Neue Rheinische Zeitung. Nr. 10. Köln, 10. Juni 1848.eine Erklärung zulasse, nach welcher bewaffnetes Einschreiten gar nicht nothwendig erscheine. Nur im Vertrauen, daß Flotte und Heer sich auf Vertheidigung der dänischen Inseln beschränken, daß der König alles zur friedlichen Beilegung des Streites aufbieten und daß die Hülfeleistung keineswegs eine weitere Annäherung oder ein bedenkliches künftiges Schutz- und Trutzbündniß vorbei reiten werde, bewilligt der Storting die Kriegssubsidien, zumal da eine Ablehnung der von den schwedischen Ständen bereits genehmigten königl. Anträge das Bruderband zwischen den Reichen bedeutend schwächen würde. Man sieht, der Storting hat die Bewilligung nur nicht gerade ausschlagen wollen. Belgien. Brüssel, 8. Juni. Aus den Nachforschungen des Gouvernements über die Resultate des Gesetzes in Betreff der Wahlreform geht hervor, daß die Zahl der für nächsten Dienstag eingeschriebenen Wähler fast doppelt so groß ist wie voriges Jahr. In 1847 war die Zahl 46,436; in 1848 ist sie 79,360. - Die konstitutionelle Mustermonarchie entwickelt sich immer glänzender. Das baare Geld ist so sehr aus unserm Lande verschwunden, daß man selbst für den gewöhnlichen Verkehr Papiergeld einführen muß. Die Societe generale ist durch königlichen Beschluß ermächtigt worden, Fünffranken-Noten bis zum Betrage von drei Millionen auszugeben. Das diese Emission aber erst der Anfang ist, beweist der Schluß des königlichen Erlasses, wo rin es heißt: Das Maximum von 3 Millionen versteht sich nur von der gegenwärtigen ersten Emission der Fünffrankenbillets. Spätere Emissionen können wenn es nöthig ist, durch unsern Finanzminister beschlossen werden, der sich über deren Belauf mit der Direktion der Societe generale verständigen wird. Also ein bloßer Ministerialbeschluß wird in Zukunft genügen, um Belgien mit Papiergeld zu überschwemmen! Die Soc. gen. hat jetzt schon 8 Mill. Papiergeld emittirt (diese 3 Mill. einbegriffen). 7Lüttich, 8. Juni. Hr. Tedesco (dessen Verhaftung wir vor einigen Tagen anzeigten) ist nun wirklich, nachdem Haussuchung bei ihm gehalten und seine Papiere confiscirt worden, nach Brüssel transportirt. Er ist angeschuldigt der Betheiligung an der Affäre der pariser belgischen Legion, als Theilnehmer an welcher, wie Sie wissen, Hr. Spilthoorn aus Gent seit geraumer Zeit sitzt. Wie abgeschmackt die rein aus der Luft gegriffene Anklage ist, geht schon daraus hervor, daß Hr. Tedesco nie, und vollends seit der Februar Revolution nicht in Paris war. Aber die Regierung will auf die Wahlen wirken, sie will den jetzt Wähler gewordenen kleinen Bürger und Landmann einschüchtern, und zu diesem Zweck muß sie der Affäre von Risquons-Tout die riesigsten Dimensionen geben. Wie schön lebt sich's doch unter einer Konstitution, die allen andern Ländern als höchstes Gut erscheint! Französische Republik. * Das französische Volk wird seit einigen Tagen mit einem finanziellen Kauderwelsch mystifizirt, das seines Gleichen in der Geschichte der Politik der Agiotage sucht. Die großen Bürger Billault, Berryer, Faucher, Lasteyrie, Bineau haben ein Mittel entdeckt, um den öffentlichen Kredit zu retten, um alle socialen Fragen zu lösen. Gegenüber den Phrasen der Februarrevolution von Organisation der Arbeit, Nationalwerkstätten, demokratischer Regulirung des Kreditwesens und dergleichen Phantastereien schlagen diese gewiegten Männer eine solide ökonomische Maßregel vor, deren Resultat alle Erwartungen übertreffen muß. Diese Maßregel ist die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, der Austausch der Schatzbons und Sparkassenbücher gegen 5prozentige Renten zu dem jetzigen Kurse der Staatsschuldscheine, nämlich zu 70 Fr. Konsolidirte Schuld! Schwebende Schuld! 5prozentige! Kurs zu 70 Fr. Das profane Volk muß inne werden, daß die Zeit jener großen Fragen wiedergekehrt, wo nur über den Finanzen und der Börse ergraute Männer ein Wort drein zu reden haben! Aber hinter den Mysterien dieser Männer lauert sein Wohl! Die Sache ist einfach so. Einer hat dem Staat Geld geliehen. Er erhält nicht nur Zinsen für dies Geld, sondern kann die vorgeschossene Summe selbst nach einem gewissen Zeitraume zurückerhalten oder muß sie auch zurücknehmen, sobald der Staat dies verlangt. In diesem Fall heißt die Schuld des Staats eine schwebende Schuld, die also wesentlich dadurch bestimmt ist, daß der Staat sich zur Rückzahlung des vorgeschossenen Kapitals verpflichtet. Gesetzt aber, es werde dem Staate Geld geliehen blos unter der Bedingung, Zinsen zu zahlen, ohne je das Kapital zurückzahlen zu müssen oder zurückzahlen zu dürfen ohne Einwilligung des Mannes, der's ihm geliehen hat - so heißt diese Staatsschuld eine konsolidirte Schuld. Sie wird zu dem Stock der Staatsschuld geschlagen. In diesem Fall gibt der Staat einen Schuldschein, den ich, falls ich mein Kapital nöthig habe, auf der Börse verkaufen kann. Der Preis dieser Schuldscheine wechselt, wie der aller andern Werthe, jenachdem viel oder wenig Nachfrage danach auf dem Markte stattfindet. Der jedesmalige Preis dieser Scheine auf der Börse heißt ihr Kurs. Die Verwandlung einer schwebenden Schuld in eine konsolidirte Schuld läßt die Schuld also nach wie vor bestehen. Sie verändert nur die Form des Schuldverhältnisses. Und in diesem trivalen Finanzmanöver glauben die Weisen, Billault, Faucher, Berryer und Konsorten den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber nein. So seicht die ökonomische Bildung dieser Routiniers der alten Schule ist, sie sind weit davon entfernt, sich solche Illusion zu machen. Unter dem Vorwand, den Kredit und die Industrie zu retten und einmal wie Berryer sagt etwas Erkleckliches für das arme Frankreich zu thun, verbirgt sich eine große Mystifikation und eine ganze Reihe von kleinen Ränken, Börsenränken, und parlamentarischen Ränken. Die große Mystifikation haben wir schon angedeutet. Durch die mysteriöse Wichtigkeit, die solchen unbedeutenden Verhandlungen gegeben wird, soll die Theilnahme des Volks an den ökonomischen Fragen, die seine Lebensfragen sind, ermüdet, gefoppt, getödtet werden. Und nun die Börsenränke! Es ist bekannt, daß die Regierung Louis Philipps das in den Sparkassen deponirte Geld der kleinen Bürger, Handwerker, Dienstboten und Arbeiter vergeudet hatte. Es ist ferner bekannt, daß die Schatzbons, von deren Verwandlung in 5pCtige Staatsschuldscheine hier die Rede ist, ebenfalls königliche Schatzbons sind, daß die Summen, wofür diese Zinsentragenden Wechsel ausgestellt wurden, von derselben königl. Regierung verausgabt worden sind. Es ist endlich bekannt, daß die Regierung der Republik in diesem Augenblicke nicht in der Lage ist, die Schulden des Königthums zu liquidiren und die von den Besitzern der Sparkassenbücher und Schatzbons vorgeschossenen Summen zurückzuzahlen. Was bezweckt nun die Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in 5pCtige Renten zum heutigen Kurse? In diesem Augenblick steht der Kurs der Staatspapiere sehr niedrig, auf 70 Fr. Die Besitzer der Schatzbons also erhalten 5pCtige Renten für je 70 Fr., die der Staat ihnen schuldet. Sie erhalten also wirklich 71/7 pCt. und diesen Herren 71/7 pCt. auszahlen statt der ursprünglich ihnen zukommenden 5 pCt., ist das nicht ein Mittel, die Arbeiterfrage zu lösen und Frankreich zu retten? Ferner: Der Cours der Staatspapiere wird nicht immer auf 70 Fr. stehen. Entweder macht der Staat Bankerut oder der Cours steigt auf 80 Fr., über 80 Fr. Dieselben Herren, die früher 70 Fr. dem Staat für ihre Renten gegeben, verkaufen sie dann später auf der Börse zu 80 Fr. und ist das nicht wieder ein Nettoprofit für das Volk der Franzosen? Die kleineren Kaufleute und Industriellen werden gezwungen, die Renten, die sie für ihre Schatzbons einlösen, sofort auf der Börse loszuschlagen. Der Cours der Staats-Schuldscheine wird also durch diese enorm große Zufuhr noch mehr fallen. Die Leute müssen ihre Renten zu Spottpreisen verkaufen, aber ist so nicht den großen Kapitalisten Gelegenheit gegeben, sich auf billigerem Wege in den ausschließlichen Besitz dieser Renten zu setzen? und so sehr die Herren gegen die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Staatsschuldscheine in den Taschen der Finanzbarone. Endlich, welch frisches Leben verspricht die Börse, sobald sie mit einer Masse neuer Effekten überschwemmt wird, welchen Handel und Wandel! Der Staat kann offenbar nicht besser die in Agonie versunkene Industrie beleben, als indem er eine fieberhafte Agiotage hervorruft. Was nun die Besitzer der Sparkassenbücher angeht, so betragen die Summen, welche sie, die kleineren Leuten, dem Staate geliehen haben, selten 100 Fr., sind also nicht einmal gegen die geringsten Staatsschuldscheine auswechselbar. Für die Sparkassenbücher ist die Maßregel daher rein illusorisch. Das sehr praktische an der Sache ist, daß die kleinen Leute abwarten können, bis der Staat die ihm vorgeschossenen Kapitalien wiedererstatten kann, die großen Herren aber 71/7 pCt. garantirt erhalten und neue Beute für die Agiotage. Endlich die parlamentarische Ränke! Man erschwert der Regirung den Ankauf der Eisenbahnen, indem man durch die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte die Börse mit einer Masse Renten überschwemmt, den Cours der Renten also noch tiefer herabdrückt und so der Regierung, welche die Eisenbahnaktien nur mit Staatsrenten zu dem jedesmaligen Course bezahlen kann, schwierigere Bedingungen vorbereitet. Sicher ein Mittel, um die Staatslasten zu erleichtern. Aber das Ministerium steht und fällt mit dem Eisenbahngesetz und der Sturz des Ministeriums, das ist das letzte Wort dieser kleinen parlamentarischen Advokaten. Nur so kann man begreifen, daß die ganze Sitzung vom 6. Juni damit hinging, zu debattiren, welcher Gesetzvorschlag die Priorität haben solle, der Vorschlag des Finanzcomite über die Schatzbons und Sparkassenbücher oder der Vorschlag des Finanzministeriums über den Eisenbahnankauf. Die Gesetze, die Interessen des Volkes, die Rechte der Arbeiter, der Nationalreichthum, für die Cabone der konstitutionellen Monarchie, für die ernsten Männer der Praxis sind das alles nur Formeln, um ein Ministerium anzugreifen und zu vertheidigen. Bei dieser Gelegenheit fanden zudem die versteckten legitimistischen und konstitutionellen Contrerevolutionäre die schönste Gelegenheit, unter dem Vorwand der zärtlichsten Sorglichkeit für den Kredit und die Republik der geängsteten Phantasie der Bürger die schauerlichsten Bankerutgespenster vorvorzuführen. Dies war die letzte Pointe der Deklamationen eines Berryer, des Freundes Karl X. und eines Billault, des Kameraden von Thiers. Sitzung der N-Versammlung vom 6. Juni. In der heutigen Sitzung wurde, nach einigen Neben-Diskussionen, von Hrn. Bineau der Bericht des Finanzcomites depoirt über den Vorschlag der Regierung, die Eisenbahnen anzukaufen vorgelegt. Das Comite schlug vor, diesen Vorschlag zu verwerfen. An der Tagesordnung ist die Diskussion über den Gesetzvorschlag des Finanzcomites wegen Zahlung der Schatzbons und der Sparkassengelder. Hr. Faucher, Mitglied des Comites, bemerkt daß der Vorschlag durch ein Versehen auf die Tagesordnung gekommen sei und das Comite bloß wünsche, daß zu seiner Diskussion ein Tag festgesetzt werde. Es entspinnt sich eine Diskussion darüber, welcher Gegenstand zuerst diskutirt werden soll: Der Eisenbahn Vorschlag oder der Vorschlag des Comites. An der Diskussion betheiligten sich u. A. Hr. Garnier Pages, Lasteyrie, Duclerc, Berryer, Billault, Laboissiere, Reynal. Die ganze Sitzung geht darüber hin und endlich wird entschieden mit 387/362 Stimmen, daß der ministerielle Vorschlag zuerst diskutirt werden soll. - Nach den bisher bekannt gewordenen Wahlen, zählen in Paris die Herren Thiers, Changarnier, Goudchaux, Moreau, Girardin, Fould, Caussidiere, Hugo, Lay, Boussel, Passy die meisten Stimmen. - In Alencon soll Thiers gewählt sein. - In Rouen haben die meisten Stimmen die Herren Loyer, Thiers und Ch. Dupin. - Von den Wahlen im Departement du Nord sind bekannt geworden die Herren Antony Thouret, Ulysse Tence, Mimerel und Genoude. - Der von der Exutivkommission in der Sitzung vom 5. Juni durch das Organ des Herrn Recurt, Minister des Innern, vorgelegte Dekretentwurf über öffentliche Volkszusammenschaarungen lautet, wie folgt: "Die Kommission der exekutiven Gewalt beschließt: Art. 1. Jede bewaffnete Zusammenschaarung auf den Straßen ist untersagt. Gleichfalls ist jede nicht bewaffnete Zusammenschaarung untersagt, die die öffentliche Ruhe stören könnte. Art. 2. Die bewaffnete Zusammenschaarung konstituirt ein Verbrechen, wenn sie nicht auf die erste Sommation sich auflöst. Sie konstituirt kein Verbrechen, wenn sie auf die erste Sommation ohne Widerstand sich auflöst. Art. 3. Die Zusammenschaarung ist bewaffnet: 1) wenn mehre Individuen, die sie bilden, offen Waffen tragen oder geheime Waffen bei sich führen. 2) Wenn sich ein einziges Individuum, das Waffen trägt, in der Masse befindet, und nicht sofort von denen, welche die öffentliche Zusammenrottirung bilden, verjagt wird. Art. 4. Wenn eine bewaffnete oder unbewaffnete Zusammenschaarung sich auf öffentlichem Platze gebildet hat, werden sich der Maire oder einer seiner Adjutanten, oder in Ermangelung derselben, ein Polizei-Kommissär oder jeder andre Agent oder Depositär der öffentlichen Gewalt und der exekutiven Macht, mit der trikolen Schärpe umhangen, an den Ort der Zusammenschaarung begeben. Ein Trommelwirbel wird die Ankunft des Magistrats ankündigen. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat sie auffordern, sich aufzulösen und zurückzuziehn. Bleibt diese erste Aufforderung wirkungslos, so wird die Magistratur eine zweite Aufforderung erlassen, der neues Trommelwirbeln vorhergeht. Im Fall der Widersetzlichkeit, wird die Zusammenschaarung durch Gewalt zerstreut. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat, nach dem ersten Trommelwirbel, die Bürger ermahnen, auseinanderzugehn. Ziehn sie sich nicht zurück, so werden drei aufeinanderfolgende Aufforderungen an sie ergehn. Im Fall der Widersetzlichkeit wird die Zusammenschaarung gewaltsam auseinandergetrieben werden. Art. 5. Wer Theil an einer bewaffneten Zusammenschaarung nimmt, wird bestraft werden, wie folgt: Hat sich die Zusammenschaarung aufgelöst nach der ersten Sommation und ohne Gebrauch von ihren Waffen zu machen, so wird die Strafe 6 Monate bis zwei Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung während der Nacht gebildet, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung erst nach der zweiten Sommation aufgelöst, aber vor der Anwendung von Gewalt und ohne Gebrauch von den Waffen gemacht zu haben, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre betragen und drei bis sechs Jahre, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. Hat sich die Zusammenschaarung erst zerstreut vor der Gewalt und nach Anwendung von Waffen, so wird die Strafe 5 bis 10 Jahre Einsperrung betragen. Sie wird von 8 bis 12 Jahren sein, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. In allen Fällen wird den Schuldigen die Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte untersagt werden. Art. 6. Wer Theil nimmt an einer nicht bewaffneten Zusammenschaarung und sie nicht verlassen hat nach dem Trommelwirbel, der der zweiten Sommation vorhergeht, wird mit einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden Hat die Zusammenschaarung nur durch Waffengewalt auseinander gesprengt werden können, so wird die Strafe 15 bis 18 Monaten. betragen. Art. 7. Jede Provocation zu einer bewaffneten oder nicht bewaffneten Zusammenschaarung durch Rede, Schrift, Drucksachen, seien sie vertheilt oder affichirt, wird bestraft werden, wie das Verbrechen oder das Vergehen selbst, gemäß den obengemachten Unterscheidungen. Die Drucker, Graveurs, Lithographen, Afficheurs und Vertheiler werden wie Mitschuldige bestraft werden. Ist die auf erwähntem Wege statthabende Provocation erfolglos so, wird sie mit 6 Monaten bis zu einem Jahre Gefängniß bestraft werden, wenn es sich von einer Provocation zu nächtlicher und bewaffneter Zusammenschaarung handelt, mit einer Gefängnißstrafe von einem bis drei Monaten, wenn es sich um eine unbewaffnete Zusammenschaarung handelt. Art. 8. Die gerichtlichen Verfolgungen wegen des Verbrechens oder des Vergehens der Zusammenschaarung, schließen die gerichtlichen Verfolgungen für besondere Verbrechen oder Vergehen nicht aus, die während der Zusammenschaarungen Statt hatten. Art. 9. Der Artikel 483 des Strafgesetzbuches ist anwendbar auf die durch dieses Gesesetz vorgesehenen oder bestraften Vergehen. Art. 10. Die Verfolgungen wegen des Vergehens oder des Verbrechens der Zusammenschaarung werden vor die Assisengerichte gebracht werden. So geschehen im Luxembourg, den 5. Juni 1848. Die Mitglieder der Executivgewalt: F. Arago, Ledru-Rollin, Lamartine, Marie, Garnier-Pages. Dieses unglaubliche Actenstück haben die Herren Ledru-Rollin und Lamartine unterschrieben! Herr Recurt hat die Vorlage dieses Dekretentwurfs an die Nationalversammlung mit folgenden salbungsvollen Gemeinplätzen eingeleitet: "Auf dem ersten Plan der Rechte steht das Recht der Vereinigung, das heißt für den Menschen das Recht in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben, und so den gesellschaftlichen Fortschritt zu verwirklichen, durch den steten Austausch der Ideen, der Empfindungen und des Willens." Und um dieß erste Recht, um diese Bedingung des gesellschaftlichen Fortschritts zu verwirklichen, findet die executive Kommission kein besseres Mittel, als dem ersten besten Agenten der öffentlichen Gewalt, das heißt, der Polizei freizustellen, die unschuldigste Versammlung für Ruhestörung zu erklären und durch diese Zauberformel die Ausübung des Rechts in ein Verbrechen zu verwandeln. Aber der gute Recurt! Die alten fünf und zwanzig jährigen republikanischen Erinnerungen tauchen in ihm auf, die alten republikanischen Redensarten stürzen sich ungerufen hervor, und erst als er den Dekretentwurf vorliest, fällt ihm ein, daß er einen Anachronismus begangen hat. Das Dekret schlägt die Schreiber, Drucker, Vertheiler und Afficheurs mit Interduktion oder setzt sie allen Zufällen einer gerichtlichen Loterie aus. Schuldet man eine Schrift an, sie habe zu öffentlichen Zusammenkünften provonirt, so werden Alle als Mitschuldige betrachtet, Alle, selbst die Afficheurs. Warum nicht auch die Setzer, welche die Typen zusammengestellt, warum nicht die Arbeiter, welche die Presse geheizt, um Exemplare daraus zu ziehen und die Zeitungsfalter, welche die Bande um sie geschlagen haben? Hebert der Erfinder der complicite rorale hat seinen Meister gefunden in Ledru-Rollin, der seiner Zeit den Dupoty gegen die Lehre, von der complicite rorale vor dem Pairshofe zu Paris vertheidigte. Aber das war lang vor der Februarrevolution. Noch mehr. Wenn die Provocation zu einer Zusammenschaarung, selbst zu einer unbewaffneten Zusammenschaarung ohne Erfolg war, so konstituirt sie ein Hauptvergehen und wird mit Gefängnißstrafe belegt. Welche Consequenz! Das Dekret straft jeden, der in einer unbewaffneten Zusammenschaarung nach der ersten Sommation sich nicht freiwillig zurückzieht. Wenn die Provocation erfolglos wenn also im Sinne des Strafgesetzes keine Zusammenschaarung stattgefunden, wie hat der Schreiber, der zu ihr provocirte, ein Verbrechen begehen können! Außerdem müßte die Zusammenschaarung nach dem Dekret die öffentliche Ruhe haben stören können, denn das Dekret erklärt, nur diese Art der Zusammenschaarung zu untersagen. Und wenn die Massen nach der ersten Aufforderung auseinander gegangen, durch welche Spitzfindigkeit herausbringen, daß die öffentliche Zusammenrottung hätte gefährlich werden können! Es heißt dieß in andern Worten: Es ist verboten, zu öffentlichen Reunionen aufzufordern, es sei denn mit Willen, Wissen und Gutdünken der allergnädigsten Polizei. Die bewaffneten Zusammenschaarungen werden nun gar mit 5, 6, 10 Jahren bestraft und nach dem Dekretentwurf findet eine bewaffnete Zusammenkunft Statt, wenn ein einziges der Individuen, die sie bilden, Waffen trägt und nicht unmittelbar von den übrigen Mitgliedern der öffentlichen Zusammenkunft verjagt wird! Es braucht sich also nur ein Spion bei einem öffentlichen Auflauf einzumischen, einen Degenstock in der Hand, um jede beliebige Zusammenschaarung in eine bewaffnete zu verwandeln, sämmtliche Neugierige 6 Jahre ins Zuchthaus zu bringen, wenn sie nicht auf der Huth waren und sofort den Störefried verjagten. Die öffentlichen Zusammenschaarungen finden besser gar nicht Statt - das ist die Pointe dieses Musterdekrets, die letzte Rednerblume Lamartines, die letzte Lava, die der revolutionäre Vulkan Ledru-Rollin auf die Oberfläche geschleudert hat. - Letzten Samstag fand hier eine rührende Reunion Statt. Die Februarverwundeten, unter Anführung ihres Präsidenten, fraternisirten mit den Julidekorirten. Acht hundert Bürger wohnten diesem Familienfest bei. Ein Februarverwundeter entlockte der ganzen Versammlung Thränen, als er sagte, daß die Republik, kaum 3 Monate nach ihrer Geburt, ihr demokratisches Princip so sehr verläugne, daß sie es der Sorge des Zufalls und der öffentlichen Wohlthätigkeit überlasse, den Bürgern, welche für sie gefallen, die letzte Ehre zu erweisen. Nach den ersten pomphaften Ceremomonien der Bestattung der Opfer des Februars am Fuße der Julisäule, wirft man heute in die gemeinschaftliche Armengruft die plebejischen Verwundeten, die in ihrem Hause an den Folgen ihrer Wunden verschieden sind. Frauen, welche dieser Runion beiwohnten, bewiesen durch ihr Schluchzen, daß ihnen nicht einmal der Trost geblieben, auf dem Grab ihrer Männer zu weinen, die für die Republik gefallen. Wozu auch ein besonderes Grab für die Kanaille? - X Paris, 7. Juni. Die Spannung ist ungeheuer: heute wird die Kammer über den Entwurf der Exekutiv-Kommission abstimmen, wodurch allen Versammlungen unter freiem Himmel und allem Affichenankleben ein sichres Ende gemacht wird. Daß die Bourgeoisie solche wahrhaft drakonische Gesetze zu fabriziren vermag, ist nicht zu verwundern; sie hat das Geld, sie hat die Gewalt. Die erwähnten Gesetze, wenn sie durchgehen, übertreffen das alte Martialgesetz von 1790; sie nennen z. B. jede Zusammenrottung eine bewaffnete, in welcher eine oder mehrere Personen, offen oder heimlich Waffen tragen, und befehlen, daß dieselben sofort von den Umstehenden gefangen genom- eine Erklärung zulasse, nach welcher bewaffnetes Einschreiten gar nicht nothwendig erscheine. Nur im Vertrauen, daß Flotte und Heer sich auf Vertheidigung der dänischen Inseln beschränken, daß der König alles zur friedlichen Beilegung des Streites aufbieten und daß die Hülfeleistung keineswegs eine weitere Annäherung oder ein bedenkliches künftiges Schutz- und Trutzbündniß vorbei reiten werde, bewilligt der Storting die Kriegssubsidien, zumal da eine Ablehnung der von den schwedischen Ständen bereits genehmigten königl. Anträge das Bruderband zwischen den Reichen bedeutend schwächen würde. Man sieht, der Storting hat die Bewilligung nur nicht gerade ausschlagen wollen. Belgien. Brüssel, 8. Juni. Aus den Nachforschungen des Gouvernements über die Resultate des Gesetzes in Betreff der Wahlreform geht hervor, daß die Zahl der für nächsten Dienstag eingeschriebenen Wähler fast doppelt so groß ist wie voriges Jahr. In 1847 war die Zahl 46,436; in 1848 ist sie 79,360. ‒ Die konstitutionelle Mustermonarchie entwickelt sich immer glänzender. Das baare Geld ist so sehr aus unserm Lande verschwunden, daß man selbst für den gewöhnlichen Verkehr Papiergeld einführen muß. Die Société générale ist durch königlichen Beschluß ermächtigt worden, Fünffranken-Noten bis zum Betrage von drei Millionen auszugeben. Das diese Emission aber erst der Anfang ist, beweist der Schluß des königlichen Erlasses, wo rin es heißt: Das Maximum von 3 Millionen versteht sich nur von der gegenwärtigen ersten Emission der Fünffrankenbillets. Spätere Emissionen können wenn es nöthig ist, durch unsern Finanzminister beschlossen werden, der sich über deren Belauf mit der Direktion der Société génèrale verständigen wird. Also ein bloßer Ministerialbeschluß wird in Zukunft genügen, um Belgien mit Papiergeld zu überschwemmen! Die Soc. gén. hat jetzt schon 8 Mill. Papiergeld emittirt (diese 3 Mill. einbegriffen). 7Lüttich, 8. Juni. Hr. Tédesco (dessen Verhaftung wir vor einigen Tagen anzeigten) ist nun wirklich, nachdem Haussuchung bei ihm gehalten und seine Papiere confiscirt worden, nach Brüssel transportirt. Er ist angeschuldigt der Betheiligung an der Affäre der pariser belgischen Legion, als Theilnehmer an welcher, wie Sie wissen, Hr. Spilthoorn aus Gent seit geraumer Zeit sitzt. Wie abgeschmackt die rein aus der Luft gegriffene Anklage ist, geht schon daraus hervor, daß Hr. Tédesco nie, und vollends seit der Februar Revolution nicht in Paris war. Aber die Regierung will auf die Wahlen wirken, sie will den jetzt Wähler gewordenen kleinen Bürger und Landmann einschüchtern, und zu diesem Zweck muß sie der Affäre von Risquons-Tout die riesigsten Dimensionen geben. Wie schön lebt sich's doch unter einer Konstitution, die allen andern Ländern als höchstes Gut erscheint! Französische Republik. * Das französische Volk wird seit einigen Tagen mit einem finanziellen Kauderwelsch mystifizirt, das seines Gleichen in der Geschichte der Politik der Agiotage sucht. Die großen Bürger Billault, Berryer, Faucher, Lasteyrie, Bineau haben ein Mittel entdeckt, um den öffentlichen Kredit zu retten, um alle socialen Fragen zu lösen. Gegenüber den Phrasen der Februarrevolution von Organisation der Arbeit, Nationalwerkstätten, demokratischer Regulirung des Kreditwesens und dergleichen Phantastereien schlagen diese gewiegten Männer eine solide ökonomische Maßregel vor, deren Resultat alle Erwartungen übertreffen muß. Diese Maßregel ist die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, der Austausch der Schatzbons und Sparkassenbücher gegen 5prozentige Renten zu dem jetzigen Kurse der Staatsschuldscheine, nämlich zu 70 Fr. Konsolidirte Schuld! Schwebende Schuld! 5prozentige! Kurs zu 70 Fr. Das profane Volk muß inne werden, daß die Zeit jener großen Fragen wiedergekehrt, wo nur über den Finanzen und der Börse ergraute Männer ein Wort drein zu reden haben! Aber hinter den Mysterien dieser Männer lauert sein Wohl! Die Sache ist einfach so. Einer hat dem Staat Geld geliehen. Er erhält nicht nur Zinsen für dies Geld, sondern kann die vorgeschossene Summe selbst nach einem gewissen Zeitraume zurückerhalten oder muß sie auch zurücknehmen, sobald der Staat dies verlangt. In diesem Fall heißt die Schuld des Staats eine schwebende Schuld, die also wesentlich dadurch bestimmt ist, daß der Staat sich zur Rückzahlung des vorgeschossenen Kapitals verpflichtet. Gesetzt aber, es werde dem Staate Geld geliehen blos unter der Bedingung, Zinsen zu zahlen, ohne je das Kapital zurückzahlen zu müssen oder zurückzahlen zu dürfen ohne Einwilligung des Mannes, der's ihm geliehen hat ‒ so heißt diese Staatsschuld eine konsolidirte Schuld. Sie wird zu dem Stock der Staatsschuld geschlagen. In diesem Fall gibt der Staat einen Schuldschein, den ich, falls ich mein Kapital nöthig habe, auf der Börse verkaufen kann. Der Preis dieser Schuldscheine wechselt, wie der aller andern Werthe, jenachdem viel oder wenig Nachfrage danach auf dem Markte stattfindet. Der jedesmalige Preis dieser Scheine auf der Börse heißt ihr Kurs. Die Verwandlung einer schwebenden Schuld in eine konsolidirte Schuld läßt die Schuld also nach wie vor bestehen. Sie verändert nur die Form des Schuldverhältnisses. Und in diesem trivalen Finanzmanöver glauben die Weisen, Billault, Faucher, Berryer und Konsorten den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber nein. So seicht die ökonomische Bildung dieser Routiniers der alten Schule ist, sie sind weit davon entfernt, sich solche Illusion zu machen. Unter dem Vorwand, den Kredit und die Industrie zu retten und einmal wie Berryer sagt etwas Erkleckliches für das arme Frankreich zu thun, verbirgt sich eine große Mystifikation und eine ganze Reihe von kleinen Ränken, Börsenränken, und parlamentarischen Ränken. Die große Mystifikation haben wir schon angedeutet. Durch die mysteriöse Wichtigkeit, die solchen unbedeutenden Verhandlungen gegeben wird, soll die Theilnahme des Volks an den ökonomischen Fragen, die seine Lebensfragen sind, ermüdet, gefoppt, getödtet werden. Und nun die Börsenränke! Es ist bekannt, daß die Regierung Louis Philipps das in den Sparkassen deponirte Geld der kleinen Bürger, Handwerker, Dienstboten und Arbeiter vergeudet hatte. Es ist ferner bekannt, daß die Schatzbons, von deren Verwandlung in 5pCtige Staatsschuldscheine hier die Rede ist, ebenfalls königliche Schatzbons sind, daß die Summen, wofür diese Zinsentragenden Wechsel ausgestellt wurden, von derselben königl. Regierung verausgabt worden sind. Es ist endlich bekannt, daß die Regierung der Republik in diesem Augenblicke nicht in der Lage ist, die Schulden des Königthums zu liquidiren und die von den Besitzern der Sparkassenbücher und Schatzbons vorgeschossenen Summen zurückzuzahlen. Was bezweckt nun die Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in 5pCtige Renten zum heutigen Kurse? In diesem Augenblick steht der Kurs der Staatspapiere sehr niedrig, auf 70 Fr. Die Besitzer der Schatzbons also erhalten 5pCtige Renten für je 70 Fr., die der Staat ihnen schuldet. Sie erhalten also wirklich 71/7 pCt. und diesen Herren 71/7 pCt. auszahlen statt der ursprünglich ihnen zukommenden 5 pCt., ist das nicht ein Mittel, die Arbeiterfrage zu lösen und Frankreich zu retten? Ferner: Der Cours der Staatspapiere wird nicht immer auf 70 Fr. stehen. Entweder macht der Staat Bankerut oder der Cours steigt auf 80 Fr., über 80 Fr. Dieselben Herren, die früher 70 Fr. dem Staat für ihre Renten gegeben, verkaufen sie dann später auf der Börse zu 80 Fr. und ist das nicht wieder ein Nettoprofit für das Volk der Franzosen? Die kleineren Kaufleute und Industriellen werden gezwungen, die Renten, die sie für ihre Schatzbons einlösen, sofort auf der Börse loszuschlagen. Der Cours der Staats-Schuldscheine wird also durch diese enorm große Zufuhr noch mehr fallen. Die Leute müssen ihre Renten zu Spottpreisen verkaufen, aber ist so nicht den großen Kapitalisten Gelegenheit gegeben, sich auf billigerem Wege in den ausschließlichen Besitz dieser Renten zu setzen? und so sehr die Herren gegen die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Staatsschuldscheine in den Taschen der Finanzbarone. Endlich, welch frisches Leben verspricht die Börse, sobald sie mit einer Masse neuer Effekten überschwemmt wird, welchen Handel und Wandel! Der Staat kann offenbar nicht besser die in Agonie versunkene Industrie beleben, als indem er eine fieberhafte Agiotage hervorruft. Was nun die Besitzer der Sparkassenbücher angeht, so betragen die Summen, welche sie, die kleineren Leuten, dem Staate geliehen haben, selten 100 Fr., sind also nicht einmal gegen die geringsten Staatsschuldscheine auswechselbar. Für die Sparkassenbücher ist die Maßregel daher rein illusorisch. Das sehr praktische an der Sache ist, daß die kleinen Leute abwarten können, bis der Staat die ihm vorgeschossenen Kapitalien wiedererstatten kann, die großen Herren aber 71/7 pCt. garantirt erhalten und neue Beute für die Agiotage. Endlich die parlamentarische Ränke! Man erschwert der Regirung den Ankauf der Eisenbahnen, indem man durch die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte die Börse mit einer Masse Renten überschwemmt, den Cours der Renten also noch tiefer herabdrückt und so der Regierung, welche die Eisenbahnaktien nur mit Staatsrenten zu dem jedesmaligen Course bezahlen kann, schwierigere Bedingungen vorbereitet. Sicher ein Mittel, um die Staatslasten zu erleichtern. Aber das Ministerium steht und fällt mit dem Eisenbahngesetz und der Sturz des Ministeriums, das ist das letzte Wort dieser kleinen parlamentarischen Advokaten. Nur so kann man begreifen, daß die ganze Sitzung vom 6. Juni damit hinging, zu debattiren, welcher Gesetzvorschlag die Priorität haben solle, der Vorschlag des Finanzcomité über die Schatzbons und Sparkassenbücher oder der Vorschlag des Finanzministeriums über den Eisenbahnankauf. Die Gesetze, die Interessen des Volkes, die Rechte der Arbeiter, der Nationalreichthum, für die Cabone der konstitutionellen Monarchie, für die ernsten Männer der Praxis sind das alles nur Formeln, um ein Ministerium anzugreifen und zu vertheidigen. Bei dieser Gelegenheit fanden zudem die versteckten legitimistischen und konstitutionellen Contrerevolutionäre die schönste Gelegenheit, unter dem Vorwand der zärtlichsten Sorglichkeit für den Kredit und die Republik der geängsteten Phantasie der Bürger die schauerlichsten Bankerutgespenster vorvorzuführen. Dies war die letzte Pointe der Deklamationen eines Berryer, des Freundes Karl X. und eines Billault, des Kameraden von Thiers. Sitzung der N-Versammlung vom 6. Juni. In der heutigen Sitzung wurde, nach einigen Neben-Diskussionen, von Hrn. Bineau der Bericht des Finanzcomités depoirt über den Vorschlag der Regierung, die Eisenbahnen anzukaufen vorgelegt. Das Comité schlug vor, diesen Vorschlag zu verwerfen. An der Tagesordnung ist die Diskussion über den Gesetzvorschlag des Finanzcomités wegen Zahlung der Schatzbons und der Sparkassengelder. Hr. Faucher, Mitglied des Comités, bemerkt daß der Vorschlag durch ein Versehen auf die Tagesordnung gekommen sei und das Comité bloß wünsche, daß zu seiner Diskussion ein Tag festgesetzt werde. Es entspinnt sich eine Diskussion darüber, welcher Gegenstand zuerst diskutirt werden soll: Der Eisenbahn Vorschlag oder der Vorschlag des Comités. An der Diskussion betheiligten sich u. A. Hr. Garnier Pagés, Lasteyrie, Duclerc, Berryer, Billault, Laboissière, Reynal. Die ganze Sitzung geht darüber hin und endlich wird entschieden mit 387/362 Stimmen, daß der ministerielle Vorschlag zuerst diskutirt werden soll. ‒ Nach den bisher bekannt gewordenen Wahlen, zählen in Paris die Herren Thiers, Changarnier, Goudchaux, Moreau, Girardin, Fould, Caussidière, Hugo, Lay, Boussel, Passy die meisten Stimmen. ‒ In Alençon soll Thiers gewählt sein. ‒ In Rouen haben die meisten Stimmen die Herren Loyer, Thiers und Ch. Dupin. ‒ Von den Wahlen im Departement du Nord sind bekannt geworden die Herren Antony Thouret, Ulysse Tencé, Mimerel und Genoude. ‒ Der von der Exutivkommission in der Sitzung vom 5. Juni durch das Organ des Herrn Recurt, Minister des Innern, vorgelegte Dekretentwurf über öffentliche Volkszusammenschaarungen lautet, wie folgt: „Die Kommission der exekutiven Gewalt beschließt: Art. 1. Jede bewaffnete Zusammenschaarung auf den Straßen ist untersagt. Gleichfalls ist jede nicht bewaffnete Zusammenschaarung untersagt, die die öffentliche Ruhe stören könnte. Art. 2. Die bewaffnete Zusammenschaarung konstituirt ein Verbrechen, wenn sie nicht auf die erste Sommation sich auflöst. Sie konstituirt kein Verbrechen, wenn sie auf die erste Sommation ohne Widerstand sich auflöst. Art. 3. Die Zusammenschaarung ist bewaffnet: 1) wenn mehre Individuen, die sie bilden, offen Waffen tragen oder geheime Waffen bei sich führen. 2) Wenn sich ein einziges Individuum, das Waffen trägt, in der Masse befindet, und nicht sofort von denen, welche die öffentliche Zusammenrottirung bilden, verjagt wird. Art. 4. Wenn eine bewaffnete oder unbewaffnete Zusammenschaarung sich auf öffentlichem Platze gebildet hat, werden sich der Maire oder einer seiner Adjutanten, oder in Ermangelung derselben, ein Polizei-Kommissär oder jeder andre Agent oder Depositär der öffentlichen Gewalt und der exekutiven Macht, mit der trikolen Schärpe umhangen, an den Ort der Zusammenschaarung begeben. Ein Trommelwirbel wird die Ankunft des Magistrats ankündigen. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat sie auffordern, sich aufzulösen und zurückzuziehn. Bleibt diese erste Aufforderung wirkungslos, so wird die Magistratur eine zweite Aufforderung erlassen, der neues Trommelwirbeln vorhergeht. Im Fall der Widersetzlichkeit, wird die Zusammenschaarung durch Gewalt zerstreut. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat, nach dem ersten Trommelwirbel, die Bürger ermahnen, auseinanderzugehn. Ziehn sie sich nicht zurück, so werden drei aufeinanderfolgende Aufforderungen an sie ergehn. Im Fall der Widersetzlichkeit wird die Zusammenschaarung gewaltsam auseinandergetrieben werden. Art. 5. Wer Theil an einer bewaffneten Zusammenschaarung nimmt, wird bestraft werden, wie folgt: Hat sich die Zusammenschaarung aufgelöst nach der ersten Sommation und ohne Gebrauch von ihren Waffen zu machen, so wird die Strafe 6 Monate bis zwei Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung während der Nacht gebildet, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung erst nach der zweiten Sommation aufgelöst, aber vor der Anwendung von Gewalt und ohne Gebrauch von den Waffen gemacht zu haben, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre betragen und drei bis sechs Jahre, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. Hat sich die Zusammenschaarung erst zerstreut vor der Gewalt und nach Anwendung von Waffen, so wird die Strafe 5 bis 10 Jahre Einsperrung betragen. Sie wird von 8 bis 12 Jahren sein, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. In allen Fällen wird den Schuldigen die Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte untersagt werden. Art. 6. Wer Theil nimmt an einer nicht bewaffneten Zusammenschaarung und sie nicht verlassen hat nach dem Trommelwirbel, der der zweiten Sommation vorhergeht, wird mit einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden Hat die Zusammenschaarung nur durch Waffengewalt auseinander gesprengt werden können, so wird die Strafe 15 bis 18 Monaten. betragen. Art. 7. Jede Provocation zu einer bewaffneten oder nicht bewaffneten Zusammenschaarung durch Rede, Schrift, Drucksachen, seien sie vertheilt oder affichirt, wird bestraft werden, wie das Verbrechen oder das Vergehen selbst, gemäß den obengemachten Unterscheidungen. Die Drucker, Graveurs, Lithographen, Afficheurs und Vertheiler werden wie Mitschuldige bestraft werden. Ist die auf erwähntem Wege statthabende Provocation erfolglos so, wird sie mit 6 Monaten bis zu einem Jahre Gefängniß bestraft werden, wenn es sich von einer Provocation zu nächtlicher und bewaffneter Zusammenschaarung handelt, mit einer Gefängnißstrafe von einem bis drei Monaten, wenn es sich um eine unbewaffnete Zusammenschaarung handelt. Art. 8. Die gerichtlichen Verfolgungen wegen des Verbrechens oder des Vergehens der Zusammenschaarung, schließen die gerichtlichen Verfolgungen für besondere Verbrechen oder Vergehen nicht aus, die während der Zusammenschaarungen Statt hatten. Art. 9. Der Artikel 483 des Strafgesetzbuches ist anwendbar auf die durch dieses Gesesetz vorgesehenen oder bestraften Vergehen. Art. 10. Die Verfolgungen wegen des Vergehens oder des Verbrechens der Zusammenschaarung werden vor die Assisengerichte gebracht werden. So geschehen im Luxembourg, den 5. Juni 1848. Die Mitglieder der Executivgewalt: F. Arago, Ledru-Rollin, Lamartine, Marie, Garnier-Pagès. Dieses unglaubliche Actenstück haben die Herren Ledru-Rollin und Lamartine unterschrieben! Herr Recurt hat die Vorlage dieses Dekretentwurfs an die Nationalversammlung mit folgenden salbungsvollen Gemeinplätzen eingeleitet: „Auf dem ersten Plan der Rechte steht das Recht der Vereinigung, das heißt für den Menschen das Recht in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben, und so den gesellschaftlichen Fortschritt zu verwirklichen, durch den steten Austausch der Ideen, der Empfindungen und des Willens.“ Und um dieß erste Recht, um diese Bedingung des gesellschaftlichen Fortschritts zu verwirklichen, findet die executive Kommission kein besseres Mittel, als dem ersten besten Agenten der öffentlichen Gewalt, das heißt, der Polizei freizustellen, die unschuldigste Versammlung für Ruhestörung zu erklären und durch diese Zauberformel die Ausübung des Rechts in ein Verbrechen zu verwandeln. Aber der gute Recurt! Die alten fünf und zwanzig jährigen republikanischen Erinnerungen tauchen in ihm auf, die alten republikanischen Redensarten stürzen sich ungerufen hervor, und erst als er den Dekretentwurf vorliest, fällt ihm ein, daß er einen Anachronismus begangen hat. Das Dekret schlägt die Schreiber, Drucker, Vertheiler und Afficheurs mit Interduktion oder setzt sie allen Zufällen einer gerichtlichen Loterie aus. Schuldet man eine Schrift an, sie habe zu öffentlichen Zusammenkünften provonirt, so werden Alle als Mitschuldige betrachtet, Alle, selbst die Afficheurs. Warum nicht auch die Setzer, welche die Typen zusammengestellt, warum nicht die Arbeiter, welche die Presse geheizt, um Exemplare daraus zu ziehen und die Zeitungsfalter, welche die Bande um sie geschlagen haben? Hebert der Erfinder der complicité rorale hat seinen Meister gefunden in Ledru-Rollin, der seiner Zeit den Dupoty gegen die Lehre, von der complicité rorale vor dem Pairshofe zu Paris vertheidigte. Aber das war lang vor der Februarrevolution. Noch mehr. Wenn die Provocation zu einer Zusammenschaarung, selbst zu einer unbewaffneten Zusammenschaarung ohne Erfolg war, so konstituirt sie ein Hauptvergehen und wird mit Gefängnißstrafe belegt. Welche Consequenz! Das Dekret straft jeden, der in einer unbewaffneten Zusammenschaarung nach der ersten Sommation sich nicht freiwillig zurückzieht. Wenn die Provocation erfolglos wenn also im Sinne des Strafgesetzes keine Zusammenschaarung stattgefunden, wie hat der Schreiber, der zu ihr provocirte, ein Verbrechen begehen können! Außerdem müßte die Zusammenschaarung nach dem Dekret die öffentliche Ruhe haben stören können, denn das Dekret erklärt, nur diese Art der Zusammenschaarung zu untersagen. Und wenn die Massen nach der ersten Aufforderung auseinander gegangen, durch welche Spitzfindigkeit herausbringen, daß die öffentliche Zusammenrottung hätte gefährlich werden können! Es heißt dieß in andern Worten: Es ist verboten, zu öffentlichen Reunionen aufzufordern, es sei denn mit Willen, Wissen und Gutdünken der allergnädigsten Polizei. Die bewaffneten Zusammenschaarungen werden nun gar mit 5, 6, 10 Jahren bestraft und nach dem Dekretentwurf findet eine bewaffnete Zusammenkunft Statt, wenn ein einziges der Individuen, die sie bilden, Waffen trägt und nicht unmittelbar von den übrigen Mitgliedern der öffentlichen Zusammenkunft verjagt wird! Es braucht sich also nur ein Spion bei einem öffentlichen Auflauf einzumischen, einen Degenstock in der Hand, um jede beliebige Zusammenschaarung in eine bewaffnete zu verwandeln, sämmtliche Neugierige 6 Jahre ins Zuchthaus zu bringen, wenn sie nicht auf der Huth waren und sofort den Störefried verjagten. Die öffentlichen Zusammenschaarungen finden besser gar nicht Statt ‒ das ist die Pointe dieses Musterdekrets, die letzte Rednerblume Lamartines, die letzte Lava, die der revolutionäre Vulkan Ledru-Rollin auf die Oberfläche geschleudert hat. ‒ Letzten Samstag fand hier eine rührende Reunion Statt. Die Februarverwundeten, unter Anführung ihres Präsidenten, fraternisirten mit den Julidekorirten. Acht hundert Bürger wohnten diesem Familienfest bei. Ein Februarverwundeter entlockte der ganzen Versammlung Thränen, als er sagte, daß die Republik, kaum 3 Monate nach ihrer Geburt, ihr demokratisches Princip so sehr verläugne, daß sie es der Sorge des Zufalls und der öffentlichen Wohlthätigkeit überlasse, den Bürgern, welche für sie gefallen, die letzte Ehre zu erweisen. Nach den ersten pomphaften Ceremomonien der Bestattung der Opfer des Februars am Fuße der Julisäule, wirft man heute in die gemeinschaftliche Armengruft die plebejischen Verwundeten, die in ihrem Hause an den Folgen ihrer Wunden verschieden sind. Frauen, welche dieser Runion beiwohnten, bewiesen durch ihr Schluchzen, daß ihnen nicht einmal der Trost geblieben, auf dem Grab ihrer Männer zu weinen, die für die Republik gefallen. Wozu auch ein besonderes Grab für die Kanaille? ‒ X Paris, 7. Juni. Die Spannung ist ungeheuer: heute wird die Kammer über den Entwurf der Exekutiv-Kommission abstimmen, wodurch allen Versammlungen unter freiem Himmel und allem Affichenankleben ein sichres Ende gemacht wird. Daß die Bourgeoisie solche wahrhaft drakonische Gesetze zu fabriziren vermag, ist nicht zu verwundern; sie hat das Geld, sie hat die Gewalt. Die erwähnten Gesetze, wenn sie durchgehen, übertreffen das alte Martialgesetz von 1790; sie nennen z. B. jede Zusammenrottung eine bewaffnete, in welcher eine oder mehrere Personen, offen oder heimlich Waffen tragen, und befehlen, daß dieselben sofort von den Umstehenden gefangen genom- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar010_016" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0043"/> eine Erklärung zulasse, nach welcher bewaffnetes Einschreiten gar nicht nothwendig erscheine. Nur im Vertrauen, daß Flotte und Heer sich auf Vertheidigung der dänischen Inseln beschränken, daß der König alles zur friedlichen Beilegung des Streites aufbieten und daß die Hülfeleistung keineswegs eine weitere Annäherung oder ein bedenkliches künftiges Schutz- und Trutzbündniß vorbei reiten werde, bewilligt der Storting die Kriegssubsidien, zumal da eine Ablehnung der von den schwedischen Ständen bereits genehmigten königl. Anträge das Bruderband zwischen den Reichen bedeutend schwächen würde. Man sieht, der Storting hat die Bewilligung nur nicht gerade ausschlagen wollen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Belgien.</hi> </head> <div xml:id="ar010_017" type="jArticle"> <head><hi rendition="#g">Brüssel,</hi> 8. Juni.</head> <p>Aus den Nachforschungen des Gouvernements über die Resultate des Gesetzes in Betreff der Wahlreform geht hervor, daß die Zahl der für nächsten Dienstag eingeschriebenen Wähler fast doppelt so groß ist wie voriges Jahr. In 1847 war die Zahl 46,436; in 1848 ist sie 79,360.</p> <p>‒ Die konstitutionelle Mustermonarchie entwickelt sich immer glänzender. Das baare Geld ist so sehr aus unserm Lande verschwunden, daß man selbst für den gewöhnlichen Verkehr Papiergeld einführen muß. Die Société générale ist durch königlichen Beschluß ermächtigt worden, Fünffranken-Noten bis zum Betrage von drei Millionen auszugeben. Das diese Emission aber erst der Anfang ist, beweist der Schluß des königlichen Erlasses, wo rin es heißt: Das Maximum von 3 Millionen versteht sich nur von der gegenwärtigen <hi rendition="#g">ersten</hi> Emission der Fünffrankenbillets. Spätere Emissionen können wenn es nöthig ist, durch unsern Finanzminister beschlossen werden, der sich über deren Belauf mit der Direktion der Société génèrale verständigen wird. Also ein bloßer Ministerialbeschluß wird in Zukunft genügen, um Belgien mit Papiergeld zu überschwemmen!</p> <p>Die Soc. gén. hat jetzt schon 8 Mill. Papiergeld emittirt (diese 3 Mill. einbegriffen).</p> </div> <div xml:id="ar010_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>7</author></bibl><hi rendition="#g">Lüttich,</hi> 8. Juni.</head> <p>Hr. Tédesco (dessen Verhaftung wir vor einigen Tagen anzeigten) ist nun wirklich, nachdem Haussuchung bei ihm gehalten und seine Papiere confiscirt worden, nach Brüssel transportirt. Er ist angeschuldigt der Betheiligung an der Affäre der pariser belgischen Legion, als Theilnehmer an welcher, wie Sie wissen, Hr. Spilthoorn aus Gent seit geraumer Zeit sitzt. Wie abgeschmackt die rein aus der Luft gegriffene Anklage ist, geht schon daraus hervor, daß Hr. Tédesco nie, und vollends seit der Februar Revolution nicht in Paris war. Aber die Regierung will auf die Wahlen wirken, sie will den jetzt Wähler gewordenen kleinen Bürger und Landmann einschüchtern, und zu diesem Zweck muß sie der Affäre von Risquons-Tout die riesigsten Dimensionen geben. Wie schön lebt sich's doch unter einer Konstitution, die allen andern Ländern als höchstes Gut erscheint!</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar010_019" type="jArticle"> <p><bibl><author>*</author></bibl> Das französische Volk wird seit einigen Tagen mit einem finanziellen Kauderwelsch mystifizirt, das seines Gleichen in der Geschichte der Politik der Agiotage sucht. Die großen Bürger Billault, Berryer, Faucher, Lasteyrie, Bineau haben ein Mittel entdeckt, um den öffentlichen Kredit zu retten, um alle socialen Fragen zu lösen. Gegenüber den Phrasen der Februarrevolution von Organisation der Arbeit, Nationalwerkstätten, demokratischer Regulirung des Kreditwesens und dergleichen Phantastereien schlagen diese gewiegten Männer eine solide ökonomische Maßregel vor, deren Resultat alle Erwartungen übertreffen muß. Diese Maßregel ist die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, der Austausch der Schatzbons und Sparkassenbücher gegen 5prozentige Renten zu dem jetzigen Kurse der Staatsschuldscheine, nämlich zu 70 Fr.</p> <p>Konsolidirte Schuld! Schwebende Schuld! 5prozentige! Kurs zu 70 Fr. Das profane Volk muß inne werden, daß die Zeit jener großen Fragen wiedergekehrt, wo nur über den Finanzen und der Börse ergraute Männer ein Wort drein zu reden haben! Aber hinter den Mysterien dieser Männer lauert sein Wohl!</p> <p>Die Sache ist einfach so. Einer hat dem Staat Geld geliehen. Er erhält nicht nur Zinsen für dies Geld, sondern kann die vorgeschossene Summe selbst nach einem gewissen Zeitraume zurückerhalten oder muß sie auch zurücknehmen, sobald der Staat dies verlangt. In diesem Fall heißt die Schuld des Staats eine <hi rendition="#g">schwebende Schuld,</hi> die also wesentlich dadurch bestimmt ist, daß der Staat sich zur Rückzahlung des vorgeschossenen Kapitals verpflichtet. Gesetzt aber, es werde dem Staate Geld geliehen blos unter der Bedingung, Zinsen zu zahlen, ohne je das Kapital zurückzahlen zu müssen oder zurückzahlen zu dürfen ohne Einwilligung des Mannes, der's ihm geliehen hat ‒ so heißt diese Staatsschuld eine <hi rendition="#g">konsolidirte</hi> Schuld. Sie wird zu dem Stock der Staatsschuld geschlagen. In diesem Fall gibt der Staat einen Schuldschein, den ich, falls ich mein Kapital nöthig habe, auf der Börse verkaufen kann. Der Preis dieser Schuldscheine wechselt, wie der aller andern Werthe, jenachdem viel oder wenig Nachfrage danach auf dem Markte stattfindet. Der jedesmalige Preis dieser Scheine auf der Börse heißt ihr Kurs. Die Verwandlung einer schwebenden Schuld in eine konsolidirte Schuld läßt die Schuld also nach wie vor bestehen. Sie verändert nur die <hi rendition="#g">Form</hi> des Schuldverhältnisses. Und in diesem trivalen Finanzmanöver glauben die Weisen, Billault, Faucher, Berryer und Konsorten den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber nein. So seicht die ökonomische Bildung dieser Routiniers der alten Schule ist, sie sind weit davon entfernt, sich solche Illusion zu machen. Unter dem Vorwand, den Kredit und die Industrie zu retten und einmal wie Berryer sagt <hi rendition="#g">etwas Erkleckliches</hi> für das arme Frankreich zu thun, verbirgt sich eine große Mystifikation und eine ganze Reihe von kleinen Ränken, Börsenränken, und parlamentarischen Ränken. Die große Mystifikation haben wir schon angedeutet. Durch die mysteriöse Wichtigkeit, die solchen unbedeutenden Verhandlungen gegeben wird, soll die Theilnahme des Volks an den ökonomischen Fragen, die seine Lebensfragen sind, ermüdet, gefoppt, getödtet werden.</p> <p>Und nun die Börsenränke! Es ist bekannt, daß die Regierung Louis Philipps das in den Sparkassen deponirte Geld der kleinen Bürger, Handwerker, Dienstboten und Arbeiter vergeudet hatte. Es ist ferner bekannt, daß die Schatzbons, von deren Verwandlung in 5pCtige Staatsschuldscheine hier die Rede ist, ebenfalls königliche Schatzbons sind, daß die Summen, wofür diese Zinsentragenden Wechsel ausgestellt wurden, von derselben königl. Regierung verausgabt worden sind. Es ist endlich bekannt, daß die Regierung der Republik in diesem Augenblicke nicht in der Lage ist, die Schulden des Königthums zu liquidiren und die von den Besitzern der Sparkassenbücher und Schatzbons vorgeschossenen Summen zurückzuzahlen. Was bezweckt nun die Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in 5pCtige Renten zum heutigen Kurse?</p> <p>In diesem Augenblick steht der Kurs der Staatspapiere sehr niedrig, auf 70 Fr. Die Besitzer der Schatzbons also erhalten 5pCtige Renten für je 70 Fr., die der Staat ihnen schuldet. Sie erhalten also wirklich 71/7 pCt. und diesen Herren 71/7 pCt. auszahlen statt der ursprünglich ihnen zukommenden 5 pCt., ist das nicht ein Mittel, die Arbeiterfrage zu lösen und Frankreich zu retten?</p> <p>Ferner: Der Cours der Staatspapiere wird nicht immer auf 70 Fr. stehen. Entweder macht der Staat Bankerut oder der Cours steigt auf 80 Fr., über 80 Fr. Dieselben Herren, die früher 70 Fr. dem Staat für ihre Renten gegeben, verkaufen sie dann später auf der Börse zu 80 Fr. und ist das nicht wieder ein Nettoprofit für das Volk der Franzosen? Die kleineren Kaufleute und Industriellen werden gezwungen, die Renten, die sie für ihre Schatzbons einlösen, sofort auf der Börse loszuschlagen. Der Cours der Staats-Schuldscheine wird also durch diese enorm große Zufuhr noch mehr fallen. Die Leute müssen ihre Renten zu Spottpreisen verkaufen, aber ist so nicht den großen Kapitalisten Gelegenheit gegeben, sich auf billigerem Wege in den ausschließlichen Besitz dieser Renten zu setzen? und so sehr die Herren gegen die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Staatsschuldscheine in den Taschen der Finanzbarone. Endlich, welch frisches Leben verspricht die Börse, sobald sie mit einer Masse neuer Effekten überschwemmt wird, welchen Handel und Wandel! Der Staat kann offenbar nicht besser die in Agonie versunkene Industrie beleben, als indem er eine fieberhafte Agiotage hervorruft. Was nun die Besitzer der Sparkassenbücher angeht, so betragen die Summen, welche sie, die kleineren Leuten, dem Staate geliehen haben, selten 100 Fr., sind also nicht einmal gegen die geringsten Staatsschuldscheine auswechselbar. Für die Sparkassenbücher ist die Maßregel daher rein illusorisch. Das sehr praktische an der Sache ist, daß die kleinen Leute abwarten können, bis der Staat die ihm vorgeschossenen Kapitalien wiedererstatten kann, die großen Herren aber 71/7 pCt. garantirt erhalten und neue Beute für die Agiotage.</p> <p>Endlich die parlamentarische Ränke!</p> <p>Man erschwert der Regirung den Ankauf der Eisenbahnen, indem man durch die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte die Börse mit einer Masse Renten überschwemmt, den Cours der Renten also noch tiefer herabdrückt und so der Regierung, welche die Eisenbahnaktien nur mit Staatsrenten zu dem jedesmaligen Course bezahlen kann, schwierigere Bedingungen vorbereitet. Sicher ein Mittel, um die Staatslasten zu erleichtern. Aber das Ministerium steht und fällt mit dem Eisenbahngesetz und der Sturz des Ministeriums, das ist das letzte Wort dieser kleinen parlamentarischen Advokaten. Nur so kann man begreifen, daß die ganze Sitzung vom 6. Juni damit hinging, zu debattiren, welcher Gesetzvorschlag die Priorität haben solle, der Vorschlag des Finanzcomité über die Schatzbons und Sparkassenbücher oder der Vorschlag des Finanzministeriums über den Eisenbahnankauf. Die Gesetze, die Interessen des Volkes, die Rechte der Arbeiter, der Nationalreichthum, für die Cabone der konstitutionellen Monarchie, für die ernsten Männer der Praxis sind das alles nur Formeln, um ein Ministerium anzugreifen und zu vertheidigen. Bei dieser Gelegenheit fanden zudem die versteckten legitimistischen und konstitutionellen Contrerevolutionäre die schönste Gelegenheit, unter dem Vorwand der zärtlichsten Sorglichkeit für den Kredit und die Republik der geängsteten Phantasie der Bürger die schauerlichsten Bankerutgespenster vorvorzuführen. Dies war die letzte Pointe der Deklamationen eines Berryer, des Freundes Karl X. und eines Billault, des Kameraden von Thiers.</p> <p><hi rendition="#g">Sitzung der N-Versammlung vom 6. Juni.</hi> In der heutigen Sitzung wurde, nach einigen Neben-Diskussionen, von Hrn. Bineau der Bericht des Finanzcomités depoirt über den Vorschlag der Regierung, die Eisenbahnen anzukaufen vorgelegt. Das Comité schlug vor, diesen Vorschlag zu verwerfen. An der Tagesordnung ist die Diskussion über den Gesetzvorschlag des Finanzcomités wegen Zahlung der Schatzbons und der Sparkassengelder. Hr. <hi rendition="#g">Faucher,</hi> Mitglied des Comités, bemerkt daß der Vorschlag durch ein Versehen auf die Tagesordnung gekommen sei und das Comité bloß wünsche, daß zu seiner Diskussion ein Tag festgesetzt werde. Es entspinnt sich eine Diskussion darüber, welcher Gegenstand zuerst diskutirt werden soll: Der Eisenbahn Vorschlag oder der Vorschlag des Comités. An der Diskussion betheiligten sich u. A. Hr. Garnier Pagés, Lasteyrie, Duclerc, Berryer, Billault, Laboissière, Reynal. Die ganze Sitzung geht darüber hin und endlich wird entschieden mit 387/362 Stimmen, daß der ministerielle Vorschlag zuerst diskutirt werden soll.</p> <p>‒ Nach den bisher bekannt gewordenen Wahlen, zählen in Paris die Herren Thiers, Changarnier, Goudchaux, Moreau, Girardin, Fould, Caussidière, Hugo, Lay, Boussel, Passy die meisten Stimmen. ‒ In Alençon soll Thiers gewählt sein. ‒ In Rouen haben die meisten Stimmen die Herren Loyer, Thiers und Ch. Dupin. ‒ Von den Wahlen im Departement du Nord sind bekannt geworden die Herren Antony Thouret, Ulysse Tencé, Mimerel und Genoude.</p> <p>‒ Der von der Exutivkommission in der Sitzung vom 5. Juni durch das Organ des Herrn Recurt, Minister des Innern, vorgelegte Dekretentwurf über öffentliche Volkszusammenschaarungen lautet, wie folgt:</p> <p>„Die Kommission der exekutiven Gewalt beschließt:</p> <p>Art. 1. Jede bewaffnete Zusammenschaarung auf den Straßen ist untersagt. Gleichfalls ist jede nicht bewaffnete Zusammenschaarung untersagt, die die öffentliche Ruhe stören könnte.</p> <p>Art. 2. Die bewaffnete Zusammenschaarung konstituirt ein Verbrechen, wenn sie nicht auf die erste Sommation sich auflöst. Sie konstituirt kein Verbrechen, wenn sie auf die erste Sommation ohne Widerstand sich auflöst.</p> <p>Art. 3. Die Zusammenschaarung ist bewaffnet: 1) wenn mehre Individuen, die sie bilden, offen Waffen tragen oder geheime Waffen bei sich führen. 2) Wenn sich ein einziges Individuum, das Waffen trägt, in der Masse befindet, und nicht sofort von denen, welche die öffentliche Zusammenrottirung bilden, verjagt wird.</p> <p>Art. 4. Wenn eine bewaffnete oder unbewaffnete Zusammenschaarung sich auf öffentlichem Platze gebildet hat, werden sich der Maire oder einer seiner Adjutanten, oder in Ermangelung derselben, ein Polizei-Kommissär oder jeder andre Agent oder Depositär der öffentlichen Gewalt und der exekutiven Macht, mit der trikolen Schärpe umhangen, an den Ort der Zusammenschaarung begeben. Ein Trommelwirbel wird die Ankunft des Magistrats ankündigen. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat sie auffordern, sich aufzulösen und zurückzuziehn. Bleibt diese erste Aufforderung wirkungslos, so wird die Magistratur eine zweite Aufforderung erlassen, der neues Trommelwirbeln vorhergeht. Im Fall der Widersetzlichkeit, wird die Zusammenschaarung durch Gewalt zerstreut. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat, nach dem ersten Trommelwirbel, die Bürger ermahnen, auseinanderzugehn. Ziehn sie sich nicht zurück, so werden drei aufeinanderfolgende Aufforderungen an sie ergehn. Im Fall der Widersetzlichkeit wird die Zusammenschaarung gewaltsam auseinandergetrieben werden.</p> <p>Art. 5. Wer Theil an einer bewaffneten Zusammenschaarung nimmt, wird bestraft werden, wie folgt: Hat sich die Zusammenschaarung aufgelöst nach der ersten Sommation und ohne Gebrauch von ihren Waffen zu machen, so wird die Strafe 6 Monate bis zwei Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung während der Nacht gebildet, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung erst nach der zweiten Sommation aufgelöst, aber vor der Anwendung von Gewalt und ohne Gebrauch von den Waffen gemacht zu haben, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre betragen und drei bis sechs Jahre, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. Hat sich die Zusammenschaarung erst zerstreut vor der Gewalt und nach Anwendung von Waffen, so wird die Strafe 5 bis 10 Jahre Einsperrung betragen. Sie wird von 8 bis 12 Jahren sein, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. In allen Fällen wird den Schuldigen die Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte untersagt werden.</p> <p>Art. 6. Wer Theil nimmt an einer nicht bewaffneten Zusammenschaarung und sie nicht verlassen hat nach dem Trommelwirbel, der der zweiten Sommation vorhergeht, wird mit einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden Hat die Zusammenschaarung nur durch Waffengewalt auseinander gesprengt werden können, so wird die Strafe 15 bis 18 Monaten. betragen.</p> <p>Art. 7. Jede Provocation zu einer bewaffneten oder nicht bewaffneten Zusammenschaarung durch Rede, Schrift, Drucksachen, seien sie vertheilt oder affichirt, wird bestraft werden, wie das Verbrechen oder das Vergehen selbst, gemäß den obengemachten Unterscheidungen. Die Drucker, Graveurs, Lithographen, Afficheurs und Vertheiler werden wie Mitschuldige bestraft werden. Ist die auf erwähntem Wege statthabende Provocation erfolglos so, wird sie mit 6 Monaten bis zu einem Jahre Gefängniß bestraft werden, wenn es sich von einer Provocation zu nächtlicher und bewaffneter Zusammenschaarung handelt, mit einer Gefängnißstrafe von einem bis drei Monaten, wenn es sich um eine unbewaffnete Zusammenschaarung handelt.</p> <p>Art. 8. Die gerichtlichen Verfolgungen wegen des Verbrechens oder des Vergehens der Zusammenschaarung, schließen die gerichtlichen Verfolgungen für besondere Verbrechen oder Vergehen nicht aus, die während der Zusammenschaarungen Statt hatten.</p> <p>Art. 9. Der Artikel 483 des Strafgesetzbuches ist anwendbar auf die durch dieses Gesesetz vorgesehenen oder bestraften Vergehen.</p> <p>Art. 10. Die Verfolgungen wegen des Vergehens oder des Verbrechens der Zusammenschaarung werden vor die Assisengerichte gebracht werden.</p> <p>So geschehen im <hi rendition="#g">Luxembourg,</hi> den 5. Juni 1848.</p> <p>Die Mitglieder der Executivgewalt:</p> <p> <hi rendition="#g">F. Arago, Ledru-Rollin, Lamartine, Marie,</hi> </p> <p> <hi rendition="#g">Garnier-Pagès.</hi> </p> <p>Dieses unglaubliche Actenstück haben die Herren <hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> und <hi rendition="#g">Lamartine</hi> unterschrieben!</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Recurt</hi> hat die Vorlage dieses Dekretentwurfs an die Nationalversammlung mit folgenden salbungsvollen Gemeinplätzen eingeleitet: „Auf dem ersten Plan der Rechte steht das Recht der Vereinigung, das heißt für den Menschen das Recht in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben, und so den gesellschaftlichen Fortschritt zu verwirklichen, durch den steten Austausch der Ideen, der Empfindungen und des Willens.“ Und um dieß erste Recht, um diese Bedingung des <hi rendition="#g">gesellschaftlichen Fortschritts</hi> zu verwirklichen, findet die executive Kommission kein besseres Mittel, als dem ersten besten <hi rendition="#g">Agenten</hi> der öffentlichen Gewalt, das heißt, der <hi rendition="#g">Polizei</hi> freizustellen, die unschuldigste Versammlung für Ruhestörung zu erklären und durch diese Zauberformel <hi rendition="#g">die Ausübung des Rechts</hi> in ein Verbrechen zu verwandeln. Aber der gute Recurt! Die alten fünf und zwanzig jährigen republikanischen Erinnerungen tauchen in ihm auf, die alten republikanischen Redensarten stürzen sich ungerufen hervor, und erst als er den Dekretentwurf vorliest, fällt ihm ein, daß er einen Anachronismus begangen hat. Das Dekret schlägt die Schreiber, Drucker, <hi rendition="#g">Vertheiler</hi> und <hi rendition="#g">Afficheurs</hi> mit Interduktion oder setzt sie allen Zufällen einer gerichtlichen Loterie aus. Schuldet man eine Schrift an, sie habe zu öffentlichen Zusammenkünften provonirt, so werden Alle als Mitschuldige betrachtet, Alle, selbst die Afficheurs. Warum nicht auch die Setzer, welche die Typen zusammengestellt, warum nicht die Arbeiter, welche die Presse geheizt, um Exemplare daraus zu ziehen und die Zeitungsfalter, welche die Bande um sie geschlagen haben? <hi rendition="#g">Hebert</hi> der Erfinder der complicité rorale hat seinen Meister gefunden in Ledru-Rollin, der seiner Zeit den Dupoty gegen die Lehre, von der complicité rorale vor dem Pairshofe zu Paris vertheidigte. Aber das war lang vor der Februarrevolution. Noch mehr. Wenn die Provocation zu einer Zusammenschaarung, selbst zu einer unbewaffneten Zusammenschaarung ohne Erfolg war, so konstituirt sie ein Hauptvergehen und wird mit Gefängnißstrafe belegt. Welche Consequenz! Das Dekret straft jeden, der in einer unbewaffneten Zusammenschaarung nach der ersten Sommation sich nicht freiwillig zurückzieht. Wenn die Provocation erfolglos wenn also im Sinne des Strafgesetzes keine Zusammenschaarung stattgefunden, wie hat der Schreiber, der zu ihr provocirte, ein Verbrechen begehen können! Außerdem müßte die Zusammenschaarung nach dem Dekret die öffentliche Ruhe haben stören <hi rendition="#g">können,</hi> denn das Dekret erklärt, nur diese Art der Zusammenschaarung zu untersagen. Und wenn die Massen nach der ersten Aufforderung auseinander gegangen, durch welche Spitzfindigkeit herausbringen, daß die öffentliche Zusammenrottung hätte gefährlich werden können! Es heißt dieß in andern Worten: Es ist verboten, zu öffentlichen Reunionen aufzufordern, es sei denn mit Willen, Wissen und Gutdünken der allergnädigsten Polizei. Die <hi rendition="#g">bewaffneten</hi> Zusammenschaarungen werden nun gar mit 5, 6, 10 Jahren bestraft und nach dem Dekretentwurf findet eine bewaffnete Zusammenkunft Statt, wenn <hi rendition="#g">ein einziges</hi> der Individuen, die sie bilden, <hi rendition="#g">Waffen trägt</hi> und nicht <hi rendition="#g">unmittelbar</hi> von den übrigen Mitgliedern der öffentlichen Zusammenkunft verjagt wird! Es braucht sich also nur ein Spion bei einem öffentlichen Auflauf einzumischen, einen Degenstock in der Hand, um jede beliebige Zusammenschaarung in eine <hi rendition="#g">bewaffnete</hi> zu verwandeln, sämmtliche Neugierige 6 Jahre ins Zuchthaus zu bringen, wenn sie nicht auf der Huth waren und sofort den Störefried verjagten. Die öffentlichen Zusammenschaarungen finden besser gar nicht Statt ‒ das ist die Pointe dieses Musterdekrets, die letzte Rednerblume Lamartines, die letzte Lava, die der revolutionäre Vulkan Ledru-Rollin auf die Oberfläche geschleudert hat.</p> <p>‒ Letzten Samstag fand hier eine rührende Reunion Statt. Die Februarverwundeten, unter Anführung ihres Präsidenten, fraternisirten mit den Julidekorirten. Acht hundert Bürger wohnten diesem Familienfest bei. Ein Februarverwundeter entlockte der ganzen Versammlung Thränen, als er sagte, daß die Republik, kaum 3 Monate nach ihrer Geburt, ihr demokratisches Princip so sehr verläugne, daß sie es der Sorge des Zufalls und der öffentlichen Wohlthätigkeit überlasse, den Bürgern, welche für sie gefallen, die letzte Ehre zu erweisen. Nach den ersten pomphaften Ceremomonien der Bestattung der Opfer des Februars am Fuße der Julisäule, wirft man heute in die gemeinschaftliche Armengruft die plebejischen Verwundeten, die in ihrem Hause an den Folgen ihrer Wunden verschieden sind. Frauen, welche dieser Runion beiwohnten, bewiesen durch ihr Schluchzen, daß ihnen nicht einmal der Trost geblieben, auf dem Grab ihrer Männer zu weinen, die für die Republik gefallen. Wozu auch ein besonderes Grab für die Kanaille? ‒</p> </div> <div xml:id="ar010_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl><hi rendition="#g">Paris,</hi> 7. Juni.</head> <p>Die Spannung ist ungeheuer: heute wird die Kammer über den Entwurf der Exekutiv-Kommission abstimmen, wodurch allen Versammlungen unter freiem Himmel und allem Affichenankleben ein sichres Ende gemacht wird. Daß die Bourgeoisie solche wahrhaft drakonische Gesetze zu fabriziren vermag, ist nicht zu verwundern; sie hat das Geld, sie hat die Gewalt. Die erwähnten Gesetze, wenn sie durchgehen, übertreffen das alte Martialgesetz von 1790; sie nennen z. B. jede Zusammenrottung eine bewaffnete, in welcher <hi rendition="#g">eine</hi> oder <hi rendition="#g">mehrere</hi> Personen, <hi rendition="#g">offen</hi> oder <hi rendition="#g">heimlich</hi> Waffen tragen, und befehlen, daß dieselben sofort <hi rendition="#g">von den Umstehenden</hi> gefangen genom- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043/0003]
eine Erklärung zulasse, nach welcher bewaffnetes Einschreiten gar nicht nothwendig erscheine. Nur im Vertrauen, daß Flotte und Heer sich auf Vertheidigung der dänischen Inseln beschränken, daß der König alles zur friedlichen Beilegung des Streites aufbieten und daß die Hülfeleistung keineswegs eine weitere Annäherung oder ein bedenkliches künftiges Schutz- und Trutzbündniß vorbei reiten werde, bewilligt der Storting die Kriegssubsidien, zumal da eine Ablehnung der von den schwedischen Ständen bereits genehmigten königl. Anträge das Bruderband zwischen den Reichen bedeutend schwächen würde. Man sieht, der Storting hat die Bewilligung nur nicht gerade ausschlagen wollen.
Belgien. Brüssel, 8. Juni. Aus den Nachforschungen des Gouvernements über die Resultate des Gesetzes in Betreff der Wahlreform geht hervor, daß die Zahl der für nächsten Dienstag eingeschriebenen Wähler fast doppelt so groß ist wie voriges Jahr. In 1847 war die Zahl 46,436; in 1848 ist sie 79,360.
‒ Die konstitutionelle Mustermonarchie entwickelt sich immer glänzender. Das baare Geld ist so sehr aus unserm Lande verschwunden, daß man selbst für den gewöhnlichen Verkehr Papiergeld einführen muß. Die Société générale ist durch königlichen Beschluß ermächtigt worden, Fünffranken-Noten bis zum Betrage von drei Millionen auszugeben. Das diese Emission aber erst der Anfang ist, beweist der Schluß des königlichen Erlasses, wo rin es heißt: Das Maximum von 3 Millionen versteht sich nur von der gegenwärtigen ersten Emission der Fünffrankenbillets. Spätere Emissionen können wenn es nöthig ist, durch unsern Finanzminister beschlossen werden, der sich über deren Belauf mit der Direktion der Société génèrale verständigen wird. Also ein bloßer Ministerialbeschluß wird in Zukunft genügen, um Belgien mit Papiergeld zu überschwemmen!
Die Soc. gén. hat jetzt schon 8 Mill. Papiergeld emittirt (diese 3 Mill. einbegriffen).
7Lüttich, 8. Juni. Hr. Tédesco (dessen Verhaftung wir vor einigen Tagen anzeigten) ist nun wirklich, nachdem Haussuchung bei ihm gehalten und seine Papiere confiscirt worden, nach Brüssel transportirt. Er ist angeschuldigt der Betheiligung an der Affäre der pariser belgischen Legion, als Theilnehmer an welcher, wie Sie wissen, Hr. Spilthoorn aus Gent seit geraumer Zeit sitzt. Wie abgeschmackt die rein aus der Luft gegriffene Anklage ist, geht schon daraus hervor, daß Hr. Tédesco nie, und vollends seit der Februar Revolution nicht in Paris war. Aber die Regierung will auf die Wahlen wirken, sie will den jetzt Wähler gewordenen kleinen Bürger und Landmann einschüchtern, und zu diesem Zweck muß sie der Affäre von Risquons-Tout die riesigsten Dimensionen geben. Wie schön lebt sich's doch unter einer Konstitution, die allen andern Ländern als höchstes Gut erscheint!
Französische Republik. * Das französische Volk wird seit einigen Tagen mit einem finanziellen Kauderwelsch mystifizirt, das seines Gleichen in der Geschichte der Politik der Agiotage sucht. Die großen Bürger Billault, Berryer, Faucher, Lasteyrie, Bineau haben ein Mittel entdeckt, um den öffentlichen Kredit zu retten, um alle socialen Fragen zu lösen. Gegenüber den Phrasen der Februarrevolution von Organisation der Arbeit, Nationalwerkstätten, demokratischer Regulirung des Kreditwesens und dergleichen Phantastereien schlagen diese gewiegten Männer eine solide ökonomische Maßregel vor, deren Resultat alle Erwartungen übertreffen muß. Diese Maßregel ist die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, der Austausch der Schatzbons und Sparkassenbücher gegen 5prozentige Renten zu dem jetzigen Kurse der Staatsschuldscheine, nämlich zu 70 Fr.
Konsolidirte Schuld! Schwebende Schuld! 5prozentige! Kurs zu 70 Fr. Das profane Volk muß inne werden, daß die Zeit jener großen Fragen wiedergekehrt, wo nur über den Finanzen und der Börse ergraute Männer ein Wort drein zu reden haben! Aber hinter den Mysterien dieser Männer lauert sein Wohl!
Die Sache ist einfach so. Einer hat dem Staat Geld geliehen. Er erhält nicht nur Zinsen für dies Geld, sondern kann die vorgeschossene Summe selbst nach einem gewissen Zeitraume zurückerhalten oder muß sie auch zurücknehmen, sobald der Staat dies verlangt. In diesem Fall heißt die Schuld des Staats eine schwebende Schuld, die also wesentlich dadurch bestimmt ist, daß der Staat sich zur Rückzahlung des vorgeschossenen Kapitals verpflichtet. Gesetzt aber, es werde dem Staate Geld geliehen blos unter der Bedingung, Zinsen zu zahlen, ohne je das Kapital zurückzahlen zu müssen oder zurückzahlen zu dürfen ohne Einwilligung des Mannes, der's ihm geliehen hat ‒ so heißt diese Staatsschuld eine konsolidirte Schuld. Sie wird zu dem Stock der Staatsschuld geschlagen. In diesem Fall gibt der Staat einen Schuldschein, den ich, falls ich mein Kapital nöthig habe, auf der Börse verkaufen kann. Der Preis dieser Schuldscheine wechselt, wie der aller andern Werthe, jenachdem viel oder wenig Nachfrage danach auf dem Markte stattfindet. Der jedesmalige Preis dieser Scheine auf der Börse heißt ihr Kurs. Die Verwandlung einer schwebenden Schuld in eine konsolidirte Schuld läßt die Schuld also nach wie vor bestehen. Sie verändert nur die Form des Schuldverhältnisses. Und in diesem trivalen Finanzmanöver glauben die Weisen, Billault, Faucher, Berryer und Konsorten den Stein der Weisen gefunden zu haben. Aber nein. So seicht die ökonomische Bildung dieser Routiniers der alten Schule ist, sie sind weit davon entfernt, sich solche Illusion zu machen. Unter dem Vorwand, den Kredit und die Industrie zu retten und einmal wie Berryer sagt etwas Erkleckliches für das arme Frankreich zu thun, verbirgt sich eine große Mystifikation und eine ganze Reihe von kleinen Ränken, Börsenränken, und parlamentarischen Ränken. Die große Mystifikation haben wir schon angedeutet. Durch die mysteriöse Wichtigkeit, die solchen unbedeutenden Verhandlungen gegeben wird, soll die Theilnahme des Volks an den ökonomischen Fragen, die seine Lebensfragen sind, ermüdet, gefoppt, getödtet werden.
Und nun die Börsenränke! Es ist bekannt, daß die Regierung Louis Philipps das in den Sparkassen deponirte Geld der kleinen Bürger, Handwerker, Dienstboten und Arbeiter vergeudet hatte. Es ist ferner bekannt, daß die Schatzbons, von deren Verwandlung in 5pCtige Staatsschuldscheine hier die Rede ist, ebenfalls königliche Schatzbons sind, daß die Summen, wofür diese Zinsentragenden Wechsel ausgestellt wurden, von derselben königl. Regierung verausgabt worden sind. Es ist endlich bekannt, daß die Regierung der Republik in diesem Augenblicke nicht in der Lage ist, die Schulden des Königthums zu liquidiren und die von den Besitzern der Sparkassenbücher und Schatzbons vorgeschossenen Summen zurückzuzahlen. Was bezweckt nun die Verwandlung der Schatzbons und Sparkassenbücher in 5pCtige Renten zum heutigen Kurse?
In diesem Augenblick steht der Kurs der Staatspapiere sehr niedrig, auf 70 Fr. Die Besitzer der Schatzbons also erhalten 5pCtige Renten für je 70 Fr., die der Staat ihnen schuldet. Sie erhalten also wirklich 71/7 pCt. und diesen Herren 71/7 pCt. auszahlen statt der ursprünglich ihnen zukommenden 5 pCt., ist das nicht ein Mittel, die Arbeiterfrage zu lösen und Frankreich zu retten?
Ferner: Der Cours der Staatspapiere wird nicht immer auf 70 Fr. stehen. Entweder macht der Staat Bankerut oder der Cours steigt auf 80 Fr., über 80 Fr. Dieselben Herren, die früher 70 Fr. dem Staat für ihre Renten gegeben, verkaufen sie dann später auf der Börse zu 80 Fr. und ist das nicht wieder ein Nettoprofit für das Volk der Franzosen? Die kleineren Kaufleute und Industriellen werden gezwungen, die Renten, die sie für ihre Schatzbons einlösen, sofort auf der Börse loszuschlagen. Der Cours der Staats-Schuldscheine wird also durch diese enorm große Zufuhr noch mehr fallen. Die Leute müssen ihre Renten zu Spottpreisen verkaufen, aber ist so nicht den großen Kapitalisten Gelegenheit gegeben, sich auf billigerem Wege in den ausschließlichen Besitz dieser Renten zu setzen? und so sehr die Herren gegen die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Eisenbahnen in den Händen des Staats sind, so sehr sind sie für die Konzentration der Staatsschuldscheine in den Taschen der Finanzbarone. Endlich, welch frisches Leben verspricht die Börse, sobald sie mit einer Masse neuer Effekten überschwemmt wird, welchen Handel und Wandel! Der Staat kann offenbar nicht besser die in Agonie versunkene Industrie beleben, als indem er eine fieberhafte Agiotage hervorruft. Was nun die Besitzer der Sparkassenbücher angeht, so betragen die Summen, welche sie, die kleineren Leuten, dem Staate geliehen haben, selten 100 Fr., sind also nicht einmal gegen die geringsten Staatsschuldscheine auswechselbar. Für die Sparkassenbücher ist die Maßregel daher rein illusorisch. Das sehr praktische an der Sache ist, daß die kleinen Leute abwarten können, bis der Staat die ihm vorgeschossenen Kapitalien wiedererstatten kann, die großen Herren aber 71/7 pCt. garantirt erhalten und neue Beute für die Agiotage.
Endlich die parlamentarische Ränke!
Man erschwert der Regirung den Ankauf der Eisenbahnen, indem man durch die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte die Börse mit einer Masse Renten überschwemmt, den Cours der Renten also noch tiefer herabdrückt und so der Regierung, welche die Eisenbahnaktien nur mit Staatsrenten zu dem jedesmaligen Course bezahlen kann, schwierigere Bedingungen vorbereitet. Sicher ein Mittel, um die Staatslasten zu erleichtern. Aber das Ministerium steht und fällt mit dem Eisenbahngesetz und der Sturz des Ministeriums, das ist das letzte Wort dieser kleinen parlamentarischen Advokaten. Nur so kann man begreifen, daß die ganze Sitzung vom 6. Juni damit hinging, zu debattiren, welcher Gesetzvorschlag die Priorität haben solle, der Vorschlag des Finanzcomité über die Schatzbons und Sparkassenbücher oder der Vorschlag des Finanzministeriums über den Eisenbahnankauf. Die Gesetze, die Interessen des Volkes, die Rechte der Arbeiter, der Nationalreichthum, für die Cabone der konstitutionellen Monarchie, für die ernsten Männer der Praxis sind das alles nur Formeln, um ein Ministerium anzugreifen und zu vertheidigen. Bei dieser Gelegenheit fanden zudem die versteckten legitimistischen und konstitutionellen Contrerevolutionäre die schönste Gelegenheit, unter dem Vorwand der zärtlichsten Sorglichkeit für den Kredit und die Republik der geängsteten Phantasie der Bürger die schauerlichsten Bankerutgespenster vorvorzuführen. Dies war die letzte Pointe der Deklamationen eines Berryer, des Freundes Karl X. und eines Billault, des Kameraden von Thiers.
Sitzung der N-Versammlung vom 6. Juni. In der heutigen Sitzung wurde, nach einigen Neben-Diskussionen, von Hrn. Bineau der Bericht des Finanzcomités depoirt über den Vorschlag der Regierung, die Eisenbahnen anzukaufen vorgelegt. Das Comité schlug vor, diesen Vorschlag zu verwerfen. An der Tagesordnung ist die Diskussion über den Gesetzvorschlag des Finanzcomités wegen Zahlung der Schatzbons und der Sparkassengelder. Hr. Faucher, Mitglied des Comités, bemerkt daß der Vorschlag durch ein Versehen auf die Tagesordnung gekommen sei und das Comité bloß wünsche, daß zu seiner Diskussion ein Tag festgesetzt werde. Es entspinnt sich eine Diskussion darüber, welcher Gegenstand zuerst diskutirt werden soll: Der Eisenbahn Vorschlag oder der Vorschlag des Comités. An der Diskussion betheiligten sich u. A. Hr. Garnier Pagés, Lasteyrie, Duclerc, Berryer, Billault, Laboissière, Reynal. Die ganze Sitzung geht darüber hin und endlich wird entschieden mit 387/362 Stimmen, daß der ministerielle Vorschlag zuerst diskutirt werden soll.
‒ Nach den bisher bekannt gewordenen Wahlen, zählen in Paris die Herren Thiers, Changarnier, Goudchaux, Moreau, Girardin, Fould, Caussidière, Hugo, Lay, Boussel, Passy die meisten Stimmen. ‒ In Alençon soll Thiers gewählt sein. ‒ In Rouen haben die meisten Stimmen die Herren Loyer, Thiers und Ch. Dupin. ‒ Von den Wahlen im Departement du Nord sind bekannt geworden die Herren Antony Thouret, Ulysse Tencé, Mimerel und Genoude.
‒ Der von der Exutivkommission in der Sitzung vom 5. Juni durch das Organ des Herrn Recurt, Minister des Innern, vorgelegte Dekretentwurf über öffentliche Volkszusammenschaarungen lautet, wie folgt:
„Die Kommission der exekutiven Gewalt beschließt:
Art. 1. Jede bewaffnete Zusammenschaarung auf den Straßen ist untersagt. Gleichfalls ist jede nicht bewaffnete Zusammenschaarung untersagt, die die öffentliche Ruhe stören könnte.
Art. 2. Die bewaffnete Zusammenschaarung konstituirt ein Verbrechen, wenn sie nicht auf die erste Sommation sich auflöst. Sie konstituirt kein Verbrechen, wenn sie auf die erste Sommation ohne Widerstand sich auflöst.
Art. 3. Die Zusammenschaarung ist bewaffnet: 1) wenn mehre Individuen, die sie bilden, offen Waffen tragen oder geheime Waffen bei sich führen. 2) Wenn sich ein einziges Individuum, das Waffen trägt, in der Masse befindet, und nicht sofort von denen, welche die öffentliche Zusammenrottirung bilden, verjagt wird.
Art. 4. Wenn eine bewaffnete oder unbewaffnete Zusammenschaarung sich auf öffentlichem Platze gebildet hat, werden sich der Maire oder einer seiner Adjutanten, oder in Ermangelung derselben, ein Polizei-Kommissär oder jeder andre Agent oder Depositär der öffentlichen Gewalt und der exekutiven Macht, mit der trikolen Schärpe umhangen, an den Ort der Zusammenschaarung begeben. Ein Trommelwirbel wird die Ankunft des Magistrats ankündigen. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat sie auffordern, sich aufzulösen und zurückzuziehn. Bleibt diese erste Aufforderung wirkungslos, so wird die Magistratur eine zweite Aufforderung erlassen, der neues Trommelwirbeln vorhergeht. Im Fall der Widersetzlichkeit, wird die Zusammenschaarung durch Gewalt zerstreut. Ist die Zusammenschaarung bewaffnet, so wird der Magistrat, nach dem ersten Trommelwirbel, die Bürger ermahnen, auseinanderzugehn. Ziehn sie sich nicht zurück, so werden drei aufeinanderfolgende Aufforderungen an sie ergehn. Im Fall der Widersetzlichkeit wird die Zusammenschaarung gewaltsam auseinandergetrieben werden.
Art. 5. Wer Theil an einer bewaffneten Zusammenschaarung nimmt, wird bestraft werden, wie folgt: Hat sich die Zusammenschaarung aufgelöst nach der ersten Sommation und ohne Gebrauch von ihren Waffen zu machen, so wird die Strafe 6 Monate bis zwei Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung während der Nacht gebildet, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre Gefängniß betragen. Hat sich die Zusammenschaarung erst nach der zweiten Sommation aufgelöst, aber vor der Anwendung von Gewalt und ohne Gebrauch von den Waffen gemacht zu haben, so wird die Strafe zwei bis fünf Jahre betragen und drei bis sechs Jahre, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. Hat sich die Zusammenschaarung erst zerstreut vor der Gewalt und nach Anwendung von Waffen, so wird die Strafe 5 bis 10 Jahre Einsperrung betragen. Sie wird von 8 bis 12 Jahren sein, wenn die Zusammenschaarung sich während der Nacht gebildet hat. In allen Fällen wird den Schuldigen die Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte untersagt werden.
Art. 6. Wer Theil nimmt an einer nicht bewaffneten Zusammenschaarung und sie nicht verlassen hat nach dem Trommelwirbel, der der zweiten Sommation vorhergeht, wird mit einer Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden Hat die Zusammenschaarung nur durch Waffengewalt auseinander gesprengt werden können, so wird die Strafe 15 bis 18 Monaten. betragen.
Art. 7. Jede Provocation zu einer bewaffneten oder nicht bewaffneten Zusammenschaarung durch Rede, Schrift, Drucksachen, seien sie vertheilt oder affichirt, wird bestraft werden, wie das Verbrechen oder das Vergehen selbst, gemäß den obengemachten Unterscheidungen. Die Drucker, Graveurs, Lithographen, Afficheurs und Vertheiler werden wie Mitschuldige bestraft werden. Ist die auf erwähntem Wege statthabende Provocation erfolglos so, wird sie mit 6 Monaten bis zu einem Jahre Gefängniß bestraft werden, wenn es sich von einer Provocation zu nächtlicher und bewaffneter Zusammenschaarung handelt, mit einer Gefängnißstrafe von einem bis drei Monaten, wenn es sich um eine unbewaffnete Zusammenschaarung handelt.
Art. 8. Die gerichtlichen Verfolgungen wegen des Verbrechens oder des Vergehens der Zusammenschaarung, schließen die gerichtlichen Verfolgungen für besondere Verbrechen oder Vergehen nicht aus, die während der Zusammenschaarungen Statt hatten.
Art. 9. Der Artikel 483 des Strafgesetzbuches ist anwendbar auf die durch dieses Gesesetz vorgesehenen oder bestraften Vergehen.
Art. 10. Die Verfolgungen wegen des Vergehens oder des Verbrechens der Zusammenschaarung werden vor die Assisengerichte gebracht werden.
So geschehen im Luxembourg, den 5. Juni 1848.
Die Mitglieder der Executivgewalt:
F. Arago, Ledru-Rollin, Lamartine, Marie,
Garnier-Pagès.
Dieses unglaubliche Actenstück haben die Herren Ledru-Rollin und Lamartine unterschrieben!
Herr Recurt hat die Vorlage dieses Dekretentwurfs an die Nationalversammlung mit folgenden salbungsvollen Gemeinplätzen eingeleitet: „Auf dem ersten Plan der Rechte steht das Recht der Vereinigung, das heißt für den Menschen das Recht in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu leben, und so den gesellschaftlichen Fortschritt zu verwirklichen, durch den steten Austausch der Ideen, der Empfindungen und des Willens.“ Und um dieß erste Recht, um diese Bedingung des gesellschaftlichen Fortschritts zu verwirklichen, findet die executive Kommission kein besseres Mittel, als dem ersten besten Agenten der öffentlichen Gewalt, das heißt, der Polizei freizustellen, die unschuldigste Versammlung für Ruhestörung zu erklären und durch diese Zauberformel die Ausübung des Rechts in ein Verbrechen zu verwandeln. Aber der gute Recurt! Die alten fünf und zwanzig jährigen republikanischen Erinnerungen tauchen in ihm auf, die alten republikanischen Redensarten stürzen sich ungerufen hervor, und erst als er den Dekretentwurf vorliest, fällt ihm ein, daß er einen Anachronismus begangen hat. Das Dekret schlägt die Schreiber, Drucker, Vertheiler und Afficheurs mit Interduktion oder setzt sie allen Zufällen einer gerichtlichen Loterie aus. Schuldet man eine Schrift an, sie habe zu öffentlichen Zusammenkünften provonirt, so werden Alle als Mitschuldige betrachtet, Alle, selbst die Afficheurs. Warum nicht auch die Setzer, welche die Typen zusammengestellt, warum nicht die Arbeiter, welche die Presse geheizt, um Exemplare daraus zu ziehen und die Zeitungsfalter, welche die Bande um sie geschlagen haben? Hebert der Erfinder der complicité rorale hat seinen Meister gefunden in Ledru-Rollin, der seiner Zeit den Dupoty gegen die Lehre, von der complicité rorale vor dem Pairshofe zu Paris vertheidigte. Aber das war lang vor der Februarrevolution. Noch mehr. Wenn die Provocation zu einer Zusammenschaarung, selbst zu einer unbewaffneten Zusammenschaarung ohne Erfolg war, so konstituirt sie ein Hauptvergehen und wird mit Gefängnißstrafe belegt. Welche Consequenz! Das Dekret straft jeden, der in einer unbewaffneten Zusammenschaarung nach der ersten Sommation sich nicht freiwillig zurückzieht. Wenn die Provocation erfolglos wenn also im Sinne des Strafgesetzes keine Zusammenschaarung stattgefunden, wie hat der Schreiber, der zu ihr provocirte, ein Verbrechen begehen können! Außerdem müßte die Zusammenschaarung nach dem Dekret die öffentliche Ruhe haben stören können, denn das Dekret erklärt, nur diese Art der Zusammenschaarung zu untersagen. Und wenn die Massen nach der ersten Aufforderung auseinander gegangen, durch welche Spitzfindigkeit herausbringen, daß die öffentliche Zusammenrottung hätte gefährlich werden können! Es heißt dieß in andern Worten: Es ist verboten, zu öffentlichen Reunionen aufzufordern, es sei denn mit Willen, Wissen und Gutdünken der allergnädigsten Polizei. Die bewaffneten Zusammenschaarungen werden nun gar mit 5, 6, 10 Jahren bestraft und nach dem Dekretentwurf findet eine bewaffnete Zusammenkunft Statt, wenn ein einziges der Individuen, die sie bilden, Waffen trägt und nicht unmittelbar von den übrigen Mitgliedern der öffentlichen Zusammenkunft verjagt wird! Es braucht sich also nur ein Spion bei einem öffentlichen Auflauf einzumischen, einen Degenstock in der Hand, um jede beliebige Zusammenschaarung in eine bewaffnete zu verwandeln, sämmtliche Neugierige 6 Jahre ins Zuchthaus zu bringen, wenn sie nicht auf der Huth waren und sofort den Störefried verjagten. Die öffentlichen Zusammenschaarungen finden besser gar nicht Statt ‒ das ist die Pointe dieses Musterdekrets, die letzte Rednerblume Lamartines, die letzte Lava, die der revolutionäre Vulkan Ledru-Rollin auf die Oberfläche geschleudert hat.
‒ Letzten Samstag fand hier eine rührende Reunion Statt. Die Februarverwundeten, unter Anführung ihres Präsidenten, fraternisirten mit den Julidekorirten. Acht hundert Bürger wohnten diesem Familienfest bei. Ein Februarverwundeter entlockte der ganzen Versammlung Thränen, als er sagte, daß die Republik, kaum 3 Monate nach ihrer Geburt, ihr demokratisches Princip so sehr verläugne, daß sie es der Sorge des Zufalls und der öffentlichen Wohlthätigkeit überlasse, den Bürgern, welche für sie gefallen, die letzte Ehre zu erweisen. Nach den ersten pomphaften Ceremomonien der Bestattung der Opfer des Februars am Fuße der Julisäule, wirft man heute in die gemeinschaftliche Armengruft die plebejischen Verwundeten, die in ihrem Hause an den Folgen ihrer Wunden verschieden sind. Frauen, welche dieser Runion beiwohnten, bewiesen durch ihr Schluchzen, daß ihnen nicht einmal der Trost geblieben, auf dem Grab ihrer Männer zu weinen, die für die Republik gefallen. Wozu auch ein besonderes Grab für die Kanaille? ‒
X Paris, 7. Juni. Die Spannung ist ungeheuer: heute wird die Kammer über den Entwurf der Exekutiv-Kommission abstimmen, wodurch allen Versammlungen unter freiem Himmel und allem Affichenankleben ein sichres Ende gemacht wird. Daß die Bourgeoisie solche wahrhaft drakonische Gesetze zu fabriziren vermag, ist nicht zu verwundern; sie hat das Geld, sie hat die Gewalt. Die erwähnten Gesetze, wenn sie durchgehen, übertreffen das alte Martialgesetz von 1790; sie nennen z. B. jede Zusammenrottung eine bewaffnete, in welcher eine oder mehrere Personen, offen oder heimlich Waffen tragen, und befehlen, daß dieselben sofort von den Umstehenden gefangen genom-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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