Neue Rheinische Zeitung. Nr. 42. Köln, 12. Juli 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 42. Köln, Mittwoch 12. Juli 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die auswärtige deutsche Politik und die letzten Ereignisse zu Prag. - Weiteres über den Bombardier Funck). Aus dem Siegkreise. (Deputirtenwahl). Dortmund. (Konstitutioneller Kongreß). Berlin. (Gitter am königl. Schloß. - Postporto). Hannover (Ernst August will abreisen). Dresden. (Der Wahlgesetzentwurf. - Finanzielle Zustände). Prag. (Zustand in Prag). Darmstadt. (Kopie der großen Minister. - Steuerverweigerungen im Odenwald). Wien. (Eine Erklärung von Dr. Libelt. - Proklamation des Erzherzogs Johann). Polen. Lemberg. (Ruthenische Comite's. - Vertreibung der Jesuiten. - Russisches Korps an der Gränze. - Die polnische und russische Fahne nebeneinander). Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Revolution der Donaufürstenthümer). Italien. Aus Oberitalien. (Welden's Bericht über die Operationen gegen Venedig). Turin. (Finanzieller Gesetzentwurf). Mailand. (Die italiänische Armee). Rom. (Das Konsistorium verschoben. - Die reaktionären Manöver). Franz. Republik. Paris. (Dornes' Schreiben an den National. - Thiers über den Verfassungsentwurf. - Die Reform über Thiers. - Vermischtes. Belgien. Brüssel. (Die Affaire "Risquons Tout"). Spanien. (Börse. - Ernennung). Großbritannien. London. (Ein- und Ausfuhr in den letzten 5 Monaten. - Der Northern-Star über die Contrerevolution zu Paris). Deutschland.
** Köln, 11. Juli. Trotz des patriotischen Geheuls und Getrommels fast der ganzen deutschen Presse, Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. *Köln, 11. Juli. Wir können unsern Lesern heute weitere Mittheilungen über das Schicksal des Bombardiers Funck machen: Als der Bombardier Funck in Saarlouis ankam, wurde er sofort unter der Anschuldigung "hochverrätherischer Umtriebe" in Haft gesetzt, seine Effekten wurden durchsucht und mit Beschlag belegt. Da er krank war, verweilt er bis jetzt im Untersuchungsarrest im Lazareth, natürlich unter strengem Verschluß. Er bestand zwei Verhöre; die Anklage ist folgende: "er sei Mitglied der demokratischen Gesellschaft in Köln" (welches Verbrechen) auch Comitemitglied, habe Unterschriften gesammelt, Proselyten gemacht, (lauter unrichtige Behauptungen) öffentlich geredet (aber welche Reden? Einmal gegen Willichs Unterstützung von Seiten des demokratischen Klubs, und einmal einige Bemerkungen über den Konstitutionsentwurf), er sei Republikaner, er habe ein rothes Band getragen, man habe bei ihm 40 verschiedene Flugblätter u. s. w. gefunden." Auf dem Dampfschiff von Bonn nach Remagen befand sich ein Gendarmeriewachtmeister aus Bonn, womit sich Funck unterhielt. Dieser Herr hatte nichts Eiligeres zu thun, als beim 8. Armeekorps eine Denunciation folgenden Inhalts gegen Funck einzureichen: "Er habe so auffallend freisinnig gesprochen, daß er es für seine Pflicht halte, dies anzuzeigen. Er sei unzufrieden mit seiner Stellung, und habe deßwegen geäußert, man müsse es mit dem Volke halten, das Volk belohne besser als der König, das Militär sei nicht mehr so dumm, das Volk niederzukartätschen, das rheinländische Militär würde dieß nicht thun, die Offiziere seien reaktionär, er habe ein rothes Band getragen." Alles dieß will der Herr Gensdarm beschwören. Er hat nur Soldaten als Zeugen angegeben, die jetzt schon wieder in Stettin sind. Hieraus kann man entnehmen, wie lange der Untersuchungsarrest dauern wird. * Aus dem Siegkreise. Bei den letzten Abstimmungen über den unverantwortlichen Verweser in der Reichsversammlung zu Frankfurt, findet sich bei den retrograden Votanten auch Hr. Compes, den der Siegkreis zum Vertreter gewählt. Bei der Wahl dieses Mannes trat der Umstand ein, daß er den meisten Wahlmännern unbekannt, von einigen Herren auf's Entschiedenste als ein durch und durch Liberaler empfohlen wurde. Dieser Empfehlung allein verdankt Hr. Compes sein Mandat und ereignet es sich denn heute leider zu oft, daß das Wort liberal nur als Mittel zum Zweck dienen muß. Uebrigens wird der Kreis in Berlin nur durch Männer der Linken vertreten. 103 Dortmund, 7. Juli. Gestern fand hier der sogenannte konstitutionelle Kongreß statt in Vereinigung mit dem Fest der sogenannten alten Krieger von 1814 und 15. Versammelt war die Blüthe der westphälischen Ritterschaft (Ex-Minist. Bodelschwingh etc.),eine große Menge Civil- und Militärbeamte, Pensionäre, "alte Krieger" etc., dem Ansehen nach meist Leute aus dem vorigen Jahrhundert. - Morgens 11 Uhr zog der ganze Trupp mit Musik nach einem, Ihnen gewiß gänzlich unbekannten Garten-Saale. Der hiesige Landrath Pilgrim, einer von den 57 Familienvätern, die jüngst in Berlin waren, auch "alter Krieger", hielt eine unverständliche Anrede. Der Ober-Landesgerichts-Präsident Lent, "alter Krieger", wurde zum Präsidenten, der Advokat von Hurter aus Elberfeld zum Vicepräsidenten, der Bürgermeister Schulenburg von Soest und von Ammon aus Köln zu Schriftführern erwählt. Lent sprach, daß die "alten Krieger" 1813, 14 u. 15 schon mit ihrem Herzblut die "Freiheit" (!) erkauft haben, und daß sie jetzt, wo unser allergnädigster König die konstitutionelle Monarchie "haben wolle" mitkämpfen wollen und daß dem zu Folge der alte Krieger-Verein aufgehen solle im konstitutionellen Verein. Mitglied des Vereins könne Jeder werden, der die konst. Monarchie wolle, und der mitkämpfen wolle gegen Republik oder Gesetzlosigkeit. (Oh! Oh!) Reaktion sei nicht zu fürchten, es sei dies nur das Schibolet der Wühler. Die alten Krieger, wofür sie früher gestritten, dafür wollen sie auch jetzt streiten; für Freiheit, Recht, Ordnung. Er schlägt Dortmund zum Centralort vor. v. Ammon von Köln sagt, daß an das heutige Fest der Erinnerung an schöne Zeit, angeknüpft werden solle der Bau der Zukunft. Er gehöre beiden an, der Erinnerung und der Zukunft. Er sei von Köln, wo sich die Anarchie vielfach geltend gemacht habe. Nach unserer Ueberzeugung ist das Beste, die Freiheit in der Ordnung. (Bravo!) Er habe nicht die Anmaßung gehabt, einen Ort vorzuschlagen, sonst würde er Köln vorschlagen. Köln würde sich aber nicht an Dortmund als Hauptort anschließen, weil Köln wahrscheinlich der Hauptort für Rheinland werden wird. Hauptmann v. Wittich aus Wesel. Im Namen deren, die ihn zwar nicht hierher geschickt (!), mache er darauf aufmerksam, daß jeder hier wohl wisse, was er wolle. Er schlage daher vor, daß man zunächst durch die Presse wirke. (Allgemeiner Skandal - nein - nein - das ist ein Republikaner - er spricht von der Presse.) Professor Huber aus Berlin. 57 Biedermänner haben sich neulich nach Berlin aufgemacht und "an der rechten Schmiede angeklopft". Einige dieser Deputirten haben den konstitutionellen Versammlungen in Berlin beigewohnt und die Statuten gebilligt. Der dortige Verein habe beschlossen, 2 Mitglieder, den Hrn. Gutsbes. Berends und den Redner nach Dortmund zu schicken, um als bescheidene Gesandte zwar, aber einen sehr gesunden Theil des Landes zu repräsentiren. (Ruf: Tendenz! Tendenz!) Für die Rechte des Königs und des Volkes aller Klassen zu kämpfen gegen Republik und Anarchie, sowie gegen Reaktion. Es tritt ein Redner auf, der um seinen Namen befragt, mit großer Frechheit spricht: Meinen Namen brauche ich nicht zu sagen, ich bin der Oberforstmeister Krelinger aus Minden. Ich gehöre Westphalen an, da ich an der Porta Westphalica wohne. Meine Herren! Mein Gebet bei Tag und Nacht ist: "Gott erhalte den König, Gott schütze das Vaterland, Gott gebe uns Frieden." (Die "alten Krieger" gerathen bei dem Worte "Frieden" in ungeheuren Jubel.) Meine Herrn, sollte aber Krieg entstehen, sollte sogar Bürgerkrieg kommen, dann rufen wir alle: "Mit Gott für König und Vaterland!" (Hurrah!) Prediger Keller aus Mülheim a. d. Ruhr. Ich war vor 20 Jahren schon in Berlin, ich habe jetzt zu der Deputation gehört, die nach Berlin reiste. Ich gestehe, daß ich sehr niedergeschlagen hingereist, aber noch niedergeschlagener zurückgekehrt bin. Meine Civil-Versorgungs-Schein.
Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No. 42. Köln, Mittwoch 12. Juli 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die auswärtige deutsche Politik und die letzten Ereignisse zu Prag. ‒ Weiteres über den Bombardier Funck). Aus dem Siegkreise. (Deputirtenwahl). Dortmund. (Konstitutioneller Kongreß). Berlin. (Gitter am königl. Schloß. ‒ Postporto). Hannover (Ernst August will abreisen). Dresden. (Der Wahlgesetzentwurf. ‒ Finanzielle Zustände). Prag. (Zustand in Prag). Darmstadt. (Kopie der großen Minister. ‒ Steuerverweigerungen im Odenwald). Wien. (Eine Erklärung von Dr. Libelt. ‒ Proklamation des Erzherzogs Johann). Polen. Lemberg. (Ruthenische Comité's. ‒ Vertreibung der Jesuiten. ‒ Russisches Korps an der Gränze. ‒ Die polnische und russische Fahne nebeneinander). Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Revolution der Donaufürstenthümer). Italien. Aus Oberitalien. (Welden's Bericht über die Operationen gegen Venedig). Turin. (Finanzieller Gesetzentwurf). Mailand. (Die italiänische Armee). Rom. (Das Konsistorium verschoben. ‒ Die reaktionären Manöver). Franz. Republik. Paris. (Dornès' Schreiben an den National. ‒ Thiers über den Verfassungsentwurf. ‒ Die Reform über Thiers. ‒ Vermischtes. Belgien. Brüssel. (Die Affaire „Risquons Tout“). Spanien. (Börse. ‒ Ernennung). Großbritannien. London. (Ein- und Ausfuhr in den letzten 5 Monaten. ‒ Der Northern-Star über die Contrerevolution zu Paris). Deutschland.
** Köln, 11. Juli. Trotz des patriotischen Geheuls und Getrommels fast der ganzen deutschen Presse, Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. *Köln, 11. Juli. Wir können unsern Lesern heute weitere Mittheilungen über das Schicksal des Bombardiers Funck machen: Als der Bombardier Funck in Saarlouis ankam, wurde er sofort unter der Anschuldigung „hochverrätherischer Umtriebe“ in Haft gesetzt, seine Effekten wurden durchsucht und mit Beschlag belegt. Da er krank war, verweilt er bis jetzt im Untersuchungsarrest im Lazareth, natürlich unter strengem Verschluß. Er bestand zwei Verhöre; die Anklage ist folgende: „er sei Mitglied der demokratischen Gesellschaft in Köln“ (welches Verbrechen) auch Comitémitglied, habe Unterschriften gesammelt, Proselyten gemacht, (lauter unrichtige Behauptungen) öffentlich geredet (aber welche Reden? Einmal gegen Willichs Unterstützung von Seiten des demokratischen Klubs, und einmal einige Bemerkungen über den Konstitutionsentwurf), er sei Republikaner, er habe ein rothes Band getragen, man habe bei ihm 40 verschiedene Flugblätter u. s. w. gefunden.“ Auf dem Dampfschiff von Bonn nach Remagen befand sich ein Gendarmeriewachtmeister aus Bonn, womit sich Funck unterhielt. Dieser Herr hatte nichts Eiligeres zu thun, als beim 8. Armeekorps eine Denunciation folgenden Inhalts gegen Funck einzureichen: „Er habe so auffallend freisinnig gesprochen, daß er es für seine Pflicht halte, dies anzuzeigen. Er sei unzufrieden mit seiner Stellung, und habe deßwegen geäußert, man müsse es mit dem Volke halten, das Volk belohne besser als der König, das Militär sei nicht mehr so dumm, das Volk niederzukartätschen, das rheinländische Militär würde dieß nicht thun, die Offiziere seien reaktionär, er habe ein rothes Band getragen.“ Alles dieß will der Herr Gensdarm beschwören. Er hat nur Soldaten als Zeugen angegeben, die jetzt schon wieder in Stettin sind. Hieraus kann man entnehmen, wie lange der Untersuchungsarrest dauern wird. * Aus dem Siegkreise. Bei den letzten Abstimmungen über den unverantwortlichen Verweser in der Reichsversammlung zu Frankfurt, findet sich bei den retrograden Votanten auch Hr. Compes, den der Siegkreis zum Vertreter gewählt. Bei der Wahl dieses Mannes trat der Umstand ein, daß er den meisten Wahlmännern unbekannt, von einigen Herren auf's Entschiedenste als ein durch und durch Liberaler empfohlen wurde. Dieser Empfehlung allein verdankt Hr. Compes sein Mandat und ereignet es sich denn heute leider zu oft, daß das Wort liberal nur als Mittel zum Zweck dienen muß. Uebrigens wird der Kreis in Berlin nur durch Männer der Linken vertreten. 103 Dortmund, 7. Juli. Gestern fand hier der sogenannte konstitutionelle Kongreß statt in Vereinigung mit dem Fest der sogenannten alten Krieger von 1814 und 15. Versammelt war die Blüthe der westphälischen Ritterschaft (Ex-Minist. Bodelschwingh etc.),eine große Menge Civil- und Militärbeamte, Pensionäre, „alte Krieger“ etc., dem Ansehen nach meist Leute aus dem vorigen Jahrhundert. ‒ Morgens 11 Uhr zog der ganze Trupp mit Musik nach einem, Ihnen gewiß gänzlich unbekannten Garten-Saale. Der hiesige Landrath Pilgrim, einer von den 57 Familienvätern, die jüngst in Berlin waren, auch „alter Krieger“, hielt eine unverständliche Anrede. Der Ober-Landesgerichts-Präsident Lent, „alter Krieger“, wurde zum Präsidenten, der Advokat von Hurter aus Elberfeld zum Vicepräsidenten, der Bürgermeister Schulenburg von Soest und von Ammon aus Köln zu Schriftführern erwählt. Lent sprach, daß die „alten Krieger“ 1813, 14 u. 15 schon mit ihrem Herzblut die „Freiheit“ (!) erkauft haben, und daß sie jetzt, wo unser allergnädigster König die konstitutionelle Monarchie „haben wolle“ mitkämpfen wollen und daß dem zu Folge der alte Krieger-Verein aufgehen solle im konstitutionellen Verein. Mitglied des Vereins könne Jeder werden, der die konst. Monarchie wolle, und der mitkämpfen wolle gegen Republik oder Gesetzlosigkeit. (Oh! Oh!) Reaktion sei nicht zu fürchten, es sei dies nur das Schibolet der Wühler. Die alten Krieger, wofür sie früher gestritten, dafür wollen sie auch jetzt streiten; für Freiheit, Recht, Ordnung. Er schlägt Dortmund zum Centralort vor. v. Ammon von Köln sagt, daß an das heutige Fest der Erinnerung an schöne Zeit, angeknüpft werden solle der Bau der Zukunft. Er gehöre beiden an, der Erinnerung und der Zukunft. Er sei von Köln, wo sich die Anarchie vielfach geltend gemacht habe. Nach unserer Ueberzeugung ist das Beste, die Freiheit in der Ordnung. (Bravo!) Er habe nicht die Anmaßung gehabt, einen Ort vorzuschlagen, sonst würde er Köln vorschlagen. Köln würde sich aber nicht an Dortmund als Hauptort anschließen, weil Köln wahrscheinlich der Hauptort für Rheinland werden wird. Hauptmann v. Wittich aus Wesel. Im Namen deren, die ihn zwar nicht hierher geschickt (!), mache er darauf aufmerksam, daß jeder hier wohl wisse, was er wolle. Er schlage daher vor, daß man zunächst durch die Presse wirke. (Allgemeiner Skandal ‒ nein ‒ nein ‒ das ist ein Republikaner ‒ er spricht von der Presse.) Professor Huber aus Berlin. 57 Biedermänner haben sich neulich nach Berlin aufgemacht und „an der rechten Schmiede angeklopft“. Einige dieser Deputirten haben den konstitutionellen Versammlungen in Berlin beigewohnt und die Statuten gebilligt. Der dortige Verein habe beschlossen, 2 Mitglieder, den Hrn. Gutsbes. Berends und den Redner nach Dortmund zu schicken, um als bescheidene Gesandte zwar, aber einen sehr gesunden Theil des Landes zu repräsentiren. (Ruf: Tendenz! Tendenz!) Für die Rechte des Königs und des Volkes aller Klassen zu kämpfen gegen Republik und Anarchie, sowie gegen Reaktion. Es tritt ein Redner auf, der um seinen Namen befragt, mit großer Frechheit spricht: Meinen Namen brauche ich nicht zu sagen, ich bin der Oberforstmeister Krelinger aus Minden. Ich gehöre Westphalen an, da ich an der Porta Westphalica wohne. Meine Herren! Mein Gebet bei Tag und Nacht ist: „Gott erhalte den König, Gott schütze das Vaterland, Gott gebe uns Frieden.“ (Die „alten Krieger“ gerathen bei dem Worte „Frieden“ in ungeheuren Jubel.) Meine Herrn, sollte aber Krieg entstehen, sollte sogar Bürgerkrieg kommen, dann rufen wir alle: „Mit Gott für König und Vaterland!“ (Hurrah!) Prediger Keller aus Mülheim a. d. Ruhr. Ich war vor 20 Jahren schon in Berlin, ich habe jetzt zu der Deputation gehört, die nach Berlin reiste. Ich gestehe, daß ich sehr niedergeschlagen hingereist, aber noch niedergeschlagener zurückgekehrt bin. Meine Civil-Versorgungs-Schein.
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Einmal gegen Willichs Unterstützung von Seiten des demokratischen Klubs, und einmal einige Bemerkungen über den Konstitutionsentwurf), er sei Republikaner, er habe ein rothes Band getragen, man habe bei ihm 40 verschiedene Flugblätter u. s. w. gefunden.“</p> <p>Auf dem Dampfschiff von Bonn nach Remagen befand sich ein Gendarmeriewachtmeister aus Bonn, womit sich Funck unterhielt. Dieser Herr hatte nichts Eiligeres zu thun, als beim 8. Armeekorps eine Denunciation folgenden Inhalts gegen Funck einzureichen: „Er habe so auffallend freisinnig gesprochen, daß er es für seine Pflicht halte, dies anzuzeigen. Er sei unzufrieden mit seiner Stellung, und habe deßwegen geäußert, man müsse es mit dem Volke halten, das Volk belohne besser als der König, das Militär sei nicht mehr so dumm, das Volk niederzukartätschen, das rheinländische Militär würde dieß nicht thun, die Offiziere seien reaktionär, er habe ein rothes Band getragen.“ Alles dieß will der Herr Gensdarm beschwören. Er hat nur Soldaten als Zeugen angegeben, die jetzt schon wieder in Stettin sind. Hieraus kann man entnehmen, wie lange der Untersuchungsarrest dauern wird.</p> </div> <div xml:id="ar042_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Aus dem Siegkreise.</head> <p>Bei den letzten Abstimmungen über den unverantwortlichen Verweser in der Reichsversammlung zu Frankfurt, findet sich bei den retrograden Votanten auch Hr. Compes, den der Siegkreis zum Vertreter gewählt. Bei der Wahl dieses Mannes trat der Umstand ein, daß er den meisten Wahlmännern unbekannt, von einigen Herren auf's Entschiedenste als ein durch und durch Liberaler empfohlen wurde. Dieser Empfehlung allein verdankt Hr. Compes sein Mandat und ereignet es sich denn heute leider zu oft, daß das Wort liberal nur als Mittel zum Zweck dienen muß. Uebrigens wird der Kreis in Berlin nur durch Männer der Linken vertreten.</p> </div> <div xml:id="ar042_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Dortmund, 7. Juli.</head> <p>Gestern fand hier der sogenannte konstitutionelle Kongreß statt in Vereinigung mit dem Fest der sogenannten alten Krieger von 1814 und 15. Versammelt war die Blüthe der westphälischen Ritterschaft (Ex-Minist. Bodelschwingh etc.),eine große Menge Civil- und Militärbeamte, Pensionäre, „alte Krieger“ etc., dem Ansehen nach meist Leute aus dem vorigen Jahrhundert. ‒ Morgens 11 Uhr zog der ganze Trupp mit Musik nach einem, Ihnen gewiß gänzlich unbekannten Garten-Saale. Der hiesige Landrath Pilgrim, einer von den 57 Familienvätern, die jüngst in Berlin waren, auch „alter Krieger“, hielt eine unverständliche Anrede.</p> <p>Der Ober-Landesgerichts-Präsident Lent, „alter Krieger“, wurde zum Präsidenten, der Advokat von Hurter aus Elberfeld zum Vicepräsidenten, der Bürgermeister Schulenburg von Soest und von Ammon aus Köln zu Schriftführern erwählt.</p> <p>Lent sprach, daß die „alten Krieger“ 1813, 14 u. 15 schon mit ihrem Herzblut die „Freiheit“ (!) erkauft haben, und daß sie jetzt, wo unser allergnädigster König die konstitutionelle Monarchie „haben wolle“ mitkämpfen wollen und daß dem zu Folge der alte Krieger-Verein aufgehen solle im konstitutionellen Verein. Mitglied des Vereins könne Jeder werden, der die konst. Monarchie wolle, und der mitkämpfen wolle gegen Republik oder Gesetzlosigkeit. (Oh! Oh!) Reaktion sei nicht zu fürchten, es sei dies nur das Schibolet der Wühler. 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Im Namen deren, die ihn <hi rendition="#g">zwar nicht hierher geschickt (!),</hi> mache er darauf aufmerksam, daß jeder hier wohl wisse, was er wolle. Er schlage daher vor, daß man zunächst durch die Presse wirke. (Allgemeiner Skandal ‒ nein ‒ nein ‒ das ist ein Republikaner ‒ er spricht von der Presse.)</p> <p>Professor <hi rendition="#g">Huber</hi> aus Berlin. 57 Biedermänner haben sich neulich nach Berlin aufgemacht und „an der rechten Schmiede angeklopft“. Einige dieser Deputirten haben den konstitutionellen Versammlungen in Berlin beigewohnt und die Statuten gebilligt. Der dortige Verein habe beschlossen, 2 Mitglieder, den Hrn. Gutsbes. Berends und den Redner nach Dortmund zu schicken, um als bescheidene Gesandte zwar, aber einen sehr gesunden Theil des Landes zu repräsentiren. (Ruf: Tendenz! Tendenz!) Für die Rechte des Königs und des Volkes aller Klassen zu kämpfen gegen Republik und Anarchie, sowie gegen Reaktion.</p> <p>Es tritt ein Redner auf, der um seinen Namen befragt, mit großer Frechheit spricht: Meinen Namen brauche ich nicht zu sagen, ich bin der Oberforstmeister Krelinger aus Minden. Ich gehöre Westphalen an, da ich an der Porta Westphalica wohne. Meine Herren! Mein Gebet bei Tag und Nacht ist: „Gott erhalte den König, Gott schütze das Vaterland, Gott gebe uns Frieden.“ (Die „alten Krieger“ gerathen bei dem Worte „Frieden“ in ungeheuren Jubel.) Meine Herrn, sollte aber Krieg entstehen, sollte sogar Bürgerkrieg kommen, dann rufen wir alle: „Mit Gott für König und Vaterland!“ (Hurrah!)</p> <p>Prediger <hi rendition="#g">Keller</hi> aus Mülheim a. d. Ruhr. Ich war vor 20 Jahren schon in Berlin, ich habe jetzt zu der Deputation gehört, die nach Berlin reiste. Ich gestehe, daß ich sehr niedergeschlagen hingereist, aber noch niedergeschlagener zurückgekehrt bin. Meine </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0207/0001]
Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 42. Köln, Mittwoch 12. Juli 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die auswärtige deutsche Politik und die letzten Ereignisse zu Prag. ‒ Weiteres über den Bombardier Funck). Aus dem Siegkreise. (Deputirtenwahl). Dortmund. (Konstitutioneller Kongreß). Berlin. (Gitter am königl. Schloß. ‒ Postporto). Hannover (Ernst August will abreisen). Dresden. (Der Wahlgesetzentwurf. ‒ Finanzielle Zustände). Prag. (Zustand in Prag). Darmstadt. (Kopie der großen Minister. ‒ Steuerverweigerungen im Odenwald). Wien. (Eine Erklärung von Dr. Libelt. ‒ Proklamation des Erzherzogs Johann).
Polen. Lemberg. (Ruthenische Comité's. ‒ Vertreibung der Jesuiten. ‒ Russisches Korps an der Gränze. ‒ Die polnische und russische Fahne nebeneinander).
Donaufürstenthümer. Bucharest. (Die Revolution der Donaufürstenthümer).
Italien. Aus Oberitalien. (Welden's Bericht über die Operationen gegen Venedig). Turin. (Finanzieller Gesetzentwurf). Mailand. (Die italiänische Armee). Rom. (Das Konsistorium verschoben. ‒ Die reaktionären Manöver).
Franz. Republik. Paris. (Dornès' Schreiben an den National. ‒ Thiers über den Verfassungsentwurf. ‒ Die Reform über Thiers. ‒ Vermischtes.
Belgien. Brüssel. (Die Affaire „Risquons Tout“).
Spanien. (Börse. ‒ Ernennung).
Großbritannien. London. (Ein- und Ausfuhr in den letzten 5 Monaten. ‒ Der Northern-Star über die Contrerevolution zu Paris).
Deutschland. ** Köln, 11. Juli. Trotz des patriotischen Geheuls und Getrommels fast der ganzen deutschen Presse,
_ *Köln, 11. Juli. Wir können unsern Lesern heute weitere Mittheilungen über das Schicksal des Bombardiers Funck machen:
Als der Bombardier Funck in Saarlouis ankam, wurde er sofort unter der Anschuldigung „hochverrätherischer Umtriebe“ in Haft gesetzt, seine Effekten wurden durchsucht und mit Beschlag belegt. Da er krank war, verweilt er bis jetzt im Untersuchungsarrest im Lazareth, natürlich unter strengem Verschluß. Er bestand zwei Verhöre; die Anklage ist folgende: „er sei Mitglied der demokratischen Gesellschaft in Köln“ (welches Verbrechen) auch Comitémitglied, habe Unterschriften gesammelt, Proselyten gemacht, (lauter unrichtige Behauptungen) öffentlich geredet (aber welche Reden? Einmal gegen Willichs Unterstützung von Seiten des demokratischen Klubs, und einmal einige Bemerkungen über den Konstitutionsentwurf), er sei Republikaner, er habe ein rothes Band getragen, man habe bei ihm 40 verschiedene Flugblätter u. s. w. gefunden.“
Auf dem Dampfschiff von Bonn nach Remagen befand sich ein Gendarmeriewachtmeister aus Bonn, womit sich Funck unterhielt. Dieser Herr hatte nichts Eiligeres zu thun, als beim 8. Armeekorps eine Denunciation folgenden Inhalts gegen Funck einzureichen: „Er habe so auffallend freisinnig gesprochen, daß er es für seine Pflicht halte, dies anzuzeigen. Er sei unzufrieden mit seiner Stellung, und habe deßwegen geäußert, man müsse es mit dem Volke halten, das Volk belohne besser als der König, das Militär sei nicht mehr so dumm, das Volk niederzukartätschen, das rheinländische Militär würde dieß nicht thun, die Offiziere seien reaktionär, er habe ein rothes Band getragen.“ Alles dieß will der Herr Gensdarm beschwören. Er hat nur Soldaten als Zeugen angegeben, die jetzt schon wieder in Stettin sind. Hieraus kann man entnehmen, wie lange der Untersuchungsarrest dauern wird.
* Aus dem Siegkreise. Bei den letzten Abstimmungen über den unverantwortlichen Verweser in der Reichsversammlung zu Frankfurt, findet sich bei den retrograden Votanten auch Hr. Compes, den der Siegkreis zum Vertreter gewählt. Bei der Wahl dieses Mannes trat der Umstand ein, daß er den meisten Wahlmännern unbekannt, von einigen Herren auf's Entschiedenste als ein durch und durch Liberaler empfohlen wurde. Dieser Empfehlung allein verdankt Hr. Compes sein Mandat und ereignet es sich denn heute leider zu oft, daß das Wort liberal nur als Mittel zum Zweck dienen muß. Uebrigens wird der Kreis in Berlin nur durch Männer der Linken vertreten.
103 Dortmund, 7. Juli. Gestern fand hier der sogenannte konstitutionelle Kongreß statt in Vereinigung mit dem Fest der sogenannten alten Krieger von 1814 und 15. Versammelt war die Blüthe der westphälischen Ritterschaft (Ex-Minist. Bodelschwingh etc.),eine große Menge Civil- und Militärbeamte, Pensionäre, „alte Krieger“ etc., dem Ansehen nach meist Leute aus dem vorigen Jahrhundert. ‒ Morgens 11 Uhr zog der ganze Trupp mit Musik nach einem, Ihnen gewiß gänzlich unbekannten Garten-Saale. Der hiesige Landrath Pilgrim, einer von den 57 Familienvätern, die jüngst in Berlin waren, auch „alter Krieger“, hielt eine unverständliche Anrede.
Der Ober-Landesgerichts-Präsident Lent, „alter Krieger“, wurde zum Präsidenten, der Advokat von Hurter aus Elberfeld zum Vicepräsidenten, der Bürgermeister Schulenburg von Soest und von Ammon aus Köln zu Schriftführern erwählt.
Lent sprach, daß die „alten Krieger“ 1813, 14 u. 15 schon mit ihrem Herzblut die „Freiheit“ (!) erkauft haben, und daß sie jetzt, wo unser allergnädigster König die konstitutionelle Monarchie „haben wolle“ mitkämpfen wollen und daß dem zu Folge der alte Krieger-Verein aufgehen solle im konstitutionellen Verein. Mitglied des Vereins könne Jeder werden, der die konst. Monarchie wolle, und der mitkämpfen wolle gegen Republik oder Gesetzlosigkeit. (Oh! Oh!) Reaktion sei nicht zu fürchten, es sei dies nur das Schibolet der Wühler. Die alten Krieger, wofür sie früher gestritten, dafür wollen sie auch jetzt streiten; für Freiheit, Recht, Ordnung. Er schlägt Dortmund zum Centralort vor.
v. Ammon von Köln sagt, daß an das heutige Fest der Erinnerung an schöne Zeit, angeknüpft werden solle der Bau der Zukunft. Er gehöre beiden an, der Erinnerung und der Zukunft. Er sei von Köln, wo sich die Anarchie vielfach geltend gemacht habe. Nach unserer Ueberzeugung ist das Beste, die Freiheit in der Ordnung. (Bravo!) Er habe nicht die Anmaßung gehabt, einen Ort vorzuschlagen, sonst würde er Köln vorschlagen. Köln würde sich aber nicht an Dortmund als Hauptort anschließen, weil Köln wahrscheinlich der Hauptort für Rheinland werden wird.
Hauptmann v. Wittich aus Wesel. Im Namen deren, die ihn zwar nicht hierher geschickt (!), mache er darauf aufmerksam, daß jeder hier wohl wisse, was er wolle. Er schlage daher vor, daß man zunächst durch die Presse wirke. (Allgemeiner Skandal ‒ nein ‒ nein ‒ das ist ein Republikaner ‒ er spricht von der Presse.)
Professor Huber aus Berlin. 57 Biedermänner haben sich neulich nach Berlin aufgemacht und „an der rechten Schmiede angeklopft“. Einige dieser Deputirten haben den konstitutionellen Versammlungen in Berlin beigewohnt und die Statuten gebilligt. Der dortige Verein habe beschlossen, 2 Mitglieder, den Hrn. Gutsbes. Berends und den Redner nach Dortmund zu schicken, um als bescheidene Gesandte zwar, aber einen sehr gesunden Theil des Landes zu repräsentiren. (Ruf: Tendenz! Tendenz!) Für die Rechte des Königs und des Volkes aller Klassen zu kämpfen gegen Republik und Anarchie, sowie gegen Reaktion.
Es tritt ein Redner auf, der um seinen Namen befragt, mit großer Frechheit spricht: Meinen Namen brauche ich nicht zu sagen, ich bin der Oberforstmeister Krelinger aus Minden. Ich gehöre Westphalen an, da ich an der Porta Westphalica wohne. Meine Herren! Mein Gebet bei Tag und Nacht ist: „Gott erhalte den König, Gott schütze das Vaterland, Gott gebe uns Frieden.“ (Die „alten Krieger“ gerathen bei dem Worte „Frieden“ in ungeheuren Jubel.) Meine Herrn, sollte aber Krieg entstehen, sollte sogar Bürgerkrieg kommen, dann rufen wir alle: „Mit Gott für König und Vaterland!“ (Hurrah!)
Prediger Keller aus Mülheim a. d. Ruhr. Ich war vor 20 Jahren schon in Berlin, ich habe jetzt zu der Deputation gehört, die nach Berlin reiste. Ich gestehe, daß ich sehr niedergeschlagen hingereist, aber noch niedergeschlagener zurückgekehrt bin. Meine
Civil-Versorgungs-Schein.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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