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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 8. Köln, 8. Juni 1848.

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[Deutschland]

[Fortsetzung] Konstitution von 1791 entgegen, die die mittelalterliche Hörigkeit '"zu einer Zeit aufhob, als man in Preußen an dergleichen kaum dachte," (oder vielmehr als dergleichen Ideen in Preußen als "jakobinisch" verschrieen wurden). Und wenn auch die preußisch-russische Invasion und die dritte Theilung Polens die vollständige Ausführung dieser Verfassung verhinderte, so hörte doch alle Unterthänigkeit der Bauern mit Einführung des französischeu Gesetzes (1802) thatsächlich auf "und somit hat die preußische Regierung sie als Freie vorgefunden."

"Was die ihnen später gewährte Eigenthums-Verleihung betrifft, eine Maßregel, der wir unsere vollste Anerkennung zollen, so .. hat jene Verleihung keineswegs auf Kosten irgend eines Schatzes oder einer Chatouille, sondern einzig und allein aus dem Vermögen der früheren Grundbesitzer stattgefunden, wozu diese bereitwilliger als irgendwo die Hand boten."

Unterzeichnet: Potworowsky, Bazynski, Kraszewki, Szuman,

Trompczynski, Koscielski, Ruszkiewicz,

Cieszkowski, Strybil, Brodowski, Taczanowski.

Posen.

General Pfuel hat eine neue Demarkationslinie für den zu reorganisirenden Theil der Provinz erlassen. Wir kommen morgen darauf zurück.

*Frankfurt, 5. Mai:

National-Versammlung. Auerswald trägt an auf Untersuchung der Lage des Heerwesens d. h. auf Kommission. Beschlossen daß die Kommission von den Abtheilungen ernannt werde.

Höffken trägt an auf einen Ausschuß für Feststellung der deutschen Handels- und Schifffahrtspolitik.

Giuseppe Testi (da Trentound G. a Prato da Roveredo) auf Entlassung der Kreise Trient und Roveredo aus dem deutschen Staatsverband. An den Verfassungsausschuß.

Die Polnische Bevölkerung des Kreises Miadzychod (Birnbaum) protestirt gegen Anschluß an Deutschland.

Im Ausschuß für eine prov. Regierung sind vier Meinungen hier. 1) Für eine von den Regierungen einzusetzende, 2) eine von ihnen vorgeschlagene, von der Versammlung genehmigte, 3) eine zur Hälfte von Beiden, 4) eine bloß von und aus der Nat.-Vers. zu ernennende prov. Regierung. Für letztere Meinung bloß R. Blum und Trützschler.

Der Ausschuß für Volksrechte hat sich bereits über folgende Grundrechte vereinigt:

Freiheit des Glaubens-Bekenntnisses, des Kultus, der Glaubensgenossenschafts-Bildung; Abschaffung des Kirchenzwangs, bürgerlicher Ehe.

Unentgeltlicher Unterricht für Alle in Volks- und Gewerbeschulen, für Unbemittelte in allen Lehranstalten. Freiheit der Wahl des Berufs und der Vorbereitung dazu in allen Anstalten des In- und Auslandes. (Von Garantie der persöul. Freiheit, Geschwornen Gerichten, u.s.w. sprechen die Herren Professoren noch nicht.)

Höffken trägt an auf Untersuchung der Stellung Böhmens. Nach längerer Discussion beschlossen, die Wahlsachen der östr. slavischen Völker im deutschen Bunde einer besonderen Kommission zu übergeben.-

Wegen Limburg wurd[#] Zulassung dem Limburg. Abg., und Verweisung der limburgischen Angelegenheit an den völkerrechtl. Ausschuß.

Bei der Debatte über Posen entspann sich eine heftige Discussion die mit einem allgemeinen Sturm, mit einem Niedertrommeln der Linken durch die Rechte endigte, dem sogar Jacobus Venedey zum Opfer fiel. Zuletzt ging die Sache an die völkerrechtliche Kommission. Wir erwarten über diese Sitzung den stenograph. Bericht ehe wir Näheres geben.

Wien, 2. Juni.

Die "Oesterr. Z." meldet in einer Nachschrift: "So eben vernehmen wir, daß dem Ausschuß der Bürger, Nationalgarde und akademischen Legion ein höherrs Reskript zugekommen sein soll, welches den Wunsch ausdrückt, daß das in dem bekannten Erlaß vom 27. Mai enthaltene Zugeständniß, diejenigen, welche die Schuld an den Ereignissen des 26. Mai tragen, vor ein öffentliches Gericht zu stellen, beseitigt werden soll. Es wird sich nun zeigen, welcher Geist diesen Ausschuß beseelt, und was wir von ihm zu gewärtigen haben."

Wien, 3. Juni.

Durch die Konstitut. Prag. Ztg. vom 31. Mai gelangte das Ministerium zur Kenntniß, daß sich in Prag eine provisorische Regierung für Böhmen gebildet hatte. Sobald diese Nachricht durch eine amtliche bestätigt wurde, fand sich das Ministerium bewogen, Sr. Majestät dem Kaiser das Ungesetzliche dieses Vorganges vorzustellen, um jedem Einschreiten einer Deputation für die Anerkennung dieses Schrittes zu begegnen. Zugleich erklärte der Minister des Innern in einem Erlasse an den Landes-Chef in Böhmen den ganzen Akt für illegal und ungültig und forderte denselben auf, diesem Vorgange unter seiner Verantwortung keine Folge zu geben. Gleichzeitig wurde an alle Länder-Chefs die nachstehende Weisung erlassen:

"Nach heute eingegangen Nachrichten hat sich in Prag eine provisorische Regierung unter der Voraussetzung gebildet, daß der Verkehr mit dem verantwortlichen Ministerium in Wien durch die hiesigen Ereignisse unterbrochen sei, während die Lage der Dinge schleunige, den Wirkungskreis der bestehenden Behörden weit überschreitende Verfügungen nothwendig mache, und es sind zwei Mitglieder dieses verantwortlichen Regierungsrathes sogleich nach Innsbruck abgesendet worden, um die Allerhöchste Genehmigung dieser Maßregel einzuholen.

Ich finde mich veranlaßt, hiervon Ew. Excellenz mit dem Beifügen Nachricht zu geben, daß ich in einem an den Gubernial-Präsidenten in Böhmen gerichteten Erlasse jenen Schritt für ganz illegal, in seiner Veranlassung unbegründet, in seinen Folgen höchst bedenklich und den Absichten Sr. Majestät geradezu entgegen, sonach aber für null und nichtig erkläre. Ich fordere zugleich den dortigen Gubernial-Präsidenten auf, jener illegalen Verfügung bis zur Entscheidung Sr. Maj. keine Folge zu geben und den Anordnungen des Ministeriums genau nachzukommen, so wie ich denselben für alle Folgen und Nachtheile verantwortlich mache, welche aus jenem ungesetzlichen Vorgange entstanden sind oder entstehen können, und diese Verantwortlichkeit auf all Jene ausdehne, welche an dem diesfälligen Beschlusse Theil genommen haben. Endlich fordere ich den Guberial-Präsidenten auf, für den Fall, als er sich dennoch an den bezogenen Beschluß gebunden halten glaube, das Präsidium der Landesstelle und die Leitung des Landes dem dortigen Vice-Präsidenten zu übergeben.

Ich muß mit dieser Mittheilung die nachdrückliche Aufforderung verbinden, im Falle ähnlicher Zumuthungen sich jeder ungesetzlichen Konstituirung zu enthalten, jeden Versuch dazu zu vereiteln und unter Ihrer schweren Verantwortung jeden Schritt zu vermeiden, welcher in diesem wichtigen Momente die Einheit der Regierung schwächen und sie in jener Kraftentwickelung hindern könnte, welche die Ehre, das Wohl und der Bestand der Monarchie mehr als je in der größten Ausdehnung unerläßlich fordert."

(W. Z.)
Wien, 1. Juni.

Durch einen Erlaß des Finanzministeriums wird, um dem Staatsschatz baare Mittel zu verschaffen, verfügt, daß die bei den Depositenämtern des landesfürstlichen und der Patrimonialgerichte erliegenden oder künftig dort in Aufbewahrung kommenden baaren Summen in klingender Münze und in Papiergeld an die Depositenkasse des Staatsschuldentilgungsfonds zu übergeben sind, wo sie bis zum Tag der Rückzahlung mit 3 pCt. verzinst werden sollen. - Bis zu weiterer Bestimmung des österreichischen Reichstags soll keine Todesstrafe mehr vollstreckt werden.

(A. Oeste. Z. u. W. Z.)
Belgien.
* Brüssel, 6. Juni.

Die Gesellschaft Alliance, welche seit mehreren Jahren gewissermaßen das jung-liberale Belgien repräsentirt, hielt gestern in ihrem Lokale auf dem großen Platz eine Sitzung in Betreff der für die nächsten Wahlen vorzuschlagenden Kandidaten. Der Präsident der Gesellschaft, der Republikaner Herr Gendebien, erklärte aufs Neue, daß er dem Beispiele Castiau's folgen und jedes Mandat für die Kammer ablehnen werde. Dann die Namen der Personen verlesend, welche die Alliance auf den Schild zu heben gedenkt, gab er Herrn Viktor Faider das Wort, der seine Meinung dahin aussprach, daß die republikanisch Gesinnten sich nicht zurückziehen dürften, selbst wenn sie unterlägen. Die Alliance müsse die Konstitution angreifen oder sich auflösen; sie müsse eine andere Kandidatenliste auflegen oder sich jeder Einmischung enthalten.

Herr Roussel bestritt diese Ansicht, da sie mit den Statuten der Gesellschaft, welche die belgische Konstitution als geheiligt festgestellt habe, nicht vereinbar sei, worauf Herr Jottrand, einer von den Wenigen, die sich in Belgien frei und offen für Republikaner erklärten, das Wort ergriff und auseinandersetzte, daß wenn man eine auf dem Wege der Wahlen zu machende Aenderung des Gouvernements verwerfe, das Land nur zu einem gewaltsamen Uebereinanderwerfen der Dinge gezwungen werde.

Herr Roussel, der Mann mit weißer Halsbinde und langen, schwarzen Haaren, der vollständige belgische Abbe, hielt dann seine Rede als Kandidat und eröffnete seinen Zuhörern, "daß er dem Beispiele Christi folgen und für die kleine Bourgeoisie in der Kammer auftreten werde, wenn man ihn wähle."

Nachdem auch noch Herr Prove gesprochen und viel versprochen hatte, schritt man zur Abstimmung. Die Herren Roussel, Marocque-Dupont, Simonis, Picard, Pauwels, de Pouhon, Prove und Dorez wurden für die Kammer; die Herren Stielleman, Daumerie, van Muyssen und van Lempoel für den Senat als Kandidaten vorgeschlagen. Der konstitutionelle belgische Löwe hatte gesiegt. Gut gebrüllt Löwe!

Lüttich, 6. Juni.

Man versichert uns so eben, daß Herr Advokat Tedesco, Mitredakteur des Liberal Liegeois, heute Morgen verhaftet und ins Gefängniß abgeführt worden ist. Den Grund dieser Arrestation weiß man noch nicht. Hr. Tedesco ist der bekannte republikanische Redner.

Französische Republik.
Paris, 5. Juni.

Der erste Theil der Sitzung geht hin mit dem Skrutinium für die Wahl eines Präsidenten. Senart wird gewählt mit 593 Stimmen auf 628.

Alle Welt erwartet Erklärungen über das Entlassungsgesuch des Generalprokurators Portalis, die der Justizminister acceptirt hat. Cremieux, der Justizminister erklärt, das Executivkommission habe die Prozedur und Instruktion in der Angelegenheit Louis Blancs nicht zu untersuchen gehabt. Die zwei Vertreter des öffentlichen Ministeriums hätten den Anklageakt vorgelegt, mit der Drohung, ihre Stellen niederzulegen, wenn der Antrag auf Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung Blancs nicht in der Versammlung vorgelegt würde. Die Exekutivkommission habe den Lauf der Justiz nicht aufhalten wollen, und er, nachdem er sich als Justizminister jeder Theilnahme an der Debatte enthalten, habe dagegen geglaubt als Volksrepräsentant seine Ueberzeugung geltend machen zu müssen. Portalis: Er begreife nicht, wie der Justizminister so rasch seine Ansichten wechseln könne, da er doch zuerst in Gegenwart der Exekutivkommission dem Anklageakt seine Zustimmung gegeben. Cremieux erklärt diese Versicherung für falsch. Landrin seinerseits bestätigt, daß der Justizminister Kenntniß von allen Prozedurakten genommen und seine Mitwirkung ihm und Portalis versprochen, sobald er den Anklageakt der Exekutivkommission vorgelegt und sich versichert habe, daß derselbe hier nicht auf politische Hindernisse stoßen werde. Cremieux bestieg wieder die Tribüne und erklärt diese Versicherungen von neuem für falsch und - ruft er aus - wenn die Versammlung seinem Worte keinen Glauben schenke, so bliebe ihm nur noch übrig, sein Ministerportefeuille und sein Mandat als Repräsentant niederzulegen. Die Tagesordnung wird mit großem Lärm verlangt. Jules Favres verlangt das Wort, um zu erklären, nach seiner Ueberzeugung hätte die Exekutivkommission wie das Ministerium dem Anklageakt ihre Beistimmung gegeben. Nachdem, was in der letzten Sitzung von Samstag vorgefallen, glaube er nicht länger dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheit attachirt bleiben zu können.

Die Tagesordnung wird mit ungeheurer Majorität adoptirt.

Paris, 5. Juni.

Das Dekret über die Nationalwerkstätten lautet:

Die National-Versammlung, in Erwägung, daß die Arbeit in den Nationalwerkstätten unproduktiv geworden ist; daß ihre Fortdauer unter den bisherigen Bedingungen in Widerspruch stehen würde mit einer guten Verwaltung des öffentlichen Vermögens, mit der Rückkehr der Ordnung und der Wiederaufnahme der industriellen oder kommerziellen Geschäfte; daß sie eine andre Art von Armenunterstützung sein würde; daß der größte Theil der Arbeiter, die in den Nationalwerkstätten eingeschrieben sind, selber verlangt auf eine freiere Weise sein Brod zu verdienen und nicht länger aus dem öffentlichen Vermögen Summen beziehen will, die nur den Waisen, den Arbeitsunfähigen und den Greisen gebühren, beschließt:

Art. 1. In möglich kürzester Frist wird in den Nationalwerkstätten die Stückarbeit an die Stelle der Tagarbeit treten. Die Arbeiten werden direkt, zu Akkordpreisen, ohne Abzug und ohne Zwischenunternehmer an associirte oder Einzel-Arbeiter je nach ihrer Beschaffenheit ertheilt werden.

Art. 2. Den Ministerien der öffentlichen Arbeiten, des Handels und des Innern werden besondre Kredite eröffnet werden, um mittelst Vorschüssen und Prämien die Wiederaufnahme der Departemental-Kommunal- oder Privat-Industrie zu beschleunigen.

Art. 3. Die Arbeiter die sich noch nicht drei Monaten im Seinedepartement aufhalten und über ihre Existenzmittel nicht ausweisen können, werden für sich und ihre Familien Marschrouten und eine Reise - Entschädigung erhalten, wovon ein Theil während des Ueberzugs, ein Theil am Bestimmungsorte ausgezahlt wird.

Art. 4. Gegenwärtiges Dekret wird für die Städten und Gemeinden der Departements auf Verlangen der Munizipalräthe anwendbar sein.

Art. 5. Die Bestimmungen des Art. 3 gelten nicht für die Arbeiter, die sich jedes Jahr periodisch nach Paris begeben und über einen sechsmonatlichen Aufenthalt im vorigen Jahre ausweisen können.

- Proklamation des Maire von Paris an die Maire der zwölf Arrondissements:

Die Regierung hat den Aufläufen ihre Aufmerksamkeit zuwenden müssen, die sich seit mehreren Tagen an verschiedenen Punkten der Hauptstadt bilden.

Es sind Befehle ertheilt, sie zu zerstreuen und den freien Verkehr, wo er gestört oder unterbrochen ist, herzustellen.

Die republikanische Gewalt entschließt sich nur mit Schmerz zu strengen Eingriffen; sie vertraut dem guten Sinne der Bevölkernng; sie ist voll Achtung gegen ihre Rechte; sie wird sie im Nothfall gegen jeden Reaktionsversuch aufrecht zu erhalten wissen.

Aber je mehr sie entschlossen ist, die Freiheit aufrecht zu erhalten, um so mehr ist es ihre Pflicht, sie durch keine ungestümme fruchtlose Agitation gefährden zu lassen, die nur der Unordnung Vorschub leistet und von den untergeordneten Söldlingen einiger Ehrgeizigen benutzt wird, um neue Verwirrung und Anarchie zu säen.

Es ist Sache des Gemeindevorstands, die Bürger zu warnen, ehe die Strenge des Gesetzes sie trifft.

Bedienen Sie sich also ihres Einflusses auf Ihre Untergebenen um zu verhüten, daß eitle Neugierde die Gruppen vergrößert, welche die öffentlichen Wege sperren. Es kann nichts Gutes kommen aus diesen Zusammenläufen und das Uebel das sie anrichten, hat Sie so gut, wie mich betroffen gemacht. Sie unterhalten im Schooße der Hauptstadt ein allen Interessen schädliches Mißbehagen; kein Geschäftsverkehr ohne Vertrauen, kein Vertrauen, wenn die Ordnung in Gefahr erscheint. Und wer sind die nächsten Opfer dieser Krise, die so in die Länge gezogen wird? Die Arbeiter, welche die Lähmung der Produktion ihrer Existenzmittel beraubt. Im Namen der Arbeit muß also die Ordnung geschützt, der öffentliche Friede gesichert, der Industrie die Sicherheit wieder gegeben werden.

Das ist der Wunsch der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung; seien Sie Ihr Organ, warnen Sie die Unbesonnenen; die Justiz wird die Schuldigen zu greifen und zu strafen wissen.

XParis, 4. Juni.

Die Mauern enthielten kürzlich folgenden Anschlag:

"Die hundertfünfzehntausend Arbeiter der Nationalwerkstetten an Maitre Dupin!

Es ist jedesmal Pflicht und an der Zeit, heimtückische Angriffe aufzudecken; und so protestiren denn die Arbeiter der Nationalwerkstellen energisch gegen die von Maitre Dupin auf der Tribüne der Nationalassemblee ausgesprochenen Worte in der Sitzung vom 13. Mai. ""Wir haben alle das nämliche Ziel, sagte Maitre Dupin, die nämliche Gesinnung, den nämlichen Wunsch, und dieser Wunsch ist der ganz Frankreichs, der Wunsch der Stadt Paris und zwar des guten Theils von Paris. Man muß ja nicht als Ausdruck der Hauptstadt diese disponible Arbeitermasse ansehen, die so leicht in die heftigste Bewegung hineingerissen werden kann; diese Masse, die man am besten thäte, in militärisch organisirte Werkstätten zu schicken, wo sie arbeiten, und arbeitend einen Tagelvhn gewinnen würde, den sie heute ohne zu arbeiten bekommt." (Auf der Rechten: Sehr gut, sehr gut!)

Somit stellt dieser Mann zwei Sorten von Arbeitern auf: eine welche arbeitet, eine andre welche nicht arbeitet, eine gute, eine schlechte. Und wann spricht er dies aus? Am Tage nach dem beklagenswerthen Einbruch in die Nationalversammlung. Und wie heimtückisch, wie pfiffig er sein Gift in die Wunde zu träufeln weiß! Lieber hätten Sie, Maitre Dupin, der bewaffneten Bourgeoisie zurufen sollen: schießt die Kanaille nieder! Allerdings, diese Kanaille hat den braven Louis Philipp verjagt; sie will jetzt Arbeitsorganisation; sie hat am 25. Februar ihre siegreiche Hand uns entgegengestreckt, ohne über das Vergangene Rechenschaft zu fordern. Das wäre logischer gewesen. - Indessen, Maitre Dupin, täuschen Sie sich nur nicht länger ... Wir wissen freilich sehr wohl, Maitre Dupin und die Seinen verzeihen uns nimmer die Februarrevolution, deren Prinzip sie gern ersticken möchten. Die Reaktion gebehrde sich noch so arg, sie wird doch von der Demokratie über den Haufen gerannt werden, sowohl weil diese Reaktion in sich haltlos ist und nur auf Lüge und Raub fußt, als auch, weil die Demokratie ein ewige Wahrheit ist. Maitre Dupin, Sie fordern die Auflösung der Nationalwerkstätten, um dadurch die Staatsgelder zu ökonomisiren? Nicht doch, Seigneur Dupin, nicht doch, sondern lediglich um von Paris und von seinen liebenswürdigen Vorstädten die wahren, wirklichen Stützen der Republik zu entfernen, und sich selbst. Maitre, vom Alpdruck zu befreien. - Sie behaupten, wir verdienen den Tagelohn nicht, den man uns auszahlt! Aber unsre Väter und wir selbst, wir haben geschwitzt, um den Staatsschatz zu füllen, der Ihnen dreißigtausend Franken Jahrgehalt in die Tasche schiebt, und fünfundzwanzig Franken tägliches Kommissionsgeld für Ihren Wortschacher ... Wenn wir zu spät an die Ar beit kommen, erhalten wir nur halben Lohn; woran Sie, großer Moralist und Oekonom, ein Beispiel nehmen sollten, indem Sie sich nur streng im Verhältniß zu Ihrer Tauglichkeit und Arbeitsleistung besolden ließen. Das wäre recht und billig, und der öffentliche Schatz, unser Schatz, würde dann weniger heimgesucht sein. Sie insultiren uns jetzt; besser, Sie organisirten die Arbeit, Maitre, so daß kein Mensch mehr den Nebenmenschen auspreßt; dann wird Niemand von uns fernerhin gezwungen sein, wie Sie sich ausdrückten, ""mit dem Spaten in Händen zu betteln"", sondern gern wieder zu seinem Spezialwerkzeug greifen. Lassen Sie, Maitre Dupin, es sich hiermit gesagt sein, viele, sehr viele Funktionäre hörten das letzte Stündlein schlagen, wenn die Maxime, ""nur wer arbeitet, hat Anrecht auf Existenz"" in Verwirklichung träte."

Eine Menge Unterschriften von Chefs der Ateliersektionen und einfachen Arbeitern folgte. Die Wuth der Bourgeois war gränzenlos; hie und da rissen sie den Zettel ab. Der Constitutionel brachte eine "Erwiederung" des armen Advokaten; wie geistreich sie war, erhellt schon daraus, daß sie behauptet: er beziehe seit Februar nur noch achtzehntausend Franken, und schenke die fünfundzwanzig Franken Tagsgelder dem Vaterlande. Bald wird wohl das Affischiren und Journalausschreien als ein "dem Handel und Wandel durch die Volkserregung schadender Auswuchs der Demokratie" von der Behörde oder gar von der Assemblee abgeschafft werden; die Zusammenschaarungen auf großen Plätzen (z. B. an der Porte St. Denis und St. Martin) wo allabendlich über Arbeitsverhältnisse unter freiem Himmel gesprochen ward, sind so eben von Armand Marrast, dem Maire von Paris, unter Androhen des Einschreitens der Waffengewalt verboten worden. Der tückische Renegat stellt sich, als glaube er, diese Abendunterhaltungen gingen von "Reaktionären" aus. Wir haben uns oft in diese Haufen gemengt; freilich, hie und da suchte ein Philippist mit glatter Zunge Propaganda zu machen, doch ward er bald verhöhnt, und man sprach gan keck es aus: wenn die Bourgeoisie die Arbeiter gar zu sehr peinige, so wären letztere genöthigt, nicht sowohl zu Barridaden (deren Einrichtung durch die Bourgeois der anstoßenden Häuser verhindert werden dürfte) als vielmehr geradewegs zum rothen Hahn ihre Zuflucht zu nehmen. - Zu Kandidaten in die Assemblee sind Prinz Joinville d'Orleans und Louis Bonaparte vorgeschlagen, letzterer selbst durch Wahlzettel, die auf der Straße ausgetheilt werden; zugleich melden sich Cabet, Caussidiere, der brave Konspirator und Barrikadenmann, Thiers. Letzterer kommt ohne Zweifel in die Kammer. Die Reaktion ist in diesem Augenblick allgemein; wie Blanqui in einem aufgefundenen Briefe sagt: la bourgeoisie, a l'heure qu'il est, l'emporte sur toute la ligne. Nicht scharf gezeichnet sind aber die Parteien, und die Personen schwanken noch oft hin und her; mit Lamartine, Ledru-Rollin ist man nicht im klaren. Die Kammer selbst flottirt auf und nieder.

Louis Blanc erklärt in einem Flugblatt: er habe nicht die allerdings sehr betrübsam eingerichteten sogenannten Ateliers nationaux, sondern nur die 1800-2000 Schneider zählende Societat in Clichy organisirt, und in dieser ist bereits ein Nettoprofit von 39,000 Francs, trotzdem daß die Arbeitenden ohne Geld, ohne Kredit und mit steten Kabalen heimgesucht waren; Lamennais z. B. attakirte diese Schneidersocietät ziemlich perfid; die Bour-

So nannte bekanntlich Louis Philipp die Faubourgs von Paris.
[Deutschland]

[Fortsetzung] Konstitution von 1791 entgegen, die die mittelalterliche Hörigkeit '„zu einer Zeit aufhob, als man in Preußen an dergleichen kaum dachte,“ (oder vielmehr als dergleichen Ideen in Preußen als „jakobinisch“ verschrieen wurden). Und wenn auch die preußisch-russische Invasion und die dritte Theilung Polens die vollständige Ausführung dieser Verfassung verhinderte, so hörte doch alle Unterthänigkeit der Bauern mit Einführung des französischeu Gesetzes (1802) thatsächlich auf „und somit hat die preußische Regierung sie als Freie vorgefunden.

„Was die ihnen später gewährte Eigenthums-Verleihung betrifft, eine Maßregel, der wir unsere vollste Anerkennung zollen, so .. hat jene Verleihung keineswegs auf Kosten irgend eines Schatzes oder einer Chatouille, sondern einzig und allein aus dem Vermögen der früheren Grundbesitzer stattgefunden, wozu diese bereitwilliger als irgendwo die Hand boten.“

Unterzeichnet: Potworowsky, Bazynski, Kraszewki, Szuman,

Trompczynski, Koscielski, Ruszkiewicz,

Cieszkowski, Strybil, Brodowski, Taczanowski.

Posen.

General Pfuel hat eine neue Demarkationslinie für den zu reorganisirenden Theil der Provinz erlassen. Wir kommen morgen darauf zurück.

*Frankfurt, 5. Mai:

National-Versammlung. Auerswald trägt an auf Untersuchung der Lage des Heerwesens d. h. auf Kommission. Beschlossen daß die Kommission von den Abtheilungen ernannt werde.

Höffken trägt an auf einen Ausschuß für Feststellung der deutschen Handels- und Schifffahrtspolitik.

Giuseppe Testi (da Trentound G. a Prato da Roveredo) auf Entlassung der Kreise Trient und Roveredo aus dem deutschen Staatsverband. An den Verfassungsausschuß.

Die Polnische Bevölkerung des Kreises Miadzychod (Birnbaum) protestirt gegen Anschluß an Deutschland.

Im Ausschuß für eine prov. Regierung sind vier Meinungen hier. 1) Für eine von den Regierungen einzusetzende, 2) eine von ihnen vorgeschlagene, von der Versammlung genehmigte, 3) eine zur Hälfte von Beiden, 4) eine bloß von und aus der Nat.-Vers. zu ernennende prov. Regierung. Für letztere Meinung bloß R. Blum und Trützschler.

Der Ausschuß für Volksrechte hat sich bereits über folgende Grundrechte vereinigt:

Freiheit des Glaubens-Bekenntnisses, des Kultus, der Glaubensgenossenschafts-Bildung; Abschaffung des Kirchenzwangs, bürgerlicher Ehe.

Unentgeltlicher Unterricht für Alle in Volks- und Gewerbeschulen, für Unbemittelte in allen Lehranstalten. Freiheit der Wahl des Berufs und der Vorbereitung dazu in allen Anstalten des In- und Auslandes. (Von Garantie der persöul. Freiheit, Geschwornen Gerichten, u.s.w. sprechen die Herren Professoren noch nicht.)

Höffken trägt an auf Untersuchung der Stellung Böhmens. Nach längerer Discussion beschlossen, die Wahlsachen der östr. slavischen Völker im deutschen Bunde einer besonderen Kommission zu übergeben.‒

Wegen Limburg wurd[#] Zulassung dem Limburg. Abg., und Verweisung der limburgischen Angelegenheit an den völkerrechtl. Ausschuß.

Bei der Debatte über Posen entspann sich eine heftige Discussion die mit einem allgemeinen Sturm, mit einem Niedertrommeln der Linken durch die Rechte endigte, dem sogar Jacobus Venedey zum Opfer fiel. Zuletzt ging die Sache an die völkerrechtliche Kommission. Wir erwarten über diese Sitzung den stenograph. Bericht ehe wir Näheres geben.

Wien, 2. Juni.

Die „Oesterr. Z.“ meldet in einer Nachschrift: „So eben vernehmen wir, daß dem Ausschuß der Bürger, Nationalgarde und akademischen Legion ein höherrs Reskript zugekommen sein soll, welches den Wunsch ausdrückt, daß das in dem bekannten Erlaß vom 27. Mai enthaltene Zugeständniß, diejenigen, welche die Schuld an den Ereignissen des 26. Mai tragen, vor ein öffentliches Gericht zu stellen, beseitigt werden soll. Es wird sich nun zeigen, welcher Geist diesen Ausschuß beseelt, und was wir von ihm zu gewärtigen haben.“

Wien, 3. Juni.

Durch die Konstitut. Prag. Ztg. vom 31. Mai gelangte das Ministerium zur Kenntniß, daß sich in Prag eine provisorische Regierung für Böhmen gebildet hatte. Sobald diese Nachricht durch eine amtliche bestätigt wurde, fand sich das Ministerium bewogen, Sr. Majestät dem Kaiser das Ungesetzliche dieses Vorganges vorzustellen, um jedem Einschreiten einer Deputation für die Anerkennung dieses Schrittes zu begegnen. Zugleich erklärte der Minister des Innern in einem Erlasse an den Landes-Chef in Böhmen den ganzen Akt für illegal und ungültig und forderte denselben auf, diesem Vorgange unter seiner Verantwortung keine Folge zu geben. Gleichzeitig wurde an alle Länder-Chefs die nachstehende Weisung erlassen:

„Nach heute eingegangen Nachrichten hat sich in Prag eine provisorische Regierung unter der Voraussetzung gebildet, daß der Verkehr mit dem verantwortlichen Ministerium in Wien durch die hiesigen Ereignisse unterbrochen sei, während die Lage der Dinge schleunige, den Wirkungskreis der bestehenden Behörden weit überschreitende Verfügungen nothwendig mache, und es sind zwei Mitglieder dieses verantwortlichen Regierungsrathes sogleich nach Innsbruck abgesendet worden, um die Allerhöchste Genehmigung dieser Maßregel einzuholen.

Ich finde mich veranlaßt, hiervon Ew. Excellenz mit dem Beifügen Nachricht zu geben, daß ich in einem an den Gubernial-Präsidenten in Böhmen gerichteten Erlasse jenen Schritt für ganz illegal, in seiner Veranlassung unbegründet, in seinen Folgen höchst bedenklich und den Absichten Sr. Majestät geradezu entgegen, sonach aber für null und nichtig erkläre. Ich fordere zugleich den dortigen Gubernial-Präsidenten auf, jener illegalen Verfügung bis zur Entscheidung Sr. Maj. keine Folge zu geben und den Anordnungen des Ministeriums genau nachzukommen, so wie ich denselben für alle Folgen und Nachtheile verantwortlich mache, welche aus jenem ungesetzlichen Vorgange entstanden sind oder entstehen können, und diese Verantwortlichkeit auf all Jene ausdehne, welche an dem diesfälligen Beschlusse Theil genommen haben. Endlich fordere ich den Guberial-Präsidenten auf, für den Fall, als er sich dennoch an den bezogenen Beschluß gebunden halten glaube, das Präsidium der Landesstelle und die Leitung des Landes dem dortigen Vice-Präsidenten zu übergeben.

Ich muß mit dieser Mittheilung die nachdrückliche Aufforderung verbinden, im Falle ähnlicher Zumuthungen sich jeder ungesetzlichen Konstituirung zu enthalten, jeden Versuch dazu zu vereiteln und unter Ihrer schweren Verantwortung jeden Schritt zu vermeiden, welcher in diesem wichtigen Momente die Einheit der Regierung schwächen und sie in jener Kraftentwickelung hindern könnte, welche die Ehre, das Wohl und der Bestand der Monarchie mehr als je in der größten Ausdehnung unerläßlich fordert.“

(W. Z.)
Wien, 1. Juni.

Durch einen Erlaß des Finanzministeriums wird, um dem Staatsschatz baare Mittel zu verschaffen, verfügt, daß die bei den Depositenämtern des landesfürstlichen und der Patrimonialgerichte erliegenden oder künftig dort in Aufbewahrung kommenden baaren Summen in klingender Münze und in Papiergeld an die Depositenkasse des Staatsschuldentilgungsfonds zu übergeben sind, wo sie bis zum Tag der Rückzahlung mit 3 pCt. verzinst werden sollen. ‒ Bis zu weiterer Bestimmung des österreichischen Reichstags soll keine Todesstrafe mehr vollstreckt werden.

(A. Oeste. Z. u. W. Z.)
Belgien.
* Brüssel, 6. Juni.

Die Gesellschaft Alliance, welche seit mehreren Jahren gewissermaßen das jung-liberale Belgien repräsentirt, hielt gestern in ihrem Lokale auf dem großen Platz eine Sitzung in Betreff der für die nächsten Wahlen vorzuschlagenden Kandidaten. Der Präsident der Gesellschaft, der Republikaner Herr Gendebien, erklärte aufs Neue, daß er dem Beispiele Castiau's folgen und jedes Mandat für die Kammer ablehnen werde. Dann die Namen der Personen verlesend, welche die Alliance auf den Schild zu heben gedenkt, gab er Herrn Viktor Faider das Wort, der seine Meinung dahin aussprach, daß die republikanisch Gesinnten sich nicht zurückziehen dürften, selbst wenn sie unterlägen. Die Alliance müsse die Konstitution angreifen oder sich auflösen; sie müsse eine andere Kandidatenliste auflegen oder sich jeder Einmischung enthalten.

Herr Roussel bestritt diese Ansicht, da sie mit den Statuten der Gesellschaft, welche die belgische Konstitution als geheiligt festgestellt habe, nicht vereinbar sei, worauf Herr Jottrand, einer von den Wenigen, die sich in Belgien frei und offen für Republikaner erklärten, das Wort ergriff und auseinandersetzte, daß wenn man eine auf dem Wege der Wahlen zu machende Aenderung des Gouvernements verwerfe, das Land nur zu einem gewaltsamen Uebereinanderwerfen der Dinge gezwungen werde.

Herr Roussel, der Mann mit weißer Halsbinde und langen, schwarzen Haaren, der vollständige belgische Abbé, hielt dann seine Rede als Kandidat und eröffnete seinen Zuhörern, „daß er dem Beispiele Christi folgen und für die kleine Bourgeoisie in der Kammer auftreten werde, wenn man ihn wähle.“

Nachdem auch noch Herr Prové gesprochen und viel versprochen hatte, schritt man zur Abstimmung. Die Herren Roussel, Marocque-Dupont, Simonis, Picard, Pauwels, de Pouhon, Prové und Dorez wurden für die Kammer; die Herren Stielleman, Daumerie, van Muyssen und van Lempoel für den Senat als Kandidaten vorgeschlagen. Der konstitutionelle belgische Löwe hatte gesiegt. Gut gebrüllt Löwe!

Lüttich, 6. Juni.

Man versichert uns so eben, daß Herr Advokat Tédesco, Mitredakteur des Libéral Liégeois, heute Morgen verhaftet und ins Gefängniß abgeführt worden ist. Den Grund dieser Arrestation weiß man noch nicht. Hr. Tédesco ist der bekannte republikanische Redner.

Französische Republik.
Paris, 5. Juni.

Der erste Theil der Sitzung geht hin mit dem Skrutinium für die Wahl eines Präsidenten. Senart wird gewählt mit 593 Stimmen auf 628.

Alle Welt erwartet Erklärungen über das Entlassungsgesuch des Generalprokurators Portalis, die der Justizminister acceptirt hat. Cremieux, der Justizminister erklärt, das Executivkommission habe die Prozedur und Instruktion in der Angelegenheit Louis Blancs nicht zu untersuchen gehabt. Die zwei Vertreter des öffentlichen Ministeriums hätten den Anklageakt vorgelegt, mit der Drohung, ihre Stellen niederzulegen, wenn der Antrag auf Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung Blancs nicht in der Versammlung vorgelegt würde. Die Exekutivkommission habe den Lauf der Justiz nicht aufhalten wollen, und er, nachdem er sich als Justizminister jeder Theilnahme an der Debatte enthalten, habe dagegen geglaubt als Volksrepräsentant seine Ueberzeugung geltend machen zu müssen. Portalis: Er begreife nicht, wie der Justizminister so rasch seine Ansichten wechseln könne, da er doch zuerst in Gegenwart der Exekutivkommission dem Anklageakt seine Zustimmung gegeben. Cremieux erklärt diese Versicherung für falsch. Landrin seinerseits bestätigt, daß der Justizminister Kenntniß von allen Prozedurakten genommen und seine Mitwirkung ihm und Portalis versprochen, sobald er den Anklageakt der Exekutivkommission vorgelegt und sich versichert habe, daß derselbe hier nicht auf politische Hindernisse stoßen werde. Cremieux bestieg wieder die Tribüne und erklärt diese Versicherungen von neuem für falsch und ‒ ruft er aus ‒ wenn die Versammlung seinem Worte keinen Glauben schenke, so bliebe ihm nur noch übrig, sein Ministerportefeuille und sein Mandat als Repräsentant niederzulegen. Die Tagesordnung wird mit großem Lärm verlangt. Jules Favres verlangt das Wort, um zu erklären, nach seiner Ueberzeugung hätte die Exekutivkommission wie das Ministerium dem Anklageakt ihre Beistimmung gegeben. Nachdem, was in der letzten Sitzung von Samstag vorgefallen, glaube er nicht länger dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheit attachirt bleiben zu können.

Die Tagesordnung wird mit ungeheurer Majorität adoptirt.

Paris, 5. Juni.

Das Dekret über die Nationalwerkstätten lautet:

Die National-Versammlung, in Erwägung, daß die Arbeit in den Nationalwerkstätten unproduktiv geworden ist; daß ihre Fortdauer unter den bisherigen Bedingungen in Widerspruch stehen würde mit einer guten Verwaltung des öffentlichen Vermögens, mit der Rückkehr der Ordnung und der Wiederaufnahme der industriellen oder kommerziellen Geschäfte; daß sie eine andre Art von Armenunterstützung sein würde; daß der größte Theil der Arbeiter, die in den Nationalwerkstätten eingeschrieben sind, selber verlangt auf eine freiere Weise sein Brod zu verdienen und nicht länger aus dem öffentlichen Vermögen Summen beziehen will, die nur den Waisen, den Arbeitsunfähigen und den Greisen gebühren, beschließt:

Art. 1. In möglich kürzester Frist wird in den Nationalwerkstätten die Stückarbeit an die Stelle der Tagarbeit treten. Die Arbeiten werden direkt, zu Akkordpreisen, ohne Abzug und ohne Zwischenunternehmer an associirte oder Einzel-Arbeiter je nach ihrer Beschaffenheit ertheilt werden.

Art. 2. Den Ministerien der öffentlichen Arbeiten, des Handels und des Innern werden besondre Kredite eröffnet werden, um mittelst Vorschüssen und Prämien die Wiederaufnahme der Departemental-Kommunal- oder Privat-Industrie zu beschleunigen.

Art. 3. Die Arbeiter die sich noch nicht drei Monaten im Seinedepartement aufhalten und über ihre Existenzmittel nicht ausweisen können, werden für sich und ihre Familien Marschrouten und eine Reise - Entschädigung erhalten, wovon ein Theil während des Ueberzugs, ein Theil am Bestimmungsorte ausgezahlt wird.

Art. 4. Gegenwärtiges Dekret wird für die Städten und Gemeinden der Departements auf Verlangen der Munizipalräthe anwendbar sein.

Art. 5. Die Bestimmungen des Art. 3 gelten nicht für die Arbeiter, die sich jedes Jahr periodisch nach Paris begeben und über einen sechsmonatlichen Aufenthalt im vorigen Jahre ausweisen können.

‒ Proklamation des Maire von Paris an die Maire der zwölf Arrondissements:

Die Regierung hat den Aufläufen ihre Aufmerksamkeit zuwenden müssen, die sich seit mehreren Tagen an verschiedenen Punkten der Hauptstadt bilden.

Es sind Befehle ertheilt, sie zu zerstreuen und den freien Verkehr, wo er gestört oder unterbrochen ist, herzustellen.

Die republikanische Gewalt entschließt sich nur mit Schmerz zu strengen Eingriffen; sie vertraut dem guten Sinne der Bevölkernng; sie ist voll Achtung gegen ihre Rechte; sie wird sie im Nothfall gegen jeden Reaktionsversuch aufrecht zu erhalten wissen.

Aber je mehr sie entschlossen ist, die Freiheit aufrecht zu erhalten, um so mehr ist es ihre Pflicht, sie durch keine ungestümme fruchtlose Agitation gefährden zu lassen, die nur der Unordnung Vorschub leistet und von den untergeordneten Söldlingen einiger Ehrgeizigen benutzt wird, um neue Verwirrung und Anarchie zu säen.

Es ist Sache des Gemeindevorstands, die Bürger zu warnen, ehe die Strenge des Gesetzes sie trifft.

Bedienen Sie sich also ihres Einflusses auf Ihre Untergebenen um zu verhüten, daß eitle Neugierde die Gruppen vergrößert, welche die öffentlichen Wege sperren. Es kann nichts Gutes kommen aus diesen Zusammenläufen und das Uebel das sie anrichten, hat Sie so gut, wie mich betroffen gemacht. Sie unterhalten im Schooße der Hauptstadt ein allen Interessen schädliches Mißbehagen; kein Geschäftsverkehr ohne Vertrauen, kein Vertrauen, wenn die Ordnung in Gefahr erscheint. Und wer sind die nächsten Opfer dieser Krise, die so in die Länge gezogen wird? Die Arbeiter, welche die Lähmung der Produktion ihrer Existenzmittel beraubt. Im Namen der Arbeit muß also die Ordnung geschützt, der öffentliche Friede gesichert, der Industrie die Sicherheit wieder gegeben werden.

Das ist der Wunsch der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung; seien Sie Ihr Organ, warnen Sie die Unbesonnenen; die Justiz wird die Schuldigen zu greifen und zu strafen wissen.

XParis, 4. Juni.

Die Mauern enthielten kürzlich folgenden Anschlag:

„Die hundertfünfzehntausend Arbeiter der Nationalwerkstetten an Maitre Dupin!

Es ist jedesmal Pflicht und an der Zeit, heimtückische Angriffe aufzudecken; und so protestiren denn die Arbeiter der Nationalwerkstellen energisch gegen die von Maitre Dupin auf der Tribüne der Nationalassemblée ausgesprochenen Worte in der Sitzung vom 13. Mai. „„Wir haben alle das nämliche Ziel, sagte Maitre Dupin, die nämliche Gesinnung, den nämlichen Wunsch, und dieser Wunsch ist der ganz Frankreichs, der Wunsch der Stadt Paris und zwar des guten Theils von Paris. Man muß ja nicht als Ausdruck der Hauptstadt diese disponible Arbeitermasse ansehen, die so leicht in die heftigste Bewegung hineingerissen werden kann; diese Masse, die man am besten thäte, in militärisch organisirte Werkstätten zu schicken, wo sie arbeiten, und arbeitend einen Tagelvhn gewinnen würde, den sie heute ohne zu arbeiten bekommt.“ (Auf der Rechten: Sehr gut, sehr gut!)

Somit stellt dieser Mann zwei Sorten von Arbeitern auf: eine welche arbeitet, eine andre welche nicht arbeitet, eine gute, eine schlechte. Und wann spricht er dies aus? Am Tage nach dem beklagenswerthen Einbruch in die Nationalversammlung. Und wie heimtückisch, wie pfiffig er sein Gift in die Wunde zu träufeln weiß! Lieber hätten Sie, Maitre Dupin, der bewaffneten Bourgeoisie zurufen sollen: schießt die Kanaille nieder! Allerdings, diese Kanaille hat den braven Louis Philipp verjagt; sie will jetzt Arbeitsorganisation; sie hat am 25. Februar ihre siegreiche Hand uns entgegengestreckt, ohne über das Vergangene Rechenschaft zu fordern. Das wäre logischer gewesen. ‒ Indessen, Maitre Dupin, täuschen Sie sich nur nicht länger … Wir wissen freilich sehr wohl, Maitre Dupin und die Seinen verzeihen uns nimmer die Februarrevolution, deren Prinzip sie gern ersticken möchten. Die Reaktion gebehrde sich noch so arg, sie wird doch von der Demokratie über den Haufen gerannt werden, sowohl weil diese Reaktion in sich haltlos ist und nur auf Lüge und Raub fußt, als auch, weil die Demokratie ein ewige Wahrheit ist. Maitre Dupin, Sie fordern die Auflösung der Nationalwerkstätten, um dadurch die Staatsgelder zu ökonomisiren? Nicht doch, Seigneur Dupin, nicht doch, sondern lediglich um von Paris und von seinen liebenswürdigen Vorstädten die wahren, wirklichen Stützen der Republik zu entfernen, und sich selbst. Maitre, vom Alpdruck zu befreien. ‒ Sie behaupten, wir verdienen den Tagelohn nicht, den man uns auszahlt! Aber unsre Väter und wir selbst, wir haben geschwitzt, um den Staatsschatz zu füllen, der Ihnen dreißigtausend Franken Jahrgehalt in die Tasche schiebt, und fünfundzwanzig Franken tägliches Kommissionsgeld für Ihren Wortschacher … Wenn wir zu spät an die Ar beit kommen, erhalten wir nur halben Lohn; woran Sie, großer Moralist und Oekonom, ein Beispiel nehmen sollten, indem Sie sich nur streng im Verhältniß zu Ihrer Tauglichkeit und Arbeitsleistung besolden ließen. Das wäre recht und billig, und der öffentliche Schatz, unser Schatz, würde dann weniger heimgesucht sein. Sie insultiren uns jetzt; besser, Sie organisirten die Arbeit, Maitre, so daß kein Mensch mehr den Nebenmenschen auspreßt; dann wird Niemand von uns fernerhin gezwungen sein, wie Sie sich ausdrückten, „„mit dem Spaten in Händen zu betteln““, sondern gern wieder zu seinem Spezialwerkzeug greifen. Lassen Sie, Maitre Dupin, es sich hiermit gesagt sein, viele, sehr viele Funktionäre hörten das letzte Stündlein schlagen, wenn die Maxime, „„nur wer arbeitet, hat Anrecht auf Existenz““ in Verwirklichung träte.“

Eine Menge Unterschriften von Chefs der Ateliersektionen und einfachen Arbeitern folgte. Die Wuth der Bourgeois war gränzenlos; hie und da rissen sie den Zettel ab. Der Constitutionel brachte eine „Erwiederung“ des armen Advokaten; wie geistreich sie war, erhellt schon daraus, daß sie behauptet: er beziehe seit Februar nur noch achtzehntausend Franken, und schenke die fünfundzwanzig Franken Tagsgelder dem Vaterlande. Bald wird wohl das Affischiren und Journalausschreien als ein „dem Handel und Wandel durch die Volkserregung schadender Auswuchs der Demokratie“ von der Behörde oder gar von der Assemblée abgeschafft werden; die Zusammenschaarungen auf großen Plätzen (z. B. an der Porte St. Denis und St. Martin) wo allabendlich über Arbeitsverhältnisse unter freiem Himmel gesprochen ward, sind so eben von Armand Marrast, dem Maire von Paris, unter Androhen des Einschreitens der Waffengewalt verboten worden. Der tückische Renegat stellt sich, als glaube er, diese Abendunterhaltungen gingen von „Reaktionären“ aus. Wir haben uns oft in diese Haufen gemengt; freilich, hie und da suchte ein Philippist mit glatter Zunge Propaganda zu machen, doch ward er bald verhöhnt, und man sprach gan keck es aus: wenn die Bourgeoisie die Arbeiter gar zu sehr peinige, so wären letztere genöthigt, nicht sowohl zu Barridaden (deren Einrichtung durch die Bourgeois der anstoßenden Häuser verhindert werden dürfte) als vielmehr geradewegs zum rothen Hahn ihre Zuflucht zu nehmen. ‒ Zu Kandidaten in die Assemblée sind Prinz Joinville d'Orleans und Louis Bonaparte vorgeschlagen, letzterer selbst durch Wahlzettel, die auf der Straße ausgetheilt werden; zugleich melden sich Cabet, Caussidiere, der brave Konspirator und Barrikadenmann, Thiers. Letzterer kommt ohne Zweifel in die Kammer. Die Reaktion ist in diesem Augenblick allgemein; wie Blanqui in einem aufgefundenen Briefe sagt: la bourgeoisie, à l'heure qu'il est, l'emporte sur toute la ligne. Nicht scharf gezeichnet sind aber die Parteien, und die Personen schwanken noch oft hin und her; mit Lamartine, Ledru-Rollin ist man nicht im klaren. Die Kammer selbst flottirt auf und nieder.

Louis Blanc erklärt in einem Flugblatt: er habe nicht die allerdings sehr betrübsam eingerichteten sogenannten Ateliers nationaux, sondern nur die 1800‒2000 Schneider zählende Societat in Clichy organisirt, und in dieser ist bereits ein Nettoprofit von 39,000 Francs, trotzdem daß die Arbeitenden ohne Geld, ohne Kredit und mit steten Kabalen heimgesucht waren; Lamennais z. B. attakirte diese Schneidersocietät ziemlich perfid; die Bour-

So nannte bekanntlich Louis Philipp die Faubourgs von Paris.
<TEI>
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      <pb facs="#f0003" n="0033"/>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar008_010" type="jArticle">
          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Konstitution von 1791 entgegen, die                         die mittelalterliche Hörigkeit '&#x201E;zu einer Zeit aufhob, als man in Preußen an                         dergleichen kaum dachte,&#x201C; (oder vielmehr als dergleichen Ideen in Preußen                         als &#x201E;jakobinisch&#x201C; verschrieen wurden). Und wenn auch die preußisch-russische                         Invasion und die dritte Theilung Polens die vollständige Ausführung dieser                         Verfassung verhinderte, so hörte doch alle Unterthänigkeit der Bauern mit                         Einführung des französischeu Gesetzes (1802) thatsächlich auf &#x201E;und somit <hi rendition="#g">hat die preußische Regierung sie als Freie                             vorgefunden.</hi>&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Was die ihnen später gewährte Eigenthums-Verleihung betrifft, eine Maßregel,                         der wir unsere vollste Anerkennung zollen, so .. hat jene Verleihung                         keineswegs auf Kosten irgend eines Schatzes oder einer Chatouille, sondern                         einzig und allein aus dem Vermögen der früheren Grundbesitzer stattgefunden,                         wozu diese bereitwilliger als irgendwo die Hand boten.&#x201C;</p>
          <p>Unterzeichnet: <hi rendition="#g">Potworowsky, Bazynski, Kraszewki,                             Szuman,</hi></p>
          <p> <hi rendition="#g">Trompczynski, Koscielski, Ruszkiewicz,</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#g">Cieszkowski, Strybil, Brodowski, Taczanowski.</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_011" type="jArticle">
          <head> <hi rendition="#g">Posen.</hi> </head>
          <p>General Pfuel hat eine neue Demarkationslinie für den zu reorganisirenden                         Theil der Provinz erlassen. Wir kommen morgen darauf zurück.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Frankfurt,</hi> 5.                         Mai:</head>
          <p><hi rendition="#g">National-Versammlung. Auerswald</hi> trägt an auf                         Untersuchung der Lage des Heerwesens d. h. auf Kommission. Beschlossen daß                         die Kommission von den Abtheilungen ernannt werde.</p>
          <p><hi rendition="#g">Höffken</hi> trägt an auf einen Ausschuß für Feststellung                         der deutschen Handels- und Schifffahrtspolitik.</p>
          <p>Giuseppe Testi (da Trentound G. a Prato da Roveredo) auf Entlassung der                         Kreise Trient und Roveredo aus dem deutschen Staatsverband. An den                         Verfassungsausschuß.</p>
          <p>Die Polnische Bevölkerung des Kreises Miadzychod (Birnbaum) protestirt gegen                         Anschluß an Deutschland.</p>
          <p>Im Ausschuß für eine prov. Regierung sind vier Meinungen hier. 1) Für eine                         von den Regierungen einzusetzende, 2) eine von ihnen vorgeschlagene, von der                         Versammlung genehmigte, 3) eine zur Hälfte von Beiden, 4) eine bloß von und                         aus der Nat.-Vers. zu ernennende prov. Regierung. Für letztere Meinung bloß                         R. Blum und Trützschler.</p>
          <p>Der Ausschuß für Volksrechte hat sich bereits über folgende Grundrechte                         vereinigt:</p>
          <p>Freiheit des Glaubens-Bekenntnisses, des Kultus, der                         Glaubensgenossenschafts-Bildung; Abschaffung des Kirchenzwangs, bürgerlicher                         Ehe.</p>
          <p>Unentgeltlicher Unterricht für Alle in Volks- und Gewerbeschulen, für                         Unbemittelte in allen Lehranstalten. Freiheit der Wahl des Berufs und der                         Vorbereitung dazu in allen Anstalten des In- und Auslandes. (Von Garantie                         der persöul. Freiheit, Geschwornen Gerichten, u.s.w. sprechen die Herren                         Professoren noch nicht.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Höffken</hi> trägt an auf Untersuchung der Stellung                         Böhmens. Nach längerer Discussion beschlossen, die Wahlsachen der östr.                         slavischen Völker im deutschen Bunde einer besonderen Kommission zu                         übergeben.&#x2012;</p>
          <p>Wegen Limburg wurd[#] Zulassung dem Limburg. Abg., und Verweisung der                         limburgischen Angelegenheit an den völkerrechtl. Ausschuß.</p>
          <p>Bei der Debatte über Posen entspann sich eine heftige Discussion die mit                         einem allgemeinen Sturm, mit einem Niedertrommeln der Linken durch die                         Rechte endigte, dem sogar Jacobus Venedey zum Opfer fiel. Zuletzt ging die                         Sache an die völkerrechtliche Kommission. Wir erwarten über diese Sitzung                         den stenograph. Bericht ehe wir Näheres geben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_013" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Wien,</hi> 2. Juni.</head>
          <p>Die &#x201E;Oesterr. Z.&#x201C; meldet in einer Nachschrift: &#x201E;So eben vernehmen wir, daß                         dem Ausschuß der Bürger, Nationalgarde und akademischen Legion ein höherrs                         Reskript zugekommen sein soll, welches den Wunsch ausdrückt, daß das in dem                         bekannten Erlaß vom 27. Mai enthaltene Zugeständniß, diejenigen, welche die                         Schuld an den Ereignissen des 26. Mai tragen, vor ein öffentliches Gericht                         zu stellen, beseitigt werden soll. Es wird sich nun zeigen, welcher Geist                         diesen Ausschuß beseelt, und was wir von ihm zu gewärtigen haben.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_014" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Wien,</hi> 3. Juni.</head>
          <p>Durch die Konstitut. Prag. Ztg. vom 31. Mai gelangte das Ministerium zur                         Kenntniß, daß sich in Prag eine provisorische Regierung für Böhmen gebildet                         hatte. Sobald diese Nachricht durch eine amtliche bestätigt wurde, fand sich                         das Ministerium bewogen, Sr. Majestät dem Kaiser das Ungesetzliche dieses                         Vorganges vorzustellen, um jedem Einschreiten einer Deputation für die                         Anerkennung dieses Schrittes zu begegnen. Zugleich erklärte der Minister des                         Innern in einem Erlasse an den Landes-Chef in Böhmen den ganzen Akt für                         illegal und ungültig und forderte denselben auf, diesem Vorgange unter                         seiner Verantwortung keine Folge zu geben. Gleichzeitig wurde an alle                         Länder-Chefs die nachstehende Weisung erlassen:</p>
          <p>&#x201E;Nach heute eingegangen Nachrichten hat sich in Prag eine provisorische                         Regierung unter der Voraussetzung gebildet, daß der Verkehr mit dem                         verantwortlichen Ministerium in Wien durch die hiesigen Ereignisse                         unterbrochen sei, während die Lage der Dinge schleunige, den Wirkungskreis                         der bestehenden Behörden weit überschreitende Verfügungen nothwendig mache,                         und es sind zwei Mitglieder dieses verantwortlichen Regierungsrathes                         sogleich nach Innsbruck abgesendet worden, um die Allerhöchste Genehmigung                         dieser Maßregel einzuholen.</p>
          <p>Ich finde mich veranlaßt, hiervon Ew. Excellenz mit dem Beifügen Nachricht zu                         geben, daß ich in einem an den Gubernial-Präsidenten in Böhmen gerichteten                         Erlasse jenen Schritt für ganz illegal, in seiner Veranlassung unbegründet,                         in seinen Folgen höchst bedenklich und den Absichten Sr. Majestät geradezu                         entgegen, sonach aber für null und nichtig erkläre. Ich fordere zugleich den                         dortigen Gubernial-Präsidenten auf, jener illegalen Verfügung bis zur                         Entscheidung Sr. Maj. keine Folge zu geben und den Anordnungen des                         Ministeriums genau nachzukommen, so wie ich denselben für alle Folgen und                         Nachtheile verantwortlich mache, welche aus jenem ungesetzlichen Vorgange                         entstanden sind oder entstehen können, und diese Verantwortlichkeit auf all                         Jene ausdehne, welche an dem diesfälligen Beschlusse Theil genommen haben.                         Endlich fordere ich den Guberial-Präsidenten auf, für den Fall, als er sich                         dennoch an den bezogenen Beschluß gebunden halten glaube, das Präsidium der                         Landesstelle und die Leitung des Landes dem dortigen Vice-Präsidenten zu                         übergeben.</p>
          <p>Ich muß mit dieser Mittheilung die nachdrückliche Aufforderung verbinden, im                         Falle ähnlicher Zumuthungen sich jeder ungesetzlichen Konstituirung zu                         enthalten, jeden Versuch dazu zu vereiteln und unter Ihrer schweren                         Verantwortung jeden Schritt zu vermeiden, welcher in diesem wichtigen                         Momente die Einheit der Regierung schwächen und sie in jener                         Kraftentwickelung hindern könnte, welche die Ehre, das Wohl und der Bestand                         der Monarchie mehr als je in der größten Ausdehnung unerläßlich                         fordert.&#x201C;</p>
          <bibl>(W. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar008_015" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Wien,</hi> 1. Juni.</head>
          <p>Durch einen Erlaß des Finanzministeriums wird, um dem Staatsschatz baare                         Mittel zu verschaffen, verfügt, daß die bei den Depositenämtern des                         landesfürstlichen und der Patrimonialgerichte erliegenden oder künftig dort                         in Aufbewahrung kommenden baaren Summen in klingender Münze und in                         Papiergeld an die Depositenkasse des Staatsschuldentilgungsfonds zu                         übergeben sind, wo sie bis zum Tag der Rückzahlung mit 3 pCt. verzinst                         werden sollen. &#x2012; Bis zu weiterer Bestimmung des österreichischen Reichstags                         soll keine Todesstrafe mehr vollstreckt werden.</p>
          <bibl>(A. Oeste. Z. u. W. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar008_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Brüssel,</hi> 6. Juni.</head>
          <p>Die Gesellschaft Alliance, welche seit mehreren Jahren gewissermaßen das                         jung-liberale Belgien repräsentirt, hielt gestern in ihrem Lokale auf dem                         großen Platz eine Sitzung in Betreff der für die nächsten Wahlen                         vorzuschlagenden Kandidaten. Der Präsident der Gesellschaft, der                         Republikaner Herr Gendebien, erklärte aufs Neue, daß er dem Beispiele                         Castiau's folgen und jedes Mandat für die Kammer ablehnen werde. Dann die                         Namen der Personen verlesend, welche die Alliance auf den Schild zu heben                         gedenkt, gab er Herrn Viktor Faider das Wort, der seine Meinung dahin                         aussprach, daß die republikanisch Gesinnten sich nicht zurückziehen dürften,                         selbst wenn sie unterlägen. Die Alliance müsse die Konstitution angreifen                         oder sich auflösen; sie müsse eine andere Kandidatenliste auflegen oder sich                         jeder Einmischung enthalten.</p>
          <p>Herr Roussel bestritt diese Ansicht, da sie mit den Statuten der                         Gesellschaft, welche die belgische Konstitution als geheiligt festgestellt                         habe, nicht vereinbar sei, worauf Herr Jottrand, einer von den Wenigen, die                         sich in Belgien frei und offen für Republikaner erklärten, das Wort ergriff                         und auseinandersetzte, daß wenn man eine auf dem Wege der Wahlen zu machende                         Aenderung des Gouvernements verwerfe, das Land nur zu einem gewaltsamen                         Uebereinanderwerfen der Dinge gezwungen werde.</p>
          <p>Herr Roussel, der Mann mit weißer Halsbinde und langen, schwarzen Haaren, der                         vollständige belgische Abbé, hielt dann seine Rede als Kandidat und                         eröffnete seinen Zuhörern, &#x201E;daß er dem Beispiele Christi folgen und für die                         kleine Bourgeoisie in der Kammer auftreten werde, wenn man ihn wähle.&#x201C;</p>
          <p>Nachdem auch noch Herr Prové gesprochen und viel versprochen hatte, schritt                         man zur Abstimmung. Die Herren Roussel, Marocque-Dupont, Simonis, Picard,                         Pauwels, de Pouhon, Prové und Dorez wurden für die Kammer; die Herren                         Stielleman, Daumerie, van Muyssen und van Lempoel für den Senat als                         Kandidaten vorgeschlagen. Der konstitutionelle belgische Löwe hatte gesiegt.                         Gut gebrüllt Löwe!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_017" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Lüttich,</hi> 6. Juni.</head>
          <p>Man versichert uns so eben, daß Herr Advokat Tédesco, Mitredakteur des                         Libéral Liégeois, heute Morgen verhaftet und ins Gefängniß abgeführt worden                         ist. Den Grund dieser Arrestation weiß man noch nicht. Hr. Tédesco ist der                         bekannte republikanische Redner.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar008_018" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Paris,</hi> 5. Juni.</head>
          <p>Der erste Theil der Sitzung geht hin mit dem Skrutinium für die Wahl eines                         Präsidenten. <hi rendition="#g">Senart</hi> wird gewählt mit 593 Stimmen auf                         628.</p>
          <p>Alle Welt erwartet Erklärungen über das Entlassungsgesuch des                         Generalprokurators Portalis, die der Justizminister acceptirt hat. <hi rendition="#g">Cremieux,</hi> der Justizminister erklärt, das                         Executivkommission habe die Prozedur und Instruktion in der Angelegenheit                         Louis Blancs nicht zu untersuchen gehabt. Die zwei Vertreter des                         öffentlichen Ministeriums hätten den Anklageakt vorgelegt, mit der Drohung,                         ihre Stellen niederzulegen, wenn der Antrag auf Autorisation zur                         gerichtlichen Verfolgung Blancs nicht in der Versammlung vorgelegt würde.                         Die Exekutivkommission habe den Lauf der Justiz nicht aufhalten wollen, und                         er, nachdem er sich als Justizminister jeder Theilnahme an der Debatte                         enthalten, habe dagegen geglaubt als Volksrepräsentant seine Ueberzeugung                         geltend machen zu müssen. <hi rendition="#g">Portalis:</hi> Er begreife                         nicht, wie der Justizminister so rasch seine Ansichten wechseln könne, da er                         doch zuerst in Gegenwart der Exekutivkommission dem Anklageakt seine                         Zustimmung gegeben. Cremieux erklärt diese Versicherung für <hi rendition="#g">falsch</hi>. <hi rendition="#g">Landrin</hi> seinerseits                         bestätigt, daß der Justizminister Kenntniß von allen Prozedurakten genommen                         und seine Mitwirkung ihm und Portalis versprochen, sobald er den Anklageakt                         der Exekutivkommission vorgelegt und sich versichert habe, daß derselbe hier                         nicht auf politische Hindernisse stoßen werde. Cremieux bestieg wieder die                         Tribüne und erklärt diese Versicherungen von neuem für falsch und &#x2012; ruft er                         aus &#x2012; wenn die Versammlung seinem Worte keinen Glauben schenke, so bliebe                         ihm nur noch übrig, sein Ministerportefeuille und sein Mandat als                         Repräsentant niederzulegen. Die Tagesordnung wird mit großem Lärm verlangt. <hi rendition="#g">Jules Favres</hi> verlangt das Wort, um zu erklären,                         nach seiner Ueberzeugung hätte die Exekutivkommission wie das Ministerium                         dem Anklageakt ihre Beistimmung gegeben. Nachdem, was in der letzten Sitzung                         von Samstag vorgefallen, glaube er nicht länger dem Ministerium der                         auswärtigen Angelegenheit attachirt bleiben zu können.</p>
          <p>Die Tagesordnung wird mit ungeheurer Majorität adoptirt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_019" type="jArticle">
          <head><hi rendition="#g">Paris,</hi> 5. Juni.</head>
          <p>Das Dekret über die Nationalwerkstätten lautet:</p>
          <p>Die National-Versammlung, in Erwägung, daß die Arbeit in den                         Nationalwerkstätten unproduktiv geworden ist; daß ihre Fortdauer unter den                         bisherigen Bedingungen in Widerspruch stehen würde mit einer guten                         Verwaltung des öffentlichen Vermögens, mit der Rückkehr der Ordnung und der                         Wiederaufnahme der industriellen oder kommerziellen Geschäfte; daß sie eine                         andre Art von Armenunterstützung sein würde; daß der größte Theil der                         Arbeiter, die in den Nationalwerkstätten eingeschrieben sind, selber                         verlangt auf eine freiere Weise sein Brod zu verdienen und nicht länger aus                         dem öffentlichen Vermögen Summen beziehen will, die nur den Waisen, den                         Arbeitsunfähigen und den Greisen gebühren, beschließt:</p>
          <p>Art. 1. In möglich kürzester Frist wird in den Nationalwerkstätten die                         Stückarbeit an die Stelle der Tagarbeit treten. Die Arbeiten werden direkt,                         zu Akkordpreisen, ohne Abzug und ohne Zwischenunternehmer an associirte oder                         Einzel-Arbeiter je nach ihrer Beschaffenheit ertheilt werden.</p>
          <p>Art. 2. Den Ministerien der öffentlichen Arbeiten, des Handels und des Innern                         werden besondre Kredite eröffnet werden, um mittelst Vorschüssen und Prämien                         die Wiederaufnahme der Departemental-Kommunal- oder Privat-Industrie zu                         beschleunigen.</p>
          <p>Art. 3. Die Arbeiter die sich noch nicht drei Monaten im Seinedepartement                         aufhalten und über ihre Existenzmittel nicht ausweisen können, werden für                         sich und ihre Familien Marschrouten und eine Reise - Entschädigung erhalten,                         wovon ein Theil während des Ueberzugs, ein Theil am Bestimmungsorte                         ausgezahlt wird.</p>
          <p>Art. 4. Gegenwärtiges Dekret wird für die Städten und Gemeinden der                         Departements auf Verlangen der Munizipalräthe anwendbar sein.</p>
          <p>Art. 5. Die Bestimmungen des Art. 3 gelten nicht für die Arbeiter, die sich                         jedes Jahr periodisch nach Paris begeben und über einen sechsmonatlichen                         Aufenthalt im vorigen Jahre ausweisen können.</p>
          <p>&#x2012; Proklamation des Maire von Paris an die Maire der zwölf                         Arrondissements:</p>
          <p>Die Regierung hat den Aufläufen ihre Aufmerksamkeit zuwenden müssen, die sich                         seit mehreren Tagen an verschiedenen Punkten der Hauptstadt bilden.</p>
          <p>Es sind Befehle ertheilt, sie zu zerstreuen und den freien Verkehr, wo er                         gestört oder unterbrochen ist, herzustellen.</p>
          <p>Die republikanische Gewalt entschließt sich nur mit Schmerz zu strengen                         Eingriffen; sie vertraut dem guten Sinne der Bevölkernng; sie ist voll                         Achtung gegen ihre Rechte; sie wird sie im Nothfall gegen jeden                         Reaktionsversuch aufrecht zu erhalten wissen.</p>
          <p>Aber je mehr sie entschlossen ist, die Freiheit aufrecht zu erhalten, um so                         mehr ist es ihre Pflicht, sie durch keine ungestümme fruchtlose Agitation                         gefährden zu lassen, die nur der Unordnung Vorschub leistet und von den                         untergeordneten Söldlingen einiger Ehrgeizigen benutzt wird, um neue                         Verwirrung und Anarchie zu säen.</p>
          <p>Es ist Sache des Gemeindevorstands, die Bürger zu warnen, ehe die Strenge des                         Gesetzes sie trifft.</p>
          <p>Bedienen Sie sich also ihres Einflusses auf Ihre Untergebenen um zu verhüten,                         daß eitle Neugierde die Gruppen vergrößert, welche die öffentlichen Wege                         sperren. Es kann nichts Gutes kommen aus diesen Zusammenläufen und das Uebel                         das sie anrichten, hat Sie so gut, wie mich betroffen gemacht. Sie                         unterhalten im Schooße der Hauptstadt ein allen Interessen schädliches                         Mißbehagen; kein Geschäftsverkehr ohne Vertrauen, kein Vertrauen, wenn die                         Ordnung in Gefahr erscheint. Und wer sind die nächsten Opfer dieser Krise,                         die so in die Länge gezogen wird? Die Arbeiter, welche die Lähmung der                         Produktion ihrer Existenzmittel beraubt. Im Namen der Arbeit muß also die                         Ordnung geschützt, der öffentliche Friede gesichert, der Industrie die                         Sicherheit wieder gegeben werden.</p>
          <p>Das ist der Wunsch der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung; seien Sie Ihr                         Organ, warnen Sie die Unbesonnenen; die Justiz wird die Schuldigen zu                         greifen und zu strafen wissen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar008_020" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl><hi rendition="#g">Paris,</hi> 4.                         Juni.</head>
          <p>Die Mauern enthielten kürzlich folgenden Anschlag:</p>
          <p>&#x201E;Die hundertfünfzehntausend Arbeiter der Nationalwerkstetten an Maitre                         Dupin!</p>
          <p>Es ist jedesmal Pflicht und an der Zeit, heimtückische Angriffe aufzudecken;                         und so protestiren denn die Arbeiter der Nationalwerkstellen energisch gegen                         die von Maitre Dupin auf der Tribüne der Nationalassemblée ausgesprochenen                         Worte in der Sitzung vom 13. Mai. &#x201E;&#x201E;Wir haben alle das nämliche Ziel, sagte                         Maitre Dupin, die nämliche Gesinnung, den nämlichen Wunsch, und dieser                         Wunsch ist der ganz Frankreichs, der Wunsch der Stadt Paris und zwar des <hi rendition="#g">guten</hi> Theils von Paris. Man muß ja nicht als                         Ausdruck der Hauptstadt diese disponible Arbeitermasse ansehen, die so                         leicht in die heftigste Bewegung hineingerissen werden kann; diese Masse,                         die man am besten thäte, in militärisch organisirte Werkstätten zu schicken,                         wo sie arbeiten, und arbeitend einen Tagelvhn gewinnen würde, den sie heute                         ohne zu arbeiten bekommt.&#x201C; (Auf der Rechten: Sehr gut, sehr gut!)</p>
          <p>Somit stellt dieser Mann zwei Sorten von Arbeitern auf: eine welche arbeitet,                         eine andre welche nicht arbeitet, eine gute, eine schlechte. Und wann                         spricht er dies aus? Am Tage nach dem beklagenswerthen Einbruch in die                         Nationalversammlung. Und wie heimtückisch, wie pfiffig er sein Gift in die                         Wunde zu träufeln weiß! Lieber hätten Sie, Maitre Dupin, der bewaffneten                         Bourgeoisie zurufen sollen: <hi rendition="#g">schießt die Kanaille                             nieder!</hi> Allerdings, diese Kanaille hat den braven Louis Philipp                         verjagt; sie will jetzt Arbeitsorganisation; sie hat am 25. Februar ihre                         siegreiche Hand uns entgegengestreckt, ohne über das Vergangene Rechenschaft                         zu fordern. Das wäre logischer gewesen. &#x2012; Indessen, Maitre Dupin, täuschen                         Sie sich nur nicht länger &#x2026; Wir wissen freilich sehr wohl, Maitre Dupin und                         die Seinen verzeihen uns nimmer die Februarrevolution, deren Prinzip sie                         gern ersticken möchten. Die Reaktion gebehrde sich noch so arg, sie wird                         doch von der Demokratie über den Haufen gerannt werden, sowohl weil diese                         Reaktion in sich haltlos ist und nur auf Lüge und Raub fußt, als auch, weil                         die Demokratie ein ewige Wahrheit ist. Maitre Dupin, Sie fordern die                         Auflösung der Nationalwerkstätten, um dadurch die Staatsgelder zu                         ökonomisiren? Nicht doch, Seigneur Dupin, nicht doch, sondern lediglich um                         von Paris und von seinen <hi rendition="#g">liebenswürdigen Vorstädten</hi> <note place="foot">So nannte bekanntlich Louis Philipp die Faubourgs von                             Paris.</note> die wahren, wirklichen Stützen der Republik zu entfernen,                         und sich selbst. Maitre, vom Alpdruck zu befreien. &#x2012; Sie behaupten, wir                         verdienen den Tagelohn nicht, den man uns auszahlt! Aber unsre Väter und wir                         selbst, wir haben geschwitzt, um den Staatsschatz zu füllen, der Ihnen                         dreißigtausend Franken Jahrgehalt in die Tasche schiebt, und fünfundzwanzig                         Franken tägliches Kommissionsgeld für Ihren Wortschacher &#x2026; Wenn wir zu spät                         an die Ar beit kommen, erhalten wir nur halben Lohn; woran Sie, großer                         Moralist und Oekonom, ein Beispiel nehmen sollten, indem Sie sich nur streng                         im Verhältniß zu Ihrer Tauglichkeit und Arbeitsleistung besolden ließen. Das                         wäre recht und billig, und der öffentliche Schatz, <hi rendition="#g">unser</hi> Schatz, würde dann weniger heimgesucht sein. Sie insultiren                         uns jetzt; besser, Sie organisirten die Arbeit, Maitre, so daß kein Mensch                         mehr den Nebenmenschen auspreßt; dann wird Niemand von uns fernerhin                         gezwungen sein, wie Sie sich ausdrückten, &#x201E;&#x201E;mit dem Spaten in Händen zu                         betteln&#x201C;&#x201C;, sondern gern wieder zu seinem Spezialwerkzeug greifen. Lassen                         Sie, Maitre Dupin, es sich hiermit gesagt sein, viele, sehr viele                         Funktionäre hörten das letzte Stündlein schlagen, wenn die Maxime, &#x201E;&#x201E;nur wer                         arbeitet, hat Anrecht auf Existenz&#x201C;&#x201C; in Verwirklichung träte.&#x201C;</p>
          <p>Eine Menge Unterschriften von Chefs der Ateliersektionen und einfachen                         Arbeitern folgte. Die Wuth der Bourgeois war gränzenlos; hie und da rissen                         sie den Zettel ab. Der <hi rendition="#g">Constitutionel</hi> brachte eine                         &#x201E;Erwiederung&#x201C; des armen Advokaten; wie geistreich sie war, erhellt schon                         daraus, daß sie behauptet: er beziehe seit Februar nur noch achtzehntausend                         Franken, und schenke die fünfundzwanzig Franken Tagsgelder dem Vaterlande.                         Bald wird wohl das Affischiren und Journalausschreien als ein &#x201E;dem Handel                         und Wandel durch die Volkserregung schadender Auswuchs der Demokratie&#x201C; von                         der Behörde oder gar von der Assemblée abgeschafft werden; die                         Zusammenschaarungen auf großen Plätzen (z. B. an der Porte St. Denis und St.                         Martin) wo allabendlich über <hi rendition="#g">Arbeitsverhältnisse</hi> unter freiem Himmel gesprochen ward, sind so eben von Armand Marrast, dem                         Maire von Paris, unter <hi rendition="#g">Androhen des Einschreitens der                             Waffengewalt</hi> verboten worden. Der tückische Renegat stellt sich,                         als glaube er, diese Abendunterhaltungen gingen von &#x201E;Reaktionären&#x201C; aus. Wir                         haben uns oft in diese Haufen gemengt; freilich, hie und da suchte ein                         Philippist mit glatter Zunge Propaganda zu machen, doch ward er bald                         verhöhnt, und man sprach gan keck es aus: wenn die Bourgeoisie die Arbeiter                         gar zu sehr peinige, so wären letztere genöthigt, nicht sowohl zu Barridaden                         (deren Einrichtung durch die Bourgeois der anstoßenden Häuser verhindert                         werden dürfte) als vielmehr geradewegs zum rothen Hahn ihre Zuflucht zu                         nehmen. &#x2012; Zu Kandidaten in die Assemblée sind Prinz Joinville d'Orleans und                         Louis Bonaparte vorgeschlagen, letzterer selbst durch Wahlzettel, die auf                         der Straße ausgetheilt werden; zugleich melden sich Cabet, Caussidiere, der                         brave Konspirator und Barrikadenmann, Thiers. Letzterer kommt ohne Zweifel                         in die Kammer. Die Reaktion ist in diesem Augenblick allgemein; wie Blanqui                         in einem aufgefundenen Briefe sagt: la bourgeoisie, à l'heure qu'il est,                         l'emporte sur toute la ligne. Nicht scharf gezeichnet sind aber die                         Parteien, und die Personen schwanken noch oft hin und her; mit Lamartine,                         Ledru-Rollin ist man nicht im klaren. Die Kammer selbst flottirt auf und                         nieder.</p>
          <p>Louis Blanc erklärt in einem Flugblatt: er habe nicht die allerdings sehr                         betrübsam eingerichteten sogenannten Ateliers nationaux, sondern nur die                         1800&#x2012;2000 Schneider zählende Societat in Clichy organisirt, und in dieser                         ist bereits ein Nettoprofit von 39,000 Francs, trotzdem daß die Arbeitenden                         ohne Geld, ohne Kredit und mit steten Kabalen heimgesucht waren; Lamennais                         z. B. attakirte diese Schneidersocietät ziemlich perfid; die Bour-
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[0033/0003] [Deutschland] [Fortsetzung] Konstitution von 1791 entgegen, die die mittelalterliche Hörigkeit '„zu einer Zeit aufhob, als man in Preußen an dergleichen kaum dachte,“ (oder vielmehr als dergleichen Ideen in Preußen als „jakobinisch“ verschrieen wurden). Und wenn auch die preußisch-russische Invasion und die dritte Theilung Polens die vollständige Ausführung dieser Verfassung verhinderte, so hörte doch alle Unterthänigkeit der Bauern mit Einführung des französischeu Gesetzes (1802) thatsächlich auf „und somit hat die preußische Regierung sie als Freie vorgefunden.“ „Was die ihnen später gewährte Eigenthums-Verleihung betrifft, eine Maßregel, der wir unsere vollste Anerkennung zollen, so .. hat jene Verleihung keineswegs auf Kosten irgend eines Schatzes oder einer Chatouille, sondern einzig und allein aus dem Vermögen der früheren Grundbesitzer stattgefunden, wozu diese bereitwilliger als irgendwo die Hand boten.“ Unterzeichnet: Potworowsky, Bazynski, Kraszewki, Szuman, Trompczynski, Koscielski, Ruszkiewicz, Cieszkowski, Strybil, Brodowski, Taczanowski. Posen. General Pfuel hat eine neue Demarkationslinie für den zu reorganisirenden Theil der Provinz erlassen. Wir kommen morgen darauf zurück. *Frankfurt, 5. Mai: National-Versammlung. Auerswald trägt an auf Untersuchung der Lage des Heerwesens d. h. auf Kommission. Beschlossen daß die Kommission von den Abtheilungen ernannt werde. Höffken trägt an auf einen Ausschuß für Feststellung der deutschen Handels- und Schifffahrtspolitik. Giuseppe Testi (da Trentound G. a Prato da Roveredo) auf Entlassung der Kreise Trient und Roveredo aus dem deutschen Staatsverband. An den Verfassungsausschuß. Die Polnische Bevölkerung des Kreises Miadzychod (Birnbaum) protestirt gegen Anschluß an Deutschland. Im Ausschuß für eine prov. Regierung sind vier Meinungen hier. 1) Für eine von den Regierungen einzusetzende, 2) eine von ihnen vorgeschlagene, von der Versammlung genehmigte, 3) eine zur Hälfte von Beiden, 4) eine bloß von und aus der Nat.-Vers. zu ernennende prov. Regierung. Für letztere Meinung bloß R. Blum und Trützschler. Der Ausschuß für Volksrechte hat sich bereits über folgende Grundrechte vereinigt: Freiheit des Glaubens-Bekenntnisses, des Kultus, der Glaubensgenossenschafts-Bildung; Abschaffung des Kirchenzwangs, bürgerlicher Ehe. Unentgeltlicher Unterricht für Alle in Volks- und Gewerbeschulen, für Unbemittelte in allen Lehranstalten. Freiheit der Wahl des Berufs und der Vorbereitung dazu in allen Anstalten des In- und Auslandes. (Von Garantie der persöul. Freiheit, Geschwornen Gerichten, u.s.w. sprechen die Herren Professoren noch nicht.) Höffken trägt an auf Untersuchung der Stellung Böhmens. Nach längerer Discussion beschlossen, die Wahlsachen der östr. slavischen Völker im deutschen Bunde einer besonderen Kommission zu übergeben.‒ Wegen Limburg wurd[#] Zulassung dem Limburg. Abg., und Verweisung der limburgischen Angelegenheit an den völkerrechtl. Ausschuß. Bei der Debatte über Posen entspann sich eine heftige Discussion die mit einem allgemeinen Sturm, mit einem Niedertrommeln der Linken durch die Rechte endigte, dem sogar Jacobus Venedey zum Opfer fiel. Zuletzt ging die Sache an die völkerrechtliche Kommission. Wir erwarten über diese Sitzung den stenograph. Bericht ehe wir Näheres geben. Wien, 2. Juni. Die „Oesterr. Z.“ meldet in einer Nachschrift: „So eben vernehmen wir, daß dem Ausschuß der Bürger, Nationalgarde und akademischen Legion ein höherrs Reskript zugekommen sein soll, welches den Wunsch ausdrückt, daß das in dem bekannten Erlaß vom 27. Mai enthaltene Zugeständniß, diejenigen, welche die Schuld an den Ereignissen des 26. Mai tragen, vor ein öffentliches Gericht zu stellen, beseitigt werden soll. Es wird sich nun zeigen, welcher Geist diesen Ausschuß beseelt, und was wir von ihm zu gewärtigen haben.“ Wien, 3. Juni. Durch die Konstitut. Prag. Ztg. vom 31. Mai gelangte das Ministerium zur Kenntniß, daß sich in Prag eine provisorische Regierung für Böhmen gebildet hatte. Sobald diese Nachricht durch eine amtliche bestätigt wurde, fand sich das Ministerium bewogen, Sr. Majestät dem Kaiser das Ungesetzliche dieses Vorganges vorzustellen, um jedem Einschreiten einer Deputation für die Anerkennung dieses Schrittes zu begegnen. Zugleich erklärte der Minister des Innern in einem Erlasse an den Landes-Chef in Böhmen den ganzen Akt für illegal und ungültig und forderte denselben auf, diesem Vorgange unter seiner Verantwortung keine Folge zu geben. Gleichzeitig wurde an alle Länder-Chefs die nachstehende Weisung erlassen: „Nach heute eingegangen Nachrichten hat sich in Prag eine provisorische Regierung unter der Voraussetzung gebildet, daß der Verkehr mit dem verantwortlichen Ministerium in Wien durch die hiesigen Ereignisse unterbrochen sei, während die Lage der Dinge schleunige, den Wirkungskreis der bestehenden Behörden weit überschreitende Verfügungen nothwendig mache, und es sind zwei Mitglieder dieses verantwortlichen Regierungsrathes sogleich nach Innsbruck abgesendet worden, um die Allerhöchste Genehmigung dieser Maßregel einzuholen. Ich finde mich veranlaßt, hiervon Ew. Excellenz mit dem Beifügen Nachricht zu geben, daß ich in einem an den Gubernial-Präsidenten in Böhmen gerichteten Erlasse jenen Schritt für ganz illegal, in seiner Veranlassung unbegründet, in seinen Folgen höchst bedenklich und den Absichten Sr. Majestät geradezu entgegen, sonach aber für null und nichtig erkläre. Ich fordere zugleich den dortigen Gubernial-Präsidenten auf, jener illegalen Verfügung bis zur Entscheidung Sr. Maj. keine Folge zu geben und den Anordnungen des Ministeriums genau nachzukommen, so wie ich denselben für alle Folgen und Nachtheile verantwortlich mache, welche aus jenem ungesetzlichen Vorgange entstanden sind oder entstehen können, und diese Verantwortlichkeit auf all Jene ausdehne, welche an dem diesfälligen Beschlusse Theil genommen haben. Endlich fordere ich den Guberial-Präsidenten auf, für den Fall, als er sich dennoch an den bezogenen Beschluß gebunden halten glaube, das Präsidium der Landesstelle und die Leitung des Landes dem dortigen Vice-Präsidenten zu übergeben. Ich muß mit dieser Mittheilung die nachdrückliche Aufforderung verbinden, im Falle ähnlicher Zumuthungen sich jeder ungesetzlichen Konstituirung zu enthalten, jeden Versuch dazu zu vereiteln und unter Ihrer schweren Verantwortung jeden Schritt zu vermeiden, welcher in diesem wichtigen Momente die Einheit der Regierung schwächen und sie in jener Kraftentwickelung hindern könnte, welche die Ehre, das Wohl und der Bestand der Monarchie mehr als je in der größten Ausdehnung unerläßlich fordert.“ (W. Z.) Wien, 1. Juni. Durch einen Erlaß des Finanzministeriums wird, um dem Staatsschatz baare Mittel zu verschaffen, verfügt, daß die bei den Depositenämtern des landesfürstlichen und der Patrimonialgerichte erliegenden oder künftig dort in Aufbewahrung kommenden baaren Summen in klingender Münze und in Papiergeld an die Depositenkasse des Staatsschuldentilgungsfonds zu übergeben sind, wo sie bis zum Tag der Rückzahlung mit 3 pCt. verzinst werden sollen. ‒ Bis zu weiterer Bestimmung des österreichischen Reichstags soll keine Todesstrafe mehr vollstreckt werden. (A. Oeste. Z. u. W. Z.) Belgien. * Brüssel, 6. Juni. Die Gesellschaft Alliance, welche seit mehreren Jahren gewissermaßen das jung-liberale Belgien repräsentirt, hielt gestern in ihrem Lokale auf dem großen Platz eine Sitzung in Betreff der für die nächsten Wahlen vorzuschlagenden Kandidaten. Der Präsident der Gesellschaft, der Republikaner Herr Gendebien, erklärte aufs Neue, daß er dem Beispiele Castiau's folgen und jedes Mandat für die Kammer ablehnen werde. Dann die Namen der Personen verlesend, welche die Alliance auf den Schild zu heben gedenkt, gab er Herrn Viktor Faider das Wort, der seine Meinung dahin aussprach, daß die republikanisch Gesinnten sich nicht zurückziehen dürften, selbst wenn sie unterlägen. Die Alliance müsse die Konstitution angreifen oder sich auflösen; sie müsse eine andere Kandidatenliste auflegen oder sich jeder Einmischung enthalten. Herr Roussel bestritt diese Ansicht, da sie mit den Statuten der Gesellschaft, welche die belgische Konstitution als geheiligt festgestellt habe, nicht vereinbar sei, worauf Herr Jottrand, einer von den Wenigen, die sich in Belgien frei und offen für Republikaner erklärten, das Wort ergriff und auseinandersetzte, daß wenn man eine auf dem Wege der Wahlen zu machende Aenderung des Gouvernements verwerfe, das Land nur zu einem gewaltsamen Uebereinanderwerfen der Dinge gezwungen werde. Herr Roussel, der Mann mit weißer Halsbinde und langen, schwarzen Haaren, der vollständige belgische Abbé, hielt dann seine Rede als Kandidat und eröffnete seinen Zuhörern, „daß er dem Beispiele Christi folgen und für die kleine Bourgeoisie in der Kammer auftreten werde, wenn man ihn wähle.“ Nachdem auch noch Herr Prové gesprochen und viel versprochen hatte, schritt man zur Abstimmung. Die Herren Roussel, Marocque-Dupont, Simonis, Picard, Pauwels, de Pouhon, Prové und Dorez wurden für die Kammer; die Herren Stielleman, Daumerie, van Muyssen und van Lempoel für den Senat als Kandidaten vorgeschlagen. Der konstitutionelle belgische Löwe hatte gesiegt. Gut gebrüllt Löwe! Lüttich, 6. Juni. Man versichert uns so eben, daß Herr Advokat Tédesco, Mitredakteur des Libéral Liégeois, heute Morgen verhaftet und ins Gefängniß abgeführt worden ist. Den Grund dieser Arrestation weiß man noch nicht. Hr. Tédesco ist der bekannte republikanische Redner. Französische Republik. Paris, 5. Juni. Der erste Theil der Sitzung geht hin mit dem Skrutinium für die Wahl eines Präsidenten. Senart wird gewählt mit 593 Stimmen auf 628. Alle Welt erwartet Erklärungen über das Entlassungsgesuch des Generalprokurators Portalis, die der Justizminister acceptirt hat. Cremieux, der Justizminister erklärt, das Executivkommission habe die Prozedur und Instruktion in der Angelegenheit Louis Blancs nicht zu untersuchen gehabt. Die zwei Vertreter des öffentlichen Ministeriums hätten den Anklageakt vorgelegt, mit der Drohung, ihre Stellen niederzulegen, wenn der Antrag auf Autorisation zur gerichtlichen Verfolgung Blancs nicht in der Versammlung vorgelegt würde. Die Exekutivkommission habe den Lauf der Justiz nicht aufhalten wollen, und er, nachdem er sich als Justizminister jeder Theilnahme an der Debatte enthalten, habe dagegen geglaubt als Volksrepräsentant seine Ueberzeugung geltend machen zu müssen. Portalis: Er begreife nicht, wie der Justizminister so rasch seine Ansichten wechseln könne, da er doch zuerst in Gegenwart der Exekutivkommission dem Anklageakt seine Zustimmung gegeben. Cremieux erklärt diese Versicherung für falsch. Landrin seinerseits bestätigt, daß der Justizminister Kenntniß von allen Prozedurakten genommen und seine Mitwirkung ihm und Portalis versprochen, sobald er den Anklageakt der Exekutivkommission vorgelegt und sich versichert habe, daß derselbe hier nicht auf politische Hindernisse stoßen werde. Cremieux bestieg wieder die Tribüne und erklärt diese Versicherungen von neuem für falsch und ‒ ruft er aus ‒ wenn die Versammlung seinem Worte keinen Glauben schenke, so bliebe ihm nur noch übrig, sein Ministerportefeuille und sein Mandat als Repräsentant niederzulegen. Die Tagesordnung wird mit großem Lärm verlangt. Jules Favres verlangt das Wort, um zu erklären, nach seiner Ueberzeugung hätte die Exekutivkommission wie das Ministerium dem Anklageakt ihre Beistimmung gegeben. Nachdem, was in der letzten Sitzung von Samstag vorgefallen, glaube er nicht länger dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheit attachirt bleiben zu können. Die Tagesordnung wird mit ungeheurer Majorität adoptirt. Paris, 5. Juni. Das Dekret über die Nationalwerkstätten lautet: Die National-Versammlung, in Erwägung, daß die Arbeit in den Nationalwerkstätten unproduktiv geworden ist; daß ihre Fortdauer unter den bisherigen Bedingungen in Widerspruch stehen würde mit einer guten Verwaltung des öffentlichen Vermögens, mit der Rückkehr der Ordnung und der Wiederaufnahme der industriellen oder kommerziellen Geschäfte; daß sie eine andre Art von Armenunterstützung sein würde; daß der größte Theil der Arbeiter, die in den Nationalwerkstätten eingeschrieben sind, selber verlangt auf eine freiere Weise sein Brod zu verdienen und nicht länger aus dem öffentlichen Vermögen Summen beziehen will, die nur den Waisen, den Arbeitsunfähigen und den Greisen gebühren, beschließt: Art. 1. In möglich kürzester Frist wird in den Nationalwerkstätten die Stückarbeit an die Stelle der Tagarbeit treten. Die Arbeiten werden direkt, zu Akkordpreisen, ohne Abzug und ohne Zwischenunternehmer an associirte oder Einzel-Arbeiter je nach ihrer Beschaffenheit ertheilt werden. Art. 2. Den Ministerien der öffentlichen Arbeiten, des Handels und des Innern werden besondre Kredite eröffnet werden, um mittelst Vorschüssen und Prämien die Wiederaufnahme der Departemental-Kommunal- oder Privat-Industrie zu beschleunigen. Art. 3. Die Arbeiter die sich noch nicht drei Monaten im Seinedepartement aufhalten und über ihre Existenzmittel nicht ausweisen können, werden für sich und ihre Familien Marschrouten und eine Reise - Entschädigung erhalten, wovon ein Theil während des Ueberzugs, ein Theil am Bestimmungsorte ausgezahlt wird. Art. 4. Gegenwärtiges Dekret wird für die Städten und Gemeinden der Departements auf Verlangen der Munizipalräthe anwendbar sein. Art. 5. Die Bestimmungen des Art. 3 gelten nicht für die Arbeiter, die sich jedes Jahr periodisch nach Paris begeben und über einen sechsmonatlichen Aufenthalt im vorigen Jahre ausweisen können. ‒ Proklamation des Maire von Paris an die Maire der zwölf Arrondissements: Die Regierung hat den Aufläufen ihre Aufmerksamkeit zuwenden müssen, die sich seit mehreren Tagen an verschiedenen Punkten der Hauptstadt bilden. Es sind Befehle ertheilt, sie zu zerstreuen und den freien Verkehr, wo er gestört oder unterbrochen ist, herzustellen. Die republikanische Gewalt entschließt sich nur mit Schmerz zu strengen Eingriffen; sie vertraut dem guten Sinne der Bevölkernng; sie ist voll Achtung gegen ihre Rechte; sie wird sie im Nothfall gegen jeden Reaktionsversuch aufrecht zu erhalten wissen. Aber je mehr sie entschlossen ist, die Freiheit aufrecht zu erhalten, um so mehr ist es ihre Pflicht, sie durch keine ungestümme fruchtlose Agitation gefährden zu lassen, die nur der Unordnung Vorschub leistet und von den untergeordneten Söldlingen einiger Ehrgeizigen benutzt wird, um neue Verwirrung und Anarchie zu säen. Es ist Sache des Gemeindevorstands, die Bürger zu warnen, ehe die Strenge des Gesetzes sie trifft. Bedienen Sie sich also ihres Einflusses auf Ihre Untergebenen um zu verhüten, daß eitle Neugierde die Gruppen vergrößert, welche die öffentlichen Wege sperren. Es kann nichts Gutes kommen aus diesen Zusammenläufen und das Uebel das sie anrichten, hat Sie so gut, wie mich betroffen gemacht. Sie unterhalten im Schooße der Hauptstadt ein allen Interessen schädliches Mißbehagen; kein Geschäftsverkehr ohne Vertrauen, kein Vertrauen, wenn die Ordnung in Gefahr erscheint. Und wer sind die nächsten Opfer dieser Krise, die so in die Länge gezogen wird? Die Arbeiter, welche die Lähmung der Produktion ihrer Existenzmittel beraubt. Im Namen der Arbeit muß also die Ordnung geschützt, der öffentliche Friede gesichert, der Industrie die Sicherheit wieder gegeben werden. Das ist der Wunsch der ungeheuren Mehrheit der Bevölkerung; seien Sie Ihr Organ, warnen Sie die Unbesonnenen; die Justiz wird die Schuldigen zu greifen und zu strafen wissen. XParis, 4. Juni. Die Mauern enthielten kürzlich folgenden Anschlag: „Die hundertfünfzehntausend Arbeiter der Nationalwerkstetten an Maitre Dupin! Es ist jedesmal Pflicht und an der Zeit, heimtückische Angriffe aufzudecken; und so protestiren denn die Arbeiter der Nationalwerkstellen energisch gegen die von Maitre Dupin auf der Tribüne der Nationalassemblée ausgesprochenen Worte in der Sitzung vom 13. Mai. „„Wir haben alle das nämliche Ziel, sagte Maitre Dupin, die nämliche Gesinnung, den nämlichen Wunsch, und dieser Wunsch ist der ganz Frankreichs, der Wunsch der Stadt Paris und zwar des guten Theils von Paris. Man muß ja nicht als Ausdruck der Hauptstadt diese disponible Arbeitermasse ansehen, die so leicht in die heftigste Bewegung hineingerissen werden kann; diese Masse, die man am besten thäte, in militärisch organisirte Werkstätten zu schicken, wo sie arbeiten, und arbeitend einen Tagelvhn gewinnen würde, den sie heute ohne zu arbeiten bekommt.“ (Auf der Rechten: Sehr gut, sehr gut!) Somit stellt dieser Mann zwei Sorten von Arbeitern auf: eine welche arbeitet, eine andre welche nicht arbeitet, eine gute, eine schlechte. Und wann spricht er dies aus? Am Tage nach dem beklagenswerthen Einbruch in die Nationalversammlung. Und wie heimtückisch, wie pfiffig er sein Gift in die Wunde zu träufeln weiß! Lieber hätten Sie, Maitre Dupin, der bewaffneten Bourgeoisie zurufen sollen: schießt die Kanaille nieder! Allerdings, diese Kanaille hat den braven Louis Philipp verjagt; sie will jetzt Arbeitsorganisation; sie hat am 25. Februar ihre siegreiche Hand uns entgegengestreckt, ohne über das Vergangene Rechenschaft zu fordern. Das wäre logischer gewesen. ‒ Indessen, Maitre Dupin, täuschen Sie sich nur nicht länger … Wir wissen freilich sehr wohl, Maitre Dupin und die Seinen verzeihen uns nimmer die Februarrevolution, deren Prinzip sie gern ersticken möchten. Die Reaktion gebehrde sich noch so arg, sie wird doch von der Demokratie über den Haufen gerannt werden, sowohl weil diese Reaktion in sich haltlos ist und nur auf Lüge und Raub fußt, als auch, weil die Demokratie ein ewige Wahrheit ist. Maitre Dupin, Sie fordern die Auflösung der Nationalwerkstätten, um dadurch die Staatsgelder zu ökonomisiren? Nicht doch, Seigneur Dupin, nicht doch, sondern lediglich um von Paris und von seinen liebenswürdigen Vorstädten die wahren, wirklichen Stützen der Republik zu entfernen, und sich selbst. Maitre, vom Alpdruck zu befreien. ‒ Sie behaupten, wir verdienen den Tagelohn nicht, den man uns auszahlt! Aber unsre Väter und wir selbst, wir haben geschwitzt, um den Staatsschatz zu füllen, der Ihnen dreißigtausend Franken Jahrgehalt in die Tasche schiebt, und fünfundzwanzig Franken tägliches Kommissionsgeld für Ihren Wortschacher … Wenn wir zu spät an die Ar beit kommen, erhalten wir nur halben Lohn; woran Sie, großer Moralist und Oekonom, ein Beispiel nehmen sollten, indem Sie sich nur streng im Verhältniß zu Ihrer Tauglichkeit und Arbeitsleistung besolden ließen. Das wäre recht und billig, und der öffentliche Schatz, unser Schatz, würde dann weniger heimgesucht sein. Sie insultiren uns jetzt; besser, Sie organisirten die Arbeit, Maitre, so daß kein Mensch mehr den Nebenmenschen auspreßt; dann wird Niemand von uns fernerhin gezwungen sein, wie Sie sich ausdrückten, „„mit dem Spaten in Händen zu betteln““, sondern gern wieder zu seinem Spezialwerkzeug greifen. Lassen Sie, Maitre Dupin, es sich hiermit gesagt sein, viele, sehr viele Funktionäre hörten das letzte Stündlein schlagen, wenn die Maxime, „„nur wer arbeitet, hat Anrecht auf Existenz““ in Verwirklichung träte.“ Eine Menge Unterschriften von Chefs der Ateliersektionen und einfachen Arbeitern folgte. Die Wuth der Bourgeois war gränzenlos; hie und da rissen sie den Zettel ab. Der Constitutionel brachte eine „Erwiederung“ des armen Advokaten; wie geistreich sie war, erhellt schon daraus, daß sie behauptet: er beziehe seit Februar nur noch achtzehntausend Franken, und schenke die fünfundzwanzig Franken Tagsgelder dem Vaterlande. Bald wird wohl das Affischiren und Journalausschreien als ein „dem Handel und Wandel durch die Volkserregung schadender Auswuchs der Demokratie“ von der Behörde oder gar von der Assemblée abgeschafft werden; die Zusammenschaarungen auf großen Plätzen (z. B. an der Porte St. Denis und St. Martin) wo allabendlich über Arbeitsverhältnisse unter freiem Himmel gesprochen ward, sind so eben von Armand Marrast, dem Maire von Paris, unter Androhen des Einschreitens der Waffengewalt verboten worden. Der tückische Renegat stellt sich, als glaube er, diese Abendunterhaltungen gingen von „Reaktionären“ aus. Wir haben uns oft in diese Haufen gemengt; freilich, hie und da suchte ein Philippist mit glatter Zunge Propaganda zu machen, doch ward er bald verhöhnt, und man sprach gan keck es aus: wenn die Bourgeoisie die Arbeiter gar zu sehr peinige, so wären letztere genöthigt, nicht sowohl zu Barridaden (deren Einrichtung durch die Bourgeois der anstoßenden Häuser verhindert werden dürfte) als vielmehr geradewegs zum rothen Hahn ihre Zuflucht zu nehmen. ‒ Zu Kandidaten in die Assemblée sind Prinz Joinville d'Orleans und Louis Bonaparte vorgeschlagen, letzterer selbst durch Wahlzettel, die auf der Straße ausgetheilt werden; zugleich melden sich Cabet, Caussidiere, der brave Konspirator und Barrikadenmann, Thiers. Letzterer kommt ohne Zweifel in die Kammer. Die Reaktion ist in diesem Augenblick allgemein; wie Blanqui in einem aufgefundenen Briefe sagt: la bourgeoisie, à l'heure qu'il est, l'emporte sur toute la ligne. Nicht scharf gezeichnet sind aber die Parteien, und die Personen schwanken noch oft hin und her; mit Lamartine, Ledru-Rollin ist man nicht im klaren. Die Kammer selbst flottirt auf und nieder. Louis Blanc erklärt in einem Flugblatt: er habe nicht die allerdings sehr betrübsam eingerichteten sogenannten Ateliers nationaux, sondern nur die 1800‒2000 Schneider zählende Societat in Clichy organisirt, und in dieser ist bereits ein Nettoprofit von 39,000 Francs, trotzdem daß die Arbeitenden ohne Geld, ohne Kredit und mit steten Kabalen heimgesucht waren; Lamennais z. B. attakirte diese Schneidersocietät ziemlich perfid; die Bour- So nannte bekanntlich Louis Philipp die Faubourgs von Paris.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 8. Köln, 8. Juni 1848, S. 0033. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz008_1848/3>, abgerufen am 03.12.2024.