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Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849.

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Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 251. Dienstag, den 23. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 17. October. ( D. Z. ) Erzherzog Albrecht ist aus
Prag wieder zurückgekehrt. Schließen Sie jedoch hieraus ja nicht
auf die Auflösung des böhmischen Armeekorps, welches im Gegen-
theile täglich Verstärkungen an Truppen, Munition und Ge-
schützen erhält und dessen Verpflegungsbeamte bereits Vorsorge
getroffen haben, in den Cantonirungsbezirken den Bedarf an
Lebensmitteln für 50,000 Mann für eine geraume Zeit sicher zu
stellen. Der Erzherzog hat Therestenstadt zu seinem Hauptquar-
tiere bezeichnet und wünscht es bis zum ersten November bezogen
zu sehen. Wir entlassen Truppen in die Heimath, aber zugleich
werden auch neue Recrutirungen vorgenommen und Galizien
z. B. mit dem Gebiete von Krakau stellte bis Ende September
6038 Recruten.

Ankömmlinge aus der Baczka erzählen, daß man dort auf
fünfzehn Meilen im Umkreise kein Dorf, kein Wohnhaus, keinen
Baum, kein angebautes Feld findet. Beinahe eben so schlimm
steht es in Siebenbürgen. Jn Kronstadt wurde schon zum achten
Male Brand angelegt. [ Alles von wegen der "Freiheit!" ] Um
dem Lande einigermaßen wieder aufzuhelfen, soll der Kaiser be-
schlossen haben, der sächsischen Nation, die am meisten gelitten,
1 1 / 2 Millionen als Darlehen mit drei freien Jahren und dann
folgender 4procentiger Verzinsung und ratenweiser Rückzahlung
zu bewilligen. Das Armeekorps in Südungarn soll die Be-
stimmung haben, die aus Siebenbürgen abziehenden Russen zu
ersetzen; nach Anderen soll es als Observationskorps gegen die
Türkei bestimmt seyn. Alle Gegenden, durch welche die abziehen-
den Russen kommen, haben von ihrer Liebhaberei für fremdes
Eigenthum zu leiden. An vielen Orten blieb Nichts zurück, als
was dieselben nicht mitnehmen konnten. Aus Krakau schreiben,
nicht etwa Polen, sondern österreichische Offiziere, daß die
durchpassirenden Russen einen solchen Ueberfluß an Wagen und
Pferden mitnehmen ( aus Ungarn nämlich ) , daß man die
schönste bespannte Equipage um 200 fl. von ihnen kaufen
kann. Am meisten Gelegenheit zu ergiebigen Unternehmungen
auf fremdes Eigenthum haben die Obersten, deshalb sollen
sie auch in der Regel untröstlich seyn, wenn sie zu Generalen
avanciren.

Die "Wiener Zeitung" bringt heute ein Handschreiben des
Kaisers von Rußland an den Kriegsminister. Se. Majestät er-
klärt, daß ihm die allerhöchste Entschließung Sr. k. k. apostolischen
Majestät, seines erhabenen Freundes und Alliirten, das Cüras-
sierregiment Nr. 5. nach seinem Namen benennen zu lassen, zu
wahrer Befriedigung gereicht und daß es ihm "insbesondere ein
freudiges Gefühl ist, neuerdings in nähere Beziehung zu einem
Heere zu treten, das in verhängnißvoller Zeit unter ruhmgekrön-
ten Feldherren für Thron und gesetzliche Ordnung muthig käm-
pfend, die Gesinnungen unerschütterlicher Treue rein und lebendig
erhalten hat."

Der "Wanderer" will aus vollkommen verläßlicher Quelle
wissen, daß bei der zwischen Preußen und Oesterreich getroffenen
Vereinbarung weder österreichischer= noch preußischerseits das
Dreikönigsbündniß und die octroyirte Reichsverfassung in Er-
wägung gezogen worden ist. Der zwischen Oesterreich und Preu-
ßen geschlossene Staatsvertrag bedingt eben erst die wahrhafte
Constituirung Deuschlands, und wir vernehmen diesfalls mit
Bestimmtheit, daß jene beiden Momente von Oesterreich weder
stillschweigend noch direct anerkannt werden.

Berlin 17. October. ( W. Z. ) Wenn noch vor wenigen Tagen
die constitutionelle Correspondenz, das offiziöse Organ, durch
welche das Ministerium seine Nachrichten dem Publicum zufließen
läßt, anderen Zeitungsnachrichten gegenüber bestimmt erklärte,
daß über die Person der beiden, von Preußen für die Central-
Bundescommission bestimmten Männer noch nichts feststehe, so
können wir heute doch melden, daß inzwischen diese Wahl defini-
tiv getroffen und zwar auf Hrn. v. Radowitz und den aus der
vormärzlichen Zeit als Justizminister bekannten Hrn. Uhden
gefallen ist. Die Wahl des Letzteren soll auf den Vorschlag des
Hrn. v. Radowitz selbst erfolgt seyn, indessen wird Hr. Uhden
schwerlich etwas mehr als ein willfähriges Werkzeug in der Hand
des anderen Commissarius abgeben, dieser also dadurch nur eine
bequeme Folie für seine eigene, völlig selbstständige Wirksamkeit
erhalten. Es soll vor diesen beiden Ernennungen sowohl beim
[Spaltenumbruch] Könige als im Schooße des Staatsministeriums ein gewisses
Schwanken stattgefunden haben, ob es angemessener sey, den
Hrn. v. Radowitz, den Vater des Bündnisses vom 26. Mai, hier
zu behalten, um während der bevorstehenden Krisen desselben
seine ärztliche Kunst zu erproben, oder ob man ihn als aufmerk-
samen Wächter den österreichischen Commissarien zur Seite stellen
solle. Man entschied sich schließlich für die letztere Alternative.
Die preußische Regierung wird sicherlich noch alles Mögliche
thun, das Bundniß vom 26. Mai zu retten und aufrecht zu er-
halten, doch verhehlt sich kein in die wirkliche Sachlage Einge-
weihter mehr, daß der eigentliche Zweck desselben so gut wie ver-
fehlt ist und eben deshalb mußte sich das Ministerium sagen, daß
es weniger nothwendig sey, Hrn. v. Radowitz hier zu behalten,
um im Jnteresse desselben zu wirken, als in ihm einen geschickten
und gewandten Vertreter der von Preußen für eine Neugestaltung
Deutschlands vertretenen Ansichten den gegentheiligen Bestrebun-
gen gegenüber innerhalb der Central=Bundescommission zu haben
und eben deshalb beschloß man die Sendung des Hrn. v. Radowitz
nach Frankfurt.

Nach den Hausgesetzen unseres Königshauses erlangte der
Sohn des Prinzen von Preußen, der künftige Thronfolger, heute
die Großjährigkeit. Der 18. October ist des Prinzen Geburts-
tag, hoffentlich eine gute Vorbedeutung. Der König hielt an dem-
selben Tage ein Capitel des Schwarzen Adlerordens, bei welchem
der Prinz Friedrich Wilhelm, Graf Brandenburg und General
v. Wrangel unter dem vorgeschriebenen Ceremoniell in das Ca-
pitel des Schwarzen Adlerordens aufgenommen wurden.

Generallieutenant von Peucker ist zum Chef des Stabes
des Prinzen von Preußen, als Militärgouverneur der Rheinpro-
vinz und Westphalens ernannt worden.

München. Der Wiener Vertrag über Herstellung
einer neuen provisorischen Centralgewalt
soll am
19. October der bayrischen Regierung auf officiellem Wege zur
Beitrittserklärung mitgetheilt worden seyn. Ein Gerücht wollte
wissen, die Regierung werde ihre Zustimmung nur unter gewissen
Bedingungen geben.

Stuttgart 20. October. Heute durchfliegt unsere Stadt die
Kunde, daß Staatsrath Duvernoy seine Entlassung vom Mi-
nisterium des Jnnern genommen hat. Der Grund ist seine ab-
weichende Ansicht in der Frage des Anschlusses an das Dreikönigs-
bündniß. Wenn, wie man glaubt erwarten zu dürfen, Staatsrath
Goppelt, welcher auf Duvernoy's Seite stand, ebenfalls zu-
rücktritt, so bleibt vom Märzministerium nur noch Römer.

Kassel 20. October. Sicherem Vernehmen nach ist diesen
Morgen auf telegraphischem Wege die Nachricht hier angelangt,
daß der "deutsche Verwaltungsrath" sich für den 15. Januar
als Schlußtermin der Wahlen zum Reichstage
ent-
schieden hat.

Rastatt 20. October. ( D. Z. ) Drei preußische Unterthanen,
die bisher hier in den Casematten saßen, Bernigau, Jansen
und Schrader wurden diesen Morgen auf dem Fort A erschos-
sen, nachdem denselben eine Stunde zuvor das kriegsgerichtliche
Urtheil publicirt worden worden war. Sie starben alle Drei mit
großer Fassung.

Professor Kinkel ist im Zuchthause zu Naugardt zur Schreib-
stube begnadigt worden und vom Wollspulen erlöst. Auch das
anfängliche Verfahren gegen Kinkel soll auf einem Mißverständ-
nisse und zwar der Behörden der Strafanstalt beruht haben, de-
nen nur anbefohlen war, den Gefangenen in einer seinen Fähig-
keiten entsprechenden Weise zu beschäftigen. Die niederrheinischen
Pastoren werden schon für das Weitere sorgen und die Zeitungen
können sich beruhigen. Womit hätten sie auch ohne Kinkel und
Garibaldi seither ihre Spalten füllen sollen?

Vom Vogelsberge 17. October. ( D. Z. ) Jn unseren land-
ständischen Wahlbezirken Alsfeld, Lauterbach und Herbstein haben
ebenfalls die Werbungen der constitutionellen und demokratischen
Parteien begonnen. Obschon auch hier die Demokraten durch
Großmannssucht und Kinderpossen sich bei den Verständigen
lächerlich, oder auch verhaßt gemacht haben, so kann es doch
leicht sich ereignen, daß durch den auffallenden Mangel an
Uebereinstimmung und Entschiedenheit der Führer der constitutio-
nellen Partei die Candidaten der Demokraten aus der Wahlurne
steigen. Zwei derselben haben sich bereits öffentlich empfohlen,
[Ende Spaltensatz]

Beilage zum Mainzer Journal.


Nro 251. Dienstag, den 23. October. 1849.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland.

Wien 17. October. ( D. Z. ) Erzherzog Albrecht ist aus
Prag wieder zurückgekehrt. Schließen Sie jedoch hieraus ja nicht
auf die Auflösung des böhmischen Armeekorps, welches im Gegen-
theile täglich Verstärkungen an Truppen, Munition und Ge-
schützen erhält und dessen Verpflegungsbeamte bereits Vorsorge
getroffen haben, in den Cantonirungsbezirken den Bedarf an
Lebensmitteln für 50,000 Mann für eine geraume Zeit sicher zu
stellen. Der Erzherzog hat Therestenstadt zu seinem Hauptquar-
tiere bezeichnet und wünscht es bis zum ersten November bezogen
zu sehen. Wir entlassen Truppen in die Heimath, aber zugleich
werden auch neue Recrutirungen vorgenommen und Galizien
z. B. mit dem Gebiete von Krakau stellte bis Ende September
6038 Recruten.

Ankömmlinge aus der Baczka erzählen, daß man dort auf
fünfzehn Meilen im Umkreise kein Dorf, kein Wohnhaus, keinen
Baum, kein angebautes Feld findet. Beinahe eben so schlimm
steht es in Siebenbürgen. Jn Kronstadt wurde schon zum achten
Male Brand angelegt. [ Alles von wegen der „Freiheit!“ ] Um
dem Lande einigermaßen wieder aufzuhelfen, soll der Kaiser be-
schlossen haben, der sächsischen Nation, die am meisten gelitten,
1 1 / 2 Millionen als Darlehen mit drei freien Jahren und dann
folgender 4procentiger Verzinsung und ratenweiser Rückzahlung
zu bewilligen. Das Armeekorps in Südungarn soll die Be-
stimmung haben, die aus Siebenbürgen abziehenden Russen zu
ersetzen; nach Anderen soll es als Observationskorps gegen die
Türkei bestimmt seyn. Alle Gegenden, durch welche die abziehen-
den Russen kommen, haben von ihrer Liebhaberei für fremdes
Eigenthum zu leiden. An vielen Orten blieb Nichts zurück, als
was dieselben nicht mitnehmen konnten. Aus Krakau schreiben,
nicht etwa Polen, sondern österreichische Offiziere, daß die
durchpassirenden Russen einen solchen Ueberfluß an Wagen und
Pferden mitnehmen ( aus Ungarn nämlich ) , daß man die
schönste bespannte Equipage um 200 fl. von ihnen kaufen
kann. Am meisten Gelegenheit zu ergiebigen Unternehmungen
auf fremdes Eigenthum haben die Obersten, deshalb sollen
sie auch in der Regel untröstlich seyn, wenn sie zu Generalen
avanciren.

Die „Wiener Zeitung“ bringt heute ein Handschreiben des
Kaisers von Rußland an den Kriegsminister. Se. Majestät er-
klärt, daß ihm die allerhöchste Entschließung Sr. k. k. apostolischen
Majestät, seines erhabenen Freundes und Alliirten, das Cüras-
sierregiment Nr. 5. nach seinem Namen benennen zu lassen, zu
wahrer Befriedigung gereicht und daß es ihm „insbesondere ein
freudiges Gefühl ist, neuerdings in nähere Beziehung zu einem
Heere zu treten, das in verhängnißvoller Zeit unter ruhmgekrön-
ten Feldherren für Thron und gesetzliche Ordnung muthig käm-
pfend, die Gesinnungen unerschütterlicher Treue rein und lebendig
erhalten hat.“

Der „Wanderer“ will aus vollkommen verläßlicher Quelle
wissen, daß bei der zwischen Preußen und Oesterreich getroffenen
Vereinbarung weder österreichischer= noch preußischerseits das
Dreikönigsbündniß und die octroyirte Reichsverfassung in Er-
wägung gezogen worden ist. Der zwischen Oesterreich und Preu-
ßen geschlossene Staatsvertrag bedingt eben erst die wahrhafte
Constituirung Deuschlands, und wir vernehmen diesfalls mit
Bestimmtheit, daß jene beiden Momente von Oesterreich weder
stillschweigend noch direct anerkannt werden.

Berlin 17. October. ( W. Z. ) Wenn noch vor wenigen Tagen
die constitutionelle Correspondenz, das offiziöse Organ, durch
welche das Ministerium seine Nachrichten dem Publicum zufließen
läßt, anderen Zeitungsnachrichten gegenüber bestimmt erklärte,
daß über die Person der beiden, von Preußen für die Central-
Bundescommission bestimmten Männer noch nichts feststehe, so
können wir heute doch melden, daß inzwischen diese Wahl defini-
tiv getroffen und zwar auf Hrn. v. Radowitz und den aus der
vormärzlichen Zeit als Justizminister bekannten Hrn. Uhden
gefallen ist. Die Wahl des Letzteren soll auf den Vorschlag des
Hrn. v. Radowitz selbst erfolgt seyn, indessen wird Hr. Uhden
schwerlich etwas mehr als ein willfähriges Werkzeug in der Hand
des anderen Commissarius abgeben, dieser also dadurch nur eine
bequeme Folie für seine eigene, völlig selbstständige Wirksamkeit
erhalten. Es soll vor diesen beiden Ernennungen sowohl beim
[Spaltenumbruch] Könige als im Schooße des Staatsministeriums ein gewisses
Schwanken stattgefunden haben, ob es angemessener sey, den
Hrn. v. Radowitz, den Vater des Bündnisses vom 26. Mai, hier
zu behalten, um während der bevorstehenden Krisen desselben
seine ärztliche Kunst zu erproben, oder ob man ihn als aufmerk-
samen Wächter den österreichischen Commissarien zur Seite stellen
solle. Man entschied sich schließlich für die letztere Alternative.
Die preußische Regierung wird sicherlich noch alles Mögliche
thun, das Bundniß vom 26. Mai zu retten und aufrecht zu er-
halten, doch verhehlt sich kein in die wirkliche Sachlage Einge-
weihter mehr, daß der eigentliche Zweck desselben so gut wie ver-
fehlt ist und eben deshalb mußte sich das Ministerium sagen, daß
es weniger nothwendig sey, Hrn. v. Radowitz hier zu behalten,
um im Jnteresse desselben zu wirken, als in ihm einen geschickten
und gewandten Vertreter der von Preußen für eine Neugestaltung
Deutschlands vertretenen Ansichten den gegentheiligen Bestrebun-
gen gegenüber innerhalb der Central=Bundescommission zu haben
und eben deshalb beschloß man die Sendung des Hrn. v. Radowitz
nach Frankfurt.

Nach den Hausgesetzen unseres Königshauses erlangte der
Sohn des Prinzen von Preußen, der künftige Thronfolger, heute
die Großjährigkeit. Der 18. October ist des Prinzen Geburts-
tag, hoffentlich eine gute Vorbedeutung. Der König hielt an dem-
selben Tage ein Capitel des Schwarzen Adlerordens, bei welchem
der Prinz Friedrich Wilhelm, Graf Brandenburg und General
v. Wrangel unter dem vorgeschriebenen Ceremoniell in das Ca-
pitel des Schwarzen Adlerordens aufgenommen wurden.

Generallieutenant von Peucker ist zum Chef des Stabes
des Prinzen von Preußen, als Militärgouverneur der Rheinpro-
vinz und Westphalens ernannt worden.

München. Der Wiener Vertrag über Herstellung
einer neuen provisorischen Centralgewalt
soll am
19. October der bayrischen Regierung auf officiellem Wege zur
Beitrittserklärung mitgetheilt worden seyn. Ein Gerücht wollte
wissen, die Regierung werde ihre Zustimmung nur unter gewissen
Bedingungen geben.

Stuttgart 20. October. Heute durchfliegt unsere Stadt die
Kunde, daß Staatsrath Duvernoy seine Entlassung vom Mi-
nisterium des Jnnern genommen hat. Der Grund ist seine ab-
weichende Ansicht in der Frage des Anschlusses an das Dreikönigs-
bündniß. Wenn, wie man glaubt erwarten zu dürfen, Staatsrath
Goppelt, welcher auf Duvernoy's Seite stand, ebenfalls zu-
rücktritt, so bleibt vom Märzministerium nur noch Römer.

Kassel 20. October. Sicherem Vernehmen nach ist diesen
Morgen auf telegraphischem Wege die Nachricht hier angelangt,
daß der „deutsche Verwaltungsrath“ sich für den 15. Januar
als Schlußtermin der Wahlen zum Reichstage
ent-
schieden hat.

Rastatt 20. October. ( D. Z. ) Drei preußische Unterthanen,
die bisher hier in den Casematten saßen, Bernigau, Jansen
und Schrader wurden diesen Morgen auf dem Fort A erschos-
sen, nachdem denselben eine Stunde zuvor das kriegsgerichtliche
Urtheil publicirt worden worden war. Sie starben alle Drei mit
großer Fassung.

Professor Kinkel ist im Zuchthause zu Naugardt zur Schreib-
stube begnadigt worden und vom Wollspulen erlöst. Auch das
anfängliche Verfahren gegen Kinkel soll auf einem Mißverständ-
nisse und zwar der Behörden der Strafanstalt beruht haben, de-
nen nur anbefohlen war, den Gefangenen in einer seinen Fähig-
keiten entsprechenden Weise zu beschäftigen. Die niederrheinischen
Pastoren werden schon für das Weitere sorgen und die Zeitungen
können sich beruhigen. Womit hätten sie auch ohne Kinkel und
Garibaldi seither ihre Spalten füllen sollen?

Vom Vogelsberge 17. October. ( D. Z. ) Jn unseren land-
ständischen Wahlbezirken Alsfeld, Lauterbach und Herbstein haben
ebenfalls die Werbungen der constitutionellen und demokratischen
Parteien begonnen. Obschon auch hier die Demokraten durch
Großmannssucht und Kinderpossen sich bei den Verständigen
lächerlich, oder auch verhaßt gemacht haben, so kann es doch
leicht sich ereignen, daß durch den auffallenden Mangel an
Uebereinstimmung und Entschiedenheit der Führer der constitutio-
nellen Partei die Candidaten der Demokraten aus der Wahlurne
steigen. Zwei derselben haben sich bereits öffentlich empfohlen,
[Ende Spaltensatz]

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[0005] Beilage zum Mainzer Journal. Nro 251. Dienstag, den 23. October. 1849. Deutschland. Wien 17. October. ( D. Z. ) Erzherzog Albrecht ist aus Prag wieder zurückgekehrt. Schließen Sie jedoch hieraus ja nicht auf die Auflösung des böhmischen Armeekorps, welches im Gegen- theile täglich Verstärkungen an Truppen, Munition und Ge- schützen erhält und dessen Verpflegungsbeamte bereits Vorsorge getroffen haben, in den Cantonirungsbezirken den Bedarf an Lebensmitteln für 50,000 Mann für eine geraume Zeit sicher zu stellen. Der Erzherzog hat Therestenstadt zu seinem Hauptquar- tiere bezeichnet und wünscht es bis zum ersten November bezogen zu sehen. Wir entlassen Truppen in die Heimath, aber zugleich werden auch neue Recrutirungen vorgenommen und Galizien z. B. mit dem Gebiete von Krakau stellte bis Ende September 6038 Recruten. Ankömmlinge aus der Baczka erzählen, daß man dort auf fünfzehn Meilen im Umkreise kein Dorf, kein Wohnhaus, keinen Baum, kein angebautes Feld findet. Beinahe eben so schlimm steht es in Siebenbürgen. Jn Kronstadt wurde schon zum achten Male Brand angelegt. [ Alles von wegen der „Freiheit!“ ] Um dem Lande einigermaßen wieder aufzuhelfen, soll der Kaiser be- schlossen haben, der sächsischen Nation, die am meisten gelitten, 1 1 / 2 Millionen als Darlehen mit drei freien Jahren und dann folgender 4procentiger Verzinsung und ratenweiser Rückzahlung zu bewilligen. Das Armeekorps in Südungarn soll die Be- stimmung haben, die aus Siebenbürgen abziehenden Russen zu ersetzen; nach Anderen soll es als Observationskorps gegen die Türkei bestimmt seyn. Alle Gegenden, durch welche die abziehen- den Russen kommen, haben von ihrer Liebhaberei für fremdes Eigenthum zu leiden. An vielen Orten blieb Nichts zurück, als was dieselben nicht mitnehmen konnten. Aus Krakau schreiben, nicht etwa Polen, sondern österreichische Offiziere, daß die durchpassirenden Russen einen solchen Ueberfluß an Wagen und Pferden mitnehmen ( aus Ungarn nämlich ) , daß man die schönste bespannte Equipage um 200 fl. von ihnen kaufen kann. Am meisten Gelegenheit zu ergiebigen Unternehmungen auf fremdes Eigenthum haben die Obersten, deshalb sollen sie auch in der Regel untröstlich seyn, wenn sie zu Generalen avanciren. Die „Wiener Zeitung“ bringt heute ein Handschreiben des Kaisers von Rußland an den Kriegsminister. Se. Majestät er- klärt, daß ihm die allerhöchste Entschließung Sr. k. k. apostolischen Majestät, seines erhabenen Freundes und Alliirten, das Cüras- sierregiment Nr. 5. nach seinem Namen benennen zu lassen, zu wahrer Befriedigung gereicht und daß es ihm „insbesondere ein freudiges Gefühl ist, neuerdings in nähere Beziehung zu einem Heere zu treten, das in verhängnißvoller Zeit unter ruhmgekrön- ten Feldherren für Thron und gesetzliche Ordnung muthig käm- pfend, die Gesinnungen unerschütterlicher Treue rein und lebendig erhalten hat.“ Der „Wanderer“ will aus vollkommen verläßlicher Quelle wissen, daß bei der zwischen Preußen und Oesterreich getroffenen Vereinbarung weder österreichischer= noch preußischerseits das Dreikönigsbündniß und die octroyirte Reichsverfassung in Er- wägung gezogen worden ist. Der zwischen Oesterreich und Preu- ßen geschlossene Staatsvertrag bedingt eben erst die wahrhafte Constituirung Deuschlands, und wir vernehmen diesfalls mit Bestimmtheit, daß jene beiden Momente von Oesterreich weder stillschweigend noch direct anerkannt werden. Berlin 17. October. ( W. Z. ) Wenn noch vor wenigen Tagen die constitutionelle Correspondenz, das offiziöse Organ, durch welche das Ministerium seine Nachrichten dem Publicum zufließen läßt, anderen Zeitungsnachrichten gegenüber bestimmt erklärte, daß über die Person der beiden, von Preußen für die Central- Bundescommission bestimmten Männer noch nichts feststehe, so können wir heute doch melden, daß inzwischen diese Wahl defini- tiv getroffen und zwar auf Hrn. v. Radowitz und den aus der vormärzlichen Zeit als Justizminister bekannten Hrn. Uhden gefallen ist. Die Wahl des Letzteren soll auf den Vorschlag des Hrn. v. Radowitz selbst erfolgt seyn, indessen wird Hr. Uhden schwerlich etwas mehr als ein willfähriges Werkzeug in der Hand des anderen Commissarius abgeben, dieser also dadurch nur eine bequeme Folie für seine eigene, völlig selbstständige Wirksamkeit erhalten. Es soll vor diesen beiden Ernennungen sowohl beim Könige als im Schooße des Staatsministeriums ein gewisses Schwanken stattgefunden haben, ob es angemessener sey, den Hrn. v. Radowitz, den Vater des Bündnisses vom 26. Mai, hier zu behalten, um während der bevorstehenden Krisen desselben seine ärztliche Kunst zu erproben, oder ob man ihn als aufmerk- samen Wächter den österreichischen Commissarien zur Seite stellen solle. Man entschied sich schließlich für die letztere Alternative. Die preußische Regierung wird sicherlich noch alles Mögliche thun, das Bundniß vom 26. Mai zu retten und aufrecht zu er- halten, doch verhehlt sich kein in die wirkliche Sachlage Einge- weihter mehr, daß der eigentliche Zweck desselben so gut wie ver- fehlt ist und eben deshalb mußte sich das Ministerium sagen, daß es weniger nothwendig sey, Hrn. v. Radowitz hier zu behalten, um im Jnteresse desselben zu wirken, als in ihm einen geschickten und gewandten Vertreter der von Preußen für eine Neugestaltung Deutschlands vertretenen Ansichten den gegentheiligen Bestrebun- gen gegenüber innerhalb der Central=Bundescommission zu haben und eben deshalb beschloß man die Sendung des Hrn. v. Radowitz nach Frankfurt. Nach den Hausgesetzen unseres Königshauses erlangte der Sohn des Prinzen von Preußen, der künftige Thronfolger, heute die Großjährigkeit. Der 18. October ist des Prinzen Geburts- tag, hoffentlich eine gute Vorbedeutung. Der König hielt an dem- selben Tage ein Capitel des Schwarzen Adlerordens, bei welchem der Prinz Friedrich Wilhelm, Graf Brandenburg und General v. Wrangel unter dem vorgeschriebenen Ceremoniell in das Ca- pitel des Schwarzen Adlerordens aufgenommen wurden. Generallieutenant von Peucker ist zum Chef des Stabes des Prinzen von Preußen, als Militärgouverneur der Rheinpro- vinz und Westphalens ernannt worden. München. Der Wiener Vertrag über Herstellung einer neuen provisorischen Centralgewalt soll am 19. October der bayrischen Regierung auf officiellem Wege zur Beitrittserklärung mitgetheilt worden seyn. Ein Gerücht wollte wissen, die Regierung werde ihre Zustimmung nur unter gewissen Bedingungen geben. Stuttgart 20. October. Heute durchfliegt unsere Stadt die Kunde, daß Staatsrath Duvernoy seine Entlassung vom Mi- nisterium des Jnnern genommen hat. Der Grund ist seine ab- weichende Ansicht in der Frage des Anschlusses an das Dreikönigs- bündniß. Wenn, wie man glaubt erwarten zu dürfen, Staatsrath Goppelt, welcher auf Duvernoy's Seite stand, ebenfalls zu- rücktritt, so bleibt vom Märzministerium nur noch Römer. Kassel 20. October. Sicherem Vernehmen nach ist diesen Morgen auf telegraphischem Wege die Nachricht hier angelangt, daß der „deutsche Verwaltungsrath“ sich für den 15. Januar als Schlußtermin der Wahlen zum Reichstage ent- schieden hat. Rastatt 20. October. ( D. Z. ) Drei preußische Unterthanen, die bisher hier in den Casematten saßen, Bernigau, Jansen und Schrader wurden diesen Morgen auf dem Fort A erschos- sen, nachdem denselben eine Stunde zuvor das kriegsgerichtliche Urtheil publicirt worden worden war. Sie starben alle Drei mit großer Fassung. Professor Kinkel ist im Zuchthause zu Naugardt zur Schreib- stube begnadigt worden und vom Wollspulen erlöst. Auch das anfängliche Verfahren gegen Kinkel soll auf einem Mißverständ- nisse und zwar der Behörden der Strafanstalt beruht haben, de- nen nur anbefohlen war, den Gefangenen in einer seinen Fähig- keiten entsprechenden Weise zu beschäftigen. Die niederrheinischen Pastoren werden schon für das Weitere sorgen und die Zeitungen können sich beruhigen. Womit hätten sie auch ohne Kinkel und Garibaldi seither ihre Spalten füllen sollen? Vom Vogelsberge 17. October. ( D. Z. ) Jn unseren land- ständischen Wahlbezirken Alsfeld, Lauterbach und Herbstein haben ebenfalls die Werbungen der constitutionellen und demokratischen Parteien begonnen. Obschon auch hier die Demokraten durch Großmannssucht und Kinderpossen sich bei den Verständigen lächerlich, oder auch verhaßt gemacht haben, so kann es doch leicht sich ereignen, daß durch den auffallenden Mangel an Uebereinstimmung und Entschiedenheit der Führer der constitutio- nellen Partei die Candidaten der Demokraten aus der Wahlurne steigen. Zwei derselben haben sich bereits öffentlich empfohlen,

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 251. Mainz, 22. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal251_1849/5>, abgerufen am 01.06.2024.