Neue Rheinische Zeitung. Nr. 37. Köln, 7. Juli 1848.Derer, welche in der ersten Versammlung als Mitglieder des Ausschusses vorgeschlagen und von den Versammelten angenommen wurden; einige der Vorgeschlagenen sind aber dem Ausschuß niemals beigetreten. *Frankfurt, 4. Juli. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung stellte Rob. Blum den Antrag: die Nationalversammlung wolle von der Bundesversammlung eine amtliche Erklärung über Sinn und Bedeutung ihres Beschlusses vom 29. v. M., das Schreiben an den Erzherzog Johann betreffend, und namentlich über die darin ausgesprochene Zustimmung die Regierungen zur Wahl des Reichsverwesers verlangen. Der Präsident der Bundesversammlung, Ritter v. Schmerling: Seit drei Wochen sei überall von der Centralgewalt die Rede gewesen. Die Regierungen hätten sich aufgefordert gefühlt, auf Grund des Kommissionsberichts die Männer zu bezeichnen, die im Falle der Annahme desselben vorzuschlagen wären. Später hätten die Regierungen sich zur Bezeichnung eines Reichsverwesers geeinigt, als man gesehen habe, daß man für eine Person sich entscheiden werde. Hiernach hätte die Bundesversammlung wohl aussprechen können, daß der Gewählte derselbe sei, den die Regierungen vorgeschlagen haben würden. Er glaube wohl, daß den Herren auf der Linken ein Zerwürfniß der Nationalversammlung mit den Regierungen angenehm gewesen wäre. (Auf der Linken: Zur Ordnung! Das ist eine Verdächtigung. Der Präsident erklärt, er finde in der Aeußerung nichts Beleidigendes.) Der Redner verlangt, daß über Blum's Antrag zur Tagesordnung gegangen werde. Vogt hält es nicht für möglich, daß während der 6 Tage, welche die Debatte gedauert, die Zustimmung der Regierungen habe eingeholt werden können. Er erklärt Schmerling's Ausfall gegen die Linke für eine Verläumdung, und wird darüber vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hierauf Widerspruch und Tumult von beiden Seiten. Vogt unterstützt den Antrag auf eine amtliche Erklärung. Nachdem noch Lychnowski, Wagner und Blum das Wort genommen, wird abgestimmt und mit Mehrheit die Tagesordnung beschlossen. Es begann nun die Berathung über Art. 1 der "Grundrechte", welcher lautet: § 1. "Jeder Deutsche hat das allgemeine deutsche Staatsbürgerrecht. Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Das Recht, zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, übt er da, wo er zur Zeit seinen Wohnsitz hat." § 2. "Jeder Deutsche darf an jedem Orte eines Staates Aufenthalt nehmen, sich niederlassen, Grundeigenthum erwerben, Kunst und Gewerbe treiben, das Gemeindebürgerecht gewinnen - vorerst unter denselben Bedingungen, wie die Angehörigen des betreffenden Staates, bis ein Reichsgesetz die zwischen den Gesetzen der einzelnen Staaten noch obwaltenden Verschiedenheiten völlig ausgleicht." § 3. "Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf keinem unbescholtenen Deutschen verweigert werden." Minoritätsgutachten: 1) "Einer besondern Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines einzelnen deutschen Staates bedarf es für den Deutschen nicht, sondern er erwirbt alle Rechte der Eingebornen durch feste Niederlassung in dem Lande." (Waitz, Tollkampf, Hergenhahn, Schüler, Beckerath, Droysen). 2. Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf an keine andern Bedingungen geknüpft werden, als welche sich auf die Unbescholtenheit und den genügenden Unterhalt des Aufzunehmenden für sich und seine Familie beziehen. (Mühlfeld, R. Mohl, Andrian, Lassaulx). Amendements werden beantragt und entwickelt von Biedermann, Fritsch, Neumann, Diskau, Jakob Grimm. Letzterer will statt Art. 1 folgenden: "Alle Deutschen sind frei, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei." Es erhebt sich eine Debatte über die Definition des Wortes "Deutscher." Zu dem Ausdruck "jeder Deutsche" waren eine Anzahl Amendements vorgeschlagen: "Jeder Angehörige Deutschlands," "Jeder dem deutschen Bundesgebiet Angehörige" u. s. w. Die Versammlung beschließt, den Ausdruck: "Jeder Deutsche" beizubehalten. Vor Schluß der Sitzung verlangt die Linke Erledigung der Schmerling'schen Angelegenheit. Schmerling erklärt, er habe keine Beleidigung oder Verläumdung beabsichtigt und wird nachträglich zur Ordnung gerufen. Schluß der Sitzung 3 Uhr; nächste Sitzung Donnerstag. Wien, 30. Juni. Unter den hundert und zwanzig bereits anwesenden Deputirten machen die Polen große Sensation. Man glaubte anfangs nicht, daß die Galizier den Reichstag beschicken würden, und die anwesende Deputation bestätigte diese Ansicht, grade diese aber sind am zahlreichsten erschienen, und wie der Beweis lehrt, sind es aus dem Volke hervorgegangene Wähler. Viele unter ihnen verstehen kein Wort deutsch, und sollen sich bereits entschlossen haben, einen Dolmetsch zu wählen. Jedenfalls wird die Frage beim Reichstag auftauchen, ob jedes Mitglied deutsch verstehen müsse. Einweilen coursiren über diese politischen Reichstagsmitglieder mannichfache Anecdoten. So sollen sich 20 in einem Hotel 2 Zimmer genommen haben, und als der Kellner bedeutete, daß nicht so viel Platz zu Betten sei, forderten sie blos Stroh, sie würden schon Platz haben. Andere haben sich, da eben das poln. Regiment Nassau hier stationirt, in der Kaserne bei ihren Landsleuten einlogirt, wie man sagt, um vor den Zudringlichkeiten politischer Aufklärer und Partheiverlocker Ruhe zu haben. Im Ganzen sind bis heute 163 Wahlen bekannt. Für Sie jedoch ist die eben brieflich einlangende Nachricht von Wichtigkeit, daß die Congregation im Agram beschlossen hat, die dreieinigen Königreiche dem deutschen Bunde anzuschließen.(???) (Const. Bl. a. B.)* Wien, 1. Juli. Nach einem uns so eben zugehenden Briefe eines Deputirten aus Wien, hat der Erzherzog Johann erklärt, daß er die Stelle als Reichsverweser annehmen werde, wenn die Wahl auf ihn falle. Prag, 1. Juni. In jene Städte und Ortschaften am Lande, aus denen in der Pfingstwoche bewaffnete Zuzüge nach Prag gekommen sind oder kommen wollten, wurden Kommissionen zur Untersuchung des Sachverhaltes und zur Entwaffnung der betreffenden Nationalgarden abgesendet. - Heute fanden abermals mehrere Hausdurchsuchungen nach Waffen Staat, unter anderen wurde eine solche auch im Clementinum vorgenommen. Abermals begingen einige Unsinnige, wie es heißt in den Schipkaschen Mühlen, die Tollheit übers Wasser zu schießen. - In Beraun sollen Unruhen ausgebrochen seyn; gewiß ist, daß heute eine Abtheilung Husaren gegen Beraun gesandt werden. (C. B. a. B.)Ungarn.
Aus Temesvar wird der Ofner-Pesther Ztg. gemeldet, daß am 22. Juni der Gränzflecken Weiskirchen von einer etwa 1200 Mann starken Schaar Rajzen überfallen wurde und daß ihnen der dortige Kommandant, Oberstl. Dreyhann, auf die erste Aufforderung sämmtliche Kanonen, Munition, alle Waffen der Nationalgarde, sowie die öffentlichen Kassen des Ortes überlieferte. Auch in Temesvar besorgte man einen Ueberfall. Vincovce, 23. Juni. Officiellen Nachrichten zufolge haben die Türken von der Cardake Stara Boffut bis Brood einen Cordon gezogen, und zwar in der Art, daß auf Schußweite 10 bis 15 Mann postirt sind, angeblich, um den dortigen Christen, namentlich christlichen Priestern, die sie sehr grausam verfolgen, die Flucht über die Save abzuschneiden. Französische Republik.
17 Paris, 4. Juli. Monsieur Berger, Maire des 2. Arrondissements, wo die Fashionabeln hausen, affischirt: "er habe die Ehre den in den Nationalateliers Eingeschriebenen anzuzeigen, daß die gewöhnlichen Zahlungen" u. s. w. Diese Zahlungen geschehen an die, welche über ihr Verhalten in den Schlachttagen sich ausweisen können; so verfügte Marrast. - In den Provinzen scheint die Stimmung eine sehr getheilte zu sein; aus Borbeaux z. B. kamen zwar tausend Bourgeois uniformirt und im besten Wohlsein so eben den Parisern zu Hülfe, doch erklärt das dortige Hauptjournal: "Paris, die niederträchtige Stadt, Paris, der rebellische Abgrund, aus dem stets die giftigsten Dünste, selbst in sogenannten Friedensepochen, emporqualmen, mußte am 15. Mai schon von den Departements (?) gerettet werden; jetzt wiederum; aber wäre es diesmal fehlgeschlagen, oh, dann würden sie sich ohne Reue und Sorge von dem gefräßigen Centralisationsungeheuer am Seineufer loßreißen" u. s. w. Das Ungeheuer wird vorläufig eine Kette um den Hals kriegen, in Gestalt eines permanenten vierzigtausend Mann starken Feldlagers von Linientruppen bei Versailles, und, wie es heißt, eines kleinern dicht bei der Ringmauer. - Verbürgen kann ich auch folgendes: Barbes, im Kerker von Vincennes, wußte am Abende des Freitags bereits, daß die Klubs ihre Kräfte an's Aeußerste setzen würden. Er ließ sich rasiren, machte Toilette und bat den Gouverneur Gilan um einen Besuch. "Unsägliches Blut und Elend wird über Paris kommen, sagte er, und ich flehe Sie an, ein Ehrenmann den andern, nehmen Sie mein heiliges Wort zum Pfande, nur ich vermag jetzt noch durch mein Auftreten vorzubeugen; schicken Sie mich zurück, ich übernehme es, meine zwölfte Legion zu beschwichtigen; in einigen Stunden sehen Sie mich nach glücklichem Erfolge wieder hier im Kerker, oder ich habe mir in der Rue St. Jacques eine Kugel selbst durch den Kopf gejagt. Ich schwöre es bei der demokratisch-sozialen Republik." Der Gouverneur suchte Ausflüchte, er müsse zuerst an die Nationalassemblee berichten u. dgl. mehr; es unterblieb, aber es beweist immerhin den Adel der Gesinnung des heroischen Gefangenen. Er und seine Leidensbrüder konnten übrigens nicht aus ihren Zimmern Paris sehen; nur Albert, Repräsentant und Mitglied der provisorischen Regierung, hat eine Fernsicht aus seinem Fenster. Gehört haben sie aber gewiß Schuß um Schuß. Vermuthlich führt man diese Mai- wie Junifrevler nicht nach einer, sondern mehrern transatlantischen Besitzungen, damit sie nur ja nicht in Masse sich wiederfinden; außer Guyana (berühmt durch die Deportirung der Robespierristen) und den Marquesaseilanden lächelt ihnen Madagaskar, wo Frankreich seit zwei Jahrhunderten immer festen Fuß zu fassen sich bemühte und aus Ungeschicklichkeit mißglückte, und die sogenannte Fischerinsel Miquelon im Lorenzbusen von Kanada. Einflußreiche Nordamerikaner haben zwar zur Erwirkung einer Uebersiedlungserlaubniß vom Kongreß sich anheischig machen wollen, allein man lehnte dies höflich ab. Es seien ja nur "Brigands", und man müsse Nordamerika damit verschonen, gab die pariser Regierung zur Antwort. Uebrigens frißt die Misere grimmig um sich; viele Boutiquen stehen leer, ihre Besitzer sinken unaufhaltsam in die Reihen des Proletariats hinunter, das sie so eben auf Tod und Leben bekämpften. Seit 4 Monaten hat die französische Exportation, statistischen Publikationen zu Folge, fast dreißig Millionen weniger betragen als 1847 in der nämlichen Zeit, und sechshundert Schiffe weniger beschäftigt. Die Produktion steht still, der Austausch stockt, die reichen Fremden ziehen ab, die Falliten schlagen links und rechts ein wie Lamoriciere's Granaten; "der süße, sanfte kleine Handel" auch er schwankt zu Grabe. Nur Epicerie und einige strickt nothwendige Zweige fahren fort zu blühen. Jetzt werden die Nationalateliers überall aufgelöst, doch, wie es scheint, noch nicht die weiblichen. Viele Arbeiterinnen werden wohl die Verbannten begleiten. Um die Lücken nicht wieder sich füllen zu lassen, darf kein Arbeiter aus den Provinzen und dem Auslande mehr nach Paris reisen. Nahm doch die Regierung schon zu allerlei Quacksalbereien die Zuflucht; z. B. das Anwerben für die polnischen und italiänischen Freischaaren, namentlich das letzte skandalöse Werbebureau Rue Montmartre 47, ist von ihr unterstützt worden, um Abfluß zu schaffen, wobei der Herr Martin, Kaufmann aus den Rheinlanden, als Werbechef und Direktor eines fabelhaften "deutschen Comite zur Befreiung der Völker" plötzlich mit Buch und Kassa unsichtbar wurde. - Vielfach greift die Meinung um sich, nur Krieg könne diesem schleichenden Nervenfieber ein Ende machen; die Albernheit beruft sich dabei auf Napoleons Zeit, wo der Tagelohn fünf Franken gewesen sei. Wer dagegen behauptet, die Emittirung von Papiergeld, auf Unterpfand der Hypotheken und Assekuranzfonds und Eisenbahnen und sonstiger Nationalgüter sei ein besseres und leider bisher vernachlässigtes Mittel, der wird kurzweg ein "Socialist" gescholten, welches Wort nunmehr den Grimm des Bourgeois gerade so ausdrückt wie vor zwei Monaten: "Kommunist", und man dreht ihm den Rücken. Ich habe seit 8 Tagen oft solchen Scenen beigewohnt. Inzwischen geht das Thermidorierwesen leise seinen Gang; vorgestern, gestern ungeheure Züge von Wagen voll Flinten, die unter Begleitung von Infanteie und Reiterei den Ortschaften Bercy und Grenelle abgenommen und im langsamen Schritt ins Zeughaus von Vincennes gefahren wurden. La Chapelle, la Villete und Montmartre sind desgleichen entwaffnet; dem letztern traute man so wenig dabei, daß man Kanonen auf der Höhe Posto fassen ließ. In einer Matratze entdeckte man oft ein halb Dutzend Gewehre. - Die glänzenden Tanzlokale sind wieder eröffnet; die Loretten fluchen auf die Blousenkerle, durch deren Kugeln so mancher Lion jenseits des Kanals zurückgehalten wird. Illuminirt wird noch mächtig, aber man fängt an den Spaß kostspielig zu finden, zumal die Hauptlast davon auf die "Gutgesinnten" zu drücken scheint. Zur Anspornung der Illuminationslust tischen gewisse Blätter jeden Morgen Geschichten von Schüssen auf, die aus nicht illuminirten Fenstern und Passagen gegen Nationalgardisten gefallen. Kurz, die kleinen Triumphatoren selber sehen aus als wüßten sie von Tag zu Tage weniger, ob sie lachen oder weinen sollen; versteht sich die kleinen nur; denn die großen lachen aus vollem Halse und spielen eifrig und lustig und rufen der Republik zu: "Schach, nochmals Schach, zum dritten Schach - und matt!" - Mehre Lügenblätter, namentlich der Constitutionnel und die Union haben angekündigt, man habe 150,000 Fr. bei den verwundeten Arbeitern gefunden, die sich im Spital "la Pitie" befinden. Verifikation hatte Statt und die Summe reducirt sich in Wahrheit auf zwei Francs fünf und siebenzig Centimes, die man bei Einem der Arbeiter gefunden hat. Das brave Blatt von Thiers, der Constitutionnel, sieht sich gezwungen heute selbst sein lächerliches Mährchen zu widerrufen. Der Bien public, Lamartines Blatt, signalisirt und, brandmarkt die Umtriebe der alten Linken, der Thierspartei um die Republik zu ihrem Vortheil zu escamotiren. Der Artikel schließt wie folgt: "Republikaner des Vorabends oder Republikaner des andern Morgens, sind wir alle Republikaner der Zukunft. Wir proscribiren Niemand; wir haben weder Bevorzugung noch Antipathien. Um unsere junge Republik rufen wir alle Intelligenzen, alle Hingebungen und wir glauben, daß es ein Recht wie eine Pflicht für alle ist, ihr zu dienen oder sie zu vertheidigen. Man mißverkenne also unsere Absicht nicht. Wenn wir uns heute beklagen, so geschieht es eben deßwegen, weil man sich bemüht, wieder aufzubauen, was nicht mehr ist, indem man die alten Kategorien wieder herstellt, indem man Meinungen wieder ins Leben ruft, die wir weggefegt wähnten mit der alten Welt, die im Sturm vom 24. Februar in den Abgrund versank. Wir sehen in diesen Bemühungen eine Rückkehr zur Vergangenheit, einen Keim der Spaltung, eine Gefahr für den Frieden des Landes und für die Zukunft der Gesellschaft, und wir können den Alarmschrei nicht zurückdrängen, der immer der Brust eines devonirten Soldaten entfährt im Antlitz der Gefahr. Diese Gefahr ist ernsthaft. Es handelt sich darum zu wissen, ob die Republik auf die Proportionen einer Intrique verkürzt werden soll, ob eine Revolution, in ihrem Beginn so groß wie die Nation, so eng und so mesquine werden soll wie eine Partei. Es handelt sich darum, ob man dem Frieden, der aus der Verschmelzung der Ideen und der Interessen hervorgehen muß, den Kampf unterschieben wird, der unfehlbar herauswachsen muß aus einer Regierung der Exclusionen, aufgebaut auf den Trümmern der Monarchie, mit den Institutionen eines andern Regimes. Mögen jetzt alle aufrichtigen Republikaner ihre Pflicht thun. Sie haben ein sichres Mittel alle Komplotte zu vereiteln - es besteht darin, einig zu sein. Gegenüber der alten Linken, die sich befestigt in ihrem Feldlager, bilden wir das Feldlager der jungen Republik und möge dieß Feldlager weit sein, wie Frankreich! - Im Peuple constituant sagt Lammenais: "Einige Tage noch und die Erbitterung, welche Lügen und Verläumdungen unterhalten, wird sich gelegt haben. Rasch zornig, zu rasch zum Kampf geneigt, kann der Franzose nicht lange hassen. Seine großmüthige Natur führt ihn schnell zum Mitleid zurück, und seine Thränen sind der erste Balsam für die Wunden, die er geschlagen hat. Es sind auch keine Franzosen, jene Männer des Hasses, deren wildes Wort nach dem Kampf im Herzen der Sieger jene finstren Leidenschaften anbläst, die sie selbst beseelen, den Geist der Rache und kalter Grausamkeit. Es sind keine Franzosen, es sind keine menschlichen Wesen, sie gehören zu jener feigen Thierrace, deren unedle Wildheit gegen Leichname wüthet. Wir wiederholen es, einige Tage noch und die unserer kräftigen Race natürlichen Empfindungen werden in all ihrer Energie wieder erwachen. Keiner wird seinen Kindern einen Namen zurücklassen wollen, eingeschrieben in das Register der Anbeter des Todes." - Die Nouvelles du Jour sagen: "Die Nationalversammlung hat ein Recht auf den Respekt Aller, weil sie die Tochter des Souverains ist, die Erwählte des Volkes. Aber die Zeiten sind vorbei, wo es hinreichte, der Sohn seines Vaters zu sein; heute muß man der Sohn seiner Werke sein. Die Nationalversammlung gehe also endlich einmal an's Werk. Nationalversammlung. Sitzung vom 4. Juli. Lacrosse, Vicepräsident eröffnet dieselbe um 21/4 Uhr. Die militärischen Vorsichtsmaßregeln sind bedeutend vermindert, nur zwei Kanonen sind mit ihren Mündungen noch gegen den Eintrachtsplatz gerichtet. Der Friede ist indessen bei Weitem noch nicht hergestellt: in der Villette schlage man sich, heißt es im Saale. An der Tagesordnung war die Erwählung eines Quästors an die Stelle des gestorbenen Generals Negrier. Da die Wahl vorschriftsmäßig durch Stimmzettel oder Kugeln erfolgen muß und die Versammlung in Folge der Verfassungsprüfung sehr zahlreich aus den Büreaus strömte, so dauerte dieser Wahlakt bis nach 3 Uhr. Um 31/2 Uhr verkündigte der Präsident folgendes Resultat: Zahl der Stimmenden 709. Absolute Majorität 355. Es erhielten Laboissiere 255, General Le Breton 205, General Lafontaine 190 Stimmen. Da Keiner die erforderliche Mehrheit vereinigte, so verlor die Versammlung durch Erneuerung des Skrutins abermals eine Stunde. Während dieser Operation bestieg Corbon, der Quasisozialist und Vicepräsident, die Bühne, um seine von uns schon früher erwähnte Proposition auf Eröffnung eines Kredits von 3 Millionen Franken Behufs Assoziation zwischen Arbeiter und Meister zu erneuern. Wir konnten aber den Text selbst noch nicht zu Gesicht bekommen. - (Nach 4 Uhr.) Alcan ist der eigentliche Vater der obigen Proposition, wovon Corbon als Glied des Arbeitsausschusses nur den Bericht vorlas. Die Versammlung zeigte indessen keine Eile, und der Vorschlag wanderte ad acta. Hiernächst zeigte der Präsident der Versammlung an, daß auch das zweite Skrutinium wegen der Quästorwahl fruchtlos ausgefallen sei, indem kein absolutes Mehr zu Stande gekommen. Es mußte sonach zu einer dritten Abstimmung geschritten werden. Während der Stimmenzählung machte ein Glied den Antrag, den nächsten Donnerstag (Todtenfeier) als einen Rasttag zu errlären, ein Antrag, der Glück hatte; denn er wurde angenommen. Die Versammlung schritt dann zur Berathung der auf der Tagesordnung befindlichen Gehaltsfrage für den Konseilpräsidenten und die Minister. Das Gehalt des Ersteren stieß auf keinen Widerspruch. Für die Minister schlägt der Gesetzentwurf 3000 Frkn. monatlich vor. Larochejaquelin fand dieß zu niedrig er schlug 5000 Frkn. vor. Die Versammlung entschied sich für 4000 Frkn. In diesem Augenblick meldete der Präsident das Resultat des Skrutins. Zahl der Stimmenden 719. General Le Breton hat 319 Stimmen erhalten und wurde als Quästor proklamirt. Der nächste Gegenstand auf der Tagesordnung war ziemlich delikater Natur. Er betrifft die Gehaltsfrage des gestürzten Vollziehungsausschusses. Sie war mit 100,000 Frkn. beantragt. Baron Gloxin fand dieß viel zu hoch Duclerc, ehemal. Finanzminister, erlaubte sich die Erwiderung, daß die obige Summe nicht vom vereinigten Ausschuß sondern vom Finanzausschusse der Versammlung festgestellt worden. Die Versammlung, jeden Skandal scheuend, willigte ohne Diskussion ein. Die Bildung eines mobilen Gensdarmerie-Bataillon rief schließlich einen kleinen Streit zwischen Favraud und dem Berichterstatter Brard hervor, der indessen wenig Erhebliches für's Ausland bot, da ihn Lamoriciere bald beilegte. Favraud versicherte nämlich, daß die Wahldepartements so wenig eine Gensd'armerie-Verstärkung als das übrige Frankreich brauchten. Lamoriciere und Brard meinten, daß sie daran nicht zweifelten Larochejaquelin: Nur ein Wort! So eben sagte der Berichterstatter daß die Wahldepartements ruhig seien. Wozu also die Gensd'armerie-Verstärkung? So viel ich weiß, rief man in der Charente inferieure: Es lebe der Kaiser! In den Wahldepartements blieb es still. Trotzdem wurde das Bataillon bewilligt. - Die Sitzung wurde um 6 1/4 Uhr geschlossen. Italien.
* Rom.
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Später hätten die Regierungen sich zur Bezeichnung eines Reichsverwesers geeinigt, als man gesehen habe, daß man für eine Person sich entscheiden werde. Hiernach hätte die Bundesversammlung wohl aussprechen können, daß der Gewählte derselbe sei, den die Regierungen vorgeschlagen haben würden. Er glaube wohl, daß den Herren auf der Linken ein Zerwürfniß der Nationalversammlung mit den Regierungen angenehm gewesen wäre. (Auf der Linken: Zur Ordnung! Das ist eine Verdächtigung. Der Präsident erklärt, er finde in der Aeußerung nichts Beleidigendes.) Der Redner verlangt, daß über Blum's Antrag zur Tagesordnung gegangen werde. Vogt hält es nicht für möglich, daß während der 6 Tage, welche die Debatte gedauert, die Zustimmung der Regierungen habe eingeholt werden können. Er erklärt Schmerling's Ausfall gegen die Linke für eine Verläumdung, und wird darüber vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hierauf Widerspruch und Tumult von beiden Seiten. Vogt unterstützt den Antrag auf eine amtliche Erklärung. Nachdem noch Lychnowski, Wagner und Blum das Wort genommen, wird abgestimmt und mit Mehrheit die Tagesordnung beschlossen. Es begann nun die Berathung über Art. 1 der „Grundrechte“, welcher lautet: § 1. „Jeder Deutsche hat das allgemeine deutsche Staatsbürgerrecht. Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Das Recht, zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, übt er da, wo er zur Zeit seinen Wohnsitz hat.“ § 2. „Jeder Deutsche darf an jedem Orte eines Staates Aufenthalt nehmen, sich niederlassen, Grundeigenthum erwerben, Kunst und Gewerbe treiben, das Gemeindebürgerecht gewinnen ‒ vorerst unter denselben Bedingungen, wie die Angehörigen des betreffenden Staates, bis ein Reichsgesetz die zwischen den Gesetzen der einzelnen Staaten noch obwaltenden Verschiedenheiten völlig ausgleicht.“ § 3. „Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf keinem unbescholtenen Deutschen verweigert werden.“ Minoritätsgutachten: 1) „Einer besondern Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines einzelnen deutschen Staates bedarf es für den Deutschen nicht, sondern er erwirbt alle Rechte der Eingebornen durch feste Niederlassung in dem Lande.“ (Waitz, Tollkampf, Hergenhahn, Schüler, Beckerath, Droysen). 2. Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf an keine andern Bedingungen geknüpft werden, als welche sich auf die Unbescholtenheit und den genügenden Unterhalt des Aufzunehmenden für sich und seine Familie beziehen. (Mühlfeld, R. Mohl, Andrian, Lassaulx). Amendements werden beantragt und entwickelt von Biedermann, Fritsch, Neumann, Diskau, Jakob Grimm. Letzterer will statt Art. 1 folgenden: „Alle Deutschen sind frei, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei.“ Es erhebt sich eine Debatte über die Definition des Wortes „Deutscher.“ Zu dem Ausdruck „jeder Deutsche“ waren eine Anzahl Amendements vorgeschlagen: „Jeder Angehörige Deutschlands,“ „Jeder dem deutschen Bundesgebiet Angehörige“ u. s. w. Die Versammlung beschließt, den Ausdruck: „Jeder Deutsche“ beizubehalten. Vor Schluß der Sitzung verlangt die Linke Erledigung der Schmerling'schen Angelegenheit. Schmerling erklärt, er habe keine Beleidigung oder Verläumdung beabsichtigt und wird nachträglich zur Ordnung gerufen. Schluß der Sitzung 3 Uhr; nächste Sitzung Donnerstag. Wien, 30. Juni. Unter den hundert und zwanzig bereits anwesenden Deputirten machen die Polen große Sensation. Man glaubte anfangs nicht, daß die Galizier den Reichstag beschicken würden, und die anwesende Deputation bestätigte diese Ansicht, grade diese aber sind am zahlreichsten erschienen, und wie der Beweis lehrt, sind es aus dem Volke hervorgegangene Wähler. Viele unter ihnen verstehen kein Wort deutsch, und sollen sich bereits entschlossen haben, einen Dolmetsch zu wählen. Jedenfalls wird die Frage beim Reichstag auftauchen, ob jedes Mitglied deutsch verstehen müsse. Einweilen coursiren über diese politischen Reichstagsmitglieder mannichfache Anecdoten. So sollen sich 20 in einem Hotel 2 Zimmer genommen haben, und als der Kellner bedeutete, daß nicht so viel Platz zu Betten sei, forderten sie blos Stroh, sie würden schon Platz haben. Andere haben sich, da eben das poln. Regiment Nassau hier stationirt, in der Kaserne bei ihren Landsleuten einlogirt, wie man sagt, um vor den Zudringlichkeiten politischer Aufklärer und Partheiverlocker Ruhe zu haben. Im Ganzen sind bis heute 163 Wahlen bekannt. Für Sie jedoch ist die eben brieflich einlangende Nachricht von Wichtigkeit, daß die Congregation im Agram beschlossen hat, die dreieinigen Königreiche dem deutschen Bunde anzuschließen.(???) (Const. Bl. a. B.)* Wien, 1. Juli. Nach einem uns so eben zugehenden Briefe eines Deputirten aus Wien, hat der Erzherzog Johann erklärt, daß er die Stelle als Reichsverweser annehmen werde, wenn die Wahl auf ihn falle. Prag, 1. Juni. In jene Städte und Ortschaften am Lande, aus denen in der Pfingstwoche bewaffnete Zuzüge nach Prag gekommen sind oder kommen wollten, wurden Kommissionen zur Untersuchung des Sachverhaltes und zur Entwaffnung der betreffenden Nationalgarden abgesendet. ‒ Heute fanden abermals mehrere Hausdurchsuchungen nach Waffen Staat, unter anderen wurde eine solche auch im Clementinum vorgenommen. Abermals begingen einige Unsinnige, wie es heißt in den Schipkaschen Mühlen, die Tollheit übers Wasser zu schießen. ‒ In Beraun sollen Unruhen ausgebrochen seyn; gewiß ist, daß heute eine Abtheilung Husaren gegen Beraun gesandt werden. (C. B. a. B.)Ungarn.
Aus Temesvar wird der Ofner-Pesther Ztg. gemeldet, daß am 22. Juni der Gränzflecken Weiskirchen von einer etwa 1200 Mann starken Schaar Rajzen überfallen wurde und daß ihnen der dortige Kommandant, Oberstl. Dreyhann, auf die erste Aufforderung sämmtliche Kanonen, Munition, alle Waffen der Nationalgarde, sowie die öffentlichen Kassen des Ortes überlieferte. Auch in Temesvar besorgte man einen Ueberfall. Vincovce, 23. Juni. Officiellen Nachrichten zufolge haben die Türken von der Cardake Stara Boffut bis Brood einen Cordon gezogen, und zwar in der Art, daß auf Schußweite 10 bis 15 Mann postirt sind, angeblich, um den dortigen Christen, namentlich christlichen Priestern, die sie sehr grausam verfolgen, die Flucht über die Save abzuschneiden. Französische Republik.
17 Paris, 4. Juli. Monsieur Berger, Maire des 2. Arrondissements, wo die Fashionabeln hausen, affischirt: „er habe die Ehre den in den Nationalateliers Eingeschriebenen anzuzeigen, daß die gewöhnlichen Zahlungen“ u. s. w. Diese Zahlungen geschehen an die, welche über ihr Verhalten in den Schlachttagen sich ausweisen können; so verfügte Marrast. ‒ In den Provinzen scheint die Stimmung eine sehr getheilte zu sein; aus Borbeaux z. B. kamen zwar tausend Bourgeois uniformirt und im besten Wohlsein so eben den Parisern zu Hülfe, doch erklärt das dortige Hauptjournal: „Paris, die niederträchtige Stadt, Paris, der rebellische Abgrund, aus dem stets die giftigsten Dünste, selbst in sogenannten Friedensepochen, emporqualmen, mußte am 15. Mai schon von den Departements (?) gerettet werden; jetzt wiederum; aber wäre es diesmal fehlgeschlagen, oh, dann würden sie sich ohne Reue und Sorge von dem gefräßigen Centralisationsungeheuer am Seineufer loßreißen“ u. s. w. Das Ungeheuer wird vorläufig eine Kette um den Hals kriegen, in Gestalt eines permanenten vierzigtausend Mann starken Feldlagers von Linientruppen bei Versailles, und, wie es heißt, eines kleinern dicht bei der Ringmauer. ‒ Verbürgen kann ich auch folgendes: Barbès, im Kerker von Vincennes, wußte am Abende des Freitags bereits, daß die Klubs ihre Kräfte an's Aeußerste setzen würden. Er ließ sich rasiren, machte Toilette und bat den Gouverneur Gilan um einen Besuch. „Unsägliches Blut und Elend wird über Paris kommen, sagte er, und ich flehe Sie an, ein Ehrenmann den andern, nehmen Sie mein heiliges Wort zum Pfande, nur ich vermag jetzt noch durch mein Auftreten vorzubeugen; schicken Sie mich zurück, ich übernehme es, meine zwölfte Legion zu beschwichtigen; in einigen Stunden sehen Sie mich nach glücklichem Erfolge wieder hier im Kerker, oder ich habe mir in der Rue St. Jacques eine Kugel selbst durch den Kopf gejagt. Ich schwöre es bei der demokratisch-sozialen Republik.“ Der Gouverneur suchte Ausflüchte, er müsse zuerst an die Nationalassemblée berichten u. dgl. mehr; es unterblieb, aber es beweist immerhin den Adel der Gesinnung des heroischen Gefangenen. Er und seine Leidensbrüder konnten übrigens nicht aus ihren Zimmern Paris sehen; nur Albert, Repräsentant und Mitglied der provisorischen Regierung, hat eine Fernsicht aus seinem Fenster. Gehört haben sie aber gewiß Schuß um Schuß. Vermuthlich führt man diese Mai- wie Junifrevler nicht nach einer, sondern mehrern transatlantischen Besitzungen, damit sie nur ja nicht in Masse sich wiederfinden; außer Guyana (berühmt durch die Deportirung der Robespierristen) und den Marquesaseilanden lächelt ihnen Madagaskar, wo Frankreich seit zwei Jahrhunderten immer festen Fuß zu fassen sich bemühte und aus Ungeschicklichkeit mißglückte, und die sogenannte Fischerinsel Miquelon im Lorenzbusen von Kanada. Einflußreiche Nordamerikaner haben zwar zur Erwirkung einer Uebersiedlungserlaubniß vom Kongreß sich anheischig machen wollen, allein man lehnte dies höflich ab. Es seien ja nur „Brigands“, und man müsse Nordamerika damit verschonen, gab die pariser Regierung zur Antwort. Uebrigens frißt die Misere grimmig um sich; viele Boutiquen stehen leer, ihre Besitzer sinken unaufhaltsam in die Reihen des Proletariats hinunter, das sie so eben auf Tod und Leben bekämpften. Seit 4 Monaten hat die französische Exportation, statistischen Publikationen zu Folge, fast dreißig Millionen weniger betragen als 1847 in der nämlichen Zeit, und sechshundert Schiffe weniger beschäftigt. Die Produktion steht still, der Austausch stockt, die reichen Fremden ziehen ab, die Falliten schlagen links und rechts ein wie Lamoricière's Granaten; „der süße, sanfte kleine Handel“ auch er schwankt zu Grabe. Nur Epicerie und einige strickt nothwendige Zweige fahren fort zu blühen. Jetzt werden die Nationalateliers überall aufgelöst, doch, wie es scheint, noch nicht die weiblichen. Viele Arbeiterinnen werden wohl die Verbannten begleiten. Um die Lücken nicht wieder sich füllen zu lassen, darf kein Arbeiter aus den Provinzen und dem Auslande mehr nach Paris reisen. Nahm doch die Regierung schon zu allerlei Quacksalbereien die Zuflucht; z. B. das Anwerben für die polnischen und italiänischen Freischaaren, namentlich das letzte skandalöse Werbebureau Rue Montmartre 47, ist von ihr unterstützt worden, um Abfluß zu schaffen, wobei der Herr Martin, Kaufmann aus den Rheinlanden, als Werbechef und Direktor eines fabelhaften „deutschen Comité zur Befreiung der Völker“ plötzlich mit Buch und Kassa unsichtbar wurde. ‒ Vielfach greift die Meinung um sich, nur Krieg könne diesem schleichenden Nervenfieber ein Ende machen; die Albernheit beruft sich dabei auf Napoleons Zeit, wo der Tagelohn fünf Franken gewesen sei. Wer dagegen behauptet, die Emittirung von Papiergeld, auf Unterpfand der Hypotheken und Assekuranzfonds und Eisenbahnen und sonstiger Nationalgüter sei ein besseres und leider bisher vernachlässigtes Mittel, der wird kurzweg ein „Socialist“ gescholten, welches Wort nunmehr den Grimm des Bourgeois gerade so ausdrückt wie vor zwei Monaten: „Kommunist“, und man dreht ihm den Rücken. Ich habe seit 8 Tagen oft solchen Scenen beigewohnt. Inzwischen geht das Thermidorierwesen leise seinen Gang; vorgestern, gestern ungeheure Züge von Wagen voll Flinten, die unter Begleitung von Infanteie und Reiterei den Ortschaften Bercy und Grenelle abgenommen und im langsamen Schritt ins Zeughaus von Vincennes gefahren wurden. La Chapelle, la Villete und Montmartre sind desgleichen entwaffnet; dem letztern traute man so wenig dabei, daß man Kanonen auf der Höhe Posto fassen ließ. In einer Matratze entdeckte man oft ein halb Dutzend Gewehre. ‒ Die glänzenden Tanzlokale sind wieder eröffnet; die Loretten fluchen auf die Blousenkerle, durch deren Kugeln so mancher Lion jenseits des Kanals zurückgehalten wird. Illuminirt wird noch mächtig, aber man fängt an den Spaß kostspielig zu finden, zumal die Hauptlast davon auf die „Gutgesinnten“ zu drücken scheint. Zur Anspornung der Illuminationslust tischen gewisse Blätter jeden Morgen Geschichten von Schüssen auf, die aus nicht illuminirten Fenstern und Passagen gegen Nationalgardisten gefallen. Kurz, die kleinen Triumphatoren selber sehen aus als wüßten sie von Tag zu Tage weniger, ob sie lachen oder weinen sollen; versteht sich die kleinen nur; denn die großen lachen aus vollem Halse und spielen eifrig und lustig und rufen der Republik zu: „Schach, nochmals Schach, zum dritten Schach ‒ und matt!“ ‒ Mehre Lügenblätter, namentlich der Constitutionnel und die Union haben angekündigt, man habe 150,000 Fr. bei den verwundeten Arbeitern gefunden, die sich im Spital „la Pitié“ befinden. Verifikation hatte Statt und die Summe reducirt sich in Wahrheit auf zwei Francs fünf und siebenzig Centimes, die man bei Einem der Arbeiter gefunden hat. Das brave Blatt von Thiers, der Constitutionnel, sieht sich gezwungen heute selbst sein lächerliches Mährchen zu widerrufen. Der Bien public, Lamartines Blatt, signalisirt und, brandmarkt die Umtriebe der alten Linken, der Thierspartei um die Republik zu ihrem Vortheil zu escamotiren. Der Artikel schließt wie folgt: „Republikaner des Vorabends oder Republikaner des andern Morgens, sind wir alle Republikaner der Zukunft. Wir proscribiren Niemand; wir haben weder Bevorzugung noch Antipathien. Um unsere junge Republik rufen wir alle Intelligenzen, alle Hingebungen und wir glauben, daß es ein Recht wie eine Pflicht für alle ist, ihr zu dienen oder sie zu vertheidigen. Man mißverkenne also unsere Absicht nicht. Wenn wir uns heute beklagen, so geschieht es eben deßwegen, weil man sich bemüht, wieder aufzubauen, was nicht mehr ist, indem man die alten Kategorien wieder herstellt, indem man Meinungen wieder ins Leben ruft, die wir weggefegt wähnten mit der alten Welt, die im Sturm vom 24. Februar in den Abgrund versank. Wir sehen in diesen Bemühungen eine Rückkehr zur Vergangenheit, einen Keim der Spaltung, eine Gefahr für den Frieden des Landes und für die Zukunft der Gesellschaft, und wir können den Alarmschrei nicht zurückdrängen, der immer der Brust eines devonirten Soldaten entfährt im Antlitz der Gefahr. Diese Gefahr ist ernsthaft. Es handelt sich darum zu wissen, ob die Republik auf die Proportionen einer Intrique verkürzt werden soll, ob eine Revolution, in ihrem Beginn so groß wie die Nation, so eng und so mesquine werden soll wie eine Partei. Es handelt sich darum, ob man dem Frieden, der aus der Verschmelzung der Ideen und der Interessen hervorgehen muß, den Kampf unterschieben wird, der unfehlbar herauswachsen muß aus einer Regierung der Exclusionen, aufgebaut auf den Trümmern der Monarchie, mit den Institutionen eines andern Regimes. Mögen jetzt alle aufrichtigen Republikaner ihre Pflicht thun. Sie haben ein sichres Mittel alle Komplotte zu vereiteln ‒ es besteht darin, einig zu sein. Gegenüber der alten Linken, die sich befestigt in ihrem Feldlager, bilden wir das Feldlager der jungen Republik und möge dieß Feldlager weit sein, wie Frankreich! ‒ Im Peuple constituant sagt Lammenais: „Einige Tage noch und die Erbitterung, welche Lügen und Verläumdungen unterhalten, wird sich gelegt haben. Rasch zornig, zu rasch zum Kampf geneigt, kann der Franzose nicht lange hassen. Seine großmüthige Natur führt ihn schnell zum Mitleid zurück, und seine Thränen sind der erste Balsam für die Wunden, die er geschlagen hat. Es sind auch keine Franzosen, jene Männer des Hasses, deren wildes Wort nach dem Kampf im Herzen der Sieger jene finstren Leidenschaften anbläst, die sie selbst beseelen, den Geist der Rache und kalter Grausamkeit. Es sind keine Franzosen, es sind keine menschlichen Wesen, sie gehören zu jener feigen Thierraçe, deren unedle Wildheit gegen Leichname wüthet. Wir wiederholen es, einige Tage noch und die unserer kräftigen Raçe natürlichen Empfindungen werden in all ihrer Energie wieder erwachen. Keiner wird seinen Kindern einen Namen zurücklassen wollen, eingeschrieben in das Register der Anbeter des Todes.“ ‒ Die Nouvelles du Jour sagen: „Die Nationalversammlung hat ein Recht auf den Respekt Aller, weil sie die Tochter des Souverains ist, die Erwählte des Volkes. Aber die Zeiten sind vorbei, wo es hinreichte, der Sohn seines Vaters zu sein; heute muß man der Sohn seiner Werke sein. Die Nationalversammlung gehe also endlich einmal an's Werk. Nationalversammlung. Sitzung vom 4. Juli. Lacrosse, Vicepräsident eröffnet dieselbe um 21/4 Uhr. Die militärischen Vorsichtsmaßregeln sind bedeutend vermindert, nur zwei Kanonen sind mit ihren Mündungen noch gegen den Eintrachtsplatz gerichtet. Der Friede ist indessen bei Weitem noch nicht hergestellt: in der Villette schlage man sich, heißt es im Saale. An der Tagesordnung war die Erwählung eines Quästors an die Stelle des gestorbenen Generals Negrier. Da die Wahl vorschriftsmäßig durch Stimmzettel oder Kugeln erfolgen muß und die Versammlung in Folge der Verfassungsprüfung sehr zahlreich aus den Büreaus strömte, so dauerte dieser Wahlakt bis nach 3 Uhr. Um 31/2 Uhr verkündigte der Präsident folgendes Resultat: Zahl der Stimmenden 709. Absolute Majorität 355. Es erhielten Laboissiere 255, General Le Breton 205, General Lafontaine 190 Stimmen. Da Keiner die erforderliche Mehrheit vereinigte, so verlor die Versammlung durch Erneuerung des Skrutins abermals eine Stunde. Während dieser Operation bestieg Corbon, der Quasisozialist und Vicepräsident, die Bühne, um seine von uns schon früher erwähnte Proposition auf Eröffnung eines Kredits von 3 Millionen Franken Behufs Assoziation zwischen Arbeiter und Meister zu erneuern. Wir konnten aber den Text selbst noch nicht zu Gesicht bekommen. ‒ (Nach 4 Uhr.) Alcan ist der eigentliche Vater der obigen Proposition, wovon Corbon als Glied des Arbeitsausschusses nur den Bericht vorlas. Die Versammlung zeigte indessen keine Eile, und der Vorschlag wanderte ad acta. Hiernächst zeigte der Präsident der Versammlung an, daß auch das zweite Skrutinium wegen der Quästorwahl fruchtlos ausgefallen sei, indem kein absolutes Mehr zu Stande gekommen. Es mußte sonach zu einer dritten Abstimmung geschritten werden. Während der Stimmenzählung machte ein Glied den Antrag, den nächsten Donnerstag (Todtenfeier) als einen Rasttag zu errlären, ein Antrag, der Glück hatte; denn er wurde angenommen. Die Versammlung schritt dann zur Berathung der auf der Tagesordnung befindlichen Gehaltsfrage für den Konseilpräsidenten und die Minister. Das Gehalt des Ersteren stieß auf keinen Widerspruch. Für die Minister schlägt der Gesetzentwurf 3000 Frkn. monatlich vor. Larochejaquelin fand dieß zu niedrig er schlug 5000 Frkn. vor. Die Versammlung entschied sich für 4000 Frkn. In diesem Augenblick meldete der Präsident das Resultat des Skrutins. Zahl der Stimmenden 719. General Le Breton hat 319 Stimmen erhalten und wurde als Quästor proklamirt. Der nächste Gegenstand auf der Tagesordnung war ziemlich delikater Natur. Er betrifft die Gehaltsfrage des gestürzten Vollziehungsausschusses. Sie war mit 100,000 Frkn. beantragt. Baron Gloxin fand dieß viel zu hoch Duclerc, ehemal. Finanzminister, erlaubte sich die Erwiderung, daß die obige Summe nicht vom vereinigten Ausschuß sondern vom Finanzausschusse der Versammlung festgestellt worden. Die Versammlung, jeden Skandal scheuend, willigte ohne Diskussion ein. Die Bildung eines mobilen Gensdarmerie-Bataillon rief schließlich einen kleinen Streit zwischen Favraud und dem Berichterstatter Brard hervor, der indessen wenig Erhebliches für's Ausland bot, da ihn Lamoriciere bald beilegte. Favraud versicherte nämlich, daß die Wahldepartements so wenig eine Gensd'armerie-Verstärkung als das übrige Frankreich brauchten. Lamoriciere und Brard meinten, daß sie daran nicht zweifelten Larochejaquelin: Nur ein Wort! So eben sagte der Berichterstatter daß die Wahldepartements ruhig seien. Wozu also die Gensd'armerie-Verstärkung? So viel ich weiß, rief man in der Charente inferieure: Es lebe der Kaiser! In den Wahldepartements blieb es still. Trotzdem wurde das Bataillon bewilligt. ‒ Die Sitzung wurde um 6 1/4 Uhr geschlossen. Italien.
* Rom.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar037_006" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0185"/> Derer, welche in der ersten Versammlung als Mitglieder des Ausschusses vorgeschlagen und von den Versammelten angenommen wurden; einige der Vorgeschlagenen sind aber dem Ausschuß niemals beigetreten.</p> <bibl>(B. Z.-H.)</bibl> </div> <div xml:id="ar037_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Frankfurt, 4. Juli.</head> <p>In der heutigen <hi rendition="#g">Sitzung der Nationalversammlung</hi> stellte <hi rendition="#g">Rob. Blum</hi> den Antrag: die Nationalversammlung wolle von der Bundesversammlung eine amtliche Erklärung über Sinn und Bedeutung ihres Beschlusses vom 29. v. M., das Schreiben an den Erzherzog <hi rendition="#g">Johann</hi> betreffend, und namentlich über die darin ausgesprochene Zustimmung die Regierungen zur Wahl des Reichsverwesers verlangen.</p> <p>Der Präsident der Bundesversammlung, Ritter v. <hi rendition="#g">Schmerling:</hi> Seit drei Wochen sei überall von der Centralgewalt die Rede gewesen. Die Regierungen hätten sich aufgefordert gefühlt, auf Grund des Kommissionsberichts die Männer zu bezeichnen, die im Falle der Annahme desselben vorzuschlagen wären. Später hätten die Regierungen sich zur Bezeichnung eines Reichsverwesers geeinigt, als man gesehen habe, daß man für <hi rendition="#g">eine</hi> Person sich entscheiden werde. Hiernach hätte die Bundesversammlung wohl aussprechen können, daß der Gewählte derselbe sei, den die Regierungen vorgeschlagen haben würden. Er glaube wohl, daß den Herren auf der Linken ein Zerwürfniß der Nationalversammlung mit den Regierungen angenehm gewesen wäre. (Auf der Linken: Zur Ordnung! Das ist eine Verdächtigung. Der Präsident erklärt, er finde in der Aeußerung nichts Beleidigendes.) Der Redner verlangt, daß über Blum's Antrag zur Tagesordnung gegangen werde. <hi rendition="#g">Vogt</hi> hält es nicht für möglich, daß während der 6 Tage, welche die Debatte gedauert, die Zustimmung der Regierungen habe eingeholt werden können. Er erklärt Schmerling's Ausfall gegen die Linke für eine Verläumdung, und wird darüber vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hierauf Widerspruch und Tumult von beiden Seiten. Vogt unterstützt den Antrag auf eine amtliche Erklärung. Nachdem noch Lychnowski, Wagner und Blum das Wort genommen, wird abgestimmt und mit Mehrheit die Tagesordnung beschlossen.</p> <p>Es begann nun die Berathung über Art. 1 der „Grundrechte“, welcher lautet: § 1. „Jeder Deutsche hat das allgemeine deutsche Staatsbürgerrecht. Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Das Recht, zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, übt er da, wo er zur Zeit seinen Wohnsitz hat.“ § 2. „Jeder Deutsche darf an jedem Orte eines Staates Aufenthalt nehmen, sich niederlassen, Grundeigenthum erwerben, Kunst und Gewerbe treiben, das Gemeindebürgerecht gewinnen ‒ vorerst unter denselben Bedingungen, wie die Angehörigen des betreffenden Staates, bis ein Reichsgesetz die zwischen den Gesetzen der einzelnen Staaten noch obwaltenden Verschiedenheiten völlig ausgleicht.“ § 3. „Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf keinem unbescholtenen Deutschen verweigert werden.“</p> <p>Minoritätsgutachten: 1) „Einer besondern Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines einzelnen deutschen Staates bedarf es für den Deutschen nicht, sondern er erwirbt alle Rechte der Eingebornen durch feste Niederlassung in dem Lande.“ (Waitz, Tollkampf, Hergenhahn, Schüler, Beckerath, Droysen). 2. Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf an keine andern Bedingungen geknüpft werden, als welche sich auf die Unbescholtenheit und den genügenden Unterhalt des Aufzunehmenden für sich und seine Familie beziehen. (Mühlfeld, R. Mohl, Andrian, Lassaulx). Amendements werden beantragt und entwickelt von <hi rendition="#g">Biedermann, Fritsch, Neumann, Diskau, Jakob Grimm.</hi> Letzterer will statt Art. 1 folgenden: „Alle Deutschen sind frei, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei.“ Es erhebt sich eine Debatte über die Definition des Wortes „Deutscher.“ Zu dem Ausdruck „jeder Deutsche“ waren eine Anzahl Amendements vorgeschlagen: „Jeder Angehörige Deutschlands,“ „Jeder dem deutschen Bundesgebiet Angehörige“ u. s. w. Die Versammlung beschließt, den Ausdruck: „Jeder Deutsche“ beizubehalten. Vor Schluß der Sitzung verlangt die Linke Erledigung der Schmerling'schen Angelegenheit. Schmerling erklärt, er habe keine Beleidigung oder Verläumdung beabsichtigt und wird nachträglich zur Ordnung gerufen. Schluß der Sitzung 3 Uhr; nächste Sitzung Donnerstag.</p> </div> <div xml:id="ar037_008" type="jArticle"> <head>Wien, 30. Juni.</head> <p>Unter den hundert und zwanzig bereits anwesenden Deputirten machen die Polen große Sensation. Man glaubte anfangs nicht, daß die Galizier den Reichstag beschicken würden, und die anwesende Deputation bestätigte diese Ansicht, grade diese aber sind am zahlreichsten erschienen, und wie der Beweis lehrt, sind es aus dem Volke hervorgegangene Wähler. Viele unter ihnen verstehen kein Wort deutsch, und sollen sich bereits entschlossen haben, einen Dolmetsch zu wählen. Jedenfalls wird die Frage beim Reichstag auftauchen, ob jedes Mitglied deutsch verstehen müsse. Einweilen coursiren über diese politischen Reichstagsmitglieder mannichfache Anecdoten. So sollen sich 20 in einem Hotel 2 Zimmer genommen haben, und als der Kellner bedeutete, daß nicht so viel Platz zu Betten sei, forderten sie blos Stroh, sie würden schon Platz haben. Andere haben sich, da eben das poln. Regiment Nassau hier stationirt, in der Kaserne bei ihren Landsleuten einlogirt, wie man sagt, um vor den Zudringlichkeiten politischer Aufklärer und Partheiverlocker Ruhe zu haben. Im Ganzen sind bis heute 163 Wahlen bekannt.</p> <p>Für Sie jedoch ist die eben brieflich einlangende Nachricht von Wichtigkeit, daß die Congregation im Agram beschlossen hat, die dreieinigen Königreiche dem deutschen Bunde anzuschließen.(???)</p> <bibl>(Const. Bl. a. B.)</bibl> </div> <div xml:id="ar037_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 1. Juli.</head> <p>Nach einem uns so eben zugehenden Briefe eines Deputirten aus Wien, hat der Erzherzog Johann erklärt, daß er die Stelle als Reichsverweser annehmen werde, wenn die Wahl auf ihn falle.</p> </div> <div xml:id="ar037_010" type="jArticle"> <head>Prag, 1. Juni.</head> <p>In jene Städte und Ortschaften am Lande, aus denen in der Pfingstwoche bewaffnete Zuzüge nach Prag gekommen sind oder kommen wollten, wurden Kommissionen zur Untersuchung des Sachverhaltes und zur Entwaffnung der betreffenden Nationalgarden abgesendet. ‒ Heute fanden abermals mehrere Hausdurchsuchungen nach Waffen Staat, unter anderen wurde eine solche auch im Clementinum vorgenommen. Abermals begingen einige Unsinnige, wie es heißt in den Schipkaschen Mühlen, die Tollheit übers Wasser zu schießen. ‒ In Beraun sollen Unruhen ausgebrochen seyn; gewiß ist, daß heute eine Abtheilung Husaren gegen Beraun gesandt werden.</p> <bibl>(C. B. a. B.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar037_011" type="jArticle"> <p>Aus <hi rendition="#b">Temesvar</hi> wird der Ofner-Pesther Ztg. gemeldet, daß am 22. Juni der Gränzflecken Weiskirchen von einer etwa 1200 Mann starken Schaar Rajzen überfallen wurde und daß ihnen der dortige Kommandant, Oberstl. Dreyhann, auf die erste Aufforderung sämmtliche Kanonen, Munition, alle Waffen der Nationalgarde, sowie die öffentlichen Kassen des Ortes überlieferte. Auch in Temesvar besorgte man einen Ueberfall.</p> </div> <div xml:id="ar037_012" type="jArticle"> <head>Vincovce, 23. Juni.</head> <p>Officiellen Nachrichten zufolge haben die Türken von der Cardake Stara Boffut bis Brood einen Cordon gezogen, und zwar in der Art, daß auf Schußweite 10 bis 15 Mann postirt sind, angeblich, um den dortigen Christen, namentlich christlichen Priestern, die sie sehr grausam verfolgen, die Flucht über die Save abzuschneiden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar037_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 4. Juli.</head> <p>Monsieur Berger, Maire des 2. Arrondissements, wo die Fashionabeln hausen, affischirt: „<hi rendition="#g">er habe die Ehre</hi> den in den Nationalateliers Eingeschriebenen anzuzeigen, daß die gewöhnlichen Zahlungen“ u. s. w. Diese Zahlungen geschehen an die, welche über ihr Verhalten in den Schlachttagen sich ausweisen können; so verfügte Marrast. ‒ In den Provinzen scheint die Stimmung eine sehr getheilte zu sein; aus Borbeaux z. B. kamen zwar tausend Bourgeois uniformirt und im besten Wohlsein so eben den Parisern zu Hülfe, doch erklärt das dortige Hauptjournal: „Paris, die <hi rendition="#g">niederträchtige</hi> Stadt, Paris, der rebellische Abgrund, aus dem stets die giftigsten Dünste, selbst in sogenannten Friedensepochen, emporqualmen, mußte am 15. Mai schon von den Departements (?) gerettet werden; jetzt wiederum; aber wäre es diesmal fehlgeschlagen, oh, dann würden sie sich ohne Reue und Sorge von dem <hi rendition="#g">gefräßigen Centralisationsungeheuer</hi> am Seineufer <hi rendition="#g">loßreißen</hi>“ u. s. w. Das Ungeheuer wird vorläufig eine Kette um den Hals kriegen, in Gestalt eines permanenten vierzigtausend Mann starken Feldlagers von Linientruppen bei Versailles, und, wie es heißt, eines kleinern dicht bei der Ringmauer. ‒ <hi rendition="#g">Verbürgen</hi> kann ich auch folgendes: Barbès, im Kerker von Vincennes, wußte am Abende des Freitags bereits, daß die Klubs ihre Kräfte an's Aeußerste setzen würden. Er ließ sich rasiren, machte Toilette und bat den Gouverneur Gilan um einen Besuch. „Unsägliches Blut und Elend wird über Paris kommen, sagte er, und ich flehe Sie an, ein Ehrenmann den andern, nehmen Sie mein heiliges Wort zum Pfande, nur ich vermag jetzt noch durch mein Auftreten vorzubeugen; schicken Sie mich zurück, ich übernehme es, meine zwölfte Legion zu beschwichtigen; in einigen Stunden sehen Sie mich nach glücklichem Erfolge wieder hier im Kerker, oder ich habe mir in der Rue St. Jacques eine Kugel selbst durch den Kopf gejagt. Ich schwöre es bei der demokratisch-sozialen Republik.“ Der Gouverneur suchte Ausflüchte, er müsse zuerst an die Nationalassemblée berichten u. dgl. mehr; es unterblieb, aber es beweist immerhin den Adel der Gesinnung des heroischen Gefangenen. Er und seine Leidensbrüder konnten übrigens nicht aus ihren Zimmern Paris sehen; nur Albert, Repräsentant und Mitglied der provisorischen Regierung, hat eine Fernsicht aus seinem Fenster. Gehört haben sie aber gewiß Schuß um Schuß. Vermuthlich führt man diese Mai- wie Junifrevler nicht nach einer, sondern mehrern transatlantischen Besitzungen, damit sie nur ja nicht in Masse sich wiederfinden; außer Guyana (berühmt durch die Deportirung der Robespierristen) und den Marquesaseilanden lächelt ihnen Madagaskar, wo Frankreich seit zwei Jahrhunderten immer festen Fuß zu fassen sich bemühte und aus Ungeschicklichkeit mißglückte, und die sogenannte Fischerinsel Miquelon im Lorenzbusen von Kanada. Einflußreiche Nordamerikaner haben zwar zur Erwirkung einer Uebersiedlungserlaubniß vom Kongreß sich anheischig machen wollen, allein man lehnte dies höflich ab. Es seien ja nur „Brigands“, und man müsse Nordamerika damit verschonen, gab die pariser Regierung zur Antwort. Uebrigens frißt die Misere grimmig um sich; viele Boutiquen stehen leer, ihre Besitzer sinken unaufhaltsam in die Reihen des Proletariats hinunter, das sie so eben auf Tod und Leben bekämpften. Seit 4 Monaten hat die französische Exportation, statistischen Publikationen zu Folge, fast dreißig Millionen weniger betragen als 1847 in der nämlichen Zeit, und sechshundert Schiffe weniger beschäftigt. Die Produktion steht still, der Austausch stockt, die reichen Fremden ziehen ab, die Falliten schlagen links und rechts ein wie Lamoricière's Granaten; „der süße, sanfte kleine Handel“ auch er schwankt zu Grabe. Nur Epicerie und einige strickt nothwendige Zweige fahren fort zu blühen. Jetzt werden die Nationalateliers überall aufgelöst, doch, wie es scheint, noch nicht die weiblichen. Viele Arbeiterinnen werden wohl die Verbannten begleiten. Um die Lücken nicht wieder sich füllen zu lassen, darf kein Arbeiter aus den Provinzen und dem Auslande mehr nach Paris reisen. Nahm doch die Regierung schon zu allerlei Quacksalbereien die Zuflucht; z. B. das Anwerben für die polnischen und italiänischen Freischaaren, namentlich das letzte skandalöse Werbebureau Rue Montmartre 47, ist von ihr unterstützt worden, um Abfluß zu schaffen, wobei der Herr Martin, Kaufmann aus den Rheinlanden, als Werbechef und Direktor eines fabelhaften „deutschen Comité zur Befreiung der Völker“ plötzlich mit Buch und Kassa unsichtbar wurde. ‒ Vielfach greift die Meinung um sich, nur Krieg könne diesem schleichenden Nervenfieber ein Ende machen; die Albernheit beruft sich dabei auf Napoleons Zeit, wo der Tagelohn fünf Franken gewesen sei. Wer dagegen behauptet, die Emittirung von Papiergeld, auf Unterpfand der Hypotheken und Assekuranzfonds und Eisenbahnen und sonstiger Nationalgüter sei ein besseres und leider bisher vernachlässigtes Mittel, der wird kurzweg ein „Socialist“ gescholten, welches Wort nunmehr den Grimm des Bourgeois gerade so ausdrückt wie vor zwei Monaten: „Kommunist“, und man dreht ihm den Rücken. Ich habe seit 8 Tagen oft solchen Scenen beigewohnt. Inzwischen geht das Thermidorierwesen leise seinen Gang; vorgestern, gestern ungeheure Züge von Wagen voll Flinten, die unter Begleitung von Infanteie und Reiterei den Ortschaften Bercy und Grenelle abgenommen und im langsamen Schritt ins Zeughaus von Vincennes gefahren wurden. La Chapelle, la Villete und Montmartre sind desgleichen entwaffnet; dem letztern traute man so wenig dabei, daß man <hi rendition="#g">Kanonen</hi> auf der Höhe Posto fassen ließ. In einer Matratze entdeckte man oft ein halb Dutzend Gewehre. ‒ Die glänzenden Tanzlokale sind wieder eröffnet; die Loretten fluchen auf die Blousenkerle, durch deren Kugeln so mancher Lion jenseits des Kanals zurückgehalten wird. Illuminirt wird noch mächtig, aber man fängt an den Spaß kostspielig zu finden, zumal die Hauptlast davon auf die „Gutgesinnten“ zu drücken scheint. Zur Anspornung der Illuminationslust tischen gewisse Blätter jeden Morgen Geschichten von Schüssen auf, die aus <hi rendition="#g">nicht</hi> illuminirten Fenstern und Passagen gegen Nationalgardisten gefallen. Kurz, die kleinen Triumphatoren selber sehen aus als wüßten sie von Tag zu Tage weniger, ob sie lachen oder weinen sollen; versteht sich die <hi rendition="#g">kleinen</hi> nur; denn die <hi rendition="#g">großen</hi> lachen aus vollem Halse und spielen eifrig und lustig und rufen der Republik zu: „Schach, nochmals Schach, zum dritten Schach ‒ und matt!“</p> <p>‒ Mehre Lügenblätter, namentlich der <hi rendition="#g">Constitutionnel</hi> und die <hi rendition="#g">Union</hi> haben angekündigt, man habe 150,000 Fr. bei den verwundeten Arbeitern gefunden, die sich im Spital „la Pitié“ befinden. Verifikation hatte Statt und die Summe reducirt sich in Wahrheit auf <hi rendition="#g">zwei Francs fünf und siebenzig Centimes,</hi> die man bei <hi rendition="#g">Einem</hi> der Arbeiter gefunden hat. Das brave Blatt von Thiers, der <hi rendition="#g">Constitutionnel,</hi> sieht sich gezwungen heute selbst sein lächerliches Mährchen zu widerrufen.</p> <p>Der <hi rendition="#g">Bien public, Lamartines</hi> Blatt, signalisirt und, brandmarkt die Umtriebe der <hi rendition="#g">alten Linken,</hi> der Thierspartei um die Republik zu ihrem Vortheil zu escamotiren. Der Artikel schließt wie folgt:</p> <p>„Republikaner des Vorabends oder Republikaner des andern Morgens, sind wir alle Republikaner der Zukunft. Wir proscribiren Niemand; wir haben weder Bevorzugung noch Antipathien. Um unsere junge Republik rufen wir alle Intelligenzen, alle Hingebungen und wir glauben, daß es ein Recht wie eine Pflicht für alle ist, ihr zu dienen oder sie zu vertheidigen. Man mißverkenne also unsere Absicht nicht. Wenn wir uns heute beklagen, so geschieht es eben deßwegen, weil man sich bemüht, wieder aufzubauen, was nicht mehr ist, indem man die alten Kategorien wieder herstellt, indem man Meinungen wieder ins Leben ruft, die wir weggefegt wähnten mit der alten Welt, die im Sturm vom 24. Februar in den Abgrund versank. Wir sehen in diesen Bemühungen eine Rückkehr zur Vergangenheit, einen Keim der Spaltung, eine Gefahr für den Frieden des Landes und für die Zukunft der Gesellschaft, und wir können den Alarmschrei nicht zurückdrängen, der immer der Brust eines devonirten Soldaten entfährt im Antlitz der Gefahr. Diese Gefahr ist ernsthaft. Es handelt sich darum zu wissen, ob die Republik auf die Proportionen einer Intrique verkürzt werden soll, ob eine Revolution, in ihrem Beginn so groß wie die Nation, so eng und so mesquine werden soll wie eine Partei. Es handelt sich darum, ob man dem Frieden, der aus der Verschmelzung der Ideen und der Interessen hervorgehen muß, den Kampf unterschieben wird, der unfehlbar herauswachsen muß aus einer Regierung der Exclusionen, aufgebaut auf den Trümmern der Monarchie, mit den Institutionen eines andern Regimes. Mögen jetzt alle aufrichtigen Republikaner ihre Pflicht thun. Sie haben ein sichres Mittel alle Komplotte zu vereiteln ‒ es besteht darin, <hi rendition="#g">einig</hi> zu sein. Gegenüber der alten Linken, die sich befestigt in ihrem Feldlager, bilden wir das Feldlager der jungen Republik und möge dieß Feldlager weit sein, wie Frankreich!</p> <p>‒ Im <hi rendition="#g">Peuple constituant</hi> sagt <hi rendition="#g">Lammenais:</hi></p> <p>„Einige Tage noch und die Erbitterung, welche Lügen und Verläumdungen unterhalten, wird sich gelegt haben. Rasch zornig, zu rasch zum Kampf geneigt, kann der Franzose nicht lange hassen. Seine großmüthige Natur führt ihn schnell zum Mitleid zurück, und seine Thränen sind der erste Balsam für die Wunden, die er geschlagen hat. Es sind auch keine <hi rendition="#g">Franzosen,</hi> jene Männer des Hasses, deren wildes Wort <hi rendition="#g">nach</hi> dem Kampf im Herzen der Sieger jene finstren Leidenschaften anbläst, die sie selbst beseelen, den Geist der Rache und kalter Grausamkeit. Es sind keine Franzosen, es sind keine menschlichen Wesen, sie gehören zu jener feigen Thierraçe, deren unedle Wildheit gegen Leichname wüthet. Wir wiederholen es, einige Tage noch und die unserer kräftigen Raçe natürlichen Empfindungen werden in all ihrer Energie wieder erwachen. Keiner wird seinen Kindern einen Namen zurücklassen wollen, eingeschrieben in das Register der <hi rendition="#g">Anbeter des Todes.</hi>“</p> <p>‒ <hi rendition="#g">Die Nouvelles du Jour</hi> sagen: „Die Nationalversammlung hat ein Recht auf den Respekt Aller, weil sie die Tochter des Souverains ist, die Erwählte des Volkes. Aber die Zeiten sind vorbei, wo es hinreichte, der Sohn seines Vaters zu sein; heute muß man der Sohn seiner Werke sein. Die Nationalversammlung gehe also endlich einmal an's Werk.</p> <p><hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 4. Juli. <hi rendition="#g">Lacrosse,</hi> Vicepräsident eröffnet dieselbe um 21/4 Uhr. Die militärischen Vorsichtsmaßregeln sind bedeutend vermindert, nur zwei Kanonen sind mit ihren Mündungen noch gegen den Eintrachtsplatz gerichtet. Der Friede ist indessen bei Weitem noch nicht hergestellt: <hi rendition="#g">in der Villette schlage man sich,</hi> heißt es im Saale. An der Tagesordnung war die Erwählung eines Quästors an die Stelle des gestorbenen Generals Negrier. Da die Wahl vorschriftsmäßig durch Stimmzettel oder Kugeln erfolgen muß und die Versammlung in Folge der Verfassungsprüfung sehr zahlreich aus den Büreaus strömte, so dauerte dieser Wahlakt bis nach 3 Uhr. Um 31/2 Uhr verkündigte der Präsident folgendes Resultat: Zahl der Stimmenden 709. Absolute Majorität 355. Es erhielten Laboissiere 255, General Le Breton 205, General Lafontaine 190 Stimmen. Da Keiner die erforderliche Mehrheit vereinigte, so verlor die Versammlung durch Erneuerung des Skrutins abermals eine Stunde. Während dieser Operation bestieg Corbon, der Quasisozialist und Vicepräsident, die Bühne, um seine von uns schon früher erwähnte Proposition auf Eröffnung eines Kredits von 3 Millionen Franken Behufs Assoziation zwischen Arbeiter und Meister zu erneuern. Wir konnten aber den Text selbst noch nicht zu Gesicht bekommen.</p> <p>‒ (Nach 4 Uhr.) <hi rendition="#g">Alcan</hi> ist der eigentliche Vater der obigen Proposition, wovon Corbon als Glied des Arbeitsausschusses nur den Bericht vorlas. Die Versammlung zeigte indessen keine Eile, und der Vorschlag wanderte ad acta. Hiernächst zeigte der Präsident der Versammlung an, daß auch das zweite Skrutinium wegen der Quästorwahl fruchtlos ausgefallen sei, indem kein absolutes Mehr zu Stande gekommen. Es mußte sonach zu einer dritten Abstimmung geschritten werden. Während der Stimmenzählung machte ein Glied den Antrag, den nächsten Donnerstag (Todtenfeier) als einen Rasttag zu errlären, ein Antrag, der Glück hatte; denn er wurde angenommen.</p> <p>Die Versammlung schritt dann zur Berathung der auf der Tagesordnung befindlichen Gehaltsfrage für den Konseilpräsidenten und die Minister. Das Gehalt des Ersteren stieß auf keinen Widerspruch.</p> <p>Für die Minister schlägt der Gesetzentwurf 3000 Frkn. monatlich vor. Larochejaquelin fand dieß zu niedrig er schlug 5000 Frkn. vor. Die Versammlung entschied sich für 4000 Frkn.</p> <p>In diesem Augenblick meldete der Präsident das Resultat des Skrutins. Zahl der Stimmenden 719. General Le Breton hat 319 Stimmen erhalten und wurde als Quästor proklamirt.</p> <p>Der nächste Gegenstand auf der Tagesordnung war ziemlich delikater Natur. Er betrifft die Gehaltsfrage des gestürzten Vollziehungsausschusses. Sie war mit 100,000 Frkn. beantragt.</p> <p>Baron Gloxin fand dieß viel zu hoch Duclerc, ehemal. Finanzminister, erlaubte sich die Erwiderung, daß die obige Summe nicht vom vereinigten Ausschuß sondern vom Finanzausschusse der Versammlung festgestellt worden. Die Versammlung, jeden Skandal scheuend, willigte ohne Diskussion ein.</p> <p>Die Bildung eines mobilen Gensdarmerie-Bataillon rief schließlich einen kleinen Streit zwischen Favraud und dem Berichterstatter Brard hervor, der indessen wenig Erhebliches für's Ausland bot, da ihn Lamoriciere bald beilegte.</p> <p>Favraud versicherte nämlich, daß die Wahldepartements so wenig eine Gensd'armerie-Verstärkung als das übrige Frankreich brauchten. Lamoriciere und Brard meinten, daß sie daran nicht zweifelten Larochejaquelin: Nur ein Wort! So eben sagte der Berichterstatter daß die Wahldepartements ruhig seien. Wozu also die Gensd'armerie-Verstärkung? So viel ich weiß, rief man in der Charente inferieure: Es lebe der Kaiser! In den Wahldepartements blieb es still. Trotzdem wurde das Bataillon bewilligt. ‒ Die Sitzung wurde um 6 1/4 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar037_014_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 7. Juli 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 277.</bibl></note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom.</head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0185/0003]
Derer, welche in der ersten Versammlung als Mitglieder des Ausschusses vorgeschlagen und von den Versammelten angenommen wurden; einige der Vorgeschlagenen sind aber dem Ausschuß niemals beigetreten.
(B. Z.-H.) *Frankfurt, 4. Juli. In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung stellte Rob. Blum den Antrag: die Nationalversammlung wolle von der Bundesversammlung eine amtliche Erklärung über Sinn und Bedeutung ihres Beschlusses vom 29. v. M., das Schreiben an den Erzherzog Johann betreffend, und namentlich über die darin ausgesprochene Zustimmung die Regierungen zur Wahl des Reichsverwesers verlangen.
Der Präsident der Bundesversammlung, Ritter v. Schmerling: Seit drei Wochen sei überall von der Centralgewalt die Rede gewesen. Die Regierungen hätten sich aufgefordert gefühlt, auf Grund des Kommissionsberichts die Männer zu bezeichnen, die im Falle der Annahme desselben vorzuschlagen wären. Später hätten die Regierungen sich zur Bezeichnung eines Reichsverwesers geeinigt, als man gesehen habe, daß man für eine Person sich entscheiden werde. Hiernach hätte die Bundesversammlung wohl aussprechen können, daß der Gewählte derselbe sei, den die Regierungen vorgeschlagen haben würden. Er glaube wohl, daß den Herren auf der Linken ein Zerwürfniß der Nationalversammlung mit den Regierungen angenehm gewesen wäre. (Auf der Linken: Zur Ordnung! Das ist eine Verdächtigung. Der Präsident erklärt, er finde in der Aeußerung nichts Beleidigendes.) Der Redner verlangt, daß über Blum's Antrag zur Tagesordnung gegangen werde. Vogt hält es nicht für möglich, daß während der 6 Tage, welche die Debatte gedauert, die Zustimmung der Regierungen habe eingeholt werden können. Er erklärt Schmerling's Ausfall gegen die Linke für eine Verläumdung, und wird darüber vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hierauf Widerspruch und Tumult von beiden Seiten. Vogt unterstützt den Antrag auf eine amtliche Erklärung. Nachdem noch Lychnowski, Wagner und Blum das Wort genommen, wird abgestimmt und mit Mehrheit die Tagesordnung beschlossen.
Es begann nun die Berathung über Art. 1 der „Grundrechte“, welcher lautet: § 1. „Jeder Deutsche hat das allgemeine deutsche Staatsbürgerrecht. Die ihm kraft dessen zustehenden Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben. Das Recht, zur deutschen Reichsversammlung zu wählen, übt er da, wo er zur Zeit seinen Wohnsitz hat.“ § 2. „Jeder Deutsche darf an jedem Orte eines Staates Aufenthalt nehmen, sich niederlassen, Grundeigenthum erwerben, Kunst und Gewerbe treiben, das Gemeindebürgerecht gewinnen ‒ vorerst unter denselben Bedingungen, wie die Angehörigen des betreffenden Staates, bis ein Reichsgesetz die zwischen den Gesetzen der einzelnen Staaten noch obwaltenden Verschiedenheiten völlig ausgleicht.“ § 3. „Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf keinem unbescholtenen Deutschen verweigert werden.“
Minoritätsgutachten: 1) „Einer besondern Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines einzelnen deutschen Staates bedarf es für den Deutschen nicht, sondern er erwirbt alle Rechte der Eingebornen durch feste Niederlassung in dem Lande.“ (Waitz, Tollkampf, Hergenhahn, Schüler, Beckerath, Droysen). 2. Die Aufnahme in das Staatsbürgerthum eines deutschen Staates darf an keine andern Bedingungen geknüpft werden, als welche sich auf die Unbescholtenheit und den genügenden Unterhalt des Aufzunehmenden für sich und seine Familie beziehen. (Mühlfeld, R. Mohl, Andrian, Lassaulx). Amendements werden beantragt und entwickelt von Biedermann, Fritsch, Neumann, Diskau, Jakob Grimm. Letzterer will statt Art. 1 folgenden: „Alle Deutschen sind frei, und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei.“ Es erhebt sich eine Debatte über die Definition des Wortes „Deutscher.“ Zu dem Ausdruck „jeder Deutsche“ waren eine Anzahl Amendements vorgeschlagen: „Jeder Angehörige Deutschlands,“ „Jeder dem deutschen Bundesgebiet Angehörige“ u. s. w. Die Versammlung beschließt, den Ausdruck: „Jeder Deutsche“ beizubehalten. Vor Schluß der Sitzung verlangt die Linke Erledigung der Schmerling'schen Angelegenheit. Schmerling erklärt, er habe keine Beleidigung oder Verläumdung beabsichtigt und wird nachträglich zur Ordnung gerufen. Schluß der Sitzung 3 Uhr; nächste Sitzung Donnerstag.
Wien, 30. Juni. Unter den hundert und zwanzig bereits anwesenden Deputirten machen die Polen große Sensation. Man glaubte anfangs nicht, daß die Galizier den Reichstag beschicken würden, und die anwesende Deputation bestätigte diese Ansicht, grade diese aber sind am zahlreichsten erschienen, und wie der Beweis lehrt, sind es aus dem Volke hervorgegangene Wähler. Viele unter ihnen verstehen kein Wort deutsch, und sollen sich bereits entschlossen haben, einen Dolmetsch zu wählen. Jedenfalls wird die Frage beim Reichstag auftauchen, ob jedes Mitglied deutsch verstehen müsse. Einweilen coursiren über diese politischen Reichstagsmitglieder mannichfache Anecdoten. So sollen sich 20 in einem Hotel 2 Zimmer genommen haben, und als der Kellner bedeutete, daß nicht so viel Platz zu Betten sei, forderten sie blos Stroh, sie würden schon Platz haben. Andere haben sich, da eben das poln. Regiment Nassau hier stationirt, in der Kaserne bei ihren Landsleuten einlogirt, wie man sagt, um vor den Zudringlichkeiten politischer Aufklärer und Partheiverlocker Ruhe zu haben. Im Ganzen sind bis heute 163 Wahlen bekannt.
Für Sie jedoch ist die eben brieflich einlangende Nachricht von Wichtigkeit, daß die Congregation im Agram beschlossen hat, die dreieinigen Königreiche dem deutschen Bunde anzuschließen.(???)
(Const. Bl. a. B.) * Wien, 1. Juli. Nach einem uns so eben zugehenden Briefe eines Deputirten aus Wien, hat der Erzherzog Johann erklärt, daß er die Stelle als Reichsverweser annehmen werde, wenn die Wahl auf ihn falle.
Prag, 1. Juni. In jene Städte und Ortschaften am Lande, aus denen in der Pfingstwoche bewaffnete Zuzüge nach Prag gekommen sind oder kommen wollten, wurden Kommissionen zur Untersuchung des Sachverhaltes und zur Entwaffnung der betreffenden Nationalgarden abgesendet. ‒ Heute fanden abermals mehrere Hausdurchsuchungen nach Waffen Staat, unter anderen wurde eine solche auch im Clementinum vorgenommen. Abermals begingen einige Unsinnige, wie es heißt in den Schipkaschen Mühlen, die Tollheit übers Wasser zu schießen. ‒ In Beraun sollen Unruhen ausgebrochen seyn; gewiß ist, daß heute eine Abtheilung Husaren gegen Beraun gesandt werden.
(C. B. a. B.) Ungarn. Aus Temesvar wird der Ofner-Pesther Ztg. gemeldet, daß am 22. Juni der Gränzflecken Weiskirchen von einer etwa 1200 Mann starken Schaar Rajzen überfallen wurde und daß ihnen der dortige Kommandant, Oberstl. Dreyhann, auf die erste Aufforderung sämmtliche Kanonen, Munition, alle Waffen der Nationalgarde, sowie die öffentlichen Kassen des Ortes überlieferte. Auch in Temesvar besorgte man einen Ueberfall.
Vincovce, 23. Juni. Officiellen Nachrichten zufolge haben die Türken von der Cardake Stara Boffut bis Brood einen Cordon gezogen, und zwar in der Art, daß auf Schußweite 10 bis 15 Mann postirt sind, angeblich, um den dortigen Christen, namentlich christlichen Priestern, die sie sehr grausam verfolgen, die Flucht über die Save abzuschneiden.
Französische Republik. 17 Paris, 4. Juli. Monsieur Berger, Maire des 2. Arrondissements, wo die Fashionabeln hausen, affischirt: „er habe die Ehre den in den Nationalateliers Eingeschriebenen anzuzeigen, daß die gewöhnlichen Zahlungen“ u. s. w. Diese Zahlungen geschehen an die, welche über ihr Verhalten in den Schlachttagen sich ausweisen können; so verfügte Marrast. ‒ In den Provinzen scheint die Stimmung eine sehr getheilte zu sein; aus Borbeaux z. B. kamen zwar tausend Bourgeois uniformirt und im besten Wohlsein so eben den Parisern zu Hülfe, doch erklärt das dortige Hauptjournal: „Paris, die niederträchtige Stadt, Paris, der rebellische Abgrund, aus dem stets die giftigsten Dünste, selbst in sogenannten Friedensepochen, emporqualmen, mußte am 15. Mai schon von den Departements (?) gerettet werden; jetzt wiederum; aber wäre es diesmal fehlgeschlagen, oh, dann würden sie sich ohne Reue und Sorge von dem gefräßigen Centralisationsungeheuer am Seineufer loßreißen“ u. s. w. Das Ungeheuer wird vorläufig eine Kette um den Hals kriegen, in Gestalt eines permanenten vierzigtausend Mann starken Feldlagers von Linientruppen bei Versailles, und, wie es heißt, eines kleinern dicht bei der Ringmauer. ‒ Verbürgen kann ich auch folgendes: Barbès, im Kerker von Vincennes, wußte am Abende des Freitags bereits, daß die Klubs ihre Kräfte an's Aeußerste setzen würden. Er ließ sich rasiren, machte Toilette und bat den Gouverneur Gilan um einen Besuch. „Unsägliches Blut und Elend wird über Paris kommen, sagte er, und ich flehe Sie an, ein Ehrenmann den andern, nehmen Sie mein heiliges Wort zum Pfande, nur ich vermag jetzt noch durch mein Auftreten vorzubeugen; schicken Sie mich zurück, ich übernehme es, meine zwölfte Legion zu beschwichtigen; in einigen Stunden sehen Sie mich nach glücklichem Erfolge wieder hier im Kerker, oder ich habe mir in der Rue St. Jacques eine Kugel selbst durch den Kopf gejagt. Ich schwöre es bei der demokratisch-sozialen Republik.“ Der Gouverneur suchte Ausflüchte, er müsse zuerst an die Nationalassemblée berichten u. dgl. mehr; es unterblieb, aber es beweist immerhin den Adel der Gesinnung des heroischen Gefangenen. Er und seine Leidensbrüder konnten übrigens nicht aus ihren Zimmern Paris sehen; nur Albert, Repräsentant und Mitglied der provisorischen Regierung, hat eine Fernsicht aus seinem Fenster. Gehört haben sie aber gewiß Schuß um Schuß. Vermuthlich führt man diese Mai- wie Junifrevler nicht nach einer, sondern mehrern transatlantischen Besitzungen, damit sie nur ja nicht in Masse sich wiederfinden; außer Guyana (berühmt durch die Deportirung der Robespierristen) und den Marquesaseilanden lächelt ihnen Madagaskar, wo Frankreich seit zwei Jahrhunderten immer festen Fuß zu fassen sich bemühte und aus Ungeschicklichkeit mißglückte, und die sogenannte Fischerinsel Miquelon im Lorenzbusen von Kanada. Einflußreiche Nordamerikaner haben zwar zur Erwirkung einer Uebersiedlungserlaubniß vom Kongreß sich anheischig machen wollen, allein man lehnte dies höflich ab. Es seien ja nur „Brigands“, und man müsse Nordamerika damit verschonen, gab die pariser Regierung zur Antwort. Uebrigens frißt die Misere grimmig um sich; viele Boutiquen stehen leer, ihre Besitzer sinken unaufhaltsam in die Reihen des Proletariats hinunter, das sie so eben auf Tod und Leben bekämpften. Seit 4 Monaten hat die französische Exportation, statistischen Publikationen zu Folge, fast dreißig Millionen weniger betragen als 1847 in der nämlichen Zeit, und sechshundert Schiffe weniger beschäftigt. Die Produktion steht still, der Austausch stockt, die reichen Fremden ziehen ab, die Falliten schlagen links und rechts ein wie Lamoricière's Granaten; „der süße, sanfte kleine Handel“ auch er schwankt zu Grabe. Nur Epicerie und einige strickt nothwendige Zweige fahren fort zu blühen. Jetzt werden die Nationalateliers überall aufgelöst, doch, wie es scheint, noch nicht die weiblichen. Viele Arbeiterinnen werden wohl die Verbannten begleiten. Um die Lücken nicht wieder sich füllen zu lassen, darf kein Arbeiter aus den Provinzen und dem Auslande mehr nach Paris reisen. Nahm doch die Regierung schon zu allerlei Quacksalbereien die Zuflucht; z. B. das Anwerben für die polnischen und italiänischen Freischaaren, namentlich das letzte skandalöse Werbebureau Rue Montmartre 47, ist von ihr unterstützt worden, um Abfluß zu schaffen, wobei der Herr Martin, Kaufmann aus den Rheinlanden, als Werbechef und Direktor eines fabelhaften „deutschen Comité zur Befreiung der Völker“ plötzlich mit Buch und Kassa unsichtbar wurde. ‒ Vielfach greift die Meinung um sich, nur Krieg könne diesem schleichenden Nervenfieber ein Ende machen; die Albernheit beruft sich dabei auf Napoleons Zeit, wo der Tagelohn fünf Franken gewesen sei. Wer dagegen behauptet, die Emittirung von Papiergeld, auf Unterpfand der Hypotheken und Assekuranzfonds und Eisenbahnen und sonstiger Nationalgüter sei ein besseres und leider bisher vernachlässigtes Mittel, der wird kurzweg ein „Socialist“ gescholten, welches Wort nunmehr den Grimm des Bourgeois gerade so ausdrückt wie vor zwei Monaten: „Kommunist“, und man dreht ihm den Rücken. Ich habe seit 8 Tagen oft solchen Scenen beigewohnt. Inzwischen geht das Thermidorierwesen leise seinen Gang; vorgestern, gestern ungeheure Züge von Wagen voll Flinten, die unter Begleitung von Infanteie und Reiterei den Ortschaften Bercy und Grenelle abgenommen und im langsamen Schritt ins Zeughaus von Vincennes gefahren wurden. La Chapelle, la Villete und Montmartre sind desgleichen entwaffnet; dem letztern traute man so wenig dabei, daß man Kanonen auf der Höhe Posto fassen ließ. In einer Matratze entdeckte man oft ein halb Dutzend Gewehre. ‒ Die glänzenden Tanzlokale sind wieder eröffnet; die Loretten fluchen auf die Blousenkerle, durch deren Kugeln so mancher Lion jenseits des Kanals zurückgehalten wird. Illuminirt wird noch mächtig, aber man fängt an den Spaß kostspielig zu finden, zumal die Hauptlast davon auf die „Gutgesinnten“ zu drücken scheint. Zur Anspornung der Illuminationslust tischen gewisse Blätter jeden Morgen Geschichten von Schüssen auf, die aus nicht illuminirten Fenstern und Passagen gegen Nationalgardisten gefallen. Kurz, die kleinen Triumphatoren selber sehen aus als wüßten sie von Tag zu Tage weniger, ob sie lachen oder weinen sollen; versteht sich die kleinen nur; denn die großen lachen aus vollem Halse und spielen eifrig und lustig und rufen der Republik zu: „Schach, nochmals Schach, zum dritten Schach ‒ und matt!“
‒ Mehre Lügenblätter, namentlich der Constitutionnel und die Union haben angekündigt, man habe 150,000 Fr. bei den verwundeten Arbeitern gefunden, die sich im Spital „la Pitié“ befinden. Verifikation hatte Statt und die Summe reducirt sich in Wahrheit auf zwei Francs fünf und siebenzig Centimes, die man bei Einem der Arbeiter gefunden hat. Das brave Blatt von Thiers, der Constitutionnel, sieht sich gezwungen heute selbst sein lächerliches Mährchen zu widerrufen.
Der Bien public, Lamartines Blatt, signalisirt und, brandmarkt die Umtriebe der alten Linken, der Thierspartei um die Republik zu ihrem Vortheil zu escamotiren. Der Artikel schließt wie folgt:
„Republikaner des Vorabends oder Republikaner des andern Morgens, sind wir alle Republikaner der Zukunft. Wir proscribiren Niemand; wir haben weder Bevorzugung noch Antipathien. Um unsere junge Republik rufen wir alle Intelligenzen, alle Hingebungen und wir glauben, daß es ein Recht wie eine Pflicht für alle ist, ihr zu dienen oder sie zu vertheidigen. Man mißverkenne also unsere Absicht nicht. Wenn wir uns heute beklagen, so geschieht es eben deßwegen, weil man sich bemüht, wieder aufzubauen, was nicht mehr ist, indem man die alten Kategorien wieder herstellt, indem man Meinungen wieder ins Leben ruft, die wir weggefegt wähnten mit der alten Welt, die im Sturm vom 24. Februar in den Abgrund versank. Wir sehen in diesen Bemühungen eine Rückkehr zur Vergangenheit, einen Keim der Spaltung, eine Gefahr für den Frieden des Landes und für die Zukunft der Gesellschaft, und wir können den Alarmschrei nicht zurückdrängen, der immer der Brust eines devonirten Soldaten entfährt im Antlitz der Gefahr. Diese Gefahr ist ernsthaft. Es handelt sich darum zu wissen, ob die Republik auf die Proportionen einer Intrique verkürzt werden soll, ob eine Revolution, in ihrem Beginn so groß wie die Nation, so eng und so mesquine werden soll wie eine Partei. Es handelt sich darum, ob man dem Frieden, der aus der Verschmelzung der Ideen und der Interessen hervorgehen muß, den Kampf unterschieben wird, der unfehlbar herauswachsen muß aus einer Regierung der Exclusionen, aufgebaut auf den Trümmern der Monarchie, mit den Institutionen eines andern Regimes. Mögen jetzt alle aufrichtigen Republikaner ihre Pflicht thun. Sie haben ein sichres Mittel alle Komplotte zu vereiteln ‒ es besteht darin, einig zu sein. Gegenüber der alten Linken, die sich befestigt in ihrem Feldlager, bilden wir das Feldlager der jungen Republik und möge dieß Feldlager weit sein, wie Frankreich!
‒ Im Peuple constituant sagt Lammenais:
„Einige Tage noch und die Erbitterung, welche Lügen und Verläumdungen unterhalten, wird sich gelegt haben. Rasch zornig, zu rasch zum Kampf geneigt, kann der Franzose nicht lange hassen. Seine großmüthige Natur führt ihn schnell zum Mitleid zurück, und seine Thränen sind der erste Balsam für die Wunden, die er geschlagen hat. Es sind auch keine Franzosen, jene Männer des Hasses, deren wildes Wort nach dem Kampf im Herzen der Sieger jene finstren Leidenschaften anbläst, die sie selbst beseelen, den Geist der Rache und kalter Grausamkeit. Es sind keine Franzosen, es sind keine menschlichen Wesen, sie gehören zu jener feigen Thierraçe, deren unedle Wildheit gegen Leichname wüthet. Wir wiederholen es, einige Tage noch und die unserer kräftigen Raçe natürlichen Empfindungen werden in all ihrer Energie wieder erwachen. Keiner wird seinen Kindern einen Namen zurücklassen wollen, eingeschrieben in das Register der Anbeter des Todes.“
‒ Die Nouvelles du Jour sagen: „Die Nationalversammlung hat ein Recht auf den Respekt Aller, weil sie die Tochter des Souverains ist, die Erwählte des Volkes. Aber die Zeiten sind vorbei, wo es hinreichte, der Sohn seines Vaters zu sein; heute muß man der Sohn seiner Werke sein. Die Nationalversammlung gehe also endlich einmal an's Werk.
Nationalversammlung. Sitzung vom 4. Juli. Lacrosse, Vicepräsident eröffnet dieselbe um 21/4 Uhr. Die militärischen Vorsichtsmaßregeln sind bedeutend vermindert, nur zwei Kanonen sind mit ihren Mündungen noch gegen den Eintrachtsplatz gerichtet. Der Friede ist indessen bei Weitem noch nicht hergestellt: in der Villette schlage man sich, heißt es im Saale. An der Tagesordnung war die Erwählung eines Quästors an die Stelle des gestorbenen Generals Negrier. Da die Wahl vorschriftsmäßig durch Stimmzettel oder Kugeln erfolgen muß und die Versammlung in Folge der Verfassungsprüfung sehr zahlreich aus den Büreaus strömte, so dauerte dieser Wahlakt bis nach 3 Uhr. Um 31/2 Uhr verkündigte der Präsident folgendes Resultat: Zahl der Stimmenden 709. Absolute Majorität 355. Es erhielten Laboissiere 255, General Le Breton 205, General Lafontaine 190 Stimmen. Da Keiner die erforderliche Mehrheit vereinigte, so verlor die Versammlung durch Erneuerung des Skrutins abermals eine Stunde. Während dieser Operation bestieg Corbon, der Quasisozialist und Vicepräsident, die Bühne, um seine von uns schon früher erwähnte Proposition auf Eröffnung eines Kredits von 3 Millionen Franken Behufs Assoziation zwischen Arbeiter und Meister zu erneuern. Wir konnten aber den Text selbst noch nicht zu Gesicht bekommen.
‒ (Nach 4 Uhr.) Alcan ist der eigentliche Vater der obigen Proposition, wovon Corbon als Glied des Arbeitsausschusses nur den Bericht vorlas. Die Versammlung zeigte indessen keine Eile, und der Vorschlag wanderte ad acta. Hiernächst zeigte der Präsident der Versammlung an, daß auch das zweite Skrutinium wegen der Quästorwahl fruchtlos ausgefallen sei, indem kein absolutes Mehr zu Stande gekommen. Es mußte sonach zu einer dritten Abstimmung geschritten werden. Während der Stimmenzählung machte ein Glied den Antrag, den nächsten Donnerstag (Todtenfeier) als einen Rasttag zu errlären, ein Antrag, der Glück hatte; denn er wurde angenommen.
Die Versammlung schritt dann zur Berathung der auf der Tagesordnung befindlichen Gehaltsfrage für den Konseilpräsidenten und die Minister. Das Gehalt des Ersteren stieß auf keinen Widerspruch.
Für die Minister schlägt der Gesetzentwurf 3000 Frkn. monatlich vor. Larochejaquelin fand dieß zu niedrig er schlug 5000 Frkn. vor. Die Versammlung entschied sich für 4000 Frkn.
In diesem Augenblick meldete der Präsident das Resultat des Skrutins. Zahl der Stimmenden 719. General Le Breton hat 319 Stimmen erhalten und wurde als Quästor proklamirt.
Der nächste Gegenstand auf der Tagesordnung war ziemlich delikater Natur. Er betrifft die Gehaltsfrage des gestürzten Vollziehungsausschusses. Sie war mit 100,000 Frkn. beantragt.
Baron Gloxin fand dieß viel zu hoch Duclerc, ehemal. Finanzminister, erlaubte sich die Erwiderung, daß die obige Summe nicht vom vereinigten Ausschuß sondern vom Finanzausschusse der Versammlung festgestellt worden. Die Versammlung, jeden Skandal scheuend, willigte ohne Diskussion ein.
Die Bildung eines mobilen Gensdarmerie-Bataillon rief schließlich einen kleinen Streit zwischen Favraud und dem Berichterstatter Brard hervor, der indessen wenig Erhebliches für's Ausland bot, da ihn Lamoriciere bald beilegte.
Favraud versicherte nämlich, daß die Wahldepartements so wenig eine Gensd'armerie-Verstärkung als das übrige Frankreich brauchten. Lamoriciere und Brard meinten, daß sie daran nicht zweifelten Larochejaquelin: Nur ein Wort! So eben sagte der Berichterstatter daß die Wahldepartements ruhig seien. Wozu also die Gensd'armerie-Verstärkung? So viel ich weiß, rief man in der Charente inferieure: Es lebe der Kaiser! In den Wahldepartements blieb es still. Trotzdem wurde das Bataillon bewilligt. ‒ Die Sitzung wurde um 6 1/4 Uhr geschlossen.
Italien. * Rom. _
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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