Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 48. Stuttgart/Tübingen, 30. November 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] wie ward diese Farbenmusik noch reicher gestimmt durch
die Bilder auf den Altären, durch die Teppiche an der
Mauer, durch die Malerei und Vergoldung der Capitäle
und Gewölbschlußsteine, durch die goldstrahlenden, oft
auch mit Bildern reich geschmückten Gewänder der Prie-
sterschaft!"

Ursprünglich also setzte man das Bild aus so
vielen Glasstücken zusammen, als es Farben hatte.
Nachdem man größere und farblose Glastafeln bereiten
gelernt, erfand man Schmelzfarben, die man auftrug
und einbrannte, wodurch man mehrere Farben neben ein-
ander auch für dazwischenlaufende Verbleiungslinien
gewann; und so war es nun leicht, dramatisch bewegte
Gestalten, reiche Gruppen abzubilden und sie durch
Licht= und Schattenwirkung zu modelliren. Man wagte
größere Figuren, die aus einem Feld in das andere
hineinragten, und es ist dann, als ob man ein großes
reiches Bild hinter einem Gitterwerke, den Stäben des
Fensters, sähe. Die Technik des Einbrennens ward frei-
lich schwieriger, und es trennten sich der Maler, der
das Bild entwarf, und der mehr handwerkliche Meister,
der es ausführte. Die Oelmalerei entfaltete ihre Blüthe,
und man suchte ihre Reize auf dem Glas nachzuahmen.
Die Bilder traten vielfach aus dem Styl der Kirche,
aus der Unterordnung unter die Architektur heraus; sie
gingen dann in die Stadt = und Wohnhäuser der Rei-
chen über, und hier waren es besonders glänzend aus-
geführte Wappen, die man liebte, mit vielfältigem, auch
landschaftlichem Beiwerk. Die Religionskriege zerstörten
viele dieser Werke und hemmten mit ihrer Verwilderung den
Kunstbetrieb; der nüchterne Sinn des achtzehnten Jahr-
hunderts verschmähte die bunten Fenster mit ihrem my-
stischen Dämmerschein; die Glasmalerei kam völlig in
Vergessenheit. Erst in unserem Jahrhundert ward
sie wieder erfunden, und schloß sich in Deutschland
und Frankreich der neubelebten bildenden Kunst wür-
dig an.

Der Fortschritt der Naturwissenschaften und der
industriellen Technik läßt die Glasmalerei jetzt über die
reichsten Mittel gebieten; er darf sie nicht verleiten, ein
[Spaltenumbruch] virtuosenhaft prunkendes Spiel mit ihnen zu treiben.
Die Fenster müssen sich dem Gebäude anschließen, der
Styl des Gemäldes dem Styl der Kirche. Man zeichne
immerhin große Gestalten, aber man suche sie zwi-
schen den aufwärtsstrebenden Fensterstäben so zu glie-
dern, daß sie gar nicht oder doch nur selten, und an
Stellen von ihnen durchschnitten werden, wo dieses
die ganze Haltung nicht beeinträchtigt. Man gebe
der Composition eine schlichte Würde, man erfreue
sich der ungebrochenen, gesättigten Farbe, die hier
ihren wunderbar leuchtenden Glanz wirken läßt,
und verzichte auf zu feine Details, zu viele Modelli-
rung; man wolle nicht durch Luftperspektive und durch
landschaftliche Hintergründe den falschen Schein erwecken,
als ob man aus der Kirche in die Welt hinaus blicke;
denn man soll in dem Heiligthum zur Sammlung des
Gemüths, zur Einkehr in Gott, von den Zerstreuun-
gen der Außenwelt abgeschlossen seyn, und dieß wird
ausgedrückt werden, wenn sich die Gestalten wie relief-
artig auf einem eintönigen oder arabeskengeschmück-
ten Grund erheben, wodurch dann die Erinnerung
an die raumverschließenden Teppiche wach erhalten
wird. Jene vielen kleineren Figuren zwischen den Ara-
beskenranken betrachtet niemand leicht im Einzelnen,
sie geben nur eine allgemeine Stimmung. Die gothische
Kirche aber, welche die Starrheit, Massenhaftigkeit
und Fläche der Mauern überwunden hat und den gan-
zen Bau aus lauter selbstständig emporragenden Glie-
dern bildet, gewährt der Wandmalerei so wenig Raum,
daß die mächtigen Fenster naturgemäß der Ort werden,
wo die heilige Geschichte in sinnvollen Bildern dem
Christen sich darstellt. Nur daß die Composition in
großartiger Schlichtheit der religiösen Würde nach-
komme, daß auf die vielstimmige Farbenharmonie
geachtet werde, und wir brauchen nicht anzustehen,
in Werken, wie in den neuen Fenstern der Dome zu
Köln und Regensburg oder der Münchner Aukirche,
nicht bloß die Erneuerung, sondern auch einen Fort-
schritt der Kunst zu begrüßen.

[Ende Spaltensatz]


[Beginn Spaltensatz] wie ward diese Farbenmusik noch reicher gestimmt durch
die Bilder auf den Altären, durch die Teppiche an der
Mauer, durch die Malerei und Vergoldung der Capitäle
und Gewölbschlußsteine, durch die goldstrahlenden, oft
auch mit Bildern reich geschmückten Gewänder der Prie-
sterschaft!“

Ursprünglich also setzte man das Bild aus so
vielen Glasstücken zusammen, als es Farben hatte.
Nachdem man größere und farblose Glastafeln bereiten
gelernt, erfand man Schmelzfarben, die man auftrug
und einbrannte, wodurch man mehrere Farben neben ein-
ander auch für dazwischenlaufende Verbleiungslinien
gewann; und so war es nun leicht, dramatisch bewegte
Gestalten, reiche Gruppen abzubilden und sie durch
Licht= und Schattenwirkung zu modelliren. Man wagte
größere Figuren, die aus einem Feld in das andere
hineinragten, und es ist dann, als ob man ein großes
reiches Bild hinter einem Gitterwerke, den Stäben des
Fensters, sähe. Die Technik des Einbrennens ward frei-
lich schwieriger, und es trennten sich der Maler, der
das Bild entwarf, und der mehr handwerkliche Meister,
der es ausführte. Die Oelmalerei entfaltete ihre Blüthe,
und man suchte ihre Reize auf dem Glas nachzuahmen.
Die Bilder traten vielfach aus dem Styl der Kirche,
aus der Unterordnung unter die Architektur heraus; sie
gingen dann in die Stadt = und Wohnhäuser der Rei-
chen über, und hier waren es besonders glänzend aus-
geführte Wappen, die man liebte, mit vielfältigem, auch
landschaftlichem Beiwerk. Die Religionskriege zerstörten
viele dieser Werke und hemmten mit ihrer Verwilderung den
Kunstbetrieb; der nüchterne Sinn des achtzehnten Jahr-
hunderts verschmähte die bunten Fenster mit ihrem my-
stischen Dämmerschein; die Glasmalerei kam völlig in
Vergessenheit. Erst in unserem Jahrhundert ward
sie wieder erfunden, und schloß sich in Deutschland
und Frankreich der neubelebten bildenden Kunst wür-
dig an.

Der Fortschritt der Naturwissenschaften und der
industriellen Technik läßt die Glasmalerei jetzt über die
reichsten Mittel gebieten; er darf sie nicht verleiten, ein
[Spaltenumbruch] virtuosenhaft prunkendes Spiel mit ihnen zu treiben.
Die Fenster müssen sich dem Gebäude anschließen, der
Styl des Gemäldes dem Styl der Kirche. Man zeichne
immerhin große Gestalten, aber man suche sie zwi-
schen den aufwärtsstrebenden Fensterstäben so zu glie-
dern, daß sie gar nicht oder doch nur selten, und an
Stellen von ihnen durchschnitten werden, wo dieses
die ganze Haltung nicht beeinträchtigt. Man gebe
der Composition eine schlichte Würde, man erfreue
sich der ungebrochenen, gesättigten Farbe, die hier
ihren wunderbar leuchtenden Glanz wirken läßt,
und verzichte auf zu feine Details, zu viele Modelli-
rung; man wolle nicht durch Luftperspektive und durch
landschaftliche Hintergründe den falschen Schein erwecken,
als ob man aus der Kirche in die Welt hinaus blicke;
denn man soll in dem Heiligthum zur Sammlung des
Gemüths, zur Einkehr in Gott, von den Zerstreuun-
gen der Außenwelt abgeschlossen seyn, und dieß wird
ausgedrückt werden, wenn sich die Gestalten wie relief-
artig auf einem eintönigen oder arabeskengeschmück-
ten Grund erheben, wodurch dann die Erinnerung
an die raumverschließenden Teppiche wach erhalten
wird. Jene vielen kleineren Figuren zwischen den Ara-
beskenranken betrachtet niemand leicht im Einzelnen,
sie geben nur eine allgemeine Stimmung. Die gothische
Kirche aber, welche die Starrheit, Massenhaftigkeit
und Fläche der Mauern überwunden hat und den gan-
zen Bau aus lauter selbstständig emporragenden Glie-
dern bildet, gewährt der Wandmalerei so wenig Raum,
daß die mächtigen Fenster naturgemäß der Ort werden,
wo die heilige Geschichte in sinnvollen Bildern dem
Christen sich darstellt. Nur daß die Composition in
großartiger Schlichtheit der religiösen Würde nach-
komme, daß auf die vielstimmige Farbenharmonie
geachtet werde, und wir brauchen nicht anzustehen,
in Werken, wie in den neuen Fenstern der Dome zu
Köln und Regensburg oder der Münchner Aukirche,
nicht bloß die Erneuerung, sondern auch einen Fort-
schritt der Kunst zu begrüßen.

[Ende Spaltensatz]


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0012" n="1140"/><fw type="pageNum" place="top">1140</fw><cb type="start"/>
wie ward diese Farbenmusik noch reicher gestimmt durch<lb/>
die Bilder auf den Altären, durch die Teppiche an der<lb/>
Mauer, durch die Malerei und Vergoldung der Capitäle<lb/>
und Gewölbschlußsteine, durch die goldstrahlenden, oft<lb/>
auch mit Bildern reich geschmückten Gewänder der Prie-<lb/>
sterschaft!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ursprünglich also setzte man das Bild aus so<lb/>
vielen Glasstücken zusammen, als es Farben hatte.<lb/>
Nachdem man größere und farblose Glastafeln bereiten<lb/>
gelernt, erfand man Schmelzfarben, die man auftrug<lb/>
und einbrannte, wodurch man mehrere Farben neben ein-<lb/>
ander auch für dazwischenlaufende Verbleiungslinien<lb/>
gewann; und so war es nun leicht, dramatisch bewegte<lb/>
Gestalten, reiche Gruppen abzubilden und sie durch<lb/>
Licht= und Schattenwirkung zu modelliren. Man wagte<lb/>
größere Figuren, die aus einem Feld in das andere<lb/>
hineinragten, und es ist dann, als ob man ein großes<lb/>
reiches Bild hinter einem Gitterwerke, den Stäben des<lb/>
Fensters, sähe. Die Technik des Einbrennens ward frei-<lb/>
lich schwieriger, und es trennten sich der Maler, der<lb/>
das Bild entwarf, und der mehr handwerkliche Meister,<lb/>
der es ausführte. Die Oelmalerei entfaltete ihre Blüthe,<lb/>
und man suchte ihre Reize auf dem Glas nachzuahmen.<lb/>
Die Bilder traten vielfach aus dem Styl der Kirche,<lb/>
aus der Unterordnung unter die Architektur heraus; sie<lb/>
gingen dann in die Stadt = und Wohnhäuser der Rei-<lb/>
chen über, und hier waren es besonders glänzend aus-<lb/>
geführte Wappen, die man liebte, mit vielfältigem, auch<lb/>
landschaftlichem Beiwerk. Die Religionskriege zerstörten<lb/>
viele dieser Werke und hemmten mit ihrer Verwilderung den<lb/>
Kunstbetrieb; der nüchterne Sinn des achtzehnten Jahr-<lb/>
hunderts verschmähte die bunten Fenster mit ihrem my-<lb/>
stischen Dämmerschein; die Glasmalerei kam völlig in<lb/>
Vergessenheit. Erst in unserem Jahrhundert ward<lb/>
sie wieder erfunden, und schloß sich in Deutschland<lb/>
und Frankreich der neubelebten bildenden Kunst wür-<lb/>
dig an.</p><lb/>
        <p>Der Fortschritt der Naturwissenschaften und der<lb/>
industriellen Technik läßt die Glasmalerei jetzt über die<lb/>
reichsten Mittel gebieten; er darf sie nicht verleiten, ein<lb/><cb n="2"/>
virtuosenhaft prunkendes Spiel mit ihnen zu treiben.<lb/>
Die Fenster müssen sich dem Gebäude anschließen, der<lb/>
Styl des Gemäldes dem Styl der Kirche. Man zeichne<lb/>
immerhin große Gestalten, aber man suche sie zwi-<lb/>
schen den aufwärtsstrebenden Fensterstäben so zu glie-<lb/>
dern, daß sie gar nicht oder doch nur selten, und an<lb/>
Stellen von ihnen durchschnitten werden, wo dieses<lb/>
die ganze Haltung nicht beeinträchtigt. Man gebe<lb/>
der Composition eine schlichte Würde, man erfreue<lb/>
sich der ungebrochenen, gesättigten Farbe, die hier<lb/>
ihren wunderbar leuchtenden Glanz wirken läßt,<lb/>
und verzichte auf zu feine Details, zu viele Modelli-<lb/>
rung; man wolle nicht durch Luftperspektive und durch<lb/>
landschaftliche Hintergründe den falschen Schein erwecken,<lb/>
als ob man aus der Kirche in die Welt hinaus blicke;<lb/>
denn man soll in dem Heiligthum zur Sammlung des<lb/>
Gemüths, zur Einkehr in Gott, von den Zerstreuun-<lb/>
gen der Außenwelt abgeschlossen seyn, und dieß wird<lb/>
ausgedrückt werden, wenn sich die Gestalten wie relief-<lb/>
artig auf einem eintönigen oder arabeskengeschmück-<lb/>
ten Grund erheben, wodurch dann die Erinnerung<lb/>
an die raumverschließenden Teppiche wach erhalten<lb/>
wird. Jene vielen kleineren Figuren zwischen den Ara-<lb/>
beskenranken betrachtet niemand leicht im Einzelnen,<lb/>
sie geben nur eine allgemeine Stimmung. Die gothische<lb/>
Kirche aber, welche die Starrheit, Massenhaftigkeit<lb/>
und Fläche der Mauern überwunden hat und den gan-<lb/>
zen Bau aus lauter selbstständig emporragenden Glie-<lb/>
dern bildet, gewährt der Wandmalerei so wenig Raum,<lb/>
daß die mächtigen Fenster naturgemäß der Ort werden,<lb/>
wo die heilige Geschichte in sinnvollen Bildern dem<lb/>
Christen sich darstellt. Nur daß die Composition in<lb/>
großartiger Schlichtheit der religiösen Würde nach-<lb/>
komme, daß auf die vielstimmige Farbenharmonie<lb/>
geachtet werde, und wir brauchen nicht anzustehen,<lb/>
in Werken, wie in den neuen Fenstern der Dome zu<lb/>
Köln und Regensburg oder der Münchner Aukirche,<lb/>
nicht bloß die Erneuerung, sondern auch einen Fort-<lb/>
schritt der Kunst zu begrüßen.</p>
      </div><lb/>
      <cb type="end"/>
      <space dim="vertical"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1140/0012] 1140 wie ward diese Farbenmusik noch reicher gestimmt durch die Bilder auf den Altären, durch die Teppiche an der Mauer, durch die Malerei und Vergoldung der Capitäle und Gewölbschlußsteine, durch die goldstrahlenden, oft auch mit Bildern reich geschmückten Gewänder der Prie- sterschaft!“ Ursprünglich also setzte man das Bild aus so vielen Glasstücken zusammen, als es Farben hatte. Nachdem man größere und farblose Glastafeln bereiten gelernt, erfand man Schmelzfarben, die man auftrug und einbrannte, wodurch man mehrere Farben neben ein- ander auch für dazwischenlaufende Verbleiungslinien gewann; und so war es nun leicht, dramatisch bewegte Gestalten, reiche Gruppen abzubilden und sie durch Licht= und Schattenwirkung zu modelliren. Man wagte größere Figuren, die aus einem Feld in das andere hineinragten, und es ist dann, als ob man ein großes reiches Bild hinter einem Gitterwerke, den Stäben des Fensters, sähe. Die Technik des Einbrennens ward frei- lich schwieriger, und es trennten sich der Maler, der das Bild entwarf, und der mehr handwerkliche Meister, der es ausführte. Die Oelmalerei entfaltete ihre Blüthe, und man suchte ihre Reize auf dem Glas nachzuahmen. Die Bilder traten vielfach aus dem Styl der Kirche, aus der Unterordnung unter die Architektur heraus; sie gingen dann in die Stadt = und Wohnhäuser der Rei- chen über, und hier waren es besonders glänzend aus- geführte Wappen, die man liebte, mit vielfältigem, auch landschaftlichem Beiwerk. Die Religionskriege zerstörten viele dieser Werke und hemmten mit ihrer Verwilderung den Kunstbetrieb; der nüchterne Sinn des achtzehnten Jahr- hunderts verschmähte die bunten Fenster mit ihrem my- stischen Dämmerschein; die Glasmalerei kam völlig in Vergessenheit. Erst in unserem Jahrhundert ward sie wieder erfunden, und schloß sich in Deutschland und Frankreich der neubelebten bildenden Kunst wür- dig an. Der Fortschritt der Naturwissenschaften und der industriellen Technik läßt die Glasmalerei jetzt über die reichsten Mittel gebieten; er darf sie nicht verleiten, ein virtuosenhaft prunkendes Spiel mit ihnen zu treiben. Die Fenster müssen sich dem Gebäude anschließen, der Styl des Gemäldes dem Styl der Kirche. Man zeichne immerhin große Gestalten, aber man suche sie zwi- schen den aufwärtsstrebenden Fensterstäben so zu glie- dern, daß sie gar nicht oder doch nur selten, und an Stellen von ihnen durchschnitten werden, wo dieses die ganze Haltung nicht beeinträchtigt. Man gebe der Composition eine schlichte Würde, man erfreue sich der ungebrochenen, gesättigten Farbe, die hier ihren wunderbar leuchtenden Glanz wirken läßt, und verzichte auf zu feine Details, zu viele Modelli- rung; man wolle nicht durch Luftperspektive und durch landschaftliche Hintergründe den falschen Schein erwecken, als ob man aus der Kirche in die Welt hinaus blicke; denn man soll in dem Heiligthum zur Sammlung des Gemüths, zur Einkehr in Gott, von den Zerstreuun- gen der Außenwelt abgeschlossen seyn, und dieß wird ausgedrückt werden, wenn sich die Gestalten wie relief- artig auf einem eintönigen oder arabeskengeschmück- ten Grund erheben, wodurch dann die Erinnerung an die raumverschließenden Teppiche wach erhalten wird. Jene vielen kleineren Figuren zwischen den Ara- beskenranken betrachtet niemand leicht im Einzelnen, sie geben nur eine allgemeine Stimmung. Die gothische Kirche aber, welche die Starrheit, Massenhaftigkeit und Fläche der Mauern überwunden hat und den gan- zen Bau aus lauter selbstständig emporragenden Glie- dern bildet, gewährt der Wandmalerei so wenig Raum, daß die mächtigen Fenster naturgemäß der Ort werden, wo die heilige Geschichte in sinnvollen Bildern dem Christen sich darstellt. Nur daß die Composition in großartiger Schlichtheit der religiösen Würde nach- komme, daß auf die vielstimmige Farbenharmonie geachtet werde, und wir brauchen nicht anzustehen, in Werken, wie in den neuen Fenstern der Dome zu Köln und Regensburg oder der Münchner Aukirche, nicht bloß die Erneuerung, sondern auch einen Fort- schritt der Kunst zu begrüßen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt48_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt48_1856/12
Zitationshilfe: Morgenblatt für gebildete Leser. Nr. 48. Stuttgart/Tübingen, 30. November 1856, S. 1140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_morgenblatt48_1856/12>, abgerufen am 11.06.2024.