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Mainzer Journal. Nr. 242. Mainz, 11. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] Hände der Reichscommission niederzulegen bereit sey, welche auf
Grund dieses Vertrages unter Zustimmung der Regierungen der
verschiedenen Einzelstaaten in Frankfurt eingesetzt würde. Es
würde gewiß nur allgemeines Bedauern erregen, wenn es sich
bestätigen sollte, daß der Erzherzog zugleich die bestimmte Absicht
geäußert habe, gleich nach Niederlegung des Reichsverweseramtes
sich in die Stille des Privatlebens zurückziehen zu wollen. Man
hatte allgemein gehofft, den[unleserliches Material] edlen Mann in die Reichscommission
eintreten zu sehen. Jn Wien besteht auch, wie wir von zuverlässi-
ger Seite wissen, die Absicht, denselben in die neue Centralbehörde
zu berufen, und man gibt deshalb noch nicht die Hoffnung auf,
daß der Erzherzog dem Vaterlande seine patriotische Wirksamkeit
nicht entziehen werde. Der Erzherzog Johann und der
Prinz von Preußen
sind die beiden Männer, welche in den
hiesigen Kreisen als die muthmaßlichen Träger der neuen provi-
sorischen Centralgewalt genannt werden. Jhnen werden österrei-
chischer und preußischer Seits zwei der erfahrensten Staatsmän-
ner zur Seite gegeben werden. Oesterreichischer Seits soll Herr
v. Schmerling dazu designirt seyn. Die Gerüchte, nach wel-
chen dieser mit der Bildung eines neuen österreichischen Cabinetes
beschäftigt wäre, an dessen Spitze er treten würde, werden hier
als völlig grundlos bezeichnet. Doch wird eine theilweise Aende-
rung des österreichischen Cabinetes von gut unterrichteten Perso-
nen ganz in der Kürze erwartet.

( D. Volksbl. ) Vor einigen Tagen ist von Oesterreich die
Centralgewalt angewiesen worden, achtzigtausend Gulden zur
Bestreitung der Festungsbauten und sonstigen Reichsbedürfnisse
zu erheben. Gestern ist denn auch dieses [unleserliches Material - 4 Zeichen fehlen]Geld bei dem Bankier-
hause Rothschild erhoben worden. Gleichzeitig sind von Bayern
zu demselben Behufe vierzigtausend Gulden angekommen. Ge-
rade diese Länder, die einst von der Gagernschen Partei so sehr,
aber aus wohlberechneten Gründen, über die Nichtachtung gegen
die Reichsgewalt verschrien wurden, sind die einzigen, die ununter-
brochen treu ihre Pflicht gegen dieselbe erfüllt haben, ohne viel
Redens und Aufsehens zu machen, wie man es andererseits zu
thun gewohnt war, obgleich hier nie wahrhafte Aufrichtigkeit exi-
stirte. Die Oesterreich inne wohnende Kraft hat in der That hin-
sichtlich ihrer Außerordentlichkeit etwas Räthselhaftes. Während
seine verschiedenen Länder aufgelockert waren, Ungarn und Jta-
lien im Aufstande, Wien in den Händen von Feinden, hat es bei
dem ungeheuren Kostenaufwande nie aufgehört, in seinen fried-
lichen Ländern die ungeheuersten Bauten, wie die jüngste Laibacher
Bahn, fortzusetzen und zu vollenden.

Frankfurt 10. October. ( Fr. Bl. ) Auf telegraphischem
Wege geht uns aus Berlin vom heutigen Tage die Nachricht zu,
daß von Seiten Preußens der Vertrag über die
Bildung der neuen deutschen Centralgewalt rati-
ficirt und die Urkunde bereits nach Wien abge-
sendet ist.

Jtalien.

Lombardei. Das Aufstecken der sardinischen Fahne durch den
neuen Generalconsul von Sardinien hat in Mailand neugierige
Volkszusammenläufe erregt. Die österreichische Behörde ließ den
Consul zu Entfernung seiner Fahne einladen, er antwortete:
wenn auch die anderen Consuln es thun würden; diese erklärten
auf Anfragen, sie müßten erst ihre Regierungen befragen. So
ruht die Frage und die Fahne weht fort, in wenigen Tagen wird
man sich daran gewöhnt haben.

Kirchenstaat. Alle unter den Generalen Zucchi, Pepe, Du-
rando und Ferrari vorgenommenen Offiziersernennungen sind
für ungiltig erklärt worden.

Neapel. Der Fürst Satriano, Obercommandant in Sicilien,
hat beschlossen, daß wie früher schon der während der Unruhen
erfolgte Verkauf der Kirchengüter für ungiltig erklärt worden ist,
so nun auch alle beweglichen und unbeweglichen Güter, welche
am 11. Januar 1848 im Besitze des Staates oder frommer
Laienstiftungen waren, ohne Weiteres und von Rechts wegen an
die damaligen Besitzer zurückkehren sollen, indem alle in der
Zwischenzeit erfolgten Verkäufe u. s. w. nichtig seyen.

Frankreich.

*** Paris 9. October. Die Aussichten gestalten sich mit jedem
Tage friedlicher und das Hauptorgan des Ministeriums, der
"Constitutionnel," erklärt heute, daß weder der türkisch=russische
Zwist, noch die nordamerikanische Jmpertinenz gegen den Staat,
welchem die Yankees ihre Existenz verdanken, und am allerwenig-
sten die römische Frage Besorgnisse einflößen könnte. Jn Bezug
auf die ungarischen Flüchtlinge gibt das Blatt den praktischen
[Spaltenumbruch] Rath, dieselben doch so schnell als möglich an Bord eines engli-
schen Schiffes zu bringen, die ganze Differenz hätte dann von
selbst ein Ende nach dem Grundsatze: Cessante causa, cessat ef-
fectus
. Die römische Angelegenheit hat im Cabinete eine ganz
unerwartete Wendung genommen: Herr von Tocqueville erklärt
jetzt, das päpstliche Motuproprio entspreche vollkommen den vom
Präsidenten der Republik geäußerten Wünschen. Odilon Barrot
wird in der Kammer erklären, das Motuproprio sey eben die
Verfassung, auf deren Gewährung Frankreich gedrungen habe.
Das gute Einvernehmen des Ministeriums mit der sogenannten
"katholischen Partei" ist dadurch wieder vollkommen hergestellt.

Unsere Neuigkeiten aus Konstantinopel reichen bis zum
24. September. Es war seit dem 19. nichts mehr vorgefallen
und wird auch wohl so bleiben, bis der an den Kaiser Nikolaus
abgeschickte außerordentliche Gesandte mit der empfangenen Ant-
wort zurückkehrt.

Heute ist hier das Gerücht verbreitet, in Neapel sey eine
Revolution ausgebrochen und König Ferdinand ermordet worden.
Der Dampfer Tartarus soll die Nachricht von Civita=Vecchia
nach Toulon gebracht haben. Wahrscheinlich nur ein Hetzmittel-
chen, um die "Bürger" nicht aus der Gewohnheit kommen zu
lassen!

Der bevorstehende Proceß zu Versailles beginnt bereits die
Thätigkeit der Regierung in Anspruch zu nehmen und die Aufmerk-
samkeit der politischen Welt auf sich zu ziehen. Eine ganze Com-
pagnie mobiler Gensdarmen ist bereits in Versailles installirt. Die
Angeklagten werden in Begleitung zweier Compagnien der modi-
len Gendarmen mit einem Extrazuge der Eisenbahn von hier
dorthin gebracht werden. Die in Versailles concentrirte Truppen-
masse, über die der General Changarnier sich persönlich den Ober-
befehl vorbehalten haben soll, wird verschieden angegeben. Zum
Mindesten beträgt dieselbe 5 bis 6000 Mann. Alle Straßen nach
Versailles, so wie die dorthin führenden Eisenbahnen werden be-
reits von der Polizei auf das Strengste überwacht. Ein Gleiches
findet mit den möblirten Wohnungen zu Paris statt, wo gegen-
wärtig Niemand ohne Paß aufgenommen werden darf, da die
Polizet in Erfahrung gebracht hat, daß viele Mitglieder der ge-
heimen Gesellschaften sich aus den Provinzen nach Paris begeben
haben.

Die socialistische Propaganda wird namentlich auf dem Lande
sehr thätig betrieben. Um dem Gesetze über das Hausiren mit
Drucksachen zu entgehen, haben die Socialisten in Wirthshäusern
und ähnlichen Orten Niederlagen ihrer Schriften errichtet, die bis
in die kleinsten Dörfer auf diese Weise eindringen. Der Justizmi-
nister hat jetzt die Generalprocuratoren aufgefordert, die Perso-
nen, welche solche Niederlagen übernehmen, streng zu überwachen,
da Jeder, der eine Niederlage von Büchern zum Verkaufe unter-
hält, ein Patent bezahlen muß. Auch unter dem höheren Lehr-
stande scheint der Socialismus um sich zu greifen. 15 Gymna-
sialpro [unleserliches Material - 8 Zeichen fehlen]fessoren sind auf einmal wegen socialistischer Tendenzen
ihres Amtes entsetzt worden.

Auch mit dem Prophezeien geben sich die Rothen eben ab und
in den Provinzen macht die nachfolgende Weissagung eines
rothen Republikaners
ein gewisses Aufsehen: Zusammen-
setzung der französischen Regierung vom 3. Januar 1850 an:
Ledru=Rollin, Präsident der Republik; Raspail d. ä.,
Vicepräsident; Michel ( de Bourges ) , Minister des Jnnern;
Lagrange, Seeminister; Louis Blanc, Minister der öf-
fentlichen Bauten; Joigneaux, Minister des Ackerbaues;
Pierre Leroux, Handelsminister; Theodor Bac, Ju-
stizminister; Victor Considerant, Finanzminister; Prou-
dhon,
Minister der Jndustrie und der Ermunterung; Lamen-
nais,
Minister des öffentlichen Unterrichtes und der Culten;
Barbes, Kriegsminister; Felix Pyat, Minister des Aus-
wärtigen. -- Fonds der friedlichen Aspecten wegen wieder im
Steigen: 5% 88. -- 3% 55. 85. -- Bankactien 2317. 50.

Niederlande.

Amsterdam 9. October. Man soll jetzt, um längst und all-
gemein begehrte Ersparungen bewirken zu können, zu dem Ent-
schlusse gelangt seyn, die beiden Departements der Culte, da man
sie nicht aufheben kann, dem Departement des Jnnern als zwei
Abtheilungen beizufügen, die Ministerien der Colonieen und der
Marine in eins zu verschmelzen, so wie das Justiz=Departement
aufzuheben und mit dem hohen Rathe der Niederlande zu verei-
nigen, wovon schon im Jahre 1838 die Rede war.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] Hände der Reichscommission niederzulegen bereit sey, welche auf
Grund dieses Vertrages unter Zustimmung der Regierungen der
verschiedenen Einzelstaaten in Frankfurt eingesetzt würde. Es
würde gewiß nur allgemeines Bedauern erregen, wenn es sich
bestätigen sollte, daß der Erzherzog zugleich die bestimmte Absicht
geäußert habe, gleich nach Niederlegung des Reichsverweseramtes
sich in die Stille des Privatlebens zurückziehen zu wollen. Man
hatte allgemein gehofft, den[unleserliches Material] edlen Mann in die Reichscommission
eintreten zu sehen. Jn Wien besteht auch, wie wir von zuverlässi-
ger Seite wissen, die Absicht, denselben in die neue Centralbehörde
zu berufen, und man gibt deshalb noch nicht die Hoffnung auf,
daß der Erzherzog dem Vaterlande seine patriotische Wirksamkeit
nicht entziehen werde. Der Erzherzog Johann und der
Prinz von Preußen
sind die beiden Männer, welche in den
hiesigen Kreisen als die muthmaßlichen Träger der neuen provi-
sorischen Centralgewalt genannt werden. Jhnen werden österrei-
chischer und preußischer Seits zwei der erfahrensten Staatsmän-
ner zur Seite gegeben werden. Oesterreichischer Seits soll Herr
v. Schmerling dazu designirt seyn. Die Gerüchte, nach wel-
chen dieser mit der Bildung eines neuen österreichischen Cabinetes
beschäftigt wäre, an dessen Spitze er treten würde, werden hier
als völlig grundlos bezeichnet. Doch wird eine theilweise Aende-
rung des österreichischen Cabinetes von gut unterrichteten Perso-
nen ganz in der Kürze erwartet.

( D. Volksbl. ) Vor einigen Tagen ist von Oesterreich die
Centralgewalt angewiesen worden, achtzigtausend Gulden zur
Bestreitung der Festungsbauten und sonstigen Reichsbedürfnisse
zu erheben. Gestern ist denn auch dieses [unleserliches Material – 4 Zeichen fehlen]Geld bei dem Bankier-
hause Rothschild erhoben worden. Gleichzeitig sind von Bayern
zu demselben Behufe vierzigtausend Gulden angekommen. Ge-
rade diese Länder, die einst von der Gagernschen Partei so sehr,
aber aus wohlberechneten Gründen, über die Nichtachtung gegen
die Reichsgewalt verschrien wurden, sind die einzigen, die ununter-
brochen treu ihre Pflicht gegen dieselbe erfüllt haben, ohne viel
Redens und Aufsehens zu machen, wie man es andererseits zu
thun gewohnt war, obgleich hier nie wahrhafte Aufrichtigkeit exi-
stirte. Die Oesterreich inne wohnende Kraft hat in der That hin-
sichtlich ihrer Außerordentlichkeit etwas Räthselhaftes. Während
seine verschiedenen Länder aufgelockert waren, Ungarn und Jta-
lien im Aufstande, Wien in den Händen von Feinden, hat es bei
dem ungeheuren Kostenaufwande nie aufgehört, in seinen fried-
lichen Ländern die ungeheuersten Bauten, wie die jüngste Laibacher
Bahn, fortzusetzen und zu vollenden.

Frankfurt 10. October. ( Fr. Bl. ) Auf telegraphischem
Wege geht uns aus Berlin vom heutigen Tage die Nachricht zu,
daß von Seiten Preußens der Vertrag über die
Bildung der neuen deutschen Centralgewalt rati-
ficirt und die Urkunde bereits nach Wien abge-
sendet ist.

Jtalien.

Lombardei. Das Aufstecken der sardinischen Fahne durch den
neuen Generalconsul von Sardinien hat in Mailand neugierige
Volkszusammenläufe erregt. Die österreichische Behörde ließ den
Consul zu Entfernung seiner Fahne einladen, er antwortete:
wenn auch die anderen Consuln es thun würden; diese erklärten
auf Anfragen, sie müßten erst ihre Regierungen befragen. So
ruht die Frage und die Fahne weht fort, in wenigen Tagen wird
man sich daran gewöhnt haben.

Kirchenstaat. Alle unter den Generalen Zucchi, Pepe, Du-
rando und Ferrari vorgenommenen Offiziersernennungen sind
für ungiltig erklärt worden.

Neapel. Der Fürst Satriano, Obercommandant in Sicilien,
hat beschlossen, daß wie früher schon der während der Unruhen
erfolgte Verkauf der Kirchengüter für ungiltig erklärt worden ist,
so nun auch alle beweglichen und unbeweglichen Güter, welche
am 11. Januar 1848 im Besitze des Staates oder frommer
Laienstiftungen waren, ohne Weiteres und von Rechts wegen an
die damaligen Besitzer zurückkehren sollen, indem alle in der
Zwischenzeit erfolgten Verkäufe u. s. w. nichtig seyen.

Frankreich.

*** Paris 9. October. Die Aussichten gestalten sich mit jedem
Tage friedlicher und das Hauptorgan des Ministeriums, der
„Constitutionnel,“ erklärt heute, daß weder der türkisch=russische
Zwist, noch die nordamerikanische Jmpertinenz gegen den Staat,
welchem die Yankees ihre Existenz verdanken, und am allerwenig-
sten die römische Frage Besorgnisse einflößen könnte. Jn Bezug
auf die ungarischen Flüchtlinge gibt das Blatt den praktischen
[Spaltenumbruch] Rath, dieselben doch so schnell als möglich an Bord eines engli-
schen Schiffes zu bringen, die ganze Differenz hätte dann von
selbst ein Ende nach dem Grundsatze: Cessante causa, cessat ef-
fectus
. Die römische Angelegenheit hat im Cabinete eine ganz
unerwartete Wendung genommen: Herr von Tocqueville erklärt
jetzt, das päpstliche Motuproprio entspreche vollkommen den vom
Präsidenten der Republik geäußerten Wünschen. Odilon Barrot
wird in der Kammer erklären, das Motuproprio sey eben die
Verfassung, auf deren Gewährung Frankreich gedrungen habe.
Das gute Einvernehmen des Ministeriums mit der sogenannten
„katholischen Partei“ ist dadurch wieder vollkommen hergestellt.

Unsere Neuigkeiten aus Konstantinopel reichen bis zum
24. September. Es war seit dem 19. nichts mehr vorgefallen
und wird auch wohl so bleiben, bis der an den Kaiser Nikolaus
abgeschickte außerordentliche Gesandte mit der empfangenen Ant-
wort zurückkehrt.

Heute ist hier das Gerücht verbreitet, in Neapel sey eine
Revolution ausgebrochen und König Ferdinand ermordet worden.
Der Dampfer Tartarus soll die Nachricht von Civita=Vecchia
nach Toulon gebracht haben. Wahrscheinlich nur ein Hetzmittel-
chen, um die „Bürger“ nicht aus der Gewohnheit kommen zu
lassen!

Der bevorstehende Proceß zu Versailles beginnt bereits die
Thätigkeit der Regierung in Anspruch zu nehmen und die Aufmerk-
samkeit der politischen Welt auf sich zu ziehen. Eine ganze Com-
pagnie mobiler Gensdarmen ist bereits in Versailles installirt. Die
Angeklagten werden in Begleitung zweier Compagnien der modi-
len Gendarmen mit einem Extrazuge der Eisenbahn von hier
dorthin gebracht werden. Die in Versailles concentrirte Truppen-
masse, über die der General Changarnier sich persönlich den Ober-
befehl vorbehalten haben soll, wird verschieden angegeben. Zum
Mindesten beträgt dieselbe 5 bis 6000 Mann. Alle Straßen nach
Versailles, so wie die dorthin führenden Eisenbahnen werden be-
reits von der Polizei auf das Strengste überwacht. Ein Gleiches
findet mit den möblirten Wohnungen zu Paris statt, wo gegen-
wärtig Niemand ohne Paß aufgenommen werden darf, da die
Polizet in Erfahrung gebracht hat, daß viele Mitglieder der ge-
heimen Gesellschaften sich aus den Provinzen nach Paris begeben
haben.

Die socialistische Propaganda wird namentlich auf dem Lande
sehr thätig betrieben. Um dem Gesetze über das Hausiren mit
Drucksachen zu entgehen, haben die Socialisten in Wirthshäusern
und ähnlichen Orten Niederlagen ihrer Schriften errichtet, die bis
in die kleinsten Dörfer auf diese Weise eindringen. Der Justizmi-
nister hat jetzt die Generalprocuratoren aufgefordert, die Perso-
nen, welche solche Niederlagen übernehmen, streng zu überwachen,
da Jeder, der eine Niederlage von Büchern zum Verkaufe unter-
hält, ein Patent bezahlen muß. Auch unter dem höheren Lehr-
stande scheint der Socialismus um sich zu greifen. 15 Gymna-
sialpro [unleserliches Material – 8 Zeichen fehlen]fessoren sind auf einmal wegen socialistischer Tendenzen
ihres Amtes entsetzt worden.

Auch mit dem Prophezeien geben sich die Rothen eben ab und
in den Provinzen macht die nachfolgende Weissagung eines
rothen Republikaners
ein gewisses Aufsehen: Zusammen-
setzung der französischen Regierung vom 3. Januar 1850 an:
Ledru=Rollin, Präsident der Republik; Raspail d. ä.,
Vicepräsident; Michel ( de Bourges ) , Minister des Jnnern;
Lagrange, Seeminister; Louis Blanc, Minister der öf-
fentlichen Bauten; Joigneaux, Minister des Ackerbaues;
Pierre Leroux, Handelsminister; Theodor Bac, Ju-
stizminister; Victor Considérant, Finanzminister; Prou-
dhon,
Minister der Jndustrie und der Ermunterung; Lamen-
nais,
Minister des öffentlichen Unterrichtes und der Culten;
Barbès, Kriegsminister; Felix Pyat, Minister des Aus-
wärtigen. — Fonds der friedlichen Aspecten wegen wieder im
Steigen: 5% 88. — 3% 55. 85. — Bankactien 2317. 50.

Niederlande.

Amsterdam 9. October. Man soll jetzt, um längst und all-
gemein begehrte Ersparungen bewirken zu können, zu dem Ent-
schlusse gelangt seyn, die beiden Departements der Culte, da man
sie nicht aufheben kann, dem Departement des Jnnern als zwei
Abtheilungen beizufügen, die Ministerien der Colonieen und der
Marine in eins zu verschmelzen, so wie das Justiz=Departement
aufzuheben und mit dem hohen Rathe der Niederlande zu verei-
nigen, wovon schon im Jahre 1838 die Rede war.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] Hände der Reichscommission niederzulegen bereit sey, welche auf Grund dieses Vertrages unter Zustimmung der Regierungen der verschiedenen Einzelstaaten in Frankfurt eingesetzt würde. Es würde gewiß nur allgemeines Bedauern erregen, wenn es sich bestätigen sollte, daß der Erzherzog zugleich die bestimmte Absicht geäußert habe, gleich nach Niederlegung des Reichsverweseramtes sich in die Stille des Privatlebens zurückziehen zu wollen. Man hatte allgemein gehofft, den_ edlen Mann in die Reichscommission eintreten zu sehen. Jn Wien besteht auch, wie wir von zuverlässi- ger Seite wissen, die Absicht, denselben in die neue Centralbehörde zu berufen, und man gibt deshalb noch nicht die Hoffnung auf, daß der Erzherzog dem Vaterlande seine patriotische Wirksamkeit nicht entziehen werde. Der Erzherzog Johann und der Prinz von Preußen sind die beiden Männer, welche in den hiesigen Kreisen als die muthmaßlichen Träger der neuen provi- sorischen Centralgewalt genannt werden. Jhnen werden österrei- chischer und preußischer Seits zwei der erfahrensten Staatsmän- ner zur Seite gegeben werden. Oesterreichischer Seits soll Herr v. Schmerling dazu designirt seyn. Die Gerüchte, nach wel- chen dieser mit der Bildung eines neuen österreichischen Cabinetes beschäftigt wäre, an dessen Spitze er treten würde, werden hier als völlig grundlos bezeichnet. Doch wird eine theilweise Aende- rung des österreichischen Cabinetes von gut unterrichteten Perso- nen ganz in der Kürze erwartet. ( D. Volksbl. ) Vor einigen Tagen ist von Oesterreich die Centralgewalt angewiesen worden, achtzigtausend Gulden zur Bestreitung der Festungsbauten und sonstigen Reichsbedürfnisse zu erheben. Gestern ist denn auch dieses ____Geld bei dem Bankier- hause Rothschild erhoben worden. Gleichzeitig sind von Bayern zu demselben Behufe vierzigtausend Gulden angekommen. Ge- rade diese Länder, die einst von der Gagernschen Partei so sehr, aber aus wohlberechneten Gründen, über die Nichtachtung gegen die Reichsgewalt verschrien wurden, sind die einzigen, die ununter- brochen treu ihre Pflicht gegen dieselbe erfüllt haben, ohne viel Redens und Aufsehens zu machen, wie man es andererseits zu thun gewohnt war, obgleich hier nie wahrhafte Aufrichtigkeit exi- stirte. Die Oesterreich inne wohnende Kraft hat in der That hin- sichtlich ihrer Außerordentlichkeit etwas Räthselhaftes. Während seine verschiedenen Länder aufgelockert waren, Ungarn und Jta- lien im Aufstande, Wien in den Händen von Feinden, hat es bei dem ungeheuren Kostenaufwande nie aufgehört, in seinen fried- lichen Ländern die ungeheuersten Bauten, wie die jüngste Laibacher Bahn, fortzusetzen und zu vollenden. Frankfurt 10. October. ( Fr. Bl. ) Auf telegraphischem Wege geht uns aus Berlin vom heutigen Tage die Nachricht zu, daß von Seiten Preußens der Vertrag über die Bildung der neuen deutschen Centralgewalt rati- ficirt und die Urkunde bereits nach Wien abge- sendet ist. Jtalien. Lombardei. Das Aufstecken der sardinischen Fahne durch den neuen Generalconsul von Sardinien hat in Mailand neugierige Volkszusammenläufe erregt. Die österreichische Behörde ließ den Consul zu Entfernung seiner Fahne einladen, er antwortete: wenn auch die anderen Consuln es thun würden; diese erklärten auf Anfragen, sie müßten erst ihre Regierungen befragen. So ruht die Frage und die Fahne weht fort, in wenigen Tagen wird man sich daran gewöhnt haben. Kirchenstaat. Alle unter den Generalen Zucchi, Pepe, Du- rando und Ferrari vorgenommenen Offiziersernennungen sind für ungiltig erklärt worden. Neapel. Der Fürst Satriano, Obercommandant in Sicilien, hat beschlossen, daß wie früher schon der während der Unruhen erfolgte Verkauf der Kirchengüter für ungiltig erklärt worden ist, so nun auch alle beweglichen und unbeweglichen Güter, welche am 11. Januar 1848 im Besitze des Staates oder frommer Laienstiftungen waren, ohne Weiteres und von Rechts wegen an die damaligen Besitzer zurückkehren sollen, indem alle in der Zwischenzeit erfolgten Verkäufe u. s. w. nichtig seyen. Frankreich. *** Paris 9. October. Die Aussichten gestalten sich mit jedem Tage friedlicher und das Hauptorgan des Ministeriums, der „Constitutionnel,“ erklärt heute, daß weder der türkisch=russische Zwist, noch die nordamerikanische Jmpertinenz gegen den Staat, welchem die Yankees ihre Existenz verdanken, und am allerwenig- sten die römische Frage Besorgnisse einflößen könnte. Jn Bezug auf die ungarischen Flüchtlinge gibt das Blatt den praktischen Rath, dieselben doch so schnell als möglich an Bord eines engli- schen Schiffes zu bringen, die ganze Differenz hätte dann von selbst ein Ende nach dem Grundsatze: Cessante causa, cessat ef- fectus. Die römische Angelegenheit hat im Cabinete eine ganz unerwartete Wendung genommen: Herr von Tocqueville erklärt jetzt, das päpstliche Motuproprio entspreche vollkommen den vom Präsidenten der Republik geäußerten Wünschen. Odilon Barrot wird in der Kammer erklären, das Motuproprio sey eben die Verfassung, auf deren Gewährung Frankreich gedrungen habe. Das gute Einvernehmen des Ministeriums mit der sogenannten „katholischen Partei“ ist dadurch wieder vollkommen hergestellt. Unsere Neuigkeiten aus Konstantinopel reichen bis zum 24. September. Es war seit dem 19. nichts mehr vorgefallen und wird auch wohl so bleiben, bis der an den Kaiser Nikolaus abgeschickte außerordentliche Gesandte mit der empfangenen Ant- wort zurückkehrt. Heute ist hier das Gerücht verbreitet, in Neapel sey eine Revolution ausgebrochen und König Ferdinand ermordet worden. Der Dampfer Tartarus soll die Nachricht von Civita=Vecchia nach Toulon gebracht haben. Wahrscheinlich nur ein Hetzmittel- chen, um die „Bürger“ nicht aus der Gewohnheit kommen zu lassen! Der bevorstehende Proceß zu Versailles beginnt bereits die Thätigkeit der Regierung in Anspruch zu nehmen und die Aufmerk- samkeit der politischen Welt auf sich zu ziehen. Eine ganze Com- pagnie mobiler Gensdarmen ist bereits in Versailles installirt. Die Angeklagten werden in Begleitung zweier Compagnien der modi- len Gendarmen mit einem Extrazuge der Eisenbahn von hier dorthin gebracht werden. Die in Versailles concentrirte Truppen- masse, über die der General Changarnier sich persönlich den Ober- befehl vorbehalten haben soll, wird verschieden angegeben. Zum Mindesten beträgt dieselbe 5 bis 6000 Mann. Alle Straßen nach Versailles, so wie die dorthin führenden Eisenbahnen werden be- reits von der Polizei auf das Strengste überwacht. Ein Gleiches findet mit den möblirten Wohnungen zu Paris statt, wo gegen- wärtig Niemand ohne Paß aufgenommen werden darf, da die Polizet in Erfahrung gebracht hat, daß viele Mitglieder der ge- heimen Gesellschaften sich aus den Provinzen nach Paris begeben haben. Die socialistische Propaganda wird namentlich auf dem Lande sehr thätig betrieben. Um dem Gesetze über das Hausiren mit Drucksachen zu entgehen, haben die Socialisten in Wirthshäusern und ähnlichen Orten Niederlagen ihrer Schriften errichtet, die bis in die kleinsten Dörfer auf diese Weise eindringen. Der Justizmi- nister hat jetzt die Generalprocuratoren aufgefordert, die Perso- nen, welche solche Niederlagen übernehmen, streng zu überwachen, da Jeder, der eine Niederlage von Büchern zum Verkaufe unter- hält, ein Patent bezahlen muß. Auch unter dem höheren Lehr- stande scheint der Socialismus um sich zu greifen. 15 Gymna- sialpro ________fessoren sind auf einmal wegen socialistischer Tendenzen ihres Amtes entsetzt worden. Auch mit dem Prophezeien geben sich die Rothen eben ab und in den Provinzen macht die nachfolgende Weissagung eines rothen Republikaners ein gewisses Aufsehen: Zusammen- setzung der französischen Regierung vom 3. Januar 1850 an: Ledru=Rollin, Präsident der Republik; Raspail d. ä., Vicepräsident; Michel ( de Bourges ) , Minister des Jnnern; Lagrange, Seeminister; Louis Blanc, Minister der öf- fentlichen Bauten; Joigneaux, Minister des Ackerbaues; Pierre Leroux, Handelsminister; Theodor Bac, Ju- stizminister; Victor Considérant, Finanzminister; Prou- dhon, Minister der Jndustrie und der Ermunterung; Lamen- nais, Minister des öffentlichen Unterrichtes und der Culten; Barbès, Kriegsminister; Felix Pyat, Minister des Aus- wärtigen. — Fonds der friedlichen Aspecten wegen wieder im Steigen: 5% 88. — 3% 55. 85. — Bankactien 2317. 50. Niederlande. Amsterdam 9. October. Man soll jetzt, um längst und all- gemein begehrte Ersparungen bewirken zu können, zu dem Ent- schlusse gelangt seyn, die beiden Departements der Culte, da man sie nicht aufheben kann, dem Departement des Jnnern als zwei Abtheilungen beizufügen, die Ministerien der Colonieen und der Marine in eins zu verschmelzen, so wie das Justiz=Departement aufzuheben und mit dem hohen Rathe der Niederlande zu verei- nigen, wovon schon im Jahre 1838 die Rede war. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 242. Mainz, 11. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal242_1849/4>, abgerufen am 03.12.2024.