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Mainzer Journal. Nr. 243. Mainz, 12. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] diesem Texte in Fracturschrift geliefert, indem eine übergroße An-
zahl pfälzischer Beamten mit ihrem Capitale von Treu' und Glau-
ben in den vollkommensten Fallimentszustand gerathen ist. Wie
die Staatsmaschine mit solchen Beamten im Gange gehalten wer-
den soll, vermögen wir nicht einzusehen und dürften doch endlich
jetzt von der Regierung und von Denen, die ein Wort dabei mit-
zureden haben, [unleserliches Material - 9 Zeichen fehlen]erwartend verlangen, daß sie bei der Wahl
und Anstellung der Beamten strenger zu Werke gehen, als dies
bisher der Fall gewesen ist, damit es nicht länger heiße, daß in
jenem Lande, in welchem die Reben blühen, der Feigenbaum
der Treue verdorrt ist.

Wie übrigens bei dem in allen Beziehungen so sehr precären
Zustande der Pfalz die pfälzer Deputirten es wagen mochten den
König zu bitten, das Militär als fürderhin unnöthig aus der
Pfalz zurückzuziehen, ist eine auffallende Erscheinung. Wenn die
Linken der pfälzer Deputirten diese Bitte allein gestellt hätten, so
wäre der Grund dafür unschwer aufzufinden; daß aber auch die
Deputirten der anderen Seite dabei sich betheiligten, beweist ent-
weder, daß sich diese Leute, um populär zu werden von ihren
Collegen ins Schlepptau nehmen ließen, oder daß sie nicht wissen,
wie es in der Pfalz aussieht, oder zu kurzsichtig sind einzusehen,
welche Folgen es haben würde, wenn ihrem Begehren willfahrt
werden sollte. Nach den Berichten, welche von unbefangenen
Zeugen uns zugingen, ist die Pfalz bis jetzt so wenig pacificirt und
curirt, daß mit dem Rückzuge der bewaffneten Macht sofort Ord-
nung, Ruhe und Frieden sich gleichfalls zurückziehen und die Re-
gierung zu einer abermaligen Flucht unter die Kanonen einer
Festung bald genöthigt würde.

Bei dem so sehr schwankenden, durch Mitschuld der Fürsten
herbeigeführten Zustande Deutschlands bleibt es übrigens, um
dies schließlich im Vorbeigehen zu berühren, unerklärlich, wie
sogar jetzt noch, wo die conservative Mehrzahl der Deutschen nach
sicherem dauernden Schutze gegen die destructiven Elemente um
jeden Preis sich sehnt, die Fürsten selbst untereinander kleinlicher
Eitelkeit und Eifersüchteleien, thörichter [unleserliches Material - 15 Zeichen fehlen]Suprematiesucht wegen
hadern und zur Freude der Wühler für die Gewähr innerer und
äußerer Sicherheit Deutschlands sich nicht einigen können. Bedenke
man doch, daß Deutschland durch die Reformation zerrissen wurde
und daß dieser Riß durch keine Politik, durch kein naturwidriges
Centralisationssystem wieder gut gemacht werden kann, daß nur
ein Staatenbund, aber kein Bundesstaat möglich und bis auf
Weiteres blos gegenseitige Vertragsamkeit das Mittel ist, ge-
deihliche Ruhe zu schaffen und zu erhalten!



Deutschland.

Wien 8. October. Der Kaiser ist gestern hier wieder einge-
troffen, auch Erzherzog Ferdinand d'Este ist von Brünn zurück.
Wie es heißt, wird derselbe nächstens eine Anzahl von Medaillen
an den Prinzen von Preußen zur Vertheilung an diejenigen Sol-
daten, welche sich in Baden ausgezeichnet haben, übersenden.

Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers wird in Ofen ein groß-
artiges Denkmal für die dort unter General Hentzi gefallenen
Militärs errichtet werden, welches die Namen Aller, die hier den
Tod gefunden, der Nachwelt aufbewahren wird.

Der Bau eines neuen Reichstagsgebäudes hier ist beschlossen
und der Grund hierzu neben der sogenannten Biberbastei, wo jetzt
die Außenwerke der Stadtmauern erweitert werden, als dafür
geeignet ausgemittelt worden.

Berlin 10. October Abends. ( K. Z. ) Die zweite Kammer
hat so eben den Artikel 107. in der von ihrer Commission bean-
tragten Fassung, also mit dem ausdrücklichen Zusatze: " Eine
Vereidigung des Heeres auf die Verfassung findet
nicht statt,
" durch 102 gegen 91 Stimmen angenommen.

Berlin 11. October. Die Uebereinkunft wegen der Reichs-
Commission ist wirklich gestern ratificirt worden und die Ratifi-
cation sofort zur Auswechselung nach Wien abgegangen. Vielleicht
wird hier noch heute Abends der Text der Artikel veröffentlicht
werden. [ Wäre sehr zu wünschen! ]

Köln 11. October. Am 10. October sind 21 Erkrankungen
an der Cholera, 8 Genesungen und 17 Sterbefälle angezeigt
worden.

München 9. October. Jn der heutigen Sitzung der Abge-
ordneten wurden von den Ministern die heute Morgen schon er-
wähnten Gesetzentwürfe vorgelegt. Ueberdies legte der Justizmi-
nister einen Gesetzentwurf vor, demzufolge die allgemeine
deutsche Wechselordnung
vom 1. Januar 1850 an in
Bayern eingeführt werden soll. Die Sitzung bot im übrigen kein
allgemeines Jnteresse. Der Gesetzentwurf über Versammlungs-
und Vereinigungsrecht enthält im Wesentlichen folgende Haupt-
bedingungen: Das Recht, sich unbewaffnet zu versammeln, ist im
Grundsatze anerkannt. Derjenige, welcher den Platz zu einer sol-
[Spaltenumbruch] chen Versammlung einräumt, muß 24 Stunden vor derselben
Anzeige davon machen. Die öffentliche Einladung zu einer Ver-
sammlung muß die Unterschrift des Einladers tragen. Versamm-
lungen unter freiem Himmel können von der Behörde, wenn diese
darin Gefahr für die öffentliche Ordnung und Ruhe erblickt, un-
tersagt werden. Für Versammlungen auf Plätzen und an öffent-
lichen Orten in Städten ist die Bewilligung der Polizeibehörde
nöthig. Adressen solcher Versammlungen dürfen nicht in Masse,
sondern nur von höchstens 10 Personen überreicht werden. Jn-
nerhalb einer Entfernung von 6 Stunden von dem Orte, wo der
Landtag seine Sitzungen hält, darf während der Dauer dieses
keine öffentliche Versammlung stattfinden u. s. w. Angemessene
Strafbestimmungen gegen die Uebertreter dieser Verfügungen
sind beigefügt.

So eben, wird dem N. C. gemeldet, erfahrte ich aus sicherer
Quelle, daß heute an die Kammer das Ansuchen gelangt ist, die
Erlaubniß zu ertheilen, den Abg. Schüler sofort bei seinem Ein-
tritte ins bayrische Gebiet zu verhaften. Als Verhaftungsgrund
wird seine Theilnahme an dem Aufrufe, den badischen und pfäl-
zischen Jnsurgenten zu Hilfe zu kommen, den er als Reichsregent
mit erließ, bezeichnet. -- Der Club der Linken hat heute den
Fürsten Wallerstein zu seinem Präsidenten gewählt, der frühere
war Professor Dr. Narr.

# Vom Speyerbache 10. October. Es war am 16. Juli
d. J., daß bei Gelegenheit der Landtagswahlen "mehrere ( demo-
kratische ) Urwähler" und Urwühler der Stadt Speyer in der
zum Zwecke demokratischer Wahlen an die Bürger erlassenen
blauen Zettelansprache, um sich von gewissen Vorwürfen zu rei-
nigen, folgende Stelle aufzunehmen keck genug waren. "Nicht
euren, hieß es da, bisherigen Vertretern, sondern eben
den Gegnern der freien ( ! ) Richtung, diesen Gegnern der Einheit
und Freiheit des deutschen Vaterlandes hat man es beizumessen,
daß das Glück und die Zufriedenheit so vieler Familien von
Grund aus zerstört ist; daß Handel und Gewerbe darniederlie-
gen, daß der unbemittelte Arbeiter auch beim größten Fleiße nicht
mehr im Stande ist, sich und die Seinigen zu ernähren; daß wir
heute noch kein freies und einiges Vaterland haben, und daß sich
nicht absehen läßt, wann wahre Ruhe dauernd zurückkehrt." --
So wollten die Demokraten gerade jene Beschuldigungen, welche
ihnen gemacht, gerade jene Uebel, welche ihnen zugeschrieben wor-
den waren, auf die "Reactionäre," auf die Fürstenknechte zurück-
schieben. Freilich wenn alle Fürsten ihre Kronen den Volksführern;
wenn alle reactionäre Beamte dem heckerbartigen jungen Schrei-
beranfluge ihre Stellen; wenn alle Vermögenden den Proleta-
riern jeden Schlages ihre gesammte Habe eingeräumt und dann
denselben noch fortan unentgeldliche Knechtsdienste geleistet; wenn
alle brave Geistliche ihre Gemeinden an die rothen Lehrer oder
Volksredner willigst abgetreten hätten: -- dann wäre der Friede
nicht gestört worden, weil ja die beabsichtigte Generalmutation
dann friedlich abgelaufen wäre. Da aber das nicht eintrat, so
war das Schaaf dem Wolfe am trüben Wasser schuld.

Die "Reactionäre" der Pfalz hatten aber den Demokraten
des Landes gegenüber bisher nur behauptet: an der Aufre-
gung, an den verbrecherischen Acten und dgl. -- kurz an den
Thaten seyen diese Wühler schuld, und an den Folgen dersel-
ben. Der bayrischen Regierung legte man allgemein bisher als
Unterlassung zur Last: wie sie darüber verantwortlich sey,
daß so spät erst der Pfalz Hilfe zu Theil geworden. Nun aber hat
sich in der letzten Frist noch ein ganz anderes Resultat her-
ausgestellt. Unsere Abgeordneten nämlich auf dem vorigen Land-
tage, Demokraten alle vom lautersten Wasser, bekannt durch ihr
Wühlen nnd Wüthen oder ihre giftige Bissigkeit, hatte man bis-
her wohl als active Förderer oder Gönner der Revolution ge-
kannt; von einem weiteren noch viel verderblicheren Spiele der-
selben war nichts kund geworden. Da bringt aber der "Bote
aus den Vogesen" in seinem Blatte vom 6. October die Nachricht,
daß der Minister von der Pfordten den pfälzischen Abgeord-
neten erklärt habe: " die vorigen pfälzischen Abgeord-
neten hätten im Mai dieses Jahres der Regierung
dringend angelegen, nur keine Truppen in die
Pfalz zu schicken.
" Den Schritten unserer eigenen Ab-
geordneten
verdanken wir also einen guten Theil unserer lan-
gen Hilflosigkeit; die Regierung war nur schwach und nachgiebig
oder, möcht' ich sagen, ehrlich genug ihnen zu trauen, auf sie
zu hören. Die Excesse also jeder Art, namentlich das Hereinzie-
hen der fremden Abenteurer, kommt auf eigentliche Rechnung
dieser Herren. Sie spielten in München das mit keinem Worte ge-
hörig zu bezeichnende falsche Spiel, durch ihre dortige Gegenwart,
durch ihr Ausharren in Bayern die Regierung zu lähmen, über den
Stand der Sachen und die Jntention des Abfalles und Errichtung
einer Republik zu täuschen und so durch ihre Passivität den Umsturz
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] diesem Texte in Fracturschrift geliefert, indem eine übergroße An-
zahl pfälzischer Beamten mit ihrem Capitale von Treu' und Glau-
ben in den vollkommensten Fallimentszustand gerathen ist. Wie
die Staatsmaschine mit solchen Beamten im Gange gehalten wer-
den soll, vermögen wir nicht einzusehen und dürften doch endlich
jetzt von der Regierung und von Denen, die ein Wort dabei mit-
zureden haben, [unleserliches Material – 9 Zeichen fehlen]erwartend verlangen, daß sie bei der Wahl
und Anstellung der Beamten strenger zu Werke gehen, als dies
bisher der Fall gewesen ist, damit es nicht länger heiße, daß in
jenem Lande, in welchem die Reben blühen, der Feigenbaum
der Treue verdorrt ist.

Wie übrigens bei dem in allen Beziehungen so sehr precären
Zustande der Pfalz die pfälzer Deputirten es wagen mochten den
König zu bitten, das Militär als fürderhin unnöthig aus der
Pfalz zurückzuziehen, ist eine auffallende Erscheinung. Wenn die
Linken der pfälzer Deputirten diese Bitte allein gestellt hätten, so
wäre der Grund dafür unschwer aufzufinden; daß aber auch die
Deputirten der anderen Seite dabei sich betheiligten, beweist ent-
weder, daß sich diese Leute, um populär zu werden von ihren
Collegen ins Schlepptau nehmen ließen, oder daß sie nicht wissen,
wie es in der Pfalz aussieht, oder zu kurzsichtig sind einzusehen,
welche Folgen es haben würde, wenn ihrem Begehren willfahrt
werden sollte. Nach den Berichten, welche von unbefangenen
Zeugen uns zugingen, ist die Pfalz bis jetzt so wenig pacificirt und
curirt, daß mit dem Rückzuge der bewaffneten Macht sofort Ord-
nung, Ruhe und Frieden sich gleichfalls zurückziehen und die Re-
gierung zu einer abermaligen Flucht unter die Kanonen einer
Festung bald genöthigt würde.

Bei dem so sehr schwankenden, durch Mitschuld der Fürsten
herbeigeführten Zustande Deutschlands bleibt es übrigens, um
dies schließlich im Vorbeigehen zu berühren, unerklärlich, wie
sogar jetzt noch, wo die conservative Mehrzahl der Deutschen nach
sicherem dauernden Schutze gegen die destructiven Elemente um
jeden Preis sich sehnt, die Fürsten selbst untereinander kleinlicher
Eitelkeit und Eifersüchteleien, thörichter [unleserliches Material – 15 Zeichen fehlen]Suprematiesucht wegen
hadern und zur Freude der Wühler für die Gewähr innerer und
äußerer Sicherheit Deutschlands sich nicht einigen können. Bedenke
man doch, daß Deutschland durch die Reformation zerrissen wurde
und daß dieser Riß durch keine Politik, durch kein naturwidriges
Centralisationssystem wieder gut gemacht werden kann, daß nur
ein Staatenbund, aber kein Bundesstaat möglich und bis auf
Weiteres blos gegenseitige Vertragsamkeit das Mittel ist, ge-
deihliche Ruhe zu schaffen und zu erhalten!



Deutschland.

Wien 8. October. Der Kaiser ist gestern hier wieder einge-
troffen, auch Erzherzog Ferdinand d'Este ist von Brünn zurück.
Wie es heißt, wird derselbe nächstens eine Anzahl von Medaillen
an den Prinzen von Preußen zur Vertheilung an diejenigen Sol-
daten, welche sich in Baden ausgezeichnet haben, übersenden.

Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers wird in Ofen ein groß-
artiges Denkmal für die dort unter General Hentzi gefallenen
Militärs errichtet werden, welches die Namen Aller, die hier den
Tod gefunden, der Nachwelt aufbewahren wird.

Der Bau eines neuen Reichstagsgebäudes hier ist beschlossen
und der Grund hierzu neben der sogenannten Biberbastei, wo jetzt
die Außenwerke der Stadtmauern erweitert werden, als dafür
geeignet ausgemittelt worden.

Berlin 10. October Abends. ( K. Z. ) Die zweite Kammer
hat so eben den Artikel 107. in der von ihrer Commission bean-
tragten Fassung, also mit dem ausdrücklichen Zusatze: „ Eine
Vereidigung des Heeres auf die Verfassung findet
nicht statt,
“ durch 102 gegen 91 Stimmen angenommen.

Berlin 11. October. Die Uebereinkunft wegen der Reichs-
Commission ist wirklich gestern ratificirt worden und die Ratifi-
cation sofort zur Auswechselung nach Wien abgegangen. Vielleicht
wird hier noch heute Abends der Text der Artikel veröffentlicht
werden. [ Wäre sehr zu wünschen! ]

Köln 11. October. Am 10. October sind 21 Erkrankungen
an der Cholera, 8 Genesungen und 17 Sterbefälle angezeigt
worden.

München 9. October. Jn der heutigen Sitzung der Abge-
ordneten wurden von den Ministern die heute Morgen schon er-
wähnten Gesetzentwürfe vorgelegt. Ueberdies legte der Justizmi-
nister einen Gesetzentwurf vor, demzufolge die allgemeine
deutsche Wechselordnung
vom 1. Januar 1850 an in
Bayern eingeführt werden soll. Die Sitzung bot im übrigen kein
allgemeines Jnteresse. Der Gesetzentwurf über Versammlungs-
und Vereinigungsrecht enthält im Wesentlichen folgende Haupt-
bedingungen: Das Recht, sich unbewaffnet zu versammeln, ist im
Grundsatze anerkannt. Derjenige, welcher den Platz zu einer sol-
[Spaltenumbruch] chen Versammlung einräumt, muß 24 Stunden vor derselben
Anzeige davon machen. Die öffentliche Einladung zu einer Ver-
sammlung muß die Unterschrift des Einladers tragen. Versamm-
lungen unter freiem Himmel können von der Behörde, wenn diese
darin Gefahr für die öffentliche Ordnung und Ruhe erblickt, un-
tersagt werden. Für Versammlungen auf Plätzen und an öffent-
lichen Orten in Städten ist die Bewilligung der Polizeibehörde
nöthig. Adressen solcher Versammlungen dürfen nicht in Masse,
sondern nur von höchstens 10 Personen überreicht werden. Jn-
nerhalb einer Entfernung von 6 Stunden von dem Orte, wo der
Landtag seine Sitzungen hält, darf während der Dauer dieses
keine öffentliche Versammlung stattfinden u. s. w. Angemessene
Strafbestimmungen gegen die Uebertreter dieser Verfügungen
sind beigefügt.

So eben, wird dem N. C. gemeldet, erfahrte ich aus sicherer
Quelle, daß heute an die Kammer das Ansuchen gelangt ist, die
Erlaubniß zu ertheilen, den Abg. Schüler sofort bei seinem Ein-
tritte ins bayrische Gebiet zu verhaften. Als Verhaftungsgrund
wird seine Theilnahme an dem Aufrufe, den badischen und pfäl-
zischen Jnsurgenten zu Hilfe zu kommen, den er als Reichsregent
mit erließ, bezeichnet. — Der Club der Linken hat heute den
Fürsten Wallerstein zu seinem Präsidenten gewählt, der frühere
war Professor Dr. Narr.

# Vom Speyerbache 10. October. Es war am 16. Juli
d. J., daß bei Gelegenheit der Landtagswahlen „mehrere ( demo-
kratische ) Urwähler“ und Urwühler der Stadt Speyer in der
zum Zwecke demokratischer Wahlen an die Bürger erlassenen
blauen Zettelansprache, um sich von gewissen Vorwürfen zu rei-
nigen, folgende Stelle aufzunehmen keck genug waren. „Nicht
euren, hieß es da, bisherigen Vertretern, sondern eben
den Gegnern der freien ( ! ) Richtung, diesen Gegnern der Einheit
und Freiheit des deutschen Vaterlandes hat man es beizumessen,
daß das Glück und die Zufriedenheit so vieler Familien von
Grund aus zerstört ist; daß Handel und Gewerbe darniederlie-
gen, daß der unbemittelte Arbeiter auch beim größten Fleiße nicht
mehr im Stande ist, sich und die Seinigen zu ernähren; daß wir
heute noch kein freies und einiges Vaterland haben, und daß sich
nicht absehen läßt, wann wahre Ruhe dauernd zurückkehrt.“ —
So wollten die Demokraten gerade jene Beschuldigungen, welche
ihnen gemacht, gerade jene Uebel, welche ihnen zugeschrieben wor-
den waren, auf die „Reactionäre,“ auf die Fürstenknechte zurück-
schieben. Freilich wenn alle Fürsten ihre Kronen den Volksführern;
wenn alle reactionäre Beamte dem heckerbartigen jungen Schrei-
beranfluge ihre Stellen; wenn alle Vermögenden den Proleta-
riern jeden Schlages ihre gesammte Habe eingeräumt und dann
denselben noch fortan unentgeldliche Knechtsdienste geleistet; wenn
alle brave Geistliche ihre Gemeinden an die rothen Lehrer oder
Volksredner willigst abgetreten hätten: — dann wäre der Friede
nicht gestört worden, weil ja die beabsichtigte Generalmutation
dann friedlich abgelaufen wäre. Da aber das nicht eintrat, so
war das Schaaf dem Wolfe am trüben Wasser schuld.

Die „Reactionäre“ der Pfalz hatten aber den Demokraten
des Landes gegenüber bisher nur behauptet: an der Aufre-
gung, an den verbrecherischen Acten und dgl. — kurz an den
Thaten seyen diese Wühler schuld, und an den Folgen dersel-
ben. Der bayrischen Regierung legte man allgemein bisher als
Unterlassung zur Last: wie sie darüber verantwortlich sey,
daß so spät erst der Pfalz Hilfe zu Theil geworden. Nun aber hat
sich in der letzten Frist noch ein ganz anderes Resultat her-
ausgestellt. Unsere Abgeordneten nämlich auf dem vorigen Land-
tage, Demokraten alle vom lautersten Wasser, bekannt durch ihr
Wühlen nnd Wüthen oder ihre giftige Bissigkeit, hatte man bis-
her wohl als active Förderer oder Gönner der Revolution ge-
kannt; von einem weiteren noch viel verderblicheren Spiele der-
selben war nichts kund geworden. Da bringt aber der „Bote
aus den Vogesen“ in seinem Blatte vom 6. October die Nachricht,
daß der Minister von der Pfordten den pfälzischen Abgeord-
neten erklärt habe: „ die vorigen pfälzischen Abgeord-
neten hätten im Mai dieses Jahres der Regierung
dringend angelegen, nur keine Truppen in die
Pfalz zu schicken.
“ Den Schritten unserer eigenen Ab-
geordneten
verdanken wir also einen guten Theil unserer lan-
gen Hilflosigkeit; die Regierung war nur schwach und nachgiebig
oder, möcht' ich sagen, ehrlich genug ihnen zu trauen, auf sie
zu hören. Die Excesse also jeder Art, namentlich das Hereinzie-
hen der fremden Abenteurer, kommt auf eigentliche Rechnung
dieser Herren. Sie spielten in München das mit keinem Worte ge-
hörig zu bezeichnende falsche Spiel, durch ihre dortige Gegenwart,
durch ihr Ausharren in Bayern die Regierung zu lähmen, über den
Stand der Sachen und die Jntention des Abfalles und Errichtung
einer Republik zu täuschen und so durch ihre Passivität den Umsturz
[Ende Spaltensatz]

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[0002] diesem Texte in Fracturschrift geliefert, indem eine übergroße An- zahl pfälzischer Beamten mit ihrem Capitale von Treu' und Glau- ben in den vollkommensten Fallimentszustand gerathen ist. Wie die Staatsmaschine mit solchen Beamten im Gange gehalten wer- den soll, vermögen wir nicht einzusehen und dürften doch endlich jetzt von der Regierung und von Denen, die ein Wort dabei mit- zureden haben, _________erwartend verlangen, daß sie bei der Wahl und Anstellung der Beamten strenger zu Werke gehen, als dies bisher der Fall gewesen ist, damit es nicht länger heiße, daß in jenem Lande, in welchem die Reben blühen, der Feigenbaum der Treue verdorrt ist. Wie übrigens bei dem in allen Beziehungen so sehr precären Zustande der Pfalz die pfälzer Deputirten es wagen mochten den König zu bitten, das Militär als fürderhin unnöthig aus der Pfalz zurückzuziehen, ist eine auffallende Erscheinung. Wenn die Linken der pfälzer Deputirten diese Bitte allein gestellt hätten, so wäre der Grund dafür unschwer aufzufinden; daß aber auch die Deputirten der anderen Seite dabei sich betheiligten, beweist ent- weder, daß sich diese Leute, um populär zu werden von ihren Collegen ins Schlepptau nehmen ließen, oder daß sie nicht wissen, wie es in der Pfalz aussieht, oder zu kurzsichtig sind einzusehen, welche Folgen es haben würde, wenn ihrem Begehren willfahrt werden sollte. Nach den Berichten, welche von unbefangenen Zeugen uns zugingen, ist die Pfalz bis jetzt so wenig pacificirt und curirt, daß mit dem Rückzuge der bewaffneten Macht sofort Ord- nung, Ruhe und Frieden sich gleichfalls zurückziehen und die Re- gierung zu einer abermaligen Flucht unter die Kanonen einer Festung bald genöthigt würde. Bei dem so sehr schwankenden, durch Mitschuld der Fürsten herbeigeführten Zustande Deutschlands bleibt es übrigens, um dies schließlich im Vorbeigehen zu berühren, unerklärlich, wie sogar jetzt noch, wo die conservative Mehrzahl der Deutschen nach sicherem dauernden Schutze gegen die destructiven Elemente um jeden Preis sich sehnt, die Fürsten selbst untereinander kleinlicher Eitelkeit und Eifersüchteleien, thörichter _______________Suprematiesucht wegen hadern und zur Freude der Wühler für die Gewähr innerer und äußerer Sicherheit Deutschlands sich nicht einigen können. Bedenke man doch, daß Deutschland durch die Reformation zerrissen wurde und daß dieser Riß durch keine Politik, durch kein naturwidriges Centralisationssystem wieder gut gemacht werden kann, daß nur ein Staatenbund, aber kein Bundesstaat möglich und bis auf Weiteres blos gegenseitige Vertragsamkeit das Mittel ist, ge- deihliche Ruhe zu schaffen und zu erhalten! Deutschland. Wien 8. October. Der Kaiser ist gestern hier wieder einge- troffen, auch Erzherzog Ferdinand d'Este ist von Brünn zurück. Wie es heißt, wird derselbe nächstens eine Anzahl von Medaillen an den Prinzen von Preußen zur Vertheilung an diejenigen Sol- daten, welche sich in Baden ausgezeichnet haben, übersenden. Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers wird in Ofen ein groß- artiges Denkmal für die dort unter General Hentzi gefallenen Militärs errichtet werden, welches die Namen Aller, die hier den Tod gefunden, der Nachwelt aufbewahren wird. Der Bau eines neuen Reichstagsgebäudes hier ist beschlossen und der Grund hierzu neben der sogenannten Biberbastei, wo jetzt die Außenwerke der Stadtmauern erweitert werden, als dafür geeignet ausgemittelt worden. Berlin 10. October Abends. ( K. Z. ) Die zweite Kammer hat so eben den Artikel 107. in der von ihrer Commission bean- tragten Fassung, also mit dem ausdrücklichen Zusatze: „ Eine Vereidigung des Heeres auf die Verfassung findet nicht statt, “ durch 102 gegen 91 Stimmen angenommen. Berlin 11. October. Die Uebereinkunft wegen der Reichs- Commission ist wirklich gestern ratificirt worden und die Ratifi- cation sofort zur Auswechselung nach Wien abgegangen. Vielleicht wird hier noch heute Abends der Text der Artikel veröffentlicht werden. [ Wäre sehr zu wünschen! ] Köln 11. October. Am 10. October sind 21 Erkrankungen an der Cholera, 8 Genesungen und 17 Sterbefälle angezeigt worden. München 9. October. Jn der heutigen Sitzung der Abge- ordneten wurden von den Ministern die heute Morgen schon er- wähnten Gesetzentwürfe vorgelegt. Ueberdies legte der Justizmi- nister einen Gesetzentwurf vor, demzufolge die allgemeine deutsche Wechselordnung vom 1. Januar 1850 an in Bayern eingeführt werden soll. Die Sitzung bot im übrigen kein allgemeines Jnteresse. Der Gesetzentwurf über Versammlungs- und Vereinigungsrecht enthält im Wesentlichen folgende Haupt- bedingungen: Das Recht, sich unbewaffnet zu versammeln, ist im Grundsatze anerkannt. Derjenige, welcher den Platz zu einer sol- chen Versammlung einräumt, muß 24 Stunden vor derselben Anzeige davon machen. Die öffentliche Einladung zu einer Ver- sammlung muß die Unterschrift des Einladers tragen. Versamm- lungen unter freiem Himmel können von der Behörde, wenn diese darin Gefahr für die öffentliche Ordnung und Ruhe erblickt, un- tersagt werden. Für Versammlungen auf Plätzen und an öffent- lichen Orten in Städten ist die Bewilligung der Polizeibehörde nöthig. Adressen solcher Versammlungen dürfen nicht in Masse, sondern nur von höchstens 10 Personen überreicht werden. Jn- nerhalb einer Entfernung von 6 Stunden von dem Orte, wo der Landtag seine Sitzungen hält, darf während der Dauer dieses keine öffentliche Versammlung stattfinden u. s. w. Angemessene Strafbestimmungen gegen die Uebertreter dieser Verfügungen sind beigefügt. So eben, wird dem N. C. gemeldet, erfahrte ich aus sicherer Quelle, daß heute an die Kammer das Ansuchen gelangt ist, die Erlaubniß zu ertheilen, den Abg. Schüler sofort bei seinem Ein- tritte ins bayrische Gebiet zu verhaften. Als Verhaftungsgrund wird seine Theilnahme an dem Aufrufe, den badischen und pfäl- zischen Jnsurgenten zu Hilfe zu kommen, den er als Reichsregent mit erließ, bezeichnet. — Der Club der Linken hat heute den Fürsten Wallerstein zu seinem Präsidenten gewählt, der frühere war Professor Dr. Narr. # Vom Speyerbache 10. October. Es war am 16. Juli d. J., daß bei Gelegenheit der Landtagswahlen „mehrere ( demo- kratische ) Urwähler“ und Urwühler der Stadt Speyer in der zum Zwecke demokratischer Wahlen an die Bürger erlassenen blauen Zettelansprache, um sich von gewissen Vorwürfen zu rei- nigen, folgende Stelle aufzunehmen keck genug waren. „Nicht euren, hieß es da, bisherigen Vertretern, sondern eben den Gegnern der freien ( ! ) Richtung, diesen Gegnern der Einheit und Freiheit des deutschen Vaterlandes hat man es beizumessen, daß das Glück und die Zufriedenheit so vieler Familien von Grund aus zerstört ist; daß Handel und Gewerbe darniederlie- gen, daß der unbemittelte Arbeiter auch beim größten Fleiße nicht mehr im Stande ist, sich und die Seinigen zu ernähren; daß wir heute noch kein freies und einiges Vaterland haben, und daß sich nicht absehen läßt, wann wahre Ruhe dauernd zurückkehrt.“ — So wollten die Demokraten gerade jene Beschuldigungen, welche ihnen gemacht, gerade jene Uebel, welche ihnen zugeschrieben wor- den waren, auf die „Reactionäre,“ auf die Fürstenknechte zurück- schieben. Freilich wenn alle Fürsten ihre Kronen den Volksführern; wenn alle reactionäre Beamte dem heckerbartigen jungen Schrei- beranfluge ihre Stellen; wenn alle Vermögenden den Proleta- riern jeden Schlages ihre gesammte Habe eingeräumt und dann denselben noch fortan unentgeldliche Knechtsdienste geleistet; wenn alle brave Geistliche ihre Gemeinden an die rothen Lehrer oder Volksredner willigst abgetreten hätten: — dann wäre der Friede nicht gestört worden, weil ja die beabsichtigte Generalmutation dann friedlich abgelaufen wäre. Da aber das nicht eintrat, so war das Schaaf dem Wolfe am trüben Wasser schuld. Die „Reactionäre“ der Pfalz hatten aber den Demokraten des Landes gegenüber bisher nur behauptet: an der Aufre- gung, an den verbrecherischen Acten und dgl. — kurz an den Thaten seyen diese Wühler schuld, und an den Folgen dersel- ben. Der bayrischen Regierung legte man allgemein bisher als Unterlassung zur Last: wie sie darüber verantwortlich sey, daß so spät erst der Pfalz Hilfe zu Theil geworden. Nun aber hat sich in der letzten Frist noch ein ganz anderes Resultat her- ausgestellt. Unsere Abgeordneten nämlich auf dem vorigen Land- tage, Demokraten alle vom lautersten Wasser, bekannt durch ihr Wühlen nnd Wüthen oder ihre giftige Bissigkeit, hatte man bis- her wohl als active Förderer oder Gönner der Revolution ge- kannt; von einem weiteren noch viel verderblicheren Spiele der- selben war nichts kund geworden. Da bringt aber der „Bote aus den Vogesen“ in seinem Blatte vom 6. October die Nachricht, daß der Minister von der Pfordten den pfälzischen Abgeord- neten erklärt habe: „ die vorigen pfälzischen Abgeord- neten hätten im Mai dieses Jahres der Regierung dringend angelegen, nur keine Truppen in die Pfalz zu schicken. “ Den Schritten unserer eigenen Ab- geordneten verdanken wir also einen guten Theil unserer lan- gen Hilflosigkeit; die Regierung war nur schwach und nachgiebig oder, möcht' ich sagen, ehrlich genug ihnen zu trauen, auf sie zu hören. Die Excesse also jeder Art, namentlich das Hereinzie- hen der fremden Abenteurer, kommt auf eigentliche Rechnung dieser Herren. Sie spielten in München das mit keinem Worte ge- hörig zu bezeichnende falsche Spiel, durch ihre dortige Gegenwart, durch ihr Ausharren in Bayern die Regierung zu lähmen, über den Stand der Sachen und die Jntention des Abfalles und Errichtung einer Republik zu täuschen und so durch ihre Passivität den Umsturz

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 243. Mainz, 12. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal243_1849/2>, abgerufen am 21.11.2024.