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Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849.

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Berlin 24. October. Die Verschiedenheit der Beschlüsse un-
serer Kammern in der Steuerbewilligungsfrage hat zu
mehrfachen Besprechungen zwischen hervorragenden Mitgliedern
der beiden Repräsentationen geführt. Der Zweck derselben war,
einen Beschluß zu vereinbaren, welcher beiden abweichenden Voten
gleich nahe kommt und mit der Aussicht, die Mehrheit in den Kam-
mern zu erlangen, auch zu der Erwartung berechtigt, daß das Mi-
nisterium demselben die Genehmigung ertheilt. Wie verlautet, ist
Seitens der Minister privatim die Bereitwilligkeit, sich mit den
Kammern in dieser Frage zu verständigen, zugesichert worden.
Wie es heißt, hat die [unleserliches Material - 29 Zeichen fehlen]Verfssungsrevisionscommission der zweiten
Kammer alle von der hohen ersten Kammer bei den Artikeln über
die Kirche und Schule beschlossenen, irgend wichtigen Zusätze zu
streichen beantragt.

Se. k. H. der Prinz von Preußen tritt heute ( 25. ) seine Rückreise
nach Süddeutschland an. Er wird von seinem Bruder, dem
Prinzen Karl, bis Minden begleitet.

Julius Fröbel, schreibt man der "Leipziger Zeitung," ist
von seiner Europamüdigkeit sehr schnell geheilt; nach begründe-
ten Mittheilungen ist er von Newyork schon wieder abgereist, um
sich nach der Schweiz zurückzubegeben. Dagegen hat Arnold
Ruge
aus London in diesen Tagen geschrieben, daß er nach
Amerika auswandere und hat seine Correspondenz für die demo-
kratische Zeitung gekündigt.

Stettin 24. October. Jn mehreren Kreisen des Stettiner
Regierungsbezirkes wird darüber geklagt, daß die geistlichen und
Schulabgaben von den Betheiligten nur mit Widerstreben und
höchst säumig entrichtet werden. Die Regierung hat sich deshalb
veranlaßt gesehen, kürzlich eine Circularverfügung an die Kreis-
und Localbehörden zu erlassen, in welcher denselben die energische
Handhabung der desfallsig bestehenden Gesetze aufs Dringendste
zur Pflicht gemacht wird. Namentlich haben die Elementarlehrer
durch den Ausfall der Schulbeiträge bedeutende Verluste erlitten,
Verluste, welche diesen Stand bei seiner bisherigen kärglichen
Besoldung um so schwerer treffen. Nach einer uns vorliegenden
Uebersicht beziehen nämlich von den 1034 Landschullehrern des
Stettiner Regierungsbezirkes ein Gehalt bis zu 60 Thlrn. 134;
zwischen 60 bis 120 erhalten 433; zwischen 120 bis 180 erhal-
ten 289; zwischen 180 bis 240 erhalten 138; zwischen 240 bis
300 erhalten 31; zwischen 300 bis 360 erhalten 7; zwischen 360
bis 420 erhalten 2 Lehrer. Das Gesammteinkommen der Schul-
lehrer beträgt hiernach 125,749 Thlr. und kommt danach im
Durchschnitte auf den Einzelnen ein Gehalt von 121 Thlr. Dazu
kommt noch, daß die Unterstützungen Seitens des Staates in den
letzten Jahren auch geringer gewesen sind als früher. Es wurden
nämlich den Elementarlehrern des Stettiner Regierungsbezirkes
gewährt im Jahre 1847: 5500 Thlr.; 1848: 2400 Thlr. und
1849: 2400 Thlr.

Magdeburg 24. October. ( Magd. C. ) Gestern und heute
haben unsere Stadt mehrere Bataillons passirt, die zur Verstär-
kuug der im Herzogthume Schleswig befindlichen preußischen
Truppen bestimmt sind. Sie gehörten dem 6. und 7. Regimente
an. Auf Morgen werden noch weitere Truppendurchmärsche er-
wartet. Die Truppen verweilen hier nicht, sondern werden so-
gleich auf der Magdeburg=Hamburger Eisenbahn befördert. Jn
Hamburg werden sie eine Nacht einquartirt und dann sogleich
weiter transportirt werden.

Aachen 25. October. ( Aach. Z. ) Heute Mittag ist mit einem Ex-
trazuge der Reichsverweser, Erzherzog Johann, nebst Frau v.
Brandhof und dem jungen Grafen v. Meran, hier eingetroffen und
hat, ohne weiteren Aufenthalt, seine Reise nach Lüttich fortgesetzt.

Hannover 24. October. Herr v. Gagern wird morgen
Abend von Hamburg hier wieder eintreffen und einen Tag hier
bleiben. Seine Freunde beabsichtigen ihm eine Ovation zu bereiten.

Mannheim 26. October. Stand der Brechruhrepidemie.
Am 25. October: Zugang 5, genesen 11, gestorben 2.

# Aus Oberhessen 25. October. Der aus den Rastatter
Cassematten entsprungene Sohn des Professors Dr. Hille-
brand
in Gießen hat seiner Familie brieflich zu wissen gethan,
daß er glücklich auf französischem Boden angekommen sey und sich
zunächst in Straßburg längere Zeit aufzuhalten gedenke. Ueber
diese Nachricht herrscht in Gießen große Freude, zumal gleich-
zeitig auch der Bürger Karl Scriba von den Geschworenen
für "nicht schuldig" erklärt worden ist. Mehrere deutsche, d. h.
Gießener Frauen sprachen in folgender Weise dem Advocaten
Metz für seine Vertheidigung Scriba's ihren Dank aus: "Wir
können nicht umhin unseren heißesten Dank dem ehrenwerthen
Manne Herrn Advocaten Metz von Darmstadt nachzurufen, dem
Manne, welcher ungenirt nicht nur das Recht seines Clienten,
des Herrn Candidaten Scriba zu vertheidigen, sondern, ich möchte
sagen, im Sinne aller edlen deutschen Männer die Sache des ge-
[Spaltenumbruch] sammten Vaterlandes dem Volke gegenüber auszusprechen ver-
mochte. Mit dem Wunsche, daß alle politisch Angeklagten das
Glück hätten, auf solche humane Wahrheit sagende Ver-
theidigung rechnen zu können, unterzeichnen sich mehrere
deutsche Frauen
[ denen wir vor allen Stücken bessere Kennt-
niß der deutschen Sprache wünschten ] ." -- Trotz dem wider das
Einsammeln von Geld für politische Flüchtlinge ergangenen Ver-
bote sammelt man in Gießen fort; auch nimmt man Gaben von
Kleidungsstücken und Tuchlappen zum Ausbessern der Kleider an.
-- Bei der letzten Assisensitzung in Gießen stand vor den
Schranken ein gewisser Wilhelm Kertrich von Oberwerba, an-
geklagt vorsätzlich in seiner Behausung Feuer zur Nachtzeit an-
gelegt zu haben. Sein Haus, das nur einen Werth von 400 fl.
habe, sey zu 1000 fl. versichert gewesen; er stehe in schlechtem
Rufe und seine Vermögensverhältnisse seyen ganz zerrüttet. Trotz
der tüchtigen Vertheidigung des Advocaten Dr. Eckstein ward
über den Angeklagten, zumal viele Zeugen Ungünstiges über ihn
aussagten, das "Schuldig" von den Geschworenen ausgesprochen.
Der Assisenhof verurtheilte ihn zu acht Jahren Corrections-
hausstrafe.

Aus der Wetterau 25. October. Mittlerweile hat sich
nun auch ein Herr Wöller, Administrator von mehreren Stif-
tungen, wohnhaft in Wölfersheim als Candidat zum Landtage
angeboten. Herr Wöller sagt in einer Anzeige im Jntelligenz-
blatte, er sey von vielen Seiten aufgefordert worden, sich als
Candidat zu melden, und es mag seyn, daß dieser Herr, der auch
auf die Republik nicht so ganz bös zu sprechen seyn soll, bei
Manchen nicht übel steht, zumal er vor einiger Zeit dem Landtage
die Aufgabe stellte, den Standesherren an den Kragen zu gehen.
Jch bezweifele indessen sehr, ob ihm das Glück der Wahl zu Theil
wird. -- Vor einigen Tagen fand in einem benachbarten Orte die
Obduction eines stark in den achtziger Jahren stehenden alten
Mannes statt, weil derselbe einige Zeit vor seinem Tode von sei-
nem eigenen Sohne gar arg geschlagen und mißhandelt worden
war, und das Gericht muthmaßte, der Greis könne in Folge dieser
Mißhandlung gestorben seyn. Was die Untersuchung des Leich-
names für ein Resultat hatte, ist mir noch unbekannt. Leider
findet auf dem Lande häufig die Mißhandlung von alten Leuten
durch ihre eigenen Verwandten statt; sie leben den Jhrigen meist
zu lange, besonders wegen des Auszuges, d. h. die alten Leute
treten ihr Eigenthum an ihre Kinder ab, dagegen müssen diese
ihnen Obdach und Victualien geben.

Wiesbaden 25. October. ( N. A. Z. ) Jn der heutigen As-
sisensitzung wurde Gastwirth Debusmann von hier, der Theil-
nahme an dem Frankfurter Septemberaufstande angeklagt, zu
neun Monat Correctionshausstrafe verurtheilt.

Kiel 23. October. ( H. C. ) Heinrich v. Gagern ist hier.
Heute Nachmittag wird derselbe in Begleitung Beselers eine
Dampfschifffahrt zur Besichtigung unseres schönen Hafens machen
und morgen zum Festmahle nach Hamburg zurückkehren.

Die dänischen Schiffe, 5 an der Zahl, liegen noch immer vor
dem Eckernförder Hafen, 3 Kanonenböte und das Kriegs-
dampfschiff "Bonin" sind bereits von Kiel abgegangen und haben
sich gleichfalls vor den Eckernförder Hafen gelegt und sollen die
Absicht haben, die Gefion nach Kiel zu bringen; ob es aber ge-
lingen und ob man sie ausliefern wird, werden die nächsten Tage
lehren, indessen rücken 3000 Mann Preußen hier ein, die Fouriere
sind schon eingetroffen. Das zunächst einrückende Regiment ist
das 7., wie es aber mit der Weiterbeförderung seyn wird, wissen
wir noch nicht, vorläufig hat die hiesige Eisenbahndirection noch
keine Ordre dazu von Kiel erhalten, doch wird sie gewiß ertheilt
werden.

Hamburg 22. October. ( C. Z. ) Heinrich v. Gagern ist
hier und wird ihm zu Ehren von unseren Patrioten, d. h. den
Mitgliedern des patriotischen Vereines ein Diner a Couvert
4 Thaler ohne Wein gegeben werden. Gagern nahm die Einladung
schon in Bremen an, welche ihm von Dr. Knauth zugesandt
wurde, ohne zu wissen, daß dieselben die extreme droite in Ham-
burg bilden. Dr. Riesser, Professor Wurm und Dr. Wolf-
son
übernahmen es, Gagern von dem Standpunkte in Kenntniß
zu setzen und Gagern hat sich unangenehm berührt gefühlt, daß
ihm von dieser Seite eine Ovation zu Theil wurde, besonders da
diese Herren dem Antrage Riesser's nicht nachkommen wollten,
welcher allen politischen Farben bei dem Festessen Zutritt gewäh-
ren wollte. Dr. Riesser ist in Folge dessen aus dem Festcomit e
geschieden und die ganze "Partei Riesser," sowie die Linke werden
sich nicht daran betheiligen.

Die ungarischen Flüchtlinge werden noch einige Zeit hier blei-
ben, es ist für die Unbemittelten derselben eine Sammlung eröff-
net, an deren Spitze Dr. Riesser steht, sie wird gewiß etwas
Bedeutendes ergeben, da die Ungarn hier alle Sympathien für
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Berlin 24. October. Die Verschiedenheit der Beschlüsse un-
serer Kammern in der Steuerbewilligungsfrage hat zu
mehrfachen Besprechungen zwischen hervorragenden Mitgliedern
der beiden Repräsentationen geführt. Der Zweck derselben war,
einen Beschluß zu vereinbaren, welcher beiden abweichenden Voten
gleich nahe kommt und mit der Aussicht, die Mehrheit in den Kam-
mern zu erlangen, auch zu der Erwartung berechtigt, daß das Mi-
nisterium demselben die Genehmigung ertheilt. Wie verlautet, ist
Seitens der Minister privatim die Bereitwilligkeit, sich mit den
Kammern in dieser Frage zu verständigen, zugesichert worden.
Wie es heißt, hat die [unleserliches Material – 29 Zeichen fehlen]Verfssungsrevisionscommission der zweiten
Kammer alle von der hohen ersten Kammer bei den Artikeln über
die Kirche und Schule beschlossenen, irgend wichtigen Zusätze zu
streichen beantragt.

Se. k. H. der Prinz von Preußen tritt heute ( 25. ) seine Rückreise
nach Süddeutschland an. Er wird von seinem Bruder, dem
Prinzen Karl, bis Minden begleitet.

Julius Fröbel, schreibt man der „Leipziger Zeitung,“ ist
von seiner Europamüdigkeit sehr schnell geheilt; nach begründe-
ten Mittheilungen ist er von Newyork schon wieder abgereist, um
sich nach der Schweiz zurückzubegeben. Dagegen hat Arnold
Ruge
aus London in diesen Tagen geschrieben, daß er nach
Amerika auswandere und hat seine Correspondenz für die demo-
kratische Zeitung gekündigt.

Stettin 24. October. Jn mehreren Kreisen des Stettiner
Regierungsbezirkes wird darüber geklagt, daß die geistlichen und
Schulabgaben von den Betheiligten nur mit Widerstreben und
höchst säumig entrichtet werden. Die Regierung hat sich deshalb
veranlaßt gesehen, kürzlich eine Circularverfügung an die Kreis-
und Localbehörden zu erlassen, in welcher denselben die energische
Handhabung der desfallsig bestehenden Gesetze aufs Dringendste
zur Pflicht gemacht wird. Namentlich haben die Elementarlehrer
durch den Ausfall der Schulbeiträge bedeutende Verluste erlitten,
Verluste, welche diesen Stand bei seiner bisherigen kärglichen
Besoldung um so schwerer treffen. Nach einer uns vorliegenden
Uebersicht beziehen nämlich von den 1034 Landschullehrern des
Stettiner Regierungsbezirkes ein Gehalt bis zu 60 Thlrn. 134;
zwischen 60 bis 120 erhalten 433; zwischen 120 bis 180 erhal-
ten 289; zwischen 180 bis 240 erhalten 138; zwischen 240 bis
300 erhalten 31; zwischen 300 bis 360 erhalten 7; zwischen 360
bis 420 erhalten 2 Lehrer. Das Gesammteinkommen der Schul-
lehrer beträgt hiernach 125,749 Thlr. und kommt danach im
Durchschnitte auf den Einzelnen ein Gehalt von 121 Thlr. Dazu
kommt noch, daß die Unterstützungen Seitens des Staates in den
letzten Jahren auch geringer gewesen sind als früher. Es wurden
nämlich den Elementarlehrern des Stettiner Regierungsbezirkes
gewährt im Jahre 1847: 5500 Thlr.; 1848: 2400 Thlr. und
1849: 2400 Thlr.

Magdeburg 24. October. ( Magd. C. ) Gestern und heute
haben unsere Stadt mehrere Bataillons passirt, die zur Verstär-
kuug der im Herzogthume Schleswig befindlichen preußischen
Truppen bestimmt sind. Sie gehörten dem 6. und 7. Regimente
an. Auf Morgen werden noch weitere Truppendurchmärsche er-
wartet. Die Truppen verweilen hier nicht, sondern werden so-
gleich auf der Magdeburg=Hamburger Eisenbahn befördert. Jn
Hamburg werden sie eine Nacht einquartirt und dann sogleich
weiter transportirt werden.

Aachen 25. October. ( Aach. Z. ) Heute Mittag ist mit einem Ex-
trazuge der Reichsverweser, Erzherzog Johann, nebst Frau v.
Brandhof und dem jungen Grafen v. Meran, hier eingetroffen und
hat, ohne weiteren Aufenthalt, seine Reise nach Lüttich fortgesetzt.

Hannover 24. October. Herr v. Gagern wird morgen
Abend von Hamburg hier wieder eintreffen und einen Tag hier
bleiben. Seine Freunde beabsichtigen ihm eine Ovation zu bereiten.

Mannheim 26. October. Stand der Brechruhrepidemie.
Am 25. October: Zugang 5, genesen 11, gestorben 2.

# Aus Oberhessen 25. October. Der aus den Rastatter
Cassematten entsprungene Sohn des Professors Dr. Hille-
brand
in Gießen hat seiner Familie brieflich zu wissen gethan,
daß er glücklich auf französischem Boden angekommen sey und sich
zunächst in Straßburg längere Zeit aufzuhalten gedenke. Ueber
diese Nachricht herrscht in Gießen große Freude, zumal gleich-
zeitig auch der Bürger Karl Scriba von den Geschworenen
für „nicht schuldig“ erklärt worden ist. Mehrere deutsche, d. h.
Gießener Frauen sprachen in folgender Weise dem Advocaten
Metz für seine Vertheidigung Scriba's ihren Dank aus: „Wir
können nicht umhin unseren heißesten Dank dem ehrenwerthen
Manne Herrn Advocaten Metz von Darmstadt nachzurufen, dem
Manne, welcher ungenirt nicht nur das Recht seines Clienten,
des Herrn Candidaten Scriba zu vertheidigen, sondern, ich möchte
sagen, im Sinne aller edlen deutschen Männer die Sache des ge-
[Spaltenumbruch] sammten Vaterlandes dem Volke gegenüber auszusprechen ver-
mochte. Mit dem Wunsche, daß alle politisch Angeklagten das
Glück hätten, auf solche humane Wahrheit sagende Ver-
theidigung rechnen zu können, unterzeichnen sich mehrere
deutsche Frauen
[ denen wir vor allen Stücken bessere Kennt-
niß der deutschen Sprache wünschten ] .“ — Trotz dem wider das
Einsammeln von Geld für politische Flüchtlinge ergangenen Ver-
bote sammelt man in Gießen fort; auch nimmt man Gaben von
Kleidungsstücken und Tuchlappen zum Ausbessern der Kleider an.
— Bei der letzten Assisensitzung in Gießen stand vor den
Schranken ein gewisser Wilhelm Kertrich von Oberwerba, an-
geklagt vorsätzlich in seiner Behausung Feuer zur Nachtzeit an-
gelegt zu haben. Sein Haus, das nur einen Werth von 400 fl.
habe, sey zu 1000 fl. versichert gewesen; er stehe in schlechtem
Rufe und seine Vermögensverhältnisse seyen ganz zerrüttet. Trotz
der tüchtigen Vertheidigung des Advocaten Dr. Eckstein ward
über den Angeklagten, zumal viele Zeugen Ungünstiges über ihn
aussagten, das „Schuldig“ von den Geschworenen ausgesprochen.
Der Assisenhof verurtheilte ihn zu acht Jahren Corrections-
hausstrafe.

Aus der Wetterau 25. October. Mittlerweile hat sich
nun auch ein Herr Wöller, Administrator von mehreren Stif-
tungen, wohnhaft in Wölfersheim als Candidat zum Landtage
angeboten. Herr Wöller sagt in einer Anzeige im Jntelligenz-
blatte, er sey von vielen Seiten aufgefordert worden, sich als
Candidat zu melden, und es mag seyn, daß dieser Herr, der auch
auf die Republik nicht so ganz bös zu sprechen seyn soll, bei
Manchen nicht übel steht, zumal er vor einiger Zeit dem Landtage
die Aufgabe stellte, den Standesherren an den Kragen zu gehen.
Jch bezweifele indessen sehr, ob ihm das Glück der Wahl zu Theil
wird. — Vor einigen Tagen fand in einem benachbarten Orte die
Obduction eines stark in den achtziger Jahren stehenden alten
Mannes statt, weil derselbe einige Zeit vor seinem Tode von sei-
nem eigenen Sohne gar arg geschlagen und mißhandelt worden
war, und das Gericht muthmaßte, der Greis könne in Folge dieser
Mißhandlung gestorben seyn. Was die Untersuchung des Leich-
names für ein Resultat hatte, ist mir noch unbekannt. Leider
findet auf dem Lande häufig die Mißhandlung von alten Leuten
durch ihre eigenen Verwandten statt; sie leben den Jhrigen meist
zu lange, besonders wegen des Auszuges, d. h. die alten Leute
treten ihr Eigenthum an ihre Kinder ab, dagegen müssen diese
ihnen Obdach und Victualien geben.

Wiesbaden 25. October. ( N. A. Z. ) Jn der heutigen As-
sisensitzung wurde Gastwirth Debusmann von hier, der Theil-
nahme an dem Frankfurter Septemberaufstande angeklagt, zu
neun Monat Correctionshausstrafe verurtheilt.

Kiel 23. October. ( H. C. ) Heinrich v. Gagern ist hier.
Heute Nachmittag wird derselbe in Begleitung Beselers eine
Dampfschifffahrt zur Besichtigung unseres schönen Hafens machen
und morgen zum Festmahle nach Hamburg zurückkehren.

Die dänischen Schiffe, 5 an der Zahl, liegen noch immer vor
dem Eckernförder Hafen, 3 Kanonenböte und das Kriegs-
dampfschiff „Bonin“ sind bereits von Kiel abgegangen und haben
sich gleichfalls vor den Eckernförder Hafen gelegt und sollen die
Absicht haben, die Gefion nach Kiel zu bringen; ob es aber ge-
lingen und ob man sie ausliefern wird, werden die nächsten Tage
lehren, indessen rücken 3000 Mann Preußen hier ein, die Fouriere
sind schon eingetroffen. Das zunächst einrückende Regiment ist
das 7., wie es aber mit der Weiterbeförderung seyn wird, wissen
wir noch nicht, vorläufig hat die hiesige Eisenbahndirection noch
keine Ordre dazu von Kiel erhalten, doch wird sie gewiß ertheilt
werden.

Hamburg 22. October. ( C. Z. ) Heinrich v. Gagern ist
hier und wird ihm zu Ehren von unseren Patrioten, d. h. den
Mitgliedern des patriotischen Vereines ein Diner à Couvert
4 Thaler ohne Wein gegeben werden. Gagern nahm die Einladung
schon in Bremen an, welche ihm von Dr. Knauth zugesandt
wurde, ohne zu wissen, daß dieselben die extrème droite in Ham-
burg bilden. Dr. Riesser, Professor Wurm und Dr. Wolf-
son
übernahmen es, Gagern von dem Standpunkte in Kenntniß
zu setzen und Gagern hat sich unangenehm berührt gefühlt, daß
ihm von dieser Seite eine Ovation zu Theil wurde, besonders da
diese Herren dem Antrage Riesser's nicht nachkommen wollten,
welcher allen politischen Farben bei dem Festessen Zutritt gewäh-
ren wollte. Dr. Riesser ist in Folge dessen aus dem Festcomit é
geschieden und die ganze „Partei Riesser,“ sowie die Linke werden
sich nicht daran betheiligen.

Die ungarischen Flüchtlinge werden noch einige Zeit hier blei-
ben, es ist für die Unbemittelten derselben eine Sammlung eröff-
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[0002] Berlin 24. October. Die Verschiedenheit der Beschlüsse un- serer Kammern in der Steuerbewilligungsfrage hat zu mehrfachen Besprechungen zwischen hervorragenden Mitgliedern der beiden Repräsentationen geführt. Der Zweck derselben war, einen Beschluß zu vereinbaren, welcher beiden abweichenden Voten gleich nahe kommt und mit der Aussicht, die Mehrheit in den Kam- mern zu erlangen, auch zu der Erwartung berechtigt, daß das Mi- nisterium demselben die Genehmigung ertheilt. Wie verlautet, ist Seitens der Minister privatim die Bereitwilligkeit, sich mit den Kammern in dieser Frage zu verständigen, zugesichert worden. Wie es heißt, hat die _____________________________Verfssungsrevisionscommission der zweiten Kammer alle von der hohen ersten Kammer bei den Artikeln über die Kirche und Schule beschlossenen, irgend wichtigen Zusätze zu streichen beantragt. Se. k. H. der Prinz von Preußen tritt heute ( 25. ) seine Rückreise nach Süddeutschland an. Er wird von seinem Bruder, dem Prinzen Karl, bis Minden begleitet. Julius Fröbel, schreibt man der „Leipziger Zeitung,“ ist von seiner Europamüdigkeit sehr schnell geheilt; nach begründe- ten Mittheilungen ist er von Newyork schon wieder abgereist, um sich nach der Schweiz zurückzubegeben. Dagegen hat Arnold Ruge aus London in diesen Tagen geschrieben, daß er nach Amerika auswandere und hat seine Correspondenz für die demo- kratische Zeitung gekündigt. Stettin 24. October. Jn mehreren Kreisen des Stettiner Regierungsbezirkes wird darüber geklagt, daß die geistlichen und Schulabgaben von den Betheiligten nur mit Widerstreben und höchst säumig entrichtet werden. Die Regierung hat sich deshalb veranlaßt gesehen, kürzlich eine Circularverfügung an die Kreis- und Localbehörden zu erlassen, in welcher denselben die energische Handhabung der desfallsig bestehenden Gesetze aufs Dringendste zur Pflicht gemacht wird. Namentlich haben die Elementarlehrer durch den Ausfall der Schulbeiträge bedeutende Verluste erlitten, Verluste, welche diesen Stand bei seiner bisherigen kärglichen Besoldung um so schwerer treffen. Nach einer uns vorliegenden Uebersicht beziehen nämlich von den 1034 Landschullehrern des Stettiner Regierungsbezirkes ein Gehalt bis zu 60 Thlrn. 134; zwischen 60 bis 120 erhalten 433; zwischen 120 bis 180 erhal- ten 289; zwischen 180 bis 240 erhalten 138; zwischen 240 bis 300 erhalten 31; zwischen 300 bis 360 erhalten 7; zwischen 360 bis 420 erhalten 2 Lehrer. Das Gesammteinkommen der Schul- lehrer beträgt hiernach 125,749 Thlr. und kommt danach im Durchschnitte auf den Einzelnen ein Gehalt von 121 Thlr. Dazu kommt noch, daß die Unterstützungen Seitens des Staates in den letzten Jahren auch geringer gewesen sind als früher. Es wurden nämlich den Elementarlehrern des Stettiner Regierungsbezirkes gewährt im Jahre 1847: 5500 Thlr.; 1848: 2400 Thlr. und 1849: 2400 Thlr. Magdeburg 24. October. ( Magd. C. ) Gestern und heute haben unsere Stadt mehrere Bataillons passirt, die zur Verstär- kuug der im Herzogthume Schleswig befindlichen preußischen Truppen bestimmt sind. Sie gehörten dem 6. und 7. Regimente an. Auf Morgen werden noch weitere Truppendurchmärsche er- wartet. Die Truppen verweilen hier nicht, sondern werden so- gleich auf der Magdeburg=Hamburger Eisenbahn befördert. Jn Hamburg werden sie eine Nacht einquartirt und dann sogleich weiter transportirt werden. Aachen 25. October. ( Aach. Z. ) Heute Mittag ist mit einem Ex- trazuge der Reichsverweser, Erzherzog Johann, nebst Frau v. Brandhof und dem jungen Grafen v. Meran, hier eingetroffen und hat, ohne weiteren Aufenthalt, seine Reise nach Lüttich fortgesetzt. Hannover 24. October. Herr v. Gagern wird morgen Abend von Hamburg hier wieder eintreffen und einen Tag hier bleiben. Seine Freunde beabsichtigen ihm eine Ovation zu bereiten. Mannheim 26. October. Stand der Brechruhrepidemie. Am 25. October: Zugang 5, genesen 11, gestorben 2. # Aus Oberhessen 25. October. Der aus den Rastatter Cassematten entsprungene Sohn des Professors Dr. Hille- brand in Gießen hat seiner Familie brieflich zu wissen gethan, daß er glücklich auf französischem Boden angekommen sey und sich zunächst in Straßburg längere Zeit aufzuhalten gedenke. Ueber diese Nachricht herrscht in Gießen große Freude, zumal gleich- zeitig auch der Bürger Karl Scriba von den Geschworenen für „nicht schuldig“ erklärt worden ist. Mehrere deutsche, d. h. Gießener Frauen sprachen in folgender Weise dem Advocaten Metz für seine Vertheidigung Scriba's ihren Dank aus: „Wir können nicht umhin unseren heißesten Dank dem ehrenwerthen Manne Herrn Advocaten Metz von Darmstadt nachzurufen, dem Manne, welcher ungenirt nicht nur das Recht seines Clienten, des Herrn Candidaten Scriba zu vertheidigen, sondern, ich möchte sagen, im Sinne aller edlen deutschen Männer die Sache des ge- sammten Vaterlandes dem Volke gegenüber auszusprechen ver- mochte. Mit dem Wunsche, daß alle politisch Angeklagten das Glück hätten, auf solche humane Wahrheit sagende Ver- theidigung rechnen zu können, unterzeichnen sich mehrere deutsche Frauen [ denen wir vor allen Stücken bessere Kennt- niß der deutschen Sprache wünschten ] .“ — Trotz dem wider das Einsammeln von Geld für politische Flüchtlinge ergangenen Ver- bote sammelt man in Gießen fort; auch nimmt man Gaben von Kleidungsstücken und Tuchlappen zum Ausbessern der Kleider an. — Bei der letzten Assisensitzung in Gießen stand vor den Schranken ein gewisser Wilhelm Kertrich von Oberwerba, an- geklagt vorsätzlich in seiner Behausung Feuer zur Nachtzeit an- gelegt zu haben. Sein Haus, das nur einen Werth von 400 fl. habe, sey zu 1000 fl. versichert gewesen; er stehe in schlechtem Rufe und seine Vermögensverhältnisse seyen ganz zerrüttet. Trotz der tüchtigen Vertheidigung des Advocaten Dr. Eckstein ward über den Angeklagten, zumal viele Zeugen Ungünstiges über ihn aussagten, das „Schuldig“ von den Geschworenen ausgesprochen. Der Assisenhof verurtheilte ihn zu acht Jahren Corrections- hausstrafe. Aus der Wetterau 25. October. Mittlerweile hat sich nun auch ein Herr Wöller, Administrator von mehreren Stif- tungen, wohnhaft in Wölfersheim als Candidat zum Landtage angeboten. Herr Wöller sagt in einer Anzeige im Jntelligenz- blatte, er sey von vielen Seiten aufgefordert worden, sich als Candidat zu melden, und es mag seyn, daß dieser Herr, der auch auf die Republik nicht so ganz bös zu sprechen seyn soll, bei Manchen nicht übel steht, zumal er vor einiger Zeit dem Landtage die Aufgabe stellte, den Standesherren an den Kragen zu gehen. Jch bezweifele indessen sehr, ob ihm das Glück der Wahl zu Theil wird. — Vor einigen Tagen fand in einem benachbarten Orte die Obduction eines stark in den achtziger Jahren stehenden alten Mannes statt, weil derselbe einige Zeit vor seinem Tode von sei- nem eigenen Sohne gar arg geschlagen und mißhandelt worden war, und das Gericht muthmaßte, der Greis könne in Folge dieser Mißhandlung gestorben seyn. Was die Untersuchung des Leich- names für ein Resultat hatte, ist mir noch unbekannt. Leider findet auf dem Lande häufig die Mißhandlung von alten Leuten durch ihre eigenen Verwandten statt; sie leben den Jhrigen meist zu lange, besonders wegen des Auszuges, d. h. die alten Leute treten ihr Eigenthum an ihre Kinder ab, dagegen müssen diese ihnen Obdach und Victualien geben. Wiesbaden 25. October. ( N. A. Z. ) Jn der heutigen As- sisensitzung wurde Gastwirth Debusmann von hier, der Theil- nahme an dem Frankfurter Septemberaufstande angeklagt, zu neun Monat Correctionshausstrafe verurtheilt. Kiel 23. October. ( H. C. ) Heinrich v. Gagern ist hier. Heute Nachmittag wird derselbe in Begleitung Beselers eine Dampfschifffahrt zur Besichtigung unseres schönen Hafens machen und morgen zum Festmahle nach Hamburg zurückkehren. Die dänischen Schiffe, 5 an der Zahl, liegen noch immer vor dem Eckernförder Hafen, 3 Kanonenböte und das Kriegs- dampfschiff „Bonin“ sind bereits von Kiel abgegangen und haben sich gleichfalls vor den Eckernförder Hafen gelegt und sollen die Absicht haben, die Gefion nach Kiel zu bringen; ob es aber ge- lingen und ob man sie ausliefern wird, werden die nächsten Tage lehren, indessen rücken 3000 Mann Preußen hier ein, die Fouriere sind schon eingetroffen. Das zunächst einrückende Regiment ist das 7., wie es aber mit der Weiterbeförderung seyn wird, wissen wir noch nicht, vorläufig hat die hiesige Eisenbahndirection noch keine Ordre dazu von Kiel erhalten, doch wird sie gewiß ertheilt werden. Hamburg 22. October. ( C. Z. ) Heinrich v. Gagern ist hier und wird ihm zu Ehren von unseren Patrioten, d. h. den Mitgliedern des patriotischen Vereines ein Diner à Couvert 4 Thaler ohne Wein gegeben werden. Gagern nahm die Einladung schon in Bremen an, welche ihm von Dr. Knauth zugesandt wurde, ohne zu wissen, daß dieselben die extrème droite in Ham- burg bilden. Dr. Riesser, Professor Wurm und Dr. Wolf- son übernahmen es, Gagern von dem Standpunkte in Kenntniß zu setzen und Gagern hat sich unangenehm berührt gefühlt, daß ihm von dieser Seite eine Ovation zu Theil wurde, besonders da diese Herren dem Antrage Riesser's nicht nachkommen wollten, welcher allen politischen Farben bei dem Festessen Zutritt gewäh- ren wollte. Dr. Riesser ist in Folge dessen aus dem Festcomit é geschieden und die ganze „Partei Riesser,“ sowie die Linke werden sich nicht daran betheiligen. Die ungarischen Flüchtlinge werden noch einige Zeit hier blei- ben, es ist für die Unbemittelten derselben eine Sammlung eröff- net, an deren Spitze Dr. Riesser steht, sie wird gewiß etwas Bedeutendes ergeben, da die Ungarn hier alle Sympathien für

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 256. Mainz, 27. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal256_1849/2>, abgerufen am 01.06.2024.