Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

manchmal in Entfernungen von 120 Meilen. Ein solches
Getöse ward am 30ten April 1812 einen Monat nach der
Zerstörung von Caraccas daselbst gehört als der Vulkan
von St. Vincent zu speien anfing. Aehnliches hörte man am
Magdalenenstrom 1814 als der Vulkan Cotopaxi ausbrach.
Dies Getöse wird nicht etwa stärker wenn man sich dem
Vulkan nähert, sondern häufig sogar schwächer. Eine Fort-
pflanzung durch die Luft kann es also nicht sein, da auch häufig
ganze Gebirgsmassen dazwischen liegen; es möchte wohl in dem
Innern der Erde seinen Grund haben, aus der es durch
verschiedene Spalten hierher und dorthin geleitet werden könnte.
Humboldt hatIch auch magnetische Veränderungen bei Erdbeben
G
beobachtet, nicht in Rücksicht auf die Intensität der magnetischen
Kraft, sondern in Rücksicht auf die Inclination; und zwar blieb
die Nadel ein ganzes Jahr hindurch in diesem veränderten
Zustande. Was die Bewegung des Erdbebens anlangt, so nimmt
man gewöhnlich 3erlei Arten an: eine oscillirende, eine
von unten nach oben, und eine schiebende Bewegung. Doch ist
dies phantastisch, sie sind wohl alle mit einander verbunden,
und höchstens kann man die Richtung eines Erdbebens durch
Pendeluhren bestimmen. Die Erdbeben bei Quito waren so
stark, daß sie dem Gefühle viel stärker erschienen als die an
der peruanischen Küste; dennoch wurden die 3stöckigen Häuser
und die hohen gewölbten Kirchen nicht zerstört und erhaielten
höchstens einmal einen Riß; hingegen ist Lima oft zer-
stört und man baut daher nur 1stöckige Gebäude. Das Ver-
schieben der Erdoberfläche hat sich namentlich in Calabrien

manchmal in Entfernungen von 120 Meilen. Ein solches
Getöse ward am 30ten April 1812 einen Monat nach der
Zerstörung von Caraccas daselbst gehört als der Vulkan
von St. Vincent zu speien anfing. Aehnliches hörte man am
Magdalenenstrom 1814 als der Vulkan Cotopaxi ausbrach.
Dies Getöse wird nicht etwa stärker wenn man sich dem
Vulkan nähert, sondern häufig sogar schwächer. Eine Fort-
pflanzung durch die Luft kann es also nicht sein, da auch häufig
ganze Gebirgsmassen dazwischen liegen; es möchte wohl in dem
Innern der Erde seinen Grund haben, aus der es durch
verschiedene Spalten hierher und dorthin geleitet werden köñte.
Humboldt hatIch auch magnetische Veränderungen bei Erdbeben
G
beobachtet, nicht in Rücksicht auf die Intensität der magnetischen
Kraft, sondern in Rücksicht auf die Inclination; und zwar blieb
die Nadel ein ganzes Jahr hindurch in diesem veränderten
Zustande. Was die Bewegung des Erdbebens anlangt, so nim̃t
man gewöhnlich 3erlei Arten an: eine oscillirende, eine
von unten nach oben, und eine schiebende Bewegung. Doch ist
dies phantastisch, sie sind wohl alle mit einander verbunden,
und höchstens kann man die Richtung eines Erdbebens durch
Pendeluhren bestimmen. Die Erdbeben bei Quito waren so
stark, daß sie dem Gefühle viel stärker erschienen als die an
der peruanischen Küste; dennoch wurden die 3stöckigen Häuser
und die hohen gewölbten Kirchen nicht zerstört und erhaielten
höchstens einmal einen Riß; hingegen ist Lima oft zer-
stört und man baut daher nur 1stöckige Gebäude. Das Ver-
schieben der Erdoberfläche hat sich namentlich in Calabrien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="32">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0161" n="[155]"/>
manchmal in Entfernungen von 120 Meilen. Ein solches<lb/>
Getöse ward am 30<hi rendition="#sup">ten</hi> April 1812 einen Monat nach der<lb/>
Zerstörung von <hi rendition="#aq">Caraccas</hi> daselbst gehört als der Vulkan<lb/>
von <hi rendition="#aq">St. Vincent</hi> zu speien anfing. Aehnliches hörte man am<lb/>
Magdalenenstrom 1814 als der Vulkan <hi rendition="#aq">Cotopaxi</hi> ausbrach.<lb/>
Dies Getöse wird nicht etwa stärker wenn man sich dem<lb/>
Vulkan nähert, sondern häufig sogar schwächer. Eine Fort-<lb/>
pflanzung durch die Luft kann es also nicht sein, da auch häufig<lb/>
ganze Gebirgsmassen dazwischen liegen; es möchte wohl in dem<lb/>
Innern der Erde seinen Grund haben, aus der es durch<lb/>
verschiedene Spalten hierher und dorthin geleitet werden kön&#x0303;te.<lb/><subst><del rendition="#s" hand="#pencil"><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118554700 http://d-nb.info/gnd/118554700">Humboldt</persName></hi> hat</del><add place="superlinear" hand="#pencil">Ich</add></subst><note resp="#BF" type="editorial">In Anonym 1934 geändert zu: Ich habe.</note> auch magnetische Veränderung<add place="intralinear">en</add> bei Erdbeben<lb/><note place="left" hand="#pencil">G<lb/></note>beobachtet, nicht in Rücksicht auf die Intensität der magnetischen<lb/>
Kraft, sondern in Rücksicht auf die Inclination; und zwar blieb<lb/>
die Nadel ein ganzes Jahr hindurch in diesem veränderten<lb/>
Zustande. Was die Bewegung des Erdbebens<note resp="#BF" type="editorial">In Anonym 1934 geändert zu: Erdbodens.</note> anlangt, so nim&#x0303;t<lb/>
man gewöhnlich 3erlei Arten an: eine oscillirende, eine<lb/>
von unten nach oben, und eine schiebende Bewegung. Doch ist<lb/>
dies phantastisch, sie sind wohl alle mit einander verbunden,<lb/>
und höchstens kann man die Richtung eines Erdbebens durch<lb/>
Pendeluhren bestimmen. Die Erdbeben bei <hi rendition="#aq">Quito</hi> waren so<lb/>
stark, daß sie dem Gefühle viel stärker erschienen als die an<lb/>
der peruanischen Küste; dennoch wurden die 3stöckigen Häuser<lb/>
und die hohen gewölbten Kirchen nicht zerstört und erh<subst><del rendition="#ow">a</del><add place="across">ie</add></subst>lten<lb/>
höchstens einmal einen Riß; hingegen ist <hi rendition="#aq">Lima</hi> oft zer-<lb/>
stört und man baut daher nur 1stöckige Gebäude. Das Ver-<lb/>
schieben der Erdoberfläche hat sich namentlich in Calabrien<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[155]/0161] manchmal in Entfernungen von 120 Meilen. Ein solches Getöse ward am 30ten April 1812 einen Monat nach der Zerstörung von Caraccas daselbst gehört als der Vulkan von St. Vincent zu speien anfing. Aehnliches hörte man am Magdalenenstrom 1814 als der Vulkan Cotopaxi ausbrach. Dies Getöse wird nicht etwa stärker wenn man sich dem Vulkan nähert, sondern häufig sogar schwächer. Eine Fort- pflanzung durch die Luft kann es also nicht sein, da auch häufig ganze Gebirgsmassen dazwischen liegen; es möchte wohl in dem Innern der Erde seinen Grund haben, aus der es durch verschiedene Spalten hierher und dorthin geleitet werden köñte. Ich auch magnetische Veränderungen bei Erdbeben beobachtet, nicht in Rücksicht auf die Intensität der magnetischen Kraft, sondern in Rücksicht auf die Inclination; und zwar blieb die Nadel ein ganzes Jahr hindurch in diesem veränderten Zustande. Was die Bewegung des Erdbebens anlangt, so nim̃t man gewöhnlich 3erlei Arten an: eine oscillirende, eine von unten nach oben, und eine schiebende Bewegung. Doch ist dies phantastisch, sie sind wohl alle mit einander verbunden, und höchstens kann man die Richtung eines Erdbebens durch Pendeluhren bestimmen. Die Erdbeben bei Quito waren so stark, daß sie dem Gefühle viel stärker erschienen als die an der peruanischen Küste; dennoch wurden die 3stöckigen Häuser und die hohen gewölbten Kirchen nicht zerstört und erhielten höchstens einmal einen Riß; hingegen ist Lima oft zer- stört und man baut daher nur 1stöckige Gebäude. Das Ver- schieben der Erdoberfläche hat sich namentlich in Calabrien G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Kustoden: nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/161
Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/161>, abgerufen am 26.11.2024.