Marburger Zeitung. Nr. 74, Marburg, 20.06.1907.Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Postversendung: [Spaltenumbruch] Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechstunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet sich: Postgasse 4. (Telephon-Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einschaltungen: Die Einzelnummer kostet 10 Heller. Nr. 74 Donnerstag, 20. Juni 1907 46. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die Thronrede. Marburg, 20. Juni. Gestern vormittags wurde in der Hofburg zu Und nun betrachten wir uns den Standpunkt Von ganz besonderem Interesse ist auch jene [Spaltenumbruch] Im Leid vereint. 3) (Nachdruck verboten.) "Diese Stunde der Nacht hat mir einen Ein- "Wenn dieser Gedanke Dich quält", erwiderte "Aber Du hast mich ohne Mitgift geheiratet. "Was beweist es", unterbrach er sie. Ich "Nein, Ferdinand. Aus einem Briefe meines "Ich war damals noch in besseren Verhält- "Und so habe ich erst jetzt erfahren müssen, "Ach! Dachtest Du früher, ich hätte Dich "Nein. Aber ich glaubte, unsere Ehe sei eine Er sah vor sich hin und um seinen Mund "Lassen wir die Vergangenheit", sagte er dann. "Aber diese Papiere sind es ja, die mich an Ihr Busen wogte heftig und Tränen schim- "Lassen wir das!" sagte er. "Ersparen wir Sie aber war wieder auf den Stuhl am Er war bisher ihren Blicken ausgewichen, "Ich log", hauchte sie leise mit gesenktem "Wie? Du logst?" "Ja, es war nicht die Wahrheit, die Du von "Du liebst ihn nicht? Und was konnte Dich "Ich weiß es selbst nicht, was mich dazu "Und warum sollte ich Dir jetzt mehr Glauben Marburger Zeitung. [Spaltenumbruch] Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg: Mit Poſtverſendung: [Spaltenumbruch] Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon-Nr. 24.) [Spaltenumbruch] Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von Schluß für Einſchaltungen: Die Einzelnummer koſtet 10 Heller. Nr. 74 Donnerstag, 20. Juni 1907 46. Jahrgang. [Spaltenumbruch] Die Thronrede. Marburg, 20. Juni. Geſtern vormittags wurde in der Hofburg zu Und nun betrachten wir uns den Standpunkt Von ganz beſonderem Intereſſe iſt auch jene [Spaltenumbruch] Im Leid vereint. 3) (Nachdruck verboten.) „Dieſe Stunde der Nacht hat mir einen Ein- „Wenn dieſer Gedanke Dich quält“, erwiderte „Aber Du haſt mich ohne Mitgift geheiratet. „Was beweiſt es“, unterbrach er ſie. Ich „Nein, Ferdinand. Aus einem Briefe meines „Ich war damals noch in beſſeren Verhält- „Und ſo habe ich erſt jetzt erfahren müſſen, „Ach! Dachteſt Du früher, ich hätte Dich „Nein. Aber ich glaubte, unſere Ehe ſei eine Er ſah vor ſich hin und um ſeinen Mund „Laſſen wir die Vergangenheit“, ſagte er dann. „Aber dieſe Papiere ſind es ja, die mich an Ihr Buſen wogte heftig und Tränen ſchim- „Laſſen wir das!“ ſagte er. „Erſparen wir Sie aber war wieder auf den Stuhl am Er war bisher ihren Blicken ausgewichen, „Ich log“, hauchte ſie leiſe mit geſenktem „Wie? Du logſt?“ „Ja, es war nicht die Wahrheit, die Du von „Du liebſt ihn nicht? 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Marburger Zeitung.
Der Preis des Blattes beträgt: Für Marburg:
Ganzjährig 12 K, halbjährig 6 K, vierteljährig 3 K, monat-
lich 1 K. Bei Zuſtellung ins Haus monatlich 20 h mehr.
Mit Poſtverſendung:
Ganzjährig 14 K, halbjährig 7 K, vierteljährig 3 K 50 h.
Das Abonnement dauert bis zur ſchriftlichen Abbeſtellung.
Erſcheint jeden Dienstag, Donnerstag und
Samstag abends.
Sprechſtunden des Schriftleiters an allen Wochentagen von
11—12 Uhr vorm. und von 5—6 Uhr nachm. Poſtgaſſe 4.
Die Verwaltung befindet ſich: Poſtgaſſe 4. (Telephon-Nr. 24.)
Anzeigen werden im Verlage des Blattes und von
allen größeren Annoncen-Expeditionen entgegengenommen
und koſtet die fünfmal geſpaltene Kleinzeile 12 h.
Schluß für Einſchaltungen:
Dienstag, Donnerstag, Samstag 10 Uhr vormittags.
Die Einzelnummer koſtet 10 Heller.
Nr. 74 Donnerstag, 20. Juni 1907 46. Jahrgang.
Die Thronrede.
Marburg, 20. Juni.
Geſtern vormittags wurde in der Hofburg zu
Wien vor den erſchienenen Mitgliedern beider
Häuſer des Reichsrates die Thronrede verleſen, mit
welcher das neue Parlament eröffnet wird. Nicht
alle, die gerufen waren, erſchienen hiezu; von
deutſcher Seite blieben die Alldeutſchen ferne, von
tſchechiſcher Seite die Tſchechiſchradikalen und
die tſchechiſchen Sozialdemokraten, während die
deutſchen Sozialdemokraten — gekommen waren.
Es ſtellte die Thronrede ein dickes Buch dar;
länger als je zuvor waren ihre Ausführungen, die
nun als Regierungsprogramm zu gelten haben und
eine Fülle von Vorſätzen in ſich ſchließen, die ſofort
auf die Unmöglichkeit ihrer Erfüllung ſchließen läßt
und augenſcheinlich vor allem auf den „guten
Eindruck“ berechnet iſt. Deutlich aber ſieht man,
wie die Regierung des Herrn v. Beck ihr Haupt-
angenmerk darauf legte, dieſen „guten Eindruck“ vor
allem bei den Nichtdeutſchen und bei den Klerikalen
aller Völkerſchaften zu erwecken, die denn auch mit
ihrem Beifalle nicht kargten, als verſchiedene Stellen
der Thronrede ihr ganz beſonderes Entzücken er-
regten; auch der Sozialdemokraten gedachte man,
weil dieſe eine ſehr ſtarke Gruppe bilden und auch
ſie ſpendeten dem neueſten ſchwarzgelben Programme
einen Beifall, der gar nicht mehr an die revolu-
tionäre Grundgewalt vergangener Tage erinnerte.
Und nur die deutſchen Fähnleins warteten ſtill und
ruhig auf eine Wendung, auf ein Stichwort, das
auch ihnen eine beſondere Gelegenheit zum Beifall
geben würde. Und da ſie offenbar nichts fanden,
warteten ſie bis zum Schluſſe, bis die Thronrede
vom Kaiſer ſelber ſprach, von ſeiner Abſicht, das
Erbe der Geſchichte wie bisher zu verwalten, —
da erſt fanden die deutſchen Fähnlein die Sprache
wieder und nun wetteiferten ſie mit allen anderen
in den Ausdrücken der Freude und des Beifalles.
Und nun betrachten wir uns den Standpunkt
der Regierung, der in der Thronrede zum Ausdruck
kommt, etwas näher. Von der Wahlreform er-
wartet die Thronrede eine „Zuſammenfaſſung und
Steigerung der politiſchen Kräfte des — Staates;
zugleich aber erwartet ſie auch vom — Herren-
hauſe, daß es „wie bisher, ſo auch in Zukunft
eine Stätte gereifter Einſicht bleiben
wird.“ Unſchwer wird man da einen Widerſpruch
herausklingen hören, der jedem politiſch Verſtändigen
zum Greifen nahe liegt. Und unmittelbar daran
ſchließt ſich die Ankündigung der Regierung, ſie
werde mit Anträgen auf Abänderung der
Geſchäftsordnung vor das Haus treten. Wer
da weiß, daß die deutſche Notwehr gegen Badeni
im Parlamente zum guten Teile auch mit Hilfe
der Geſchäftsordnung geführt wurde, mag ſich ſeinen
Teil über jene Gründe denken, welche die Regierung
im Einverſtändniſſe mit der ſlawiſchen Mehrheit
dazu bewegen, die Geſchäftsordnung abzuändern.
Und weiters heißt es, es ſoll die „Umgeſtaltung
der Nationalkräfte in Staatskräfte als Ziel
im Auge behalten“ werden. Das gilt natürlich nur
dem deutſchen Michl, der ſich der geringſten
nationalen Lebensäußerung enthalten ſoll; von den
meiſten ſeiner „auchnationalen“ Vertreter weiß man
es ja ohnehin, daß ſie ſich immer und allzugerne
als „Staatskräfte“ gebrauchen laſſen, während die
Nationalkräfte der Slawen dieweil ihre nationalen
Kraft verſtärken. Gelingt es aber der Regierung, die
letzte deutſche Nationalkraft in eine „Staatskraft“
umzuwandeln, dann freilich wäre auch jener
nationale Parlamentsfriede erreicht, den die
Regierung in der Thronrede wünſcht; er wäre aber
ein Friede, von dem Marquis Poſa im „Don
Carlos“ ſpricht ... Auch über die Volksſchule
enthält die Thronrede einen Paſſus; ihr Ziel ſoll
die „ſittlich-religiöſe“ bleiben. Die Klerikalen,
welche dieſe Kundgebung mit lebhaften Beifalle be-
grüßten, werden bereits genau wiſſen, wie die
Regierung ſich dieſes „Ziel“ der Volksſchule vorſtellt.
Von ganz beſonderem Intereſſe iſt auch jene
Stelle der Thronrede, welche von unſerem Ver-
hältniſſe zu Ungarn ſpricht. Die Thronrede
ſagt, daß das Band, welches beide Staaten ver-
binde, unverſehrt erhalten werden müſſe und
daß „auch in wirtſchaftlicher Beziehung.
eine Lockerung vermieden werden müſſe, die
ſich etwa in Zukunft für die pragmatiſche Gemein-
ſamkeit als bedenklich erweiſen könnte.“ Da-
mit iſt die Haltung der Regierung zur ungariſchen
Frage, gegenwärtig der brennendſten, genau charak-
teriſiert und alle jene deutſchfreiheitlichen Abgeordneten,
welche als Kandidaten für die wirtſchaftliche Trennung
von Ungarn eintraten, befinden ſich nun mit Rück-
ſicht auf ihre deutſchen Parteiminiſter gewiß in der pein-
lichſten Lage. Da Ungarn ſich die Gemeinſamkeit teuer
bezahlen laſſen wird, kündigt die Thronrede bereits die
Erſchließung neuer Steuerquellen an ...
N. J.
Im Leid vereint.
Erzählung von Willibald v. Reuß.
3)
(Nachdruck verboten.)
„Dieſe Stunde der Nacht hat mir einen Ein-
blick in Dein Inneres geöffnet. Ich weiß jetzt,
warum das Geſchäft Dich ganz in Anſpruch nahm
und warum Du keine Zeit für mich übrig hatteſt.
Du haſt lange, bittere Jahre hindurch gekämpft, um
Dein Haus vor dem Untergang und deine Familie
vor der Not zu retten und, der Gedanke, daß der
koſtſpielige Aufwand, den ich getrieben, das luxuriöſe
Wohlleben, das ich geführt, zu dem Unglück bei-
getragen, das über Dich gekommen iſt, dieſer Ge-
danke bringt mich zur Verzweiflung“.
„Wenn dieſer Gedanke Dich quält“, erwiderte
er, „ſo kannſt Du Dich beruhigen. Bei der Führung
eines Geſchäftes, wie es das meinige war, haben
Auslagen, wie die von Dir angeführten, wenig
oder nichts zu bedeuten“.
„Aber Du haſt mich ohne Mitgift geheiratet.
Das beweiſt doch —“
„Was beweiſt es“, unterbrach er ſie. Ich
durfte ja annehmen, daß Du auf die Mitgift ver-
zichteſt“.
„Nein, Ferdinand. Aus einem Briefe meines
Vaters geht hervor, daß Du auf die Mitgift ver-
zichteſt.“
„Ich war damals noch in beſſeren Verhält-
niſſen“, murmelte er vor ſich hin.
„Und ſo habe ich erſt jetzt erfahren müſſen,
daß Du ein armes Mädchen, das Dir nichts in die
Ehe mitbrachte, aus —“ Das Wort wollte ihr
nicht über die Lippen. „Ja, ich weiß ſelbſt nicht,
aus welchem Grunde, geheiratet haſt“.
„Ach! Dachteſt Du früher, ich hätte Dich
einzig um Deiner Mitgift willen zur Frau ge-
nommen?“
„Nein. Aber ich glaubte, unſere Ehe ſei eine
derjenigen, wie ſie in dieſer Welt üblich ſind, in
der die Söhne reicher Häuſer die Töchter aus
reichen Häuſern heiraten, weil es, nun — weil es
einmal Sitte iſt, daß man in einem gewiſſen Alter
an die Ehe denkt“.
Er ſah vor ſich hin und um ſeinen Mund
ſpielte für einen Augenblick ein Lächeln der Bitter-
keit. Dann nahmen ſeine Züge wieder den Ausdruck
ruhigen Ernſtes an.
„Laſſen wir die Vergangenheit“, ſagte er dann.
„Wir ſind beide darauf angewieſen, nur an die
Zukunft zu denken. Unſere Lebenswege haben ſich
getrennt — wozu jetzt der Zeit gedenken, da ſie
ſich begegneten?“
„Aber dieſe Papiere ſind es ja, die mich an
die Zeit erinnern!“ rief ſie lebhaft aus. In welchem
Lichte erſcheint mir jetzt mein Vater — er, den ich
für den Beſten und Edelſten der Menſchen hielt!
Er verſprach Dir, was er nicht halten konnte, er
verſprach vielleicht im vollen Bewußtſein deſſen, —
o, es iſt entſetzlich! Und muß ich mich nicht ſelbſt
anklagen, daß ich dich ſo verkannt habe? Ferdinand,
kannſt Du mir verzeihen?“
Ihr Buſen wogte heftig und Tränen ſchim-
merten in ihren Augen. Sie hatte ſich erhoben und
eine entgegenkommende Bewegung gemacht, aber er
verharrte in ſeiner unbeweglichen Ruhe und nahm
die Hand nicht an, die ſie ihm entgegenſtreckte.
„Laſſen wir das!“ ſagte er. „Erſparen wir
uns eine derartige Szene. Wir müſſen uns trennen,
das iſt klar; je leichter der Abſchied uns wird,
deſto beſſer“.
Sie aber war wieder auf den Stuhl am
Fenſter zurückgeſunken. „Und warum müſſen wir
uns trennen?“ fragte ſie.
Er war bisher ihren Blicken ausgewichen,
jetzt richtete er ſeine Augen feſter auf ſie und das
Lächeln der Bitterkeit erſchien wieder auf ſeinen
Lippen. „Du fragſt noch?“ ſagte er. „Nach allem,
was zwiſchen uns vorgefallen iſt, nach dem Ge-
ſtändnis, das Du mir vor einigen Minuten gemacht
haſt —“
„Ich log“, hauchte ſie leiſe mit geſenktem
Blicke vor ſich hin.
„Wie? Du logſt?“
„Ja, es war nicht die Wahrheit, die Du von
mir hörteſt. Ich liebe dieſen Mann nicht“.
„Du liebſt ihn nicht? Und was konnte Dich
bewegen, mir dieſe Unwahrheit zu ſagen?“
„Ich weiß es ſelbſt nicht, was mich dazu
trieb. Es mag kindiſcher Trotz geweſen ſein. Ich
glaubte Du wäreſt gekommen, mir eine Szene
zu machen und — ich haßte Dich in dieſem Augen-
blicke. Ich wollte Dir zeigen, daß ich keine Furcht
vor Dir hatte“.
„Und warum ſollte ich Dir jetzt mehr Glauben
ſchenken, als vor einer Stunde, da ich jenes Ge-
ſtändnis vor Dir hörte?“ Fortſ. folgt.
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
(2018-01-26T13:38:42Z)
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Amelie Meister: Vorbereitung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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