Marburger Zeitung. Nr. 66, Marburg, 04.06.1901.Nr. 66, 4. Juni 1901. Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Die Musik besorgt die vollständige Südbahnwerk- stättenmusikkapelle unter Max Schönherrs per- sönlicher Leitung. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, dass der Besuch dieser Lieder- tafel gleich den früheren eine ganz bedeutende Be- sucherzahl aufweisen wird, sind doch die Leistungen dieses Elitevereines weit und breit auf das Vor- theilhafteste bekannt. (Parkmusik.) Vom Juni angefangen spielt (Programm) für das morgen stattfindende (Das Sommerfest), welches am Sonntag (Casinogarten.) Herr Sauer, der nach (Allerlei.) Da ich kein Schablonenmensch (Notariat in Frohnleiten.) Der Ju- (In die Brust geschossen.) Der 15jährige (Wetterschießen.) Bei den letzten Ge- (Postalisches.) Vom 3. Juni l. J. ange- Der Krieg in Südafrika. London, 3. Juni. Die letzten Nachrichten Beobachtungen an der meteorologischen Station der Landes-Obst- und Weinbauschule in Marburg vom Samstag, den 25. bis einschließlich Freitag, den 31. Mai 1901
[irrelevantes Material]
Nr. 66, 4. Juni 1901. Marburger Zeitung [Spaltenumbruch] Die Muſik beſorgt die vollſtändige Südbahnwerk- ſtättenmuſikkapelle unter Max Schönherrs per- ſönlicher Leitung. Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir annehmen, daſs der Beſuch dieſer Lieder- tafel gleich den früheren eine ganz bedeutende Be- ſucherzahl aufweiſen wird, ſind doch die Leiſtungen dieſes Elitevereines weit und breit auf das Vor- theilhafteſte bekannt. (Parkmuſik.) Vom Juni angefangen ſpielt (Programm) für das morgen ſtattfindende (Das Sommerfeſt), welches am Sonntag (Caſinogarten.) Herr Sauer, der nach (Allerlei.) Da ich kein Schablonenmenſch (Notariat in Frohnleiten.) Der Ju- (In die Bruſt geſchoſſen.) Der 15jährige (Wetterſchießen.) Bei den letzten Ge- (Poſtaliſches.) Vom 3. Juni l. J. ange- Der Krieg in Südafrika. London, 3. Juni. Die letzten Nachrichten Beobachtungen an der meteorologiſchen Station der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg vom Samstag, den 25. bis einſchließlich Freitag, den 31. Mai 1901
[irrelevantes Material]
<TEI> <text> <body> <div type="jLocal" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0005" n="5"/><fw place="top" type="header">Nr. 66, 4. Juni 1901. Marburger Zeitung</fw><lb/><cb/> Die Muſik beſorgt die vollſtändige Südbahnwerk-<lb/> ſtättenmuſikkapelle unter Max Schönherrs per-<lb/> ſönlicher Leitung. Wir werden kaum fehlgehen,<lb/> wenn wir annehmen, daſs der Beſuch dieſer Lieder-<lb/> tafel gleich den früheren eine ganz bedeutende Be-<lb/> ſucherzahl aufweiſen wird, ſind doch die Leiſtungen<lb/> dieſes Elitevereines weit und breit auf das Vor-<lb/> theilhafteſte bekannt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Parkmuſik.)</hi> </head> <p>Vom Juni angefangen ſpielt<lb/> die Südbahnwerkſtätten-Muſikkapelle bis auf weiteres<lb/> jeden Mittwoch von halb 7 bis 8 Uhr abends im<lb/> Stadtpark.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Programm)</hi> </head> <p>für das morgen ſtattfindende<lb/> Stadtpark-Concert: 1. „Die Poſt von Waſhington“,<lb/> amerikaniſcher Marſch von Souſa. 2. Ouverture zur<lb/> Oper: <hi rendition="#aq">„Domino nero“</hi> von Roſſini. 3. „Wiener<lb/> Humor“, Walzer von Raab. 4. Intermezzo aus<lb/> der Oper: <hi rendition="#aq">Cavalleria rusticana</hi>“ von Mascagni.<lb/> 5. „Gruß an Wien“, Polka von Roſenkranz.<lb/> 6. Balletmuſik aus der Oper: „Die Königin von<lb/> Saba“ von Gounod. 7. Vucovich-Marſch von<lb/> Dr. Gruber.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Das Sommerfeſt),</hi> </head> <p>welches am Sonntag<lb/> vom völkiſchen Turnverein „Jahn“ und dem deutſch-<lb/> nationalen Gehilfenverein in der Kreuzhof-Wirtſchaft<lb/> abgehalten wurde, war von beiläufig 1000 Perſonen<lb/> beſucht, trotzdem manche Kreiſe geradezu oſtentativ<lb/> durch ihre Abweſenheit glänzten. Nachmittags fand<lb/> eine längere Turnübung auf der Wieſe ſtatt und<lb/> wurden die ſtrammen Jünger Jahns mit lauten Heil-<lb/> rufen für ihre wirklich gediegenen Leiſtungen be-<lb/> lohnt. Auf dem Feſtplatze fanden verſchiedene Unter-<lb/> haltungen ſtatt. Ein eigenes Kaſperltheater zog viele,<lb/> insſondere die Jugend an, der Schießſtand bot<lb/> manchen willkommene Zerſtreuung, auf der Wieſe<lb/> unterhielt ſich das junge Volk mit Hahnenſchlagen,<lb/> die brave Südbahnwerſtättenkapelle unter Max<lb/> Schönherrs vortrefflicher Leitung bot und nur Gutes,<lb/> ein Glückshafen, Coriandoliwerfen u. ſ. w. trugen<lb/> gleichfalls das ihrige zur Unterhaltung bei. Man<lb/> vergnügte ſich recht gut und als die Abenddämmerung<lb/> angebrochen war, traten die Turner zu einem Fackel-<lb/> reigen an, der eines eigenthümlichen Reizes nicht<lb/> entbehrte. Mit brennenden Fackeln wurden ver-<lb/> ſchiedene turneriſche Uebungen und Aufmärſche aus-<lb/> geführt, am ſchönſten war jedoch die Schluſsfigur<lb/> der lebenden Pyramide bei bengaliſcher Beleuchtung.<lb/> Während der Aufſtellung wurde die „Wacht am<lb/> Rhein“ angeſtimmt, von der Kapelle begleitet und<lb/> von hunderten Kehlen mitgeſungen. Während ein<lb/> Theil der Beſucher den Heimweg antrat, blieben die<lb/> übrigen noch längere Zeit beiſammen. Die volle<lb/> Mondesſcheibe breitete über die menſchenleere Wieſe<lb/> ein magiſches Licht, unten das Rauſchen der ſtark<lb/> angeſchwollenen Drau, in deren Fluten ſich die Ufer<lb/> ſpiegeln, ganz Marburg erſcheint in deutlichem Lichte<lb/> vor uns, die Natur athmet Kraft und Leben, wie<lb/> ſolches durch die ſtrammen Turner verkörpert iſt.<lb/> Allmählich wird es einſam und anſtatt des lebhaften<lb/> Treibens herrſcht auf der ganzen Stätte ein feierliches<lb/> Schweigen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Caſinogarten.)</hi> </head> <p>Herr <hi rendition="#g">Sauer,</hi> der nach<lb/> ſchwerer Krankheit wieder hergeſtellt iſt, hat heuer<lb/> den Garten vor dem Caſino ganz neu herrichten<lb/> und ſchön ausſtatten laſſen. Man kann ſagen, daſs<lb/> ſich der Garten auf dem ſchönſten Punkte der<lb/> inneren Stadt befindet. Dies und die anerkannt<lb/> vorzügliche Küche, ſowie gute Getränke, werden da-<lb/> zu beitragen, daſs der Garten durch zahlreiche<lb/> Gäſte belebt ſein wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Allerlei.)</hi> </head> <p>Da ich kein Schablonenmenſch<lb/> bin, ſchreibe ich „Allerlei“ nicht nur am Samstag,<lb/> ſondern dann, wann es möglich und ſo, wie mir<lb/> die Feder gewachſen iſt. Es iſt gewiſs keine Tu-<lb/> gend, jemandem 1000 Kronen in die Schuhe zu<lb/> ſchieben, wenn man ſie nicht erhalten hat. Leider<lb/> kann ich die Behauptung aufſtellen, daſs ich über<lb/> eine ſo große Summe nie verfügte, weil ich erſtens<lb/> keine 500 fl. Penſion und eine Anwartſchaft auf<lb/> 400 fl. beſitze und zweitens mir von einem in den<lb/> Schoß gefallenen Vorſchuſſe die Mitgliedſchaft und<lb/> ſonſtige Sachen abgezogen wurden. Ich fürchte<lb/> nur jetzt, daſs mich der Steuerinſpector wegen<lb/> allzugroßer Creditfähigkeit packen wird. Heute, in der<lb/><cb/> Zeit des Fortſchrittes iſt es freilich leicht Redacteur<lb/> zu ſein; neulich bin ich zu 10 Kronen verurtheilt<lb/> worden und bekam ſofort einen Check. Die Poſt-<lb/> und ſonſtigen Sparcaſſen ſind mir, um philoſophiſch<lb/> zu reden, ein „Ding an ſich“, aber ſo unbekannt,<lb/> wie die Borneo-Untermenſchen bei Barnum, kein<lb/> Wunder daher, daſs ich eine Freude hatte, als ich<lb/> einen „Check“ bekam, zumal bei mir in Provi-<lb/> ſionen verteufelt wenig herausſchaut. Bei näherer<lb/> Betrachtung fand ich zu meiner nichts weniger als<lb/> angenehmen Ueberraſchung, daſs der zu 10 Kronen<lb/> verurtheilte Freund Partiſch dem Steueramte 10<lb/> Kronen und <hi rendition="#g">12 Heller</hi> zu bezahlen habe und<lb/> froh ſein möge, daſs ihm für die gütige Verſtän-<lb/> digung bloß 12 Heller angerechnet worden ſind.<lb/> Ich bin zwar ein großer Menſchen- und Armen-<lb/> freund, aber ſolche Opfer bringe ich nur gezwun-<lb/> gen. Biſt du nicht willig, brauch ich — Execution.<lb/> Wenn jemand glaubt, daſs damit eine Bettelei ge-<lb/> meint iſt, ſo entgegne ich, daſs ich im beabſich-<lb/> tigten Falle an der erſten und einzigen Stelle, die<lb/> einen Kopf hat, der „Südſteiriſchen“, annonciert<lb/> und deshalb Ausſicht auf Erfolg gehabt hätte,<lb/> weil man dies dort gewöhnt und ſtets bereit iſt,<lb/> der Domcapitel-Literatur unter die Arme zu greifen.<lb/> Der Uebergang vom Domcapitel zum Storch ſcheint<lb/> zwar heterogen, immerhin iſt letzterer jetzt gaſtſpiel-<lb/> weiſe nach Rom gegangen. Seitdem Profeſſor<lb/> Schenk mit ſeiner Wiſſenſchaft in Penſion gegangen<lb/> wurde, ſteht es auch den ungeborenen Menſchlein<lb/> frei, ſich das Geſchlecht zu wählen, und das Erſt-<lb/> geborene des italieniſchen Königspaares entſchloſs<lb/> ſich, Prinzeſſin zu werden. Ueber derlei intime Vor-<lb/> gänge berichten die übrigen Blätter mit einer<lb/> Gründlichkeit, daſs jeder Backfiſch mit Leichtigkeit<lb/> den Hebammencurs abſolvieren könnte. Es gibt<lb/> nicht Räthſelhaftes mehr, nicht einmal dann, wenn<lb/> man daran glaubt. In der Schillerſtraße wird ein<lb/> Bau errichtet, und die Einplankung hat Gucklöcher<lb/> wie bei den Auslagen von Ilgers Sohn, Seiler<lb/> und den meiſten Goldmenſchen. Natürlich fiel mir<lb/> dies auf und auf meine Frage ward mir mitgetheilt,<lb/> daſs die löbliche Concurrenz das Gerücht aus-<lb/> ſprengte, der Baumeiſter baue zwar nicht auf Sand,<lb/> doch auf Kugelſteinen vulgo Katzenköpfen, denen<lb/> unſere Hühneraugen leider nur zu oft begegnen.<lb/> Um den anonymen Freund <hi rendition="#aq">ad absurdum</hi> zu führen,<lb/> ſind die Gucklöcher da und ſteht es jedermann frei,<lb/> ohne Entree das Fortſchreiten der Arbeiten zu beob-<lb/> achten. Katzenköpfe und Heuwagen reimen ſich zwar<lb/> ſelten, aber in Ermangelung eines beſſeren Ueber-<lb/> ganges müſſen ſie herhalten. Wer kennt ihn nicht,<lb/> dieſen berückenden Duft des getrockneten Graſes,<lb/> anſonſten Heu benamſet. Eine prächtige Fuhre dieſer<lb/> geſchätzten Futterart ſtand auf einem Platze. Nacht<lb/> war es, doch ſchon reichte ſie dem Tage die Hand<lb/> zum Gruße, als eine luſtige Geſellſchaft vorüber-<lb/> kam. Angeblich wegen Nichtausweichens wurde be-<lb/> ſchloſſen, die Fuhre umzuwerfen. Ho Ruck, puff,<lb/> da lag ſie und in einem langen Bogen flog auch<lb/><cb/> der oben ſchlafende Knecht auf den Raſen. Um das<lb/> Umwerfen hat ſich insbeſondere ein Grundbeſitzer<lb/> verdient gemacht, der hiezu ſeine ganze Kraft lieh.<lb/> Als er ſpäter nach Hauſe kam, meldete ihm der<lb/> Knecht: Gnä Herr, a Paar Haderlumpen hab’n<lb/><hi rendition="#g">unſern</hi> Heuwagen umgeworfen. Was der Heu-<lb/> wagenbeſitzer für ein Geſicht gemacht hat, weiß ich<lb/> nicht, wahrſcheinlich ſo ähnlich wie der hirnloſe<lb/> Zipf bei Barnum, mit welchem ohne Reclame<lb/> ſchließt der an dieſer Drahrerei nicht betheiligt ge-<lb/> weſene</p> <byline> <hi rendition="#aq">-sch.</hi> </byline> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Notariat in Frohnleiten.)</hi> </head> <p>Der Ju-<lb/> ſtizminiſter hat den Notar Friedrich Klauß in<lb/> Schladming nach Frohnleiten verſetzt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(In die Bruſt geſchoſſen.)</hi> </head> <p>Der 15jährige<lb/> Anton <hi rendition="#g">Strohſchneider,</hi> Kärntnerſtraße 101<lb/> hantierte mit einem 7millimetrigen Revolver, ein<lb/> Schuſs gieng los und traf Frau <hi rendition="#g">Vogel</hi> in die<lb/> Bruſt. Das Projectil drang ober dem Herzen in die<lb/> Bruſt ein und hatte eine ſchwere Verletzung zur<lb/> Folge, doch iſt zu hoffen, daſs die verletzte Frau,<lb/> am Leben erhalten bleiben wird. Dieſelbe befindet<lb/> ſich im allg. Krankenhauſe.</p> </div> </div><lb/> <div type="jWeatherReports" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Wetterſchießen.)</hi> </head> <p>Bei den letzten Ge-<lb/> wittern wurde im Allgemeinen fleißig geſchoſſen und<lb/> es hat nur wenig gehagelt. Am rechten Drauufer<lb/> iſt im Pickerer Gebiete eine Gruppe von 15 Stationen.<lb/> Es wurde jedoch nur bei den Stationen: Graf<lb/> Meran, R. v. Rosmanit, Dr. Reiſer, J. Krainer,<lb/> Stark und Stampfl ſehr fleißig geſchoſſen, und<lb/> obwohl einige ſehr drohende Gewitterbildungen waren,<lb/> hagelte es doch nicht. Die Wetterſchießſtation Robitſch<lb/> Landesausſchuſs, Pachernig, deſſen Schwager, dann<lb/> Viktringhof und Rath Franz gaben heuer noch keinen<lb/> Schuſs gegen Gewitter ab.</p> </div> </div><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#g">(Poſtaliſches.)</hi> </head> <p>Vom 3. Juni l. J. ange-<lb/> fangen, wird die zwiſchen den Poſtämtern <hi rendition="#g">Maria-<lb/> Neuſtift</hi> und <hi rendition="#g">Pettau</hi> täglich einmal verkehrende<lb/> Fußbotenpoſt in eine Poſtbotenfahrt umgewandelt.<lb/> Dieſe Poſtbotenfahrt wird nach folgender Cours-<lb/> ordnung verkehren: ab Maria-Neuſtift 6 Uhr<lb/> 45 Min. an Pettau 8 Uhr 45 Min., ab Pettau<lb/> 11 Uhr 30 Min. an Maria-Neuſtift 1 Uhr 30 Min.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Krieg in Südafrika.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">London,</hi> 3. Juni.</dateline> <p>Die letzten Nachrichten<lb/> aus Südafrika riefen hier Beſtürzung hervor. Man<lb/> glaubt nicht recht. daſs Dickſon die Angriffe De-<lb/> lareys zurückgeſchlagen habe. Man glaubt Kitcheners<lb/> Nachrichten umſoweniger, als er wieder 30.000<lb/> Berittene verlangt. Man glaubt, Delarey habe<lb/> Dickſon mit ſchweren engliſchen Verluſten auf<lb/> Wentersdorp zurückgeworfen. Zwiſchen Kitchener<lb/> und dem Colonialamte iſt eine große Spannung<lb/> eingetreten, da Kitchener den Buren billige Bedin-<lb/> gungen gewähren wolle, Chamberlain und Milner<lb/> jedoch unbedingt dagegen ſeien.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jWeatherReports" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#b">Beobachtungen<lb/> an der meteorologiſchen Station der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg</hi><lb/> vom Samstag, den 25. bis einſchließlich Freitag, den 31. 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Nr. 66, 4. Juni 1901. Marburger Zeitung
Die Muſik beſorgt die vollſtändige Südbahnwerk-
ſtättenmuſikkapelle unter Max Schönherrs per-
ſönlicher Leitung. Wir werden kaum fehlgehen,
wenn wir annehmen, daſs der Beſuch dieſer Lieder-
tafel gleich den früheren eine ganz bedeutende Be-
ſucherzahl aufweiſen wird, ſind doch die Leiſtungen
dieſes Elitevereines weit und breit auf das Vor-
theilhafteſte bekannt.
(Parkmuſik.) Vom Juni angefangen ſpielt
die Südbahnwerkſtätten-Muſikkapelle bis auf weiteres
jeden Mittwoch von halb 7 bis 8 Uhr abends im
Stadtpark.
(Programm) für das morgen ſtattfindende
Stadtpark-Concert: 1. „Die Poſt von Waſhington“,
amerikaniſcher Marſch von Souſa. 2. Ouverture zur
Oper: „Domino nero“ von Roſſini. 3. „Wiener
Humor“, Walzer von Raab. 4. Intermezzo aus
der Oper: Cavalleria rusticana“ von Mascagni.
5. „Gruß an Wien“, Polka von Roſenkranz.
6. Balletmuſik aus der Oper: „Die Königin von
Saba“ von Gounod. 7. Vucovich-Marſch von
Dr. Gruber.
(Das Sommerfeſt), welches am Sonntag
vom völkiſchen Turnverein „Jahn“ und dem deutſch-
nationalen Gehilfenverein in der Kreuzhof-Wirtſchaft
abgehalten wurde, war von beiläufig 1000 Perſonen
beſucht, trotzdem manche Kreiſe geradezu oſtentativ
durch ihre Abweſenheit glänzten. Nachmittags fand
eine längere Turnübung auf der Wieſe ſtatt und
wurden die ſtrammen Jünger Jahns mit lauten Heil-
rufen für ihre wirklich gediegenen Leiſtungen be-
lohnt. Auf dem Feſtplatze fanden verſchiedene Unter-
haltungen ſtatt. Ein eigenes Kaſperltheater zog viele,
insſondere die Jugend an, der Schießſtand bot
manchen willkommene Zerſtreuung, auf der Wieſe
unterhielt ſich das junge Volk mit Hahnenſchlagen,
die brave Südbahnwerſtättenkapelle unter Max
Schönherrs vortrefflicher Leitung bot und nur Gutes,
ein Glückshafen, Coriandoliwerfen u. ſ. w. trugen
gleichfalls das ihrige zur Unterhaltung bei. Man
vergnügte ſich recht gut und als die Abenddämmerung
angebrochen war, traten die Turner zu einem Fackel-
reigen an, der eines eigenthümlichen Reizes nicht
entbehrte. Mit brennenden Fackeln wurden ver-
ſchiedene turneriſche Uebungen und Aufmärſche aus-
geführt, am ſchönſten war jedoch die Schluſsfigur
der lebenden Pyramide bei bengaliſcher Beleuchtung.
Während der Aufſtellung wurde die „Wacht am
Rhein“ angeſtimmt, von der Kapelle begleitet und
von hunderten Kehlen mitgeſungen. Während ein
Theil der Beſucher den Heimweg antrat, blieben die
übrigen noch längere Zeit beiſammen. Die volle
Mondesſcheibe breitete über die menſchenleere Wieſe
ein magiſches Licht, unten das Rauſchen der ſtark
angeſchwollenen Drau, in deren Fluten ſich die Ufer
ſpiegeln, ganz Marburg erſcheint in deutlichem Lichte
vor uns, die Natur athmet Kraft und Leben, wie
ſolches durch die ſtrammen Turner verkörpert iſt.
Allmählich wird es einſam und anſtatt des lebhaften
Treibens herrſcht auf der ganzen Stätte ein feierliches
Schweigen.
(Caſinogarten.) Herr Sauer, der nach
ſchwerer Krankheit wieder hergeſtellt iſt, hat heuer
den Garten vor dem Caſino ganz neu herrichten
und ſchön ausſtatten laſſen. Man kann ſagen, daſs
ſich der Garten auf dem ſchönſten Punkte der
inneren Stadt befindet. Dies und die anerkannt
vorzügliche Küche, ſowie gute Getränke, werden da-
zu beitragen, daſs der Garten durch zahlreiche
Gäſte belebt ſein wird.
(Allerlei.) Da ich kein Schablonenmenſch
bin, ſchreibe ich „Allerlei“ nicht nur am Samstag,
ſondern dann, wann es möglich und ſo, wie mir
die Feder gewachſen iſt. Es iſt gewiſs keine Tu-
gend, jemandem 1000 Kronen in die Schuhe zu
ſchieben, wenn man ſie nicht erhalten hat. Leider
kann ich die Behauptung aufſtellen, daſs ich über
eine ſo große Summe nie verfügte, weil ich erſtens
keine 500 fl. Penſion und eine Anwartſchaft auf
400 fl. beſitze und zweitens mir von einem in den
Schoß gefallenen Vorſchuſſe die Mitgliedſchaft und
ſonſtige Sachen abgezogen wurden. Ich fürchte
nur jetzt, daſs mich der Steuerinſpector wegen
allzugroßer Creditfähigkeit packen wird. Heute, in der
Zeit des Fortſchrittes iſt es freilich leicht Redacteur
zu ſein; neulich bin ich zu 10 Kronen verurtheilt
worden und bekam ſofort einen Check. Die Poſt-
und ſonſtigen Sparcaſſen ſind mir, um philoſophiſch
zu reden, ein „Ding an ſich“, aber ſo unbekannt,
wie die Borneo-Untermenſchen bei Barnum, kein
Wunder daher, daſs ich eine Freude hatte, als ich
einen „Check“ bekam, zumal bei mir in Provi-
ſionen verteufelt wenig herausſchaut. Bei näherer
Betrachtung fand ich zu meiner nichts weniger als
angenehmen Ueberraſchung, daſs der zu 10 Kronen
verurtheilte Freund Partiſch dem Steueramte 10
Kronen und 12 Heller zu bezahlen habe und
froh ſein möge, daſs ihm für die gütige Verſtän-
digung bloß 12 Heller angerechnet worden ſind.
Ich bin zwar ein großer Menſchen- und Armen-
freund, aber ſolche Opfer bringe ich nur gezwun-
gen. Biſt du nicht willig, brauch ich — Execution.
Wenn jemand glaubt, daſs damit eine Bettelei ge-
meint iſt, ſo entgegne ich, daſs ich im beabſich-
tigten Falle an der erſten und einzigen Stelle, die
einen Kopf hat, der „Südſteiriſchen“, annonciert
und deshalb Ausſicht auf Erfolg gehabt hätte,
weil man dies dort gewöhnt und ſtets bereit iſt,
der Domcapitel-Literatur unter die Arme zu greifen.
Der Uebergang vom Domcapitel zum Storch ſcheint
zwar heterogen, immerhin iſt letzterer jetzt gaſtſpiel-
weiſe nach Rom gegangen. Seitdem Profeſſor
Schenk mit ſeiner Wiſſenſchaft in Penſion gegangen
wurde, ſteht es auch den ungeborenen Menſchlein
frei, ſich das Geſchlecht zu wählen, und das Erſt-
geborene des italieniſchen Königspaares entſchloſs
ſich, Prinzeſſin zu werden. Ueber derlei intime Vor-
gänge berichten die übrigen Blätter mit einer
Gründlichkeit, daſs jeder Backfiſch mit Leichtigkeit
den Hebammencurs abſolvieren könnte. Es gibt
nicht Räthſelhaftes mehr, nicht einmal dann, wenn
man daran glaubt. In der Schillerſtraße wird ein
Bau errichtet, und die Einplankung hat Gucklöcher
wie bei den Auslagen von Ilgers Sohn, Seiler
und den meiſten Goldmenſchen. Natürlich fiel mir
dies auf und auf meine Frage ward mir mitgetheilt,
daſs die löbliche Concurrenz das Gerücht aus-
ſprengte, der Baumeiſter baue zwar nicht auf Sand,
doch auf Kugelſteinen vulgo Katzenköpfen, denen
unſere Hühneraugen leider nur zu oft begegnen.
Um den anonymen Freund ad absurdum zu führen,
ſind die Gucklöcher da und ſteht es jedermann frei,
ohne Entree das Fortſchreiten der Arbeiten zu beob-
achten. Katzenköpfe und Heuwagen reimen ſich zwar
ſelten, aber in Ermangelung eines beſſeren Ueber-
ganges müſſen ſie herhalten. Wer kennt ihn nicht,
dieſen berückenden Duft des getrockneten Graſes,
anſonſten Heu benamſet. Eine prächtige Fuhre dieſer
geſchätzten Futterart ſtand auf einem Platze. Nacht
war es, doch ſchon reichte ſie dem Tage die Hand
zum Gruße, als eine luſtige Geſellſchaft vorüber-
kam. Angeblich wegen Nichtausweichens wurde be-
ſchloſſen, die Fuhre umzuwerfen. Ho Ruck, puff,
da lag ſie und in einem langen Bogen flog auch
der oben ſchlafende Knecht auf den Raſen. Um das
Umwerfen hat ſich insbeſondere ein Grundbeſitzer
verdient gemacht, der hiezu ſeine ganze Kraft lieh.
Als er ſpäter nach Hauſe kam, meldete ihm der
Knecht: Gnä Herr, a Paar Haderlumpen hab’n
unſern Heuwagen umgeworfen. Was der Heu-
wagenbeſitzer für ein Geſicht gemacht hat, weiß ich
nicht, wahrſcheinlich ſo ähnlich wie der hirnloſe
Zipf bei Barnum, mit welchem ohne Reclame
ſchließt der an dieſer Drahrerei nicht betheiligt ge-
weſene
-sch.
(Notariat in Frohnleiten.) Der Ju-
ſtizminiſter hat den Notar Friedrich Klauß in
Schladming nach Frohnleiten verſetzt.
(In die Bruſt geſchoſſen.) Der 15jährige
Anton Strohſchneider, Kärntnerſtraße 101
hantierte mit einem 7millimetrigen Revolver, ein
Schuſs gieng los und traf Frau Vogel in die
Bruſt. Das Projectil drang ober dem Herzen in die
Bruſt ein und hatte eine ſchwere Verletzung zur
Folge, doch iſt zu hoffen, daſs die verletzte Frau,
am Leben erhalten bleiben wird. Dieſelbe befindet
ſich im allg. Krankenhauſe.
(Wetterſchießen.) Bei den letzten Ge-
wittern wurde im Allgemeinen fleißig geſchoſſen und
es hat nur wenig gehagelt. Am rechten Drauufer
iſt im Pickerer Gebiete eine Gruppe von 15 Stationen.
Es wurde jedoch nur bei den Stationen: Graf
Meran, R. v. Rosmanit, Dr. Reiſer, J. Krainer,
Stark und Stampfl ſehr fleißig geſchoſſen, und
obwohl einige ſehr drohende Gewitterbildungen waren,
hagelte es doch nicht. Die Wetterſchießſtation Robitſch
Landesausſchuſs, Pachernig, deſſen Schwager, dann
Viktringhof und Rath Franz gaben heuer noch keinen
Schuſs gegen Gewitter ab.
(Poſtaliſches.) Vom 3. Juni l. J. ange-
fangen, wird die zwiſchen den Poſtämtern Maria-
Neuſtift und Pettau täglich einmal verkehrende
Fußbotenpoſt in eine Poſtbotenfahrt umgewandelt.
Dieſe Poſtbotenfahrt wird nach folgender Cours-
ordnung verkehren: ab Maria-Neuſtift 6 Uhr
45 Min. an Pettau 8 Uhr 45 Min., ab Pettau
11 Uhr 30 Min. an Maria-Neuſtift 1 Uhr 30 Min.
Der Krieg in Südafrika.
London, 3. Juni. Die letzten Nachrichten
aus Südafrika riefen hier Beſtürzung hervor. Man
glaubt nicht recht. daſs Dickſon die Angriffe De-
lareys zurückgeſchlagen habe. Man glaubt Kitcheners
Nachrichten umſoweniger, als er wieder 30.000
Berittene verlangt. Man glaubt, Delarey habe
Dickſon mit ſchweren engliſchen Verluſten auf
Wentersdorp zurückgeworfen. Zwiſchen Kitchener
und dem Colonialamte iſt eine große Spannung
eingetreten, da Kitchener den Buren billige Bedin-
gungen gewähren wolle, Chamberlain und Milner
jedoch unbedingt dagegen ſeien.
Beobachtungen
an der meteorologiſchen Station der Landes-Obſt- und Weinbauſchule in Marburg
vom Samstag, den 25. bis einſchließlich Freitag, den 31. Mai 1901
Tag Luftdruck-Tages-
mittel (auf 0° re-
ducierter Baro-
meterſtand) Temperatur u. Celſtus Bewölkung,
Tagesmittel Relative
Feuchtigkeit in
Procenten Windrichtung
7 Uhr früh 2 Uhr mittags 9 Uhr abends Tagesmittel Maximum Minimum 7 Uhr früh 2 Uhr mittags 9 Uhr abends
in der
Luft am
Boden in der
Luft am
Boden
Samstag 438.0 12.7 20.8 15.4 16.3 12.1 10.1 22.0 29.0 7 91 W1 E2 SW1
Sonntag 735.7 14.4 19.6 16.4 16.8 14.2 11.7 20.7 27.2 10 87 — SE2 NE1
Montag 736.0 14.4 18.0 15.1 15.8 14.0 12.2 20.6 26.6 7 88 — W3 —
Dienstag 736.6 14.9 20 4 15.8 17.0 12.5 10.1 23.3 32.2 5 84 NW2 NE1 —
Mittwoch 735.8 13.3 23.6 16.6 17.8 12 8 10.4 24.2 32.0 5 81 W2 NE3 W1
Donnerst. 736.5 14.5 24.2 16.6 18.4 13 6 10.8 25.2 32.2 1 81 NW1 E1 —
Freitag 738.1 15.4 25.4 18.0 19.6 14.0 11.2 26.8 32.0 — 75 NW2 SE1 —
Niederſchläge: Samstag 4.0 Regen. Sonntag 0.9 Regen. Montag 3.8 Regen. Dienstag 12.2 Regen. Mittwoch 4.6 Regen.
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