb/> Freuden=Aeußerungen begrüßt worden war, haben dieselben die<lb/> Deputationen der Nationalversammlung, der Bürgerwehr und<lb/> die der städtischen Behörden im Schloß Bellevue empfangen,<lb/> welche dann zur königlichen Tafel gezogen wurden. Die verschie-<lb/> denen Regimenter beabsichtigen ihre Kasernen heute Abend zu il-<lb/> luminiren. Die Stadtbehörden, welche Ruhestörungen befürchten,<lb/> haben deshalb heute Morgen Berathung gepflogen und sind mit<lb/> den betreffenden Commandanturen, um die Jllumination zu ver-<lb/> hindern, in Einvernehmen getreten. [ Wie es heißt, wollen die<lb/> democratischen Vereine jetzt den König von Preußen als Friedrich<lb/> Wilhelm von Hohenzollern zum deutschen Kaiser ausrufen. Da-<lb/> her vielleicht dieser plötzliche Jubel des Volkes! ] </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <p>Königsberg 12. October. 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Aus einer Erklärung<lb/> der Redaction des Mainzer Journals vom 2. October erfuhr ich,<lb/> daß meine Correspondenzen aus Alzey von den bekannten „ Män-<lb/> nern des Volkes“ als unwahr bezüchtigt wurden. Nun aber<lb/> beruht Alles, was ich berichtet, auf Wahrnehmungen von That-<lb/> sachen, die nicht weggeläugnet werden können. Mit der Bear-<lb/> beitung eines Commentars zu meinen Correspondenzen brauchte<lb/> ich mich um so weniger zu eilen, da ich überzeugt war, daß die<lb/> Dinge eine andere Wendung nehmen müßten, daß das Herum-<lb/> gehen mit geschliffenen Messern auf der Straße, wie wir es an<lb/> dem Tage, an welchem die Republik in Alzey ausgerufen und die<lb/> Blutfahne aufgepflanzt wurde, ich muß es gestehen, nicht ohne<lb/> bange Besorgniß für die Zukunft sahen, zu einer baldigen Ent-<lb/> scheidung führen mußte. Den verlangten Commentar haben nun<lb/> jene Herren selbst geliefert, sie haben durch ihre Flucht die Wahr-<lb/> heit meiner Berichte anerkannt, nicht in Worten, weil der Art<lb/> Leute zu feig sind, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, sondern<lb/> durch die That. Sie werden wissen, wo sie der Schuh drückt, der<lb/> Herr <hi rendition="#g">Gins</hi> und der Herr <hi rendition="#g">Haas</hi> nämlich, und mit ihnen noch<lb/> einige Andere, zu unbedeutend, um auf eine nähere Bekanntschaft<lb/> ihrer Person einzugehen. Die größte Feigheit dieser Menschen<lb/> liegt aber darin, daß sie sich noch auf das Zeugniß der Gerichte<lb/> berufen; wir haben hier in der Pfalz in Hinsicht der Autorität<lb/> der Gerichte unsere ganz eigene Erfahrungen. Vor denselben er-<lb/> blickt man gegenwärtig nur selten andere Personen als Jsraeliten<lb/> und arme Bauern; für diese hat der Gerichtszustand bis gegen-<lb/><cb type="end"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0003]
chieden von sich jeden Traktat mit der Camarilla und ihren
eidbrüchigen Söldnern, bekennt sich aber vor Gott und der Welt
zum tiefverpflichteten Freunde, treuen Bundesgenossen und
Bruder der österreichischen Nationen, und erklärt sich unwandel-
bar geneigt, die gegenseitigen Jnteressen zur beiderseitigen
Zufriedenheit auf der breitesten Basis des Rechtes, der Billigkeit
und der treuen Bruderliebe regeln zu wollen, und bietet hierzu
ihre treue Bruderhand. Ungarn erklärt zugleich seinen wärm-
sten Dank der hohen Reichsversammlung für die kräftigen
Maßregeln zur Verhinderung des Anmarsches von einer
reactionären Soldateska, bestimmt, die räuberischen Hor-
den Jellachichs zu unterstützen; findet sich aber auch zugleich
veranlaßt, die hohe Reichsversammlung zu benachrichtigen,
daß die ungarische Regierung Kunde bekommen habe, daß
trotz der vorbemerkten Maßregeln dem Empörer Jellachich es
doch gelungen sey, gegen 13,000 Mann Verstärkung aus Oester-
reich an sich zu ziehen, und daß unserem armen, verrathenen Va-
terlande auch von dem in Galizien stationirten Militär eine Jn-
vasion droht. Die ungarische Nation ersucht die edlen Vertreter
Oesterreichs, hiegegen kräftig einschreiten zu wollen, und so, wie
wir jeden Ungar für einen Landesverräther erklären, der seine
unheilige Hand gegen die Freiheit Oesterreichs erhebt, ebenso je-
den Unterthan der österreichischen Monarchie für einen Landes-
verräther zu erklären, der dem Empörer Jellachich, dem eid-
brüchigen Werkzeuge, das sich die Camarilla zur Unterdrückung
der Freiheit Oesterreichs und Ungarns auserlesen, die mindeste
Unterstützung gewähren würde. Der Empörer Jellachich treibt
seine Horden mit Kartätschen in den Kampf gegen die Freiheit.
Es ist höchst wahrscheinlich, daß er, von unseren tapferen
Truppen gedrängt, seine räuberischen Horden auf das Gebiet
Oesterreichs wirft und wo möglich selbst Wien zu bedrohen beab-
sichtigt. Die ungarische Nation ist fest überzengt, daß er in die-
sem Falle unter dem Racheschwerte der Freiheitssöhnen Oester-
reichs unrettbar fallen wird; doch erachtet es die ungarische Na-
tion für ihre heiligste Pflicht der Dankbarkeit gegen Wien und
Oesterreich, in diesem Falle Jellachich nachzujagen und in dem
Werke seiner wohlverdienten Vernichtung das edle Volk Oester-
reichs zu unterstützen. Darum haben die Repräsentanten der un-
garischen Nation den Befehl an die ungarische Armee ertheilt:
Jellachich zu verfolgen, wohin er sich wenden möge. Doch be-
theuert die ungarische Nation vor Gott und der Welt, daß,
wenn ihre Truppen den fliehenden Feind nach Oesterreich zu ver-
folgen bemüßigt wären, hiermit nicht nur keine Gebietsverletz-
ung Oesterreichs beabsichtigt würde, sondern daß in diesem
Falle die ungarische Nation auch dem Triebe der Dankbarkeit
folgt, welcher ihr es zur Ehrenpflicht macht, die edlen Be-
wohner Wiens nicht ohne Unterstützung zu lassen gegen den
gemeinschaftlichen Feind. Möge die hohe Reichsversammlung
diese aufrichtig gemeinte Erklärung mit gleicher Bruderliebe
entgegennehmen. Die ungarische Nation erklärt, daß ihre
Truppen in dem nämlichen Augenblicke Halt machen und sich
nach Ungarn zurückwenden werden, wo die edeln Vertreter
des tapferen Oesterreichs dem commandirenden Generale der un-
garischen Armee die Weisung zukommen lassen, daß die Entwaff-
nung des gemeinsamen Feindes durch eigene Kräfte bewirkt und
die Mitwirkung unserer Truppen zum Siege der gemeinschaftli-
chen Freiheit nicht mehr nöthig sey. Ungarns Regierung hat die
strengsten Befehle erlassen, daß, im Falle die ungarische Armee
vorrückt, ihre Verpflegung selbst auf dem uns heiligen österreichi-
schen Boden von Ungarn aus verabfolgt und dem edeln Volke
Oesterreichs nicht die mindeste Last aufgebürdet werde. Gruß,
Hochachtung und Bruderliebe. Pesth, den 10. October 1848.
Des ungarischen Reichstages Unterhauses erster Vicepräsident.
Johann Pallfy. m. p. Oberhauses erster Vicepräsident. B.
Sigm. v. Perenj. m. p.
Wien 13. October. Nachmittags. ( L. Z. ) Nachdem zu ver-
schiedenen Malen Nachrichten gekommen waren, die Ungarn
seyen im Anmarsch, ohne daß man Gewißheit davon hätte er-
halten können, wurde gestern vom Ausschuß der academischen
Legion beschlossen, eine Deputation abzusenden, welche das un-
garische Lager aufzusuchen hätte. Als man sich eben zur Abreise
anschickte, meldete das ungarische Ministerium, daß General
Moga mit 40,000 Mann nur wenige Stunden von Wien ent-
fernt stehe und mit croatischen Vorposten bereits ins Gefecht ge-
rathen. Auf diese officielle Nachricht hin unterblieb die Deputa-
tion. — Gestern Abends 7 Uhr sind abermals 300 Soldaten,
Pionire, übergegangen und haben sich der academischen Legion
zur Verfügung gestellt.
Grätz 10. October. ( C. Bl. a. B. ) Ueber Wien ist man
gänzlich im Dunkeln. Für den Augenblick glaubt man zu wissen,
im Rücken Jellachichs seyen 30,000 magyarische Bauern auf-
gestanden, welche jedoch der junge Nugent mit croatischen und
serbischen Guerillas in Schach halte, die Hauptmasse der Serben
unter Stanimirovi é bewege sich gegen Pesth, die Tschaikiften,
Walachen und Deutschbanater seyen für die croatische Sache auf-
gestanden. So viel ist gewiß, daß vor einigen Tagen ungarische
Haufen bei Fürstenfeld in Steiermark einzudringen versuchten, je-
doch von einer Abtheilung des Regiments Wimpffen zurückgewor-
fen wurden. Dieses Regiment ist ein italienisches und hat das
Mißtrauen, welches man gegen dasselbe hegte, sofern es gegen
die Volksklasse oder gegen magyarische Truppen verwendet wür-
de, in einer Beziehung widerlegt. Die Gasthäuser sind hier von
flüchtigen Wienern voll; auch an magyaromanischen Croaten fehlt
es hier nicht. — Wir haben nun eine österreichische Völkerwan-
derung zu erwarten, vom siebenbürgischen Osten beginnend und
Gott weiß wo stille haltend. Demokratie ( Anarchie ) oder
Militärherrschaft, das ist jetzt die Frage.
Jnnsbruck 12. October. ( Volksbl. f. Tyrol. ) Der ständische
Ausschuß in Jnnsbruck und das Gubernium haben im Einver-
ständnisse mit allen Aemtern und dem Magistrate beschlossen,
weder Commissäre noch Beschlüsse vom Reichs-
tage anzunehmen, wenn sie nicht vom Kaiser ihre Beglau-
bigung und Bestätigung erhalten. Der „Tyroler Bote“ vom 11.
October sagt: „Eben vernehmen wir, daß die Garnison von
Salzburg Befehl erhalten habe, in der Richtung gegen Linz
abzumarschiren.“
Berlin 15. October. ( Fr. J. ) Der König ist heute Morgen
von Potsdam hier eingetroffen und in einer offenen Chaise mit
seiner Gemahlin unter dem Jubel des Volks die Linden
entlang gefahren. Dem königlichen Wagen folgten die der Prin-
zen und des Hofstaates. Nachdem Se. Maj. im Dome dem Got-
tesdienst beigewohnt hat, in der Kirche selbst mit den lebhaftesten
Freuden=Aeußerungen begrüßt worden war, haben dieselben die
Deputationen der Nationalversammlung, der Bürgerwehr und
die der städtischen Behörden im Schloß Bellevue empfangen,
welche dann zur königlichen Tafel gezogen wurden. Die verschie-
denen Regimenter beabsichtigen ihre Kasernen heute Abend zu il-
luminiren. Die Stadtbehörden, welche Ruhestörungen befürchten,
haben deshalb heute Morgen Berathung gepflogen und sind mit
den betreffenden Commandanturen, um die Jllumination zu ver-
hindern, in Einvernehmen getreten. [ Wie es heißt, wollen die
democratischen Vereine jetzt den König von Preußen als Friedrich
Wilhelm von Hohenzollern zum deutschen Kaiser ausrufen. Da-
her vielleicht dieser plötzliche Jubel des Volkes! ]
Königsberg 12. October. Auch Dr. Rupp ist an der Cho-
lera gestorben; seine Gemeinde wird sich nach seinem Tode schwer-
lich lange das Leben fristen.
München 15. October. ( A. Z. ) Allgemeines Stadtgespräch
bilden seit gestern Gerüchte über folgende Veränderungen in
den Ministerien: das Staatsministerium für Kirchen= und Schul-
angelegenheiten werde wieder als Section dem Ministerium des
Jnnern einverleibt, und ein Handelsministerium gegründet. Bei
dieser Gelegenheit trete angeblich Frhr. v. Thon=Dittmer
aus dem Ministerium aus, Frhr. v. Lerchenfeld übernehme
das Portefeuille des Jnnern, das hiedurch in Erledigung kom-
mende Finanzministerium werde an Director Bever übertragen.
== Aus Rheinhessen 16. October. Aus einer Erklärung
der Redaction des Mainzer Journals vom 2. October erfuhr ich,
daß meine Correspondenzen aus Alzey von den bekannten „ Män-
nern des Volkes“ als unwahr bezüchtigt wurden. Nun aber
beruht Alles, was ich berichtet, auf Wahrnehmungen von That-
sachen, die nicht weggeläugnet werden können. Mit der Bear-
beitung eines Commentars zu meinen Correspondenzen brauchte
ich mich um so weniger zu eilen, da ich überzeugt war, daß die
Dinge eine andere Wendung nehmen müßten, daß das Herum-
gehen mit geschliffenen Messern auf der Straße, wie wir es an
dem Tage, an welchem die Republik in Alzey ausgerufen und die
Blutfahne aufgepflanzt wurde, ich muß es gestehen, nicht ohne
bange Besorgniß für die Zukunft sahen, zu einer baldigen Ent-
scheidung führen mußte. Den verlangten Commentar haben nun
jene Herren selbst geliefert, sie haben durch ihre Flucht die Wahr-
heit meiner Berichte anerkannt, nicht in Worten, weil der Art
Leute zu feig sind, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, sondern
durch die That. Sie werden wissen, wo sie der Schuh drückt, der
Herr Gins und der Herr Haas nämlich, und mit ihnen noch
einige Andere, zu unbedeutend, um auf eine nähere Bekanntschaft
ihrer Person einzugehen. Die größte Feigheit dieser Menschen
liegt aber darin, daß sie sich noch auf das Zeugniß der Gerichte
berufen; wir haben hier in der Pfalz in Hinsicht der Autorität
der Gerichte unsere ganz eigene Erfahrungen. Vor denselben er-
blickt man gegenwärtig nur selten andere Personen als Jsraeliten
und arme Bauern; für diese hat der Gerichtszustand bis gegen-
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