Marburger Zeitung. Nr. 91, Marburg, 30.07.1912.Marburger Zeitung Nr. 91. 30. Juli 1912 [Spaltenumbruch] Prüfung in einer nichtungarischen Sprache, (z. B. Eine deutschradikale Verwahrung. Bekanntlich haben die Deutschradikalen (Wolf- Das Deutschtum der Alpenländer. Die bisher vorliegenden Ergebnisse der letzten Allslawisches. Einem Prager Jungtschechenblatte wurde Der Mikado gestorben. Nach einer Meldung aus Tokio ist dort [Spaltenumbruch] Eigenberichte. Kötsch, 28. Juli. (Todesfall.) In Rogeis Kötsch, 29. Juli. (Unter den Bier- fässern.) Ein Fuhrmann des Herrn Bachler in Straß, 28. Juli. (Landwirtschaftliche Versammlungen.) Die Filiale Straß der k. k. St. Margareten bei Marburg, 28 Juli. (Hagelwetter.) Freitag den 26. Juli gegen Pragerhof, 29. Juli. (Sommerfest des Reichsbundes deutscher Eisenbahner.) Sonntag den 4. August findet in Pragerhof ein [Spaltenumbruch] "Wie ich nach all dem Gesehenen und Gehörten "Nun, ich habe zwingende Gründe zu der Aber ich bitte Sie, Assessor! Wie wäre so "Wissen Sie denn, Herr Kommerzienrat, was Ich führte nunmehr dem stumm Dastehenden "Das ist ja schrecklich. So hat also die Fama Ich fuhr dann mit meinen Mitteilungen fort "Wie sah es aus? forschte Langenheim. Es ist ein goldenes, mit Brillantperlen besetztes "Enthielt es ein Bild?" "Ja, das Porträt Ihrer Frau Gemahlin." "Das schließt Ihre Kette, lieber Freund, es (Schluß folgt.) Marburger Zeitung Nr. 91. 30. Juli 1912 [Spaltenumbruch] Prüfung in einer nichtungariſchen Sprache, (z. B. Eine deutſchradikale Verwahrung. Bekanntlich haben die Deutſchradikalen (Wolf- Das Deutſchtum der Alpenländer. Die bisher vorliegenden Ergebniſſe der letzten Allſlawiſches. Einem Prager Jungtſchechenblatte wurde Der Mikado geſtorben. Nach einer Meldung aus Tokio iſt dort [Spaltenumbruch] Eigenberichte. Kötſch, 28. Juli. (Todesfall.) In Rogeis Kötſch, 29. Juli. (Unter den Bier- fäſſern.) Ein Fuhrmann des Herrn Bachler in Straß, 28. Juli. (Landwirtſchaftliche Verſammlungen.) Die Filiale Straß der k. k. St. Margareten bei Marburg, 28 Juli. (Hagelwetter.) Freitag den 26. Juli gegen Pragerhof, 29. Juli. (Sommerfeſt des Reichsbundes deutſcher Eiſenbahner.) Sonntag den 4. Auguſt findet in Pragerhof ein [Spaltenumbruch] „Wie ich nach all dem Geſehenen und Gehörten „Nun, ich habe zwingende Gründe zu der Aber ich bitte Sie, Aſſeſſor! Wie wäre ſo „Wiſſen Sie denn, Herr Kommerzienrat, was Ich führte nunmehr dem ſtumm Daſtehenden „Das iſt ja ſchrecklich. So hat alſo die Fama Ich fuhr dann mit meinen Mitteilungen fort „Wie ſah es aus? forſchte Langenheim. Es iſt ein goldenes, mit Brillantperlen beſetztes „Enthielt es ein Bild?“ „Ja, das Porträt Ihrer Frau Gemahlin.“ „Das ſchließt Ihre Kette, lieber Freund, es (Schluß folgt.) <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header">Marburger Zeitung Nr. 91. 30. Juli 1912</fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="freiwilligendienst2" prev="#freiwilligendienst1" type="jArticle" n="2"> <p>Prüfung in einer nichtungariſchen Sprache, (z. B.<lb/> deutſch) ablegen wollen, als zweite Prüfungsſprache<lb/> unbedingt ungariſch anzugeben haben. Die Ergän-<lb/> zungsprüfung muß ſpäteſtens am 1. Oktober des<lb/> Aſſentjahrganges abgelegt werden. Eine Wieder-<lb/> holung der Ergänzungsprüfung iſt ſogleich beim<lb/> nächſten Prüfungstermin bei einem „Ungenügend“<lb/> geſtattet. Zum ſelben Termin ſetzen jene, welche bei<lb/> der vorhergehenden Prüfung erkrankt ſind, die Prü-<lb/> fung fort. Bei zwei oder mehr „Ungenügend“ darf<lb/> die Prüfung erſt nach einem vollen Jahre wieder-<lb/> holt werden. Fällt die Wiederholung nach dem 1.<lb/> Oktober des Aſſentierungsjahres des Bewerbers, ſo<lb/> iſt ſie unzuläſſig.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Eine deutſchradikale Verwahrung.</hi> </head><lb/> <p>Bekanntlich haben die Deutſchradikalen (Wolf-<lb/> Partei) bei den letzten Wiener Gemeinderatswahlen<lb/> die chriſtlichſozialen Klerikalen auch bei jenen<lb/> Kandidaturen unterſtützt, welche ſich gegen deutſch-<lb/> freiheitliche Gemeinderatswahlwerber kehrten. Dieſe<lb/> antideutſchfreiheitliche Haltung der ſogenannten<lb/> Deutſchradikalen (von denen der Abgeordnete Doktor<lb/> Kinz erſt kürzlich ſagte, daß ſie in Wahrheit weit<lb/> weniger radikal ſind als jene Abgeordnete, die ſich<lb/> nicht radikal nennen ...) und ihr ſchmachvolles<lb/> Wahlbündnis mit den Klerikalen verſuchten ſie mit<lb/> „antiſemitiſchen Gründen“ zu rechtfertigen, an welche<lb/> faule Ausrede natürlich kein vernünftiger Menſch<lb/> glaubte, zumal ſie angeſichts jenes deutſchradikal-<lb/> chriſtlichſozialen Wahlbündniſſes, welches auch gegen<lb/> deutſchgeſinnte ariſche Bewerber funktionierte, von<lb/> vornherein vollkommen mißlungen war. Nun aber<lb/> kommt das Gegenſtück! Das deutſchradikale Nord-<lb/> mährerblatt ſchüttelt im Namen der deutſchradikalen<lb/> Partei den Antiſemitismus vollſtändig von den<lb/> Rockſchößen der Partei ab, führt den Juden zu<lb/> Gemüte, daß die Deutſchradikalen in Mähren immer<lb/> für die jüdiſchen Bewerber geſtimmt haben, daß ſie<lb/> mit dem Judentum in treuer Waffenbrüderſchaft<lb/> aus wohlverſtandenem ureigenſten Intereſſe zuſammen-<lb/> halten müſſen uſw. Das deutſchradikale (Wolf-)<lb/> Blatt ſchließt dieſe Ausführungen mit den Worten:<lb/> „Alſo hoffen wir, daß man den Antiſemitismus<lb/> nicht mehr gegen uns (Deutſchradikale) ausſpielen<lb/> wird! — Wird man gewiß nicht! Aber ein Bei-<lb/> ſpiel für die niederträchtige Verlogenheit, mit welcher<lb/> bei uns in Oſterreich Politik gemacht und die<lb/> Wähler genarrt werden, iſt dies zweifellos! In<lb/> Wien heißts mit den Schwarzen gegen die Deutſch-<lb/> freiheitlichen ſtimmen — Motiv: Antiſemitismus!<lb/> In Mähren verwahrt ſich dieſelbe Partei dagegen,<lb/> daß man ſie in antiſemitiſchen Geruch bringe! Der<lb/> ganze Schwindel rührt eben davon her, daß die<lb/> Deutſchradikalen für einige Mandate in Böhmen<lb/> klerikale Hilfe brauchen gegen andere deutſchfreitheit-<lb/> liche Bewerber und deshalb leiſten ſie wieder den<lb/> Klerikalen in Wien und Niederöſterreich Schützen-<lb/> hilfe auch gegen die Deutſchfreiheitlichen! Das offen<lb/> einzugeſtehen wäre wohl ehrlicher als mit dem Anti-<lb/> ſemitismus jenes erbärmliche Gaukelſpiel aufzuführen<lb/> und die deutſche Politik durch die ſchlimmſten Ver-<lb/><cb/> logenheiten zu vergiften. Es iſt kein Wunder, wenn<lb/> unſere deutſchen Abgeordneten der Alpenländer, ohne<lb/> Rückſicht auf etwaige politiſche Unterſchiede, immer<lb/> mehr von Ekel erfüllt werden über das unehrliche<lb/> und hinterhältige, verlogene Treiben der ſogenannten<lb/> Deutſchradikalen!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Deutſchtum der Alpenländer.</hi> </head><lb/> <p>Die bisher vorliegenden Ergebniſſe der letzten<lb/> Volkszählung zeigen eine erfreuliche Erſtarkung des<lb/> Deutſchtums in Öſterreich, beſonders aber in den<lb/> Alpenländern und unter dieſen wieder namentlich<lb/> in Kärnten. Im Jahre 1890 wurden in Kärnten<lb/> 70 Prozent Deutſche und 30 Prozent Slowenen<lb/> gezählt. Zehn Jahre ſpäter ergab die Zählung<lb/> 75 Prozent Deutſche und 25 Prozent Slowenen<lb/> und nach den neueſten Ziffern hat eine weitere Ver-<lb/> ſchiebung auf 79 Prozent Deutſche und 21 Prozent<lb/> Slowenen bei einer Allgemeinen Bevölkerungszu-<lb/> nahme ſtattgefunden. Allerdings hat dafür das<lb/> Slowenentum im „italieniſchen“ Trieſt um 100 Prozent<lb/> zugenommen!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Allſlawiſches.</hi> </head><lb/> <p>Einem Prager Jungtſchechenblatte wurde<lb/> unterm 23. Juli aus <hi rendition="#g">Odeſſa</hi> geſchrieben: „Hier<lb/> erſchien ſoeben die erſte Nummer des Blattes<lb/> „Slavjanski Jug.“ Das Blatt wird von einer<lb/> Gruppe ſüdſlawiſcher Politiker unter Teilnahme<lb/> ruſſiſcher Faktoren herausgegeben. Das Programm<lb/> des in ruſſiſcher, bulgariſcher und ſerbiſcher Sprache<lb/> erſcheinenden Blattes, das auch Artikel in <hi rendition="#g">ſlowe-<lb/> niſcher</hi> und tſchechiſcher Sprache veröffentlichen<lb/> wird, hat den Zweck, eine Annäherung der Slawen<lb/> über die politiſchen, kulturellen und wirtſchaftlichen<lb/> Hauptaufgaben der Südſlaven herbeizuführen.“ Das<lb/> heißt, ſo bemerkt dazu das Wiener Alldeutſche<lb/> Tagblatt: „Slavjanski Jug“ wird ſüdſlawiſche<lb/> Politik vom <hi rendition="#g">allſlawiſchen</hi> Standpunkte aus<lb/> betreiben und <hi rendition="#g">von Rußland</hi> aus. Und wie<lb/> entrüſten ſich die Tſchechen über Äußerungen all-<lb/> deutſcher Gemeinbürgſchaft, ſelbſt wenn dieſe nicht-<lb/> politiſcher, rein kultureller Art ſind!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Mikado geſtorben.</hi> </head><lb/> <p>Nach einer Meldung aus Tokio iſt dort<lb/> geſtern in ſeinem von Chryſanthemen umgebenen<lb/> Palaſte der Kaiſer von Japan, <hi rendition="#g">Mutſuhilo,</hi><lb/> geſtorben. Der verſchiedene japaniſche Herrſcher,<lb/> welcher den unerhörten Aufſchwung ſeines Volkes<lb/> förderte und deſſen glänzenden Sieg über das<lb/> gewaltige Rußland erlebte, folgte als 15 jähriger<lb/> Jüngling, der im Jahre 1852 geboren war, ſeinem<lb/> Vater Kommei Tenno als 123. Mikado der<lb/> herrſchenden Dynaſtie, die ihren Urſprung der Sage<lb/> nach auf die Sonnengöttin zurückführt, auf den<lb/> Thron. Er hat die Gewalt der Schoguns, die das<lb/> Land beherrſchten, gebrochen und Japan, das<lb/> ängſtlich vor jeder Verbindung mit den europäiſchen<lb/> „Barbaren“ abgeſchloſſen wurde, mit Europa in<lb/> Verbindung g<supplied>e</supplied>bracht; davon rührt der ungeheure<lb/> Aufſchwung Japans her.</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">Eigenberichte.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Kötſch,</hi> 28. Juli.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Todesfall.)</hi> </head> <p>In Rogeis<lb/> ſtarb vorgeſtern an Herzſchlag die 30jährige Grund-<lb/> beſitzerin Maria <hi rendition="#g">Maleiner.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Kötſch,</hi> 29. Juli.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Unter den Bier-<lb/> fäſſern.)</hi> </head> <p>Ein Fuhrmann des Herrn Bachler in<lb/> Kranichsfeld führte einen Wagen voll Bierfäſſer und<lb/> -Kiſten aus Marburg nach Kranichsfeld. Bei Win-<lb/> denau baten zwei Mädchen und ein Knabe aus<lb/> Skoggen bei Kranichsfeld den Fuhrmann, daß er ſie<lb/> mitnehmen möge. In ſeiner Gutmütigkeit nahm der<lb/> Fuhrmann alle drei auf den Wagen. In Kötſch fiel<lb/> plötzlich ein Hinterrad herunter und der Wagen<lb/> ſenkte ſich infolgedeſſen ſo ſehr nach dieſer Seite,<lb/> daß alle vier Perſonen herunterfielen und die vollen<lb/> Bierfäſſer über ſie hinwegrollten. Alle vier wurden<lb/> mehr ober minder verletzt, ein Mädchen aber ſcheint<lb/> ſchlimme innere Verletzungen und wahrſcheinlich auch<lb/> eine ſchwere Gehirnerſchütterung davongetragen zu<lb/> haben, da es trotz aller Labungen bewußtlos blieb.<lb/> Man holte raſch einen Wagen und führte die drei<lb/> bedauernswerten Paſſagiere heim. Der ebenfalls<lb/> beſchädigte Fuhrmann konnte nach einiger Zeit allein<lb/> weiterfahren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Straß,</hi> 28. Juli.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Landwirtſchaftliche<lb/> Verſammlungen.)</hi> </head> <p>Die Filiale Straß der k. k.<lb/> Landwirtſchaftsgeſellſchaft hielt am 21. Juli zwei<lb/> Wanderverſammlungen ab, und zwar vormittags in<lb/> St. Nikolai ob Draßling und nachmittags in Lipſch.<lb/> Beide Verſammlungen wieſen einen äußerſt zahl-<lb/> reichen Beſuch auf und hielt der Bezirkstierarzt Herr<lb/><hi rendition="#g">Zorn</hi> aus Leibnitz einen ſehr lehrreichen Vortrag<lb/> über Viehzucht, Behandlung des Viehes und deſſen<lb/> Krankheiten. Die Verſammlungsbeſucher waren ſehr<lb/> zufrieden. 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Juli.</dateline> <head> <hi rendition="#g">(Sommerfeſt des<lb/> Reichsbundes deutſcher Eiſenbahner.)</hi> </head><lb/> <p>Sonntag den 4. Auguſt findet in Pragerhof ein<lb/> großes Sommerfeſt, verbunden mit der Gründungs-<lb/> feier des Radfahrervereines Drauadler und der<lb/> Turnriege Pragerhof ſtatt. Pflicht aller völkiſchen<lb/> Kreiſe der Umgebungsorte iſt es, die im harten<lb/> Kampfe ſtehenden nationalen Eiſenbahner durch einen<lb/> zahlreichen Beſuch zu unterſtützen und dadurch das<lb/> Volksbewußtſein neu zu heben und zu ſtärken. Der<lb/> Reingewinn dieſer Veranſtaltung wird zur Weih-</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="spur2" prev="#spur1" type="jArticle" n="2"> <p>„Wie ich nach all dem Geſehenen und Gehörten<lb/> annehme, haben Sie Fräulein von Olenhuſen in<lb/> einem überaus ſchweren Verdacht. Wenn es mir<lb/> auch bis ins Innerſte widerſtrebt, von einer<lb/> Bewohnerin meines Hauſes etwas derartiges anzu-<lb/> nehmen, ſo bleibt mir — ich kann kombinieren<lb/> wie ich will — doch nichts anderes übrig, als<lb/> an einen Diebſtahl der Banknoten von ihrer Seite<lb/> zu glauben. Es iſt mir freilich ein Rätſel, das<lb/> ich außerſtande bin zu löſen, wozu ſie das viele<lb/> Geld gebraucht haben könnte. Sie beſitzt keine<lb/> Angehörigen mehr, denen ſie es etwa hätte<lb/> zukommen laſſen können, und was ihre eigene<lb/> Perſon betrifft, ſo iſt ſie die Sparſamkeit ſelbſt.<lb/> Sie hat ſogar die abgelegte Garderobe meiner<lb/> Frau mit beſtem Danke angenommen und trägt<lb/> ſie jetzt mit Vorliebe. Kurz und gut, alles deutet<lb/> trotzdem auf ſie als die Diebin, denn niemand als<lb/> ſie konnte wiſſen, daß ein geheimer Weg zu meiner<lb/> Silberkammer führt, ein Weg, der ſelbſt mir<lb/> unbekannt war ... Herrgott, in welcher Gefahr<lb/> habe ich geſchwebt! Sie hätte mir mit der größten<lb/> Leichtigkeit alle in der Silberkammer befindlichen<lb/> Werte entwenden können und ich würde nicht<lb/> einmal gewußt haben, wie es möglich war. Ich<lb/> werde Ihnen nie genug danken können, Aſſeſſor“,<lb/> fügte der ſehr erregte Mann aufatmend hinzu.<lb/> Dann fuhr er fort: „So weit wäre die Angelegen-<lb/> heit alſo geklärt. Sie nehmen aber, wie Sie ſagten,<lb/> auch an, daß die Dame mit dem Tode des Bau-<lb/> meiſters in Zuſammenhang zu bringen iſt, und<lb/><cb/> das iſt es, was ich beim beſten Willen nicht glau-<lb/> ben kann.“</p><lb/> <p>„Nun, ich habe zwingende Gründe zu der<lb/> Annahme, daß Fräulein von Olenhuſen Herrn<lb/> Plock am Tage ſeines Verſchwindens erſchoſſen<lb/> hat, und zwar im Teufelsloch.“</p><lb/> <p>Aber ich bitte Sie, Aſſeſſor! Wie wäre ſo<lb/> etwas möglich! Sie war immer ſo häuslich und<lb/> weigerte ſich direkt auszugehen. Sie wiſſen doch,<lb/> daß der Weg nach dem Teufelsloch durch die<lb/> ganze Stedt führt und über drei Viertelſtunden in<lb/> Anſpruch nimmt. Sie müßte alſo mindeſtens<lb/> eineinhalb bis zwei Stunden fortgeweſen ſein.<lb/> Das könnte ſie nicht, ohne meiner Frau etwas zu<lb/> ſagen, und dieſe war an dem Tage ſo kränklich,<lb/> daß ſie die Hilfe ihrer Geſellſchafterin gar nicht<lb/> entbehren konnte... Weiterhin behaupten Sie,<lb/> das Mädchen habe Plock erſchoſſen und ich war<lb/> deshalb auch ſo heftig erſchrocken, als ich den<lb/> Miniaturrevolver in ihrem Zimmer ſah, aber es<lb/> iſt mir wirklich unmöglich zu glauben, daß jemand,<lb/> mit dem ich täglich zuſammenkomme, einer derar-<lb/> tigen Schandtat fähig iſt.“</p><lb/> <p>„Wiſſen Sie denn, Herr Kommerzienrat, was<lb/> die Urſache dazu war? Wer kennt die Tiefen des<lb/> menſchlichen Herzens! Ich perſönlich bin der Anſicht,<lb/> daß mancher in der Verzweiflung zu der Mord-<lb/> waffe greift, der vor einer Stunde noch nicht im<lb/> entfernteſten daran gedacht hat. Wenn Sie mir<lb/> verſprechen, über alles, was ich Ihnen jetzt erzahlen<lb/> werde, vorderhand unverbrüchliches Stillſchweigen<lb/><cb/> zu beobachten, will ich Ihnen mitteilen, wie alles<lb/> kam und wie es mit Naturnotwendigkeit kommen<lb/> mußte.“</p><lb/> <p>Ich führte nunmehr dem ſtumm Daſtehenden<lb/> meine Entdeckungen vor Augen. Bei der Erwähnung<lb/> des Teufelslochganges ſprang er auf und rief:</p><lb/> <p>„Das iſt ja ſchrecklich. So hat alſo die Fama<lb/> doch recht gehabt. Da lebt man in einem Hauſe,<lb/> das einer Feſtung gleicht und das deshalb wie<lb/> geſchaffen erſcheint als Geſchäftshaus eines Bankiers,<lb/> und dann ſtellt ſich ſchließlich heraus, daß es für<lb/> einen Eingeweihten ſo leicht wie möglich iſt, hier<lb/> einzudringen... Na, ich habe genug, ich glaube<lb/> jetzt alles, auch das Schlimmſte.... Schrecklich,<lb/> ſchrecklich! ... Und all das muß gewiſſermaßen<lb/> vor meinen Augen paſſieren, der ich auf meine<lb/> ſogenannte Menſchenkenntnis ſtets ſo ſtolz geweſen<lb/> bin. Welches Fiasko!“</p><lb/> <p>Ich fuhr dann mit meinen Mitteilungen fort<lb/> und erwähnte weiter die Auffindung des Medaillons<lb/> im Gange.</p><lb/> <p>„Wie ſah es aus? forſchte Langenheim.</p><lb/> <p>Es iſt ein goldenes, mit Brillantperlen beſetztes<lb/> Herz, wie es die Damen an der Uhrkette zu tragen<lb/> pflegen.“</p><lb/> <p>„Enthielt es ein Bild?“</p><lb/> <p>„Ja, das Porträt Ihrer Frau Gemahlin.“</p><lb/> <p>„Das ſchließt Ihre Kette, lieber Freund, es<lb/> iſt jetzt ganz ſicher, daß Fräulein von Olenhuſen zum<lb/> mindeſten ſich in dem Gange befunden haben muß.“</p><lb/> <p> <ref> <hi rendition="#c">(Schluß folgt.)</hi> </ref> </p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Marburger Zeitung Nr. 91. 30. Juli 1912
Prüfung in einer nichtungariſchen Sprache, (z. B.
deutſch) ablegen wollen, als zweite Prüfungsſprache
unbedingt ungariſch anzugeben haben. Die Ergän-
zungsprüfung muß ſpäteſtens am 1. Oktober des
Aſſentjahrganges abgelegt werden. Eine Wieder-
holung der Ergänzungsprüfung iſt ſogleich beim
nächſten Prüfungstermin bei einem „Ungenügend“
geſtattet. Zum ſelben Termin ſetzen jene, welche bei
der vorhergehenden Prüfung erkrankt ſind, die Prü-
fung fort. Bei zwei oder mehr „Ungenügend“ darf
die Prüfung erſt nach einem vollen Jahre wieder-
holt werden. Fällt die Wiederholung nach dem 1.
Oktober des Aſſentierungsjahres des Bewerbers, ſo
iſt ſie unzuläſſig.
Eine deutſchradikale Verwahrung.
Bekanntlich haben die Deutſchradikalen (Wolf-
Partei) bei den letzten Wiener Gemeinderatswahlen
die chriſtlichſozialen Klerikalen auch bei jenen
Kandidaturen unterſtützt, welche ſich gegen deutſch-
freiheitliche Gemeinderatswahlwerber kehrten. Dieſe
antideutſchfreiheitliche Haltung der ſogenannten
Deutſchradikalen (von denen der Abgeordnete Doktor
Kinz erſt kürzlich ſagte, daß ſie in Wahrheit weit
weniger radikal ſind als jene Abgeordnete, die ſich
nicht radikal nennen ...) und ihr ſchmachvolles
Wahlbündnis mit den Klerikalen verſuchten ſie mit
„antiſemitiſchen Gründen“ zu rechtfertigen, an welche
faule Ausrede natürlich kein vernünftiger Menſch
glaubte, zumal ſie angeſichts jenes deutſchradikal-
chriſtlichſozialen Wahlbündniſſes, welches auch gegen
deutſchgeſinnte ariſche Bewerber funktionierte, von
vornherein vollkommen mißlungen war. Nun aber
kommt das Gegenſtück! Das deutſchradikale Nord-
mährerblatt ſchüttelt im Namen der deutſchradikalen
Partei den Antiſemitismus vollſtändig von den
Rockſchößen der Partei ab, führt den Juden zu
Gemüte, daß die Deutſchradikalen in Mähren immer
für die jüdiſchen Bewerber geſtimmt haben, daß ſie
mit dem Judentum in treuer Waffenbrüderſchaft
aus wohlverſtandenem ureigenſten Intereſſe zuſammen-
halten müſſen uſw. Das deutſchradikale (Wolf-)
Blatt ſchließt dieſe Ausführungen mit den Worten:
„Alſo hoffen wir, daß man den Antiſemitismus
nicht mehr gegen uns (Deutſchradikale) ausſpielen
wird! — Wird man gewiß nicht! Aber ein Bei-
ſpiel für die niederträchtige Verlogenheit, mit welcher
bei uns in Oſterreich Politik gemacht und die
Wähler genarrt werden, iſt dies zweifellos! In
Wien heißts mit den Schwarzen gegen die Deutſch-
freiheitlichen ſtimmen — Motiv: Antiſemitismus!
In Mähren verwahrt ſich dieſelbe Partei dagegen,
daß man ſie in antiſemitiſchen Geruch bringe! Der
ganze Schwindel rührt eben davon her, daß die
Deutſchradikalen für einige Mandate in Böhmen
klerikale Hilfe brauchen gegen andere deutſchfreitheit-
liche Bewerber und deshalb leiſten ſie wieder den
Klerikalen in Wien und Niederöſterreich Schützen-
hilfe auch gegen die Deutſchfreiheitlichen! Das offen
einzugeſtehen wäre wohl ehrlicher als mit dem Anti-
ſemitismus jenes erbärmliche Gaukelſpiel aufzuführen
und die deutſche Politik durch die ſchlimmſten Ver-
logenheiten zu vergiften. Es iſt kein Wunder, wenn
unſere deutſchen Abgeordneten der Alpenländer, ohne
Rückſicht auf etwaige politiſche Unterſchiede, immer
mehr von Ekel erfüllt werden über das unehrliche
und hinterhältige, verlogene Treiben der ſogenannten
Deutſchradikalen!
Das Deutſchtum der Alpenländer.
Die bisher vorliegenden Ergebniſſe der letzten
Volkszählung zeigen eine erfreuliche Erſtarkung des
Deutſchtums in Öſterreich, beſonders aber in den
Alpenländern und unter dieſen wieder namentlich
in Kärnten. Im Jahre 1890 wurden in Kärnten
70 Prozent Deutſche und 30 Prozent Slowenen
gezählt. Zehn Jahre ſpäter ergab die Zählung
75 Prozent Deutſche und 25 Prozent Slowenen
und nach den neueſten Ziffern hat eine weitere Ver-
ſchiebung auf 79 Prozent Deutſche und 21 Prozent
Slowenen bei einer Allgemeinen Bevölkerungszu-
nahme ſtattgefunden. Allerdings hat dafür das
Slowenentum im „italieniſchen“ Trieſt um 100 Prozent
zugenommen!
Allſlawiſches.
Einem Prager Jungtſchechenblatte wurde
unterm 23. Juli aus Odeſſa geſchrieben: „Hier
erſchien ſoeben die erſte Nummer des Blattes
„Slavjanski Jug.“ Das Blatt wird von einer
Gruppe ſüdſlawiſcher Politiker unter Teilnahme
ruſſiſcher Faktoren herausgegeben. Das Programm
des in ruſſiſcher, bulgariſcher und ſerbiſcher Sprache
erſcheinenden Blattes, das auch Artikel in ſlowe-
niſcher und tſchechiſcher Sprache veröffentlichen
wird, hat den Zweck, eine Annäherung der Slawen
über die politiſchen, kulturellen und wirtſchaftlichen
Hauptaufgaben der Südſlaven herbeizuführen.“ Das
heißt, ſo bemerkt dazu das Wiener Alldeutſche
Tagblatt: „Slavjanski Jug“ wird ſüdſlawiſche
Politik vom allſlawiſchen Standpunkte aus
betreiben und von Rußland aus. Und wie
entrüſten ſich die Tſchechen über Äußerungen all-
deutſcher Gemeinbürgſchaft, ſelbſt wenn dieſe nicht-
politiſcher, rein kultureller Art ſind!
Der Mikado geſtorben.
Nach einer Meldung aus Tokio iſt dort
geſtern in ſeinem von Chryſanthemen umgebenen
Palaſte der Kaiſer von Japan, Mutſuhilo,
geſtorben. Der verſchiedene japaniſche Herrſcher,
welcher den unerhörten Aufſchwung ſeines Volkes
förderte und deſſen glänzenden Sieg über das
gewaltige Rußland erlebte, folgte als 15 jähriger
Jüngling, der im Jahre 1852 geboren war, ſeinem
Vater Kommei Tenno als 123. Mikado der
herrſchenden Dynaſtie, die ihren Urſprung der Sage
nach auf die Sonnengöttin zurückführt, auf den
Thron. Er hat die Gewalt der Schoguns, die das
Land beherrſchten, gebrochen und Japan, das
ängſtlich vor jeder Verbindung mit den europäiſchen
„Barbaren“ abgeſchloſſen wurde, mit Europa in
Verbindung gebracht; davon rührt der ungeheure
Aufſchwung Japans her.
Eigenberichte.
Kötſch, 28. Juli. (Todesfall.) In Rogeis
ſtarb vorgeſtern an Herzſchlag die 30jährige Grund-
beſitzerin Maria Maleiner.
Kötſch, 29. Juli. (Unter den Bier-
fäſſern.) Ein Fuhrmann des Herrn Bachler in
Kranichsfeld führte einen Wagen voll Bierfäſſer und
-Kiſten aus Marburg nach Kranichsfeld. Bei Win-
denau baten zwei Mädchen und ein Knabe aus
Skoggen bei Kranichsfeld den Fuhrmann, daß er ſie
mitnehmen möge. In ſeiner Gutmütigkeit nahm der
Fuhrmann alle drei auf den Wagen. In Kötſch fiel
plötzlich ein Hinterrad herunter und der Wagen
ſenkte ſich infolgedeſſen ſo ſehr nach dieſer Seite,
daß alle vier Perſonen herunterfielen und die vollen
Bierfäſſer über ſie hinwegrollten. Alle vier wurden
mehr ober minder verletzt, ein Mädchen aber ſcheint
ſchlimme innere Verletzungen und wahrſcheinlich auch
eine ſchwere Gehirnerſchütterung davongetragen zu
haben, da es trotz aller Labungen bewußtlos blieb.
Man holte raſch einen Wagen und führte die drei
bedauernswerten Paſſagiere heim. Der ebenfalls
beſchädigte Fuhrmann konnte nach einiger Zeit allein
weiterfahren.
Straß, 28. Juli. (Landwirtſchaftliche
Verſammlungen.) Die Filiale Straß der k. k.
Landwirtſchaftsgeſellſchaft hielt am 21. Juli zwei
Wanderverſammlungen ab, und zwar vormittags in
St. Nikolai ob Draßling und nachmittags in Lipſch.
Beide Verſammlungen wieſen einen äußerſt zahl-
reichen Beſuch auf und hielt der Bezirkstierarzt Herr
Zorn aus Leibnitz einen ſehr lehrreichen Vortrag
über Viehzucht, Behandlung des Viehes und deſſen
Krankheiten. Die Verſammlungsbeſucher waren ſehr
zufrieden. Der Obmann Herr Karl Stift dankte
für den guten Vortrag und erſuchte den Bezirkstier-
arzt, den Landwirten wie bisher mit Rat und Tat
beizuſtehen.
St. Margareten bei Marburg, 28 Juli.
(Hagelwetter.) Freitag den 26. Juli gegen
halb ſechs Uhr nachmittags ging ein orkanartiger
Sturm mit Hagelwetter in der Richtung über Gra-
diſchberg (Gemeinde Willkomm) gegen Partin, St.
Georgen W.-B. nieder, Der dadurch angerichtete
Schaden iſt ſehr groß. Die ganze Weinernte
in dieſer Gegend wurde vernichtet, teils durch Hagel,
teils durch den Sturm, welch letzterer derart wütete,
daß er ſogar große Bäume, die in geſchützter Lage
ſtanden, entwurzelte.
Pragerhof, 29. Juli. (Sommerfeſt des
Reichsbundes deutſcher Eiſenbahner.)
Sonntag den 4. Auguſt findet in Pragerhof ein
großes Sommerfeſt, verbunden mit der Gründungs-
feier des Radfahrervereines Drauadler und der
Turnriege Pragerhof ſtatt. Pflicht aller völkiſchen
Kreiſe der Umgebungsorte iſt es, die im harten
Kampfe ſtehenden nationalen Eiſenbahner durch einen
zahlreichen Beſuch zu unterſtützen und dadurch das
Volksbewußtſein neu zu heben und zu ſtärken. Der
Reingewinn dieſer Veranſtaltung wird zur Weih-
„Wie ich nach all dem Geſehenen und Gehörten
annehme, haben Sie Fräulein von Olenhuſen in
einem überaus ſchweren Verdacht. Wenn es mir
auch bis ins Innerſte widerſtrebt, von einer
Bewohnerin meines Hauſes etwas derartiges anzu-
nehmen, ſo bleibt mir — ich kann kombinieren
wie ich will — doch nichts anderes übrig, als
an einen Diebſtahl der Banknoten von ihrer Seite
zu glauben. Es iſt mir freilich ein Rätſel, das
ich außerſtande bin zu löſen, wozu ſie das viele
Geld gebraucht haben könnte. Sie beſitzt keine
Angehörigen mehr, denen ſie es etwa hätte
zukommen laſſen können, und was ihre eigene
Perſon betrifft, ſo iſt ſie die Sparſamkeit ſelbſt.
Sie hat ſogar die abgelegte Garderobe meiner
Frau mit beſtem Danke angenommen und trägt
ſie jetzt mit Vorliebe. Kurz und gut, alles deutet
trotzdem auf ſie als die Diebin, denn niemand als
ſie konnte wiſſen, daß ein geheimer Weg zu meiner
Silberkammer führt, ein Weg, der ſelbſt mir
unbekannt war ... Herrgott, in welcher Gefahr
habe ich geſchwebt! Sie hätte mir mit der größten
Leichtigkeit alle in der Silberkammer befindlichen
Werte entwenden können und ich würde nicht
einmal gewußt haben, wie es möglich war. Ich
werde Ihnen nie genug danken können, Aſſeſſor“,
fügte der ſehr erregte Mann aufatmend hinzu.
Dann fuhr er fort: „So weit wäre die Angelegen-
heit alſo geklärt. Sie nehmen aber, wie Sie ſagten,
auch an, daß die Dame mit dem Tode des Bau-
meiſters in Zuſammenhang zu bringen iſt, und
das iſt es, was ich beim beſten Willen nicht glau-
ben kann.“
„Nun, ich habe zwingende Gründe zu der
Annahme, daß Fräulein von Olenhuſen Herrn
Plock am Tage ſeines Verſchwindens erſchoſſen
hat, und zwar im Teufelsloch.“
Aber ich bitte Sie, Aſſeſſor! Wie wäre ſo
etwas möglich! Sie war immer ſo häuslich und
weigerte ſich direkt auszugehen. Sie wiſſen doch,
daß der Weg nach dem Teufelsloch durch die
ganze Stedt führt und über drei Viertelſtunden in
Anſpruch nimmt. Sie müßte alſo mindeſtens
eineinhalb bis zwei Stunden fortgeweſen ſein.
Das könnte ſie nicht, ohne meiner Frau etwas zu
ſagen, und dieſe war an dem Tage ſo kränklich,
daß ſie die Hilfe ihrer Geſellſchafterin gar nicht
entbehren konnte... Weiterhin behaupten Sie,
das Mädchen habe Plock erſchoſſen und ich war
deshalb auch ſo heftig erſchrocken, als ich den
Miniaturrevolver in ihrem Zimmer ſah, aber es
iſt mir wirklich unmöglich zu glauben, daß jemand,
mit dem ich täglich zuſammenkomme, einer derar-
tigen Schandtat fähig iſt.“
„Wiſſen Sie denn, Herr Kommerzienrat, was
die Urſache dazu war? Wer kennt die Tiefen des
menſchlichen Herzens! Ich perſönlich bin der Anſicht,
daß mancher in der Verzweiflung zu der Mord-
waffe greift, der vor einer Stunde noch nicht im
entfernteſten daran gedacht hat. Wenn Sie mir
verſprechen, über alles, was ich Ihnen jetzt erzahlen
werde, vorderhand unverbrüchliches Stillſchweigen
zu beobachten, will ich Ihnen mitteilen, wie alles
kam und wie es mit Naturnotwendigkeit kommen
mußte.“
Ich führte nunmehr dem ſtumm Daſtehenden
meine Entdeckungen vor Augen. Bei der Erwähnung
des Teufelslochganges ſprang er auf und rief:
„Das iſt ja ſchrecklich. So hat alſo die Fama
doch recht gehabt. Da lebt man in einem Hauſe,
das einer Feſtung gleicht und das deshalb wie
geſchaffen erſcheint als Geſchäftshaus eines Bankiers,
und dann ſtellt ſich ſchließlich heraus, daß es für
einen Eingeweihten ſo leicht wie möglich iſt, hier
einzudringen... Na, ich habe genug, ich glaube
jetzt alles, auch das Schlimmſte.... Schrecklich,
ſchrecklich! ... Und all das muß gewiſſermaßen
vor meinen Augen paſſieren, der ich auf meine
ſogenannte Menſchenkenntnis ſtets ſo ſtolz geweſen
bin. Welches Fiasko!“
Ich fuhr dann mit meinen Mitteilungen fort
und erwähnte weiter die Auffindung des Medaillons
im Gange.
„Wie ſah es aus? forſchte Langenheim.
Es iſt ein goldenes, mit Brillantperlen beſetztes
Herz, wie es die Damen an der Uhrkette zu tragen
pflegen.“
„Enthielt es ein Bild?“
„Ja, das Porträt Ihrer Frau Gemahlin.“
„Das ſchließt Ihre Kette, lieber Freund, es
iſt jetzt ganz ſicher, daß Fräulein von Olenhuſen zum
mindeſten ſich in dem Gange befunden haben muß.“
(Schluß folgt.)
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