Neue Rheinische Zeitung. Nr. 9. Köln, 9. Juni 1848.- Das Finanz-Comite hat heute lange diskuttirt über die Anwendung des Expropriationsgesetzes im Dienst des Gesammtnutzens auf die Eisenbahnen. Es hält dieß Gesetz nicht anwendbar auf die Eisenbahnkompagnien, da der Staat mit diesen Verträge geschlossen, wodurch er sich während eines bestimmten Zeitraums jede Expropriation untersagt. Das Comite der öffentlichen Arbeiten hat heute denselben Gegenstand berathschlagt und schien die gegentheilige Ansicht geltend zu machen. Die Unterkommission, beauftragt mit dem Bericht über den Ankauf der Eisenbahnen, hat durch ihren Berichterstatter Lefranc erklärt, der Staat müsse die Eisenbahnen besitzen, bauen und selbst exploitiren. Das Expropriationsgesetz berechtige den Staat zum Ankauf der Eisenbahnen. Bezüglich der Frage über die Mittel und Wege, glaubt die Unterkommission sie der Regierung anheimstellen zu müssen. Nichts desto weniger ist sie der Ansicht, daß der Staat nur mit Einwilligung der Kompagnien die Eisenbahnen an sich kaufen könne und falls man sich nicht vereinigen könne, den Preis durch ein Schiedsgericht feststellen lassen müsse. - Die von Billault vorgeschlagene Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in Inscriptionen auf 5 pCt. Renten, zum Kurse von 70 Fr. - diese Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, hat keine große Bedeutung, da es den respectiven Besitzern frei steht, sie zu acceptiren oder in ihrem früheren Verhältnisse zu bleiben. Es liegt indeß darin ein Unrecht grade gegen die nothdürftigsten Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbuchscheinen, die kurz nach der Februarrevolution nach einem Dekret der provisorischen Regierung ihre Titel nur gegen Inscriptionen auf 5 pCt. Renten zum Curse von 100 Fr. austauschen konnten, also 21/7 pCt. verlieren würden, gegen die jetzigen Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbüchern. Damals, als das Dekret der provisorischen Regierung erschien, wurden die Schatzbons nicht an der Börse cotirt, noch war es möglich, Geld auf Sparkassenbücher zu erhalten. - Wenn man daran denkt, was Paris vor einem Monat war und was es jetzt ist, so ergreift Einen bitt're Entmuthigung. Die Revolution hatte der Stadt ein unbeschreibliches Aussehen gegeben. Es war ein Vergnügen durch die Straßen zu wandern, auf denen man keine Stadtsergeanten, keine Munizipalgarde, überhaupt keine Diener der Gewalt und Tyrannei mehr sah. Das Volk war zahlreich darauf, die Blousen zeigten sich im Sonnenschein. Die von der Industrie und dem Privilegium Unterdrückten hielten ihre Ferien und verziehen einer Gesellschaft, die ihnen bisher Licht und Luft versagt hatte, indem sie sie zu vierzehnstündiger täglicher Arbeit verdammte. Die Günstlinge des Privilegiums hielten sich still, da sie wohl fühlten, daß sie nicht mehr von ihren Rechten sprechen könnten, seitdem die Gewalt aufgehört hatte, auf ihrer Seite zu sein. Sie thaten mehr, sie gaben sich drein mit ziemlichem Anstand, und fingen schon an, die Opfer zu berechnen, die sie sich aufzulegen entschlossen waren, um eine bess're Ordnung herbeizuführen. In Wahrheit, das sind schöne Tage gewesen, und die vorgeschrittensten Geister konnten einen Augenblick Hoffnung schöpfen, daß die Stunde der Gerechtigkeit herannahe. Jetzt, sagten sie, mag die Nationalversammlung kommen, sie wird das Werk zu vollenden wissen, welches diese drei Monate begonnen haben; sie wird die friedliebende Begeisterung der Einen, die zaghafte Unterwürfigkeit der Andern, benutzen, um endlich die Ungerechtigkeiten zu entfernen, die auf dem Arbeiter, auf dem Armen, dem Ungebildeten lasten; sie wird die Anmaßungen schmutziger Interessen beseitigen, um nur auf die Stimme der Gerechtigkeit zu hören, die auf den Barrikaden verkündigt hat: Befreiung der modernen Sclaven! Die Hoffnung auf eine Regierung, die endlich die Billigkeit zu ihrer Richtschnur nähme, die Ueberzeugung zu ihrem Mittel, hatte alle Herzen gewonnen und vereinigt, und nie fanden Abgeordnete eines Volkes, Bürger, die mehr zur Unterwerfung bereit waren, mehr geneigt zum Vertrauen, mehr vorbereitet, gründliche Reformen aufzunehmen. Kaum ist ein Monat seit dem Tage verflossen, wo das Volk endlich der Verwirklichung seiner Hoffnungen nahe zu sein glaubte, und Paris, das so lebendig, so frei, so reich an Neuerungsideen und Wahrheitsbedürfnissen war - es ist verwandelt in die traurige, unruhvolle, schrankenbewegte Stadt, die wir jetzt vor uns sehen. Es wird mit Bajonnetten überschüttet, mit Regimentern besetzt, das ewige Geräusch der Trommeln, diese Stimme der bewaffneten Gewaltthat verbreitet eine dumpfe Gährung. Die Bürger wechseln Blicke voll Haß und Mißtrauen. Statt der unverletzbaren Freiheit, die während dreier, in der Geschichte einziger Monate Jedermann geschützt hatte, bedroht nun Gefängnißhaft den ruhigsten Bürger. Statt der Ungebundenheit der Sprache, die Jedem, selbst denjenigen gestattet war, die gegen die Republik konspirirten, lastet die Einschüchterung auf dem Worte, und es gibt Namen, die man nicht aussprechen darf, will man nicht die Hand eines Agenten der "Ordnung" sich anlegen lassen. Giebt es etwas traurigeres, als die Erwählten des Volkes unter diesem Volke zittern zu sehen, wenn sie nicht zweimalhunderttausend Bayonnette um sich haben? Wenn man gegen eine Handvoll vorgeblicher Aufrührer diese furchtbare Armee aufstellt, so ist das ein sehr lächerlicher Schrecken; wenn dagegen diese Heeresmacht nicht zu groß ist, um die Regierung der Republik zu vertheidigen, woher kommt es, daß sie schon so viele Feinde hat? Wäre es nicht deswegen, weil sie sich eher der Sache der Mächtigen angenommen hat als der Rechte der Unterdrückten? - Wehe den Gewalthabern, die soviel Kriegsgeräth nöthig haben um sich Achtung zu verschaffen; Gewehre und Kanonen sind treulose Bundesgenossen. (Braie Republique.) - Man versichert, sagt der Constitutionel, daß vom nächsten Montag ab der Verkehr auf sämmtlichen Eisenbahnlinien, außer denen von Rouen, unterbrochen werde. Die Maschinisten weigern den Dienst und stellen die Arbeit ein. Veranlassung zu dieser "Insubordination" soll die Forderung sein, daß die von der Rouener Gesellschaft beschäftigten englischen Arbeiter aus Frankreich gewiesen würden. Die Besorgniß, daß die Maschinisten der übrigen Bahnen gegen die englischen zu Gewaltthätigkeiten schreiten möchten, hat heute Morgen sämmtliche Eisenbahnverwalter beim Minister der öffentlichen Arbeiten zusammengeführt, und dort ist beschlossen worden, thörigten und ungerechten Ansinnen nicht nachzugeben. Die energischsten Maßregeln sollen getroffen werden, um die Rouener Eisenbahn gegen einen Handstreich zu schützen. - Die Arbeiter der Nationalwerkstätten wollen ein neues Journal erscheinen lassen, und Jeder von ihnen muß als Begründer desselben unterschreiben. Jeder wird monatlich einen Cts. zahlen für die Gründungskosten dieses Blatts, welches ausschließlich von Arbeitern redigirt sein wird und zum speziellen Zweck hat, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. - Der Kassationshof hat in seiner Audienz vom 1. Juni das Kassationsgesuch des Bruder Levtade verworfen. - Das demokratische Banket zu 25 Centimen, welches auf Donnerstag den 8. Juni festgestellt ist, findet im Umkreise von Paris, längst den Befestigungswerken Statt. Schon am 3. Juni waren 115,000 Zulassungskarten ausgetheilt. Paris, 4. Juni. Thiers wird wahrscheinlich nicht nur zu Paris, sondern zu Rouen, Bordeaux und Perigeux gewählt werden. Als Kandidat ist er noch vorgeschlagen in den Departements der Mayenne, Sarthe und Orne. Auch das Departement der Bouches du Rhone, das ihn im April fallen ließ, soll seinen Fehler wieder gut machen wollen. Folgende Werthe sind am 24. und 25. Februar in den Tuilerien gefunden worden. In Geld bei Louis Philipp 40,000 Fr.; in Wechseln 400,000. Ein Theil der Letztern ist bezahlt; der Verfalltag der übrigen lautet auf die Monate Juli, Oktober und den 31. Januar 1849. In den Gemächern der Adelaide hat man gefunden in Geld 3000 Fr., in Wechseln 250,000 und Louis Philipp angehörige zu 250,000 Fr. Man hat ferner bescheinigt den Empfang von 40,000 Fr. Renten, dem Prinzen von Paris oder seiner Mutter gehörig, von 60,000 Fr., Eigenthum der Prinzessin Joinville, von 320,000 Fr. Renten zu 5 pCt., Eigenthum der Herzogin von Montpensier. Italien. * Mailand, 1. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Verona, 1. Juni. Der Sieg der Unsern läßt nichts zu wünschen übrig. Der Feldmarschall selbst operirt nun im Rücken der piemontesischen Hauptarmee mit vereinter Kraft aller drei Korps. Gestern (den 31. Mai) Abends dürfte nach dem gehörten starken Feuern über dem Mincio ein weiterer Zusammenstoß mit dem Feinde erfolgt sein, dessen Resultat man noch nicht weiß. Heute hofft man schon auf ein solches Vorrücken unserer Truppen, daß den Piemontesen der Rückzug abgeschnitten und Peschiera von der Belagerung entsetzt sein könnte. (Tir. Bote.)- La Patria vom 27. Mai berichtet: "Nach Briefen von Vicenza vom 24. Mai war der Angriff auf unsere Stadt vom 23. Mai. durch einen französischen Renegaten, den General Marmont, geleitet. Er kommandirte 14,000 Oestreicher, und wurde zurückgestoßen durch die Einwohner und den General Durando." - Der Dämpfer Mongibello ist von Neapel in Livorno angekommen. An seinem Bord befanden sich 16 Schweizer-Offiziere, die man nicht an's Land steigen ließ, aus Furcht vor der Volkswuth. Sie führten Cassetter bei sich, die mit Gold- und Silberzeug gefüllt waren. Mailand, 2. Juni. Vorgestern sammelte sich der von unserer Kavallerie verfolgte Feind vor Mantua, und es entspann sich gestern eine neue Schlacht; der Ausgang ist noch nicht bekannt. - Die Oesterreicher haben bei ihrem Ausrücken aus Mantua und Verona am 29. und 30. v. M. eine bedeutende Niederlage erlitten. Ihr Angriff erstreckte sich gleichzeitig auf den äußersten rechten Flügel, der aus Toskanern und Neapolitanern bestand, und auf den linken, den die Piemontesen in den Ebenen von Pastrengo und Rivoli bildeten. Die Toskaner hielten den Angriff nicht aus, bis ihnen die Piemontesen zu Hülfe kamen. Die Oesterreicher sollen einen Verlust von 600 Todten haben. Kaum hatte Karl Albert vernommen, daß auch von Verona gegen Mantua zu ein Heer im Anmarsch sei, so durchritt er die Reihen seines Heeres und ließ die Positionen, besonders die von Goito, verstärken. Hier fand dann am folgenden Tage die Feldschlacht statt, die von Nachmittags 31/2 Uhr bis in die Nacht hinein dauerte. Der beiderseitige Verlust ist im heutigen Bülletin der provisorischen Regierung nicht angegeben, soll aber beträchtlich sein. Unter den vielen Oesterreichern, die in Gefangenschaft gerathen sind, wird General Bentheim erwähnt, der Exfürst von Kniphausen. Die Uebergabe von Peschiera bestätigt sich vollkommen. Am 30. pflanzte die eingeschlossene Besatzung von Peschiera die weiße Fahne auf; sie erhielt unter ehrenvollen Bedingungen freien Abzug. Nachdem sie ein Thor der Festung übergeben hatte, zog sie während des Einzuges unserer Truppen durch ein anderes ab. (Schw. Bl.)Mailand, 3. Mai. Laut der Mailänder Ztg. wird die Besatzung von Peschiera ohne Waffen nach Ankona abgeführt, wo sie auf Schiffen heimkehren kann. Das amtliche Bülletin sagt nur, der König habe der Besatzung ehrenvolle Bedingungen zugestanden. Großbritannien. *London, 6. Juni. Die Statistik der großbritannischen Noth und die Berichte über revolutionäre Versammlungen und Emeuten in fast allen Theilen des Landes machen die Londoner Montag-Blätter interessanter und beachtungswerther als gewöhnlich. Am Samstag hielt zunächst die Armenverwaltung von Marylebone eine Sitzung, in welcher man wegen der in den englischen Armenbastillen erzogenen Kinder eine Adresse an das Unterhaus entwarf. Bekanntlich sind in den nach dem Gesetz von 1834 errichteten Armenhäusern, Männer, Weiber und Kinder getrennt. Die Kinder werden, so gut wie es geht, erzogen und unterrichtet und im 12. oder 14. Jahre zu Handwerkern oder Krämern in die Lehre oder als Schiffjungen auf die Marine geschickt. Aus den Berichten der Armenverwaltung von Marylebone geht nun hervor, daß zwar die Knaben im Durchschnitt ziemlich gut fortkommen, daß aber die entlassenen Mädchen nur zu häufig, sei es durch die schlechte Behandlung, welche ihnen in ihrem Dienst zu Theil wurde, oder durch die nothwendigerweise mangelhaft gebliebene Erziehung in den Armenhäusern, schnell dem entsetzlichsten Elende anheimfallen und nach einer traurigen Existenz auf den Gassen und in den Schenken, schließlich in ganzen Haufen zu dem Armenhause, wie zu ihrer Heimath, zurückkehren. Die Armen-Verwaltung von Marylebone, alarmirt in Betreff der moralischen Resultate ihrer Wirksamkeit und vielleicht noch mehr entsetzt über die ökonomischen Nachtheile, welche aus einer so massenhaften Rückkehr ihrer Zöglinge erwachsen, hat nun bei den 400 Knaben und Mädchen, welche sie augenblicklich wieder der Welt übergeben kann, wie schon bemerkt, dem Unterhause vorgestellt, daß ihr das Gouvernement zu der Versorgung dieser Kinder behülflich sein müsse. Gestützt auf ausführliche Mittheilungen aus den Kolonien, schlägt sie nämlich vor, daß sämmtliche Kinder nach Neu-Süd-Wales geschafft würden, um dort den Pflanzern zur Beschäftigung übergeben zu werden. Die Armenverwaltung verpflichtet sich, zu dem Transport der Kinder ein Gewisses beizutragen. Das Gouvernement soll dafür sorgen, daß man die jugendlichen Emigranten auf gehörige Weise in Empfang nimmt und sie den einzelnen Pflanzern übergiebt. Zuerst waren es die Verbrecher, welche man nach Australien brachte, dann eröffnete man der Prostitution einen Abfluß dahin; jetzt kommen die Kinder an die Reihe, die 12- und 14jährigen Söhne und Töchter durch schlechte Ernten und durch Handelskrisen ruinirter Arbeiter. - In den 6 Monaten, welche am 25. März 1848 endeten, wurde in den folgenden Städten die folgende Anzahl Armen unterstützt. In Bolton 16,004, in Bradford 39,759, in Halifax 17,950, in Leeds 19,951, in Leicester 19,642, in Liverpool 27,982, in Manchester 94,702, in Nottingham 9232, in Stockport 25,563, in Bethnalgreen 12,810, in Marylebone 10,719, in Whitechapel 17,720. In 12 Städten oder Armenverwaltungen wurden also unterstützt, zusammen in 6 Monaten 308,034 Arme, mit einem Kostenaufwand von zusammen fast 300,000 Pfd. Man sieht, die Engländer lassen es sich etwas kosten, die Paupers in ihrem Lande ruhig zu halten. - Die Zahl der vor Gericht, namentlich wegen Diebstahl, verurtheilten Personen stieg von 1838 bis 1842 von 23 auf 31,000, worauf, in Folge der kommerziellen Maßregeln Sir Robert Peel's, wie der Telegraph meint, eine Verminderung entstand, so daß in 1844 die Zahl der Verbrechen bis auf 24,203 herabsank. In 1846 stieg sie indeß wieder bis 25,107, in 1847 auf 28,833; es ist daher nur zu deutlich, mit welcher rasenden Schnelligkeit die Armuth und die Verbrechen auf's Neue zunehmen. Da diese Angaben nur bis Ende 1847 gehen, wo sowohl der Kontinent als England selbst noch vollkommen ruhig waren, so mögten wir wohl behaupten, setzt der Telegraph noch hinzu, daß im Fall einer gleichen Steigerung des Elendes in andern Ländern, nicht die Revolution das Elend, sondern das Elend die Revolution hervorbrachte. Wir brauchen diesen Notizen weiter nichts hinzuzufügen. Die große politische, aus der sozialen Lage England's hervorgegangene Bewegung der Chartisten, welche man am 10. April mit einigen Konstablerstöcken zu Boden zu schlagen glaubte, und über deren augenblickliches Erstarren man so brutal triumphirte, sie konnte sich daher nicht lange hinter ihren Dämmen halten. Dieselben Blätter, welche uns die letzte Statistik der englischen Zustände bringen, sie brachten uns auch'die Nachricht, daß die "elendigen Burschen und Taschendiebe", wie der Citoyen Brougham sie nennt, abermals im Felde sind, daß sich die Chartisten auf's Neue in Massen erhoben haben. Gestern, am Sonntag, heißt es, war das moralische England, die moralische Metropole, der Sitz und das Centrum aller geistlichen und weltlichen Autorität, recht unter den Augen eines wahren Heeres von Polizisten und Priestern, die Scene der ernstlichsten und wildesten Konflikte. Bei Bethnal-green versammelte sich das Volk in großen Massen; zu Thätlichkeiten übergehend, fechtend mit der Polizei und nicht eher den Kampfplatz verlassend, als bis mehrere Köpfe entzwei geschlagen waren. Von 10 bis 1 Uhr dauerte dieser Skandal. Bei Hackney und im Viktoriapark ging dasselbe vor. In den Virginiengärten suchte man die Konstabler zu ermorden. Das Volk drang mit Piken auf sie ein. In Bischof Boner's Feld brauchte man Messer. Ein Polizist wurde gesteinigt; die Fenster der Kirche warf man ein. Die Artillerie war in Bereitschaft, die ganze Polizeimannschaft Londons auf den Beinen und im Kampfe. Dies war indeß nicht Alles. Einer der Leiter der Chartisten, Hr. Ernest Jones, von dessen glühender Beredsamkeit man bereits weiß, welchen Effekt sie auf die Massen macht, erhob sich mitten aus dem Tumult und kündigte dem Volke an, daß man Lancashire und Yorkshire schützend im Rücken, am nächsten Pfingstmontag ein anderes Kennington Common-Meeting, aber nicht auf Kennington, halten werde, indem er Jeden ermahnte, sich darauf vorzubereiten, damit in wenigen Tagen die grüne Flagge über Downing-Street flattre, damit Frost und Mitchell heimkehren mögten nach England und Lord John Russell und Lord Grey endlich ihren Weg fänden nach Baffins-Bai. Man kann sich denken, welche Aufregung diese Vorfälle in London verbreitet haben. Der Standard, mehr als alle andere Blätter darüber indignirt, daß man den Sabbat so revolutionär-chartistisch entweiht hat, ruft geradezu aus, daß Lord John Russell einen Platz in Ihrer Majestät Gefängniß verdiene, wenn nicht in 24 Stunden der Chartist Ernest Jones denselben eingenommen. - Die Manchester Times und der Leeds Intelligencer bringen uns die Nachricht von mehreren Chartistenementen in der Umgegend von Manchester, in Leeds und in Nottingham. - Aus Irland gehen die Berichte bis zum 2. Juni. Wie wir früher bereits bemerkten, hat O'Brien im Namen der irischen Konföderation eine Adresse an das Volk erlassen. Es heißt darin in Betreff des Mitchell'schen Prozesses: "Katholiken Irlands! Beugt eure Häupter vor Scham. Man hat euch als unwürdig gebrandmarkt, auszuüben die Gerechtigkeit in eurem eigenen Lande. Bei der letzten Untersuchung hat man jeden katholischen Einwohner der Stadt wie einen Meineidigen schmählich von den Bänken der Jury gejagt. Sklaven seid ihr, Sklaven verdientet ihr zu bleiben, ihr und eure Kinder, wenn ihr nicht aufständet wie ein Mann, diesen Insult zu rächen." Die Aufregung in Dublin hat ihren Gipfel erreicht. Am vorigen Samstag wußten die Leiter der Masse die Volkswuth kaum mehr zu zügeln. - Im Oberhause machte Lord Mounteagle gestern eine Motion in Betreff des irischen Armengesetzes. Der Marquis von Londonderry brachte die italiänische Angelegenheit zur Sprache. Lord Brougham kam auf die Bewegung der Chartisten und der Nepealer zurück und der Bischof von Oxford beantragte die zweite Lesung der Bill zum Schutze der Frauen. Im Unterhause entwickelte sich eine Debatte in Betreff der Aenderung des Parlaments-Eides und der Unruhen in den Tower Hamlets. Hr. Muntz rief dann einige Erklärungen Lord Palmerstons wegen der neapolitanischen Massakres hervor, worauf sich das Haus mit einer Motion des Hrn. Goring, in Betreff einer neuen Wahlausschreibung für Horsham, beschäftigte. Nachdem dieser Vorschlag mit 114 Stimmen verworfen worden war, ging man zu der für diesen Tag bestimmten Debatte über die zwischen dem englischen u. spanischen Kabinet bestehenden Streitigkeiten über. Hr. Sheil, Lord Mahon, Lord John Russell, Hr. Disraeli, Sir Robert Inglis, Lord Palmerston, Hr. Hume, Hr. Urquhardt, kurz alle großen Redner des Parlamentes nehmen Theil an dieser Debatte, welche damit endete, daß die Motion des Herrn Bankes ohne Abstimmung verneint wurde. Wegen des großen Umfangs unsrer heutigen englischen Post werden wir die Details dieser Debatte morgen geben. Amerika. In Southampton langte mit dem "Severn" die westindische Post an, Von Panama, 23. April. Der Zustand der Kolonieen war noch gerade so schlimm und beklagenswerth wie früher und in Jamaica wurden zahlreiche Versammlungen gehalten um die Lage der Dinge in Berath zu ziehen. General Santa Anna, Ex-Diktator von Mexiko war mit seiner jungen Gemahlin in Jamaica angekommen und hatte in Torringtonhous seinen Wohnsitz genommen. Von St. Domingo trafen sehr betrübende Nachrichten ein, da in Port-au-Prince eine Insurrektion ausgebrochen und auch andere Theile in wilder Bewegung waren, die zunächst den Sturz des Präsidenten bezweckten. Die Behörden triumphirten indeß und viele der Insurgenten wurden erschossen und geköpft. In Liverpool kam die Cambria von New-York an. Sie brachte L. 73,000 baar und 74 Passagiere. Sie verließ Neu-York am 24. Mai. Mehlpreise waren in Folge größerer Zufuhren gefallen. Baumwolle fest und Preise etwas höher. Die Aussichten für die Aernte sehr günstig. In der Politik war nicht viel Neues. General Scott, der kürzlich von der Eroberung Mexicos nach den Vereinigten Staaten zurückkehrte, drückte seine feste Ueberzeugung aus, daß der Friedensvertrag zwischen Mexiko und den Staaten wohl schon jetzt ratifizirt sei, und daß man die betreffenden Nachrichten jeden Tag erhalten könne. (Hierzu eine Beilage.) Der Gerant: Korff. ‒ Das Finanz-Comite hat heute lange diskuttirt über die Anwendung des Expropriationsgesetzes im Dienst des Gesammtnutzens auf die Eisenbahnen. Es hält dieß Gesetz nicht anwendbar auf die Eisenbahnkompagnien, da der Staat mit diesen Verträge geschlossen, wodurch er sich während eines bestimmten Zeitraums jede Expropriation untersagt. Das Comite der öffentlichen Arbeiten hat heute denselben Gegenstand berathschlagt und schien die gegentheilige Ansicht geltend zu machen. Die Unterkommission, beauftragt mit dem Bericht über den Ankauf der Eisenbahnen, hat durch ihren Berichterstatter Lefranc erklärt, der Staat müsse die Eisenbahnen besitzen, bauen und selbst exploitiren. Das Expropriationsgesetz berechtige den Staat zum Ankauf der Eisenbahnen. Bezüglich der Frage über die Mittel und Wege, glaubt die Unterkommission sie der Regierung anheimstellen zu müssen. Nichts desto weniger ist sie der Ansicht, daß der Staat nur mit Einwilligung der Kompagnien die Eisenbahnen an sich kaufen könne und falls man sich nicht vereinigen könne, den Preis durch ein Schiedsgericht feststellen lassen müsse. ‒ Die von Billault vorgeschlagene Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in Inscriptionen auf 5 pCt. Renten, zum Kurse von 70 Fr. ‒ diese Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, hat keine große Bedeutung, da es den respectiven Besitzern frei steht, sie zu acceptiren oder in ihrem früheren Verhältnisse zu bleiben. Es liegt indeß darin ein Unrecht grade gegen die nothdürftigsten Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbuchscheinen, die kurz nach der Februarrevolution nach einem Dekret der provisorischen Regierung ihre Titel nur gegen Inscriptionen auf 5 pCt. Renten zum Curse von 100 Fr. austauschen konnten, also 21/7 pCt. verlieren würden, gegen die jetzigen Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbüchern. Damals, als das Dekret der provisorischen Regierung erschien, wurden die Schatzbons nicht an der Börse cotirt, noch war es möglich, Geld auf Sparkassenbücher zu erhalten. ‒ Wenn man daran denkt, was Paris vor einem Monat war und was es jetzt ist, so ergreift Einen bitt're Entmuthigung. Die Revolution hatte der Stadt ein unbeschreibliches Aussehen gegeben. Es war ein Vergnügen durch die Straßen zu wandern, auf denen man keine Stadtsergeanten, keine Munizipalgarde, überhaupt keine Diener der Gewalt und Tyrannei mehr sah. Das Volk war zahlreich darauf, die Blousen zeigten sich im Sonnenschein. Die von der Industrie und dem Privilegium Unterdrückten hielten ihre Ferien und verziehen einer Gesellschaft, die ihnen bisher Licht und Luft versagt hatte, indem sie sie zu vierzehnstündiger täglicher Arbeit verdammte. Die Günstlinge des Privilegiums hielten sich still, da sie wohl fühlten, daß sie nicht mehr von ihren Rechten sprechen könnten, seitdem die Gewalt aufgehört hatte, auf ihrer Seite zu sein. Sie thaten mehr, sie gaben sich drein mit ziemlichem Anstand, und fingen schon an, die Opfer zu berechnen, die sie sich aufzulegen entschlossen waren, um eine bess're Ordnung herbeizuführen. In Wahrheit, das sind schöne Tage gewesen, und die vorgeschrittensten Geister konnten einen Augenblick Hoffnung schöpfen, daß die Stunde der Gerechtigkeit herannahe. Jetzt, sagten sie, mag die Nationalversammlung kommen, sie wird das Werk zu vollenden wissen, welches diese drei Monate begonnen haben; sie wird die friedliebende Begeisterung der Einen, die zaghafte Unterwürfigkeit der Andern, benutzen, um endlich die Ungerechtigkeiten zu entfernen, die auf dem Arbeiter, auf dem Armen, dem Ungebildeten lasten; sie wird die Anmaßungen schmutziger Interessen beseitigen, um nur auf die Stimme der Gerechtigkeit zu hören, die auf den Barrikaden verkündigt hat: Befreiung der modernen Sclaven! Die Hoffnung auf eine Regierung, die endlich die Billigkeit zu ihrer Richtschnur nähme, die Ueberzeugung zu ihrem Mittel, hatte alle Herzen gewonnen und vereinigt, und nie fanden Abgeordnete eines Volkes, Bürger, die mehr zur Unterwerfung bereit waren, mehr geneigt zum Vertrauen, mehr vorbereitet, gründliche Reformen aufzunehmen. Kaum ist ein Monat seit dem Tage verflossen, wo das Volk endlich der Verwirklichung seiner Hoffnungen nahe zu sein glaubte, und Paris, das so lebendig, so frei, so reich an Neuerungsideen und Wahrheitsbedürfnissen war ‒ es ist verwandelt in die traurige, unruhvolle, schrankenbewegte Stadt, die wir jetzt vor uns sehen. Es wird mit Bajonnetten überschüttet, mit Regimentern besetzt, das ewige Geräusch der Trommeln, diese Stimme der bewaffneten Gewaltthat verbreitet eine dumpfe Gährung. Die Bürger wechseln Blicke voll Haß und Mißtrauen. Statt der unverletzbaren Freiheit, die während dreier, in der Geschichte einziger Monate Jedermann geschützt hatte, bedroht nun Gefängnißhaft den ruhigsten Bürger. Statt der Ungebundenheit der Sprache, die Jedem, selbst denjenigen gestattet war, die gegen die Republik konspirirten, lastet die Einschüchterung auf dem Worte, und es gibt Namen, die man nicht aussprechen darf, will man nicht die Hand eines Agenten der „Ordnung“ sich anlegen lassen. Giebt es etwas traurigeres, als die Erwählten des Volkes unter diesem Volke zittern zu sehen, wenn sie nicht zweimalhunderttausend Bayonnette um sich haben? Wenn man gegen eine Handvoll vorgeblicher Aufrührer diese furchtbare Armee aufstellt, so ist das ein sehr lächerlicher Schrecken; wenn dagegen diese Heeresmacht nicht zu groß ist, um die Regierung der Republik zu vertheidigen, woher kommt es, daß sie schon so viele Feinde hat? Wäre es nicht deswegen, weil sie sich eher der Sache der Mächtigen angenommen hat als der Rechte der Unterdrückten? ‒ Wehe den Gewalthabern, die soviel Kriegsgeräth nöthig haben um sich Achtung zu verschaffen; Gewehre und Kanonen sind treulose Bundesgenossen. (Braie Republique.) ‒ Man versichert, sagt der Constitutionel, daß vom nächsten Montag ab der Verkehr auf sämmtlichen Eisenbahnlinien, außer denen von Rouen, unterbrochen werde. Die Maschinisten weigern den Dienst und stellen die Arbeit ein. Veranlassung zu dieser „Insubordination“ soll die Forderung sein, daß die von der Rouener Gesellschaft beschäftigten englischen Arbeiter aus Frankreich gewiesen würden. Die Besorgniß, daß die Maschinisten der übrigen Bahnen gegen die englischen zu Gewaltthätigkeiten schreiten möchten, hat heute Morgen sämmtliche Eisenbahnverwalter beim Minister der öffentlichen Arbeiten zusammengeführt, und dort ist beschlossen worden, thörigten und ungerechten Ansinnen nicht nachzugeben. Die energischsten Maßregeln sollen getroffen werden, um die Rouener Eisenbahn gegen einen Handstreich zu schützen. ‒ Die Arbeiter der Nationalwerkstätten wollen ein neues Journal erscheinen lassen, und Jeder von ihnen muß als Begründer desselben unterschreiben. Jeder wird monatlich einen Cts. zahlen für die Gründungskosten dieses Blatts, welches ausschließlich von Arbeitern redigirt sein wird und zum speziellen Zweck hat, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. ‒ Der Kassationshof hat in seiner Audienz vom 1. Juni das Kassationsgesuch des Bruder Lévtade verworfen. ‒ Das demokratische Banket zu 25 Centimen, welches auf Donnerstag den 8. Juni festgestellt ist, findet im Umkreise von Paris, längst den Befestigungswerken Statt. Schon am 3. Juni waren 115,000 Zulassungskarten ausgetheilt. Paris, 4. Juni. Thiers wird wahrscheinlich nicht nur zu Paris, sondern zu Rouen, Bordeaux und Perigeux gewählt werden. Als Kandidat ist er noch vorgeschlagen in den Departements der Mayenne, Sarthe und Orne. Auch das Departement der Bouches du Rhône, das ihn im April fallen ließ, soll seinen Fehler wieder gut machen wollen. Folgende Werthe sind am 24. und 25. Februar in den Tuilerien gefunden worden. In Geld bei Louis Philipp 40,000 Fr.; in Wechseln 400,000. Ein Theil der Letztern ist bezahlt; der Verfalltag der übrigen lautet auf die Monate Juli, Oktober und den 31. Januar 1849. In den Gemächern der Adelaide hat man gefunden in Geld 3000 Fr., in Wechseln 250,000 und Louis Philipp angehörige zu 250,000 Fr. Man hat ferner bescheinigt den Empfang von 40,000 Fr. Renten, dem Prinzen von Paris oder seiner Mutter gehörig, von 60,000 Fr., Eigenthum der Prinzessin Joinville, von 320,000 Fr. Renten zu 5 pCt., Eigenthum der Herzogin von Montpensier. Italien. * Mailand, 1. Juni. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Verona, 1. Juni. Der Sieg der Unsern läßt nichts zu wünschen übrig. Der Feldmarschall selbst operirt nun im Rücken der piemontesischen Hauptarmee mit vereinter Kraft aller drei Korps. Gestern (den 31. Mai) Abends dürfte nach dem gehörten starken Feuern über dem Mincio ein weiterer Zusammenstoß mit dem Feinde erfolgt sein, dessen Resultat man noch nicht weiß. Heute hofft man schon auf ein solches Vorrücken unserer Truppen, daß den Piemontesen der Rückzug abgeschnitten und Peschiera von der Belagerung entsetzt sein könnte. (Tir. Bote.)‒ La Patria vom 27. Mai berichtet: „Nach Briefen von Vicenza vom 24. Mai war der Angriff auf unsere Stadt vom 23. Mai. durch einen französischen Renegaten, den General Marmont, geleitet. Er kommandirte 14,000 Oestreicher, und wurde zurückgestoßen durch die Einwohner und den General Durando.“ ‒ Der Dämpfer Mongibello ist von Neapel in Livorno angekommen. An seinem Bord befanden sich 16 Schweizer-Offiziere, die man nicht an's Land steigen ließ, aus Furcht vor der Volkswuth. Sie führten Cassetter bei sich, die mit Gold- und Silberzeug gefüllt waren. Mailand, 2. Juni. Vorgestern sammelte sich der von unserer Kavallerie verfolgte Feind vor Mantua, und es entspann sich gestern eine neue Schlacht; der Ausgang ist noch nicht bekannt. ‒ Die Oesterreicher haben bei ihrem Ausrücken aus Mantua und Verona am 29. und 30. v. M. eine bedeutende Niederlage erlitten. Ihr Angriff erstreckte sich gleichzeitig auf den äußersten rechten Flügel, der aus Toskanern und Neapolitanern bestand, und auf den linken, den die Piemontesen in den Ebenen von Pastrengo und Rivoli bildeten. Die Toskaner hielten den Angriff nicht aus, bis ihnen die Piemontesen zu Hülfe kamen. Die Oesterreicher sollen einen Verlust von 600 Todten haben. Kaum hatte Karl Albert vernommen, daß auch von Verona gegen Mantua zu ein Heer im Anmarsch sei, so durchritt er die Reihen seines Heeres und ließ die Positionen, besonders die von Goito, verstärken. Hier fand dann am folgenden Tage die Feldschlacht statt, die von Nachmittags 31/2 Uhr bis in die Nacht hinein dauerte. Der beiderseitige Verlust ist im heutigen Bülletin der provisorischen Regierung nicht angegeben, soll aber beträchtlich sein. Unter den vielen Oesterreichern, die in Gefangenschaft gerathen sind, wird General Bentheim erwähnt, der Exfürst von Kniphausen. Die Uebergabe von Peschiera bestätigt sich vollkommen. Am 30. pflanzte die eingeschlossene Besatzung von Peschiera die weiße Fahne auf; sie erhielt unter ehrenvollen Bedingungen freien Abzug. Nachdem sie ein Thor der Festung übergeben hatte, zog sie während des Einzuges unserer Truppen durch ein anderes ab. (Schw. Bl.)Mailand, 3. Mai. Laut der Mailänder Ztg. wird die Besatzung von Peschiera ohne Waffen nach Ankona abgeführt, wo sie auf Schiffen heimkehren kann. Das amtliche Bülletin sagt nur, der König habe der Besatzung ehrenvolle Bedingungen zugestanden. Großbritannien. *London, 6. Juni. Die Statistik der großbritannischen Noth und die Berichte über revolutionäre Versammlungen und Emeuten in fast allen Theilen des Landes machen die Londoner Montag-Blätter interessanter und beachtungswerther als gewöhnlich. Am Samstag hielt zunächst die Armenverwaltung von Marylebone eine Sitzung, in welcher man wegen der in den englischen Armenbastillen erzogenen Kinder eine Adresse an das Unterhaus entwarf. Bekanntlich sind in den nach dem Gesetz von 1834 errichteten Armenhäusern, Männer, Weiber und Kinder getrennt. Die Kinder werden, so gut wie es geht, erzogen und unterrichtet und im 12. oder 14. Jahre zu Handwerkern oder Krämern in die Lehre oder als Schiffjungen auf die Marine geschickt. Aus den Berichten der Armenverwaltung von Marylebone geht nun hervor, daß zwar die Knaben im Durchschnitt ziemlich gut fortkommen, daß aber die entlassenen Mädchen nur zu häufig, sei es durch die schlechte Behandlung, welche ihnen in ihrem Dienst zu Theil wurde, oder durch die nothwendigerweise mangelhaft gebliebene Erziehung in den Armenhäusern, schnell dem entsetzlichsten Elende anheimfallen und nach einer traurigen Existenz auf den Gassen und in den Schenken, schließlich in ganzen Haufen zu dem Armenhause, wie zu ihrer Heimath, zurückkehren. Die Armen-Verwaltung von Marylebone, alarmirt in Betreff der moralischen Resultate ihrer Wirksamkeit und vielleicht noch mehr entsetzt über die ökonomischen Nachtheile, welche aus einer so massenhaften Rückkehr ihrer Zöglinge erwachsen, hat nun bei den 400 Knaben und Mädchen, welche sie augenblicklich wieder der Welt übergeben kann, wie schon bemerkt, dem Unterhause vorgestellt, daß ihr das Gouvernement zu der Versorgung dieser Kinder behülflich sein müsse. Gestützt auf ausführliche Mittheilungen aus den Kolonien, schlägt sie nämlich vor, daß sämmtliche Kinder nach Neu-Süd-Wales geschafft würden, um dort den Pflanzern zur Beschäftigung übergeben zu werden. Die Armenverwaltung verpflichtet sich, zu dem Transport der Kinder ein Gewisses beizutragen. Das Gouvernement soll dafür sorgen, daß man die jugendlichen Emigranten auf gehörige Weise in Empfang nimmt und sie den einzelnen Pflanzern übergiebt. Zuerst waren es die Verbrecher, welche man nach Australien brachte, dann eröffnete man der Prostitution einen Abfluß dahin; jetzt kommen die Kinder an die Reihe, die 12- und 14jährigen Söhne und Töchter durch schlechte Ernten und durch Handelskrisen ruinirter Arbeiter. ‒ In den 6 Monaten, welche am 25. März 1848 endeten, wurde in den folgenden Städten die folgende Anzahl Armen unterstützt. In Bolton 16,004, in Bradford 39,759, in Halifax 17,950, in Leeds 19,951, in Leicester 19,642, in Liverpool 27,982, in Manchester 94,702, in Nottingham 9232, in Stockport 25,563, in Bethnalgreen 12,810, in Marylebone 10,719, in Whitechapel 17,720. In 12 Städten oder Armenverwaltungen wurden also unterstützt, zusammen in 6 Monaten 308,034 Arme, mit einem Kostenaufwand von zusammen fast 300,000 Pfd. Man sieht, die Engländer lassen es sich etwas kosten, die Paupers in ihrem Lande ruhig zu halten. ‒ Die Zahl der vor Gericht, namentlich wegen Diebstahl, verurtheilten Personen stieg von 1838 bis 1842 von 23 auf 31,000, worauf, in Folge der kommerziellen Maßregeln Sir Robert Peel's, wie der Telegraph meint, eine Verminderung entstand, so daß in 1844 die Zahl der Verbrechen bis auf 24,203 herabsank. In 1846 stieg sie indeß wieder bis 25,107, in 1847 auf 28,833; es ist daher nur zu deutlich, mit welcher rasenden Schnelligkeit die Armuth und die Verbrechen auf's Neue zunehmen. Da diese Angaben nur bis Ende 1847 gehen, wo sowohl der Kontinent als England selbst noch vollkommen ruhig waren, so mögten wir wohl behaupten, setzt der Telegraph noch hinzu, daß im Fall einer gleichen Steigerung des Elendes in andern Ländern, nicht die Revolution das Elend, sondern das Elend die Revolution hervorbrachte. Wir brauchen diesen Notizen weiter nichts hinzuzufügen. Die große politische, aus der sozialen Lage England's hervorgegangene Bewegung der Chartisten, welche man am 10. April mit einigen Konstablerstöcken zu Boden zu schlagen glaubte, und über deren augenblickliches Erstarren man so brutal triumphirte, sie konnte sich daher nicht lange hinter ihren Dämmen halten. Dieselben Blätter, welche uns die letzte Statistik der englischen Zustände bringen, sie brachten uns auch'die Nachricht, daß die „elendigen Burschen und Taschendiebe“, wie der Citoyen Brougham sie nennt, abermals im Felde sind, daß sich die Chartisten auf's Neue in Massen erhoben haben. Gestern, am Sonntag, heißt es, war das moralische England, die moralische Metropole, der Sitz und das Centrum aller geistlichen und weltlichen Autorität, recht unter den Augen eines wahren Heeres von Polizisten und Priestern, die Scene der ernstlichsten und wildesten Konflikte. Bei Bethnal-green versammelte sich das Volk in großen Massen; zu Thätlichkeiten übergehend, fechtend mit der Polizei und nicht eher den Kampfplatz verlassend, als bis mehrere Köpfe entzwei geschlagen waren. Von 10 bis 1 Uhr dauerte dieser Skandal. Bei Hackney und im Viktoriapark ging dasselbe vor. In den Virginiengärten suchte man die Konstabler zu ermorden. Das Volk drang mit Piken auf sie ein. In Bischof Boner's Feld brauchte man Messer. Ein Polizist wurde gesteinigt; die Fenster der Kirche warf man ein. Die Artillerie war in Bereitschaft, die ganze Polizeimannschaft Londons auf den Beinen und im Kampfe. Dies war indeß nicht Alles. Einer der Leiter der Chartisten, Hr. Ernest Jones, von dessen glühender Beredsamkeit man bereits weiß, welchen Effekt sie auf die Massen macht, erhob sich mitten aus dem Tumult und kündigte dem Volke an, daß man Lancashire und Yorkshire schützend im Rücken, am nächsten Pfingstmontag ein anderes Kennington Common-Meeting, aber nicht auf Kennington, halten werde, indem er Jeden ermahnte, sich darauf vorzubereiten, damit in wenigen Tagen die grüne Flagge über Downing-Street flattre, damit Frost und Mitchell heimkehren mögten nach England und Lord John Russell und Lord Grey endlich ihren Weg fänden nach Baffins-Bai. Man kann sich denken, welche Aufregung diese Vorfälle in London verbreitet haben. Der Standard, mehr als alle andere Blätter darüber indignirt, daß man den Sabbat so revolutionär-chartistisch entweiht hat, ruft geradezu aus, daß Lord John Russell einen Platz in Ihrer Majestät Gefängniß verdiene, wenn nicht in 24 Stunden der Chartist Ernest Jones denselben eingenommen. ‒ Die Manchester Times und der Leeds Intelligencer bringen uns die Nachricht von mehreren Chartistenementen in der Umgegend von Manchester, in Leeds und in Nottingham. ‒ Aus Irland gehen die Berichte bis zum 2. Juni. Wie wir früher bereits bemerkten, hat O'Brien im Namen der irischen Konföderation eine Adresse an das Volk erlassen. Es heißt darin in Betreff des Mitchell'schen Prozesses: „Katholiken Irlands! Beugt eure Häupter vor Scham. Man hat euch als unwürdig gebrandmarkt, auszuüben die Gerechtigkeit in eurem eigenen Lande. Bei der letzten Untersuchung hat man jeden katholischen Einwohner der Stadt wie einen Meineidigen schmählich von den Bänken der Jury gejagt. Sklaven seid ihr, Sklaven verdientet ihr zu bleiben, ihr und eure Kinder, wenn ihr nicht aufständet wie ein Mann, diesen Insult zu rächen.“ Die Aufregung in Dublin hat ihren Gipfel erreicht. Am vorigen Samstag wußten die Leiter der Masse die Volkswuth kaum mehr zu zügeln. ‒ Im Oberhause machte Lord Mounteagle gestern eine Motion in Betreff des irischen Armengesetzes. Der Marquis von Londonderry brachte die italiänische Angelegenheit zur Sprache. Lord Brougham kam auf die Bewegung der Chartisten und der Nepealer zurück und der Bischof von Oxford beantragte die zweite Lesung der Bill zum Schutze der Frauen. Im Unterhause entwickelte sich eine Debatte in Betreff der Aenderung des Parlaments-Eides und der Unruhen in den Tower Hamlets. Hr. Muntz rief dann einige Erklärungen Lord Palmerstons wegen der neapolitanischen Massakres hervor, worauf sich das Haus mit einer Motion des Hrn. Goring, in Betreff einer neuen Wahlausschreibung für Horsham, beschäftigte. Nachdem dieser Vorschlag mit 114 Stimmen verworfen worden war, ging man zu der für diesen Tag bestimmten Debatte über die zwischen dem englischen u. spanischen Kabinet bestehenden Streitigkeiten über. Hr. Sheil, Lord Mahon, Lord John Russell, Hr. Disraeli, Sir Robert Inglis, Lord Palmerston, Hr. Hume, Hr. Urquhardt, kurz alle großen Redner des Parlamentes nehmen Theil an dieser Debatte, welche damit endete, daß die Motion des Herrn Bankes ohne Abstimmung verneint wurde. Wegen des großen Umfangs unsrer heutigen englischen Post werden wir die Details dieser Debatte morgen geben. Amerika. In Southampton langte mit dem „Severn“ die westindische Post an, Von Panama, 23. April. Der Zustand der Kolonieen war noch gerade so schlimm und beklagenswerth wie früher und in Jamaica wurden zahlreiche Versammlungen gehalten um die Lage der Dinge in Berath zu ziehen. General Santa Anna, Ex-Diktator von Mexiko war mit seiner jungen Gemahlin in Jamaica angekommen und hatte in Torringtonhous seinen Wohnsitz genommen. Von St. Domingo trafen sehr betrübende Nachrichten ein, da in Port-au-Prince eine Insurrektion ausgebrochen und auch andere Theile in wilder Bewegung waren, die zunächst den Sturz des Präsidenten bezweckten. Die Behörden triumphirten indeß und viele der Insurgenten wurden erschossen und geköpft. In Liverpool kam die Cambria von New-York an. Sie brachte L. 73,000 baar und 74 Passagiere. Sie verließ Neu-York am 24. Mai. Mehlpreise waren in Folge größerer Zufuhren gefallen. Baumwolle fest und Preise etwas höher. Die Aussichten für die Aernte sehr günstig. In der Politik war nicht viel Neues. General Scott, der kürzlich von der Eroberung Mexicos nach den Vereinigten Staaten zurückkehrte, drückte seine feste Ueberzeugung aus, daß der Friedensvertrag zwischen Mexiko und den Staaten wohl schon jetzt ratifizirt sei, und daß man die betreffenden Nachrichten jeden Tag erhalten könne. (Hierzu eine Beilage.) Der Gerant: Korff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar009_028" type="jArticle"> <pb facs="#f0004" n="0038"/> <p>‒ Das Finanz-Comite hat heute lange diskuttirt über die Anwendung des Expropriationsgesetzes im Dienst des Gesammtnutzens auf die Eisenbahnen. Es hält dieß Gesetz nicht anwendbar auf die Eisenbahnkompagnien, da der Staat mit diesen Verträge geschlossen, wodurch er sich während eines bestimmten Zeitraums jede Expropriation untersagt. Das Comite der öffentlichen Arbeiten hat heute denselben Gegenstand berathschlagt und schien die gegentheilige Ansicht geltend zu machen. Die Unterkommission, beauftragt mit dem Bericht über den Ankauf der Eisenbahnen, hat durch ihren Berichterstatter <hi rendition="#g">Lefranc</hi> erklärt, der Staat müsse die Eisenbahnen besitzen, bauen und selbst exploitiren. Das Expropriationsgesetz berechtige den Staat zum Ankauf der Eisenbahnen. Bezüglich der Frage über die Mittel und Wege, glaubt die Unterkommission sie der Regierung anheimstellen zu müssen. Nichts desto weniger ist sie der Ansicht, daß der Staat nur mit Einwilligung der Kompagnien die Eisenbahnen an sich kaufen könne und falls man sich nicht vereinigen könne, den Preis durch ein Schiedsgericht feststellen lassen müsse. ‒ Die von Billault vorgeschlagene Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in Inscriptionen auf 5 pCt. Renten, zum Kurse von 70 Fr. ‒ diese Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, hat keine große Bedeutung, da es den respectiven Besitzern frei steht, sie zu acceptiren oder in ihrem früheren Verhältnisse zu bleiben. Es liegt indeß darin ein Unrecht grade gegen die nothdürftigsten Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbuchscheinen, die kurz nach der Februarrevolution nach einem Dekret der provisorischen Regierung ihre Titel nur gegen Inscriptionen auf 5 pCt. Renten zum Curse von 100 Fr. austauschen konnten, also 21/7 pCt. verlieren würden, gegen die jetzigen Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbüchern. Damals, als das Dekret der provisorischen Regierung erschien, wurden die Schatzbons nicht an der Börse cotirt, noch war es möglich, Geld auf Sparkassenbücher zu erhalten.</p> <p>‒ Wenn man daran denkt, was Paris vor einem Monat war und was es jetzt ist, so ergreift Einen bitt're Entmuthigung. Die Revolution hatte der Stadt ein unbeschreibliches Aussehen gegeben. Es war ein Vergnügen durch die Straßen zu wandern, auf denen man keine Stadtsergeanten, keine Munizipalgarde, überhaupt keine Diener der Gewalt und Tyrannei mehr sah. Das Volk war zahlreich darauf, die Blousen zeigten sich im Sonnenschein. Die von der Industrie und dem Privilegium Unterdrückten hielten ihre Ferien und verziehen einer Gesellschaft, die ihnen bisher Licht und Luft versagt hatte, indem sie sie zu vierzehnstündiger täglicher Arbeit verdammte. Die Günstlinge des Privilegiums hielten sich still, da sie wohl fühlten, daß sie nicht mehr von ihren Rechten sprechen könnten, seitdem die Gewalt aufgehört hatte, auf ihrer Seite zu sein. Sie thaten mehr, sie gaben sich drein mit ziemlichem Anstand, und fingen schon an, die Opfer zu berechnen, die sie sich aufzulegen entschlossen waren, um eine bess're Ordnung herbeizuführen. In Wahrheit, das sind schöne Tage gewesen, und die vorgeschrittensten Geister konnten einen Augenblick Hoffnung schöpfen, daß die Stunde der Gerechtigkeit herannahe. Jetzt, sagten sie, mag die Nationalversammlung kommen, sie wird das Werk zu vollenden wissen, welches diese drei Monate begonnen haben; sie wird die friedliebende Begeisterung der Einen, die zaghafte Unterwürfigkeit der Andern, benutzen, um endlich die Ungerechtigkeiten zu entfernen, die auf dem Arbeiter, auf dem Armen, dem Ungebildeten lasten; sie wird die Anmaßungen schmutziger Interessen beseitigen, um nur auf die Stimme der Gerechtigkeit zu hören, die auf den Barrikaden verkündigt hat: Befreiung der modernen Sclaven!</p> <p>Die Hoffnung auf eine Regierung, die endlich die Billigkeit zu ihrer Richtschnur nähme, die Ueberzeugung zu ihrem Mittel, hatte alle Herzen gewonnen und vereinigt, und nie fanden Abgeordnete eines Volkes, Bürger, die mehr zur Unterwerfung bereit waren, mehr geneigt zum Vertrauen, mehr vorbereitet, gründliche Reformen aufzunehmen.</p> <p>Kaum ist ein Monat seit dem Tage verflossen, wo das Volk endlich der Verwirklichung seiner Hoffnungen nahe zu sein glaubte, und Paris, das so lebendig, so frei, so reich an Neuerungsideen und Wahrheitsbedürfnissen war ‒ es ist verwandelt in die traurige, unruhvolle, schrankenbewegte Stadt, die wir jetzt vor uns sehen. Es wird mit Bajonnetten überschüttet, mit Regimentern besetzt, das ewige Geräusch der Trommeln, diese Stimme der bewaffneten Gewaltthat verbreitet eine dumpfe Gährung. Die Bürger wechseln Blicke voll Haß und Mißtrauen.</p> <p>Statt der unverletzbaren Freiheit, die während dreier, in der Geschichte einziger Monate Jedermann geschützt hatte, bedroht nun Gefängnißhaft den ruhigsten Bürger. Statt der Ungebundenheit der Sprache, die Jedem, selbst denjenigen gestattet war, die gegen die Republik konspirirten, lastet die Einschüchterung auf dem Worte, und es gibt Namen, die man nicht aussprechen darf, will man nicht die Hand eines Agenten der „Ordnung“ sich anlegen lassen.</p> <p>Giebt es etwas traurigeres, als die Erwählten des Volkes unter diesem Volke zittern zu sehen, wenn sie nicht zweimalhunderttausend Bayonnette um sich haben? Wenn man gegen eine Handvoll vorgeblicher Aufrührer diese furchtbare Armee aufstellt, so ist das ein sehr lächerlicher Schrecken; wenn dagegen diese Heeresmacht nicht zu groß ist, um die Regierung der Republik zu vertheidigen, woher kommt es, daß sie schon so viele Feinde hat? Wäre es nicht deswegen, weil sie sich eher der Sache der Mächtigen angenommen hat als der Rechte der Unterdrückten? ‒ Wehe den Gewalthabern, die soviel Kriegsgeräth nöthig haben um sich Achtung zu verschaffen; Gewehre und Kanonen sind treulose Bundesgenossen. (Braie Republique.)</p> <p>‒ Man versichert, sagt der Constitutionel, daß vom nächsten Montag ab der Verkehr auf sämmtlichen Eisenbahnlinien, außer denen von Rouen, unterbrochen werde. Die Maschinisten weigern den Dienst und stellen die Arbeit ein. Veranlassung zu dieser „Insubordination“ soll die Forderung sein, daß die von der Rouener Gesellschaft beschäftigten englischen Arbeiter aus Frankreich gewiesen würden. Die Besorgniß, daß die Maschinisten der übrigen Bahnen gegen die englischen zu Gewaltthätigkeiten schreiten möchten, hat heute Morgen sämmtliche Eisenbahnverwalter beim Minister der öffentlichen Arbeiten zusammengeführt, und dort ist beschlossen worden, thörigten und ungerechten Ansinnen nicht nachzugeben. Die energischsten Maßregeln sollen getroffen werden, um die Rouener Eisenbahn gegen einen Handstreich zu schützen.</p> <p>‒ Die Arbeiter der Nationalwerkstätten wollen ein neues Journal erscheinen lassen, und Jeder von ihnen muß als Begründer desselben unterschreiben. Jeder wird monatlich einen Cts. zahlen für die Gründungskosten dieses Blatts, welches ausschließlich von Arbeitern redigirt sein wird und zum speziellen Zweck hat, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. ‒ Der Kassationshof hat in seiner Audienz vom 1. Juni das Kassationsgesuch des Bruder Lévtade verworfen.</p> <p>‒ Das demokratische Banket zu 25 Centimen, welches auf Donnerstag den 8. Juni festgestellt ist, findet im Umkreise von Paris, längst den Befestigungswerken Statt. Schon am 3. Juni waren 115,000 Zulassungskarten ausgetheilt.</p> </div> <div xml:id="ar009_029" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Paris,</hi> 4. Juni.</head> <p><hi rendition="#g">Thiers</hi> wird wahrscheinlich nicht nur zu Paris, sondern zu Rouen, Bordeaux und Perigeux gewählt werden. Als Kandidat ist er noch vorgeschlagen in den Departements der Mayenne, Sarthe und Orne. Auch das Departement der Bouches du Rhône, das ihn im April fallen ließ, soll seinen Fehler wieder gut machen wollen.</p> <p>Folgende Werthe sind am 24. und 25. Februar in den Tuilerien gefunden worden. In <hi rendition="#g">Geld</hi> bei Louis Philipp 40,000 Fr.; in Wechseln 400,000. Ein Theil der Letztern ist bezahlt; der Verfalltag der übrigen lautet auf die Monate Juli, Oktober und den 31. Januar 1849. In den Gemächern der Adelaide hat man gefunden in Geld 3000 Fr., in Wechseln 250,000 und Louis Philipp angehörige zu 250,000 Fr. Man hat ferner bescheinigt den Empfang von 40,000 Fr. Renten, dem Prinzen von Paris oder seiner Mutter gehörig, von 60,000 Fr., Eigenthum der Prinzessin Joinville, von 320,000 Fr. Renten zu 5 pCt., Eigenthum der Herzogin von Montpensier.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Italien.</hi> </head> <div xml:id="ar009_030_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Insurrektion vom 29. Mai in Mailand. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 92.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">Mailand,</hi> 1. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar009_031" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Verona,</hi> 1. Juni.</head> <p>Der Sieg der Unsern läßt nichts <hi rendition="#g">zu wünschen übrig.</hi> Der Feldmarschall selbst operirt nun im Rücken der piemontesischen Hauptarmee mit vereinter Kraft aller drei Korps. Gestern (den 31. Mai) Abends dürfte nach dem gehörten starken Feuern über dem Mincio ein weiterer Zusammenstoß mit dem Feinde erfolgt sein, dessen Resultat man noch nicht weiß. Heute hofft man schon auf ein solches Vorrücken unserer Truppen, daß den Piemontesen der Rückzug abgeschnitten und Peschiera von der Belagerung entsetzt sein könnte.</p> <bibl>(Tir. Bote.)</bibl> <p>‒ La Patria vom 27. Mai berichtet: „Nach Briefen von Vicenza vom 24. Mai war der Angriff auf unsere Stadt vom 23. Mai. durch einen französischen Renegaten, den General <hi rendition="#g">Marmont,</hi> geleitet. Er kommandirte 14,000 Oestreicher, und wurde zurückgestoßen durch die Einwohner und den General Durando.“</p> <p>‒ Der Dämpfer <hi rendition="#g">Mongibello</hi> ist von Neapel in Livorno angekommen. An seinem Bord befanden sich 16 Schweizer-Offiziere, die man nicht an's Land steigen ließ, aus Furcht vor der Volkswuth. Sie führten Cassetter bei sich, die mit Gold- und Silberzeug gefüllt waren.</p> </div> <div xml:id="ar009_032" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mailand,</hi> 2. Juni.</head> <p>Vorgestern sammelte sich der von unserer Kavallerie verfolgte Feind vor Mantua, und es entspann sich gestern eine neue Schlacht; der Ausgang ist noch nicht bekannt. ‒ Die Oesterreicher haben bei ihrem Ausrücken aus Mantua und Verona am 29. und 30. v. M. eine bedeutende Niederlage erlitten. Ihr Angriff erstreckte sich gleichzeitig auf den äußersten rechten Flügel, der aus Toskanern und Neapolitanern bestand, und auf den linken, den die Piemontesen in den Ebenen von Pastrengo und Rivoli bildeten. Die Toskaner hielten den Angriff nicht aus, bis ihnen die Piemontesen zu Hülfe kamen. Die Oesterreicher sollen einen Verlust von 600 Todten haben. Kaum hatte Karl Albert vernommen, daß auch von Verona gegen Mantua zu ein Heer im Anmarsch sei, so durchritt er die Reihen seines Heeres und ließ die Positionen, besonders die von Goito, verstärken. Hier fand dann am folgenden Tage die Feldschlacht statt, die von Nachmittags 31/2 Uhr bis in die Nacht hinein dauerte. Der beiderseitige Verlust ist im heutigen Bülletin der provisorischen Regierung nicht angegeben, soll aber beträchtlich sein. Unter den vielen Oesterreichern, die in Gefangenschaft gerathen sind, wird General Bentheim erwähnt, der Exfürst von Kniphausen. Die Uebergabe von Peschiera bestätigt sich vollkommen. Am 30. pflanzte die eingeschlossene Besatzung von Peschiera die weiße Fahne auf; sie erhielt unter ehrenvollen Bedingungen freien Abzug. Nachdem sie ein Thor der Festung übergeben hatte, zog sie während des Einzuges unserer Truppen durch ein anderes ab.</p> <bibl>(Schw. Bl.)</bibl> </div> <div xml:id="ar009_033" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Mailand,</hi> 3. Mai.</head> <p>Laut der Mailänder Ztg. wird die Besatzung von Peschiera ohne Waffen nach Ankona abgeführt, wo sie auf Schiffen heimkehren kann. Das amtliche Bülletin sagt nur, der König habe der Besatzung ehrenvolle Bedingungen zugestanden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> </head> <div xml:id="ar009_034" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl><hi rendition="#g">London,</hi> 6. Juni.</head> <p>Die Statistik der großbritannischen Noth und die Berichte über revolutionäre Versammlungen und Emeuten in fast allen Theilen des Landes machen die Londoner Montag-Blätter interessanter und beachtungswerther als gewöhnlich.</p> <p>Am Samstag hielt zunächst die Armenverwaltung von Marylebone eine Sitzung, in welcher man wegen der in den englischen Armenbastillen erzogenen Kinder eine Adresse an das Unterhaus entwarf. Bekanntlich sind in den nach dem Gesetz von 1834 errichteten Armenhäusern, Männer, Weiber und Kinder getrennt. Die Kinder werden, so gut wie es geht, erzogen und unterrichtet und im 12. oder 14. Jahre zu Handwerkern oder Krämern in die Lehre oder als Schiffjungen auf die Marine geschickt. Aus den Berichten der Armenverwaltung von Marylebone geht nun hervor, daß zwar die Knaben im Durchschnitt ziemlich gut fortkommen, daß aber die entlassenen Mädchen nur zu häufig, sei es durch die schlechte Behandlung, welche ihnen in ihrem Dienst zu Theil wurde, oder durch die nothwendigerweise mangelhaft gebliebene Erziehung in den Armenhäusern, schnell dem entsetzlichsten Elende anheimfallen und nach einer traurigen Existenz auf den Gassen und in den Schenken, schließlich in ganzen Haufen zu dem Armenhause, wie zu ihrer Heimath, zurückkehren. Die Armen-Verwaltung von Marylebone, alarmirt in Betreff der moralischen Resultate ihrer Wirksamkeit und vielleicht noch mehr entsetzt über die ökonomischen Nachtheile, welche aus einer so massenhaften Rückkehr ihrer Zöglinge erwachsen, hat nun bei den 400 Knaben und Mädchen, welche sie augenblicklich wieder der Welt übergeben kann, wie schon bemerkt, dem Unterhause vorgestellt, daß ihr das Gouvernement zu der Versorgung dieser Kinder behülflich sein müsse.</p> <p>Gestützt auf ausführliche Mittheilungen aus den Kolonien, schlägt sie nämlich vor, daß sämmtliche Kinder nach Neu-Süd-Wales geschafft würden, um dort den Pflanzern zur Beschäftigung übergeben zu werden. Die Armenverwaltung verpflichtet sich, zu dem Transport der Kinder ein Gewisses beizutragen. Das Gouvernement soll dafür sorgen, daß man die jugendlichen Emigranten auf gehörige Weise in Empfang nimmt und sie den einzelnen Pflanzern übergiebt.</p> <p>Zuerst waren es die Verbrecher, welche man nach Australien brachte, dann eröffnete man der Prostitution einen Abfluß dahin; jetzt kommen die Kinder an die Reihe, die 12- und 14jährigen Söhne und Töchter durch schlechte Ernten und durch Handelskrisen ruinirter Arbeiter.</p> <p>‒ In den 6 Monaten, welche am 25. März 1848 endeten, wurde in den folgenden Städten die folgende Anzahl Armen unterstützt. In Bolton 16,004, in Bradford 39,759, in Halifax 17,950, in Leeds 19,951, in Leicester 19,642, in Liverpool 27,982, in Manchester 94,702, in Nottingham 9232, in Stockport 25,563, in Bethnalgreen 12,810, in Marylebone 10,719, in Whitechapel 17,720. In 12 Städten oder Armenverwaltungen wurden also unterstützt, zusammen in 6 Monaten 308,034 Arme, mit einem Kostenaufwand von zusammen fast 300,000 Pfd. Man sieht, die Engländer lassen es sich etwas kosten, die Paupers in ihrem Lande ruhig zu halten. ‒ Die Zahl der vor Gericht, namentlich wegen Diebstahl, verurtheilten Personen stieg von 1838 bis 1842 von 23 auf 31,000, worauf, in Folge der kommerziellen Maßregeln Sir Robert Peel's, wie der Telegraph meint, eine Verminderung entstand, so daß in 1844 die Zahl der Verbrechen bis auf 24,203 herabsank. In 1846 stieg sie indeß wieder bis 25,107, in 1847 auf 28,833; es ist daher nur zu deutlich, mit welcher rasenden Schnelligkeit die Armuth und die Verbrechen auf's Neue zunehmen. Da diese Angaben nur bis Ende 1847 gehen, wo sowohl der Kontinent als England selbst noch vollkommen ruhig waren, so mögten wir wohl behaupten, setzt der Telegraph noch hinzu, daß im Fall einer gleichen Steigerung des Elendes in andern Ländern, nicht die Revolution das Elend, sondern das Elend die Revolution hervorbrachte.</p> <p>Wir brauchen diesen Notizen weiter nichts hinzuzufügen. Die große politische, aus der sozialen Lage England's hervorgegangene Bewegung der Chartisten, welche man am 10. April mit einigen Konstablerstöcken zu Boden zu schlagen glaubte, und über deren augenblickliches Erstarren man so brutal triumphirte, sie konnte sich daher nicht lange hinter ihren Dämmen halten. Dieselben Blätter, welche uns die letzte Statistik der englischen Zustände bringen, sie brachten uns auch'die Nachricht, daß die „elendigen Burschen und Taschendiebe“, wie der Citoyen Brougham sie nennt, abermals im Felde sind, daß sich die Chartisten auf's Neue in Massen erhoben haben.</p> <p>Gestern, am Sonntag, heißt es, war das moralische England, die moralische Metropole, der Sitz und das Centrum aller geistlichen und weltlichen Autorität, recht unter den Augen eines wahren Heeres von Polizisten und Priestern, die Scene der ernstlichsten und wildesten Konflikte. Bei Bethnal-green versammelte sich das Volk in großen Massen; zu Thätlichkeiten übergehend, fechtend mit der Polizei und nicht eher den Kampfplatz verlassend, als bis mehrere Köpfe entzwei geschlagen waren. Von 10 bis 1 Uhr dauerte dieser Skandal. Bei Hackney und im Viktoriapark ging dasselbe vor. In den Virginiengärten suchte man die Konstabler zu ermorden. Das Volk drang mit Piken auf sie ein. In Bischof Boner's Feld brauchte man Messer. Ein Polizist wurde gesteinigt; die Fenster der Kirche warf man ein. Die Artillerie war in Bereitschaft, die ganze Polizeimannschaft Londons auf den Beinen und im Kampfe.</p> <p>Dies war indeß nicht Alles. Einer der Leiter der Chartisten, Hr. Ernest Jones, von dessen glühender Beredsamkeit man bereits weiß, welchen Effekt sie auf die Massen macht, erhob sich mitten aus dem Tumult und kündigte dem Volke an, daß man Lancashire und Yorkshire schützend im Rücken, am nächsten Pfingstmontag ein anderes Kennington Common-Meeting, aber nicht auf Kennington, halten werde, indem er Jeden ermahnte, sich darauf vorzubereiten, damit in wenigen Tagen die grüne Flagge über Downing-Street flattre, damit Frost und Mitchell heimkehren mögten nach England und Lord John Russell und Lord Grey endlich ihren Weg fänden nach Baffins-Bai.</p> <p>Man kann sich denken, welche Aufregung diese Vorfälle in London verbreitet haben. Der Standard, mehr als alle andere Blätter darüber indignirt, daß man den Sabbat so revolutionär-chartistisch entweiht hat, ruft geradezu aus, daß Lord John Russell einen Platz in Ihrer Majestät Gefängniß verdiene, wenn nicht in 24 Stunden der Chartist Ernest Jones denselben eingenommen.</p> <p>‒ Die Manchester Times und der Leeds Intelligencer bringen uns die Nachricht von mehreren Chartistenementen in der Umgegend von Manchester, in Leeds und in Nottingham.</p> <p>‒ Aus Irland gehen die Berichte bis zum 2. Juni. Wie wir früher bereits bemerkten, hat O'Brien im Namen der irischen Konföderation eine Adresse an das Volk erlassen. Es heißt darin in Betreff des Mitchell'schen Prozesses: „Katholiken Irlands! Beugt eure Häupter vor Scham. Man hat euch als unwürdig gebrandmarkt, auszuüben die Gerechtigkeit in eurem eigenen Lande. Bei der letzten Untersuchung hat man jeden katholischen Einwohner der Stadt wie einen Meineidigen schmählich von den Bänken der Jury gejagt.</p> <p>Sklaven seid ihr, Sklaven verdientet ihr zu bleiben, ihr und eure Kinder, wenn ihr nicht aufständet wie <hi rendition="#g">ein</hi> Mann, diesen Insult zu rächen.“</p> <p>Die Aufregung in Dublin hat ihren Gipfel erreicht. Am vorigen Samstag wußten die Leiter der Masse die Volkswuth kaum mehr zu zügeln.</p> <p>‒ Im Oberhause machte Lord Mounteagle gestern eine Motion in Betreff des irischen Armengesetzes. Der Marquis von Londonderry brachte die italiänische Angelegenheit zur Sprache. Lord Brougham kam auf die Bewegung der Chartisten und der Nepealer zurück und der Bischof von Oxford beantragte die zweite Lesung der Bill zum Schutze der Frauen.</p> <p>Im Unterhause entwickelte sich eine Debatte in Betreff der Aenderung des Parlaments-Eides und der Unruhen in den Tower Hamlets. Hr. Muntz rief dann einige Erklärungen Lord Palmerstons wegen der neapolitanischen Massakres hervor, worauf sich das Haus mit einer Motion des Hrn. Goring, in Betreff einer neuen Wahlausschreibung für Horsham, beschäftigte. Nachdem dieser Vorschlag mit 114 Stimmen verworfen worden war, ging man zu der für diesen Tag bestimmten Debatte über die zwischen dem englischen u. spanischen Kabinet bestehenden Streitigkeiten über. Hr. Sheil, Lord Mahon, Lord John Russell, Hr. Disraeli, Sir Robert Inglis, Lord Palmerston, Hr. Hume, Hr. Urquhardt, kurz alle großen Redner des Parlamentes nehmen Theil an dieser Debatte, welche damit endete, daß die Motion des Herrn Bankes ohne Abstimmung verneint wurde. Wegen des großen Umfangs unsrer heutigen englischen Post werden wir die Details dieser Debatte morgen geben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Amerika.</hi> </head> <div xml:id="ar009_035" type="jArticle"> <p>In Southampton langte mit dem „Severn“ die westindische Post an, Von Panama, 23. April. Der Zustand der Kolonieen war noch gerade so schlimm und beklagenswerth wie früher und in Jamaica wurden zahlreiche Versammlungen gehalten um die Lage der Dinge in Berath zu ziehen.</p> <p>General Santa Anna, Ex-Diktator von Mexiko war mit seiner jungen Gemahlin in Jamaica angekommen und hatte in Torringtonhous seinen Wohnsitz genommen. Von St. Domingo trafen sehr betrübende Nachrichten ein, da in Port-au-Prince eine Insurrektion ausgebrochen und auch andere Theile in wilder Bewegung waren, die zunächst den Sturz des Präsidenten bezweckten.</p> <p>Die Behörden triumphirten indeß und viele der Insurgenten wurden erschossen und geköpft.</p> <p>In Liverpool kam die Cambria von New-York an. Sie brachte L. 73,000 baar und 74 Passagiere. Sie verließ Neu-York am 24. Mai. Mehlpreise waren in Folge größerer Zufuhren gefallen. Baumwolle fest und Preise etwas höher. Die Aussichten für die Aernte sehr günstig.</p> <p>In der Politik war nicht viel Neues. General Scott, der kürzlich von der Eroberung Mexicos nach den Vereinigten Staaten zurückkehrte, drückte seine feste Ueberzeugung aus, daß der Friedensvertrag zwischen Mexiko und den Staaten wohl schon jetzt ratifizirt sei, und daß man die betreffenden Nachrichten jeden Tag erhalten könne.</p> <p> <ref type="link"> <hi rendition="#b">(Hierzu eine Beilage.)</hi> </ref> </p> </div> </div> <div type="imprint"> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff.</hi><lb/> Druck von W. <hi rendition="#g">Clouth,</hi> St. Agatha Nro. 12.</p> </div> </body> </text> </TEI> [0038/0004]
‒ Das Finanz-Comite hat heute lange diskuttirt über die Anwendung des Expropriationsgesetzes im Dienst des Gesammtnutzens auf die Eisenbahnen. Es hält dieß Gesetz nicht anwendbar auf die Eisenbahnkompagnien, da der Staat mit diesen Verträge geschlossen, wodurch er sich während eines bestimmten Zeitraums jede Expropriation untersagt. Das Comite der öffentlichen Arbeiten hat heute denselben Gegenstand berathschlagt und schien die gegentheilige Ansicht geltend zu machen. Die Unterkommission, beauftragt mit dem Bericht über den Ankauf der Eisenbahnen, hat durch ihren Berichterstatter Lefranc erklärt, der Staat müsse die Eisenbahnen besitzen, bauen und selbst exploitiren. Das Expropriationsgesetz berechtige den Staat zum Ankauf der Eisenbahnen. Bezüglich der Frage über die Mittel und Wege, glaubt die Unterkommission sie der Regierung anheimstellen zu müssen. Nichts desto weniger ist sie der Ansicht, daß der Staat nur mit Einwilligung der Kompagnien die Eisenbahnen an sich kaufen könne und falls man sich nicht vereinigen könne, den Preis durch ein Schiedsgericht feststellen lassen müsse. ‒ Die von Billault vorgeschlagene Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in Inscriptionen auf 5 pCt. Renten, zum Kurse von 70 Fr. ‒ diese Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, hat keine große Bedeutung, da es den respectiven Besitzern frei steht, sie zu acceptiren oder in ihrem früheren Verhältnisse zu bleiben. Es liegt indeß darin ein Unrecht grade gegen die nothdürftigsten Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbuchscheinen, die kurz nach der Februarrevolution nach einem Dekret der provisorischen Regierung ihre Titel nur gegen Inscriptionen auf 5 pCt. Renten zum Curse von 100 Fr. austauschen konnten, also 21/7 pCt. verlieren würden, gegen die jetzigen Besitzer von Schatzbons und Sparkassenbüchern. Damals, als das Dekret der provisorischen Regierung erschien, wurden die Schatzbons nicht an der Börse cotirt, noch war es möglich, Geld auf Sparkassenbücher zu erhalten.
‒ Wenn man daran denkt, was Paris vor einem Monat war und was es jetzt ist, so ergreift Einen bitt're Entmuthigung. Die Revolution hatte der Stadt ein unbeschreibliches Aussehen gegeben. Es war ein Vergnügen durch die Straßen zu wandern, auf denen man keine Stadtsergeanten, keine Munizipalgarde, überhaupt keine Diener der Gewalt und Tyrannei mehr sah. Das Volk war zahlreich darauf, die Blousen zeigten sich im Sonnenschein. Die von der Industrie und dem Privilegium Unterdrückten hielten ihre Ferien und verziehen einer Gesellschaft, die ihnen bisher Licht und Luft versagt hatte, indem sie sie zu vierzehnstündiger täglicher Arbeit verdammte. Die Günstlinge des Privilegiums hielten sich still, da sie wohl fühlten, daß sie nicht mehr von ihren Rechten sprechen könnten, seitdem die Gewalt aufgehört hatte, auf ihrer Seite zu sein. Sie thaten mehr, sie gaben sich drein mit ziemlichem Anstand, und fingen schon an, die Opfer zu berechnen, die sie sich aufzulegen entschlossen waren, um eine bess're Ordnung herbeizuführen. In Wahrheit, das sind schöne Tage gewesen, und die vorgeschrittensten Geister konnten einen Augenblick Hoffnung schöpfen, daß die Stunde der Gerechtigkeit herannahe. Jetzt, sagten sie, mag die Nationalversammlung kommen, sie wird das Werk zu vollenden wissen, welches diese drei Monate begonnen haben; sie wird die friedliebende Begeisterung der Einen, die zaghafte Unterwürfigkeit der Andern, benutzen, um endlich die Ungerechtigkeiten zu entfernen, die auf dem Arbeiter, auf dem Armen, dem Ungebildeten lasten; sie wird die Anmaßungen schmutziger Interessen beseitigen, um nur auf die Stimme der Gerechtigkeit zu hören, die auf den Barrikaden verkündigt hat: Befreiung der modernen Sclaven!
Die Hoffnung auf eine Regierung, die endlich die Billigkeit zu ihrer Richtschnur nähme, die Ueberzeugung zu ihrem Mittel, hatte alle Herzen gewonnen und vereinigt, und nie fanden Abgeordnete eines Volkes, Bürger, die mehr zur Unterwerfung bereit waren, mehr geneigt zum Vertrauen, mehr vorbereitet, gründliche Reformen aufzunehmen.
Kaum ist ein Monat seit dem Tage verflossen, wo das Volk endlich der Verwirklichung seiner Hoffnungen nahe zu sein glaubte, und Paris, das so lebendig, so frei, so reich an Neuerungsideen und Wahrheitsbedürfnissen war ‒ es ist verwandelt in die traurige, unruhvolle, schrankenbewegte Stadt, die wir jetzt vor uns sehen. Es wird mit Bajonnetten überschüttet, mit Regimentern besetzt, das ewige Geräusch der Trommeln, diese Stimme der bewaffneten Gewaltthat verbreitet eine dumpfe Gährung. Die Bürger wechseln Blicke voll Haß und Mißtrauen.
Statt der unverletzbaren Freiheit, die während dreier, in der Geschichte einziger Monate Jedermann geschützt hatte, bedroht nun Gefängnißhaft den ruhigsten Bürger. Statt der Ungebundenheit der Sprache, die Jedem, selbst denjenigen gestattet war, die gegen die Republik konspirirten, lastet die Einschüchterung auf dem Worte, und es gibt Namen, die man nicht aussprechen darf, will man nicht die Hand eines Agenten der „Ordnung“ sich anlegen lassen.
Giebt es etwas traurigeres, als die Erwählten des Volkes unter diesem Volke zittern zu sehen, wenn sie nicht zweimalhunderttausend Bayonnette um sich haben? Wenn man gegen eine Handvoll vorgeblicher Aufrührer diese furchtbare Armee aufstellt, so ist das ein sehr lächerlicher Schrecken; wenn dagegen diese Heeresmacht nicht zu groß ist, um die Regierung der Republik zu vertheidigen, woher kommt es, daß sie schon so viele Feinde hat? Wäre es nicht deswegen, weil sie sich eher der Sache der Mächtigen angenommen hat als der Rechte der Unterdrückten? ‒ Wehe den Gewalthabern, die soviel Kriegsgeräth nöthig haben um sich Achtung zu verschaffen; Gewehre und Kanonen sind treulose Bundesgenossen. (Braie Republique.)
‒ Man versichert, sagt der Constitutionel, daß vom nächsten Montag ab der Verkehr auf sämmtlichen Eisenbahnlinien, außer denen von Rouen, unterbrochen werde. Die Maschinisten weigern den Dienst und stellen die Arbeit ein. Veranlassung zu dieser „Insubordination“ soll die Forderung sein, daß die von der Rouener Gesellschaft beschäftigten englischen Arbeiter aus Frankreich gewiesen würden. Die Besorgniß, daß die Maschinisten der übrigen Bahnen gegen die englischen zu Gewaltthätigkeiten schreiten möchten, hat heute Morgen sämmtliche Eisenbahnverwalter beim Minister der öffentlichen Arbeiten zusammengeführt, und dort ist beschlossen worden, thörigten und ungerechten Ansinnen nicht nachzugeben. Die energischsten Maßregeln sollen getroffen werden, um die Rouener Eisenbahn gegen einen Handstreich zu schützen.
‒ Die Arbeiter der Nationalwerkstätten wollen ein neues Journal erscheinen lassen, und Jeder von ihnen muß als Begründer desselben unterschreiben. Jeder wird monatlich einen Cts. zahlen für die Gründungskosten dieses Blatts, welches ausschließlich von Arbeitern redigirt sein wird und zum speziellen Zweck hat, die Interessen der Arbeiter zu vertreten. ‒ Der Kassationshof hat in seiner Audienz vom 1. Juni das Kassationsgesuch des Bruder Lévtade verworfen.
‒ Das demokratische Banket zu 25 Centimen, welches auf Donnerstag den 8. Juni festgestellt ist, findet im Umkreise von Paris, längst den Befestigungswerken Statt. Schon am 3. Juni waren 115,000 Zulassungskarten ausgetheilt.
Paris, 4. Juni. Thiers wird wahrscheinlich nicht nur zu Paris, sondern zu Rouen, Bordeaux und Perigeux gewählt werden. Als Kandidat ist er noch vorgeschlagen in den Departements der Mayenne, Sarthe und Orne. Auch das Departement der Bouches du Rhône, das ihn im April fallen ließ, soll seinen Fehler wieder gut machen wollen.
Folgende Werthe sind am 24. und 25. Februar in den Tuilerien gefunden worden. In Geld bei Louis Philipp 40,000 Fr.; in Wechseln 400,000. Ein Theil der Letztern ist bezahlt; der Verfalltag der übrigen lautet auf die Monate Juli, Oktober und den 31. Januar 1849. In den Gemächern der Adelaide hat man gefunden in Geld 3000 Fr., in Wechseln 250,000 und Louis Philipp angehörige zu 250,000 Fr. Man hat ferner bescheinigt den Empfang von 40,000 Fr. Renten, dem Prinzen von Paris oder seiner Mutter gehörig, von 60,000 Fr., Eigenthum der Prinzessin Joinville, von 320,000 Fr. Renten zu 5 pCt., Eigenthum der Herzogin von Montpensier.
Italien. * Mailand, 1. Juni. _ Verona, 1. Juni. Der Sieg der Unsern läßt nichts zu wünschen übrig. Der Feldmarschall selbst operirt nun im Rücken der piemontesischen Hauptarmee mit vereinter Kraft aller drei Korps. Gestern (den 31. Mai) Abends dürfte nach dem gehörten starken Feuern über dem Mincio ein weiterer Zusammenstoß mit dem Feinde erfolgt sein, dessen Resultat man noch nicht weiß. Heute hofft man schon auf ein solches Vorrücken unserer Truppen, daß den Piemontesen der Rückzug abgeschnitten und Peschiera von der Belagerung entsetzt sein könnte.
(Tir. Bote.) ‒ La Patria vom 27. Mai berichtet: „Nach Briefen von Vicenza vom 24. Mai war der Angriff auf unsere Stadt vom 23. Mai. durch einen französischen Renegaten, den General Marmont, geleitet. Er kommandirte 14,000 Oestreicher, und wurde zurückgestoßen durch die Einwohner und den General Durando.“
‒ Der Dämpfer Mongibello ist von Neapel in Livorno angekommen. An seinem Bord befanden sich 16 Schweizer-Offiziere, die man nicht an's Land steigen ließ, aus Furcht vor der Volkswuth. Sie führten Cassetter bei sich, die mit Gold- und Silberzeug gefüllt waren.
Mailand, 2. Juni. Vorgestern sammelte sich der von unserer Kavallerie verfolgte Feind vor Mantua, und es entspann sich gestern eine neue Schlacht; der Ausgang ist noch nicht bekannt. ‒ Die Oesterreicher haben bei ihrem Ausrücken aus Mantua und Verona am 29. und 30. v. M. eine bedeutende Niederlage erlitten. Ihr Angriff erstreckte sich gleichzeitig auf den äußersten rechten Flügel, der aus Toskanern und Neapolitanern bestand, und auf den linken, den die Piemontesen in den Ebenen von Pastrengo und Rivoli bildeten. Die Toskaner hielten den Angriff nicht aus, bis ihnen die Piemontesen zu Hülfe kamen. Die Oesterreicher sollen einen Verlust von 600 Todten haben. Kaum hatte Karl Albert vernommen, daß auch von Verona gegen Mantua zu ein Heer im Anmarsch sei, so durchritt er die Reihen seines Heeres und ließ die Positionen, besonders die von Goito, verstärken. Hier fand dann am folgenden Tage die Feldschlacht statt, die von Nachmittags 31/2 Uhr bis in die Nacht hinein dauerte. Der beiderseitige Verlust ist im heutigen Bülletin der provisorischen Regierung nicht angegeben, soll aber beträchtlich sein. Unter den vielen Oesterreichern, die in Gefangenschaft gerathen sind, wird General Bentheim erwähnt, der Exfürst von Kniphausen. Die Uebergabe von Peschiera bestätigt sich vollkommen. Am 30. pflanzte die eingeschlossene Besatzung von Peschiera die weiße Fahne auf; sie erhielt unter ehrenvollen Bedingungen freien Abzug. Nachdem sie ein Thor der Festung übergeben hatte, zog sie während des Einzuges unserer Truppen durch ein anderes ab.
(Schw. Bl.) Mailand, 3. Mai. Laut der Mailänder Ztg. wird die Besatzung von Peschiera ohne Waffen nach Ankona abgeführt, wo sie auf Schiffen heimkehren kann. Das amtliche Bülletin sagt nur, der König habe der Besatzung ehrenvolle Bedingungen zugestanden.
Großbritannien. *London, 6. Juni. Die Statistik der großbritannischen Noth und die Berichte über revolutionäre Versammlungen und Emeuten in fast allen Theilen des Landes machen die Londoner Montag-Blätter interessanter und beachtungswerther als gewöhnlich.
Am Samstag hielt zunächst die Armenverwaltung von Marylebone eine Sitzung, in welcher man wegen der in den englischen Armenbastillen erzogenen Kinder eine Adresse an das Unterhaus entwarf. Bekanntlich sind in den nach dem Gesetz von 1834 errichteten Armenhäusern, Männer, Weiber und Kinder getrennt. Die Kinder werden, so gut wie es geht, erzogen und unterrichtet und im 12. oder 14. Jahre zu Handwerkern oder Krämern in die Lehre oder als Schiffjungen auf die Marine geschickt. Aus den Berichten der Armenverwaltung von Marylebone geht nun hervor, daß zwar die Knaben im Durchschnitt ziemlich gut fortkommen, daß aber die entlassenen Mädchen nur zu häufig, sei es durch die schlechte Behandlung, welche ihnen in ihrem Dienst zu Theil wurde, oder durch die nothwendigerweise mangelhaft gebliebene Erziehung in den Armenhäusern, schnell dem entsetzlichsten Elende anheimfallen und nach einer traurigen Existenz auf den Gassen und in den Schenken, schließlich in ganzen Haufen zu dem Armenhause, wie zu ihrer Heimath, zurückkehren. Die Armen-Verwaltung von Marylebone, alarmirt in Betreff der moralischen Resultate ihrer Wirksamkeit und vielleicht noch mehr entsetzt über die ökonomischen Nachtheile, welche aus einer so massenhaften Rückkehr ihrer Zöglinge erwachsen, hat nun bei den 400 Knaben und Mädchen, welche sie augenblicklich wieder der Welt übergeben kann, wie schon bemerkt, dem Unterhause vorgestellt, daß ihr das Gouvernement zu der Versorgung dieser Kinder behülflich sein müsse.
Gestützt auf ausführliche Mittheilungen aus den Kolonien, schlägt sie nämlich vor, daß sämmtliche Kinder nach Neu-Süd-Wales geschafft würden, um dort den Pflanzern zur Beschäftigung übergeben zu werden. Die Armenverwaltung verpflichtet sich, zu dem Transport der Kinder ein Gewisses beizutragen. Das Gouvernement soll dafür sorgen, daß man die jugendlichen Emigranten auf gehörige Weise in Empfang nimmt und sie den einzelnen Pflanzern übergiebt.
Zuerst waren es die Verbrecher, welche man nach Australien brachte, dann eröffnete man der Prostitution einen Abfluß dahin; jetzt kommen die Kinder an die Reihe, die 12- und 14jährigen Söhne und Töchter durch schlechte Ernten und durch Handelskrisen ruinirter Arbeiter.
‒ In den 6 Monaten, welche am 25. März 1848 endeten, wurde in den folgenden Städten die folgende Anzahl Armen unterstützt. In Bolton 16,004, in Bradford 39,759, in Halifax 17,950, in Leeds 19,951, in Leicester 19,642, in Liverpool 27,982, in Manchester 94,702, in Nottingham 9232, in Stockport 25,563, in Bethnalgreen 12,810, in Marylebone 10,719, in Whitechapel 17,720. In 12 Städten oder Armenverwaltungen wurden also unterstützt, zusammen in 6 Monaten 308,034 Arme, mit einem Kostenaufwand von zusammen fast 300,000 Pfd. Man sieht, die Engländer lassen es sich etwas kosten, die Paupers in ihrem Lande ruhig zu halten. ‒ Die Zahl der vor Gericht, namentlich wegen Diebstahl, verurtheilten Personen stieg von 1838 bis 1842 von 23 auf 31,000, worauf, in Folge der kommerziellen Maßregeln Sir Robert Peel's, wie der Telegraph meint, eine Verminderung entstand, so daß in 1844 die Zahl der Verbrechen bis auf 24,203 herabsank. In 1846 stieg sie indeß wieder bis 25,107, in 1847 auf 28,833; es ist daher nur zu deutlich, mit welcher rasenden Schnelligkeit die Armuth und die Verbrechen auf's Neue zunehmen. Da diese Angaben nur bis Ende 1847 gehen, wo sowohl der Kontinent als England selbst noch vollkommen ruhig waren, so mögten wir wohl behaupten, setzt der Telegraph noch hinzu, daß im Fall einer gleichen Steigerung des Elendes in andern Ländern, nicht die Revolution das Elend, sondern das Elend die Revolution hervorbrachte.
Wir brauchen diesen Notizen weiter nichts hinzuzufügen. Die große politische, aus der sozialen Lage England's hervorgegangene Bewegung der Chartisten, welche man am 10. April mit einigen Konstablerstöcken zu Boden zu schlagen glaubte, und über deren augenblickliches Erstarren man so brutal triumphirte, sie konnte sich daher nicht lange hinter ihren Dämmen halten. Dieselben Blätter, welche uns die letzte Statistik der englischen Zustände bringen, sie brachten uns auch'die Nachricht, daß die „elendigen Burschen und Taschendiebe“, wie der Citoyen Brougham sie nennt, abermals im Felde sind, daß sich die Chartisten auf's Neue in Massen erhoben haben.
Gestern, am Sonntag, heißt es, war das moralische England, die moralische Metropole, der Sitz und das Centrum aller geistlichen und weltlichen Autorität, recht unter den Augen eines wahren Heeres von Polizisten und Priestern, die Scene der ernstlichsten und wildesten Konflikte. Bei Bethnal-green versammelte sich das Volk in großen Massen; zu Thätlichkeiten übergehend, fechtend mit der Polizei und nicht eher den Kampfplatz verlassend, als bis mehrere Köpfe entzwei geschlagen waren. Von 10 bis 1 Uhr dauerte dieser Skandal. Bei Hackney und im Viktoriapark ging dasselbe vor. In den Virginiengärten suchte man die Konstabler zu ermorden. Das Volk drang mit Piken auf sie ein. In Bischof Boner's Feld brauchte man Messer. Ein Polizist wurde gesteinigt; die Fenster der Kirche warf man ein. Die Artillerie war in Bereitschaft, die ganze Polizeimannschaft Londons auf den Beinen und im Kampfe.
Dies war indeß nicht Alles. Einer der Leiter der Chartisten, Hr. Ernest Jones, von dessen glühender Beredsamkeit man bereits weiß, welchen Effekt sie auf die Massen macht, erhob sich mitten aus dem Tumult und kündigte dem Volke an, daß man Lancashire und Yorkshire schützend im Rücken, am nächsten Pfingstmontag ein anderes Kennington Common-Meeting, aber nicht auf Kennington, halten werde, indem er Jeden ermahnte, sich darauf vorzubereiten, damit in wenigen Tagen die grüne Flagge über Downing-Street flattre, damit Frost und Mitchell heimkehren mögten nach England und Lord John Russell und Lord Grey endlich ihren Weg fänden nach Baffins-Bai.
Man kann sich denken, welche Aufregung diese Vorfälle in London verbreitet haben. Der Standard, mehr als alle andere Blätter darüber indignirt, daß man den Sabbat so revolutionär-chartistisch entweiht hat, ruft geradezu aus, daß Lord John Russell einen Platz in Ihrer Majestät Gefängniß verdiene, wenn nicht in 24 Stunden der Chartist Ernest Jones denselben eingenommen.
‒ Die Manchester Times und der Leeds Intelligencer bringen uns die Nachricht von mehreren Chartistenementen in der Umgegend von Manchester, in Leeds und in Nottingham.
‒ Aus Irland gehen die Berichte bis zum 2. Juni. Wie wir früher bereits bemerkten, hat O'Brien im Namen der irischen Konföderation eine Adresse an das Volk erlassen. Es heißt darin in Betreff des Mitchell'schen Prozesses: „Katholiken Irlands! Beugt eure Häupter vor Scham. Man hat euch als unwürdig gebrandmarkt, auszuüben die Gerechtigkeit in eurem eigenen Lande. Bei der letzten Untersuchung hat man jeden katholischen Einwohner der Stadt wie einen Meineidigen schmählich von den Bänken der Jury gejagt.
Sklaven seid ihr, Sklaven verdientet ihr zu bleiben, ihr und eure Kinder, wenn ihr nicht aufständet wie ein Mann, diesen Insult zu rächen.“
Die Aufregung in Dublin hat ihren Gipfel erreicht. Am vorigen Samstag wußten die Leiter der Masse die Volkswuth kaum mehr zu zügeln.
‒ Im Oberhause machte Lord Mounteagle gestern eine Motion in Betreff des irischen Armengesetzes. Der Marquis von Londonderry brachte die italiänische Angelegenheit zur Sprache. Lord Brougham kam auf die Bewegung der Chartisten und der Nepealer zurück und der Bischof von Oxford beantragte die zweite Lesung der Bill zum Schutze der Frauen.
Im Unterhause entwickelte sich eine Debatte in Betreff der Aenderung des Parlaments-Eides und der Unruhen in den Tower Hamlets. Hr. Muntz rief dann einige Erklärungen Lord Palmerstons wegen der neapolitanischen Massakres hervor, worauf sich das Haus mit einer Motion des Hrn. Goring, in Betreff einer neuen Wahlausschreibung für Horsham, beschäftigte. Nachdem dieser Vorschlag mit 114 Stimmen verworfen worden war, ging man zu der für diesen Tag bestimmten Debatte über die zwischen dem englischen u. spanischen Kabinet bestehenden Streitigkeiten über. Hr. Sheil, Lord Mahon, Lord John Russell, Hr. Disraeli, Sir Robert Inglis, Lord Palmerston, Hr. Hume, Hr. Urquhardt, kurz alle großen Redner des Parlamentes nehmen Theil an dieser Debatte, welche damit endete, daß die Motion des Herrn Bankes ohne Abstimmung verneint wurde. Wegen des großen Umfangs unsrer heutigen englischen Post werden wir die Details dieser Debatte morgen geben.
Amerika. In Southampton langte mit dem „Severn“ die westindische Post an, Von Panama, 23. April. Der Zustand der Kolonieen war noch gerade so schlimm und beklagenswerth wie früher und in Jamaica wurden zahlreiche Versammlungen gehalten um die Lage der Dinge in Berath zu ziehen.
General Santa Anna, Ex-Diktator von Mexiko war mit seiner jungen Gemahlin in Jamaica angekommen und hatte in Torringtonhous seinen Wohnsitz genommen. Von St. Domingo trafen sehr betrübende Nachrichten ein, da in Port-au-Prince eine Insurrektion ausgebrochen und auch andere Theile in wilder Bewegung waren, die zunächst den Sturz des Präsidenten bezweckten.
Die Behörden triumphirten indeß und viele der Insurgenten wurden erschossen und geköpft.
In Liverpool kam die Cambria von New-York an. Sie brachte L. 73,000 baar und 74 Passagiere. Sie verließ Neu-York am 24. Mai. Mehlpreise waren in Folge größerer Zufuhren gefallen. Baumwolle fest und Preise etwas höher. Die Aussichten für die Aernte sehr günstig.
In der Politik war nicht viel Neues. General Scott, der kürzlich von der Eroberung Mexicos nach den Vereinigten Staaten zurückkehrte, drückte seine feste Ueberzeugung aus, daß der Friedensvertrag zwischen Mexiko und den Staaten wohl schon jetzt ratifizirt sei, und daß man die betreffenden Nachrichten jeden Tag erhalten könne.
(Hierzu eine Beilage.)
Der Gerant: Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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