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Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848.

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[Beginn Spaltensatz] Ausschuß ist folgendes. Die beziehentliche Stimmenmehrheit ha-
ben erhalten die Herren v. Schmerling aus Wien, Back-
haus
aus Jena und Leverkus aus Oldenburg.

Mehrere Mitglieder von der rechten Seite des Hauses reichen
eine Verwahrung zu Protokoll ein gegen den Beschluß auf Ab-
druck und Austheilung der Grundrechte, indem sie die Geschäfts-
behandlung des Gegenstandes als ordnungswidrig rügen und der
Versammlung auch, was das Materielle des Beschlusses anlangt,
das Recht bestreiten, den Executivbehörden vorgreifen zu dürfen.
Die heutige Sitzung wird darnach schon vor zwölf Uhr Vormit-
tags geschlossen.



Deutschland.

Wien 20. December. Die "Abendbeilage zur Wiener Zei-
tung," welche den Austritt des Reichsministers von Schmer-
t [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]ing
meldet, meint, durch diesen Rücktritt dürfte die Verhand-
lung des Reichsministeriums mit dem österreichischen Ministerium
in Bezug auf die österreichisch=deutsche Frage hinausgeschoben
oder ganz zurückgenommen werden. Dann sagt dies Blatt: "Die
deutschen Unitarier verargen es Oesterreich, dem gewichtigen
Drittheile Deutschlands, daß es Bestimmungen, die mit dem
Fortbestande Oesterreichs durchaus unverträglich sind, nicht an-
nehmen wolle. Sonderbar! Wir Oesterreicher wollen die deutsche
Sache fördern mit unserm Leben, mit unserer Größe und Kraft,
nicht mit unserm Tode, unserm Untergange und unserer Zer-
trümmerung. Und das wollen die Herren in Frankfurt nicht ein-
sehen! Sie drängen den Oesterreicher hinaus, der bisher Deutsch-
land gehalten, und wollen es nun versuchen, ein Zweidrittel
Deutschland zu eonstituiren. Und warum? weil Oesterreich den
Grundsatz der Vereinbarung ( zwischen Volk und Fürsten ) ausge-
sprochen hat, einen Grundsatz, zu dem sich doch der Club der
Rechten und des rechten Centrums selbst bekennt, und den nach
der Hand wohl alle anderen deutschen Fürsten und Einzelstaaten
ebenfalls in Anspruch nehmen werden. Wir glauben nicht zu
irren, daß auch Bayern, Hannover, Sachsen oder was sonst
lebensfähig ist, das Princip der Vereinbarung, das bei einer
Conföderation constitutioneller Staaten allein staatsrechtliche,
allein mögliche Princip des Vertrages, ansprechen werden. Die
nächste Zukunft wird dies bei der Wahl des deutschen Reichs-
oberhauptes zeigen; es wird sich auch bald zeigen, ob Deutsch-
land ein Kleindeutschland mit einem preußischen deutschen Kaiser
und dem ganzen Gefolge von Antipathie, Rückhalten und Se-
parationsgelüsten des weiland heiligen römischen Reiches, oder
ob es eine große Staaten=Conföderation mit gleichmäßig geglie-
derter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geo-
graphisch und politisch angewiesenen österreichi-
schen Primate, dem starken und gesammten Oester-
reiche werden solle.
Wir unsererseits müssen aufrichtig
wünschen, daß Deutschland die Schule des unglückseligen Rhein-
bundes nicht nochmals durchmachen werde. Wir werden die letz-
ten seyn, die Deutschland den Rücken kehren."

Wien 20. December. [ Vom ungarischen Kriegs-
schauplatze.
] Die heutigen Nachrichten aus Ungarn melden,
die Truppen des Banus von Croatien waren gestern von Hoch-
straß
bis in die Gegend von Raab ohne weitern Widerstand
vorgerückt. Viele Jnfanteristen der königlich magyarischen Armee
kommen mit ganzer Rüstung zu ihren Cameraden zurück; nur die
Husaren halten bis jetzt fest an der Sache Kossuths. Das Gleiche
geschah in Ragendorf. Fürst Windischgrätz und der Banus
Jellachich waren gestern nach Preßburg gekommen und
hatten mit den dort eingerückten Generalen Simonich und Wrbna
Besprechungen. Heute begaben sie sich wieder in ihre Hauptquar-
tiere. -- Aus Nieder=Ungarn laufen aus Arad Berichte bis
12. d. M. hier ein. Die Magyaren hatten am 7., 8., 9. die Of-
fensive gegen die Thomas=Schanze und selbst gegen Arad
ergriffen. Allein beide Stürme wurden mit großem Verluste ab-
geschlagen. Von Peterwardein machte Perezel einen ähn-
lichen Versuch gegen Karlowitz, allein auch hier wurden die Ma-
gyaren zurückgeworfen.

Von der ungarischen Grenze 19. December. ( Br. Z. )
Nachdem die Colonnen des Fürsten Windischgrätz vor Preß-
burg
angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der
schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche
10,000 Mann stark sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist,
indem die Einwohner von einem Widerstande nichts wissen woll-
ten. Da die Jnsurgenten befürchten mochten, im Augenblicke des
Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch
einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben,
zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf an 18.
[Spaltenumbruch] d. Mis. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwert-
streich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Jnzwischen
hatte der Banus als Commandeur des ersten Armeecorps auch
nicht gefeiert und während das zweite Corps in Preßburg ein-
zog, hatte er den flüchtigen Feind endlich bei Wieselburg ein-
geholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das sehr
mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die
Spitze seiner Croaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich
weichen mußten. Jellachich selbst, auch General Zeisberg,
schwebten in der Gefahr, gefangen genommen zu werden und haben
nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den
Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, vier Stabs-
und 57 Oberofficiere ( ? ) sollen sich unter den Todten und Verwunde-
ten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Officiere
im Gefechte aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist
blosstellten, weshalb auch bei Wien der Verlust von 52 Officieren
verhältnißmäßig stark gewesen. Die Stadt Wieselburg ist bei
der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil der-
selben in Asche liegt und fast jedes Haus geplündert wurde.
Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite
Armeccorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage
und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist
und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß.
Man befürchtet, daß, nachdem Raab, Pesth und Ofen ge-
nommen, die Jnsurgenten sich in Streifbanden auflösen und zwi-
schen Donau und Theiß einen hartnäckigen Parteigängerkrieg füh-
ren werden, wozu ihnen die Stimmung der reinmagyarischen Be-
völkerung jener Gegenden die beste Gelegenheit bietet. Uebrigens
steht die Südarmee unter FML. Dahlen bereits wenige Meilen
von Buda=Pesth und erwartet blos die Vorrückung der Haupt-
armee von Westen, um sodann gegen die Schwesterstädte rasch
vorzugehen. Man spricht davon, daß die ungarischen Jnfanterie-
regimenter Alexander und Don Miguel zu der österreichischen
Fahne zurückgekehrt wären, was jedoch noch der Bestätigung
bedarf.

Posen 22. December. ( V. Z. ) Die Russen stehen noch
immer erwartungsvoll an der Grenze und wie es scheint, sofort
bereit, in das Großherzogthum und Schlesien einzurücken, sobald
der Rhein Kriegsschauplatz werden sollte. Eine wichtige politische
Sinnesänderung scheint unter einem großen Theile unserer poli-
tischen Bevölkerung vorgegangen zu seyn, indem die, schon im
Jahre 1846 stattgehabte Russomanie wieder aufzutauchen und die
Jdee eines slavischen Königreiches unter der Suprematie Ruß-
lands von Neuem unter den Polen ( namentlich dem ruhigern
und besonnenern Theile derselben ) eifrige Vertheidiger findet.
Davon sind wir hier Alle fest überzeugt, daß jede kriegerische Even-
tualität am Rheine hier bestimmt einen für uns höchst empfind-
lichen Rückschlag finden würde. Unsere Festung ist übrigens be-
reits so weit, um jedem gewaltsamen, selbst dem förmlichen An-
griffe begegnen zu können.

Stettin 22. December. Jn Folge eines kriegsministeriellen
Befehles sollen von jedem Landwehr=Bataillone im Corpsbezirk
400 Mann entlassen werden. Zu diesem Behufe ist heute das
Garde=Landwehr=Bataillon nach hier zurückgekehrt. Die 400
Mann des Anklamschen Bataillones gehen bereits morgen in ihre
Heimath.

^ Aus dem Westrich 24. December. Zwischen dem Ge-
blitze der Freiheitsschwerter und der schnaubenden Rachegluth,
welche unserm "Boten für Stadt und Land," dem Organe des
Abgeordneten Schmitt von Kaiserslautern, einen so drohenden
und für den friedliebenden Theil seines Leserayons beängstigenden
Charakter aufprägen, findet man doch hier und da auch etwas
Ergötzliches, etwa wie Sancho Pansa's Einfälle unter den Hel-
denthaten und Planen seines Ritters. Oder ist es nicht erheiternd,
wenn wir dort nach und nach alle großen Namen des parlamen-
tarischen Deutschlands verzeichnet finden, und immer den Stoß-
seufzer dazu: "auch dieser sonst so gefeierte deutsche Mann --
sitzt im rechten Centrum" u. dgl? Sie sind alle abgefallen, Ga-
gern,
der für 35,000 fl. bestochen worden ist 1) , Basser-
mann, Welcker, Jordan
aus Marburg, und auch Be-
seler,
für den jüngst noch ganz Deutschland schwärmte -- setzt
sich ins rechte Centrum und nicht zu den Pfälzer Abgeordneten!! --
Welche Gespreiztheit gehört dazu, zu schließen wie unser Bote:
Obschon alle Männer, die Jahrelang mit Opfern und Anstreng-
ungen, mit Willensreinheit und bewundertem Talente allen
Deutschen vorangingen als edelste Patrioten, fast immer anders
stimmen als wir, so folgt hieraus doch keineswegs, daß wir im
Jrrthume, auf einer falschen Spur sind, sondern Jene und die
[Ende Spaltensatz]

1) Vgl. eine frühere Nummer des Boten; es sind dies offenbar
20,000 preußische Thaler gewesen!

[Beginn Spaltensatz] Ausschuß ist folgendes. Die beziehentliche Stimmenmehrheit ha-
ben erhalten die Herren v. Schmerling aus Wien, Back-
haus
aus Jena und Leverkus aus Oldenburg.

Mehrere Mitglieder von der rechten Seite des Hauses reichen
eine Verwahrung zu Protokoll ein gegen den Beschluß auf Ab-
druck und Austheilung der Grundrechte, indem sie die Geschäfts-
behandlung des Gegenstandes als ordnungswidrig rügen und der
Versammlung auch, was das Materielle des Beschlusses anlangt,
das Recht bestreiten, den Executivbehörden vorgreifen zu dürfen.
Die heutige Sitzung wird darnach schon vor zwölf Uhr Vormit-
tags geschlossen.



Deutschland.

Wien 20. December. Die „Abendbeilage zur Wiener Zei-
tung,“ welche den Austritt des Reichsministers von Schmer-
t [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]ing
meldet, meint, durch diesen Rücktritt dürfte die Verhand-
lung des Reichsministeriums mit dem österreichischen Ministerium
in Bezug auf die österreichisch=deutsche Frage hinausgeschoben
oder ganz zurückgenommen werden. Dann sagt dies Blatt: „Die
deutschen Unitarier verargen es Oesterreich, dem gewichtigen
Drittheile Deutschlands, daß es Bestimmungen, die mit dem
Fortbestande Oesterreichs durchaus unverträglich sind, nicht an-
nehmen wolle. Sonderbar! Wir Oesterreicher wollen die deutsche
Sache fördern mit unserm Leben, mit unserer Größe und Kraft,
nicht mit unserm Tode, unserm Untergange und unserer Zer-
trümmerung. Und das wollen die Herren in Frankfurt nicht ein-
sehen! Sie drängen den Oesterreicher hinaus, der bisher Deutsch-
land gehalten, und wollen es nun versuchen, ein Zweidrittel
Deutschland zu eonstituiren. Und warum? weil Oesterreich den
Grundsatz der Vereinbarung ( zwischen Volk und Fürsten ) ausge-
sprochen hat, einen Grundsatz, zu dem sich doch der Club der
Rechten und des rechten Centrums selbst bekennt, und den nach
der Hand wohl alle anderen deutschen Fürsten und Einzelstaaten
ebenfalls in Anspruch nehmen werden. Wir glauben nicht zu
irren, daß auch Bayern, Hannover, Sachsen oder was sonst
lebensfähig ist, das Princip der Vereinbarung, das bei einer
Conföderation constitutioneller Staaten allein staatsrechtliche,
allein mögliche Princip des Vertrages, ansprechen werden. Die
nächste Zukunft wird dies bei der Wahl des deutschen Reichs-
oberhauptes zeigen; es wird sich auch bald zeigen, ob Deutsch-
land ein Kleindeutschland mit einem preußischen deutschen Kaiser
und dem ganzen Gefolge von Antipathie, Rückhalten und Se-
parationsgelüsten des weiland heiligen römischen Reiches, oder
ob es eine große Staaten=Conföderation mit gleichmäßig geglie-
derter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geo-
graphisch und politisch angewiesenen österreichi-
schen Primate, dem starken und gesammten Oester-
reiche werden solle.
Wir unsererseits müssen aufrichtig
wünschen, daß Deutschland die Schule des unglückseligen Rhein-
bundes nicht nochmals durchmachen werde. Wir werden die letz-
ten seyn, die Deutschland den Rücken kehren.“

Wien 20. December. [ Vom ungarischen Kriegs-
schauplatze.
] Die heutigen Nachrichten aus Ungarn melden,
die Truppen des Banus von Croatien waren gestern von Hoch-
straß
bis in die Gegend von Raab ohne weitern Widerstand
vorgerückt. Viele Jnfanteristen der königlich magyarischen Armee
kommen mit ganzer Rüstung zu ihren Cameraden zurück; nur die
Husaren halten bis jetzt fest an der Sache Kossuths. Das Gleiche
geschah in Ragendorf. Fürst Windischgrätz und der Banus
Jellachich waren gestern nach Preßburg gekommen und
hatten mit den dort eingerückten Generalen Simonich und Wrbna
Besprechungen. Heute begaben sie sich wieder in ihre Hauptquar-
tiere. — Aus Nieder=Ungarn laufen aus Arad Berichte bis
12. d. M. hier ein. Die Magyaren hatten am 7., 8., 9. die Of-
fensive gegen die Thomas=Schanze und selbst gegen Arad
ergriffen. Allein beide Stürme wurden mit großem Verluste ab-
geschlagen. Von Peterwardein machte Perezel einen ähn-
lichen Versuch gegen Karlowitz, allein auch hier wurden die Ma-
gyaren zurückgeworfen.

Von der ungarischen Grenze 19. December. ( Br. Z. )
Nachdem die Colonnen des Fürsten Windischgrätz vor Preß-
burg
angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der
schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche
10,000 Mann stark sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist,
indem die Einwohner von einem Widerstande nichts wissen woll-
ten. Da die Jnsurgenten befürchten mochten, im Augenblicke des
Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch
einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben,
zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf an 18.
[Spaltenumbruch] d. Mis. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwert-
streich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Jnzwischen
hatte der Banus als Commandeur des ersten Armeecorps auch
nicht gefeiert und während das zweite Corps in Preßburg ein-
zog, hatte er den flüchtigen Feind endlich bei Wieselburg ein-
geholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das sehr
mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die
Spitze seiner Croaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich
weichen mußten. Jellachich selbst, auch General Zeisberg,
schwebten in der Gefahr, gefangen genommen zu werden und haben
nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den
Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, vier Stabs-
und 57 Oberofficiere ( ? ) sollen sich unter den Todten und Verwunde-
ten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Officiere
im Gefechte aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist
blosstellten, weshalb auch bei Wien der Verlust von 52 Officieren
verhältnißmäßig stark gewesen. Die Stadt Wieselburg ist bei
der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil der-
selben in Asche liegt und fast jedes Haus geplündert wurde.
Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite
Armeccorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage
und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist
und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß.
Man befürchtet, daß, nachdem Raab, Pesth und Ofen ge-
nommen, die Jnsurgenten sich in Streifbanden auflösen und zwi-
schen Donau und Theiß einen hartnäckigen Parteigängerkrieg füh-
ren werden, wozu ihnen die Stimmung der reinmagyarischen Be-
völkerung jener Gegenden die beste Gelegenheit bietet. Uebrigens
steht die Südarmee unter FML. Dahlen bereits wenige Meilen
von Buda=Pesth und erwartet blos die Vorrückung der Haupt-
armee von Westen, um sodann gegen die Schwesterstädte rasch
vorzugehen. Man spricht davon, daß die ungarischen Jnfanterie-
regimenter Alexander und Don Miguel zu der österreichischen
Fahne zurückgekehrt wären, was jedoch noch der Bestätigung
bedarf.

Posen 22. December. ( V. Z. ) Die Russen stehen noch
immer erwartungsvoll an der Grenze und wie es scheint, sofort
bereit, in das Großherzogthum und Schlesien einzurücken, sobald
der Rhein Kriegsschauplatz werden sollte. Eine wichtige politische
Sinnesänderung scheint unter einem großen Theile unserer poli-
tischen Bevölkerung vorgegangen zu seyn, indem die, schon im
Jahre 1846 stattgehabte Russomanie wieder aufzutauchen und die
Jdee eines slavischen Königreiches unter der Suprematie Ruß-
lands von Neuem unter den Polen ( namentlich dem ruhigern
und besonnenern Theile derselben ) eifrige Vertheidiger findet.
Davon sind wir hier Alle fest überzeugt, daß jede kriegerische Even-
tualität am Rheine hier bestimmt einen für uns höchst empfind-
lichen Rückschlag finden würde. Unsere Festung ist übrigens be-
reits so weit, um jedem gewaltsamen, selbst dem förmlichen An-
griffe begegnen zu können.

Stettin 22. December. Jn Folge eines kriegsministeriellen
Befehles sollen von jedem Landwehr=Bataillone im Corpsbezirk
400 Mann entlassen werden. Zu diesem Behufe ist heute das
Garde=Landwehr=Bataillon nach hier zurückgekehrt. Die 400
Mann des Anklamschen Bataillones gehen bereits morgen in ihre
Heimath.

△ Aus dem Westrich 24. December. Zwischen dem Ge-
blitze der Freiheitsschwerter und der schnaubenden Rachegluth,
welche unserm „Boten für Stadt und Land,“ dem Organe des
Abgeordneten Schmitt von Kaiserslautern, einen so drohenden
und für den friedliebenden Theil seines Leserayons beängstigenden
Charakter aufprägen, findet man doch hier und da auch etwas
Ergötzliches, etwa wie Sancho Pansa's Einfälle unter den Hel-
denthaten und Planen seines Ritters. Oder ist es nicht erheiternd,
wenn wir dort nach und nach alle großen Namen des parlamen-
tarischen Deutschlands verzeichnet finden, und immer den Stoß-
seufzer dazu: „auch dieser sonst so gefeierte deutsche Mann —
sitzt im rechten Centrum“ u. dgl? Sie sind alle abgefallen, Ga-
gern,
der für 35,000 fl. bestochen worden ist 1) , Basser-
mann, Welcker, Jordan
aus Marburg, und auch Be-
seler,
für den jüngst noch ganz Deutschland schwärmte — setzt
sich ins rechte Centrum und nicht zu den Pfälzer Abgeordneten!! —
Welche Gespreiztheit gehört dazu, zu schließen wie unser Bote:
Obschon alle Männer, die Jahrelang mit Opfern und Anstreng-
ungen, mit Willensreinheit und bewundertem Talente allen
Deutschen vorangingen als edelste Patrioten, fast immer anders
stimmen als wir, so folgt hieraus doch keineswegs, daß wir im
Jrrthume, auf einer falschen Spur sind, sondern Jene und die
[Ende Spaltensatz]

1) Vgl. eine frühere Nummer des Boten; es sind dies offenbar
20,000 preußische Thaler gewesen!
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[0002] Ausschuß ist folgendes. Die beziehentliche Stimmenmehrheit ha- ben erhalten die Herren v. Schmerling aus Wien, Back- haus aus Jena und Leverkus aus Oldenburg. Mehrere Mitglieder von der rechten Seite des Hauses reichen eine Verwahrung zu Protokoll ein gegen den Beschluß auf Ab- druck und Austheilung der Grundrechte, indem sie die Geschäfts- behandlung des Gegenstandes als ordnungswidrig rügen und der Versammlung auch, was das Materielle des Beschlusses anlangt, das Recht bestreiten, den Executivbehörden vorgreifen zu dürfen. Die heutige Sitzung wird darnach schon vor zwölf Uhr Vormit- tags geschlossen. Deutschland. Wien 20. December. Die „Abendbeilage zur Wiener Zei- tung,“ welche den Austritt des Reichsministers von Schmer- t ___ing meldet, meint, durch diesen Rücktritt dürfte die Verhand- lung des Reichsministeriums mit dem österreichischen Ministerium in Bezug auf die österreichisch=deutsche Frage hinausgeschoben oder ganz zurückgenommen werden. Dann sagt dies Blatt: „Die deutschen Unitarier verargen es Oesterreich, dem gewichtigen Drittheile Deutschlands, daß es Bestimmungen, die mit dem Fortbestande Oesterreichs durchaus unverträglich sind, nicht an- nehmen wolle. Sonderbar! Wir Oesterreicher wollen die deutsche Sache fördern mit unserm Leben, mit unserer Größe und Kraft, nicht mit unserm Tode, unserm Untergange und unserer Zer- trümmerung. Und das wollen die Herren in Frankfurt nicht ein- sehen! Sie drängen den Oesterreicher hinaus, der bisher Deutsch- land gehalten, und wollen es nun versuchen, ein Zweidrittel Deutschland zu eonstituiren. Und warum? weil Oesterreich den Grundsatz der Vereinbarung ( zwischen Volk und Fürsten ) ausge- sprochen hat, einen Grundsatz, zu dem sich doch der Club der Rechten und des rechten Centrums selbst bekennt, und den nach der Hand wohl alle anderen deutschen Fürsten und Einzelstaaten ebenfalls in Anspruch nehmen werden. Wir glauben nicht zu irren, daß auch Bayern, Hannover, Sachsen oder was sonst lebensfähig ist, das Princip der Vereinbarung, das bei einer Conföderation constitutioneller Staaten allein staatsrechtliche, allein mögliche Princip des Vertrages, ansprechen werden. Die nächste Zukunft wird dies bei der Wahl des deutschen Reichs- oberhauptes zeigen; es wird sich auch bald zeigen, ob Deutsch- land ein Kleindeutschland mit einem preußischen deutschen Kaiser und dem ganzen Gefolge von Antipathie, Rückhalten und Se- parationsgelüsten des weiland heiligen römischen Reiches, oder ob es eine große Staaten=Conföderation mit gleichmäßig geglie- derter Berechtigung aller Theile unter dem historisch, geo- graphisch und politisch angewiesenen österreichi- schen Primate, dem starken und gesammten Oester- reiche werden solle. Wir unsererseits müssen aufrichtig wünschen, daß Deutschland die Schule des unglückseligen Rhein- bundes nicht nochmals durchmachen werde. Wir werden die letz- ten seyn, die Deutschland den Rücken kehren.“ Wien 20. December. [ Vom ungarischen Kriegs- schauplatze. ] Die heutigen Nachrichten aus Ungarn melden, die Truppen des Banus von Croatien waren gestern von Hoch- straß bis in die Gegend von Raab ohne weitern Widerstand vorgerückt. Viele Jnfanteristen der königlich magyarischen Armee kommen mit ganzer Rüstung zu ihren Cameraden zurück; nur die Husaren halten bis jetzt fest an der Sache Kossuths. Das Gleiche geschah in Ragendorf. Fürst Windischgrätz und der Banus Jellachich waren gestern nach Preßburg gekommen und hatten mit den dort eingerückten Generalen Simonich und Wrbna Besprechungen. Heute begaben sie sich wieder in ihre Hauptquar- tiere. — Aus Nieder=Ungarn laufen aus Arad Berichte bis 12. d. M. hier ein. Die Magyaren hatten am 7., 8., 9. die Of- fensive gegen die Thomas=Schanze und selbst gegen Arad ergriffen. Allein beide Stürme wurden mit großem Verluste ab- geschlagen. Von Peterwardein machte Perezel einen ähn- lichen Versuch gegen Karlowitz, allein auch hier wurden die Ma- gyaren zurückgeworfen. Von der ungarischen Grenze 19. December. ( Br. Z. ) Nachdem die Colonnen des Fürsten Windischgrätz vor Preß- burg angekommen waren, entstand in der Stadt zwischen der schon früher entwaffneten Bürgerschaft und der Besatzung, welche 10,000 Mann stark sich zur Vertheidigung anschickte, ein Zwist, indem die Einwohner von einem Widerstande nichts wissen woll- ten. Da die Jnsurgenten befürchten mochten, im Augenblicke des Kampfes nicht nur einen mächtigen Gegner vor sich, sondern auch einen erbitterten Feind im Rücken und an der Seite zu haben, zogen sie es vor, den Platz freiwillig zu räumen, worauf an 18. d. Mis. um 3 Uhr Nachmittags die k. k. Truppen ohne Schwert- streich in der alten Krönungsstadt Ungarns einzogen. Jnzwischen hatte der Banus als Commandeur des ersten Armeecorps auch nicht gefeiert und während das zweite Corps in Preßburg ein- zog, hatte er den flüchtigen Feind endlich bei Wieselburg ein- geholt, wo sich sofort ein äußerst hitziges Gefecht entspann, das sehr mörderisch ausfiel. Jellachich selbst stellte sich zweimal an die Spitze seiner Croaten gegen die wüthenden Magyaren, die endlich weichen mußten. Jellachich selbst, auch General Zeisberg, schwebten in der Gefahr, gefangen genommen zu werden und haben nur die Kürassiere den Letztern noch zu gelegener Zeit aus den Händen der Husaren befreit. Zwei k. k. Generäle, vier Stabs- und 57 Oberofficiere ( ? ) sollen sich unter den Todten und Verwunde- ten befinden, wie man denn überhaupt bemerkt, daß sich die Officiere im Gefechte aus Begierde nach Auszeichnung mehr als nöthig ist blosstellten, weshalb auch bei Wien der Verlust von 52 Officieren verhältnißmäßig stark gewesen. Die Stadt Wieselburg ist bei der Affaire sehr schlimm weggekommen, indem ein Theil der- selben in Asche liegt und fast jedes Haus geplündert wurde. Von Wieselburg setzt sich nun sowohl das erste als auch das zweite Armeccorps gegen Raab in Bewegung, das durch seine Lage und Verschanzungen eine der stärksten Positionen in der Welt ist und selbst bei mittelmäßiger Vertheidigung viel Blut kosten muß. Man befürchtet, daß, nachdem Raab, Pesth und Ofen ge- nommen, die Jnsurgenten sich in Streifbanden auflösen und zwi- schen Donau und Theiß einen hartnäckigen Parteigängerkrieg füh- ren werden, wozu ihnen die Stimmung der reinmagyarischen Be- völkerung jener Gegenden die beste Gelegenheit bietet. Uebrigens steht die Südarmee unter FML. Dahlen bereits wenige Meilen von Buda=Pesth und erwartet blos die Vorrückung der Haupt- armee von Westen, um sodann gegen die Schwesterstädte rasch vorzugehen. Man spricht davon, daß die ungarischen Jnfanterie- regimenter Alexander und Don Miguel zu der österreichischen Fahne zurückgekehrt wären, was jedoch noch der Bestätigung bedarf. Posen 22. December. ( V. Z. ) Die Russen stehen noch immer erwartungsvoll an der Grenze und wie es scheint, sofort bereit, in das Großherzogthum und Schlesien einzurücken, sobald der Rhein Kriegsschauplatz werden sollte. Eine wichtige politische Sinnesänderung scheint unter einem großen Theile unserer poli- tischen Bevölkerung vorgegangen zu seyn, indem die, schon im Jahre 1846 stattgehabte Russomanie wieder aufzutauchen und die Jdee eines slavischen Königreiches unter der Suprematie Ruß- lands von Neuem unter den Polen ( namentlich dem ruhigern und besonnenern Theile derselben ) eifrige Vertheidiger findet. Davon sind wir hier Alle fest überzeugt, daß jede kriegerische Even- tualität am Rheine hier bestimmt einen für uns höchst empfind- lichen Rückschlag finden würde. Unsere Festung ist übrigens be- reits so weit, um jedem gewaltsamen, selbst dem förmlichen An- griffe begegnen zu können. Stettin 22. December. Jn Folge eines kriegsministeriellen Befehles sollen von jedem Landwehr=Bataillone im Corpsbezirk 400 Mann entlassen werden. Zu diesem Behufe ist heute das Garde=Landwehr=Bataillon nach hier zurückgekehrt. Die 400 Mann des Anklamschen Bataillones gehen bereits morgen in ihre Heimath. △ Aus dem Westrich 24. December. Zwischen dem Ge- blitze der Freiheitsschwerter und der schnaubenden Rachegluth, welche unserm „Boten für Stadt und Land,“ dem Organe des Abgeordneten Schmitt von Kaiserslautern, einen so drohenden und für den friedliebenden Theil seines Leserayons beängstigenden Charakter aufprägen, findet man doch hier und da auch etwas Ergötzliches, etwa wie Sancho Pansa's Einfälle unter den Hel- denthaten und Planen seines Ritters. Oder ist es nicht erheiternd, wenn wir dort nach und nach alle großen Namen des parlamen- tarischen Deutschlands verzeichnet finden, und immer den Stoß- seufzer dazu: „auch dieser sonst so gefeierte deutsche Mann — sitzt im rechten Centrum“ u. dgl? Sie sind alle abgefallen, Ga- gern, der für 35,000 fl. bestochen worden ist 1) , Basser- mann, Welcker, Jordan aus Marburg, und auch Be- seler, für den jüngst noch ganz Deutschland schwärmte — setzt sich ins rechte Centrum und nicht zu den Pfälzer Abgeordneten!! — Welche Gespreiztheit gehört dazu, zu schließen wie unser Bote: Obschon alle Männer, die Jahrelang mit Opfern und Anstreng- ungen, mit Willensreinheit und bewundertem Talente allen Deutschen vorangingen als edelste Patrioten, fast immer anders stimmen als wir, so folgt hieraus doch keineswegs, daß wir im Jrrthume, auf einer falschen Spur sind, sondern Jene und die 1) Vgl. eine frühere Nummer des Boten; es sind dies offenbar 20,000 preußische Thaler gewesen!

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 173. Mainz, 26. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal173_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.