Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 134. Mainz, 9. November 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Beckeraths in Tausenden von Abdrücken durch die preußischen
Abgeordneten in die Provinzen geschickt.

Oesterreichische Monarchie.

Agram 28. October. Jm Auftrage des Banus wird soeben
von Seite des croatisch=slavonischen Generalcommando bei allen
slavonischen und croatischen Grenzregimentern gegen die Aufwieg-
ler, welche das Volk zum Abfalle verleiten und auch in der Grenze
für die magyarischen Rebellen Sympathieen erwecken wollen, das
Standrecht publicirt. ( Agramer Ztg. )

Schweiz.

Bern. Heute den 6. November wurde die neue Bundesver-
sammlung ( Nationalrath und Ständerath ) festlich eröffnet.

Freiburg. Ueber den angeblichen großen Verschwörungs-
plan bemerkt der Courier Suisse: Einerseits sehen wir ein Land,
wo die Bürger aller ihrer Rechte beraubt sind, wo Confiscatio-
nen im großartigsten Maßstabe vor sich gehen, wo in einem
Bezirke von 21,000 Seelen der radicale Candidat mit 88 Stim-
men gewählt wird, wo die Regierung nur von fremden Bajo-
netten zu sprechen weiß, andererseits zwei Jnsurrectionscolonnen,
deren stärkste keine 200 Mann stark ist, und die beim ersten An-
stoße sich zerstreuen. Es ist hieraus zu schließen, daß die einfluß-
reichen Männer des Cantons die Bewegung nicht begünstigt,
sondern nach Kräften gehindert haben. Warum aber erfolgte
dennoch der Ausbruch? Wenn das Uebermaß der Leiden des
Volkes zur Antwort nicht genügt, so frage man, wem die Bewe-
gung Vortheil bringen konnte? -- Das Wort "Pfaffencomplott"
wirkt ja so zauberisch auf das leichtgläubige Schweizervolk!

Waadt. Der Courier Suisse erzählt: Nachzügler einer
Reservecompagnie haben im Freiburgischen auf einen 82jährigen
Greis, der ruhig vor seiner Hausthüre, 70 Schritte von der
Straße, war, angelegt, mehrer Kugeln flogen vorbei, eine ging
durch Hand und Schenkel: der Getroffene dürfte seiner Wunde
erliegen. Nicht von Rothmäntlern des Banus Jellachich nach
wuthaufregendem entmenschendem Kampfe wird solches erzählt,
sondern von sogenannten lieben Eidgenossen aus Waadt in einem
Feldzuge, wobei sonst kein Schuß fiel.

Jtalien.

Mailand 3. November. Armeebefehl. Soldaten! Jch
gab euch bekannt, daß verabscheuungswürdige Gräuelscenen die
Straßen Wiens besudelten, daß unser Kaiser genöthigt ward, aus
der Burg seiner Väter zu fliehen. Wien -- das einst so treue,
von seinem Monarchen so geliebte und begünstigte Wien, an dessen
Wällen die Macht des Orientes sich brach, das die Christenheit
rettete, hatte -- verleitet durch fremde Eindringlinge und Aben-
teurer aller Nationen, durch fremdes Geld verführt, die Fahne der
Empörung aufgepflanzt. Der Kaiser sah sich genöthigt, ein mäch-
tiges Heer zusammenzuziehen, denn es galt die Erhaltung des
Thrones und der Monarchie. Die Stimme des Friedens ver-
hallte, die angebotene Versöhnung ward zurückgewiesen. Un-
sere tapferen Waffengefährten unter den Befehlen des Feldmar-
schals Fürsten Windischgrätz haben am 29. October, nach einem
neunstündigen Barricadengefechte, alle Vorstädte erobert, die Em-
pörer in die Stadt zurückgedrängt. Jn Folge dieses Sieges hat
sich Wien unbedingt unterworfen. Soldaten! Bürgerkrieg ist ein
großes Unglück, aber das schrecklichste aller Uebel ist
Anarchie.
Wenn die Gesetze keine Geltung mehr haben, wenn
Blut die Altäre Gottes befleckt, wenn die Bande der Familie zer-
rissen sind, Laster und Jmmoralität frei das Haupt erheben und
mit frecher Stirn in den Straßen der Städte einhergehen, dann
ist es Zeit, mit Waffengewalt die Menschheit vom
Rande des Verderbens zurückzuhalten.
Das war der
Fall in Wien. Die Empörung ist besiegt, und die freisinnigen
Jnstitutionen, die der Kaiser mit beispielloser Güte seinen Völkern
verlieh, werden nun segenbringend emporblühen können. Gelüstet
es unsrer Jugend nach Thaten der Waffen, dann eile sie dorthin,
wo auswärtige Feinde die Grenze des Vaterlandes bedrohen;
dort wird sie ihr Blut rühmlicher verspritzen können, wie in den
Reihen der Empörer. Radetzky, m. p. Feldmarschal.

Toscana. Das neue radicale Ministerium ist nun wirklich
beisammen: Montanelli Ministerpräsident und Minister des
Auswärtigen; Guerazzi des Jnnern; Mazzoni der Justiz, der
Gnaden und geistlichen Angelegenheiten; Mariano d'Ayala des
Krieges; Adami der Finanzen, des Handels und der öffentlichen
Arbeiten; Franchini des öffentlichen Unterrichtes und der Wohl-
thätigkeit.

[Spaltenumbruch]
Rußland.

Der "russische Jnvalide" meldet, daß der Kaiser durch einen
Ukas vom 30. September den Ordens=Capiteln die Ernennung
der österreichischen Feldmarschal=Lieutenants Wratislaw,
d'Aspre
und Heß zu Georgs=Rittern 4. Classe mit dem Be-
merken angezeigt habe, daß es zur Belohnung dienen solle für
ihre glänzende Tapferkeit in den Schlachten von Sommacampagna
und Custozza.

Die heute fälligen Pariser Blätter und Briefe sind ausge-
blieben.



Eingesandt.

Mainz 8. November. Wir sind in der Lage, in Nachstehen-
dem eine Probe mitzutheilen, wie die "Mainzer Zeitung" Unpar-
teilichkeit übt und einer honetten Haltung sich befleißiget. Jn Nro.
294. brachte sie folgenden Artikel:

" Mainz 3. November. Jn der Gemeinde Finthen hat sich bekannt-
lich vor einigen Wochen ein demokratischer Verein gebildet, welcher
schon im Entstehen an 80 Mitglieder zählte. Der dortige katholische
Pfarrer Autsch aber will durchaus die Demokratie in seinem Pfarr-
sprengel nicht dulden. Während die Demokratie die Bruderliebe und
Vereinbarung aller Menschen an die Spitze ihrer einfachen Grundsätze
stellt, streut der Pfarrer Autsch den Samen der Zwietracht in seinem
Kirchsprengel aus und scheint sogar Lust zu haben, mit dem Fanatis-
mus des Mittelalters zu einem wahren Kreuzzuge der Gewalt gegen
die Anhänger der Demokratie auffordern zu wollen. Am Allerheiligen-
tage hat besagter Pfarrer von der Kanzel herunter den Fluch der Kirche
über das Haus geschleudert, worin die Demokraten, welche er reißende
Wölfe nannte, ihre Versammlung abhalten. Ja in einer gestern in
Finthen stattgehabten Bürgerversammlung hat derselbe Pfarrer das
Volk aufgefordert, ihn gegen die Fremden, welche nach Finthen kamen,
um die Grundsätze der Demokratie zu verbreiten, zu unterstützen und
dieselben zu steinigen! Jst dieser Priester ein Wahnsinniger? Geist
der christlichen Moral und der Bruderliebe, was sagst du zu diesem
Diener Gottes? Kann das Gesetz es dulden, wenn man öffentlich zu
einem grausamen Morde durch Steinigung auffordert?"

Darauf hin erließ der Vorstand der Gemeinde Finthen folgen-
des Schreiben:

"An die Redaction der Mainzer Zeitung. Der unter nach-
stehendem Artikel unterzeichnete Vorstand der Gemeinde Finthen
ersucht hiemit die Redaction der Mainzer Zeitung, nachstehende
Erklärung in ihr nächstes Blatt vollständig und in der Weise auf-
zunehmen, wie der gerügte Artikel, datirt Mainz 3. November, in
ihre Zeitung aufgenommen wurde.

Finthen bei Mainz 6. November. Der Gesammtvorstand
der Gemeinde Finthen erklärt hiermit im Namen der gesammten
hiesigen Gemeinde den in Nro. 294. der Mainzer Zeitung, datirt
Mainz 3. November, letzthin erschienenen, gegen unsern Pfarrer
gerichteten Artikel vom Anfange bis zum Ende für eine boshafte,
schändliche, die ganze Gemeinde tief empörende Lüge, und den
Verfasser desselben für einen niederträchtigen, ehrlosen Verläum-
der. Zugleich setzen die Unterzeichneten hiermit eine Belohnung
von 50 fl. für Jeden aus, der die Wahrheit auch nur einer
Beschuldigung des gerügten Artikels erhärten kann. -- Der Vor-
stand der Gemeinde Finthen: Schmitt, Bürgermeister. Se-
bastian Schmitt
II., Adjunct. Peter Schmitt. G. Knab.
Joh. Kraft. Philipp Mohl. Christian Weil.
"

Die Aufnahme wurde verweigert, und zwar aus Gründen,
die in nachfolgendem Briefe entwickelt sind.

    " Mainz, den 6. November.

An Einen verehrlichen Vorstand der Gemeinde Finthen. Wir
sind bereit, wie es unsere Schuldigkeit ist, jede Reclamation gegen
persönliche Beschuldigungen aufzunehmen. Wenn wir dieselben
aber in Form von Artikeln und nicht von bloßen Jnseraten ein-
rücken, so bilden sie einen Theil der Zeitung, welche im Namen
der Redaction geführt wird. Von solchen Artikeln muß daher
auch die Redaction verlangen, daß sie in derjenigen Ausdrucks-
weise und Haltung abgefaßt seyen, nach denen sie ihr Blatt über-
haupt führt. Worte, wie "niederträchtiger Lügner" u. dergl.
m. passen nicht in die Spalten einer Zeitung nach unserer un-
maßgeblichen Ansicht. Wir bitten Sie daher, Jhre Reclamation
in solchen Ausdrücken abzufassen, welche zwar durchaus Jhre
Zurückweisung einer Verläumdung, nicht aber in der bezeichneten
Weise aussprechen. Wir sind alsdann gerne zur Aufnahme be-
reit. Hochachtungsvoll die Redaction, Bamberger. "

Wer die Sprache kennt, welche die Mainzer Zeitung seit Mo-
naten gegen die ausgezeichnetsten Männer Deutschlands führt, wird
staunen, wie sie auf einmal zu einem so außerordentlichen Zartge-
fühle gekommen, daß sie schonende Ausdrücke verlangt gegen den
Verfasser eines Artikels, worin ein Geistlicher als ein Wahn-
sinniger
und Mordanstifter bezeichnet wird!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] Beckeraths in Tausenden von Abdrücken durch die preußischen
Abgeordneten in die Provinzen geschickt.

Oesterreichische Monarchie.

Agram 28. October. Jm Auftrage des Banus wird soeben
von Seite des croatisch=slavonischen Generalcommando bei allen
slavonischen und croatischen Grenzregimentern gegen die Aufwieg-
ler, welche das Volk zum Abfalle verleiten und auch in der Grenze
für die magyarischen Rebellen Sympathieen erwecken wollen, das
Standrecht publicirt. ( Agramer Ztg. )

Schweiz.

Bern. Heute den 6. November wurde die neue Bundesver-
sammlung ( Nationalrath und Ständerath ) festlich eröffnet.

Freiburg. Ueber den angeblichen großen Verschwörungs-
plan bemerkt der Courier Suisse: Einerseits sehen wir ein Land,
wo die Bürger aller ihrer Rechte beraubt sind, wo Confiscatio-
nen im großartigsten Maßstabe vor sich gehen, wo in einem
Bezirke von 21,000 Seelen der radicale Candidat mit 88 Stim-
men gewählt wird, wo die Regierung nur von fremden Bajo-
netten zu sprechen weiß, andererseits zwei Jnsurrectionscolonnen,
deren stärkste keine 200 Mann stark ist, und die beim ersten An-
stoße sich zerstreuen. Es ist hieraus zu schließen, daß die einfluß-
reichen Männer des Cantons die Bewegung nicht begünstigt,
sondern nach Kräften gehindert haben. Warum aber erfolgte
dennoch der Ausbruch? Wenn das Uebermaß der Leiden des
Volkes zur Antwort nicht genügt, so frage man, wem die Bewe-
gung Vortheil bringen konnte? — Das Wort „Pfaffencomplott“
wirkt ja so zauberisch auf das leichtgläubige Schweizervolk!

Waadt. Der Courier Suisse erzählt: Nachzügler einer
Reservecompagnie haben im Freiburgischen auf einen 82jährigen
Greis, der ruhig vor seiner Hausthüre, 70 Schritte von der
Straße, war, angelegt, mehrer Kugeln flogen vorbei, eine ging
durch Hand und Schenkel: der Getroffene dürfte seiner Wunde
erliegen. Nicht von Rothmäntlern des Banus Jellachich nach
wuthaufregendem entmenschendem Kampfe wird solches erzählt,
sondern von sogenannten lieben Eidgenossen aus Waadt in einem
Feldzuge, wobei sonst kein Schuß fiel.

Jtalien.

Mailand 3. November. Armeebefehl. Soldaten! Jch
gab euch bekannt, daß verabscheuungswürdige Gräuelscenen die
Straßen Wiens besudelten, daß unser Kaiser genöthigt ward, aus
der Burg seiner Väter zu fliehen. Wien — das einst so treue,
von seinem Monarchen so geliebte und begünstigte Wien, an dessen
Wällen die Macht des Orientes sich brach, das die Christenheit
rettete, hatte — verleitet durch fremde Eindringlinge und Aben-
teurer aller Nationen, durch fremdes Geld verführt, die Fahne der
Empörung aufgepflanzt. Der Kaiser sah sich genöthigt, ein mäch-
tiges Heer zusammenzuziehen, denn es galt die Erhaltung des
Thrones und der Monarchie. Die Stimme des Friedens ver-
hallte, die angebotene Versöhnung ward zurückgewiesen. Un-
sere tapferen Waffengefährten unter den Befehlen des Feldmar-
schals Fürsten Windischgrätz haben am 29. October, nach einem
neunstündigen Barricadengefechte, alle Vorstädte erobert, die Em-
pörer in die Stadt zurückgedrängt. Jn Folge dieses Sieges hat
sich Wien unbedingt unterworfen. Soldaten! Bürgerkrieg ist ein
großes Unglück, aber das schrecklichste aller Uebel ist
Anarchie.
Wenn die Gesetze keine Geltung mehr haben, wenn
Blut die Altäre Gottes befleckt, wenn die Bande der Familie zer-
rissen sind, Laster und Jmmoralität frei das Haupt erheben und
mit frecher Stirn in den Straßen der Städte einhergehen, dann
ist es Zeit, mit Waffengewalt die Menschheit vom
Rande des Verderbens zurückzuhalten.
Das war der
Fall in Wien. Die Empörung ist besiegt, und die freisinnigen
Jnstitutionen, die der Kaiser mit beispielloser Güte seinen Völkern
verlieh, werden nun segenbringend emporblühen können. Gelüstet
es unsrer Jugend nach Thaten der Waffen, dann eile sie dorthin,
wo auswärtige Feinde die Grenze des Vaterlandes bedrohen;
dort wird sie ihr Blut rühmlicher verspritzen können, wie in den
Reihen der Empörer. Radetzky, m. p. Feldmarschal.

Toscana. Das neue radicale Ministerium ist nun wirklich
beisammen: Montanelli Ministerpräsident und Minister des
Auswärtigen; Guerazzi des Jnnern; Mazzoni der Justiz, der
Gnaden und geistlichen Angelegenheiten; Mariano d'Ayala des
Krieges; Adami der Finanzen, des Handels und der öffentlichen
Arbeiten; Franchini des öffentlichen Unterrichtes und der Wohl-
thätigkeit.

[Spaltenumbruch]
Rußland.

Der „russische Jnvalide“ meldet, daß der Kaiser durch einen
Ukas vom 30. September den Ordens=Capiteln die Ernennung
der österreichischen Feldmarschal=Lieutenants Wratislaw,
d'Aspre
und Heß zu Georgs=Rittern 4. Classe mit dem Be-
merken angezeigt habe, daß es zur Belohnung dienen solle für
ihre glänzende Tapferkeit in den Schlachten von Sommacampagna
und Custozza.

Die heute fälligen Pariser Blätter und Briefe sind ausge-
blieben.



Eingesandt.

Mainz 8. November. Wir sind in der Lage, in Nachstehen-
dem eine Probe mitzutheilen, wie die „Mainzer Zeitung“ Unpar-
teilichkeit übt und einer honetten Haltung sich befleißiget. Jn Nro.
294. brachte sie folgenden Artikel:

Mainz 3. November. Jn der Gemeinde Finthen hat sich bekannt-
lich vor einigen Wochen ein demokratischer Verein gebildet, welcher
schon im Entstehen an 80 Mitglieder zählte. Der dortige katholische
Pfarrer Autsch aber will durchaus die Demokratie in seinem Pfarr-
sprengel nicht dulden. Während die Demokratie die Bruderliebe und
Vereinbarung aller Menschen an die Spitze ihrer einfachen Grundsätze
stellt, streut der Pfarrer Autsch den Samen der Zwietracht in seinem
Kirchsprengel aus und scheint sogar Lust zu haben, mit dem Fanatis-
mus des Mittelalters zu einem wahren Kreuzzuge der Gewalt gegen
die Anhänger der Demokratie auffordern zu wollen. Am Allerheiligen-
tage hat besagter Pfarrer von der Kanzel herunter den Fluch der Kirche
über das Haus geschleudert, worin die Demokraten, welche er reißende
Wölfe nannte, ihre Versammlung abhalten. Ja in einer gestern in
Finthen stattgehabten Bürgerversammlung hat derselbe Pfarrer das
Volk aufgefordert, ihn gegen die Fremden, welche nach Finthen kamen,
um die Grundsätze der Demokratie zu verbreiten, zu unterstützen und
dieselben zu steinigen! Jst dieser Priester ein Wahnsinniger? Geist
der christlichen Moral und der Bruderliebe, was sagst du zu diesem
Diener Gottes? Kann das Gesetz es dulden, wenn man öffentlich zu
einem grausamen Morde durch Steinigung auffordert?“

Darauf hin erließ der Vorstand der Gemeinde Finthen folgen-
des Schreiben:

„An die Redaction der Mainzer Zeitung. Der unter nach-
stehendem Artikel unterzeichnete Vorstand der Gemeinde Finthen
ersucht hiemit die Redaction der Mainzer Zeitung, nachstehende
Erklärung in ihr nächstes Blatt vollständig und in der Weise auf-
zunehmen, wie der gerügte Artikel, datirt Mainz 3. November, in
ihre Zeitung aufgenommen wurde.

Finthen bei Mainz 6. November. Der Gesammtvorstand
der Gemeinde Finthen erklärt hiermit im Namen der gesammten
hiesigen Gemeinde den in Nro. 294. der Mainzer Zeitung, datirt
Mainz 3. November, letzthin erschienenen, gegen unsern Pfarrer
gerichteten Artikel vom Anfange bis zum Ende für eine boshafte,
schändliche, die ganze Gemeinde tief empörende Lüge, und den
Verfasser desselben für einen niederträchtigen, ehrlosen Verläum-
der. Zugleich setzen die Unterzeichneten hiermit eine Belohnung
von 50 fl. für Jeden aus, der die Wahrheit auch nur einer
Beschuldigung des gerügten Artikels erhärten kann. — Der Vor-
stand der Gemeinde Finthen: Schmitt, Bürgermeister. Se-
bastian Schmitt
II., Adjunct. Peter Schmitt. G. Knab.
Joh. Kraft. Philipp Mohl. Christian Weil.

Die Aufnahme wurde verweigert, und zwar aus Gründen,
die in nachfolgendem Briefe entwickelt sind.

    „ Mainz, den 6. November.

An Einen verehrlichen Vorstand der Gemeinde Finthen. Wir
sind bereit, wie es unsere Schuldigkeit ist, jede Reclamation gegen
persönliche Beschuldigungen aufzunehmen. Wenn wir dieselben
aber in Form von Artikeln und nicht von bloßen Jnseraten ein-
rücken, so bilden sie einen Theil der Zeitung, welche im Namen
der Redaction geführt wird. Von solchen Artikeln muß daher
auch die Redaction verlangen, daß sie in derjenigen Ausdrucks-
weise und Haltung abgefaßt seyen, nach denen sie ihr Blatt über-
haupt führt. Worte, wie „niederträchtiger Lügner“ u. dergl.
m. passen nicht in die Spalten einer Zeitung nach unserer un-
maßgeblichen Ansicht. Wir bitten Sie daher, Jhre Reclamation
in solchen Ausdrücken abzufassen, welche zwar durchaus Jhre
Zurückweisung einer Verläumdung, nicht aber in der bezeichneten
Weise aussprechen. Wir sind alsdann gerne zur Aufnahme be-
reit. Hochachtungsvoll die Redaction, Bamberger.

Wer die Sprache kennt, welche die Mainzer Zeitung seit Mo-
naten gegen die ausgezeichnetsten Männer Deutschlands führt, wird
staunen, wie sie auf einmal zu einem so außerordentlichen Zartge-
fühle gekommen, daß sie schonende Ausdrücke verlangt gegen den
Verfasser eines Artikels, worin ein Geistlicher als ein Wahn-
sinniger
und Mordanstifter bezeichnet wird!

[Ende Spaltensatz]

Redacteur Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0004"/><cb type="start"/>
Beckeraths in Tausenden von Abdrücken durch die preußischen<lb/>
Abgeordneten in die Provinzen geschickt.</p>
        </div><lb/>
        <note type="editorial">Die Fortsetzung der politischen Nachrichten finden unsere Leser<lb/>
in der Nachlese der &#x201E;Rheinischen Blätter.&#x201C;</note>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Oesterreichische Monarchie.</head><lb/>
        <p>Agram 28. October. Jm Auftrage des Banus wird soeben<lb/>
von Seite des croatisch=slavonischen Generalcommando bei allen<lb/>
slavonischen und croatischen Grenzregimentern gegen die Aufwieg-<lb/>
ler, welche das Volk zum Abfalle verleiten und auch in der Grenze<lb/>
für die magyarischen Rebellen Sympathieen erwecken wollen, das<lb/>
Standrecht publicirt. <hi rendition="#right">( Agramer Ztg. )</hi> </p><lb/>
      </div>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Schweiz.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Bern. Heute den 6. November wurde die neue Bundesver-<lb/>
sammlung ( Nationalrath und Ständerath ) festlich eröffnet.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Freiburg. Ueber den angeblichen großen Verschwörungs-<lb/>
plan bemerkt der Courier Suisse: Einerseits sehen wir ein Land,<lb/>
wo die Bürger aller ihrer Rechte beraubt sind, wo Confiscatio-<lb/>
nen im großartigsten Maßstabe vor sich gehen, wo in einem<lb/>
Bezirke von 21,000 Seelen der radicale Candidat mit 88 Stim-<lb/>
men gewählt wird, wo die Regierung nur von fremden Bajo-<lb/>
netten zu sprechen weiß, andererseits zwei Jnsurrectionscolonnen,<lb/>
deren stärkste keine 200 Mann stark ist, und die beim ersten An-<lb/>
stoße sich zerstreuen. Es ist hieraus zu schließen, daß die einfluß-<lb/>
reichen Männer des Cantons die Bewegung nicht begünstigt,<lb/>
sondern nach Kräften gehindert haben. Warum aber erfolgte<lb/>
dennoch der Ausbruch? Wenn das Uebermaß der Leiden des<lb/>
Volkes zur Antwort nicht genügt, so frage man, wem die Bewe-<lb/>
gung Vortheil bringen konnte? &#x2014; Das Wort &#x201E;Pfaffencomplott&#x201C;<lb/>
wirkt ja so zauberisch auf das leichtgläubige Schweizervolk!</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Waadt. Der Courier Suisse erzählt: Nachzügler einer<lb/>
Reservecompagnie haben im Freiburgischen auf einen 82jährigen<lb/>
Greis, der ruhig vor seiner Hausthüre, 70 Schritte von der<lb/>
Straße, war, angelegt, mehrer Kugeln flogen vorbei, eine ging<lb/>
durch Hand und Schenkel: der Getroffene dürfte seiner Wunde<lb/>
erliegen. Nicht von Rothmäntlern des Banus Jellachich nach<lb/>
wuthaufregendem entmenschendem Kampfe wird solches erzählt,<lb/>
sondern von sogenannten lieben Eidgenossen aus Waadt in einem<lb/>
Feldzuge, wobei sonst kein Schuß fiel.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Jtalien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Mailand 3. November. <hi rendition="#g">Armeebefehl.</hi> Soldaten! Jch<lb/>
gab euch bekannt, daß verabscheuungswürdige Gräuelscenen die<lb/>
Straßen Wiens besudelten, daß unser Kaiser genöthigt ward, aus<lb/>
der Burg seiner Väter zu fliehen. Wien &#x2014; das einst so treue,<lb/>
von seinem Monarchen so geliebte und begünstigte Wien, an dessen<lb/>
Wällen die Macht des Orientes sich brach, das die Christenheit<lb/>
rettete, hatte &#x2014; verleitet durch fremde Eindringlinge und Aben-<lb/>
teurer aller Nationen, durch fremdes Geld verführt, die Fahne der<lb/>
Empörung aufgepflanzt. Der Kaiser sah sich genöthigt, ein mäch-<lb/>
tiges Heer zusammenzuziehen, denn es galt die Erhaltung des<lb/>
Thrones und der Monarchie. Die Stimme des Friedens ver-<lb/>
hallte, die angebotene Versöhnung ward zurückgewiesen. Un-<lb/>
sere tapferen Waffengefährten unter den Befehlen des Feldmar-<lb/>
schals Fürsten Windischgrätz haben am 29. October, nach einem<lb/>
neunstündigen Barricadengefechte, alle Vorstädte erobert, die Em-<lb/>
pörer in die Stadt zurückgedrängt. Jn Folge dieses Sieges hat<lb/>
sich Wien unbedingt unterworfen. Soldaten! Bürgerkrieg ist ein<lb/>
großes Unglück, <hi rendition="#g">aber das schrecklichste aller Uebel ist<lb/>
Anarchie.</hi> Wenn die Gesetze keine Geltung mehr haben, wenn<lb/>
Blut die Altäre Gottes befleckt, wenn die Bande der Familie zer-<lb/>
rissen sind, Laster und Jmmoralität frei das Haupt erheben und<lb/>
mit frecher Stirn in den Straßen der Städte einhergehen, <hi rendition="#g">dann<lb/>
ist es Zeit, mit Waffengewalt die Menschheit vom<lb/>
Rande des Verderbens zurückzuhalten.</hi> Das war der<lb/>
Fall in Wien. Die Empörung ist besiegt, und die freisinnigen<lb/>
Jnstitutionen, die der Kaiser mit beispielloser Güte seinen Völkern<lb/>
verlieh, werden nun segenbringend emporblühen können. Gelüstet<lb/>
es unsrer Jugend nach Thaten der Waffen, dann eile sie dorthin,<lb/>
wo auswärtige Feinde die Grenze des Vaterlandes bedrohen;<lb/>
dort wird sie ihr Blut rühmlicher verspritzen können, wie in den<lb/>
Reihen der Empörer. <hi rendition="#g">Radetzky,</hi> <hi rendition="#aq">m. p</hi>. Feldmarschal.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Toscana. Das neue radicale Ministerium ist nun wirklich<lb/>
beisammen: Montanelli Ministerpräsident und Minister des<lb/>
Auswärtigen; Guerazzi des Jnnern; Mazzoni der Justiz, der<lb/>
Gnaden und geistlichen Angelegenheiten; Mariano d'Ayala des<lb/>
Krieges; Adami der Finanzen, des Handels und der öffentlichen<lb/>
Arbeiten; Franchini des öffentlichen Unterrichtes und der Wohl-<lb/>
thätigkeit.</p>
        </div><lb/>
      </div>
      <cb n="2"/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#g">Rußland.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Der &#x201E;russische Jnvalide&#x201C; meldet, daß der Kaiser durch einen<lb/>
Ukas vom 30. September den Ordens=Capiteln die Ernennung<lb/>
der österreichischen Feldmarschal=Lieutenants <hi rendition="#g">Wratislaw,<lb/>
d'Aspre</hi> und <hi rendition="#g">Heß</hi> zu Georgs=Rittern 4. Classe mit dem Be-<lb/>
merken angezeigt habe, daß es zur Belohnung dienen solle für<lb/>
ihre glänzende Tapferkeit in den Schlachten von Sommacampagna<lb/>
und Custozza.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <p>Die heute fälligen Pariser Blätter und Briefe sind ausge-<lb/>
blieben.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Eingesandt</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p>Mainz 8. November. Wir sind in der Lage, in Nachstehen-<lb/>
dem eine Probe mitzutheilen, wie die &#x201E;Mainzer Zeitung&#x201C; Unpar-<lb/>
teilichkeit übt und einer honetten Haltung sich befleißiget. Jn Nro.<lb/>
294. brachte sie folgenden Artikel:</p><lb/>
        <p>&#x201E; <hi rendition="#g">Mainz</hi> 3. November. Jn der Gemeinde Finthen hat sich bekannt-<lb/>
lich vor einigen Wochen ein demokratischer Verein gebildet, welcher<lb/>
schon im Entstehen an 80 Mitglieder zählte. Der dortige katholische<lb/>
Pfarrer <hi rendition="#g">Autsch</hi> aber will durchaus die Demokratie in seinem Pfarr-<lb/>
sprengel nicht dulden. Während die Demokratie die Bruderliebe und<lb/>
Vereinbarung aller Menschen an die Spitze ihrer einfachen Grundsätze<lb/>
stellt, streut der Pfarrer Autsch den Samen der Zwietracht in seinem<lb/>
Kirchsprengel aus und scheint sogar Lust zu haben, mit dem Fanatis-<lb/>
mus des Mittelalters zu einem wahren Kreuzzuge der Gewalt gegen<lb/>
die Anhänger der Demokratie auffordern zu wollen. Am Allerheiligen-<lb/>
tage hat besagter Pfarrer von der Kanzel herunter den Fluch der Kirche<lb/>
über das Haus geschleudert, worin die Demokraten, welche er reißende<lb/>
Wölfe nannte, ihre Versammlung abhalten. Ja in einer gestern in<lb/>
Finthen stattgehabten Bürgerversammlung hat derselbe Pfarrer das<lb/>
Volk aufgefordert, ihn gegen die Fremden, welche nach Finthen kamen,<lb/>
um die Grundsätze der Demokratie zu verbreiten, zu unterstützen und<lb/>
dieselben zu <hi rendition="#g">steinigen!</hi> Jst dieser Priester ein Wahnsinniger? Geist<lb/>
der christlichen Moral und der Bruderliebe, was sagst du zu diesem<lb/>
Diener Gottes? Kann das Gesetz es dulden, wenn man öffentlich zu<lb/>
einem grausamen Morde durch Steinigung auffordert?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Darauf hin erließ der Vorstand der Gemeinde Finthen folgen-<lb/>
des Schreiben:</p><lb/>
        <p>&#x201E;An die Redaction der Mainzer Zeitung. Der unter nach-<lb/>
stehendem Artikel unterzeichnete Vorstand der Gemeinde Finthen<lb/>
ersucht hiemit die Redaction der Mainzer Zeitung, nachstehende<lb/>
Erklärung in ihr nächstes Blatt vollständig und in der Weise auf-<lb/>
zunehmen, wie der gerügte Artikel, datirt Mainz 3. November, in<lb/>
ihre Zeitung aufgenommen wurde.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Finthen</hi> bei Mainz 6. November. Der Gesammtvorstand<lb/>
der Gemeinde Finthen erklärt hiermit im Namen der gesammten<lb/>
hiesigen Gemeinde den in Nro. 294. der Mainzer Zeitung, datirt<lb/>
Mainz 3. November, letzthin erschienenen, gegen unsern Pfarrer<lb/>
gerichteten Artikel vom Anfange bis zum Ende für eine boshafte,<lb/>
schändliche, die ganze Gemeinde tief empörende Lüge, und den<lb/>
Verfasser desselben für einen niederträchtigen, ehrlosen Verläum-<lb/>
der. Zugleich setzen die Unterzeichneten hiermit eine Belohnung<lb/>
von 50 fl. für Jeden aus, der die Wahrheit auch nur <hi rendition="#g">einer</hi><lb/>
Beschuldigung des gerügten Artikels erhärten kann. &#x2014; Der Vor-<lb/>
stand der Gemeinde Finthen: <hi rendition="#g">Schmitt,</hi> Bürgermeister. <hi rendition="#g">Se-<lb/>
bastian Schmitt</hi> <hi rendition="#aq">II</hi>., Adjunct. <hi rendition="#g">Peter Schmitt.</hi> G. <hi rendition="#g">Knab.<lb/>
Joh. Kraft. Philipp Mohl. Christian Weil.</hi> &#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Aufnahme wurde verweigert, und zwar aus Gründen,<lb/>
die in nachfolgendem Briefe entwickelt sind.</p><lb/>
        <p><space dim="horizontal"/>  &#x201E; <hi rendition="#g">Mainz,</hi> den 6. November. </p><lb/>
        <p>An Einen verehrlichen Vorstand der Gemeinde Finthen. Wir<lb/>
sind bereit, wie es unsere Schuldigkeit ist, jede Reclamation gegen<lb/>
persönliche Beschuldigungen aufzunehmen. Wenn wir dieselben<lb/>
aber in Form von Artikeln und nicht von bloßen Jnseraten ein-<lb/>
rücken, so bilden sie einen Theil der Zeitung, welche im Namen<lb/>
der Redaction geführt wird. Von solchen Artikeln muß daher<lb/>
auch die Redaction verlangen, daß sie in derjenigen Ausdrucks-<lb/>
weise und Haltung abgefaßt seyen, nach denen sie ihr Blatt über-<lb/>
haupt führt. Worte, wie &#x201E;niederträchtiger Lügner&#x201C; u. dergl.<lb/>
m. passen nicht in die Spalten einer Zeitung nach unserer un-<lb/>
maßgeblichen Ansicht. Wir bitten Sie daher, Jhre Reclamation<lb/>
in solchen Ausdrücken abzufassen, welche zwar durchaus Jhre<lb/>
Zurückweisung einer Verläumdung, nicht aber in der bezeichneten<lb/>
Weise aussprechen. Wir sind alsdann gerne zur Aufnahme be-<lb/>
reit. Hochachtungsvoll die Redaction, <hi rendition="#g">Bamberger.</hi> &#x201C;</p><lb/>
        <p>Wer die Sprache kennt, welche die Mainzer Zeitung seit Mo-<lb/>
naten gegen die ausgezeichnetsten Männer Deutschlands führt, wird<lb/>
staunen, wie sie auf einmal zu einem so außerordentlichen Zartge-<lb/>
fühle gekommen, daß sie schonende Ausdrücke verlangt gegen den<lb/>
Verfasser eines Artikels, worin ein Geistlicher als <hi rendition="#g">ein Wahn-<lb/>
sinniger</hi> und <hi rendition="#g">Mordanstifter</hi> bezeichnet wird!</p>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
    <back>
      <div type="imprint" n="1">
        <p>Redacteur Franz Sausen. &#x2014; Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. &#x2014; Druck von Florian Kupferberg.</p>
      </div><lb/>
    </back>
  </text>
</TEI>
[0004] Beckeraths in Tausenden von Abdrücken durch die preußischen Abgeordneten in die Provinzen geschickt. Oesterreichische Monarchie. Agram 28. October. Jm Auftrage des Banus wird soeben von Seite des croatisch=slavonischen Generalcommando bei allen slavonischen und croatischen Grenzregimentern gegen die Aufwieg- ler, welche das Volk zum Abfalle verleiten und auch in der Grenze für die magyarischen Rebellen Sympathieen erwecken wollen, das Standrecht publicirt. ( Agramer Ztg. ) Schweiz. Bern. Heute den 6. November wurde die neue Bundesver- sammlung ( Nationalrath und Ständerath ) festlich eröffnet. Freiburg. Ueber den angeblichen großen Verschwörungs- plan bemerkt der Courier Suisse: Einerseits sehen wir ein Land, wo die Bürger aller ihrer Rechte beraubt sind, wo Confiscatio- nen im großartigsten Maßstabe vor sich gehen, wo in einem Bezirke von 21,000 Seelen der radicale Candidat mit 88 Stim- men gewählt wird, wo die Regierung nur von fremden Bajo- netten zu sprechen weiß, andererseits zwei Jnsurrectionscolonnen, deren stärkste keine 200 Mann stark ist, und die beim ersten An- stoße sich zerstreuen. Es ist hieraus zu schließen, daß die einfluß- reichen Männer des Cantons die Bewegung nicht begünstigt, sondern nach Kräften gehindert haben. Warum aber erfolgte dennoch der Ausbruch? Wenn das Uebermaß der Leiden des Volkes zur Antwort nicht genügt, so frage man, wem die Bewe- gung Vortheil bringen konnte? — Das Wort „Pfaffencomplott“ wirkt ja so zauberisch auf das leichtgläubige Schweizervolk! Waadt. Der Courier Suisse erzählt: Nachzügler einer Reservecompagnie haben im Freiburgischen auf einen 82jährigen Greis, der ruhig vor seiner Hausthüre, 70 Schritte von der Straße, war, angelegt, mehrer Kugeln flogen vorbei, eine ging durch Hand und Schenkel: der Getroffene dürfte seiner Wunde erliegen. Nicht von Rothmäntlern des Banus Jellachich nach wuthaufregendem entmenschendem Kampfe wird solches erzählt, sondern von sogenannten lieben Eidgenossen aus Waadt in einem Feldzuge, wobei sonst kein Schuß fiel. Jtalien. Mailand 3. November. Armeebefehl. Soldaten! Jch gab euch bekannt, daß verabscheuungswürdige Gräuelscenen die Straßen Wiens besudelten, daß unser Kaiser genöthigt ward, aus der Burg seiner Väter zu fliehen. Wien — das einst so treue, von seinem Monarchen so geliebte und begünstigte Wien, an dessen Wällen die Macht des Orientes sich brach, das die Christenheit rettete, hatte — verleitet durch fremde Eindringlinge und Aben- teurer aller Nationen, durch fremdes Geld verführt, die Fahne der Empörung aufgepflanzt. Der Kaiser sah sich genöthigt, ein mäch- tiges Heer zusammenzuziehen, denn es galt die Erhaltung des Thrones und der Monarchie. Die Stimme des Friedens ver- hallte, die angebotene Versöhnung ward zurückgewiesen. Un- sere tapferen Waffengefährten unter den Befehlen des Feldmar- schals Fürsten Windischgrätz haben am 29. October, nach einem neunstündigen Barricadengefechte, alle Vorstädte erobert, die Em- pörer in die Stadt zurückgedrängt. Jn Folge dieses Sieges hat sich Wien unbedingt unterworfen. Soldaten! Bürgerkrieg ist ein großes Unglück, aber das schrecklichste aller Uebel ist Anarchie. Wenn die Gesetze keine Geltung mehr haben, wenn Blut die Altäre Gottes befleckt, wenn die Bande der Familie zer- rissen sind, Laster und Jmmoralität frei das Haupt erheben und mit frecher Stirn in den Straßen der Städte einhergehen, dann ist es Zeit, mit Waffengewalt die Menschheit vom Rande des Verderbens zurückzuhalten. Das war der Fall in Wien. Die Empörung ist besiegt, und die freisinnigen Jnstitutionen, die der Kaiser mit beispielloser Güte seinen Völkern verlieh, werden nun segenbringend emporblühen können. Gelüstet es unsrer Jugend nach Thaten der Waffen, dann eile sie dorthin, wo auswärtige Feinde die Grenze des Vaterlandes bedrohen; dort wird sie ihr Blut rühmlicher verspritzen können, wie in den Reihen der Empörer. Radetzky, m. p. Feldmarschal. Toscana. Das neue radicale Ministerium ist nun wirklich beisammen: Montanelli Ministerpräsident und Minister des Auswärtigen; Guerazzi des Jnnern; Mazzoni der Justiz, der Gnaden und geistlichen Angelegenheiten; Mariano d'Ayala des Krieges; Adami der Finanzen, des Handels und der öffentlichen Arbeiten; Franchini des öffentlichen Unterrichtes und der Wohl- thätigkeit. Rußland. Der „russische Jnvalide“ meldet, daß der Kaiser durch einen Ukas vom 30. September den Ordens=Capiteln die Ernennung der österreichischen Feldmarschal=Lieutenants Wratislaw, d'Aspre und Heß zu Georgs=Rittern 4. Classe mit dem Be- merken angezeigt habe, daß es zur Belohnung dienen solle für ihre glänzende Tapferkeit in den Schlachten von Sommacampagna und Custozza. Die heute fälligen Pariser Blätter und Briefe sind ausge- blieben. Eingesandt. Mainz 8. November. Wir sind in der Lage, in Nachstehen- dem eine Probe mitzutheilen, wie die „Mainzer Zeitung“ Unpar- teilichkeit übt und einer honetten Haltung sich befleißiget. Jn Nro. 294. brachte sie folgenden Artikel: „ Mainz 3. November. Jn der Gemeinde Finthen hat sich bekannt- lich vor einigen Wochen ein demokratischer Verein gebildet, welcher schon im Entstehen an 80 Mitglieder zählte. Der dortige katholische Pfarrer Autsch aber will durchaus die Demokratie in seinem Pfarr- sprengel nicht dulden. Während die Demokratie die Bruderliebe und Vereinbarung aller Menschen an die Spitze ihrer einfachen Grundsätze stellt, streut der Pfarrer Autsch den Samen der Zwietracht in seinem Kirchsprengel aus und scheint sogar Lust zu haben, mit dem Fanatis- mus des Mittelalters zu einem wahren Kreuzzuge der Gewalt gegen die Anhänger der Demokratie auffordern zu wollen. Am Allerheiligen- tage hat besagter Pfarrer von der Kanzel herunter den Fluch der Kirche über das Haus geschleudert, worin die Demokraten, welche er reißende Wölfe nannte, ihre Versammlung abhalten. Ja in einer gestern in Finthen stattgehabten Bürgerversammlung hat derselbe Pfarrer das Volk aufgefordert, ihn gegen die Fremden, welche nach Finthen kamen, um die Grundsätze der Demokratie zu verbreiten, zu unterstützen und dieselben zu steinigen! Jst dieser Priester ein Wahnsinniger? Geist der christlichen Moral und der Bruderliebe, was sagst du zu diesem Diener Gottes? Kann das Gesetz es dulden, wenn man öffentlich zu einem grausamen Morde durch Steinigung auffordert?“ Darauf hin erließ der Vorstand der Gemeinde Finthen folgen- des Schreiben: „An die Redaction der Mainzer Zeitung. Der unter nach- stehendem Artikel unterzeichnete Vorstand der Gemeinde Finthen ersucht hiemit die Redaction der Mainzer Zeitung, nachstehende Erklärung in ihr nächstes Blatt vollständig und in der Weise auf- zunehmen, wie der gerügte Artikel, datirt Mainz 3. November, in ihre Zeitung aufgenommen wurde. Finthen bei Mainz 6. November. Der Gesammtvorstand der Gemeinde Finthen erklärt hiermit im Namen der gesammten hiesigen Gemeinde den in Nro. 294. der Mainzer Zeitung, datirt Mainz 3. November, letzthin erschienenen, gegen unsern Pfarrer gerichteten Artikel vom Anfange bis zum Ende für eine boshafte, schändliche, die ganze Gemeinde tief empörende Lüge, und den Verfasser desselben für einen niederträchtigen, ehrlosen Verläum- der. Zugleich setzen die Unterzeichneten hiermit eine Belohnung von 50 fl. für Jeden aus, der die Wahrheit auch nur einer Beschuldigung des gerügten Artikels erhärten kann. — Der Vor- stand der Gemeinde Finthen: Schmitt, Bürgermeister. Se- bastian Schmitt II., Adjunct. Peter Schmitt. G. Knab. Joh. Kraft. Philipp Mohl. Christian Weil. “ Die Aufnahme wurde verweigert, und zwar aus Gründen, die in nachfolgendem Briefe entwickelt sind. „ Mainz, den 6. November. An Einen verehrlichen Vorstand der Gemeinde Finthen. Wir sind bereit, wie es unsere Schuldigkeit ist, jede Reclamation gegen persönliche Beschuldigungen aufzunehmen. Wenn wir dieselben aber in Form von Artikeln und nicht von bloßen Jnseraten ein- rücken, so bilden sie einen Theil der Zeitung, welche im Namen der Redaction geführt wird. Von solchen Artikeln muß daher auch die Redaction verlangen, daß sie in derjenigen Ausdrucks- weise und Haltung abgefaßt seyen, nach denen sie ihr Blatt über- haupt führt. Worte, wie „niederträchtiger Lügner“ u. dergl. m. passen nicht in die Spalten einer Zeitung nach unserer un- maßgeblichen Ansicht. Wir bitten Sie daher, Jhre Reclamation in solchen Ausdrücken abzufassen, welche zwar durchaus Jhre Zurückweisung einer Verläumdung, nicht aber in der bezeichneten Weise aussprechen. Wir sind alsdann gerne zur Aufnahme be- reit. Hochachtungsvoll die Redaction, Bamberger. “ Wer die Sprache kennt, welche die Mainzer Zeitung seit Mo- naten gegen die ausgezeichnetsten Männer Deutschlands führt, wird staunen, wie sie auf einmal zu einem so außerordentlichen Zartge- fühle gekommen, daß sie schonende Ausdrücke verlangt gegen den Verfasser eines Artikels, worin ein Geistlicher als ein Wahn- sinniger und Mordanstifter bezeichnet wird! Redacteur Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal134_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal134_1848/4
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 134. Mainz, 9. November 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal134_1848/4>, abgerufen am 13.06.2024.