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Marburger Zeitung. Nr. 10, Marburg, 24.01.1911.

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Nr. 10, 24. Jänner 1911 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] Schiltern, Bezirk Pettau, geboren und nach Pobersch
bei Marburg zuständig, groß, stark gebaut, hat
schwarze Haare, solchen kleinen Schnurrbart, mageres
Gesicht, schwarze Augen und gesunde Zähne; am
Hinterhaupte mehrere Stellen ohne Kopfhaar. Be-
kleidet war mit kurzem Überrock, dunkler Weste und
solchem Rock, dunkelgrüner Hose und gestreiften
Hemd. Auch trägt er eine Nickeluhr mit Pakfong-
kette bei sich.

Neuer Telephonanschlnß.

Die Wohnung
des Stadtarztes Herrn Dr. Albert Leonhard,
Tegetthoffstraße Nr. 35, wurde unter der Nummer
178 dem Telephonverkehre angeschlossen.

Stadtverschönerungsverein.

Donnerstag
den 26. Jänner um 4 Uhr nachmittags wird ein
Eisfest am Stadtteich abgehalten.

Eisenbahntag in Wies.

In Wies findet
im Gasthofe Kurz mit dem Beginne um 2 Uhr
nachmittags am 29. Jänner ein von den Gemeinde-
vertretungen Wies, Feisternitz, Jagernigg, Limberg,
Oberhaag, Oberhart, Pitschgau, Schwanberg, Stam-
mernegg, St. Ulrich, Vordersdorf, Wernersdorf und
Wielfresen im Einvernehmen mit dem Marburg--
Wieser Bahnbauausschusse einberufener Eisenbahn-
tag statt, auf dem der Referent Landtagsabg. Neger
und die Abg. Wastian und Schweiger sprechen
werden. Es handelt sich darum, den Bau der Mar-
burg--Wieser Bahn neuerdings zu betreiben.

Der Unteroffiziersball der Marburger
Garnison

findet am Donnerstag den 23. Februar
unter dem Protektorate des Herrn Brigadiers
Generalmajor v. Brudermann in den neuen
Götz'schen Brauhaussälen statt.

So rächt sich alles schon hienieden.

Vor zwei Jahren tagte im Laibacher Mestni dom
jene Versammlung, in welcher Hribar seine, in
der Broschüre "Kranjka hranilica" niedergedruckte
Hetzrede gegen die Krainische Sparkasse hielt.
Während jener Rede ertönte der Zwischenruf:
"jim ze einglet zvoni" -- d. h. "es läutet ihnen
schon das Zügenglöcklein" -- den deutschen Teil-
habern der krainischen Sparkasse nämlich. Der
Zwischenrufer war Herr Dr. Turk, der nämliche
Dr. Turk, der am 8. d. M. im selben Saale die
Hauptversammlung der Glavna posojilnica eröffnete,
welche die Liquidation dieses Bankinstitutes ein-
leitet. Es muß den Herren bitter zu Mute ge-
wesen sein. Ja -- einglet zvoni -- Herr Dr. Turk
-- aber nicht der Krainischen Sparkasse!

Die langen Hutnadeln.

In Wien hat
gestern zum erstenmal eine Gerichtsverhand-
lung
gegen eine Dame stattgefunden, die mit
ihrer modernen, überlangen Hutnadel einen Passan-
ten verletzt hatte und deshalb wegen Ü [be]rtretung
gegen die körperliche Sicherheit angeklagt worden
war. Im Laufe der Verhandlung erklärte die An-
geklagte: Die Mehrzahl der Wiener Damen trägt
heute die großen Hüte, die ja entsprechend mit
langen Hutnadeln befestigt werden müssen. Warum
werde gerade ich angeklagt? Richter: Jede Dame,
die durch ihre Hutnadel die Sicherheit anderer
Personen gefährdet, wird, wenn eine Anzeige bei
Gericht erstattet wird, angeklagt werden. Nach durch-
führter Verhandlung wurde die Angeklagte unter
Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes
zu 2 Kronen Geldstrafe eventuell 12 Stunden
Arrest, verurteilt. Die Angeklagte meldete die Be-
rufung an. -- Ein derartiges Verbot langer Hut-
nadeln, wie es seit einiger Zeit in Wien besteht,
wäre auch anderswo, auch in Marburg, am Platze.
Vor einigen Tagen erst hat sich am Eislaufplatz
am Stadtteiche dadurch ein Unfall ereignet, daß
eine Eisschuhläuferin, die gestürzt war, von einer
anderen Läuferin, natürlich unabsichtlich, mit der
langen Hutnadel derart gestochen wurde, daß die
Hutnadel durch die Lippe hindurchdrang. Daß
mit diesen langen Nadeln noch ärgeres Unheil an-
gerichtet werden kann -- wir erinnern an die
Möglichkeit, daß durch sie Augen ausgestochen wer-
den können -- liegt auf der Hand und deshalb
würde ein solches Verbot mit Straffolgen auch hier
vollkommen gerechtfertigt sein.




Schaubühne.
Literarischer Abend,

veranstaltet vom
Verbande deutscher Hochschüler Marburgs unter
Mitwirkung von Mitgliedern des Grazer akad.-nation.
Theaterausschusses. -- Ein mehr vergnügter, als
literarisch interessanter Abend! Von den drei Ein-
aktern, die uns geboten wurden, kann nämlich nur
der zweite Anspruch auf Bedeutung erheben. Nestroys
[Spaltenumbruch] Frühere Verhältnisse, welche Posse den Abend ein-
leitete, ist zwar ein mit aller Schärfe, die diesem
Spötter zu Gebote stand, gezeichnetes Gesellschafts-
bild, entbehrt aber jeder dichterischen Tiefe und wirkt
nur auf die Lachmuskeln. Sehr schön aber war
Adolf Müllers Versspiel Die Onkelei. Die Geschichte,
wie ein frisches Mädel ein befreundetes Ehepaar
vor dem Zorn des hintergangenen Onkels errettet,
ist in Versen von einer Grazie und Anmut be-
handelt, daß man in eine Stimmung kommt, als
vernähme man ein Mozartsches Rondo. -- Zimmer
Nr. 18 ist ein ulkiger Situationsschwank, der wohl
auf literarische Betrachtung keinen Anspruch erhebt.
Soviel von den Stücken.

Die Aufführung zeugte von gutem Studium
und Herr cand. jur. Uranitsch erwies sich auch als
geschickter Regisseur. Von den Darstellern muß in
erster Linie Fräulein H. Mahr genannt werden.
Sie gab in der Nestroyschen Posse die Köchin und
in dem Verslustspiel Henritte von Helm. Zeichnete
sie sich in der ersten Rolle schon durch ihr sicheres,
flottes Spiel aus, so entzückte sie in der zweiten
durch das sozusagen Musikalische in jeder ihrer Be-
wegung und durch die klare Aussprache. Ihre
wunderhübsche Bühnenerscheinung trug das übrige
bei, um ihre Leistung jedem ins Gedächtnis zu
prägen. Durch Ruhe und Ebenmaß zeichnete sich
das Spiel Frau M. Walters in der Onkelei aus
und im Zimmer Nr. 18 boten die beiden Fräulein
Hannack ganz prächtige Proben einer sich über bloßen
Dilettantismus erhebenden Darstellungskunst. Von
den Herren gebührt Herrn Uranitsch die Palme, ob-
wohl er als Hausknecht Muffl etwas zu zappelig
und als Hauptmann von Hold etwas zu steif war.
Aber er besitzt Charakterisierungsgabe. Neben ihm ist
besonders zu nennen Herr cand. techn. Baier, der
besonders als Onkel in der Onkelei durch sein gutes
Spiel zu fesseln wußte. Herr Ing. Slama ent-
fesselte besonders als Nabradil herzliches Gelächter.
Wir möchten ähnliche Abende öfter sehen.

Das Glück im Winkel,

Gastspiel des
Herrn Karl Schroth. -- In diesem Stücke legt
Sudermann verhältnismäßig mehr Wert auf poeti-
schen Stimmungsgehalt als auf dramatische Schlag-
kraft und auf einen wirksamen Abschluß; denn die
tugendsame Lösung des Konfliktes ist ziemlich
philiströs. Man kann sich nicht recht vorstellen, wie
sich der brave Rektor des kecken Röcknitz erwehren
will und wie das rassige Weib in ihrer spießbürger-
lichen Umgebung künftig leben wird. Trefflich ge-
lungen ist die Figur des Kraftmenschen Röcknitz, den
der geschätzte Gast glänzend verkörperte. Natürlich-
keit und volltönende Aussprache zeichneten sein Spiel
aus. Aber auch unsere heimischen Kräfte waren mit
Lust bei der Sache. Fräulein Hochberg war eine
ebenbürtige Partnerin. Herr Seifer (Wiedemann)
gab wie immer sein Bestes; seinem Spiele ist es
zu danken, wenn man halbwegs an das dauerhafte
Glück des ungleichen Ehepaares glaubt. Herrn
Gerolds Dr. Orb war fein charakterisiert, die Damen
Kerner und Lamberg, sowie Herr Römer fügten sich
gut ins Ensemble. Das zahlreich erschienene Publi-
kum kam voll auf seine Rechnung, der Beifall war
nach jedem Akte stürmisch.




Tagesneuigkeiten.
Eine Professorsgattin als Tot-
schlägerin.

Aus Nürnberg wird berichtet: Die
Professorensgattin Herterich, die ihren Mann
nach einem Streite durch vier Revolverschüsse
niederstreckte, wurde wegen Totschlages im Affekt
zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.


[Spaltenumbruch]
Flucht eines christlichsozialen Führers.

Der Geschäftsführer und Oberkellner des Restau-
rants "Schillerhof", Robert Öhler in Graz, ein
Führer der christlichsozialen Partei, hat nach Ver-
untreuung von 10.000 Kronen, die er der Ge-
hilfenkasse entwendet hat, die Flucht ergriffen. Man
vermutet, daß er sich nach Wien gewendet hat.

Die Pest in China.

Wie die "Nowoje
Wremja" aus Charbin meldet, hielten die dortigen
englischen und chinesischen Ärzte mit dem Tantai
eine Beratung über die Pestgefahr ab. Es wurde
beschlossen, das von 7000 Menschen bewohnte
Fudsjadan, wo die Ärzte drei Pestherde entdeckt
haben, umzingeln zu lassen.

Frau Curie,

an deren Namen zugleich mit
jenem ihres verstorbenen Gatten sich die Entdeckung
des Radiums knüpft, ist gestern bei der mit Spannung
erwarteten Wahl in die französische Akademie der
Wissenschaften unterlegen. 28 Stimmzettel enthielten
ihren Namen, 30 den des berühmten Physikers
Branly, des Erfinders der Branlyschen Röhren,
jenes sinnreichen Instrumentes zum Nachweis
elektrischer Wellen. Ganz Paris wartete die Ent-
scheidung zwischen beiden Konkurrenten mit größter
Spannung ab.

Zurück zur Natur!

Immer lauter erschallt
dieser Ruf, je mehr die Gefahren der Verweichli-
chung und Nervosität empfunden werden. Der Ver-
weichlichung wird begegnet durch muskelstärkende
Spiele und durch vernünftigen Sport. Geht Hand
in Hand damit die Vermeidung nervenerregender
Genußmittel, so erhält der Körper neue Spannkraft,
die blassen Wangen röten sich wieder und die Augen
blicken lebensfreudig in die Welt. Wie sehr zu sol-
chem Wohlbefinden Kathreiners Kneipp-Malzkaffee
beiträgt, ist allbekannt. Das gewohnte Kaffeegetränk
mit vollem Geschmacke und Aroma gemeßen zu
können, ohne Herz und Nerven zu schwächen, ist
für Erwachsene und Kinder von unschätzbarem
Werte. Umso wichtiger aber auch die Vorsicht vor
geringwertigen Nachahmungen. Der echte und rechte
ist nur in den Paketen mit dem Bilde Kneipps und
der Aufschrift "Kathreiner" enthalten.




Briefkasten der Schriftleitung.

Herrn Kaspar Jurko, Holzhändler und Grundbesitzer
in Smolnik. Es ist gar nicht zum "Staunen", wenn mehrere
Leute den gleichen Namen haben. Es gibt z. B. tausende
Müller, Meier, Wagner usw. Wenn aber, wie in dem von
Ihnen angeführten Falle, der Charakter des Betreffenden
angeführt wird (in jener Gerichtssaalmitteilung hieß es doch
ausdrücklich: der Herr Pfarrer) dann ist eine Verwechslung
wohl nicht leicht möglich. Deshalb liegt uns und wohl
auch allen sonstigen Lesern nicht "der ganze Sachverhalt
in unaufklärlicher Weise finster vor Augen" und deshalb
können Sie auch nicht "Ihren Namen zur Verantwortung
ziehen", weil dieser schuldlos daran ist, wenn er geradeso
lautet wie jener des Pfarrers.




[irrelevantes Material]

[Spaltenumbruch]
Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Gost- und Weinbauschule in Marburg
von Montag den 16. bis einschließlich Sonntag den 22. Jänner 1911.

Tag Luftdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Telstus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederschläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchsteNiederste
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
am
Boden
Montag749.1--8.9--2 0--7.4--6.1--1.50.0-11.0-15.60--
Dienstag752.4--8 50.5--4.9--4 31.02.2--9 5-14.00--
Mittwoch746 6--2.14 6--0.60.65.55 2--5.0-10 03--
Donnerst.743 60 04.42 52.35.05 5--2 1--6 17--
Freitag745.52.97 52.14 29.88.60.1--3 64--
Samstag746.80 81.50.40.94 15 00 2--3 010--
Sonntag742 9--6 6--0 1--2.6--3.11.73 6--6 6--9.94--

Nr. 10, 24. Jänner 1911 Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch] Schiltern, Bezirk Pettau, geboren und nach Poberſch
bei Marburg zuſtändig, groß, ſtark gebaut, hat
ſchwarze Haare, ſolchen kleinen Schnurrbart, mageres
Geſicht, ſchwarze Augen und geſunde Zähne; am
Hinterhaupte mehrere Stellen ohne Kopfhaar. Be-
kleidet war mit kurzem Überrock, dunkler Weſte und
ſolchem Rock, dunkelgrüner Hoſe und geſtreiften
Hemd. Auch trägt er eine Nickeluhr mit Pakfong-
kette bei ſich.

Neuer Telephonanſchlnß.

Die Wohnung
des Stadtarztes Herrn Dr. Albert Leonhard,
Tegetthoffſtraße Nr. 35, wurde unter der Nummer
178 dem Telephonverkehre angeſchloſſen.

Stadtverſchönerungsverein.

Donnerstag
den 26. Jänner um 4 Uhr nachmittags wird ein
Eisfeſt am Stadtteich abgehalten.

Eiſenbahntag in Wies.

In Wies findet
im Gaſthofe Kurz mit dem Beginne um 2 Uhr
nachmittags am 29. Jänner ein von den Gemeinde-
vertretungen Wies, Feiſternitz, Jagernigg, Limberg,
Oberhaag, Oberhart, Pitſchgau, Schwanberg, Stam-
mernegg, St. Ulrich, Vordersdorf, Wernersdorf und
Wielfreſen im Einvernehmen mit dem Marburg—
Wieſer Bahnbauausſchuſſe einberufener Eiſenbahn-
tag ſtatt, auf dem der Referent Landtagsabg. Neger
und die Abg. Waſtian und Schweiger ſprechen
werden. Es handelt ſich darum, den Bau der Mar-
burg—Wieſer Bahn neuerdings zu betreiben.

Der Unteroffiziersball der Marburger
Garniſon

findet am Donnerstag den 23. Februar
unter dem Protektorate des Herrn Brigadiers
Generalmajor v. Brudermann in den neuen
Götz’ſchen Brauhausſälen ſtatt.

So rächt ſich alles ſchon hienieden.

Vor zwei Jahren tagte im Laibacher Meſtni dom
jene Verſammlung, in welcher Hribar ſeine, in
der Broſchüre „Kranjka hranilica“ niedergedruckte
Hetzrede gegen die Krainiſche Sparkaſſe hielt.
Während jener Rede ertönte der Zwiſchenruf:
„jim ze einglet zvoni“ — d. h. „es läutet ihnen
ſchon das Zügenglöcklein“ — den deutſchen Teil-
habern der krainiſchen Sparkaſſe nämlich. Der
Zwiſchenrufer war Herr Dr. Turk, der nämliche
Dr. Turk, der am 8. d. M. im ſelben Saale die
Hauptverſammlung der Glavna poſojilnica eröffnete,
welche die Liquidation dieſes Bankinſtitutes ein-
leitet. Es muß den Herren bitter zu Mute ge-
weſen ſein. Ja — einglet zvoni — Herr Dr. Turk
— aber nicht der Krainiſchen Sparkaſſe!

Die langen Hutnadeln.

In Wien hat
geſtern zum erſtenmal eine Gerichtsverhand-
lung
gegen eine Dame ſtattgefunden, die mit
ihrer modernen, überlangen Hutnadel einen Paſſan-
ten verletzt hatte und deshalb wegen Ü [be]rtretung
gegen die körperliche Sicherheit angeklagt worden
war. Im Laufe der Verhandlung erklärte die An-
geklagte: Die Mehrzahl der Wiener Damen trägt
heute die großen Hüte, die ja entſprechend mit
langen Hutnadeln befeſtigt werden müſſen. Warum
werde gerade ich angeklagt? Richter: Jede Dame,
die durch ihre Hutnadel die Sicherheit anderer
Perſonen gefährdet, wird, wenn eine Anzeige bei
Gericht erſtattet wird, angeklagt werden. Nach durch-
führter Verhandlung wurde die Angeklagte unter
Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes
zu 2 Kronen Geldſtrafe eventuell 12 Stunden
Arreſt, verurteilt. Die Angeklagte meldete die Be-
rufung an. — Ein derartiges Verbot langer Hut-
nadeln, wie es ſeit einiger Zeit in Wien beſteht,
wäre auch anderswo, auch in Marburg, am Platze.
Vor einigen Tagen erſt hat ſich am Eislaufplatz
am Stadtteiche dadurch ein Unfall ereignet, daß
eine Eisſchuhläuferin, die geſtürzt war, von einer
anderen Läuferin, natürlich unabſichtlich, mit der
langen Hutnadel derart geſtochen wurde, daß die
Hutnadel durch die Lippe hindurchdrang. Daß
mit dieſen langen Nadeln noch ärgeres Unheil an-
gerichtet werden kann — wir erinnern an die
Möglichkeit, daß durch ſie Augen ausgeſtochen wer-
den können — liegt auf der Hand und deshalb
würde ein ſolches Verbot mit Straffolgen auch hier
vollkommen gerechtfertigt ſein.




Schaubühne.
Literariſcher Abend,

veranſtaltet vom
Verbande deutſcher Hochſchüler Marburgs unter
Mitwirkung von Mitgliedern des Grazer akad.-nation.
Theaterausſchuſſes. — Ein mehr vergnügter, als
literariſch intereſſanter Abend! Von den drei Ein-
aktern, die uns geboten wurden, kann nämlich nur
der zweite Anſpruch auf Bedeutung erheben. Neſtroys
[Spaltenumbruch] Frühere Verhältniſſe, welche Poſſe den Abend ein-
leitete, iſt zwar ein mit aller Schärfe, die dieſem
Spötter zu Gebote ſtand, gezeichnetes Geſellſchafts-
bild, entbehrt aber jeder dichteriſchen Tiefe und wirkt
nur auf die Lachmuskeln. Sehr ſchön aber war
Adolf Müllers Versſpiel Die Onkelei. Die Geſchichte,
wie ein friſches Mädel ein befreundetes Ehepaar
vor dem Zorn des hintergangenen Onkels errettet,
iſt in Verſen von einer Grazie und Anmut be-
handelt, daß man in eine Stimmung kommt, als
vernähme man ein Mozartſches Rondo. — Zimmer
Nr. 18 iſt ein ulkiger Situationsſchwank, der wohl
auf literariſche Betrachtung keinen Anſpruch erhebt.
Soviel von den Stücken.

Die Aufführung zeugte von gutem Studium
und Herr cand. jur. Uranitſch erwies ſich auch als
geſchickter Regiſſeur. Von den Darſtellern muß in
erſter Linie Fräulein H. Mahr genannt werden.
Sie gab in der Neſtroyſchen Poſſe die Köchin und
in dem Versluſtſpiel Henritte von Helm. Zeichnete
ſie ſich in der erſten Rolle ſchon durch ihr ſicheres,
flottes Spiel aus, ſo entzückte ſie in der zweiten
durch das ſozuſagen Muſikaliſche in jeder ihrer Be-
wegung und durch die klare Ausſprache. Ihre
wunderhübſche Bühnenerſcheinung trug das übrige
bei, um ihre Leiſtung jedem ins Gedächtnis zu
prägen. Durch Ruhe und Ebenmaß zeichnete ſich
das Spiel Frau M. Walters in der Onkelei aus
und im Zimmer Nr. 18 boten die beiden Fräulein
Hannack ganz prächtige Proben einer ſich über bloßen
Dilettantismus erhebenden Darſtellungskunſt. Von
den Herren gebührt Herrn Uranitſch die Palme, ob-
wohl er als Hausknecht Muffl etwas zu zappelig
und als Hauptmann von Hold etwas zu ſteif war.
Aber er beſitzt Charakteriſierungsgabe. Neben ihm iſt
beſonders zu nennen Herr cand. techn. Baier, der
beſonders als Onkel in der Onkelei durch ſein gutes
Spiel zu feſſeln wußte. Herr Ing. Slama ent-
feſſelte beſonders als Nabradil herzliches Gelächter.
Wir möchten ähnliche Abende öfter ſehen.

Das Glück im Winkel,

Gaſtſpiel des
Herrn Karl Schroth. — In dieſem Stücke legt
Sudermann verhältnismäßig mehr Wert auf poeti-
ſchen Stimmungsgehalt als auf dramatiſche Schlag-
kraft und auf einen wirkſamen Abſchluß; denn die
tugendſame Löſung des Konfliktes iſt ziemlich
philiſtrös. Man kann ſich nicht recht vorſtellen, wie
ſich der brave Rektor des kecken Röcknitz erwehren
will und wie das raſſige Weib in ihrer ſpießbürger-
lichen Umgebung künftig leben wird. Trefflich ge-
lungen iſt die Figur des Kraftmenſchen Röcknitz, den
der geſchätzte Gaſt glänzend verkörperte. Natürlich-
keit und volltönende Ausſprache zeichneten ſein Spiel
aus. Aber auch unſere heimiſchen Kräfte waren mit
Luſt bei der Sache. Fräulein Hochberg war eine
ebenbürtige Partnerin. Herr Seifer (Wiedemann)
gab wie immer ſein Beſtes; ſeinem Spiele iſt es
zu danken, wenn man halbwegs an das dauerhafte
Glück des ungleichen Ehepaares glaubt. Herrn
Gerolds Dr. Orb war fein charakteriſiert, die Damen
Kerner und Lamberg, ſowie Herr Römer fügten ſich
gut ins Enſemble. Das zahlreich erſchienene Publi-
kum kam voll auf ſeine Rechnung, der Beifall war
nach jedem Akte ſtürmiſch.




Tagesneuigkeiten.
Eine Profeſſorsgattin als Tot-
ſchlägerin.

Aus Nürnberg wird berichtet: Die
Profeſſorensgattin Herterich, die ihren Mann
nach einem Streite durch vier Revolverſchüſſe
niederſtreckte, wurde wegen Totſchlages im Affekt
zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.


[Spaltenumbruch]
Flucht eines chriſtlichſozialen Führers.

Der Geſchäftsführer und Oberkellner des Reſtau-
rants „Schillerhof“, Robert Öhler in Graz, ein
Führer der chriſtlichſozialen Partei, hat nach Ver-
untreuung von 10.000 Kronen, die er der Ge-
hilfenkaſſe entwendet hat, die Flucht ergriffen. Man
vermutet, daß er ſich nach Wien gewendet hat.

Die Peſt in China.

Wie die „Nowoje
Wremja“ aus Charbin meldet, hielten die dortigen
engliſchen und chineſiſchen Ärzte mit dem Tantai
eine Beratung über die Peſtgefahr ab. Es wurde
beſchloſſen, das von 7000 Menſchen bewohnte
Fudsjadan, wo die Ärzte drei Peſtherde entdeckt
haben, umzingeln zu laſſen.

Frau Curie,

an deren Namen zugleich mit
jenem ihres verſtorbenen Gatten ſich die Entdeckung
des Radiums knüpft, iſt geſtern bei der mit Spannung
erwarteten Wahl in die franzöſiſche Akademie der
Wiſſenſchaften unterlegen. 28 Stimmzettel enthielten
ihren Namen, 30 den des berühmten Phyſikers
Branly, des Erfinders der Branlyſchen Röhren,
jenes ſinnreichen Inſtrumentes zum Nachweis
elektriſcher Wellen. Ganz Paris wartete die Ent-
ſcheidung zwiſchen beiden Konkurrenten mit größter
Spannung ab.

Zurück zur Natur!

Immer lauter erſchallt
dieſer Ruf, je mehr die Gefahren der Verweichli-
chung und Nervoſität empfunden werden. Der Ver-
weichlichung wird begegnet durch muskelſtärkende
Spiele und durch vernünftigen Sport. Geht Hand
in Hand damit die Vermeidung nervenerregender
Genußmittel, ſo erhält der Körper neue Spannkraft,
die blaſſen Wangen röten ſich wieder und die Augen
blicken lebensfreudig in die Welt. Wie ſehr zu ſol-
chem Wohlbefinden Kathreiners Kneipp-Malzkaffee
beiträgt, iſt allbekannt. Das gewohnte Kaffeegetränk
mit vollem Geſchmacke und Aroma gemeßen zu
können, ohne Herz und Nerven zu ſchwächen, iſt
für Erwachſene und Kinder von unſchätzbarem
Werte. Umſo wichtiger aber auch die Vorſicht vor
geringwertigen Nachahmungen. Der echte und rechte
iſt nur in den Paketen mit dem Bilde Kneipps und
der Aufſchrift „Kathreiner“ enthalten.




Briefkaſten der Schriftleitung.

Herrn Kaſpar Jurko, Holzhändler und Grundbeſitzer
in Smolnik. Es iſt gar nicht zum „Staunen“, wenn mehrere
Leute den gleichen Namen haben. Es gibt z. B. tauſende
Müller, Meier, Wagner uſw. Wenn aber, wie in dem von
Ihnen angeführten Falle, der Charakter des Betreffenden
angeführt wird (in jener Gerichtsſaalmitteilung hieß es doch
ausdrücklich: der Herr Pfarrer) dann iſt eine Verwechslung
wohl nicht leicht möglich. Deshalb liegt uns und wohl
auch allen ſonſtigen Leſern nicht „der ganze Sachverhalt
in unaufklärlicher Weiſe finſter vor Augen“ und deshalb
können Sie auch nicht „Ihren Namen zur Verantwortung
ziehen“, weil dieſer ſchuldlos daran iſt, wenn er geradeſo
lautet wie jener des Pfarrers.




[irrelevantes Material]

[Spaltenumbruch]
Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Goſt- und Weinbauſchule in Marburg
von Montag den 16. bis einſchließlich Sonntag den 22. Jänner 1911.

Tag Luftdruck-Tagsm.
(0° red. Baromet.)
Temperatur u. Telſtus Bewölkung,
Tagesmittel
Niederſchläge m / m Bemer-
kungen
7 Uhr früh2 Uhr mittags9 Uhr abendsTagesmittelHöchſteNiederſte
in der
Luft
am
Boden
in der
Luft
am
Boden
Montag749.1—8.9—2 0—7.4—6.1—1.50.0-11.0-15.60
Dienstag752.4—8 50.5—4.9—4 31.02.2—9 5-14.00
Mittwoch746 6—2.14 6—0.60.65.55 2—5.0-10 03
Donnerst.743 60 04.42 52.35.05 5—2 1—6 17
Freitag745.52.97 52.14 29.88.60.1—3 64
Samstag746.80 81.50.40.94 15 00 2—3 010
Sonntag742 9—6 6—0 1—2.6—3.11.73 6—6 6—9.94

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[5/0005] Nr. 10, 24. Jänner 1911 Marburger Zeitung Schiltern, Bezirk Pettau, geboren und nach Poberſch bei Marburg zuſtändig, groß, ſtark gebaut, hat ſchwarze Haare, ſolchen kleinen Schnurrbart, mageres Geſicht, ſchwarze Augen und geſunde Zähne; am Hinterhaupte mehrere Stellen ohne Kopfhaar. Be- kleidet war mit kurzem Überrock, dunkler Weſte und ſolchem Rock, dunkelgrüner Hoſe und geſtreiften Hemd. Auch trägt er eine Nickeluhr mit Pakfong- kette bei ſich. Neuer Telephonanſchlnß. Die Wohnung des Stadtarztes Herrn Dr. Albert Leonhard, Tegetthoffſtraße Nr. 35, wurde unter der Nummer 178 dem Telephonverkehre angeſchloſſen. Stadtverſchönerungsverein. Donnerstag den 26. Jänner um 4 Uhr nachmittags wird ein Eisfeſt am Stadtteich abgehalten. Eiſenbahntag in Wies. In Wies findet im Gaſthofe Kurz mit dem Beginne um 2 Uhr nachmittags am 29. Jänner ein von den Gemeinde- vertretungen Wies, Feiſternitz, Jagernigg, Limberg, Oberhaag, Oberhart, Pitſchgau, Schwanberg, Stam- mernegg, St. Ulrich, Vordersdorf, Wernersdorf und Wielfreſen im Einvernehmen mit dem Marburg— Wieſer Bahnbauausſchuſſe einberufener Eiſenbahn- tag ſtatt, auf dem der Referent Landtagsabg. Neger und die Abg. Waſtian und Schweiger ſprechen werden. Es handelt ſich darum, den Bau der Mar- burg—Wieſer Bahn neuerdings zu betreiben. Der Unteroffiziersball der Marburger Garniſon findet am Donnerstag den 23. Februar unter dem Protektorate des Herrn Brigadiers Generalmajor v. Brudermann in den neuen Götz’ſchen Brauhausſälen ſtatt. So rächt ſich alles ſchon hienieden. Vor zwei Jahren tagte im Laibacher Meſtni dom jene Verſammlung, in welcher Hribar ſeine, in der Broſchüre „Kranjka hranilica“ niedergedruckte Hetzrede gegen die Krainiſche Sparkaſſe hielt. Während jener Rede ertönte der Zwiſchenruf: „jim ze einglet zvoni“ — d. h. „es läutet ihnen ſchon das Zügenglöcklein“ — den deutſchen Teil- habern der krainiſchen Sparkaſſe nämlich. Der Zwiſchenrufer war Herr Dr. Turk, der nämliche Dr. Turk, der am 8. d. M. im ſelben Saale die Hauptverſammlung der Glavna poſojilnica eröffnete, welche die Liquidation dieſes Bankinſtitutes ein- leitet. Es muß den Herren bitter zu Mute ge- weſen ſein. Ja — einglet zvoni — Herr Dr. Turk — aber nicht der Krainiſchen Sparkaſſe! Die langen Hutnadeln. In Wien hat geſtern zum erſtenmal eine Gerichtsverhand- lung gegen eine Dame ſtattgefunden, die mit ihrer modernen, überlangen Hutnadel einen Paſſan- ten verletzt hatte und deshalb wegen Ü bertretung gegen die körperliche Sicherheit angeklagt worden war. Im Laufe der Verhandlung erklärte die An- geklagte: Die Mehrzahl der Wiener Damen trägt heute die großen Hüte, die ja entſprechend mit langen Hutnadeln befeſtigt werden müſſen. Warum werde gerade ich angeklagt? Richter: Jede Dame, die durch ihre Hutnadel die Sicherheit anderer Perſonen gefährdet, wird, wenn eine Anzeige bei Gericht erſtattet wird, angeklagt werden. Nach durch- führter Verhandlung wurde die Angeklagte unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes zu 2 Kronen Geldſtrafe eventuell 12 Stunden Arreſt, verurteilt. Die Angeklagte meldete die Be- rufung an. — Ein derartiges Verbot langer Hut- nadeln, wie es ſeit einiger Zeit in Wien beſteht, wäre auch anderswo, auch in Marburg, am Platze. Vor einigen Tagen erſt hat ſich am Eislaufplatz am Stadtteiche dadurch ein Unfall ereignet, daß eine Eisſchuhläuferin, die geſtürzt war, von einer anderen Läuferin, natürlich unabſichtlich, mit der langen Hutnadel derart geſtochen wurde, daß die Hutnadel durch die Lippe hindurchdrang. Daß mit dieſen langen Nadeln noch ärgeres Unheil an- gerichtet werden kann — wir erinnern an die Möglichkeit, daß durch ſie Augen ausgeſtochen wer- den können — liegt auf der Hand und deshalb würde ein ſolches Verbot mit Straffolgen auch hier vollkommen gerechtfertigt ſein. Schaubühne. Literariſcher Abend, veranſtaltet vom Verbande deutſcher Hochſchüler Marburgs unter Mitwirkung von Mitgliedern des Grazer akad.-nation. Theaterausſchuſſes. — Ein mehr vergnügter, als literariſch intereſſanter Abend! Von den drei Ein- aktern, die uns geboten wurden, kann nämlich nur der zweite Anſpruch auf Bedeutung erheben. Neſtroys Frühere Verhältniſſe, welche Poſſe den Abend ein- leitete, iſt zwar ein mit aller Schärfe, die dieſem Spötter zu Gebote ſtand, gezeichnetes Geſellſchafts- bild, entbehrt aber jeder dichteriſchen Tiefe und wirkt nur auf die Lachmuskeln. Sehr ſchön aber war Adolf Müllers Versſpiel Die Onkelei. Die Geſchichte, wie ein friſches Mädel ein befreundetes Ehepaar vor dem Zorn des hintergangenen Onkels errettet, iſt in Verſen von einer Grazie und Anmut be- handelt, daß man in eine Stimmung kommt, als vernähme man ein Mozartſches Rondo. — Zimmer Nr. 18 iſt ein ulkiger Situationsſchwank, der wohl auf literariſche Betrachtung keinen Anſpruch erhebt. Soviel von den Stücken. Die Aufführung zeugte von gutem Studium und Herr cand. jur. Uranitſch erwies ſich auch als geſchickter Regiſſeur. Von den Darſtellern muß in erſter Linie Fräulein H. Mahr genannt werden. Sie gab in der Neſtroyſchen Poſſe die Köchin und in dem Versluſtſpiel Henritte von Helm. Zeichnete ſie ſich in der erſten Rolle ſchon durch ihr ſicheres, flottes Spiel aus, ſo entzückte ſie in der zweiten durch das ſozuſagen Muſikaliſche in jeder ihrer Be- wegung und durch die klare Ausſprache. Ihre wunderhübſche Bühnenerſcheinung trug das übrige bei, um ihre Leiſtung jedem ins Gedächtnis zu prägen. Durch Ruhe und Ebenmaß zeichnete ſich das Spiel Frau M. Walters in der Onkelei aus und im Zimmer Nr. 18 boten die beiden Fräulein Hannack ganz prächtige Proben einer ſich über bloßen Dilettantismus erhebenden Darſtellungskunſt. Von den Herren gebührt Herrn Uranitſch die Palme, ob- wohl er als Hausknecht Muffl etwas zu zappelig und als Hauptmann von Hold etwas zu ſteif war. Aber er beſitzt Charakteriſierungsgabe. Neben ihm iſt beſonders zu nennen Herr cand. techn. Baier, der beſonders als Onkel in der Onkelei durch ſein gutes Spiel zu feſſeln wußte. Herr Ing. Slama ent- feſſelte beſonders als Nabradil herzliches Gelächter. Wir möchten ähnliche Abende öfter ſehen. ln. Das Glück im Winkel, Gaſtſpiel des Herrn Karl Schroth. — In dieſem Stücke legt Sudermann verhältnismäßig mehr Wert auf poeti- ſchen Stimmungsgehalt als auf dramatiſche Schlag- kraft und auf einen wirkſamen Abſchluß; denn die tugendſame Löſung des Konfliktes iſt ziemlich philiſtrös. Man kann ſich nicht recht vorſtellen, wie ſich der brave Rektor des kecken Röcknitz erwehren will und wie das raſſige Weib in ihrer ſpießbürger- lichen Umgebung künftig leben wird. Trefflich ge- lungen iſt die Figur des Kraftmenſchen Röcknitz, den der geſchätzte Gaſt glänzend verkörperte. Natürlich- keit und volltönende Ausſprache zeichneten ſein Spiel aus. Aber auch unſere heimiſchen Kräfte waren mit Luſt bei der Sache. Fräulein Hochberg war eine ebenbürtige Partnerin. Herr Seifer (Wiedemann) gab wie immer ſein Beſtes; ſeinem Spiele iſt es zu danken, wenn man halbwegs an das dauerhafte Glück des ungleichen Ehepaares glaubt. Herrn Gerolds Dr. Orb war fein charakteriſiert, die Damen Kerner und Lamberg, ſowie Herr Römer fügten ſich gut ins Enſemble. Das zahlreich erſchienene Publi- kum kam voll auf ſeine Rechnung, der Beifall war nach jedem Akte ſtürmiſch. tr. Tagesneuigkeiten. Eine Profeſſorsgattin als Tot- ſchlägerin. Aus Nürnberg wird berichtet: Die Profeſſorensgattin Herterich, die ihren Mann nach einem Streite durch vier Revolverſchüſſe niederſtreckte, wurde wegen Totſchlages im Affekt zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Flucht eines chriſtlichſozialen Führers. Der Geſchäftsführer und Oberkellner des Reſtau- rants „Schillerhof“, Robert Öhler in Graz, ein Führer der chriſtlichſozialen Partei, hat nach Ver- untreuung von 10.000 Kronen, die er der Ge- hilfenkaſſe entwendet hat, die Flucht ergriffen. Man vermutet, daß er ſich nach Wien gewendet hat. Die Peſt in China. Wie die „Nowoje Wremja“ aus Charbin meldet, hielten die dortigen engliſchen und chineſiſchen Ärzte mit dem Tantai eine Beratung über die Peſtgefahr ab. Es wurde beſchloſſen, das von 7000 Menſchen bewohnte Fudsjadan, wo die Ärzte drei Peſtherde entdeckt haben, umzingeln zu laſſen. Frau Curie, an deren Namen zugleich mit jenem ihres verſtorbenen Gatten ſich die Entdeckung des Radiums knüpft, iſt geſtern bei der mit Spannung erwarteten Wahl in die franzöſiſche Akademie der Wiſſenſchaften unterlegen. 28 Stimmzettel enthielten ihren Namen, 30 den des berühmten Phyſikers Branly, des Erfinders der Branlyſchen Röhren, jenes ſinnreichen Inſtrumentes zum Nachweis elektriſcher Wellen. Ganz Paris wartete die Ent- ſcheidung zwiſchen beiden Konkurrenten mit größter Spannung ab. Zurück zur Natur! Immer lauter erſchallt dieſer Ruf, je mehr die Gefahren der Verweichli- chung und Nervoſität empfunden werden. Der Ver- weichlichung wird begegnet durch muskelſtärkende Spiele und durch vernünftigen Sport. Geht Hand in Hand damit die Vermeidung nervenerregender Genußmittel, ſo erhält der Körper neue Spannkraft, die blaſſen Wangen röten ſich wieder und die Augen blicken lebensfreudig in die Welt. Wie ſehr zu ſol- chem Wohlbefinden Kathreiners Kneipp-Malzkaffee beiträgt, iſt allbekannt. Das gewohnte Kaffeegetränk mit vollem Geſchmacke und Aroma gemeßen zu können, ohne Herz und Nerven zu ſchwächen, iſt für Erwachſene und Kinder von unſchätzbarem Werte. Umſo wichtiger aber auch die Vorſicht vor geringwertigen Nachahmungen. Der echte und rechte iſt nur in den Paketen mit dem Bilde Kneipps und der Aufſchrift „Kathreiner“ enthalten. Briefkaſten der Schriftleitung. Herrn Kaſpar Jurko, Holzhändler und Grundbeſitzer in Smolnik. Es iſt gar nicht zum „Staunen“, wenn mehrere Leute den gleichen Namen haben. Es gibt z. B. tauſende Müller, Meier, Wagner uſw. Wenn aber, wie in dem von Ihnen angeführten Falle, der Charakter des Betreffenden angeführt wird (in jener Gerichtsſaalmitteilung hieß es doch ausdrücklich: der Herr Pfarrer) dann iſt eine Verwechslung wohl nicht leicht möglich. Deshalb liegt uns und wohl auch allen ſonſtigen Leſern nicht „der ganze Sachverhalt in unaufklärlicher Weiſe finſter vor Augen“ und deshalb können Sie auch nicht „Ihren Namen zur Verantwortung ziehen“, weil dieſer ſchuldlos daran iſt, wenn er geradeſo lautet wie jener des Pfarrers. _ Beobachtungen an der Wetterwarte der Landes-Goſt- und Weinbauſchule in Marburg von Montag den 16. bis einſchließlich Sonntag den 22. Jänner 1911. Tag Luftdruck-Tagsm. (0° red. Baromet.) Temperatur u. Telſtus Bewölkung, Tagesmittel Niederſchläge m / m Bemer- kungen 7 Uhr früh 2 Uhr mittags 9 Uhr abends Tagesmittel Höchſte Niederſte in der Luft am Boden in der Luft am Boden Montag 749.1 —8.9 —2 0 —7.4 —6.1 —1.5 0.0 -11.0 -15.6 0 — Dienstag 752.4 —8 5 0.5 —4.9 —4 3 1.0 2.2 —9 5 -14.0 0 — Mittwoch 746 6 —2.1 4 6 —0.6 0.6 5.5 5 2 —5.0 -10 0 3 — Donnerst. 743 6 0 0 4.4 2 5 2.3 5.0 5 5 —2 1 —6 1 7 — Freitag 745.5 2.9 7 5 2.1 4 2 9.8 8.6 0.1 —3 6 4 — Samstag 746.8 0 8 1.5 0.4 0.9 4 1 5 0 0 2 —3 0 10 — Sonntag 742 9 —6 6 —0 1 —2.6 —3.1 1.7 3 6 —6 6 —9.9 4 —

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 10, Marburg, 24.01.1911, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger10_1911/5>, abgerufen am 21.11.2024.