Neue Rheinische Zeitung. Nr. 14. Köln, 14. Juni 1848.gepflogenen Verhandlungen so viel verstanden haben, wie unsere oberschlesischen Deputirten von dem Verfassungsentwurfe und den politischen Tagesfragen, und die einzige Opposition giebt sich durch ein Verrücken der Hüte und Kratzen hinter den Ohren kund, also viel bescheidener als das Scharren der wohlerzogenen Majorität zu Berlin, wenn die Linke spricht. Nachdem nun der Exekutor noch die nöthigen Aufträge erhalten hat, die er gewissenhaft erfüllt, da er nur diejenigen pfändet, welche ihm nicht zahlen, setzt sich der Herr Patrimonialrichter, zufrieden mit seiner unparteiischen Thätigkeit, an den trefflichen Tisch des Gutsherrn und beide wünschen sich von Herzen : "wohl zu speisen." (A. D.-Z.)Posen, 8. Juni. Die Posener Zeitung enthält nachstehende Bekanntmachung : Da noch immer Waffen verborgen gehalten werden, so bestimme ich hiermit, daß Jeder, der dergleichen versteckte Waffen in einer solchen Weise anzeigt, daß sie aufgefunden werden,a) für eine Büchse oder ein Doppelgewehr 1 Thlr. b) für ein einfaches Gewehr 15 Sgr. c) für einen Säbel oder Pistole 5 Sgr. d) für eine Sense 1 Thlr. erhält. Dieser Betrag kann von den betreffenden Truppentheilen, welche die Waffen auf Grund der gemachten Anzeige im Empfang nehmen, sogleich gezahlt und mit diesem meinem Erlasse belegt, extraordinär zur Liquidation gebracht werden. Denjenigen Personen, welche schon vor Erscheinen dieser Bekanntmachung in dem hier ausgesprochenen Sinne versteckte Waffen angezeigt haben, kann die angewiesene Belohnung nachträglich ausgezahlt werden. Posen, den 5. Juni 1848. Breslau, vom 8. Juni. Schreiben des Erzbischofs von Posen an den Cultusminister Grafen v, Schwerin: ... Hier eine kurze, aber wahrhafte Skizze der hiesigen Vorgänge. Am 20. März d. J. versammelte sich hier eine sehr geringe Anzahl ländlicher und städtischer Einwohner, um ein Comite zur Wahrung polnischer Interessen zu bilden; es wurden dabei auch polnische Kokarden vertheilt. Dies Flämmchen war damals mit zwei Fingern auszulöschen, man brauchte nur dem Comite nachzugeben, zu reclamiren und petitioniren, ohne irgendwie zur That überzugehen. Aber die über eine bedeutende Truppenmacht verfügenden Civil- und Militärbehörde thaten, vom panischen Schrecken ergriffen, gar nichts; sie ließen Alles geschehen. Dies Geschehenlassen ward als ein Gewähren, als ein Genehmigen, als ein Aufgeben angenommen; man ließ das Heft freiwillig aus der Hand fallen und das Heft ward als res delicta vom Gegentheil aufgenommen. Das Comite konstituirte sich öffentlich zum Central-Comite und ordnete den Landräthen Kreis-Comite's zu, es rief Massen auf, es ließ dieselben öffentlich unter den Augen der Civil- und Militär-Behörden einexerciren; Alles ließ man geschehen, Alles autorisirte man faktisch. Erst als 40,000 Mann Truppen im Großherzogthum versammelt waren, kehrte der Muth heim. Leider! Verwandelte sich derselbe sogleich in Wuth, in unauslöschlichen Rachedurst, wahrscheinlich aus Verdruß über das bis dahin so unbegreiflich Verabsäumte. Niederschmettern die nun verächtlichen Banden mit Kartätschen und Shrapnells ward nun die Losung und man eilte zur Ausführung. Da erschien der General v. Willisen. Er brachte großmüthige Instruktionen vom großmüthigen Könige, er brachte Humanität und Edelmuth im eignen Herzen. Die Bewegung sollte in Güte beschwichtigt werden; es ward nationale Reorganisation des ganzen Großherzogthums, Bildung polnischen Militärs, vollständige Amnestie für die Betheiligten feierlich verheißen. Diese Wendung empörte die erbitterten Polenfeinde, dem Königl. Friedensboten wurde öffentlich ein Pereat gebracht, hohe Beamten nahmen daran Theil, das Friedenswerk wurde dem Edlen auf alle Weise erschwert, mit großer Mühe gelang es ihm, eine nur dreitägige Frist zur Ausführung eines so schwierigen, so wichtigen Unternehmens sich zu erwirken. Offenbar war dabei die Hoffnung, das Unternehmen werde in so kurzer Zeit nicht gelingen, das Racheschwert werde dann freies Spiel haben. Aber der unermüdliche, edle Willisen vermochte dennoch die Führer zu gewinnen, sie zu überzeugen, sie zur Entlassung der Massen zu bestimmen, sie zu vermögen, mit den zur Bildung des polnischen Militärs geeigneten Mannschaften bezeichnete Standörter zu beziehen. Der etc. v. Willisen bezeugt öffentlich den Führern, daß sie mit Gefahr ihres Lebens das Auseinandergehen der Massen bewirkten, denn diese protestirten anfänglich, ernstlich warnend, die Verheißungen würden so wie immer so auch jetzt nicht gehalten werden. Leider! verließ nun der edle v. Willisen die Provinz, offenbar durch die Auflehnung der Behörden, ja sogar des Militärs gegen seine friedliche Mission, dazu getrieben. Es ist wohl ganz natürlich, daß bei dem Auseinandergehen so lose zusammenhängender Massen einzelne Unordnungen vorfallen mußten. Statt nun die einzelnen Urheber zur Verantwortung und Strafe zu ziehen, statt die Ausführung der diesfälligen Convention zu überwachen, zu leiten und friedlich, in dem Geiste des edlen v. Willisen, zu vollenden, erscholl nun das genehme Kriegsgeschrei: "Die Polen haben die Convention gebrochen," und sogleich wurde das Racheschwert geschwungen. Nun folgten Gewaltthaten auf Gewaltthaten. Die eigenmächtige Erklärung der Stadt Posen in Belagerungszustand veranlaßte Exzesse auf Exzesse. Die in allen Richtungen ausgesendeten mobilen Kolonnen mißhandelten und mordeten Menschen, sie plünderten, entweihten Kirchen, wühlten Gräber auf, sie provocirten partielle Widerstände, ja neue Reunionen zur Selbstvertheidigung und auch zur Wiedervergeltung. Die von dem General v. Willissen den Cadern des künftigen polnischen Militärs angewiesenen Standorte wurden mit größter Uebermacht angefallen und die Cadern zersprengt; die dennoch von den so sehr verachteten Rotten bei Miloslaw und Wreschen erfahrenen herben Schläge erbitterten noch mehr; kurz, die Furie des Krieges waltete im Lande. Da traf der Herr General v. Pfuel, als neuer Pacifikator und Organisator, ein. Sein erster Schritt war die Ausdehnung des Belagerungszustandes der Stadt Posen auf die ganze Provinz. Der zweite war die ganz neue Erfindung, die im Kampfe gegangenen Polen an Ohr und Hand mit Höllenstein zu marken. Der dritte, die nun zum achten Male wiederholte Löwentheilung polnischen Bodens. Der vierte, der Zuruf an das Landvolk, in dem hier eine Aufforderung zur galizischen Rache gefunden wird. Unterdessen dauerten und dauern noch jetzt fort alle möglichen Gräuelscenen in der Provinz, mit dem Zusatze, daß unter den Auspizien des neuen Pacifikators Bauern und Edelleute Kantschuhiebe erhalten. Die Einwohner der Provinz werden an die Zeiten der wilden tartarischen Horden erinnert. Unter so furchtbaren Umständen verlangte der Herr Pacifikator, ich solle durch ein Rundschreiben die Gemüther beruhigen. Ich antwortete, dies sei nicht möglich, so lange die entfesselte Brutalität der Soldateska nicht gezügelt werde Er verlangte ferner, ich solle öffentlich versichern, die katholische Religion und Kirche werde nirgends verletzt. Das konnte ich nicht nach meiner obigen Bemerkung. Doch scheint der Herr General nur fremdem Einflusse, nämlich dem Einflusse des hiesigen sogenannten deutschen Centralcomite's zu folgen. Geruhen Ew. etc. etc. aus der hier beigefügten Posener Zeitung Nr. 115 geneigtest zu erfahren, daß das Comite sich dessen, bis jetzt unwidersprochen, selbst rühmt. Es zählt darin die herbeigeführten Erfolge prahlend auf und bezeichnet die noch von ihm zu erzielenden und die dazu veranstalteten Mittel. Darnach ist eigentlich das Comite die hier waltende Macht. Es entsendet auch seine Botschafter ins Ausland, um Mitschuldige für die Zertretung der unglücklichen Polen zu werben. Das hierbei kommende konstitutionelle Blatt enthält den Bericht eines solchen Botschafters, des hiesigen Professors Loew, über die Erfolge seiner Mission. Allerdings, war das Walten der Bureaukratie sehr betrübend. Aber die Tyrannei einer wilden Faktion ist doch bei weitem unheilvoller. Geruhen Euer etc. etc. aus dieser sachgetreuen Schilderung geneigtest zu ersehen, daß das Militär allein die hiesigen Gräulscenen veranlaßt, ja verübt hat. Diese waren schon im vollen Schwunge, als mein Rundschreiben v. 21. v. M. erlassen wurde; es hat mit denselben nichts gemein. Uebrigens noch eine ganz ergebenste Bemerkung. Es wird mir immer und immer vorgerückt, auch Geistliche hätten bei der Bewegung sich betheiligt. Es läßt sich nicht abstreiten, daß der wilde Strom der europäischen Bewegung einige Geistliche in seinen Strudel gerissen hat. Ich, ein einzelner Priester, war dies zu verhindern außer Stande. Welche Macht hat denn diese Bewegung zu verhindern, welche bis jetzt ihr unübersteigliche Schranken zu setzen vermocht? Ich hatte die großen Weltangelegenheiten nicht zu lenken, die die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit ganzer Völker bedingen. Ich habe an der Zerreißung Polens nicht Theil genommen, welche die größten Männer Deutschlands in Frankfurt a. M. für schmachvolles Unrecht erklärt haben, ein Unrecht, daß aus keinem polnischen Herzen ausgetilgt werden kann. Diese freimüthigen Worte trage ich kein Bedenken, in Ew. Excellenz humanes Herz vertrauungsvoll ganz ergebenst niederzulegen. Posen,27. Mai 1848. Hamburg, 10. Juni.
Eine durch das Gerücht schon seit einigen Tagen angemeldete Demonstration gegen die Thorsperre hat gestern Abend am Steinthore zu ernsten Exzessen geführt. Von der durch das unter dem Namen "der Lämmerabend" bekannte Volksfest in großen Massen vor dem Thore versammelten Volksmenge wurden nach Eintritt der Thorsperre Versuche gemacht, das Thor auszuheben; die aus Bürgergardisten bestehende Thorwache machte vergebliche Versuche, die Ordnung aufrecht zu erhalten, und mußte sich zurückziehen. Die Masse drang darauf durch das Thor ein und steckte sowohl das Wachgebäude als das gegenüberliegende kleine Accisegebäude, in welchem sich die Sperrbude befand, in Brand. Mittlerweile war durch den Generalmarsch die Bürgergarde aufgeboten worden, und es gelang dem kräftigen Einschreiten derselben, die Ruhe herzustellen. Sowohl die Wache als das Accisegebäude sind durch das Feuer größtentheils zerstört. Mehrere der Tumultuanten sind verhaftet; Verletzungen von Bedeutung scheinen nicht vorgekommen zu sein. Heute ist die Ruhe wieder völlig hergestellt. (Börs.-Halle.)Italien. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Mailand, 6. Juni. Laut amtlichen Bülletins vom 5. und 6. d. M. hat am 4. Juni die erwartete Schlacht nicht stattgefunden. "Am 4. d. M.", sagt das Bülletin vom 5. d. M. "setzten sich die Unsrigen in Bewegung, um den Feind anzugreifen. Bei Anbruch des Tages hörte man einige Kanonenschüsse. Als sie aber zu den Positionen gelangten, welche derselbe inne hatte, fanden sie dieselben verlassen. In der Nacht hatten sich die Oesterreicher nach Mantua zurückgezogen. Ihr Rückzug war so eilig, daß er einer Flucht glich." Dieses wird durch das Bülletin vom 6. d. M. vollkommen bestätigt. - Die Sicherheit der Uebergabe von Peschiera soll Radetzky vermocht haben, sich in Mantua einzuschließen. Nur die Stellung bei Curtatone außerhalb Mantua wird noch von den Oesterreichern behauptet. Die Piemontesen sollen gegen Isola della Scala rücken, um die Verbindung zwischen Verona und Mantua abzuschneiden. - Sodann heißt es in diesen Bülletins, daß die Piemontesen beim Vorrücken gegen Mantua die Felder mit Leichnamen bedeckt gefunden hätten, so, daß am 4. d. M. mit dem Feinde wegen Beerdigung der Leichen unterhandelt wurde. Die Zahl der Oesterreicher sei bedeutend größer. Der Verlust der Oesterreicher an Todten und Verwundeten in den letzten Maitagen wird vom Bülletin vom 6. d. M. auf etwa 5000 Mann angegeben. - König Albert hat eine Menge Beförderungen in seinem Heere vorgenommen. (O.-P.-A.-Z.)Belgien.
Brüssel, 12. Juni. Der Prinz von Ligne, unser Gesandter zu Paris, äußerte in der Audienz, worin er seine Kreditivbriefen abgab, Belgien lebe seit 18 Jahren frei und glücklich mit seinen liberalen Institutionen. Frei und glücklich! Man sieht wohl, daß der Hr. Prinz nicht am Pauperismus leidet. (Voix du Peuple.)Ueber das Glück dieser Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage folgende Notizen. In Brüssel sind mehr als 30,000 Arme eingeschrieben auf die Register der Wohlthätigkeitsbüreaus. Rechnet man dazu die Zahl der Nothdürftigen, die zu der Cambre, zu den Spitälern oder zu der Privatwohlthätigkeit ihre Zuflucht nehmen, so erreicht man eine Zahl von 40,000 Armen, d. h. ungefähr den dritten Theil der Bevölkerung von Brüssel. 1818 betrug die Zahl der Nothleidenden im östlichen Flandern 69,424, 1846 dagegen 214,166. Sie hat sich also mehr als verdreifacht in einem Vierteljahrhundert. Die Zahl der auf dem Lande wegen Mangel an Arbeit eingeschriebenen Individuen hat sich von 1818 bis 1846 vervierfacht. In dem westlichen Flandern ist das Elend noch allgemeiner. 1816 waren unter 642,600 Einwohnern 226,180 auf den Listen der Wohlthätigkeitsbureaus eingeschrieben, also mehr als ein Dritttheil der Bevölkerung. In dem kurzen Zwischenraume von 7 Jahren hat sich die Zahl der Nothleidenden um 100,000 vermehrt, ein Verhältn ß, das kaum in den unglücklichsten Distrikten von Irland erreicht wird. In dem östlichen Flandern betrug der Ueberschuß der Sterbefälle über die Geburten 1846: 1062, im westlichen Flandern 4010. Das Wachsthum des Elends führt größere Sterblichkeit im Gefolge; die Entbehrungen, die Leiden und der Hunger schlagen namentlich Greise und Kinder. Eines der betrübendsten Symptome ist das Verlassen der heimatlichen Sitze. In einigen hat man selbst die lokalen Behörden die Auswanderung ihrer Paupers begünstigen sehn. Daher die Bettler und Vagabundenbanden, die ihr Elend und ihre Erniedrigung in den belgischen Städten zur Schau stellen kommen. In Folge davon hat sich die Bevölkerung der Gefängnisse seit zwei Jahren verdoppelt. Sie erhob sich von 5500 auf 11,000 und seit 3 Jahren sind mehr als 10,000 Kinder durch unsere Gefängnisse und Bettelhäuser gewandert, was der Zukunft eine hoffnungsvolle Generation verspricht. Französische Republik.
* Paris, 11. Juni. In dem Augenblick, wo die Nationalversammlung ihre Abneigung gegen den Ankauf der Eisenbahnen von Seiten des Staats kund that und gleichzeitig in dem von Ihnen in einer Ihrer früheren Nummern beleuchteten Dekretentwurf über die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, mit der Agiotage liebäugelte, veröffentlichte das Journal "die Organisation der Arbeit" die ersten Anfänge einer Vermögensstatistik von Paris. Die "Reforme" in ihrer Nummer vom 10. Juni druckte aus dieser Statistik folgende Angaben ab:
Also 2 Milliarden auf 20 Namen! Die Veröffentlichung dieser Liste hat in der Sitzung der Nationalversammlung vom 10. Juni einen wahren Sturm heraufbeschworen. Proscriptionsliste! Direkter Aufruf zum Raubmord! Plünderung! So brandmarkte Bürger Jober, Volksrepräsentant, Flammen im Auge, mit bebenden Lippen, Entrüstung in jeder Gebärde, jeder Blick ein Blitz, Grabestiefe in der Stimme, Zornschnauben in den weitsichspaltenden Nüstern, die zwei frevelhaften Tagesblätter, die die Thatsache veröffentlicht hatten. Der Reichthum des Crösus auf der einen Seite! Die Armuth des Lazarus auf der andern! Ist eine solche Gegenüberstellung ein Verbrechen, so schafft die Statistik ab. Wenn die Statistik skandalöse, erbitternde Kontraste aufweist, liegt die Schuld an der Statistik oder an den Kontrasten? Aber die Herren sind sehr reizbar, die Herren, die an die Stelle Louis Philippes getreten sind. Man hat die Klubs geschlossen, die Maueranschläge gemaßregelt, ein drakonisches Gesetz gegen öffentliche Volksversammlungen dekretirt, es ist Zeit die große Giftmischerin, die Presse hinzurichten! Und darum denuncirt man die Presse der Arbeiter als infam, während man die Presse der Reaktion ungehindert die Republik, ihre Männer und ihre Ideen insultiren und verläumden läßt. Der Finanzminister Duclerc, ein Herr vom National, erklärt auf die Denunciation des braven Jober den angeschuldeten Artikel nicht zu kennen. Die Regierung respektire die Preßfreiheit, deren Machwerk die Revolution sei, aber, die Regierung werde ihre Pflicht thun, wenn ein Verbrecher begangen sei, wenn Provokation stattgefunden zum Mord oder selbst zum Haß. Zum Haß! Es ist dieß das Septembergesetz von 1835, das reaktionaire Gesetz von 1822. Der Justizminister Bethmont bestätigt diese Doktrin und Flocon selbst, der Sohn der Presse denuncirt wenn auch zunächst nur die Journale, die ihn persönlich angegriffen haben. Die Republik hat ihre Bellart, ihre Persil, ihre Plougoulm gefunden. Sie begreifen, welche Bestürzung hier herrscht, nicht unter der Arbeiterklasse, die daran gewöhnt ist, Revolutionen zu säen und Septembergesetze zu erndten, wohl aber unter den republikanischen Ideologen, unter den wahren Repulikanern, mögen sie sich nun auf Seite der Opposition, mögen sie sich auf den Bänken der Minister oder auf den Thronen unserer Pentarchen, unserer fünf Könige befinden. Die Einen begreifen nicht, wie sie zu Werkzeugen der Reaktion geworden; die andern begreifen nicht, wie eine Errungenschaft der Revolution nach der andern in solcher Geschwindigkeit verloren geht. Wir lassen natürlich außer Acht die Männer des republikanischen Ceremonials, die Männer des National, einen Marrast, einen Marie, einen Garnier Pages, die sich in ihrem Ideal übertroffen finden und wie alle hommes satisfaits, alle Zufriedengestellten, keine andere Wahl mehr haben, als zu sterben oder gegen das revolutionäre Leben zu reagiren. Wir haben doch direktes allgemeines Wahlrecht und das direkte allgemeine Wahlrecht ist doch die Form, worin sich die Volkssouveränität offenbart! Und dennoch ist das Produkt dieses allgemeinen Wahlrechts eine Versammlung die sich von der berüchtigten Chambre introuable von 1815 nur dadurch unterscheidet, daß sie die Kontrerevolution republikanisch einkleidet. Aber die Herren vergessen die wirkliche Gestaltung der bürgerlichen Gesellschaft in Frankreich. Auf der einen Seite zwei Drittel der Bevölkerung Bauern, daneben eine Bourgeoisie, die in die verschiedensten Unterabtheilungen sich zerspaltet, von dem Finanzbaron bis zum Epicier und den Mitgliedern der Pariser Handwerker-Innungen hinab. Auf der anderen Seite ein nur in Paris und einigen wenigen Fabrikstädten koncentrirtes Proletariat. Dieß Proletariat hat die Februarrevolution gemacht. Hinterher wird sie natürlich nur so weit sanktionirt, als sie den Interessen der großen konservativen oder reaktionären Majorität des Landes zusagt. - Eben das allgemeine Wahlrecht ist das Recht dieser großen Majorität. Spricht dieß gegen das allgemeine Wahlrecht? Keineswegs. Was helfen Künsteleien, welche der bürgerlichen Gesellschaft nicht gestatten, ihren entsprechenden politischen Ausdrucke zu finden? Das allgemeine Wahlrecht setzt die fortschrittfeindlichen aber der Zahl nach überwiegende Elemente der bürgerlichen Gesellschaft in die Luft der Oeffentlichkeit, wo sie bald verderben und absterben. Das allgemeine Wahlrecht ruft nicht den Zwiespalt der widerstrebenden Elemente hervor, aber es entfesselt ihn von den Schranken, die ihn in gebundenem Zustande halten und die wirkliche Lösung des Zwiespalts, wie den entschiedenen Kampf gewaltsam aufschieben. So zeigten schon die letzten Wahlen in Paris ein ganz anderes bewußtes Gegenübertreten der Klassen, als die ersten Wahlen, und die Illusionen der wahren Republikaner, denen es sich nicht um die Herrschaft der einen oder der andern Klasse, sondern um die Verwirklichung der Alle beglückenden Prinzipien "Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" handelte, verhallen in schmerzlichen Klaggesängen. Wie wenig diese Männer des revolutionären Instinkts, der Aufopferung und der Begeisterung, die einfachsten Verhältnisse richtig zu beurtheilen und, zu behandeln wußten, bewies ihr Benehmen gegenüber der Bank, über deren wieder erwachenden Muth und wieder auflebende Macht sie jetzt Halloh schreien. Sie erinnere sich: Gleich nach der Februarrevolution verweigerte die Bank nicht nur der provisorischen Regierung jede Anleihe. gepflogenen Verhandlungen so viel verstanden haben, wie unsere oberschlesischen Deputirten von dem Verfassungsentwurfe und den politischen Tagesfragen, und die einzige Opposition giebt sich durch ein Verrücken der Hüte und Kratzen hinter den Ohren kund, also viel bescheidener als das Scharren der wohlerzogenen Majorität zu Berlin, wenn die Linke spricht. Nachdem nun der Exekutor noch die nöthigen Aufträge erhalten hat, die er gewissenhaft erfüllt, da er nur diejenigen pfändet, welche ihm nicht zahlen, setzt sich der Herr Patrimonialrichter, zufrieden mit seiner unparteiischen Thätigkeit, an den trefflichen Tisch des Gutsherrn und beide wünschen sich von Herzen : „wohl zu speisen.“ (A. D.-Z.)Posen, 8. Juni. Die Posener Zeitung enthält nachstehende Bekanntmachung : Da noch immer Waffen verborgen gehalten werden, so bestimme ich hiermit, daß Jeder, der dergleichen versteckte Waffen in einer solchen Weise anzeigt, daß sie aufgefunden werden,a) für eine Büchse oder ein Doppelgewehr 1 Thlr. b) für ein einfaches Gewehr 15 Sgr. c) für einen Säbel oder Pistole 5 Sgr. d) für eine Sense 1 Thlr. erhält. Dieser Betrag kann von den betreffenden Truppentheilen, welche die Waffen auf Grund der gemachten Anzeige im Empfang nehmen, sogleich gezahlt und mit diesem meinem Erlasse belegt, extraordinär zur Liquidation gebracht werden. Denjenigen Personen, welche schon vor Erscheinen dieser Bekanntmachung in dem hier ausgesprochenen Sinne versteckte Waffen angezeigt haben, kann die angewiesene Belohnung nachträglich ausgezahlt werden. Posen, den 5. Juni 1848. Breslau, vom 8. Juni. Schreiben des Erzbischofs von Posen an den Cultusminister Grafen v, Schwerin: … Hier eine kurze, aber wahrhafte Skizze der hiesigen Vorgänge. Am 20. März d. J. versammelte sich hier eine sehr geringe Anzahl ländlicher und städtischer Einwohner, um ein Comite zur Wahrung polnischer Interessen zu bilden; es wurden dabei auch polnische Kokarden vertheilt. Dies Flämmchen war damals mit zwei Fingern auszulöschen, man brauchte nur dem Comite nachzugeben, zu reclamiren und petitioniren, ohne irgendwie zur That überzugehen. Aber die über eine bedeutende Truppenmacht verfügenden Civil- und Militärbehörde thaten, vom panischen Schrecken ergriffen, gar nichts; sie ließen Alles geschehen. Dies Geschehenlassen ward als ein Gewähren, als ein Genehmigen, als ein Aufgeben angenommen; man ließ das Heft freiwillig aus der Hand fallen und das Heft ward als res delicta vom Gegentheil aufgenommen. Das Comite konstituirte sich öffentlich zum Central-Comite und ordnete den Landräthen Kreis-Comite's zu, es rief Massen auf, es ließ dieselben öffentlich unter den Augen der Civil- und Militär-Behörden einexerciren; Alles ließ man geschehen, Alles autorisirte man faktisch. Erst als 40,000 Mann Truppen im Großherzogthum versammelt waren, kehrte der Muth heim. Leider! Verwandelte sich derselbe sogleich in Wuth, in unauslöschlichen Rachedurst, wahrscheinlich aus Verdruß über das bis dahin so unbegreiflich Verabsäumte. Niederschmettern die nun verächtlichen Banden mit Kartätschen und Shrapnells ward nun die Losung und man eilte zur Ausführung. Da erschien der General v. Willisen. Er brachte großmüthige Instruktionen vom großmüthigen Könige, er brachte Humanität und Edelmuth im eignen Herzen. Die Bewegung sollte in Güte beschwichtigt werden; es ward nationale Reorganisation des ganzen Großherzogthums, Bildung polnischen Militärs, vollständige Amnestie für die Betheiligten feierlich verheißen. Diese Wendung empörte die erbitterten Polenfeinde, dem Königl. Friedensboten wurde öffentlich ein Pereat gebracht, hohe Beamten nahmen daran Theil, das Friedenswerk wurde dem Edlen auf alle Weise erschwert, mit großer Mühe gelang es ihm, eine nur dreitägige Frist zur Ausführung eines so schwierigen, so wichtigen Unternehmens sich zu erwirken. Offenbar war dabei die Hoffnung, das Unternehmen werde in so kurzer Zeit nicht gelingen, das Racheschwert werde dann freies Spiel haben. Aber der unermüdliche, edle Willisen vermochte dennoch die Führer zu gewinnen, sie zu überzeugen, sie zur Entlassung der Massen zu bestimmen, sie zu vermögen, mit den zur Bildung des polnischen Militärs geeigneten Mannschaften bezeichnete Standörter zu beziehen. Der etc. v. Willisen bezeugt öffentlich den Führern, daß sie mit Gefahr ihres Lebens das Auseinandergehen der Massen bewirkten, denn diese protestirten anfänglich, ernstlich warnend, die Verheißungen würden so wie immer so auch jetzt nicht gehalten werden. Leider! verließ nun der edle v. Willisen die Provinz, offenbar durch die Auflehnung der Behörden, ja sogar des Militärs gegen seine friedliche Mission, dazu getrieben. Es ist wohl ganz natürlich, daß bei dem Auseinandergehen so lose zusammenhängender Massen einzelne Unordnungen vorfallen mußten. Statt nun die einzelnen Urheber zur Verantwortung und Strafe zu ziehen, statt die Ausführung der diesfälligen Convention zu überwachen, zu leiten und friedlich, in dem Geiste des edlen v. Willisen, zu vollenden, erscholl nun das genehme Kriegsgeschrei: „Die Polen haben die Convention gebrochen,“ und sogleich wurde das Racheschwert geschwungen. Nun folgten Gewaltthaten auf Gewaltthaten. Die eigenmächtige Erklärung der Stadt Posen in Belagerungszustand veranlaßte Exzesse auf Exzesse. Die in allen Richtungen ausgesendeten mobilen Kolonnen mißhandelten und mordeten Menschen, sie plünderten, entweihten Kirchen, wühlten Gräber auf, sie provocirten partielle Widerstände, ja neue Reunionen zur Selbstvertheidigung und auch zur Wiedervergeltung. Die von dem General v. Willissen den Cadern des künftigen polnischen Militärs angewiesenen Standorte wurden mit größter Uebermacht angefallen und die Cadern zersprengt; die dennoch von den so sehr verachteten Rotten bei Miloslaw und Wreschen erfahrenen herben Schläge erbitterten noch mehr; kurz, die Furie des Krieges waltete im Lande. Da traf der Herr General v. Pfuel, als neuer Pacifikator und Organisator, ein. Sein erster Schritt war die Ausdehnung des Belagerungszustandes der Stadt Posen auf die ganze Provinz. Der zweite war die ganz neue Erfindung, die im Kampfe gegangenen Polen an Ohr und Hand mit Höllenstein zu marken. Der dritte, die nun zum achten Male wiederholte Löwentheilung polnischen Bodens. Der vierte, der Zuruf an das Landvolk, in dem hier eine Aufforderung zur galizischen Rache gefunden wird. Unterdessen dauerten und dauern noch jetzt fort alle möglichen Gräuelscenen in der Provinz, mit dem Zusatze, daß unter den Auspizien des neuen Pacifikators Bauern und Edelleute Kantschuhiebe erhalten. Die Einwohner der Provinz werden an die Zeiten der wilden tartarischen Horden erinnert. Unter so furchtbaren Umständen verlangte der Herr Pacifikator, ich solle durch ein Rundschreiben die Gemüther beruhigen. Ich antwortete, dies sei nicht möglich, so lange die entfesselte Brutalität der Soldateska nicht gezügelt werde Er verlangte ferner, ich solle öffentlich versichern, die katholische Religion und Kirche werde nirgends verletzt. Das konnte ich nicht nach meiner obigen Bemerkung. Doch scheint der Herr General nur fremdem Einflusse, nämlich dem Einflusse des hiesigen sogenannten deutschen Centralcomité's zu folgen. Geruhen Ew. etc. etc. aus der hier beigefügten Posener Zeitung Nr. 115 geneigtest zu erfahren, daß das Comité sich dessen, bis jetzt unwidersprochen, selbst rühmt. Es zählt darin die herbeigeführten Erfolge prahlend auf und bezeichnet die noch von ihm zu erzielenden und die dazu veranstalteten Mittel. Darnach ist eigentlich das Comité die hier waltende Macht. Es entsendet auch seine Botschafter ins Ausland, um Mitschuldige für die Zertretung der unglücklichen Polen zu werben. Das hierbei kommende konstitutionelle Blatt enthält den Bericht eines solchen Botschafters, des hiesigen Professors Loew, über die Erfolge seiner Mission. Allerdings, war das Walten der Bureaukratie sehr betrübend. Aber die Tyrannei einer wilden Faktion ist doch bei weitem unheilvoller. Geruhen Euer etc. etc. aus dieser sachgetreuen Schilderung geneigtest zu ersehen, daß das Militär allein die hiesigen Gräulscenen veranlaßt, ja verübt hat. Diese waren schon im vollen Schwunge, als mein Rundschreiben v. 21. v. M. erlassen wurde; es hat mit denselben nichts gemein. Uebrigens noch eine ganz ergebenste Bemerkung. Es wird mir immer und immer vorgerückt, auch Geistliche hätten bei der Bewegung sich betheiligt. Es läßt sich nicht abstreiten, daß der wilde Strom der europäischen Bewegung einige Geistliche in seinen Strudel gerissen hat. Ich, ein einzelner Priester, war dies zu verhindern außer Stande. Welche Macht hat denn diese Bewegung zu verhindern, welche bis jetzt ihr unübersteigliche Schranken zu setzen vermocht? Ich hatte die großen Weltangelegenheiten nicht zu lenken, die die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit ganzer Völker bedingen. Ich habe an der Zerreißung Polens nicht Theil genommen, welche die größten Männer Deutschlands in Frankfurt a. M. für schmachvolles Unrecht erklärt haben, ein Unrecht, daß aus keinem polnischen Herzen ausgetilgt werden kann. Diese freimüthigen Worte trage ich kein Bedenken, in Ew. Excellenz humanes Herz vertrauungsvoll ganz ergebenst niederzulegen. Posen,27. Mai 1848. Hamburg, 10. Juni.
Eine durch das Gerücht schon seit einigen Tagen angemeldete Demonstration gegen die Thorsperre hat gestern Abend am Steinthore zu ernsten Exzessen geführt. Von der durch das unter dem Namen „der Lämmerabend“ bekannte Volksfest in großen Massen vor dem Thore versammelten Volksmenge wurden nach Eintritt der Thorsperre Versuche gemacht, das Thor auszuheben; die aus Bürgergardisten bestehende Thorwache machte vergebliche Versuche, die Ordnung aufrecht zu erhalten, und mußte sich zurückziehen. Die Masse drang darauf durch das Thor ein und steckte sowohl das Wachgebäude als das gegenüberliegende kleine Accisegebäude, in welchem sich die Sperrbude befand, in Brand. Mittlerweile war durch den Generalmarsch die Bürgergarde aufgeboten worden, und es gelang dem kräftigen Einschreiten derselben, die Ruhe herzustellen. Sowohl die Wache als das Accisegebäude sind durch das Feuer größtentheils zerstört. Mehrere der Tumultuanten sind verhaftet; Verletzungen von Bedeutung scheinen nicht vorgekommen zu sein. Heute ist die Ruhe wieder völlig hergestellt. (Börs.-Halle.)Italien. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Mailand, 6. Juni. Laut amtlichen Bülletins vom 5. und 6. d. M. hat am 4. Juni die erwartete Schlacht nicht stattgefunden. „Am 4. d. M.“, sagt das Bülletin vom 5. d. M. „setzten sich die Unsrigen in Bewegung, um den Feind anzugreifen. Bei Anbruch des Tages hörte man einige Kanonenschüsse. Als sie aber zu den Positionen gelangten, welche derselbe inne hatte, fanden sie dieselben verlassen. In der Nacht hatten sich die Oesterreicher nach Mantua zurückgezogen. Ihr Rückzug war so eilig, daß er einer Flucht glich.“ Dieses wird durch das Bülletin vom 6. d. M. vollkommen bestätigt. ‒ Die Sicherheit der Uebergabe von Peschiera soll Radetzky vermocht haben, sich in Mantua einzuschließen. Nur die Stellung bei Curtatone außerhalb Mantua wird noch von den Oesterreichern behauptet. Die Piemontesen sollen gegen Isola della Scala rücken, um die Verbindung zwischen Verona und Mantua abzuschneiden. ‒ Sodann heißt es in diesen Bülletins, daß die Piemontesen beim Vorrücken gegen Mantua die Felder mit Leichnamen bedeckt gefunden hätten, so, daß am 4. d. M. mit dem Feinde wegen Beerdigung der Leichen unterhandelt wurde. Die Zahl der Oesterreicher sei bedeutend größer. Der Verlust der Oesterreicher an Todten und Verwundeten in den letzten Maitagen wird vom Bülletin vom 6. d. M. auf etwa 5000 Mann angegeben. ‒ König Albert hat eine Menge Beförderungen in seinem Heere vorgenommen. (O.-P.-A.-Z.)Belgien.
Brüssel, 12. Juni. Der Prinz von Ligne, unser Gesandter zu Paris, äußerte in der Audienz, worin er seine Kreditivbriefen abgab, Belgien lebe seit 18 Jahren frei und glücklich mit seinen liberalen Institutionen. Frei und glücklich! Man sieht wohl, daß der Hr. Prinz nicht am Pauperismus leidet. (Voix du Peuple.)Ueber das Glück dieser Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage folgende Notizen. In Brüssel sind mehr als 30,000 Arme eingeschrieben auf die Register der Wohlthätigkeitsbüreaus. Rechnet man dazu die Zahl der Nothdürftigen, die zu der Cambre, zu den Spitälern oder zu der Privatwohlthätigkeit ihre Zuflucht nehmen, so erreicht man eine Zahl von 40,000 Armen, d. h. ungefähr den dritten Theil der Bevölkerung von Brüssel. 1818 betrug die Zahl der Nothleidenden im östlichen Flandern 69,424, 1846 dagegen 214,166. Sie hat sich also mehr als verdreifacht in einem Vierteljahrhundert. Die Zahl der auf dem Lande wegen Mangel an Arbeit eingeschriebenen Individuen hat sich von 1818 bis 1846 vervierfacht. In dem westlichen Flandern ist das Elend noch allgemeiner. 1816 waren unter 642,600 Einwohnern 226,180 auf den Listen der Wohlthätigkeitsbureaus eingeschrieben, also mehr als ein Dritttheil der Bevölkerung. In dem kurzen Zwischenraume von 7 Jahren hat sich die Zahl der Nothleidenden um 100,000 vermehrt, ein Verhältn ß, das kaum in den unglücklichsten Distrikten von Irland erreicht wird. In dem östlichen Flandern betrug der Ueberschuß der Sterbefälle über die Geburten 1846: 1062, im westlichen Flandern 4010. Das Wachsthum des Elends führt größere Sterblichkeit im Gefolge; die Entbehrungen, die Leiden und der Hunger schlagen namentlich Greise und Kinder. Eines der betrübendsten Symptome ist das Verlassen der heimatlichen Sitze. In einigen hat man selbst die lokalen Behörden die Auswanderung ihrer Paupers begünstigen sehn. Daher die Bettler und Vagabundenbanden, die ihr Elend und ihre Erniedrigung in den belgischen Städten zur Schau stellen kommen. In Folge davon hat sich die Bevölkerung der Gefängnisse seit zwei Jahren verdoppelt. Sie erhob sich von 5500 auf 11,000 und seit 3 Jahren sind mehr als 10,000 Kinder durch unsere Gefängnisse und Bettelhäuser gewandert, was der Zukunft eine hoffnungsvolle Generation verspricht. Französische Republik.
* Paris, 11. Juni. In dem Augenblick, wo die Nationalversammlung ihre Abneigung gegen den Ankauf der Eisenbahnen von Seiten des Staats kund that und gleichzeitig in dem von Ihnen in einer Ihrer früheren Nummern beleuchteten Dekretentwurf über die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, mit der Agiotage liebäugelte, veröffentlichte das Journal „die Organisation der Arbeit“ die ersten Anfänge einer Vermögensstatistik von Paris. Die „Reforme“ in ihrer Nummer vom 10. Juni druckte aus dieser Statistik folgende Angaben ab:
Also 2 Milliarden auf 20 Namen! Die Veröffentlichung dieser Liste hat in der Sitzung der Nationalversammlung vom 10. Juni einen wahren Sturm heraufbeschworen. Proscriptionsliste! Direkter Aufruf zum Raubmord! Plünderung! So brandmarkte Bürger Jober, Volksrepräsentant, Flammen im Auge, mit bebenden Lippen, Entrüstung in jeder Gebärde, jeder Blick ein Blitz, Grabestiefe in der Stimme, Zornschnauben in den weitsichspaltenden Nüstern, die zwei frevelhaften Tagesblätter, die die Thatsache veröffentlicht hatten. Der Reichthum des Crösus auf der einen Seite! Die Armuth des Lazarus auf der andern! Ist eine solche Gegenüberstellung ein Verbrechen, so schafft die Statistik ab. Wenn die Statistik skandalöse, erbitternde Kontraste aufweist, liegt die Schuld an der Statistik oder an den Kontrasten? Aber die Herren sind sehr reizbar, die Herren, die an die Stelle Louis Philippes getreten sind. Man hat die Klubs geschlossen, die Maueranschläge gemaßregelt, ein drakonisches Gesetz gegen öffentliche Volksversammlungen dekretirt, es ist Zeit die große Giftmischerin, die Presse hinzurichten! Und darum denuncirt man die Presse der Arbeiter als infam, während man die Presse der Reaktion ungehindert die Republik, ihre Männer und ihre Ideen insultiren und verläumden läßt. Der Finanzminister Duclerc, ein Herr vom National, erklärt auf die Denunciation des braven Jober den angeschuldeten Artikel nicht zu kennen. Die Regierung respektire die Preßfreiheit, deren Machwerk die Revolution sei, aber, die Regierung werde ihre Pflicht thun, wenn ein Verbrecher begangen sei, wenn Provokation stattgefunden zum Mord oder selbst zum Haß. Zum Haß! Es ist dieß das Septembergesetz von 1835, das reaktionaire Gesetz von 1822. Der Justizminister Bethmont bestätigt diese Doktrin und Flocon selbst, der Sohn der Presse denuncirt wenn auch zunächst nur die Journale, die ihn persönlich angegriffen haben. Die Republik hat ihre Bellart, ihre Persil, ihre Plougoulm gefunden. Sie begreifen, welche Bestürzung hier herrscht, nicht unter der Arbeiterklasse, die daran gewöhnt ist, Revolutionen zu säen und Septembergesetze zu erndten, wohl aber unter den republikanischen Ideologen, unter den wahren Repulikanern, mögen sie sich nun auf Seite der Opposition, mögen sie sich auf den Bänken der Minister oder auf den Thronen unserer Pentarchen, unserer fünf Könige befinden. Die Einen begreifen nicht, wie sie zu Werkzeugen der Reaktion geworden; die andern begreifen nicht, wie eine Errungenschaft der Revolution nach der andern in solcher Geschwindigkeit verloren geht. Wir lassen natürlich außer Acht die Männer des republikanischen Ceremonials, die Männer des National, einen Marrast, einen Marie, einen Garnier Pagès, die sich in ihrem Ideal übertroffen finden und wie alle hommes satisfaits, alle Zufriedengestellten, keine andere Wahl mehr haben, als zu sterben oder gegen das revolutionäre Leben zu reagiren. Wir haben doch direktes allgemeines Wahlrecht und das direkte allgemeine Wahlrecht ist doch die Form, worin sich die Volkssouveränität offenbart! Und dennoch ist das Produkt dieses allgemeinen Wahlrechts eine Versammlung die sich von der berüchtigten Chambre introuable von 1815 nur dadurch unterscheidet, daß sie die Kontrerevolution republikanisch einkleidet. Aber die Herren vergessen die wirkliche Gestaltung der bürgerlichen Gesellschaft in Frankreich. Auf der einen Seite zwei Drittel der Bevölkerung Bauern, daneben eine Bourgeoisie, die in die verschiedensten Unterabtheilungen sich zerspaltet, von dem Finanzbaron bis zum Epicier und den Mitgliedern der Pariser Handwerker-Innungen hinab. Auf der anderen Seite ein nur in Paris und einigen wenigen Fabrikstädten koncentrirtes Proletariat. Dieß Proletariat hat die Februarrevolution gemacht. Hinterher wird sie natürlich nur so weit sanktionirt, als sie den Interessen der großen konservativen oder reaktionären Majorität des Landes zusagt. ‒ Eben das allgemeine Wahlrecht ist das Recht dieser großen Majorität. Spricht dieß gegen das allgemeine Wahlrecht? Keineswegs. Was helfen Künsteleien, welche der bürgerlichen Gesellschaft nicht gestatten, ihren entsprechenden politischen Ausdrucke zu finden? Das allgemeine Wahlrecht setzt die fortschrittfeindlichen aber der Zahl nach überwiegende Elemente der bürgerlichen Gesellschaft in die Luft der Oeffentlichkeit, wo sie bald verderben und absterben. Das allgemeine Wahlrecht ruft nicht den Zwiespalt der widerstrebenden Elemente hervor, aber es entfesselt ihn von den Schranken, die ihn in gebundenem Zustande halten und die wirkliche Lösung des Zwiespalts, wie den entschiedenen Kampf gewaltsam aufschieben. So zeigten schon die letzten Wahlen in Paris ein ganz anderes bewußtes Gegenübertreten der Klassen, als die ersten Wahlen, und die Illusionen der wahren Republikaner, denen es sich nicht um die Herrschaft der einen oder der andern Klasse, sondern um die Verwirklichung der Alle beglückenden Prinzipien „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ handelte, verhallen in schmerzlichen Klaggesängen. Wie wenig diese Männer des revolutionären Instinkts, der Aufopferung und der Begeisterung, die einfachsten Verhältnisse richtig zu beurtheilen und, zu behandeln wußten, bewies ihr Benehmen gegenüber der Bank, über deren wieder erwachenden Muth und wieder auflebende Macht sie jetzt Halloh schreien. Sie erinnere sich: Gleich nach der Februarrevolution verweigerte die Bank nicht nur der provisorischen Regierung jede Anleihe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar014_008" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0059"/> gepflogenen Verhandlungen so viel verstanden haben, wie unsere oberschlesischen Deputirten von dem Verfassungsentwurfe und den politischen Tagesfragen, und die einzige Opposition giebt sich durch ein Verrücken der Hüte und Kratzen hinter den Ohren kund, also viel bescheidener als das Scharren der wohlerzogenen Majorität zu Berlin, wenn die Linke spricht.</p> <p>Nachdem nun der Exekutor noch die nöthigen Aufträge erhalten hat, die er gewissenhaft erfüllt, da er nur diejenigen pfändet, welche ihm nicht zahlen, setzt sich der Herr Patrimonialrichter, zufrieden mit seiner unparteiischen Thätigkeit, an den trefflichen Tisch des Gutsherrn und beide wünschen sich von Herzen : <hi rendition="#g">„wohl zu speisen.“</hi></p> <bibl>(A. D.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar014_009" type="jArticle"> <head>Posen, 8. Juni.</head> <p>Die Posener Zeitung enthält nachstehende Bekanntmachung :</p> <p>Da noch immer Waffen verborgen gehalten werden, so bestimme ich hiermit, daß Jeder, der dergleichen versteckte Waffen in einer solchen Weise anzeigt, daß sie aufgefunden werden,<hi rendition="#et">a) für eine Büchse oder ein Doppelgewehr 1 Thlr. b) für ein einfaches Gewehr 15 Sgr. c) für einen Säbel oder Pistole 5 Sgr. d) für eine Sense 1 Thlr.</hi> erhält.</p> <p>Dieser Betrag kann von den betreffenden Truppentheilen, welche die Waffen auf Grund der gemachten Anzeige im Empfang nehmen, sogleich gezahlt und mit diesem meinem Erlasse belegt, extraordinär zur Liquidation gebracht werden. Denjenigen Personen, welche schon vor Erscheinen dieser Bekanntmachung in dem hier ausgesprochenen Sinne versteckte Waffen angezeigt haben, kann die angewiesene Belohnung nachträglich ausgezahlt werden.</p> <p rendition="#et">Posen, den 5. Juni 1848.<lb/> Der königliche Kommissarius, General der Infanterie, v. <hi rendition="#g">Pfuel.</hi></p> </div> <div xml:id="ar014_010" type="jArticle"> <head>Breslau, vom 8. Juni.</head> <p>Schreiben des Erzbischofs von Posen an den Cultusminister Grafen v, Schwerin:</p> <p>… Hier eine kurze, aber wahrhafte Skizze der hiesigen Vorgänge.</p> <p>Am 20. März d. J. versammelte sich hier eine sehr geringe Anzahl ländlicher und städtischer Einwohner, um ein Comite zur Wahrung polnischer Interessen zu bilden; es wurden dabei auch polnische Kokarden vertheilt.</p> <p>Dies Flämmchen war damals mit zwei Fingern auszulöschen, man brauchte nur dem Comite nachzugeben, zu reclamiren und petitioniren, ohne irgendwie zur That überzugehen. Aber die über eine bedeutende Truppenmacht verfügenden Civil- und Militärbehörde thaten, vom panischen Schrecken ergriffen, gar nichts; sie ließen Alles geschehen. Dies Geschehenlassen ward als ein Gewähren, als ein Genehmigen, als ein Aufgeben angenommen; man ließ das Heft freiwillig aus der Hand fallen und das Heft ward als res delicta vom Gegentheil aufgenommen.</p> <p>Das Comite konstituirte sich öffentlich zum Central-Comite und ordnete den Landräthen Kreis-Comite's zu, es rief Massen auf, es ließ dieselben öffentlich unter den Augen der Civil- und Militär-Behörden einexerciren; Alles ließ man geschehen, Alles autorisirte man faktisch. Erst als 40,000 Mann Truppen im Großherzogthum versammelt waren, kehrte der Muth heim. Leider! Verwandelte sich derselbe sogleich in Wuth, in unauslöschlichen Rachedurst, wahrscheinlich aus Verdruß über das bis dahin so unbegreiflich Verabsäumte. Niederschmettern die nun verächtlichen Banden mit Kartätschen und Shrapnells ward nun die Losung und man eilte zur Ausführung.</p> <p>Da erschien der General v. Willisen. Er brachte großmüthige Instruktionen vom großmüthigen Könige, er brachte Humanität und Edelmuth im eignen Herzen. Die Bewegung sollte in Güte beschwichtigt werden; es ward nationale Reorganisation des ganzen Großherzogthums, Bildung polnischen Militärs, vollständige Amnestie für die Betheiligten feierlich verheißen.</p> <p>Diese Wendung empörte die erbitterten Polenfeinde, dem Königl. Friedensboten wurde öffentlich ein Pereat gebracht, hohe Beamten nahmen daran Theil, das Friedenswerk wurde dem Edlen auf alle Weise erschwert, mit großer Mühe gelang es ihm, eine nur dreitägige Frist zur Ausführung eines so schwierigen, so wichtigen Unternehmens sich zu erwirken. Offenbar war dabei die Hoffnung, das Unternehmen werde in so kurzer Zeit nicht gelingen, das Racheschwert werde dann freies Spiel haben.</p> <p>Aber der unermüdliche, edle Willisen vermochte dennoch die Führer zu gewinnen, sie zu überzeugen, sie zur Entlassung der Massen zu bestimmen, sie zu vermögen, mit den zur Bildung des polnischen Militärs geeigneten Mannschaften bezeichnete Standörter zu beziehen.</p> <p>Der etc. v. Willisen bezeugt öffentlich den Führern, daß sie mit Gefahr ihres Lebens das Auseinandergehen der Massen bewirkten, denn diese protestirten anfänglich, ernstlich warnend, die Verheißungen würden so wie immer so auch jetzt nicht gehalten werden.</p> <p>Leider! verließ nun der edle v. Willisen die Provinz, offenbar durch die Auflehnung der Behörden, ja sogar des Militärs gegen seine friedliche Mission, dazu getrieben.</p> <p>Es ist wohl ganz natürlich, daß bei dem Auseinandergehen so lose zusammenhängender Massen einzelne Unordnungen vorfallen mußten. Statt nun die einzelnen Urheber zur Verantwortung und Strafe zu ziehen, statt die Ausführung der diesfälligen Convention zu überwachen, zu leiten und friedlich, in dem Geiste des edlen v. Willisen, zu vollenden, erscholl nun das genehme Kriegsgeschrei: „Die Polen haben die Convention gebrochen,“ und sogleich wurde das Racheschwert geschwungen.</p> <p>Nun folgten Gewaltthaten auf Gewaltthaten. Die eigenmächtige Erklärung der Stadt Posen in Belagerungszustand veranlaßte Exzesse auf Exzesse. Die in allen Richtungen ausgesendeten mobilen Kolonnen mißhandelten und mordeten Menschen, sie plünderten, entweihten Kirchen, wühlten Gräber auf, sie provocirten partielle Widerstände, ja neue Reunionen zur Selbstvertheidigung und auch zur Wiedervergeltung. Die von dem General v. Willissen den Cadern des künftigen polnischen Militärs angewiesenen Standorte wurden mit größter Uebermacht angefallen und die Cadern zersprengt; die dennoch von den so sehr verachteten Rotten bei Miloslaw und Wreschen erfahrenen herben Schläge erbitterten noch mehr; kurz, die Furie des Krieges waltete im Lande.</p> <p>Da traf der Herr General v. Pfuel, als neuer Pacifikator und Organisator, ein. Sein erster Schritt war die Ausdehnung des Belagerungszustandes der Stadt Posen auf die ganze Provinz. Der zweite war die ganz neue Erfindung, die im Kampfe gegangenen Polen an Ohr und Hand mit Höllenstein zu marken. Der dritte, die nun zum achten Male wiederholte Löwentheilung polnischen Bodens. Der vierte, der Zuruf an das Landvolk, in dem hier eine Aufforderung zur galizischen Rache gefunden wird. Unterdessen dauerten und dauern noch jetzt fort alle möglichen Gräuelscenen in der Provinz, mit dem Zusatze, daß unter den Auspizien des neuen Pacifikators Bauern und Edelleute Kantschuhiebe erhalten. Die Einwohner der Provinz werden an die Zeiten der wilden tartarischen Horden erinnert. Unter so furchtbaren Umständen verlangte der Herr Pacifikator, ich solle durch ein Rundschreiben die Gemüther beruhigen. Ich antwortete, dies sei nicht möglich, so lange die entfesselte Brutalität der Soldateska nicht gezügelt werde Er verlangte ferner, ich solle öffentlich versichern, die katholische Religion und Kirche werde nirgends verletzt. Das konnte ich nicht nach meiner obigen Bemerkung. Doch scheint der Herr General nur fremdem Einflusse, nämlich dem Einflusse des hiesigen sogenannten deutschen Centralcomité's zu folgen.</p> <p>Geruhen Ew. etc. etc. aus der hier beigefügten Posener Zeitung Nr. 115 geneigtest zu erfahren, daß das Comité sich dessen, bis jetzt unwidersprochen, selbst rühmt. Es zählt darin die herbeigeführten Erfolge prahlend auf und bezeichnet die noch von ihm zu erzielenden und die dazu veranstalteten Mittel. Darnach ist eigentlich das Comité die hier waltende Macht. Es entsendet auch seine Botschafter ins Ausland, um Mitschuldige für die Zertretung der unglücklichen Polen zu werben. Das hierbei kommende konstitutionelle Blatt enthält den Bericht eines solchen Botschafters, des hiesigen Professors Loew, über die Erfolge seiner Mission. Allerdings, war das Walten der Bureaukratie sehr betrübend. Aber die Tyrannei einer wilden Faktion ist doch bei weitem unheilvoller.</p> <p>Geruhen Euer etc. etc. aus dieser sachgetreuen Schilderung geneigtest zu ersehen, daß das Militär allein die hiesigen Gräulscenen veranlaßt, ja verübt hat. Diese waren schon im vollen Schwunge, als mein Rundschreiben v. 21. v. M. erlassen wurde; es hat mit denselben nichts gemein. Uebrigens noch eine ganz ergebenste Bemerkung. Es wird mir immer und immer vorgerückt, auch Geistliche hätten bei der Bewegung sich betheiligt. Es läßt sich nicht abstreiten, daß der wilde Strom der europäischen Bewegung einige Geistliche in seinen Strudel gerissen hat. Ich, ein einzelner Priester, war dies zu verhindern außer Stande. Welche Macht hat denn diese Bewegung zu verhindern, welche bis jetzt ihr unübersteigliche Schranken zu setzen vermocht? Ich hatte die großen Weltangelegenheiten nicht zu lenken, die die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit ganzer Völker bedingen. Ich habe an der Zerreißung Polens nicht Theil genommen, welche die größten Männer Deutschlands in Frankfurt a. M. für schmachvolles Unrecht erklärt haben, ein Unrecht, daß aus keinem polnischen Herzen ausgetilgt werden kann.</p> <p>Diese freimüthigen Worte trage ich kein Bedenken, in Ew. Excellenz humanes Herz vertrauungsvoll ganz ergebenst niederzulegen.</p> <p rendition="#et"><hi rendition="#g">Posen,</hi>27. Mai 1848.<lb/> D. E. v. G. u. P<lb/> gez. X. Przylusti</p> </div> <div xml:id="ar014_011" type="jArticle"> <head>Hamburg, 10. Juni.</head> <p>Eine durch das Gerücht schon seit einigen Tagen angemeldete Demonstration gegen die Thorsperre hat gestern Abend am Steinthore zu ernsten Exzessen geführt. Von der durch das unter dem Namen „der Lämmerabend“ bekannte Volksfest in großen Massen vor dem Thore versammelten Volksmenge wurden nach Eintritt der Thorsperre Versuche gemacht, das Thor auszuheben; die aus Bürgergardisten bestehende Thorwache machte vergebliche Versuche, die Ordnung aufrecht zu erhalten, und mußte sich zurückziehen. Die Masse drang darauf durch das Thor ein und steckte sowohl das Wachgebäude als das gegenüberliegende kleine Accisegebäude, in welchem sich die Sperrbude befand, in Brand. Mittlerweile war durch den Generalmarsch die Bürgergarde aufgeboten worden, und es gelang dem kräftigen Einschreiten derselben, die Ruhe herzustellen. Sowohl die Wache als das Accisegebäude sind durch das Feuer größtentheils zerstört. Mehrere der Tumultuanten sind verhaftet; Verletzungen von Bedeutung scheinen nicht vorgekommen zu sein. Heute ist die Ruhe wieder völlig hergestellt.</p> <bibl>(Börs.-Halle.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar014_012_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Die Österreicher scheinen die Lombardei aufzugeben. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 124.</bibl></note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar014_013" type="jArticle"> <head>Mailand, 6. Juni.</head> <p>Laut amtlichen Bülletins vom 5. und 6. d. M. hat am 4. Juni die erwartete Schlacht nicht stattgefunden. „Am 4. d. M.“, sagt das Bülletin vom 5. d. M. „setzten sich die Unsrigen in Bewegung, um den Feind anzugreifen. Bei Anbruch des Tages hörte man einige Kanonenschüsse. Als sie aber zu den Positionen gelangten, welche derselbe inne hatte, fanden sie dieselben verlassen. In der Nacht hatten sich die Oesterreicher nach Mantua zurückgezogen. Ihr Rückzug war so eilig, daß er einer Flucht glich.“ Dieses wird durch das Bülletin vom 6. d. M. vollkommen bestätigt. ‒ Die Sicherheit der Uebergabe von Peschiera soll Radetzky vermocht haben, sich in Mantua einzuschließen. Nur die Stellung bei Curtatone außerhalb Mantua wird noch von den Oesterreichern behauptet. Die Piemontesen sollen gegen Isola della Scala rücken, um die Verbindung zwischen Verona und Mantua abzuschneiden. ‒ Sodann heißt es in diesen Bülletins, daß die Piemontesen beim Vorrücken gegen Mantua die Felder mit Leichnamen bedeckt gefunden hätten, so, daß am 4. d. M. mit dem Feinde wegen Beerdigung der Leichen unterhandelt wurde. Die Zahl der Oesterreicher sei bedeutend größer. Der Verlust der Oesterreicher an Todten und Verwundeten in den letzten Maitagen wird vom Bülletin vom 6. d. M. auf etwa 5000 Mann angegeben. ‒ König Albert hat eine Menge Beförderungen in seinem Heere vorgenommen.</p> <bibl>(O.-P.-A.-Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Belgien.</head> <div xml:id="ar014_014" type="jArticle"> <head>Brüssel, 12. Juni.</head> <p>Der Prinz von <hi rendition="#g">Ligne,</hi> unser Gesandter zu Paris, äußerte in der Audienz, worin er seine Kreditivbriefen abgab, Belgien lebe seit 18 Jahren frei und glücklich mit seinen liberalen Institutionen. Frei und glücklich! Man sieht wohl, daß der Hr. Prinz nicht am Pauperismus leidet.</p> <bibl>(Voix du Peuple.)</bibl> <p>Ueber das Glück dieser <hi rendition="#g">Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage</hi> folgende Notizen. In Brüssel sind mehr als 30,000 Arme eingeschrieben auf die Register der Wohlthätigkeitsbüreaus. Rechnet man dazu die Zahl der Nothdürftigen, die zu der Cambre, zu den Spitälern oder zu der Privatwohlthätigkeit ihre Zuflucht nehmen, so erreicht man eine Zahl von 40,000 Armen, d. h. ungefähr den <hi rendition="#g">dritten Theil der Bevölkerung von Brüssel.</hi> 1818 betrug die Zahl der Nothleidenden im östlichen Flandern 69,424, 1846 dagegen 214,166. Sie hat sich also mehr als <hi rendition="#g">verdreifacht</hi> in einem Vierteljahrhundert. Die Zahl der auf dem Lande wegen Mangel an Arbeit eingeschriebenen Individuen hat sich von 1818 bis 1846 <hi rendition="#g">vervierfacht.</hi> In dem westlichen Flandern ist das Elend noch allgemeiner. 1816 waren unter 642,600 Einwohnern 226,180 auf den Listen der Wohlthätigkeitsbureaus eingeschrieben, also <hi rendition="#g">mehr als ein Dritttheil</hi> der Bevölkerung. In dem kurzen Zwischenraume von 7 Jahren hat sich die Zahl der Nothleidenden um 100,000 vermehrt, ein Verhältn ß, das kaum in den unglücklichsten Distrikten von Irland erreicht wird. In dem östlichen Flandern betrug der Ueberschuß der Sterbefälle über die Geburten 1846: 1062, im westlichen Flandern 4010. Das Wachsthum des Elends führt größere Sterblichkeit im Gefolge; die Entbehrungen, die Leiden und der Hunger schlagen namentlich Greise und Kinder.</p> <p>Eines der betrübendsten Symptome ist das Verlassen der heimatlichen Sitze. In einigen hat man selbst die lokalen Behörden die Auswanderung ihrer Paupers begünstigen sehn. Daher die Bettler und Vagabundenbanden, die ihr Elend und ihre Erniedrigung in den belgischen Städten zur Schau stellen kommen. In Folge davon hat sich die Bevölkerung der Gefängnisse seit zwei Jahren verdoppelt. 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Juni einen wahren Sturm heraufbeschworen. Proscriptionsliste! Direkter Aufruf zum Raubmord! Plünderung! So brandmarkte Bürger Jober, Volksrepräsentant, Flammen im Auge, mit bebenden Lippen, Entrüstung in jeder Gebärde, jeder Blick ein Blitz, Grabestiefe in der Stimme, Zornschnauben in den weitsichspaltenden Nüstern, die zwei frevelhaften Tagesblätter, die die <hi rendition="#g">Thatsache</hi> veröffentlicht hatten. Der Reichthum des Crösus auf der einen Seite! Die Armuth des Lazarus auf der andern! Ist eine solche Gegenüberstellung ein Verbrechen, so schafft die Statistik ab. Wenn die Statistik skandalöse, erbitternde Kontraste aufweist, liegt die Schuld an der Statistik oder an den Kontrasten? Aber die Herren sind sehr reizbar, die Herren, die an die Stelle Louis Philippes getreten sind. Man hat die Klubs geschlossen, die Maueranschläge gemaßregelt, ein drakonisches Gesetz gegen öffentliche Volksversammlungen dekretirt, es ist Zeit <hi rendition="#g">die große Giftmischerin,</hi> die Presse hinzurichten! Und darum denuncirt man die Presse der Arbeiter als infam, während man die Presse der Reaktion ungehindert die Republik, ihre Männer und ihre Ideen insultiren und verläumden läßt. Der Finanzminister <hi rendition="#g">Duclerc,</hi> ein Herr vom <hi rendition="#g">National,</hi> erklärt auf die Denunciation des braven Jober den angeschuldeten Artikel nicht zu kennen. Die Regierung respektire die Preßfreiheit, deren Machwerk die Revolution sei, <hi rendition="#g">aber,</hi> die Regierung werde ihre Pflicht thun, wenn ein Verbrecher begangen sei, wenn Provokation stattgefunden zum Mord <hi rendition="#g">oder</hi> selbst zum <hi rendition="#g">Haß.</hi> Zum Haß! Es ist dieß das Septembergesetz von 1835, das reaktionaire Gesetz von 1822. Der Justizminister <hi rendition="#g">Bethmont</hi> bestätigt diese Doktrin und <hi rendition="#g">Flocon</hi> selbst, der Sohn der Presse denuncirt wenn auch zunächst nur die Journale, die ihn persönlich angegriffen haben. Die Republik hat ihre Bellart, ihre Persil, ihre Plougoulm gefunden. Sie begreifen, welche Bestürzung hier herrscht, nicht unter der Arbeiterklasse, die daran gewöhnt ist, Revolutionen zu säen und Septembergesetze zu erndten, wohl aber unter den republikanischen Ideologen, unter den <hi rendition="#g">wahren</hi> Repulikanern, mögen sie sich nun auf Seite der Opposition, mögen sie sich auf den Bänken der Minister oder auf den Thronen unserer Pentarchen, unserer fünf Könige befinden.</p> <p>Die Einen begreifen nicht, wie sie zu Werkzeugen der Reaktion geworden; die andern begreifen nicht, wie eine Errungenschaft der Revolution nach der andern in solcher Geschwindigkeit verloren geht. Wir lassen natürlich außer Acht die Männer des republikanischen Ceremonials, die Männer des National, einen Marrast, einen Marie, einen Garnier Pagès, die sich in ihrem Ideal übertroffen finden und wie alle hommes satisfaits, alle Zufriedengestellten, keine andere Wahl mehr haben, als zu sterben oder gegen das revolutionäre Leben zu reagiren. Wir haben doch direktes allgemeines Wahlrecht und das direkte allgemeine Wahlrecht ist doch die Form, worin sich die Volkssouveränität offenbart! Und dennoch ist das Produkt dieses allgemeinen Wahlrechts eine Versammlung die sich von der berüchtigten Chambre introuable von 1815 nur dadurch unterscheidet, daß sie die Kontrerevolution republikanisch einkleidet.</p> <p>Aber die Herren vergessen die wirkliche Gestaltung der bürgerlichen Gesellschaft in Frankreich. Auf der einen Seite zwei Drittel der Bevölkerung Bauern, daneben eine Bourgeoisie, die in die verschiedensten Unterabtheilungen sich zerspaltet, von dem Finanzbaron bis zum Epicier und den Mitgliedern der Pariser Handwerker-Innungen hinab. Auf der anderen Seite ein nur in Paris und einigen wenigen Fabrikstädten koncentrirtes Proletariat. Dieß Proletariat hat die Februarrevolution gemacht. Hinterher wird sie natürlich nur so weit sanktionirt, als sie den Interessen der großen konservativen oder reaktionären Majorität des Landes zusagt. ‒ Eben das allgemeine Wahlrecht ist das Recht dieser großen Majorität. Spricht dieß gegen das allgemeine Wahlrecht? Keineswegs. Was helfen Künsteleien, welche der bürgerlichen Gesellschaft nicht gestatten, ihren entsprechenden politischen Ausdrucke zu finden? Das allgemeine Wahlrecht setzt die fortschrittfeindlichen aber der Zahl nach überwiegende Elemente der bürgerlichen Gesellschaft in die Luft der Oeffentlichkeit, wo sie bald verderben und absterben. Das allgemeine Wahlrecht ruft nicht den Zwiespalt der widerstrebenden Elemente hervor, aber es entfesselt ihn von den Schranken, die ihn in gebundenem Zustande halten und die wirkliche Lösung des Zwiespalts, wie den entschiedenen Kampf gewaltsam aufschieben. So zeigten schon die letzten Wahlen in Paris ein ganz anderes bewußtes Gegenübertreten der Klassen, als die ersten Wahlen, und die Illusionen der <hi rendition="#g">wahren</hi> Republikaner, denen es sich nicht um die Herrschaft der einen oder der andern Klasse, sondern um die Verwirklichung der <hi rendition="#g">Alle</hi> beglückenden Prinzipien „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ handelte, verhallen in schmerzlichen Klaggesängen. Wie wenig diese Männer des revolutionären Instinkts, der Aufopferung und der Begeisterung, die einfachsten Verhältnisse richtig zu beurtheilen und, zu behandeln wußten, bewies ihr Benehmen gegenüber der Bank, über deren wieder erwachenden Muth und wieder auflebende Macht sie jetzt Halloh schreien.</p> <p>Sie erinnere sich: Gleich nach der Februarrevolution verweigerte die Bank nicht nur der provisorischen Regierung jede Anleihe. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0059/0003]
gepflogenen Verhandlungen so viel verstanden haben, wie unsere oberschlesischen Deputirten von dem Verfassungsentwurfe und den politischen Tagesfragen, und die einzige Opposition giebt sich durch ein Verrücken der Hüte und Kratzen hinter den Ohren kund, also viel bescheidener als das Scharren der wohlerzogenen Majorität zu Berlin, wenn die Linke spricht.
Nachdem nun der Exekutor noch die nöthigen Aufträge erhalten hat, die er gewissenhaft erfüllt, da er nur diejenigen pfändet, welche ihm nicht zahlen, setzt sich der Herr Patrimonialrichter, zufrieden mit seiner unparteiischen Thätigkeit, an den trefflichen Tisch des Gutsherrn und beide wünschen sich von Herzen : „wohl zu speisen.“
(A. D.-Z.) Posen, 8. Juni. Die Posener Zeitung enthält nachstehende Bekanntmachung :
Da noch immer Waffen verborgen gehalten werden, so bestimme ich hiermit, daß Jeder, der dergleichen versteckte Waffen in einer solchen Weise anzeigt, daß sie aufgefunden werden,a) für eine Büchse oder ein Doppelgewehr 1 Thlr. b) für ein einfaches Gewehr 15 Sgr. c) für einen Säbel oder Pistole 5 Sgr. d) für eine Sense 1 Thlr. erhält.
Dieser Betrag kann von den betreffenden Truppentheilen, welche die Waffen auf Grund der gemachten Anzeige im Empfang nehmen, sogleich gezahlt und mit diesem meinem Erlasse belegt, extraordinär zur Liquidation gebracht werden. Denjenigen Personen, welche schon vor Erscheinen dieser Bekanntmachung in dem hier ausgesprochenen Sinne versteckte Waffen angezeigt haben, kann die angewiesene Belohnung nachträglich ausgezahlt werden.
Posen, den 5. Juni 1848.
Der königliche Kommissarius, General der Infanterie, v. Pfuel.
Breslau, vom 8. Juni. Schreiben des Erzbischofs von Posen an den Cultusminister Grafen v, Schwerin:
… Hier eine kurze, aber wahrhafte Skizze der hiesigen Vorgänge.
Am 20. März d. J. versammelte sich hier eine sehr geringe Anzahl ländlicher und städtischer Einwohner, um ein Comite zur Wahrung polnischer Interessen zu bilden; es wurden dabei auch polnische Kokarden vertheilt.
Dies Flämmchen war damals mit zwei Fingern auszulöschen, man brauchte nur dem Comite nachzugeben, zu reclamiren und petitioniren, ohne irgendwie zur That überzugehen. Aber die über eine bedeutende Truppenmacht verfügenden Civil- und Militärbehörde thaten, vom panischen Schrecken ergriffen, gar nichts; sie ließen Alles geschehen. Dies Geschehenlassen ward als ein Gewähren, als ein Genehmigen, als ein Aufgeben angenommen; man ließ das Heft freiwillig aus der Hand fallen und das Heft ward als res delicta vom Gegentheil aufgenommen.
Das Comite konstituirte sich öffentlich zum Central-Comite und ordnete den Landräthen Kreis-Comite's zu, es rief Massen auf, es ließ dieselben öffentlich unter den Augen der Civil- und Militär-Behörden einexerciren; Alles ließ man geschehen, Alles autorisirte man faktisch. Erst als 40,000 Mann Truppen im Großherzogthum versammelt waren, kehrte der Muth heim. Leider! Verwandelte sich derselbe sogleich in Wuth, in unauslöschlichen Rachedurst, wahrscheinlich aus Verdruß über das bis dahin so unbegreiflich Verabsäumte. Niederschmettern die nun verächtlichen Banden mit Kartätschen und Shrapnells ward nun die Losung und man eilte zur Ausführung.
Da erschien der General v. Willisen. Er brachte großmüthige Instruktionen vom großmüthigen Könige, er brachte Humanität und Edelmuth im eignen Herzen. Die Bewegung sollte in Güte beschwichtigt werden; es ward nationale Reorganisation des ganzen Großherzogthums, Bildung polnischen Militärs, vollständige Amnestie für die Betheiligten feierlich verheißen.
Diese Wendung empörte die erbitterten Polenfeinde, dem Königl. Friedensboten wurde öffentlich ein Pereat gebracht, hohe Beamten nahmen daran Theil, das Friedenswerk wurde dem Edlen auf alle Weise erschwert, mit großer Mühe gelang es ihm, eine nur dreitägige Frist zur Ausführung eines so schwierigen, so wichtigen Unternehmens sich zu erwirken. Offenbar war dabei die Hoffnung, das Unternehmen werde in so kurzer Zeit nicht gelingen, das Racheschwert werde dann freies Spiel haben.
Aber der unermüdliche, edle Willisen vermochte dennoch die Führer zu gewinnen, sie zu überzeugen, sie zur Entlassung der Massen zu bestimmen, sie zu vermögen, mit den zur Bildung des polnischen Militärs geeigneten Mannschaften bezeichnete Standörter zu beziehen.
Der etc. v. Willisen bezeugt öffentlich den Führern, daß sie mit Gefahr ihres Lebens das Auseinandergehen der Massen bewirkten, denn diese protestirten anfänglich, ernstlich warnend, die Verheißungen würden so wie immer so auch jetzt nicht gehalten werden.
Leider! verließ nun der edle v. Willisen die Provinz, offenbar durch die Auflehnung der Behörden, ja sogar des Militärs gegen seine friedliche Mission, dazu getrieben.
Es ist wohl ganz natürlich, daß bei dem Auseinandergehen so lose zusammenhängender Massen einzelne Unordnungen vorfallen mußten. Statt nun die einzelnen Urheber zur Verantwortung und Strafe zu ziehen, statt die Ausführung der diesfälligen Convention zu überwachen, zu leiten und friedlich, in dem Geiste des edlen v. Willisen, zu vollenden, erscholl nun das genehme Kriegsgeschrei: „Die Polen haben die Convention gebrochen,“ und sogleich wurde das Racheschwert geschwungen.
Nun folgten Gewaltthaten auf Gewaltthaten. Die eigenmächtige Erklärung der Stadt Posen in Belagerungszustand veranlaßte Exzesse auf Exzesse. Die in allen Richtungen ausgesendeten mobilen Kolonnen mißhandelten und mordeten Menschen, sie plünderten, entweihten Kirchen, wühlten Gräber auf, sie provocirten partielle Widerstände, ja neue Reunionen zur Selbstvertheidigung und auch zur Wiedervergeltung. Die von dem General v. Willissen den Cadern des künftigen polnischen Militärs angewiesenen Standorte wurden mit größter Uebermacht angefallen und die Cadern zersprengt; die dennoch von den so sehr verachteten Rotten bei Miloslaw und Wreschen erfahrenen herben Schläge erbitterten noch mehr; kurz, die Furie des Krieges waltete im Lande.
Da traf der Herr General v. Pfuel, als neuer Pacifikator und Organisator, ein. Sein erster Schritt war die Ausdehnung des Belagerungszustandes der Stadt Posen auf die ganze Provinz. Der zweite war die ganz neue Erfindung, die im Kampfe gegangenen Polen an Ohr und Hand mit Höllenstein zu marken. Der dritte, die nun zum achten Male wiederholte Löwentheilung polnischen Bodens. Der vierte, der Zuruf an das Landvolk, in dem hier eine Aufforderung zur galizischen Rache gefunden wird. Unterdessen dauerten und dauern noch jetzt fort alle möglichen Gräuelscenen in der Provinz, mit dem Zusatze, daß unter den Auspizien des neuen Pacifikators Bauern und Edelleute Kantschuhiebe erhalten. Die Einwohner der Provinz werden an die Zeiten der wilden tartarischen Horden erinnert. Unter so furchtbaren Umständen verlangte der Herr Pacifikator, ich solle durch ein Rundschreiben die Gemüther beruhigen. Ich antwortete, dies sei nicht möglich, so lange die entfesselte Brutalität der Soldateska nicht gezügelt werde Er verlangte ferner, ich solle öffentlich versichern, die katholische Religion und Kirche werde nirgends verletzt. Das konnte ich nicht nach meiner obigen Bemerkung. Doch scheint der Herr General nur fremdem Einflusse, nämlich dem Einflusse des hiesigen sogenannten deutschen Centralcomité's zu folgen.
Geruhen Ew. etc. etc. aus der hier beigefügten Posener Zeitung Nr. 115 geneigtest zu erfahren, daß das Comité sich dessen, bis jetzt unwidersprochen, selbst rühmt. Es zählt darin die herbeigeführten Erfolge prahlend auf und bezeichnet die noch von ihm zu erzielenden und die dazu veranstalteten Mittel. Darnach ist eigentlich das Comité die hier waltende Macht. Es entsendet auch seine Botschafter ins Ausland, um Mitschuldige für die Zertretung der unglücklichen Polen zu werben. Das hierbei kommende konstitutionelle Blatt enthält den Bericht eines solchen Botschafters, des hiesigen Professors Loew, über die Erfolge seiner Mission. Allerdings, war das Walten der Bureaukratie sehr betrübend. Aber die Tyrannei einer wilden Faktion ist doch bei weitem unheilvoller.
Geruhen Euer etc. etc. aus dieser sachgetreuen Schilderung geneigtest zu ersehen, daß das Militär allein die hiesigen Gräulscenen veranlaßt, ja verübt hat. Diese waren schon im vollen Schwunge, als mein Rundschreiben v. 21. v. M. erlassen wurde; es hat mit denselben nichts gemein. Uebrigens noch eine ganz ergebenste Bemerkung. Es wird mir immer und immer vorgerückt, auch Geistliche hätten bei der Bewegung sich betheiligt. Es läßt sich nicht abstreiten, daß der wilde Strom der europäischen Bewegung einige Geistliche in seinen Strudel gerissen hat. Ich, ein einzelner Priester, war dies zu verhindern außer Stande. Welche Macht hat denn diese Bewegung zu verhindern, welche bis jetzt ihr unübersteigliche Schranken zu setzen vermocht? Ich hatte die großen Weltangelegenheiten nicht zu lenken, die die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit ganzer Völker bedingen. Ich habe an der Zerreißung Polens nicht Theil genommen, welche die größten Männer Deutschlands in Frankfurt a. M. für schmachvolles Unrecht erklärt haben, ein Unrecht, daß aus keinem polnischen Herzen ausgetilgt werden kann.
Diese freimüthigen Worte trage ich kein Bedenken, in Ew. Excellenz humanes Herz vertrauungsvoll ganz ergebenst niederzulegen.
Posen,27. Mai 1848.
D. E. v. G. u. P
gez. X. Przylusti
Hamburg, 10. Juni. Eine durch das Gerücht schon seit einigen Tagen angemeldete Demonstration gegen die Thorsperre hat gestern Abend am Steinthore zu ernsten Exzessen geführt. Von der durch das unter dem Namen „der Lämmerabend“ bekannte Volksfest in großen Massen vor dem Thore versammelten Volksmenge wurden nach Eintritt der Thorsperre Versuche gemacht, das Thor auszuheben; die aus Bürgergardisten bestehende Thorwache machte vergebliche Versuche, die Ordnung aufrecht zu erhalten, und mußte sich zurückziehen. Die Masse drang darauf durch das Thor ein und steckte sowohl das Wachgebäude als das gegenüberliegende kleine Accisegebäude, in welchem sich die Sperrbude befand, in Brand. Mittlerweile war durch den Generalmarsch die Bürgergarde aufgeboten worden, und es gelang dem kräftigen Einschreiten derselben, die Ruhe herzustellen. Sowohl die Wache als das Accisegebäude sind durch das Feuer größtentheils zerstört. Mehrere der Tumultuanten sind verhaftet; Verletzungen von Bedeutung scheinen nicht vorgekommen zu sein. Heute ist die Ruhe wieder völlig hergestellt.
(Börs.-Halle.) Italien. * _ Mailand, 6. Juni. Laut amtlichen Bülletins vom 5. und 6. d. M. hat am 4. Juni die erwartete Schlacht nicht stattgefunden. „Am 4. d. M.“, sagt das Bülletin vom 5. d. M. „setzten sich die Unsrigen in Bewegung, um den Feind anzugreifen. Bei Anbruch des Tages hörte man einige Kanonenschüsse. Als sie aber zu den Positionen gelangten, welche derselbe inne hatte, fanden sie dieselben verlassen. In der Nacht hatten sich die Oesterreicher nach Mantua zurückgezogen. Ihr Rückzug war so eilig, daß er einer Flucht glich.“ Dieses wird durch das Bülletin vom 6. d. M. vollkommen bestätigt. ‒ Die Sicherheit der Uebergabe von Peschiera soll Radetzky vermocht haben, sich in Mantua einzuschließen. Nur die Stellung bei Curtatone außerhalb Mantua wird noch von den Oesterreichern behauptet. Die Piemontesen sollen gegen Isola della Scala rücken, um die Verbindung zwischen Verona und Mantua abzuschneiden. ‒ Sodann heißt es in diesen Bülletins, daß die Piemontesen beim Vorrücken gegen Mantua die Felder mit Leichnamen bedeckt gefunden hätten, so, daß am 4. d. M. mit dem Feinde wegen Beerdigung der Leichen unterhandelt wurde. Die Zahl der Oesterreicher sei bedeutend größer. Der Verlust der Oesterreicher an Todten und Verwundeten in den letzten Maitagen wird vom Bülletin vom 6. d. M. auf etwa 5000 Mann angegeben. ‒ König Albert hat eine Menge Beförderungen in seinem Heere vorgenommen.
(O.-P.-A.-Z.) Belgien. Brüssel, 12. Juni. Der Prinz von Ligne, unser Gesandter zu Paris, äußerte in der Audienz, worin er seine Kreditivbriefen abgab, Belgien lebe seit 18 Jahren frei und glücklich mit seinen liberalen Institutionen. Frei und glücklich! Man sieht wohl, daß der Hr. Prinz nicht am Pauperismus leidet.
(Voix du Peuple.) Ueber das Glück dieser Monarchie auf breitester demokratischer Unterlage folgende Notizen. In Brüssel sind mehr als 30,000 Arme eingeschrieben auf die Register der Wohlthätigkeitsbüreaus. Rechnet man dazu die Zahl der Nothdürftigen, die zu der Cambre, zu den Spitälern oder zu der Privatwohlthätigkeit ihre Zuflucht nehmen, so erreicht man eine Zahl von 40,000 Armen, d. h. ungefähr den dritten Theil der Bevölkerung von Brüssel. 1818 betrug die Zahl der Nothleidenden im östlichen Flandern 69,424, 1846 dagegen 214,166. Sie hat sich also mehr als verdreifacht in einem Vierteljahrhundert. Die Zahl der auf dem Lande wegen Mangel an Arbeit eingeschriebenen Individuen hat sich von 1818 bis 1846 vervierfacht. In dem westlichen Flandern ist das Elend noch allgemeiner. 1816 waren unter 642,600 Einwohnern 226,180 auf den Listen der Wohlthätigkeitsbureaus eingeschrieben, also mehr als ein Dritttheil der Bevölkerung. In dem kurzen Zwischenraume von 7 Jahren hat sich die Zahl der Nothleidenden um 100,000 vermehrt, ein Verhältn ß, das kaum in den unglücklichsten Distrikten von Irland erreicht wird. In dem östlichen Flandern betrug der Ueberschuß der Sterbefälle über die Geburten 1846: 1062, im westlichen Flandern 4010. Das Wachsthum des Elends führt größere Sterblichkeit im Gefolge; die Entbehrungen, die Leiden und der Hunger schlagen namentlich Greise und Kinder.
Eines der betrübendsten Symptome ist das Verlassen der heimatlichen Sitze. In einigen hat man selbst die lokalen Behörden die Auswanderung ihrer Paupers begünstigen sehn. Daher die Bettler und Vagabundenbanden, die ihr Elend und ihre Erniedrigung in den belgischen Städten zur Schau stellen kommen. In Folge davon hat sich die Bevölkerung der Gefängnisse seit zwei Jahren verdoppelt. Sie erhob sich von 5500 auf 11,000 und seit 3 Jahren sind mehr als 10,000 Kinder durch unsere Gefängnisse und Bettelhäuser gewandert, was der Zukunft eine hoffnungsvolle Generation verspricht.
Französische Republik. * Paris, 11. Juni. In dem Augenblick, wo die Nationalversammlung ihre Abneigung gegen den Ankauf der Eisenbahnen von Seiten des Staats kund that und gleichzeitig in dem von Ihnen in einer Ihrer früheren Nummern beleuchteten Dekretentwurf über die Verwandlung der schwebenden Schuld in eine konsolidirte, mit der Agiotage liebäugelte, veröffentlichte das Journal „die Organisation der Arbeit“ die ersten Anfänge einer Vermögensstatistik von Paris. Die „Reforme“ in ihrer Nummer vom 10. Juni druckte aus dieser Statistik folgende Angaben ab:
Der Proletarier zu Paris, vor dem Februar, wenn er beschäftigt war, bezog im Durchschnitt einen Arbeitslohn von 2 Fr. 60 ‒
Seit dem Februar in Paris wie in den Departements 1 15 ‒
Louis Philippe besitzt ein Vermögen von Fr. 800,000,000
Der Herzog von Aumale 70,000,000
Madame Adelaide 70,000,000
Herzog von Montpensier 20,000,000
Baron von Rothschild 600,000,000
Baron Greffulhe 100,000,000
B. v. Mecklembourg 60,000,000
Hoop 40,000,000
Fould, Pritchardist und Kandidat für die National-Versammlung 30,000,000
Pellaprat 25,000,000
Hottinguer 25,000,000
Mallet 20,000,000
Halphen 20,000,000
Aquirrevengoa 20,000,000
Durand 20,000,000
Delessert (Bruder des letzten Polizeipräfekten) 20,000,000
Lafond 15,000,000
Rougemont de Loewenberg 15,000,000
Baudon 12,000,000
Delamarre, Martin Didier 10,000,000
Ferrère Lafitte 10,000,000
Also 2 Milliarden auf 20 Namen!
Die Veröffentlichung dieser Liste hat in der Sitzung der Nationalversammlung vom 10. Juni einen wahren Sturm heraufbeschworen. Proscriptionsliste! Direkter Aufruf zum Raubmord! Plünderung! So brandmarkte Bürger Jober, Volksrepräsentant, Flammen im Auge, mit bebenden Lippen, Entrüstung in jeder Gebärde, jeder Blick ein Blitz, Grabestiefe in der Stimme, Zornschnauben in den weitsichspaltenden Nüstern, die zwei frevelhaften Tagesblätter, die die Thatsache veröffentlicht hatten. Der Reichthum des Crösus auf der einen Seite! Die Armuth des Lazarus auf der andern! Ist eine solche Gegenüberstellung ein Verbrechen, so schafft die Statistik ab. Wenn die Statistik skandalöse, erbitternde Kontraste aufweist, liegt die Schuld an der Statistik oder an den Kontrasten? Aber die Herren sind sehr reizbar, die Herren, die an die Stelle Louis Philippes getreten sind. Man hat die Klubs geschlossen, die Maueranschläge gemaßregelt, ein drakonisches Gesetz gegen öffentliche Volksversammlungen dekretirt, es ist Zeit die große Giftmischerin, die Presse hinzurichten! Und darum denuncirt man die Presse der Arbeiter als infam, während man die Presse der Reaktion ungehindert die Republik, ihre Männer und ihre Ideen insultiren und verläumden läßt. Der Finanzminister Duclerc, ein Herr vom National, erklärt auf die Denunciation des braven Jober den angeschuldeten Artikel nicht zu kennen. Die Regierung respektire die Preßfreiheit, deren Machwerk die Revolution sei, aber, die Regierung werde ihre Pflicht thun, wenn ein Verbrecher begangen sei, wenn Provokation stattgefunden zum Mord oder selbst zum Haß. Zum Haß! Es ist dieß das Septembergesetz von 1835, das reaktionaire Gesetz von 1822. Der Justizminister Bethmont bestätigt diese Doktrin und Flocon selbst, der Sohn der Presse denuncirt wenn auch zunächst nur die Journale, die ihn persönlich angegriffen haben. Die Republik hat ihre Bellart, ihre Persil, ihre Plougoulm gefunden. Sie begreifen, welche Bestürzung hier herrscht, nicht unter der Arbeiterklasse, die daran gewöhnt ist, Revolutionen zu säen und Septembergesetze zu erndten, wohl aber unter den republikanischen Ideologen, unter den wahren Repulikanern, mögen sie sich nun auf Seite der Opposition, mögen sie sich auf den Bänken der Minister oder auf den Thronen unserer Pentarchen, unserer fünf Könige befinden.
Die Einen begreifen nicht, wie sie zu Werkzeugen der Reaktion geworden; die andern begreifen nicht, wie eine Errungenschaft der Revolution nach der andern in solcher Geschwindigkeit verloren geht. Wir lassen natürlich außer Acht die Männer des republikanischen Ceremonials, die Männer des National, einen Marrast, einen Marie, einen Garnier Pagès, die sich in ihrem Ideal übertroffen finden und wie alle hommes satisfaits, alle Zufriedengestellten, keine andere Wahl mehr haben, als zu sterben oder gegen das revolutionäre Leben zu reagiren. Wir haben doch direktes allgemeines Wahlrecht und das direkte allgemeine Wahlrecht ist doch die Form, worin sich die Volkssouveränität offenbart! Und dennoch ist das Produkt dieses allgemeinen Wahlrechts eine Versammlung die sich von der berüchtigten Chambre introuable von 1815 nur dadurch unterscheidet, daß sie die Kontrerevolution republikanisch einkleidet.
Aber die Herren vergessen die wirkliche Gestaltung der bürgerlichen Gesellschaft in Frankreich. Auf der einen Seite zwei Drittel der Bevölkerung Bauern, daneben eine Bourgeoisie, die in die verschiedensten Unterabtheilungen sich zerspaltet, von dem Finanzbaron bis zum Epicier und den Mitgliedern der Pariser Handwerker-Innungen hinab. Auf der anderen Seite ein nur in Paris und einigen wenigen Fabrikstädten koncentrirtes Proletariat. Dieß Proletariat hat die Februarrevolution gemacht. Hinterher wird sie natürlich nur so weit sanktionirt, als sie den Interessen der großen konservativen oder reaktionären Majorität des Landes zusagt. ‒ Eben das allgemeine Wahlrecht ist das Recht dieser großen Majorität. Spricht dieß gegen das allgemeine Wahlrecht? Keineswegs. Was helfen Künsteleien, welche der bürgerlichen Gesellschaft nicht gestatten, ihren entsprechenden politischen Ausdrucke zu finden? Das allgemeine Wahlrecht setzt die fortschrittfeindlichen aber der Zahl nach überwiegende Elemente der bürgerlichen Gesellschaft in die Luft der Oeffentlichkeit, wo sie bald verderben und absterben. Das allgemeine Wahlrecht ruft nicht den Zwiespalt der widerstrebenden Elemente hervor, aber es entfesselt ihn von den Schranken, die ihn in gebundenem Zustande halten und die wirkliche Lösung des Zwiespalts, wie den entschiedenen Kampf gewaltsam aufschieben. So zeigten schon die letzten Wahlen in Paris ein ganz anderes bewußtes Gegenübertreten der Klassen, als die ersten Wahlen, und die Illusionen der wahren Republikaner, denen es sich nicht um die Herrschaft der einen oder der andern Klasse, sondern um die Verwirklichung der Alle beglückenden Prinzipien „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ handelte, verhallen in schmerzlichen Klaggesängen. Wie wenig diese Männer des revolutionären Instinkts, der Aufopferung und der Begeisterung, die einfachsten Verhältnisse richtig zu beurtheilen und, zu behandeln wußten, bewies ihr Benehmen gegenüber der Bank, über deren wieder erwachenden Muth und wieder auflebende Macht sie jetzt Halloh schreien.
Sie erinnere sich: Gleich nach der Februarrevolution verweigerte die Bank nicht nur der provisorischen Regierung jede Anleihe.
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