Marburger Zeitung. Nr. 10, Marburg, 24.01.1911.Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Postversendung: [Spaltenumbruch] Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet sich: Postgasse 4. (Telephon Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einschaltungen: Die Einzelnummer kostet 10 Heller. Nr. 10 Dienstag, 24. Jänner 1911 50. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Kuratel! Der Koadjutor der Wiener Erzdiözese, Doktor Wenn der Plan gelingt, den die Herrschsucht Man könnte, müßte es für einen blutigen Fast- 1. Jeder Verein, welcher der katholischen Sache 2. Jeder Verein hat nach Schluß eines jeden 3. Vereine, welche Vereinsnachrichten mittels 4. Kein Verein darf aufgelöst werden, 5. Jeder Pfarrer soll ein genaues Verzeich- 6. Gleichartige Vereine sollen (ähnlich wie es Der k. k. Richter, der einen einzigen Menschen, Und diese schimpfliche Kuratel hat man nicht Würde die Staatsgewalt in irgend einem Staate [Spaltenumbruch] Auf der Bergleite. Nachdruck verboten. 11 Breitspurig lehnte er sich jetzt an den Tisch. "Siehst es ja selbst, daß niemand in der "Willst Du etwa gar sagen, daß mein Quirin "Ach beileib' nit, Armenpfleger, da könnt' ich "Mei, der Bursch' hat's Militär hinter sich [Spaltenumbruch] Bartl stutzte; wo sollte das hinaus? Er kannte "A na, so ein Glück steht meiner Kuni nit zu! "Bist Du ein grantiges Mannsbild, Bartl!" "Ich bin doch nit zu einem Streithandel zu Bartl drückte das eine Auge zu und pfiff still- "Aha, so weht der Wind? Deswegen bemühst "Aber?" drängte Hinterhuber lauernd und "Aber ich will halt nit!" versicherte Bartl mit Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Poſtverſendung: [Spaltenumbruch] Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einſchaltungen: Die Einzelnummer koſtet 10 Heller. Nr. 10 Dienstag, 24. Jänner 1911 50. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Kuratel! Der Koadjutor der Wiener Erzdiözeſe, Doktor Wenn der Plan gelingt, den die Herrſchſucht Man könnte, müßte es für einen blutigen Faſt- 1. Jeder Verein, welcher der katholiſchen Sache 2. Jeder Verein hat nach Schluß eines jeden 3. Vereine, welche Vereinsnachrichten mittels 4. Kein Verein darf aufgelöſt werden, 5. Jeder Pfarrer ſoll ein genaues Verzeich- 6. Gleichartige Vereine ſollen (ähnlich wie es Der k. k. Richter, der einen einzigen Menſchen, Und dieſe ſchimpfliche Kuratel hat man nicht Würde die Staatsgewalt in irgend einem Staate [Spaltenumbruch] Auf der Bergleite. Nachdruck verboten. 11 Breitſpurig lehnte er ſich jetzt an den Tiſch. „Siehſt es ja ſelbſt, daß niemand in der „Willſt Du etwa gar ſagen, daß mein Quirin „Ach beileib’ nit, Armenpfleger, da könnt’ ich „Mei, der Burſch’ hat’s Militär hinter ſich [Spaltenumbruch] Bartl ſtutzte; wo ſollte das hinaus? Er kannte „A na, ſo ein Glück ſteht meiner Kuni nit zu! „Biſt Du ein grantiges Mannsbild, Bartl!“ „Ich bin doch nit zu einem Streithandel zu Bartl drückte das eine Auge zu und pfiff ſtill- „Aha, ſo weht der Wind? Deswegen bemühſt „Aber?“ drängte Hinterhuber lauernd und „Aber ich will halt nit!“ verſicherte Bartl mit <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage xml:id="title1" type="heading" next="#title2"> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Marburger Zeitung.</hi> </titlePart> </titlePage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jExpedition"> <p>Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:<lb/> Ganzjährig 12 <hi rendition="#aq">K,</hi> halbjährig 6 <hi rendition="#aq">K,</hi> vierteljährig 3 <hi rendition="#aq">K,</hi> monat-<lb/> lich 1 <hi rendition="#aq">K.</hi> Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 <hi rendition="#aq">h</hi> mehr.</p><lb/> <p>Mit Poſtverſendung:<lb/> Ganzjährig 14 <hi rendition="#aq">K,</hi> halbjährig 7 <hi rendition="#aq">K,</hi> vierteljährig 3 <hi rendition="#aq">K 50 h.</hi><lb/> Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.</p><lb/> <cb/> <p> <hi rendition="#b">Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und<lb/> Samstag abends.</hi> </p><lb/> <p><hi rendition="#b">Sprechſtunden</hi> des Schriftleiters an allen Wochentagen von<lb/><hi rendition="#b">11—12</hi> Uhr vorm. und von <hi rendition="#b">5—6</hi> Uhr nachm. 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Fürſtbiſchof Nagel hat über alle „katholiſchen“<lb/> Vereine der Erzdiözeſe Wien die Kuratel verhängt,<lb/> die Möglichkeit auch nur der leiſeſten Regung bür-<lb/> gerlicher Selbſtändigkeit „katholiſcher“ Körperſchaſten<lb/> brutal erwürgt, alles, was da den Namen einer<lb/> „katholiſchen“ Vereinigung tragen will, entmündigt,<lb/> entmannt.</p><lb/> <p>Man könnte, müßte es für einen blutigen Faſt-<lb/> nachtsulk eines Cynikers halten, wenn es nicht im<lb/> Wiener Diözeſanblatt und in der Reichspoſt ſtünde.<lb/> Zum Dank für ſeine Gläubigkeit, für die rührende<lb/> Einfalt, in der das klerikal geſinnte Volk dem Klerus<lb/> gab, was es ihm nur geben konnte; zum Dank für<lb/> ſeine Selbſtentäußerung, in der es ſeiner Nöte ver-<lb/> gaß, für den politiſchen Klerus frondete, vor deſſen<lb/> Mandataren auf die Knie fiel und ihnen mit den<lb/> müden wunden Rücken eine Leiter machte, auf denen<lb/> die „Diener Gottes“ von den Altären nach den<lb/> Höhen dieſer Welt, zu irdiſcher Macht und reich-<lb/> beſtellten Tafeln klimmen konnten; zum Dank und<lb/> Lohn für Opfer über Opfer an Treue, Selbſtver-<lb/> geſſenheit, Demut drückt der hochwürdigſte Herr<lb/> Nagel den „katholiſchen“ Vereinen vor der ganzen<lb/> Welt das <hi rendition="#g">Sklavenmal</hi> auf, indem er folgendes<lb/> „verordnet“:</p><lb/> <p>1. Jeder Verein, welcher der katholiſchen Sache<lb/> dienen und den Schutz und Segen des Oberhirten<lb/> der Erzdiözeſe genießen will, hat für ſeine <hi rendition="#g">Sta-<lb/><cb/> tuten</hi> die <hi rendition="#g">Genehmigung</hi> des fürſterzbiſchöf-<lb/> lichen <hi rendition="#g">Ordinariats</hi> anzuſuchen. Wo dies bei be-<lb/> ſtehenden Vereinen unterlaſſen worden wäre, ſoll es<lb/> baldmöglichſt, wenigſtens aber innerhalb dreier Mo-<lb/> nate nachgeholt werden. So oft das Anſuchen um<lb/> ſtaatliche Genehmigung eines katholiſchen Vereines<lb/> (Kongregation) notwendig und förderlich erſcheint,<lb/> hat dieſes Anſuchen <hi rendition="#g">nach</hi> erfolgter <hi rendition="#g">kirchlicher</hi><lb/> Genehmigung der Statuten zu geſchehen.</p><lb/> <p>2. Jeder Verein hat nach Schluß eines jeden<lb/> Vereinsjahres einen kurzen Tätigkeitsbericht an das<lb/> fürſterzbiſchöfliche Ordinariat einzuſenden.</p><lb/> <p>3. Vereine, welche Vereinsnachrichten mittels<lb/> der Preſſeoder Schreibmaſchine (!) veröffentlichen oder<lb/> Zeitſchriften zur Förderung des Vereinszweckes<lb/> publizieren, haben ein Exemplar dieſer Publikationen<lb/> an das Vereinsarchiv des fürſterzbiſchöflichen Ordi-<lb/> nariates einzuſenden.</p><lb/> <p>4. <hi rendition="#g">Kein</hi> Verein darf <hi rendition="#g">aufgelöſt</hi> werden,<lb/> bevor das fürſterzbiſchöfliche <hi rendition="#g">Ordinariat</hi> nicht<lb/> hiezu ſeine <hi rendition="#g">Zuſtimmung</hi> gegeben hat, weshalb<lb/> vor der eventuellen Auflöſung eine motivierte Ein-<lb/> gabe an das fürſterzbiſchöfliche Ordinariat zu machen<lb/> iſt. (Alſo nicht einmal auflöſen dürfen ſich dieſe<lb/> Vereine, ganz gegen das ſtaatliche Vereinsgeſetz!)</p><lb/> <p>5. 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Dein Quirin bringt<lb/> ſein wertvolles Leben nit in Gefahr!“ lächelte<lb/> Bartl ſpaßhaft. Ich täts ihm auch nit raten! Einer<lb/> der aufs Wildern ausgeht, der ſcheut die helle<lb/> Tageszeit und die geraden Wege, — der ſchleicht<lb/> auf krummen Wegen im Dunkeln umeinand’!“</p><lb/> <p>„Willſt Du etwa gar ſagen, daß mein Quirin<lb/> aufs Wildern ausgeht?“ fragte Hinterhuber im<lb/> drohenden Tone.</p><lb/> <p>„Ach beileib’ nit, Armenpfleger, da könnt’ ich<lb/> ja geſtraft werden!“ erwiderte Bartl mit freundlicher<lb/> Ruhe. „Eine Sach’, die man nit gewiß weiß, darf<lb/> man nit nachreden und zur Nachtzeit komm’ ich im<lb/> Winter nit vom Häuſel fort. So wars nit gemeint!<lb/> Nur das Wildern auf mein Dirndel, ’das ſollt er<lb/> halt bleiben laſſen, der Quirin!“</p><lb/> <p>„Mei, der Burſch’ hat’s Militär hinter ſich<lb/> und ſeinen eigenen Willen! 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Brauchſt Dir keine unnützen Sorgen<lb/> machen unſertwegen, Hinterhuber; Dein Quirin<lb/> nimmt meine Kuni nit, — — und meine Kuni<lb/> nimmt Deinen Quirin erſt recht nit!“</p><lb/> <p>„Biſt Du ein grantiges Mannsbild, Bartl!“<lb/> Mit unruhigen Schritten ging Hinterhuber in dem<lb/> kleinen, niedrigen Stübchen hin und her; ſein<lb/> ſpionierender Blick ſtreifte jeden Winkel ab, ver-<lb/> mochte aber nichts Ungehöriges zu entdecken. Er<lb/> war innerlich aufgebracht über den notigen Fretter<lb/> und hätte ihn am liebſten in geringſchätziger Weiſe<lb/> abgefertigt, doch rechtzeitig beſann er ſich noch<lb/> eines Beſſeren.</p><lb/> <p>„Ich bin doch nit zu einem Streithandel zu<lb/> Dir in die eiſige Wildnis herausgekommen! Eine<lb/> Gefälligleit könnteſt Du mir tun! Du haſt einen<lb/> großen Anhang unter den Leuten, biſt um und um<lb/> in der Gegend gut bekannt um weißt um ſo manche<lb/> Familienſach’, die man nit gern unter die Leut’<lb/> bringt. 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Marburger Zeitung.
Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.
Mit Poſtverſendung:
Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h.
Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.
Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.
Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.
Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon Nr. 24.)
Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.
Schluß für Einſchaltungen:
Dienstag, Donnerstag, Samſtag 10 Uhr vormittags.
Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.
Nr. 10 Dienstag, 24. Jänner 1911 50. Jahrgang.
Kuratel!
Der Koadjutor der Wiener Erzdiözeſe, Doktor
Nagel, hat an alle Vereine, welche ſich „katho-
liſch“ nennen oder als „katholiſch“ gelten wollen,
einen Erlaß gerichtet, welcher für alle, die ſich jenem
kirchlichen Dekrete beugen wollen, nichts anderes
bedeutet als die vollkommene bürgerliche Ent-
rechtung.
Wenn der Plan gelingt, den die Herrſchſucht
des Verweſers der Wiener Erzdiözeſe ausgeheckt hat,
geht es nimmer tiefer, iſt die Verknechtung am
Ziele. Fürſtbiſchof Nagel hat über alle „katholiſchen“
Vereine der Erzdiözeſe Wien die Kuratel verhängt,
die Möglichkeit auch nur der leiſeſten Regung bür-
gerlicher Selbſtändigkeit „katholiſcher“ Körperſchaſten
brutal erwürgt, alles, was da den Namen einer
„katholiſchen“ Vereinigung tragen will, entmündigt,
entmannt.
Man könnte, müßte es für einen blutigen Faſt-
nachtsulk eines Cynikers halten, wenn es nicht im
Wiener Diözeſanblatt und in der Reichspoſt ſtünde.
Zum Dank für ſeine Gläubigkeit, für die rührende
Einfalt, in der das klerikal geſinnte Volk dem Klerus
gab, was es ihm nur geben konnte; zum Dank für
ſeine Selbſtentäußerung, in der es ſeiner Nöte ver-
gaß, für den politiſchen Klerus frondete, vor deſſen
Mandataren auf die Knie fiel und ihnen mit den
müden wunden Rücken eine Leiter machte, auf denen
die „Diener Gottes“ von den Altären nach den
Höhen dieſer Welt, zu irdiſcher Macht und reich-
beſtellten Tafeln klimmen konnten; zum Dank und
Lohn für Opfer über Opfer an Treue, Selbſtver-
geſſenheit, Demut drückt der hochwürdigſte Herr
Nagel den „katholiſchen“ Vereinen vor der ganzen
Welt das Sklavenmal auf, indem er folgendes
„verordnet“:
1. Jeder Verein, welcher der katholiſchen Sache
dienen und den Schutz und Segen des Oberhirten
der Erzdiözeſe genießen will, hat für ſeine Sta-
tuten die Genehmigung des fürſterzbiſchöf-
lichen Ordinariats anzuſuchen. Wo dies bei be-
ſtehenden Vereinen unterlaſſen worden wäre, ſoll es
baldmöglichſt, wenigſtens aber innerhalb dreier Mo-
nate nachgeholt werden. So oft das Anſuchen um
ſtaatliche Genehmigung eines katholiſchen Vereines
(Kongregation) notwendig und förderlich erſcheint,
hat dieſes Anſuchen nach erfolgter kirchlicher
Genehmigung der Statuten zu geſchehen.
2. Jeder Verein hat nach Schluß eines jeden
Vereinsjahres einen kurzen Tätigkeitsbericht an das
fürſterzbiſchöfliche Ordinariat einzuſenden.
3. Vereine, welche Vereinsnachrichten mittels
der Preſſeoder Schreibmaſchine (!) veröffentlichen oder
Zeitſchriften zur Förderung des Vereinszweckes
publizieren, haben ein Exemplar dieſer Publikationen
an das Vereinsarchiv des fürſterzbiſchöflichen Ordi-
nariates einzuſenden.
4. Kein Verein darf aufgelöſt werden,
bevor das fürſterzbiſchöfliche Ordinariat nicht
hiezu ſeine Zuſtimmung gegeben hat, weshalb
vor der eventuellen Auflöſung eine motivierte Ein-
gabe an das fürſterzbiſchöfliche Ordinariat zu machen
iſt. (Alſo nicht einmal auflöſen dürfen ſich dieſe
Vereine, ganz gegen das ſtaatliche Vereinsgeſetz!)
5. Jeder Pfarrer ſoll ein genaues Verzeich-
nis der in ſeiner Pfarre beſtehenden katholiſchen
Vereine führen und wenigſtens einmal
im Jahre die in ſeiner Pfarre beſtehenden Vereine
beſuchen und durch Worte der Aufmunterung die
Vereine ſeiner Pfarre fördern. Bei den kanoniſchen
Viſitationen ſollen die Dechanten auf die Pflege des
katholiſchen Vereinslebens jedesmal ihr Augenmerk
hinrichten. Das fürſterzbiſchöfliche Ordinartat reſer-
viert ſich das Recht, durch eigens hiezu beſtellte
fürſterzbiſchöfliche Kommiſſäre die Vereine zu
überwachen.
6. Gleichartige Vereine ſollen (ähnlich wie es
beim Katholiſchen Geſellenverein iſt). Diözeſanver-
bände gründen und die diesbezüglichen Statuten
dem fürſterzbiſchöflichen Ordinariat vorlegen. — —
— Was bedarf es im bürgerlichen Leben, um einen
einzigen armen Trottel unter Kuratel zu ſtellen!
Welche Sicherungen ſind da geſchaffen, was muß
da alles an Erhebungen und Verhandlungen ge-
ſchehen, ehe ein Menſch entmündigt werden kann.
Herr Nagel aber ſtellt Hunderte von Vereinen mit
vielen tauſend Mitgliedern mit einem einzigen Ukas
im Handumdrehen unter Kuratel und — macht ſich
ſelbſt zum Kurator.
Der k. k. Richter, der einen einzigen Menſchen,
der im Beſitze ſeiner fünf Sinne iſt, entmündigen
würde, würde geſtäupt; der römiſche Agent darf
Tauſende öſterreichiſcher Staatsbürger unter Kuratel
ſtellen, entmannen und mit den Eunuchen ein Heer
organiſieren, das jederzeit bereit ſein muß, ſelbſt
gegen den Staat zu marſchieren, da in ſeinem Re-
glement die römiſche Agentur dem Staate überge-
ordnet iſt.
Und dieſe ſchimpfliche Kuratel hat man nicht
irgendwo in einem ſlawiſchen Analphabetenwinkel zu
verhängen gewagt; ihr Schauplatz iſt das Herz
Deutſchöſterreichs! Deutſche ſollen als erſte in
die tiefſte Tiefe ſchimpflicher Knechtſchaft getrieben
werden.
Würde die Staatsgewalt in irgend einem Staate
eine derartige moraliſche Niederwerfung der primärſten
Rechte der Bevölkerung wagen, ſo würde ein Sturm der
Entrüſtung durch alle Lande gehen und wenn jene Re-
gierung zufällig keine klerikale wäre, würden auch die
Klerikalen ſich nicht genug tun können mit Ausbrüchen
der Entrüſtung über eine derart ungeheuerliche Ent-
rechtung und Niederknüppelung der Bevölkerung. Aber
dem Verweſer der Erzdiözeſe Wien, die einſt einen
Kardinal Rauſcher zu den ihren zählte, der an-
ſcheinend darauf bedacht iſt, die letzten, nervöſer
Angſt entſprungenen und das katholiſche Leben
lähmenden Diktaturerläſſe des römiſchen Biſchofs
noch weit zu vergröbern, der darf den Staatsbürgern
Öſterreichs Derartiges bieten!
Auf der Bergleite.
Gebirgsroman von Luiſe Cammerer.
Nachdruck verboten. 11
Breitſpurig lehnte er ſich jetzt an den Tiſch.
„Siehſt es ja ſelbſt, daß niemand in der
Hütten herinnen iſt, kein Bub’ — kein Dirndl!
Du biſt ſchon falſch berichtet. Dein Quirin bringt
ſein wertvolles Leben nit in Gefahr!“ lächelte
Bartl ſpaßhaft. Ich täts ihm auch nit raten! Einer
der aufs Wildern ausgeht, der ſcheut die helle
Tageszeit und die geraden Wege, — der ſchleicht
auf krummen Wegen im Dunkeln umeinand’!“
„Willſt Du etwa gar ſagen, daß mein Quirin
aufs Wildern ausgeht?“ fragte Hinterhuber im
drohenden Tone.
„Ach beileib’ nit, Armenpfleger, da könnt’ ich
ja geſtraft werden!“ erwiderte Bartl mit freundlicher
Ruhe. „Eine Sach’, die man nit gewiß weiß, darf
man nit nachreden und zur Nachtzeit komm’ ich im
Winter nit vom Häuſel fort. So wars nit gemeint!
Nur das Wildern auf mein Dirndel, ’das ſollt er
halt bleiben laſſen, der Quirin!“
„Mei, der Burſch’ hat’s Militär hinter ſich
und ſeinen eigenen Willen! Wenn er die Kuni ernſt
nimmt, — ich könnt’ nix dagegen tun!“ meinte
Hinterhuber mit verſtelltem Lächeln. „Hat ſchon
mancher hausgeſeſſene Bauernſohn ein armes Dirndel
gefreit und iſt damit nit ſchlecht gefahren und Deine
Kuni iſt ein ſauberes, ein richtiges Dirndl.“
Bartl ſtutzte; wo ſollte das hinaus? Er kannte
den alten Fuchs bis in die Seele hinein, ihm konnte
Hinterhuber kein X für ein U vormachen.
„A na, ſo ein Glück ſteht meiner Kuni nit zu!
Da tät’ doch Deine ganze Freundſchaft rebelliſch
werden!“ gab er ſcherzhaft zur Antwort. „Ich
möcht’s meinem Dirndel auch gar nit ſo gut wünſchen!
Weißt, das Beſte vom Leben tut man nit ſo leicht
fortgeben und mein Kindl iſt der helle Sonnenſchein
für mein Alter. Allein wär’ ein ſchlechtes Hauſen
da herinnen! Brauchſt Dir keine unnützen Sorgen
machen unſertwegen, Hinterhuber; Dein Quirin
nimmt meine Kuni nit, — — und meine Kuni
nimmt Deinen Quirin erſt recht nit!“
„Biſt Du ein grantiges Mannsbild, Bartl!“
Mit unruhigen Schritten ging Hinterhuber in dem
kleinen, niedrigen Stübchen hin und her; ſein
ſpionierender Blick ſtreifte jeden Winkel ab, ver-
mochte aber nichts Ungehöriges zu entdecken. Er
war innerlich aufgebracht über den notigen Fretter
und hätte ihn am liebſten in geringſchätziger Weiſe
abgefertigt, doch rechtzeitig beſann er ſich noch
eines Beſſeren.
„Ich bin doch nit zu einem Streithandel zu
Dir in die eiſige Wildnis herausgekommen! Eine
Gefälligleit könnteſt Du mir tun! Du haſt einen
großen Anhang unter den Leuten, biſt um und um
in der Gegend gut bekannt um weißt um ſo manche
Familienſach’, die man nit gern unter die Leut’
bringt. In deinen jungen Jahren biſt Du als
Schneidergeſell auch allweil in „Grün“ beim Riedel-
bauern aus- und eingegangen und mit der Bürger-
meiſterin, mit der Bergleitnerin, haſt Du Dich auch
vertraulich geſtanden. Bürgermeiſter will ich werden!
Aber man könnt’ ſchon meinen, der Bergleitner, der
könnt’ noch aus ſeinem Grab heraus das Amt ver-
walten und kein anderer dürft’ ſich an ſeine Seit’
hinſtellen“, fuhr er in giftigem Tone fort. „Du
ſollſt ein Bißl für mich ſprechen da und dort und
dem Bergleitner ein Bißl was von ſeinen Tugenden
und ſeiner Rechtſchaffenheit herunter tun, damit ich
durchgeh’ bei der Wahl! Auf einen Ster Buchen-
holz und ein Stückl Geld ſolls mir nit ankommen.
Dein Häuſel kriegt ein neues Dach, Du ein neues
Gewand und ein Bißl Aufbeſſerung, wenn Du etwas
aufbringſt, was gegen Ehr’ und Anſehen des Toni
handelt!“
Bartl drückte das eine Auge zu und pfiff ſtill-
vergnügt vor ſich hin. „Mit Speck fängt man
Mäuſe“, ging es ihm durch den Sinn. Wohlweislich
ſprach er es aber nicht aus.
„Aha, ſo weht der Wind? Deswegen bemühſt
Du Dich in die eiſige Wildnis, Hinterhuber?!“
fragte er beluſtigt. „Reden könnt’ ich gar manches,
— — aber —“
„Aber?“ drängte Hinterhuber lauernd und
hielt den Bartl freundſchaftlich am Joppenärmel feſt.
„Aber ich will halt nit!“ verſicherte Bartl mit
lächelndem Gleichmut. „Eine Freundſchaft um die
andere! Gelt, jetzt könnteſt Du mich brauchen?
Doch damals vor acht Jahren, wie ich als Zieler
am Scheibenſtand mein Aug’ verloren und mit der
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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