Neue Rheinische Zeitung. Nr. 36. Köln, 6. Juli 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 36. Köln, Donnerstag 6. Juli 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Berlin. (Die Arbeiter. - Das Ministerium. - Nachrichten aus Ungarn). Frankfurt. (Nationalversammlung). München (die Blokade von Triest aufgehoben). Altona. (Wrangel an der jütländischen Gränze). Wien. (Fort Malghera soll genommen sein). Polen. Warschau. (Konsiskation). Rußland. Riga. (Rüstungen. - Das russische Militär). Ungarn. Pesth. (Die slavische Insurrektion). Belgien. Brüssel. (Mellinets Verhaftung. - Expulsionen). Italien. Turin. (Kammerdebatten). - Florenz. (Eröffnung der Kammern). Modena. (Furcht vor drei Kompagnien Freiwilliger). Franz. Republik. Paris. (Korresp. - Guizot über die Revolution. Die "Reform" über die Konspiration der Verläumdung. - Bakunin. - Goudchaux. - Nationalversammlung vom 3. Juli. - Präsidenten- und Sekretariatswahl für die Bureaux. - Vermischtes). Großbritannien. London. (Der "Economist" über die Junirevolution. - Die Times über die Emigration). Amerika. Boston. (Die große Wasserstraße durch den nordamerikanischen Kontinent, die Konkurrenz der Eisenbahn. - Die verschiedenen alljährlichen Konventionen. - Neue Erfindung). Southampton (Zustände in Mexiko, Yucatan, Martinique, Venezuela. - Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-Granada. - Handelsbericht). Ostindien. Bombay. Verwicklungen in Moultan. - Das Pendschab. - Ruhe in Scinde). Egypten. Alexandria. (Ibrahim. - Mehemet Ali. - Clot Bay). Handelsnachrichten. Deutschland.
103 Berlin, 2. Juli. Unsere Regierung folgt ganz dem Beispiel des Bourgeois-Regime in Paris. Die Arbeiter, deren demokratische Gesinnungen man fürchtet, werden auf die Straße gesetzt; man läßt ihnen die Wahl, hier zu verhungern oder sich nach der Provinz Preußen transportiren zu lassen, wo sie für einen Tagelohn von zehn Silbergroschen an der Ostbahn arbeiten. Niemand will sich jedoch zu diesem Letztern verstehen, da die Lage und die Behandlung der dort bereits Angekommenen als eine wahre Sklaverei geschildert wird. Von Morgens 5 bis Abends 7 Uhr müssen sie unter beständiger Aufsicht einer Abtheilung Infanterie und Kavallerie die vorgeschriebenen Erdarbeiten verrichten. Alle Verbindung mit der dortigen Bevölkerung ist ihnen abgeschnitten und sie dürfen ihre Wohnung nicht in den Dörfern nehmen, sondern nur in den dazu eingerichteten Buden auf dem freien Felde. Gleich Pestkranken werden sie einer förmlichen polizeilichen Quarantäne unterworfen ohne Zweifel damit die biedermännische Bevölkerung nicht von den gefürchteten Arbeiterideen angesteckt werde. Tausende von Arbeitern, die sich dieser Militärorganisation nicht fügen, gehen jetzt beschäftigungslos umher. Die Verfolgungen nehmen den großartigsten Fortgang. Es werden jetzt plötzlich Untersuchungen eingeleitet gegen Personen, welche beschuldigt werden im Monat Mai, als die Rückkehr des Prinzen von Preußen angezeigt wurde, Drohungen gegen denselben öffentlich geäußert zu haben. Damals wagte man nicht solche Redensarten für ungesetzlich zu halten, aber das jetzige Ministerium befiehlt alle Denunciationen von jener Zeit aufzunehmen, um sich mit den Mitteln des seligen Tschoppe aller ihrer Gegner auf einmal zu entledigen. Morgen haben wir in der Vereinbarer-Versammlung lebhafte Debatten zu erwarten, da der Kommissionsbericht über die Vorfälle im Großherzogthum Posen zur Verhandlung kommt. Die polnischen Abgeordneten, die alle zur Linken gehören, werden die Regierungsmaßregeln und das Treiben der ritterlichen Soldateska in Posen ausführlich darlegen. Ein Resultat ist in dieser Versammlung natürlich nicht zu erwarten. Einmal werden die Vorwürfe lediglich auf das abgetretene Ministerium gewälzt werden, und dann ft auch ein Theil der Linken, die nationalen Gesinnungsmüthigen, welche gegen die Polen und für die deutsch-jüdischen Trödelinteressen auftreten. Der Abgeordnete v. Lisiecki hat den Antrag gestellt: "die Aufhebung der, der Vernunft und dem menschlichen Gefühle widerstreitenden Todesstrafe auszusprechen." Der Abgeordnete Wander hat den Antrag gestellt: "daß jeder Beamte, der Jemanden ungerechterweise verhaften läßt, dem Verhafteten völligen Schadenersatz leiste und außerdem mindestens vier Mal so lange verhaftet bleibe, als er einer Person die Freiheit entzogen hat." In der großen Versammlung der Berliner Wahlmänner hat man fast einstimmig angenommen, daß nur durch das Einkammersystem den Forderungen des Volkes einigermaßen nachgekommen würde. Es ist dabei die Betreibung einer Monster-Petition beschlossen worden, um die Linke durch eine Demonstration zu unterstützen. Berlin, 3. Juli. Von dem königl. Konsulat zu Gallacz ist so eben folgende Nachricht eingegangen, "Mit dem letzten Dampfbote aus Orsowa ist das Postpaket ausgeblieben. Zwischen Neusatz und Semlin ist der Lauf der Dampfböte gänzlich gehemmt. Die ungarische und illyrische Partei stehen sich auf jenem Terrain feindlich gegenüber; sie haben sich einiger Dampfböte bemächtigt, die sie armiren und zu ihren Zwecken verwenden." (Pr. St. A.)* Frankfurt, 3. Juli. Die heutige 31. Sitzung der konstituirenden Versammlung, für welche die Berathung über die Grundrechte des deutschen Volks auf der Tagesordnung stand, wurde ganz mit Debatten über den Berathungsmodus ausgefüllt. Die Versammlung beschloß unter Anderm, daß über den Entwurf eine zweimalige Berathung und Abstimmung (letztere mit Namensaufruf) stattfinden soll. Die Berathung beginnt morgen, und zwar mit §. 1, da die Einleitung bis zur Erledigung des Ganzen ausgesetzt bleibt. Die heutige Sitzung schloß um 1 Uhr. - Nachstehendes ist die Zusammensetzung der vorgestern von den Abtheilungen gewählten Ausschüsse: 1) Ausschuß für den Entwurf eines Gesetzes über die Verantwortlichkeit der künftigen Minister: Wippermann, Wichmann, v. Wydenbrugk, Schwarzenberg, Naumann, Hermann, Zitz, v. Würth, Tafel aus Zweibrücken, v. Itzstein, Bürgers, v. Linde, Rob. Mohl, Scheller, Mittermaier; 2) Ausschuß für die Wahlen von Thiengen und Konstanz; Zachariä von Göttingen, Fürst Lichnowsky, Edel, Reichensperger, Hollandt, Simpson von Königsberg, Wiest von Tübingen, v. Vincke, v. Würth, Riesser, Freudentheil, v. Sommaruga, Wiedenmann von Düsseldorf, Adams, Dammers. München, Die Neue Münchener Zeitung, die man fortan als halboffizielles Blatt scheint betrachten zu dürfen, sagt in ihrem Blatt vom 1. Juli: "Wir beeilen uns, unsern Lesern eine ebenso wichtige als erfreuliche Nachricht mitzutheilen. Wie wir aus guter Quelle vernehmen, sind die Einschreitungen des deutschen Bundes und der bayerischen und preußischen Gesandtschaften in Turin zu Gunsten Triest's, wie zu erwarten stand, nicht erfolglos geblieben, und es hat hierauf die sardinische Regierung die Aufhebung der Blokade von Triest bereits verfügt. Der Handel dieser wichtigen deutschen Stadt würde hienach die ihm so nöthige freie Bewegung wieder erlangen und von der sardinischen Flotte lediglich bezüglich der Transporte vom Kriegsmaterial eine Controle geübt werden. (Wird diese Klausel nicht eine weite Ausdehnung erhalten?) (A. A. Z.)Altona, 3. Juli. Ein bei der preußischen Feldpost Angestellter bringt folgende, auch anderweitig bestätigte Nachricht: Das Haupt-Quartier der Preußen steht in Christiansfeld; in der Nähe sind vorgestern 17 Dänen zu Gefangenen gemacht worden. Die Vorposten sind bis auf eine Meile von Kolding vorgerückt, wo die Dänen in großer Anzahl sich befinden. Außerdem sind neuerdings zahlreiche Truppen auf Alsen und die Schiffe bei Arröesund gesehen worden. - Die geflüchteten Haderslebener sind aus Hamburg, Altona, Rendsburg, Flensburg und Apenrade wieder nach Hadersleben zurückgekehrt, die dortigen Dänischgesinnten aber haben Hadersleben mit den dänischen Truppen, die allen Proviant mit sich genommen und vor ihrem Abzuge zwei Häuser in Brand gesteckt hatten, verlassen. - Man vernimmt aus guter Quelle, daß Wrangel für's Erste die Königsau nicht wieder überschreiten werde. Die Stärke des im nördlichen Schleswig liegenden Heeres beträgt 25,000 Mann. (Hamb. B.-H.)Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Lemberg, 28. Juni. Die galizischen Abgeordneten zu dem Wiener Reichstag, sollen folgende Punkte daselbst zur Ausführung bringen: 1) Oesterreich wird ein monarchisch-konstitutioneller Förderativstaat sein. 2) Jede Nation, die bis jetzt eine Provinz für sich bildet, wird seine eigene Vertretung und sein eigenes Wahlrecht haben. 3) Die Vertretung und die Wahlen sollen von Abgeordnecen des Reichstages und andern Staatsbürgern, die nach dem bisherigen Wahlmodus gewählt worden, geleitet werden. 4) Von jeder Nationalrepräsentation aus jeglicher Provinz sollen Deputirte als Zeugen zum Central-Reichstage abgeschickt werden. 5) Jede Provinz wird ihre eigene Landesregierung haben, mit eigenem Ministerium. Sie wird aus Männern der Landesrepräsentation zusammengesetzt. 6) Mit Ausnahme der Gouverneure werden alle Beamtenstellen nur mit Landeseingebornen besetzt werden. (A. D. Z.)Polen.
Warschau, 25. Juni. Am 25. Juni ist die Gemahlin und die Tochter des Statthalters von Petersburg hierselbst angelangt. - Im Gegensatz zu den fast täglich im Königreich angeordneten Vermögenskonfiskationen sind neuerdings einige Konfiskationsaufhebungen angeordnet worden, und zwar in Betreff des Stanislaus Chelmski im Gouvernement Kalisch und des Napoleon Otocki aus dem Gouvernement Warschau. - Die Fonds der Sparkasse sind seit 3 Monaten von mehr als einer Million auf auf die Summe von 370,255 polnische Gulden herabgesunken. - Die Regierung erklärt an die Zollkammern der preußischen und österreichischen Grenzen, daß das Verbot der Ausfuhr von Gold- und Silbermünzen sich nur auf die polnischen und russischen bezieht und daß die ausländlischen nach wie vor aus dem Lande gehen dürfen. (D. A. Z.)Rußland.
Riga, im Junius. Man ist hier zum Kampfe gerüstet, und rüstet sich noch immer mehr. An den Festungsarbeiten von Riga wird alle Tage gearbeitet, die Wälle sind mit Kanonen bespickt, die Truppen die noch nicht marschirten haben Befehl bekommen, sich marschfertig zu halten, die beurlaubten Officiere und Soldaten werden aus der weitesten Ferne einberufen. Die Generale, die Offiziere und die Truppen auf Befehl der Offiziere brennen vor Begierde sich mit den Franzosen, denn diese schob man vor, und mit den Deutschen zu messen, die man hinter den Franzosen herschimmern läßt. Alles marschirt nach Polen und auf die deutsche Gränze zu. Auch das aus 800 Mann bestehende Scharfschützenbataillon in Mitau ging gestern dahin ab. Der russische Soldat im allgemeinen schießt so schlecht wie möglich. Ich habe das selber zu oft erlebt. Die Obersten haben es daher auch nicht gern, wenn man als Fremder ihren Schießübungen zusieht. Mögen die Petersburger Garden ganz stattliche Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben von Georg Weerth. Das Dasein des Herrn Preisz gewinnt eine welthistorische Bedeutung. Hastigen Schrittes betrat der Herr Preiß das Komptoir. Er trug eine weiße Halsbinde; die breiten, weißen Vatermörder reichten bis unter das Ohrläppchen. Hemdkrause, Weste und Frack standen ihm vortrefflich. Die Stiefel des Herrn Preiß waren außerordentlich blank. "Der Herr Preiß geht gewiß auf eine Kindtaufe" - murmelte der Korrespondent. "Zum allerwenigsten auf ein Leichenbegängniß" - erwiederte der Lehrling. Da hatte der geschäftige Handelsherr das Komptoir durchschritten. Ein bedeutungsvoller Wink jagte den Buchhalter Lenz von seiner Arbeit auf und Herr und Diener standen bald im Nebenzimmer des Komptoires, in dem Geheimkabinet des Geschäftes. Ehe die Konversation begann, hatte der Buchhalter Gelegenheit, seinen Herrn noch einmal von Kopf bis zu Fuß zu beschauen. Der Herr Preiß war in sichtlicher Aufregung. Das Blut war ihm in die Wangen gestiegen, er zitterte. Vergebens suchte er den Sturm seiner Seele unter der feierlichsten Gelassenheit zu verbergen. "Setzen Sie sich, Lenz", sprach der Herr Preiß, "ich versichere Ihnen, wir leben in einer sonderbaren Zeit, die Ereignisse überpurzeln sich, die Weltgeschichte jagt mit vier und zwanzig Pferden. - " ""Mit vier und zwanzig Postpferden - "" setzte der Buchhalter hinzu. Da saßen Herr und Diener einander gegenüber. Lenz nahm eine Prise. Der Herr Preiß stemmte die Fäuste in die Seite und legte den Kopf zwischen die Vatermörder. "Hören Sie aufmerksam zu, Lenz!" ""Ich bin ganz zu Ihrem Wohlgefallen, Herr Preiß."" "Ich habe ein höchst wichtiges Schreiben bekommen. Ein Schreiben, welches Epoche in meinem Leben macht. Denken Sie sich Lenz - " ""Ich denke, Herr Preiß. - "" "Denken Sie sich, daß unser Projekt - " ""In Hopfen zu spekuliren - ?"" "Halten Sie das Maul, Lenz! Verschonen Sie mich mit diesen trivialen Einwürfen; ich bin wahrhaftig in keiner Hopfenstimmung, die Zeiten sind zu gewitterschwanger, die Weltgeschichte rollt - denken Sie sich, Lenz - " ""Ich denke, Herr Preiß - "" "Denken Sie sich, daß unser Plan - " ""Eine Oelmühle zu bauen - ?"" "Heiliger Schöpfer Himmels und der Erden, fallen Sie mir nicht in's Wort, Lenz. Es ist entsetzlich, Sie machen mich krank mit Ihren wohlgemeinten Bemerkungen. Wenn Sie die Wichtigkeit dieses Augenblicks nicht von vorn herein einsehen können, so warten Sie wenigstens, bis ich fertig bin, bis Ihnen eine Laterne im Schädel aufgeht. - - Denken Sie sich, Lenz - - " ""Ich denke, Herr Preiß. - "" "Denken Sie sich, daß unsere Absicht, Shrapnell's zu fabriziren, allerhöchsten Ortes die günstigste Aufnahme gefunden hat." ""Was Sie sagen, Herr Preiß!"" "Der General Schwefel von Höllenstein, der Kommandant des tausendvierzigsten Armeekorps, ist entzückt darüber." "Der edle von Höllenstein!"" "Der General Schwerenoth von Donnerwetter, Kommandant der berittenen Kameel-Artillerie, ist voll meines Lobes." ""Der würdige von Donnerwetter!"" "Der Admiral, Freiherr von der Brandrakete, der sich am meisten in Betreff des Preises, der Qualität und der Lieferzeit unsrer Shrapnell's beschäftigt zu haben scheint, hat indeß dem Entzücken und dem Lobe auch die praktische Berücksichtigung unserer Eingabe folgen lassen, indem er Sr. Heiterkeit bei dem letzten Reichsfrühstück einen sorgfältig ausgearbeiteten Vortrag darüber gehalten hat." ""Gott segne den Herrn von der Brandrakete!"" "Ja, ich hatte mich nicht geirrt, die Shrapnell-Fabrikation mußte ziehen. Namentlich hat es Anklang gefunden, daß wir diese mörderischen Dinger: "Pillen gegen das souveräne Volk" nennen. ""Und daß wir sie in Rosapapier verpacken?"" "Allerdings, Lenz!" ""Aber da werden wir wohl gleich eine gute Bestellung bekommen haben?"" Hier entstand eine Pause. Die Lippen des Herrn Preiß umspielte ein mitleidiges Lächeln. "Aber haben Sie denn wirklich gar keine Ahnung von dem, was ich Ihnen eigentlich erzählen will?" Der Buchhalter wurde sehr aufmerksam. "Können Sie nicht begreifen, daß es sich weniger um die Shrapnells selbst als um die loyale Bereitwilligkeit handelt, mit der ich den Staat unterstützen wollte?" Lenz öffnete den Mund vor Erstaunen. "O, die Zeiten haben sich geändert! Wir stehen an der Schwelle einer schönen Zukunft." Der Buchhalter verlor fast den Verstand. Er war so sehr daran gewöhnt, seinen Herrn über die Noth des Jahrhunderts klagen zu hören, daß ihm die plötzliche Verheißung einer schönen Zukunft wie das blauste Räthsel erscheinen mußte. "Ja, das Morgenroth der Freiheit ist über uns aufgegangen. Das Vaterland erwacht aus seiner Erstarrung. Die Macht der Tyrannen ist gebrochen und Männer des Volkes sind berufen, die Segnungen einer glorreichen Revolution zum Segen einer ganzen Nation zu machen." ""Segnungen einer glorreichen Revolution?"" fragte sich der Buchhalter. Es wurde ihm gelb und grün vor den Augen. Die Ansichten des Hrn. Preiß schienen sich über Nacht bedeutend geändert zu haben. "Zitternd auf ihren Thronen, schauen die Fürsten hinunter in die Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 36. Köln, Donnerstag 6. Juli 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Berlin. (Die Arbeiter. ‒ Das Ministerium. ‒ Nachrichten aus Ungarn). Frankfurt. (Nationalversammlung). München (die Blokade von Triest aufgehoben). Altona. (Wrangel an der jütländischen Gränze). Wien. (Fort Malghera soll genommen sein). Polen. Warschau. (Konsiskation). Rußland. Riga. (Rüstungen. ‒ Das russische Militär). Ungarn. Pesth. (Die slavische Insurrektion). Belgien. Brüssel. (Mellinets Verhaftung. ‒ Expulsionen). Italien. Turin. (Kammerdebatten). ‒ Florenz. (Eröffnung der Kammern). Modena. (Furcht vor drei Kompagnien Freiwilliger). Franz. Republik. Paris. (Korresp. ‒ Guizot über die Revolution. Die „Reform“ über die Konspiration der Verläumdung. ‒ Bakunin. ‒ Goudchaux. ‒ Nationalversammlung vom 3. Juli. ‒ Präsidenten- und Sekretariatswahl für die Bureaux. ‒ Vermischtes). Großbritannien. London. (Der „Economist“ über die Junirevolution. ‒ Die Times über die Emigration). Amerika. Boston. (Die große Wasserstraße durch den nordamerikanischen Kontinent, die Konkurrenz der Eisenbahn. ‒ Die verschiedenen alljährlichen Konventionen. ‒ Neue Erfindung). Southampton (Zustände in Mexiko, Yucatan, Martinique, Venezuela. ‒ Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-Granada. ‒ Handelsbericht). Ostindien. Bombay. Verwicklungen in Moultan. ‒ Das Pendschab. ‒ Ruhe in Scinde). Egypten. Alexandria. (Ibrahim. ‒ Mehemet Ali. ‒ Clot Bay). Handelsnachrichten. Deutschland.
103 Berlin, 2. Juli. Unsere Regierung folgt ganz dem Beispiel des Bourgeois-Regime in Paris. Die Arbeiter, deren demokratische Gesinnungen man fürchtet, werden auf die Straße gesetzt; man läßt ihnen die Wahl, hier zu verhungern oder sich nach der Provinz Preußen transportiren zu lassen, wo sie für einen Tagelohn von zehn Silbergroschen an der Ostbahn arbeiten. Niemand will sich jedoch zu diesem Letztern verstehen, da die Lage und die Behandlung der dort bereits Angekommenen als eine wahre Sklaverei geschildert wird. Von Morgens 5 bis Abends 7 Uhr müssen sie unter beständiger Aufsicht einer Abtheilung Infanterie und Kavallerie die vorgeschriebenen Erdarbeiten verrichten. Alle Verbindung mit der dortigen Bevölkerung ist ihnen abgeschnitten und sie dürfen ihre Wohnung nicht in den Dörfern nehmen, sondern nur in den dazu eingerichteten Buden auf dem freien Felde. Gleich Pestkranken werden sie einer förmlichen polizeilichen Quarantäne unterworfen ohne Zweifel damit die biedermännische Bevölkerung nicht von den gefürchteten Arbeiterideen angesteckt werde. Tausende von Arbeitern, die sich dieser Militärorganisation nicht fügen, gehen jetzt beschäftigungslos umher. Die Verfolgungen nehmen den großartigsten Fortgang. Es werden jetzt plötzlich Untersuchungen eingeleitet gegen Personen, welche beschuldigt werden im Monat Mai, als die Rückkehr des Prinzen von Preußen angezeigt wurde, Drohungen gegen denselben öffentlich geäußert zu haben. Damals wagte man nicht solche Redensarten für ungesetzlich zu halten, aber das jetzige Ministerium befiehlt alle Denunciationen von jener Zeit aufzunehmen, um sich mit den Mitteln des seligen Tschoppe aller ihrer Gegner auf einmal zu entledigen. Morgen haben wir in der Vereinbarer-Versammlung lebhafte Debatten zu erwarten, da der Kommissionsbericht über die Vorfälle im Großherzogthum Posen zur Verhandlung kommt. Die polnischen Abgeordneten, die alle zur Linken gehören, werden die Regierungsmaßregeln und das Treiben der ritterlichen Soldateska in Posen ausführlich darlegen. Ein Resultat ist in dieser Versammlung natürlich nicht zu erwarten. Einmal werden die Vorwürfe lediglich auf das abgetretene Ministerium gewälzt werden, und dann ft auch ein Theil der Linken, die nationalen Gesinnungsmüthigen, welche gegen die Polen und für die deutsch-jüdischen Trödelinteressen auftreten. Der Abgeordnete v. Lisiecki hat den Antrag gestellt: „die Aufhebung der, der Vernunft und dem menschlichen Gefühle widerstreitenden Todesstrafe auszusprechen.“ Der Abgeordnete Wander hat den Antrag gestellt: „daß jeder Beamte, der Jemanden ungerechterweise verhaften läßt, dem Verhafteten völligen Schadenersatz leiste und außerdem mindestens vier Mal so lange verhaftet bleibe, als er einer Person die Freiheit entzogen hat.“ In der großen Versammlung der Berliner Wahlmänner hat man fast einstimmig angenommen, daß nur durch das Einkammersystem den Forderungen des Volkes einigermaßen nachgekommen würde. Es ist dabei die Betreibung einer Monster-Petition beschlossen worden, um die Linke durch eine Demonstration zu unterstützen. Berlin, 3. Juli. Von dem königl. Konsulat zu Gallacz ist so eben folgende Nachricht eingegangen, „Mit dem letzten Dampfbote aus Orsowa ist das Postpaket ausgeblieben. Zwischen Neusatz und Semlin ist der Lauf der Dampfböte gänzlich gehemmt. Die ungarische und illyrische Partei stehen sich auf jenem Terrain feindlich gegenüber; sie haben sich einiger Dampfböte bemächtigt, die sie armiren und zu ihren Zwecken verwenden.“ (Pr. St. A.)* Frankfurt, 3. Juli. Die heutige 31. Sitzung der konstituirenden Versammlung, für welche die Berathung über die Grundrechte des deutschen Volks auf der Tagesordnung stand, wurde ganz mit Debatten über den Berathungsmodus ausgefüllt. Die Versammlung beschloß unter Anderm, daß über den Entwurf eine zweimalige Berathung und Abstimmung (letztere mit Namensaufruf) stattfinden soll. Die Berathung beginnt morgen, und zwar mit §. 1, da die Einleitung bis zur Erledigung des Ganzen ausgesetzt bleibt. Die heutige Sitzung schloß um 1 Uhr. ‒ Nachstehendes ist die Zusammensetzung der vorgestern von den Abtheilungen gewählten Ausschüsse: 1) Ausschuß für den Entwurf eines Gesetzes über die Verantwortlichkeit der künftigen Minister: Wippermann, Wichmann, v. Wydenbrugk, Schwarzenberg, Naumann, Hermann, Zitz, v. Würth, Tafel aus Zweibrücken, v. Itzstein, Bürgers, v. Linde, Rob. Mohl, Scheller, Mittermaier; 2) Ausschuß für die Wahlen von Thiengen und Konstanz; Zachariä von Göttingen, Fürst Lichnowsky, Edel, Reichensperger, Hollandt, Simpson von Königsberg, Wiest von Tübingen, v. Vincke, v. Würth, Riesser, Freudentheil, v. Sommaruga, Wiedenmann von Düsseldorf, Adams, Dammers. München, Die Neue Münchener Zeitung, die man fortan als halboffizielles Blatt scheint betrachten zu dürfen, sagt in ihrem Blatt vom 1. Juli: „Wir beeilen uns, unsern Lesern eine ebenso wichtige als erfreuliche Nachricht mitzutheilen. Wie wir aus guter Quelle vernehmen, sind die Einschreitungen des deutschen Bundes und der bayerischen und preußischen Gesandtschaften in Turin zu Gunsten Triest's, wie zu erwarten stand, nicht erfolglos geblieben, und es hat hierauf die sardinische Regierung die Aufhebung der Blokade von Triest bereits verfügt. Der Handel dieser wichtigen deutschen Stadt würde hienach die ihm so nöthige freie Bewegung wieder erlangen und von der sardinischen Flotte lediglich bezüglich der Transporte vom Kriegsmaterial eine Controle geübt werden. (Wird diese Klausel nicht eine weite Ausdehnung erhalten?) (A. A. Z.)Altona, 3. Juli. Ein bei der preußischen Feldpost Angestellter bringt folgende, auch anderweitig bestätigte Nachricht: Das Haupt-Quartier der Preußen steht in Christiansfeld; in der Nähe sind vorgestern 17 Dänen zu Gefangenen gemacht worden. Die Vorposten sind bis auf eine Meile von Kolding vorgerückt, wo die Dänen in großer Anzahl sich befinden. Außerdem sind neuerdings zahlreiche Truppen auf Alsen und die Schiffe bei Arröesund gesehen worden. ‒ Die geflüchteten Haderslebener sind aus Hamburg, Altona, Rendsburg, Flensburg und Apenrade wieder nach Hadersleben zurückgekehrt, die dortigen Dänischgesinnten aber haben Hadersleben mit den dänischen Truppen, die allen Proviant mit sich genommen und vor ihrem Abzuge zwei Häuser in Brand gesteckt hatten, verlassen. ‒ Man vernimmt aus guter Quelle, daß Wrangel für's Erste die Königsau nicht wieder überschreiten werde. Die Stärke des im nördlichen Schleswig liegenden Heeres beträgt 25,000 Mann. (Hamb. B.-H.)Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Lemberg, 28. Juni. Die galizischen Abgeordneten zu dem Wiener Reichstag, sollen folgende Punkte daselbst zur Ausführung bringen: 1) Oesterreich wird ein monarchisch-konstitutioneller Förderativstaat sein. 2) Jede Nation, die bis jetzt eine Provinz für sich bildet, wird seine eigene Vertretung und sein eigenes Wahlrecht haben. 3) Die Vertretung und die Wahlen sollen von Abgeordnecen des Reichstages und andern Staatsbürgern, die nach dem bisherigen Wahlmodus gewählt worden, geleitet werden. 4) Von jeder Nationalrepräsentation aus jeglicher Provinz sollen Deputirte als Zeugen zum Central-Reichstage abgeschickt werden. 5) Jede Provinz wird ihre eigene Landesregierung haben, mit eigenem Ministerium. Sie wird aus Männern der Landesrepräsentation zusammengesetzt. 6) Mit Ausnahme der Gouverneure werden alle Beamtenstellen nur mit Landeseingebornen besetzt werden. (A. D. Z.)Polen.
Warschau, 25. Juni. Am 25. Juni ist die Gemahlin und die Tochter des Statthalters von Petersburg hierselbst angelangt. ‒ Im Gegensatz zu den fast täglich im Königreich angeordneten Vermögenskonfiskationen sind neuerdings einige Konfiskationsaufhebungen angeordnet worden, und zwar in Betreff des Stanislaus Chelmski im Gouvernement Kalisch und des Napoleon Otocki aus dem Gouvernement Warschau. ‒ Die Fonds der Sparkasse sind seit 3 Monaten von mehr als einer Million auf auf die Summe von 370,255 polnische Gulden herabgesunken. ‒ Die Regierung erklärt an die Zollkammern der preußischen und österreichischen Grenzen, daß das Verbot der Ausfuhr von Gold- und Silbermünzen sich nur auf die polnischen und russischen bezieht und daß die ausländlischen nach wie vor aus dem Lande gehen dürfen. (D. A. Z.)Rußland.
Riga, im Junius. Man ist hier zum Kampfe gerüstet, und rüstet sich noch immer mehr. An den Festungsarbeiten von Riga wird alle Tage gearbeitet, die Wälle sind mit Kanonen bespickt, die Truppen die noch nicht marschirten haben Befehl bekommen, sich marschfertig zu halten, die beurlaubten Officiere und Soldaten werden aus der weitesten Ferne einberufen. Die Generale, die Offiziere und die Truppen auf Befehl der Offiziere brennen vor Begierde sich mit den Franzosen, denn diese schob man vor, und mit den Deutschen zu messen, die man hinter den Franzosen herschimmern läßt. Alles marschirt nach Polen und auf die deutsche Gränze zu. Auch das aus 800 Mann bestehende Scharfschützenbataillon in Mitau ging gestern dahin ab. Der russische Soldat im allgemeinen schießt so schlecht wie möglich. Ich habe das selber zu oft erlebt. Die Obersten haben es daher auch nicht gern, wenn man als Fremder ihren Schießübungen zusieht. Mögen die Petersburger Garden ganz stattliche Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben von Georg Weerth. Das Dasein des Herrn Preisz gewinnt eine welthistorische Bedeutung. Hastigen Schrittes betrat der Herr Preiß das Komptoir. Er trug eine weiße Halsbinde; die breiten, weißen Vatermörder reichten bis unter das Ohrläppchen. Hemdkrause, Weste und Frack standen ihm vortrefflich. Die Stiefel des Herrn Preiß waren außerordentlich blank. „Der Herr Preiß geht gewiß auf eine Kindtaufe“ ‒ murmelte der Korrespondent. „Zum allerwenigsten auf ein Leichenbegängniß“ ‒ erwiederte der Lehrling. Da hatte der geschäftige Handelsherr das Komptoir durchschritten. Ein bedeutungsvoller Wink jagte den Buchhalter Lenz von seiner Arbeit auf und Herr und Diener standen bald im Nebenzimmer des Komptoires, in dem Geheimkabinet des Geschäftes. Ehe die Konversation begann, hatte der Buchhalter Gelegenheit, seinen Herrn noch einmal von Kopf bis zu Fuß zu beschauen. Der Herr Preiß war in sichtlicher Aufregung. Das Blut war ihm in die Wangen gestiegen, er zitterte. Vergebens suchte er den Sturm seiner Seele unter der feierlichsten Gelassenheit zu verbergen. „Setzen Sie sich, Lenz“, sprach der Herr Preiß, „ich versichere Ihnen, wir leben in einer sonderbaren Zeit, die Ereignisse überpurzeln sich, die Weltgeschichte jagt mit vier und zwanzig Pferden. ‒ “ „„Mit vier und zwanzig Postpferden ‒ ““ setzte der Buchhalter hinzu. Da saßen Herr und Diener einander gegenüber. Lenz nahm eine Prise. Der Herr Preiß stemmte die Fäuste in die Seite und legte den Kopf zwischen die Vatermörder. „Hören Sie aufmerksam zu, Lenz!“ „„Ich bin ganz zu Ihrem Wohlgefallen, Herr Preiß.““ „Ich habe ein höchst wichtiges Schreiben bekommen. Ein Schreiben, welches Epoche in meinem Leben macht. Denken Sie sich Lenz ‒ “ „„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““ „Denken Sie sich, daß unser Projekt ‒ “ „„In Hopfen zu spekuliren ‒ ?““ „Halten Sie das Maul, Lenz! Verschonen Sie mich mit diesen trivialen Einwürfen; ich bin wahrhaftig in keiner Hopfenstimmung, die Zeiten sind zu gewitterschwanger, die Weltgeschichte rollt ‒ denken Sie sich, Lenz ‒ “ „„Ich denke, Herr Preiß ‒ ““ „Denken Sie sich, daß unser Plan ‒ “ „„Eine Oelmühle zu bauen ‒ ?““ „Heiliger Schöpfer Himmels und der Erden, fallen Sie mir nicht in's Wort, Lenz. Es ist entsetzlich, Sie machen mich krank mit Ihren wohlgemeinten Bemerkungen. Wenn Sie die Wichtigkeit dieses Augenblicks nicht von vorn herein einsehen können, so warten Sie wenigstens, bis ich fertig bin, bis Ihnen eine Laterne im Schädel aufgeht. ‒ ‒ Denken Sie sich, Lenz ‒ ‒ “ „„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““ „Denken Sie sich, daß unsere Absicht, Shrapnell's zu fabriziren, allerhöchsten Ortes die günstigste Aufnahme gefunden hat.“ „„Was Sie sagen, Herr Preiß!““ „Der General Schwefel von Höllenstein, der Kommandant des tausendvierzigsten Armeekorps, ist entzückt darüber.“ „Der edle von Höllenstein!““ „Der General Schwerenoth von Donnerwetter, Kommandant der berittenen Kameel-Artillerie, ist voll meines Lobes.“ „„Der würdige von Donnerwetter!““ „Der Admiral, Freiherr von der Brandrakete, der sich am meisten in Betreff des Preises, der Qualität und der Lieferzeit unsrer Shrapnell's beschäftigt zu haben scheint, hat indeß dem Entzücken und dem Lobe auch die praktische Berücksichtigung unserer Eingabe folgen lassen, indem er Sr. Heiterkeit bei dem letzten Reichsfrühstück einen sorgfältig ausgearbeiteten Vortrag darüber gehalten hat.“ „„Gott segne den Herrn von der Brandrakete!““ „Ja, ich hatte mich nicht geirrt, die Shrapnell-Fabrikation mußte ziehen. Namentlich hat es Anklang gefunden, daß wir diese mörderischen Dinger: „Pillen gegen das souveräne Volk“ nennen. „„Und daß wir sie in Rosapapier verpacken?““ „Allerdings, Lenz!“ „„Aber da werden wir wohl gleich eine gute Bestellung bekommen haben?““ Hier entstand eine Pause. Die Lippen des Herrn Preiß umspielte ein mitleidiges Lächeln. „Aber haben Sie denn wirklich gar keine Ahnung von dem, was ich Ihnen eigentlich erzählen will?“ Der Buchhalter wurde sehr aufmerksam. „Können Sie nicht begreifen, daß es sich weniger um die Shrapnells selbst als um die loyale Bereitwilligkeit handelt, mit der ich den Staat unterstützen wollte?“ Lenz öffnete den Mund vor Erstaunen. „O, die Zeiten haben sich geändert! Wir stehen an der Schwelle einer schönen Zukunft.“ Der Buchhalter verlor fast den Verstand. Er war so sehr daran gewöhnt, seinen Herrn über die Noth des Jahrhunderts klagen zu hören, daß ihm die plötzliche Verheißung einer schönen Zukunft wie das blauste Räthsel erscheinen mußte. „Ja, das Morgenroth der Freiheit ist über uns aufgegangen. Das Vaterland erwacht aus seiner Erstarrung. Die Macht der Tyrannen ist gebrochen und Männer des Volkes sind berufen, die Segnungen einer glorreichen Revolution zum Segen einer ganzen Nation zu machen.“ „„Segnungen einer glorreichen Revolution?““ fragte sich der Buchhalter. Es wurde ihm gelb und grün vor den Augen. Die Ansichten des Hrn. Preiß schienen sich über Nacht bedeutend geändert zu haben. „Zitternd auf ihren Thronen, schauen die Fürsten hinunter in die <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0177"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No. 36. Köln, Donnerstag 6. Juli 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. <hi rendition="#g">Alexander,</hi> Nr. 28, Brandgasse in <hi rendition="#g">Straßburg,</hi> und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. <hi rendition="#g">Ewer</hi> & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.</p> <p>Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. <hi rendition="#g">Inserate:</hi> die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.</p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Berlin. (Die Arbeiter. ‒ Das Ministerium. ‒ Nachrichten aus Ungarn). Frankfurt. (Nationalversammlung). München (die Blokade von Triest aufgehoben). Altona. (Wrangel an der jütländischen Gränze). Wien. (Fort Malghera soll genommen sein).</p> <p><hi rendition="#g">Polen.</hi> Warschau. (Konsiskation).</p> <p><hi rendition="#g">Rußland.</hi> Riga. (Rüstungen. ‒ Das russische Militär).</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> Pesth. (Die slavische Insurrektion).</p> <p><hi rendition="#g">Belgien.</hi> Brüssel. (Mellinets Verhaftung. ‒ Expulsionen).</p> <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Turin. (Kammerdebatten). ‒ Florenz. (Eröffnung der Kammern). Modena. (Furcht vor drei Kompagnien Freiwilliger).</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Korresp. ‒ Guizot über die Revolution. Die „Reform“ über die Konspiration der Verläumdung. ‒ Bakunin. ‒ Goudchaux. ‒ Nationalversammlung vom 3. Juli. ‒ Präsidenten- und Sekretariatswahl für die Bureaux. ‒ Vermischtes).</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Der „Economist“ über die Junirevolution. ‒ Die Times über die Emigration).</p> <p><hi rendition="#g">Amerika.</hi> Boston. (Die große Wasserstraße durch den nordamerikanischen Kontinent, die Konkurrenz der Eisenbahn. ‒ Die verschiedenen alljährlichen Konventionen. ‒ Neue Erfindung). Southampton (Zustände in Mexiko, Yucatan, Martinique, Venezuela. ‒ Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-Granada. ‒ Handelsbericht).</p> <p><hi rendition="#g">Ostindien.</hi> Bombay. Verwicklungen in Moultan. ‒ Das Pendschab. ‒ Ruhe in Scinde).</p> <p><hi rendition="#g">Egypten.</hi> Alexandria. (Ibrahim. ‒ Mehemet Ali. ‒ Clot Bay).</p> <p> <hi rendition="#g">Handelsnachrichten.</hi> </p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar036_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 2. Juli.</head> <p>Unsere Regierung folgt ganz dem Beispiel des Bourgeois-Regime in Paris. Die Arbeiter, deren demokratische Gesinnungen man fürchtet, werden auf die Straße gesetzt; man läßt ihnen die Wahl, hier zu verhungern oder sich nach der Provinz Preußen transportiren zu lassen, wo sie für einen Tagelohn von zehn Silbergroschen an der Ostbahn arbeiten. Niemand will sich jedoch zu diesem Letztern verstehen, da die Lage und die Behandlung der dort bereits Angekommenen als eine wahre Sklaverei geschildert wird. Von Morgens 5 bis Abends 7 Uhr müssen sie unter beständiger Aufsicht einer Abtheilung Infanterie und Kavallerie die vorgeschriebenen Erdarbeiten verrichten. Alle Verbindung mit der dortigen Bevölkerung ist ihnen abgeschnitten und sie dürfen ihre Wohnung nicht in den Dörfern nehmen, sondern nur in den dazu eingerichteten Buden auf dem freien Felde. Gleich Pestkranken werden sie einer förmlichen polizeilichen Quarantäne unterworfen ohne Zweifel damit die biedermännische Bevölkerung nicht von den gefürchteten Arbeiterideen angesteckt werde. Tausende von Arbeitern, die sich dieser Militärorganisation nicht fügen, gehen jetzt beschäftigungslos umher. Die Verfolgungen nehmen den großartigsten Fortgang. Es werden jetzt plötzlich Untersuchungen eingeleitet gegen Personen, welche beschuldigt werden im Monat Mai, als die Rückkehr des Prinzen von Preußen angezeigt wurde, Drohungen gegen denselben öffentlich geäußert zu haben. Damals wagte man nicht solche Redensarten für ungesetzlich zu halten, aber das jetzige Ministerium befiehlt alle Denunciationen von jener Zeit aufzunehmen, um sich mit den Mitteln des seligen Tschoppe aller ihrer Gegner auf einmal zu entledigen.</p> <p>Morgen haben wir in der Vereinbarer-Versammlung lebhafte Debatten zu erwarten, da der Kommissionsbericht über die Vorfälle im Großherzogthum Posen zur Verhandlung kommt. Die polnischen Abgeordneten, die alle zur Linken gehören, werden die Regierungsmaßregeln und das Treiben der ritterlichen Soldateska in Posen ausführlich darlegen. Ein Resultat ist in dieser Versammlung natürlich nicht zu erwarten. Einmal werden die Vorwürfe lediglich auf das abgetretene Ministerium gewälzt werden, und dann ft auch ein Theil der Linken, die nationalen Gesinnungsmüthigen, welche gegen die Polen und für die deutsch-jüdischen Trödelinteressen auftreten.</p> <p>Der Abgeordnete v. <hi rendition="#g">Lisiecki</hi> hat den Antrag gestellt: „die Aufhebung der, der Vernunft und dem menschlichen Gefühle widerstreitenden <hi rendition="#g">Todesstrafe</hi> auszusprechen.“</p> <p>Der Abgeordnete <hi rendition="#g">Wander</hi> hat den Antrag gestellt: „daß jeder Beamte, der Jemanden ungerechterweise verhaften läßt, dem Verhafteten völligen Schadenersatz leiste und außerdem mindestens vier Mal so lange verhaftet bleibe, als er einer Person die Freiheit entzogen hat.“</p> <p>In der großen Versammlung der Berliner Wahlmänner hat man fast einstimmig angenommen, daß nur durch das <hi rendition="#g">Einkammersystem</hi> den Forderungen des Volkes einigermaßen nachgekommen würde. Es ist dabei die Betreibung einer Monster-Petition beschlossen worden, um die Linke durch eine Demonstration zu unterstützen.</p> </div> <div xml:id="ar036_002" type="jArticle"> <head>Berlin, 3. Juli.</head> <p>Von dem königl. Konsulat zu Gallacz ist so eben folgende Nachricht eingegangen, „Mit dem letzten Dampfbote aus Orsowa ist das Postpaket ausgeblieben. Zwischen Neusatz und Semlin ist der Lauf der Dampfböte gänzlich gehemmt. Die ungarische und illyrische Partei stehen sich auf jenem Terrain feindlich gegenüber; sie haben sich einiger Dampfböte bemächtigt, die sie armiren und zu ihren Zwecken verwenden.“</p> <bibl>(Pr. St. A.)</bibl> </div> <div xml:id="ar036_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 3. Juli.</head> <p>Die heutige 31. Sitzung der konstituirenden Versammlung, für welche die Berathung über die Grundrechte des deutschen Volks auf der Tagesordnung stand, wurde ganz mit Debatten über den Berathungsmodus ausgefüllt. Die Versammlung beschloß unter Anderm, daß über den Entwurf eine zweimalige Berathung und Abstimmung (letztere mit Namensaufruf) stattfinden soll. Die Berathung beginnt morgen, und zwar mit §. 1, da die Einleitung bis zur Erledigung des Ganzen ausgesetzt bleibt. Die heutige Sitzung schloß um 1 Uhr. ‒ Nachstehendes ist die Zusammensetzung der vorgestern von den Abtheilungen gewählten Ausschüsse: 1) Ausschuß für den Entwurf eines Gesetzes über die Verantwortlichkeit der künftigen Minister: Wippermann, Wichmann, v. Wydenbrugk, Schwarzenberg, Naumann, Hermann, Zitz, v. Würth, Tafel aus Zweibrücken, v. Itzstein, Bürgers, v. Linde, Rob. Mohl, Scheller, Mittermaier; 2) Ausschuß für die Wahlen von Thiengen und Konstanz; Zachariä von Göttingen, Fürst Lichnowsky, Edel, Reichensperger, Hollandt, Simpson von Königsberg, Wiest von Tübingen, v. Vincke, v. Würth, Riesser, Freudentheil, v. Sommaruga, Wiedenmann von Düsseldorf, Adams, Dammers.</p> </div> <div xml:id="ar036_004" type="jArticle"> <head>München,</head> <p>Die Neue Münchener Zeitung, die man fortan als halboffizielles Blatt scheint betrachten zu dürfen, sagt in ihrem Blatt vom 1. Juli: „Wir beeilen uns, unsern Lesern eine ebenso wichtige als erfreuliche Nachricht mitzutheilen. Wie wir aus guter Quelle vernehmen, sind die Einschreitungen des deutschen Bundes und der bayerischen und preußischen Gesandtschaften in Turin zu Gunsten Triest's, wie zu erwarten stand, nicht erfolglos geblieben, und es hat hierauf die sardinische Regierung die <hi rendition="#g">Aufhebung der Blokade von Triest bereits verfügt.</hi> Der Handel dieser wichtigen deutschen Stadt würde hienach die ihm so nöthige freie Bewegung wieder erlangen und von der sardinischen Flotte lediglich bezüglich der Transporte vom Kriegsmaterial eine Controle geübt werden. (Wird diese Klausel nicht eine weite Ausdehnung erhalten?)</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar036_005" type="jArticle"> <head>Altona, 3. Juli.</head> <p>Ein bei der preußischen Feldpost Angestellter bringt folgende, auch anderweitig bestätigte Nachricht: Das Haupt-Quartier der Preußen steht in Christiansfeld; in der Nähe sind vorgestern 17 Dänen zu Gefangenen gemacht worden. Die Vorposten sind bis auf eine Meile von Kolding vorgerückt, wo die Dänen in großer Anzahl sich befinden. Außerdem sind neuerdings zahlreiche Truppen auf Alsen und die Schiffe bei Arröesund gesehen worden. ‒ Die geflüchteten Haderslebener sind aus Hamburg, Altona, Rendsburg, Flensburg und Apenrade wieder nach Hadersleben zurückgekehrt, die dortigen Dänischgesinnten aber haben Hadersleben mit den dänischen Truppen, die allen Proviant mit sich genommen und vor ihrem Abzuge zwei Häuser in Brand gesteckt hatten, verlassen. ‒ Man vernimmt aus guter Quelle, daß Wrangel für's Erste die Königsau nicht wieder überschreiten werde. Die Stärke des im nördlichen Schleswig liegenden Heeres beträgt 25,000 Mann.</p> <bibl>(Hamb. B.-H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar036_006_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Fort Malghera soll genommen sein. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 264.</bibl></note> <head>Wien, 28. Juni.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar036_007" type="jArticle"> <head>Lemberg, 28. Juni.</head> <p><hi rendition="#g">Die galizischen Abgeordneten</hi> zu dem Wiener Reichstag, sollen folgende Punkte daselbst zur Ausführung bringen: 1) Oesterreich wird ein monarchisch-konstitutioneller Förderativstaat sein. 2) Jede Nation, die bis jetzt eine Provinz für sich bildet, wird seine eigene Vertretung und sein eigenes Wahlrecht haben. 3) Die Vertretung und die Wahlen sollen von Abgeordnecen des Reichstages und andern Staatsbürgern, die nach dem bisherigen Wahlmodus gewählt worden, geleitet werden. 4) Von jeder Nationalrepräsentation aus jeglicher Provinz sollen Deputirte als Zeugen zum Central-Reichstage abgeschickt werden. 5) Jede Provinz wird ihre eigene Landesregierung haben, mit eigenem Ministerium. Sie wird aus Männern der Landesrepräsentation zusammengesetzt. 6) Mit Ausnahme der Gouverneure werden alle Beamtenstellen nur mit Landeseingebornen besetzt werden.</p> <bibl>(A. D. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar036_008" type="jArticle"> <head>Warschau, 25. Juni.</head> <p>Am 25. Juni ist die Gemahlin und die Tochter des Statthalters von Petersburg hierselbst angelangt. ‒ Im Gegensatz zu den fast täglich im Königreich angeordneten Vermögenskonfiskationen sind neuerdings einige Konfiskationsaufhebungen angeordnet worden, und zwar in Betreff des Stanislaus Chelmski im Gouvernement Kalisch und des Napoleon Otocki aus dem Gouvernement Warschau. ‒ Die Fonds der Sparkasse sind seit 3 Monaten von mehr als einer Million auf auf die Summe von 370,255 polnische Gulden herabgesunken. ‒ Die Regierung erklärt an die Zollkammern der preußischen und österreichischen Grenzen, daß das Verbot der Ausfuhr von Gold- und Silbermünzen sich nur auf die polnischen und russischen bezieht und daß die ausländlischen nach wie vor aus dem Lande gehen dürfen.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Rußland.</head> <div xml:id="ar036_009" type="jArticle"> <head>Riga, im Junius.</head> <p>Man ist hier zum Kampfe gerüstet, und rüstet sich noch immer mehr. An den Festungsarbeiten von Riga wird alle Tage gearbeitet, die Wälle sind mit Kanonen bespickt, die Truppen die noch nicht marschirten haben Befehl bekommen, sich marschfertig zu halten, die beurlaubten Officiere und Soldaten werden aus der weitesten Ferne einberufen. Die Generale, die Offiziere und die Truppen auf Befehl der Offiziere brennen vor Begierde sich mit den Franzosen, denn diese schob man vor, und mit den Deutschen zu messen, die man hinter den Franzosen herschimmern läßt. Alles marschirt nach Polen und auf die deutsche Gränze zu. Auch das aus 800 Mann bestehende Scharfschützenbataillon in Mitau ging gestern dahin ab.</p> <p>Der russische Soldat im allgemeinen schießt so schlecht wie möglich. Ich habe das selber zu oft erlebt. Die Obersten haben es daher auch nicht gern, wenn man als Fremder ihren Schießübungen zusieht. Mögen die Petersburger Garden ganz stattliche</p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar036_010" type="jArticle"> <head>Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben<lb/> von Georg Weerth.<lb/> Das Dasein des Herrn Preisz gewinnt eine welthistorische Bedeutung.</head> <p>Hastigen Schrittes betrat der Herr Preiß das Komptoir. Er trug eine weiße Halsbinde; die breiten, weißen Vatermörder reichten bis unter das Ohrläppchen. Hemdkrause, Weste und Frack standen ihm vortrefflich. Die Stiefel des Herrn Preiß waren außerordentlich blank.</p> <p>„Der Herr Preiß geht gewiß auf eine Kindtaufe“ ‒ murmelte der Korrespondent.</p> <p>„Zum allerwenigsten auf ein Leichenbegängniß“ ‒ erwiederte der Lehrling. Da hatte der geschäftige Handelsherr das Komptoir durchschritten. Ein bedeutungsvoller Wink jagte den Buchhalter Lenz von seiner Arbeit auf und Herr und Diener standen bald im Nebenzimmer des Komptoires, in dem Geheimkabinet des Geschäftes.</p> <p>Ehe die Konversation begann, hatte der Buchhalter Gelegenheit, seinen Herrn noch einmal von Kopf bis zu Fuß zu beschauen. Der Herr Preiß war in sichtlicher Aufregung. Das Blut war ihm in die Wangen gestiegen, er zitterte. Vergebens suchte er den Sturm seiner Seele unter der feierlichsten Gelassenheit zu verbergen.</p> <p>„Setzen Sie sich, Lenz“, sprach der Herr Preiß, „ich versichere Ihnen, wir leben in einer sonderbaren Zeit, die Ereignisse überpurzeln sich, die Weltgeschichte jagt mit vier und zwanzig Pferden. ‒ “</p> <p>„„Mit vier und zwanzig Postpferden ‒ ““ setzte der Buchhalter hinzu. Da saßen Herr und Diener einander gegenüber. Lenz nahm eine Prise. Der Herr Preiß stemmte die Fäuste in die Seite und legte den Kopf zwischen die Vatermörder.</p> <p>„Hören Sie aufmerksam zu, Lenz!“</p> <p>„„Ich bin ganz zu Ihrem Wohlgefallen, Herr Preiß.““</p> <p>„Ich habe ein höchst wichtiges Schreiben bekommen. Ein Schreiben, welches Epoche in meinem Leben macht. Denken Sie sich Lenz ‒ “</p> <p>„„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““</p> <p>„Denken Sie sich, daß unser Projekt ‒ “</p> <p>„„In Hopfen zu spekuliren ‒ ?““</p> <p>„Halten Sie das Maul, Lenz! Verschonen Sie mich mit diesen trivialen Einwürfen; ich bin wahrhaftig in keiner Hopfenstimmung, die Zeiten sind zu gewitterschwanger, die Weltgeschichte rollt ‒ denken Sie sich, Lenz ‒ “</p> <p>„„Ich denke, Herr Preiß ‒ ““</p> <p>„Denken Sie sich, daß unser Plan ‒ “</p> <p>„„Eine Oelmühle zu bauen ‒ ?““</p> <p>„Heiliger Schöpfer Himmels und der Erden, fallen Sie mir nicht in's Wort, Lenz. Es ist entsetzlich, Sie machen mich krank mit Ihren wohlgemeinten Bemerkungen. Wenn Sie die Wichtigkeit dieses Augenblicks nicht von vorn herein einsehen können, so warten Sie wenigstens, bis ich fertig bin, bis Ihnen eine Laterne im Schädel aufgeht. ‒ ‒ Denken Sie sich, Lenz ‒ ‒ “</p> <p>„„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““</p> <p>„Denken Sie sich, daß unsere Absicht, Shrapnell's zu fabriziren, allerhöchsten Ortes die günstigste Aufnahme gefunden hat.“</p> <p>„„Was Sie sagen, Herr Preiß!““</p> <p>„Der General Schwefel von Höllenstein, der Kommandant des tausendvierzigsten Armeekorps, ist entzückt darüber.“</p> <p>„Der edle von Höllenstein!““</p> <p>„Der General Schwerenoth von Donnerwetter, Kommandant der berittenen Kameel-Artillerie, ist voll meines Lobes.“</p> <p>„„Der würdige von Donnerwetter!““</p> <p>„Der Admiral, Freiherr von der Brandrakete, der sich am meisten in Betreff des Preises, der Qualität und der Lieferzeit unsrer Shrapnell's beschäftigt zu haben scheint, hat indeß dem Entzücken und dem Lobe auch die praktische Berücksichtigung unserer Eingabe folgen lassen, indem er Sr. Heiterkeit bei dem letzten Reichsfrühstück einen sorgfältig ausgearbeiteten Vortrag darüber gehalten hat.“</p> <p>„„Gott segne den Herrn von der Brandrakete!““</p> <p>„Ja, ich hatte mich nicht geirrt, die Shrapnell-Fabrikation mußte ziehen. Namentlich hat es Anklang gefunden, daß wir diese mörderischen Dinger: „Pillen gegen das souveräne Volk“ nennen.</p> <p>„„Und daß wir sie in Rosapapier verpacken?““ „Allerdings, Lenz!“</p> <p>„„Aber da werden wir wohl gleich eine gute Bestellung bekommen haben?““</p> <p>Hier entstand eine Pause. Die Lippen des Herrn Preiß umspielte ein mitleidiges Lächeln.</p> <p>„Aber haben Sie denn wirklich gar keine Ahnung von dem, was ich Ihnen eigentlich erzählen will?“ Der Buchhalter wurde sehr aufmerksam.</p> <p>„Können Sie nicht begreifen, daß es sich weniger um die Shrapnells selbst als um die loyale Bereitwilligkeit handelt, mit der ich den Staat unterstützen wollte?“ Lenz öffnete den Mund vor Erstaunen.</p> <p>„O, die Zeiten haben sich geändert! Wir stehen an der Schwelle einer schönen Zukunft.“</p> <p>Der Buchhalter verlor fast den Verstand. Er war so sehr daran gewöhnt, seinen Herrn über die Noth des Jahrhunderts klagen zu hören, daß ihm die plötzliche Verheißung einer schönen Zukunft wie das blauste Räthsel erscheinen mußte.</p> <p>„Ja, das Morgenroth der Freiheit ist über uns aufgegangen. Das Vaterland erwacht aus seiner Erstarrung. Die Macht der Tyrannen ist gebrochen und Männer des Volkes sind berufen, die Segnungen einer glorreichen Revolution zum Segen einer ganzen Nation zu machen.“</p> <p>„„Segnungen einer glorreichen Revolution?““ fragte sich der Buchhalter. Es wurde ihm gelb und grün vor den Augen. Die Ansichten des Hrn. Preiß schienen sich über Nacht bedeutend geändert zu haben.</p> <p>„Zitternd auf ihren Thronen, schauen die Fürsten hinunter in die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0177/0001]
Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 36. Köln, Donnerstag 6. Juli 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Uebersicht. Deutschland. Berlin. (Die Arbeiter. ‒ Das Ministerium. ‒ Nachrichten aus Ungarn). Frankfurt. (Nationalversammlung). München (die Blokade von Triest aufgehoben). Altona. (Wrangel an der jütländischen Gränze). Wien. (Fort Malghera soll genommen sein).
Polen. Warschau. (Konsiskation).
Rußland. Riga. (Rüstungen. ‒ Das russische Militär).
Ungarn. Pesth. (Die slavische Insurrektion).
Belgien. Brüssel. (Mellinets Verhaftung. ‒ Expulsionen).
Italien. Turin. (Kammerdebatten). ‒ Florenz. (Eröffnung der Kammern). Modena. (Furcht vor drei Kompagnien Freiwilliger).
Franz. Republik. Paris. (Korresp. ‒ Guizot über die Revolution. Die „Reform“ über die Konspiration der Verläumdung. ‒ Bakunin. ‒ Goudchaux. ‒ Nationalversammlung vom 3. Juli. ‒ Präsidenten- und Sekretariatswahl für die Bureaux. ‒ Vermischtes).
Großbritannien. London. (Der „Economist“ über die Junirevolution. ‒ Die Times über die Emigration).
Amerika. Boston. (Die große Wasserstraße durch den nordamerikanischen Kontinent, die Konkurrenz der Eisenbahn. ‒ Die verschiedenen alljährlichen Konventionen. ‒ Neue Erfindung). Southampton (Zustände in Mexiko, Yucatan, Martinique, Venezuela. ‒ Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und Neu-Granada. ‒ Handelsbericht).
Ostindien. Bombay. Verwicklungen in Moultan. ‒ Das Pendschab. ‒ Ruhe in Scinde).
Egypten. Alexandria. (Ibrahim. ‒ Mehemet Ali. ‒ Clot Bay).
Handelsnachrichten.
Deutschland. 103 Berlin, 2. Juli. Unsere Regierung folgt ganz dem Beispiel des Bourgeois-Regime in Paris. Die Arbeiter, deren demokratische Gesinnungen man fürchtet, werden auf die Straße gesetzt; man läßt ihnen die Wahl, hier zu verhungern oder sich nach der Provinz Preußen transportiren zu lassen, wo sie für einen Tagelohn von zehn Silbergroschen an der Ostbahn arbeiten. Niemand will sich jedoch zu diesem Letztern verstehen, da die Lage und die Behandlung der dort bereits Angekommenen als eine wahre Sklaverei geschildert wird. Von Morgens 5 bis Abends 7 Uhr müssen sie unter beständiger Aufsicht einer Abtheilung Infanterie und Kavallerie die vorgeschriebenen Erdarbeiten verrichten. Alle Verbindung mit der dortigen Bevölkerung ist ihnen abgeschnitten und sie dürfen ihre Wohnung nicht in den Dörfern nehmen, sondern nur in den dazu eingerichteten Buden auf dem freien Felde. Gleich Pestkranken werden sie einer förmlichen polizeilichen Quarantäne unterworfen ohne Zweifel damit die biedermännische Bevölkerung nicht von den gefürchteten Arbeiterideen angesteckt werde. Tausende von Arbeitern, die sich dieser Militärorganisation nicht fügen, gehen jetzt beschäftigungslos umher. Die Verfolgungen nehmen den großartigsten Fortgang. Es werden jetzt plötzlich Untersuchungen eingeleitet gegen Personen, welche beschuldigt werden im Monat Mai, als die Rückkehr des Prinzen von Preußen angezeigt wurde, Drohungen gegen denselben öffentlich geäußert zu haben. Damals wagte man nicht solche Redensarten für ungesetzlich zu halten, aber das jetzige Ministerium befiehlt alle Denunciationen von jener Zeit aufzunehmen, um sich mit den Mitteln des seligen Tschoppe aller ihrer Gegner auf einmal zu entledigen.
Morgen haben wir in der Vereinbarer-Versammlung lebhafte Debatten zu erwarten, da der Kommissionsbericht über die Vorfälle im Großherzogthum Posen zur Verhandlung kommt. Die polnischen Abgeordneten, die alle zur Linken gehören, werden die Regierungsmaßregeln und das Treiben der ritterlichen Soldateska in Posen ausführlich darlegen. Ein Resultat ist in dieser Versammlung natürlich nicht zu erwarten. Einmal werden die Vorwürfe lediglich auf das abgetretene Ministerium gewälzt werden, und dann ft auch ein Theil der Linken, die nationalen Gesinnungsmüthigen, welche gegen die Polen und für die deutsch-jüdischen Trödelinteressen auftreten.
Der Abgeordnete v. Lisiecki hat den Antrag gestellt: „die Aufhebung der, der Vernunft und dem menschlichen Gefühle widerstreitenden Todesstrafe auszusprechen.“
Der Abgeordnete Wander hat den Antrag gestellt: „daß jeder Beamte, der Jemanden ungerechterweise verhaften läßt, dem Verhafteten völligen Schadenersatz leiste und außerdem mindestens vier Mal so lange verhaftet bleibe, als er einer Person die Freiheit entzogen hat.“
In der großen Versammlung der Berliner Wahlmänner hat man fast einstimmig angenommen, daß nur durch das Einkammersystem den Forderungen des Volkes einigermaßen nachgekommen würde. Es ist dabei die Betreibung einer Monster-Petition beschlossen worden, um die Linke durch eine Demonstration zu unterstützen.
Berlin, 3. Juli. Von dem königl. Konsulat zu Gallacz ist so eben folgende Nachricht eingegangen, „Mit dem letzten Dampfbote aus Orsowa ist das Postpaket ausgeblieben. Zwischen Neusatz und Semlin ist der Lauf der Dampfböte gänzlich gehemmt. Die ungarische und illyrische Partei stehen sich auf jenem Terrain feindlich gegenüber; sie haben sich einiger Dampfböte bemächtigt, die sie armiren und zu ihren Zwecken verwenden.“
(Pr. St. A.) * Frankfurt, 3. Juli. Die heutige 31. Sitzung der konstituirenden Versammlung, für welche die Berathung über die Grundrechte des deutschen Volks auf der Tagesordnung stand, wurde ganz mit Debatten über den Berathungsmodus ausgefüllt. Die Versammlung beschloß unter Anderm, daß über den Entwurf eine zweimalige Berathung und Abstimmung (letztere mit Namensaufruf) stattfinden soll. Die Berathung beginnt morgen, und zwar mit §. 1, da die Einleitung bis zur Erledigung des Ganzen ausgesetzt bleibt. Die heutige Sitzung schloß um 1 Uhr. ‒ Nachstehendes ist die Zusammensetzung der vorgestern von den Abtheilungen gewählten Ausschüsse: 1) Ausschuß für den Entwurf eines Gesetzes über die Verantwortlichkeit der künftigen Minister: Wippermann, Wichmann, v. Wydenbrugk, Schwarzenberg, Naumann, Hermann, Zitz, v. Würth, Tafel aus Zweibrücken, v. Itzstein, Bürgers, v. Linde, Rob. Mohl, Scheller, Mittermaier; 2) Ausschuß für die Wahlen von Thiengen und Konstanz; Zachariä von Göttingen, Fürst Lichnowsky, Edel, Reichensperger, Hollandt, Simpson von Königsberg, Wiest von Tübingen, v. Vincke, v. Würth, Riesser, Freudentheil, v. Sommaruga, Wiedenmann von Düsseldorf, Adams, Dammers.
München, Die Neue Münchener Zeitung, die man fortan als halboffizielles Blatt scheint betrachten zu dürfen, sagt in ihrem Blatt vom 1. Juli: „Wir beeilen uns, unsern Lesern eine ebenso wichtige als erfreuliche Nachricht mitzutheilen. Wie wir aus guter Quelle vernehmen, sind die Einschreitungen des deutschen Bundes und der bayerischen und preußischen Gesandtschaften in Turin zu Gunsten Triest's, wie zu erwarten stand, nicht erfolglos geblieben, und es hat hierauf die sardinische Regierung die Aufhebung der Blokade von Triest bereits verfügt. Der Handel dieser wichtigen deutschen Stadt würde hienach die ihm so nöthige freie Bewegung wieder erlangen und von der sardinischen Flotte lediglich bezüglich der Transporte vom Kriegsmaterial eine Controle geübt werden. (Wird diese Klausel nicht eine weite Ausdehnung erhalten?)
(A. A. Z.) Altona, 3. Juli. Ein bei der preußischen Feldpost Angestellter bringt folgende, auch anderweitig bestätigte Nachricht: Das Haupt-Quartier der Preußen steht in Christiansfeld; in der Nähe sind vorgestern 17 Dänen zu Gefangenen gemacht worden. Die Vorposten sind bis auf eine Meile von Kolding vorgerückt, wo die Dänen in großer Anzahl sich befinden. Außerdem sind neuerdings zahlreiche Truppen auf Alsen und die Schiffe bei Arröesund gesehen worden. ‒ Die geflüchteten Haderslebener sind aus Hamburg, Altona, Rendsburg, Flensburg und Apenrade wieder nach Hadersleben zurückgekehrt, die dortigen Dänischgesinnten aber haben Hadersleben mit den dänischen Truppen, die allen Proviant mit sich genommen und vor ihrem Abzuge zwei Häuser in Brand gesteckt hatten, verlassen. ‒ Man vernimmt aus guter Quelle, daß Wrangel für's Erste die Königsau nicht wieder überschreiten werde. Die Stärke des im nördlichen Schleswig liegenden Heeres beträgt 25,000 Mann.
(Hamb. B.-H.) Wien, 28. Juni. _ Lemberg, 28. Juni. Die galizischen Abgeordneten zu dem Wiener Reichstag, sollen folgende Punkte daselbst zur Ausführung bringen: 1) Oesterreich wird ein monarchisch-konstitutioneller Förderativstaat sein. 2) Jede Nation, die bis jetzt eine Provinz für sich bildet, wird seine eigene Vertretung und sein eigenes Wahlrecht haben. 3) Die Vertretung und die Wahlen sollen von Abgeordnecen des Reichstages und andern Staatsbürgern, die nach dem bisherigen Wahlmodus gewählt worden, geleitet werden. 4) Von jeder Nationalrepräsentation aus jeglicher Provinz sollen Deputirte als Zeugen zum Central-Reichstage abgeschickt werden. 5) Jede Provinz wird ihre eigene Landesregierung haben, mit eigenem Ministerium. Sie wird aus Männern der Landesrepräsentation zusammengesetzt. 6) Mit Ausnahme der Gouverneure werden alle Beamtenstellen nur mit Landeseingebornen besetzt werden.
(A. D. Z.) Polen. Warschau, 25. Juni. Am 25. Juni ist die Gemahlin und die Tochter des Statthalters von Petersburg hierselbst angelangt. ‒ Im Gegensatz zu den fast täglich im Königreich angeordneten Vermögenskonfiskationen sind neuerdings einige Konfiskationsaufhebungen angeordnet worden, und zwar in Betreff des Stanislaus Chelmski im Gouvernement Kalisch und des Napoleon Otocki aus dem Gouvernement Warschau. ‒ Die Fonds der Sparkasse sind seit 3 Monaten von mehr als einer Million auf auf die Summe von 370,255 polnische Gulden herabgesunken. ‒ Die Regierung erklärt an die Zollkammern der preußischen und österreichischen Grenzen, daß das Verbot der Ausfuhr von Gold- und Silbermünzen sich nur auf die polnischen und russischen bezieht und daß die ausländlischen nach wie vor aus dem Lande gehen dürfen.
(D. A. Z.) Rußland. Riga, im Junius. Man ist hier zum Kampfe gerüstet, und rüstet sich noch immer mehr. An den Festungsarbeiten von Riga wird alle Tage gearbeitet, die Wälle sind mit Kanonen bespickt, die Truppen die noch nicht marschirten haben Befehl bekommen, sich marschfertig zu halten, die beurlaubten Officiere und Soldaten werden aus der weitesten Ferne einberufen. Die Generale, die Offiziere und die Truppen auf Befehl der Offiziere brennen vor Begierde sich mit den Franzosen, denn diese schob man vor, und mit den Deutschen zu messen, die man hinter den Franzosen herschimmern läßt. Alles marschirt nach Polen und auf die deutsche Gränze zu. Auch das aus 800 Mann bestehende Scharfschützenbataillon in Mitau ging gestern dahin ab.
Der russische Soldat im allgemeinen schießt so schlecht wie möglich. Ich habe das selber zu oft erlebt. Die Obersten haben es daher auch nicht gern, wenn man als Fremder ihren Schießübungen zusieht. Mögen die Petersburger Garden ganz stattliche
Humoristische Skizzen aus dem deutschen Handelsleben
von Georg Weerth.
Das Dasein des Herrn Preisz gewinnt eine welthistorische Bedeutung. Hastigen Schrittes betrat der Herr Preiß das Komptoir. Er trug eine weiße Halsbinde; die breiten, weißen Vatermörder reichten bis unter das Ohrläppchen. Hemdkrause, Weste und Frack standen ihm vortrefflich. Die Stiefel des Herrn Preiß waren außerordentlich blank.
„Der Herr Preiß geht gewiß auf eine Kindtaufe“ ‒ murmelte der Korrespondent.
„Zum allerwenigsten auf ein Leichenbegängniß“ ‒ erwiederte der Lehrling. Da hatte der geschäftige Handelsherr das Komptoir durchschritten. Ein bedeutungsvoller Wink jagte den Buchhalter Lenz von seiner Arbeit auf und Herr und Diener standen bald im Nebenzimmer des Komptoires, in dem Geheimkabinet des Geschäftes.
Ehe die Konversation begann, hatte der Buchhalter Gelegenheit, seinen Herrn noch einmal von Kopf bis zu Fuß zu beschauen. Der Herr Preiß war in sichtlicher Aufregung. Das Blut war ihm in die Wangen gestiegen, er zitterte. Vergebens suchte er den Sturm seiner Seele unter der feierlichsten Gelassenheit zu verbergen.
„Setzen Sie sich, Lenz“, sprach der Herr Preiß, „ich versichere Ihnen, wir leben in einer sonderbaren Zeit, die Ereignisse überpurzeln sich, die Weltgeschichte jagt mit vier und zwanzig Pferden. ‒ “
„„Mit vier und zwanzig Postpferden ‒ ““ setzte der Buchhalter hinzu. Da saßen Herr und Diener einander gegenüber. Lenz nahm eine Prise. Der Herr Preiß stemmte die Fäuste in die Seite und legte den Kopf zwischen die Vatermörder.
„Hören Sie aufmerksam zu, Lenz!“
„„Ich bin ganz zu Ihrem Wohlgefallen, Herr Preiß.““
„Ich habe ein höchst wichtiges Schreiben bekommen. Ein Schreiben, welches Epoche in meinem Leben macht. Denken Sie sich Lenz ‒ “
„„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““
„Denken Sie sich, daß unser Projekt ‒ “
„„In Hopfen zu spekuliren ‒ ?““
„Halten Sie das Maul, Lenz! Verschonen Sie mich mit diesen trivialen Einwürfen; ich bin wahrhaftig in keiner Hopfenstimmung, die Zeiten sind zu gewitterschwanger, die Weltgeschichte rollt ‒ denken Sie sich, Lenz ‒ “
„„Ich denke, Herr Preiß ‒ ““
„Denken Sie sich, daß unser Plan ‒ “
„„Eine Oelmühle zu bauen ‒ ?““
„Heiliger Schöpfer Himmels und der Erden, fallen Sie mir nicht in's Wort, Lenz. Es ist entsetzlich, Sie machen mich krank mit Ihren wohlgemeinten Bemerkungen. Wenn Sie die Wichtigkeit dieses Augenblicks nicht von vorn herein einsehen können, so warten Sie wenigstens, bis ich fertig bin, bis Ihnen eine Laterne im Schädel aufgeht. ‒ ‒ Denken Sie sich, Lenz ‒ ‒ “
„„Ich denke, Herr Preiß. ‒ ““
„Denken Sie sich, daß unsere Absicht, Shrapnell's zu fabriziren, allerhöchsten Ortes die günstigste Aufnahme gefunden hat.“
„„Was Sie sagen, Herr Preiß!““
„Der General Schwefel von Höllenstein, der Kommandant des tausendvierzigsten Armeekorps, ist entzückt darüber.“
„Der edle von Höllenstein!““
„Der General Schwerenoth von Donnerwetter, Kommandant der berittenen Kameel-Artillerie, ist voll meines Lobes.“
„„Der würdige von Donnerwetter!““
„Der Admiral, Freiherr von der Brandrakete, der sich am meisten in Betreff des Preises, der Qualität und der Lieferzeit unsrer Shrapnell's beschäftigt zu haben scheint, hat indeß dem Entzücken und dem Lobe auch die praktische Berücksichtigung unserer Eingabe folgen lassen, indem er Sr. Heiterkeit bei dem letzten Reichsfrühstück einen sorgfältig ausgearbeiteten Vortrag darüber gehalten hat.“
„„Gott segne den Herrn von der Brandrakete!““
„Ja, ich hatte mich nicht geirrt, die Shrapnell-Fabrikation mußte ziehen. Namentlich hat es Anklang gefunden, daß wir diese mörderischen Dinger: „Pillen gegen das souveräne Volk“ nennen.
„„Und daß wir sie in Rosapapier verpacken?““ „Allerdings, Lenz!“
„„Aber da werden wir wohl gleich eine gute Bestellung bekommen haben?““
Hier entstand eine Pause. Die Lippen des Herrn Preiß umspielte ein mitleidiges Lächeln.
„Aber haben Sie denn wirklich gar keine Ahnung von dem, was ich Ihnen eigentlich erzählen will?“ Der Buchhalter wurde sehr aufmerksam.
„Können Sie nicht begreifen, daß es sich weniger um die Shrapnells selbst als um die loyale Bereitwilligkeit handelt, mit der ich den Staat unterstützen wollte?“ Lenz öffnete den Mund vor Erstaunen.
„O, die Zeiten haben sich geändert! Wir stehen an der Schwelle einer schönen Zukunft.“
Der Buchhalter verlor fast den Verstand. Er war so sehr daran gewöhnt, seinen Herrn über die Noth des Jahrhunderts klagen zu hören, daß ihm die plötzliche Verheißung einer schönen Zukunft wie das blauste Räthsel erscheinen mußte.
„Ja, das Morgenroth der Freiheit ist über uns aufgegangen. Das Vaterland erwacht aus seiner Erstarrung. Die Macht der Tyrannen ist gebrochen und Männer des Volkes sind berufen, die Segnungen einer glorreichen Revolution zum Segen einer ganzen Nation zu machen.“
„„Segnungen einer glorreichen Revolution?““ fragte sich der Buchhalter. Es wurde ihm gelb und grün vor den Augen. Die Ansichten des Hrn. Preiß schienen sich über Nacht bedeutend geändert zu haben.
„Zitternd auf ihren Thronen, schauen die Fürsten hinunter in die
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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