Neue Rheinische Zeitung. Nr. 45. Köln, 15. Juli 1848.[Deutschland] * Köln, 14. Juli. Die zu Brüssel erscheinende "Nation" hat die Gewohnheit, die Artikel der "Neuen Rheinischen Zeitung" de Dato Köln, ziemlich wörtlich in's Französische zu übertragen und sie ihren Lesern als eigene Korrespondenz aus Berlin mitzutheilen. Unter dieser Firma finden wir heute den ersten Artikel der Neuen Rhein. Zeitung vom 12. Juli. Es ist dieß eine eigenthümliche Art von Collegialität. * Düsseldorf, 12. Juli. Von hier ist folgende Adresse an die Berliner Vereinbarungsversammlung abgegangen: Hohe Versammlung! Die Verhaftung der Bürger Gottschalk und Anneke und mehrerer anderer Mitglieder des Arbeitervereines in Köln, des Bürgers Julius Wulff in Düsseldorf, die Haussuchungen bei vielen Comitemitgliedern des Arbeitervereines in Köln und des Volksklubs in Düsseldorf haben gerechte Entrüstung bei allen Denen hervorgerufen, die nicht wollen, daß unsere junge Freiheit wieder durch eine brutale Polizeiwillkühr vernichtet werde. Die persönliche Freiheit und Sicherheit der Bürger besteht nicht mehr, wenn man sie ohne Grund in's Gefängniß wirft, die "unbedingte" Rede- und Vereinigungsfreiheit ist gefährdet - wir sehen uns in die verhaßten Zeiten vor der Revolution zurückversetzt. Die Unvereinbarkeit der alten gesetzlichen Bestimmungen mit der neuen "zu Recht bestehenden, weil durch die Revolution errungenen" politischen Freiheit tritt täglich fühlbarer hervor. Die Verurtheilung des Studenten Mohneke in Berlin wegen Majestätsbeleidigung (diese Kategorie des alten Landrechts ist nicht mehr rechtsbeständig), die Verhaftung Fembach's als Verbreiter des "republikanischen Katechismus," die neuesten Polizeifeldzüge gegen die Republikaner am Rheine liefern den Beweis dafür. Die Polizei erhebt sich plötzlich wieder als Rachegöttin der büreaukratischen Reaktion, um daran zu erinnern, daß es im Code penal und im Landrechte noch Bestimmungen gebe, mit denen der von der Reaktion gehaßten Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit das Garaus gemacht werden kann, die der freiheitsbegeisterte Deutsche aber vergaß. In den schönen Traum fuhr die Justiz plötzlich mit ihren Gesetzartikeln, und die über die "Unruhen" verzweifelten Bürger rufen im Chorus: Nur Ruhe! Ruhe! Nur energisch durchgreifen! ohne zu bedenken, daß sie ihre eigene Freiheit vernichten wollen. Das Dekret über die Assoziations- und Preßfreiheit bestimmte, daß bis zum Erlaß von neuen Gesetzen die bestehenden Kriminalgesetze Norm für "Vergehen" durch Presse und Rede sein sollten. Mit Recht behaupten wir, die wir an der unbedingten Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit als an den wichtigsten Errungenschaften unserer Revolution, nicht das Geringste schmälern lassen wollen: diese alten gesetzlichen Bestimmungen können nicht mehr in Kraft bestehen bleiben, die neuen Freiheiten können nicht nach ihnen gemessen werden, die faktische Anwendung jener alten Bestimmungen seitens der Behörden beweiset, daß sie allen Willkührlichkeiten freien Spielraum lassen, und daß die alten Strafbestimmungen in ihrer vagen Fassung jegliche Freiheit illusorisch machen können. Der Code penal kennt nur den Hochverrath und die Aufforderung zur Gewalt durch aufrührerische Reden, die dahin zielen, die Ruhe des Staates durch Bürgerkrieg, durch gesetzwidrigen Gebrauch der bewaffneten Macht, durch öffentliche Verheerung und Plünderung zu stören. Daß der Begriff "Hochverrath" durch die Revolution gänzlich umgewandelt ist, brauchen wir hier nicht auseinanderzusetzen. Die zweite Kategorie kann aber nach Belieben auf die Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit so angewendet werden, daß der Terrorismus der Justiz immer gerechtfertigt erscheint. Jene alten gesetzlichen Bestimmungen können daher für die neuen politischen Zustände, für die neuen politischen Freiheiten nicht mehr maßgebend sein, ebensowenig wie die der persönlichen Sicherheit der Bürger gefährliche Handhabung der alten Verordnung über Verhaftungen. In Erwägung daher, daß die in neuester Zeit nach dem 19. März vorgenommenen Verhaftungen vorgenommen sind, ohne daß gegen die Angeklagten eine bestimmte Anklage vorlag, In Erwägung, daß Staatsbürger 6 Wochen und länger in Haft gehalten wurden, ohne daß gegen sie eine Anklage erhoben wurde, In Erwägung, daß die alten gesetzlichen Bestimmungen, welche die Justiz jetzt anzuwenden für gut findet, die Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzen und illusorisch machen, Ersuchen wir Eine hohe Versammlung, dieselbe möge schleunigst zum Schutze der persönlichen Freiheit der Bürger eine Habeas-Corpus-Akte erlassen, des Inhalts, daß kein Staatsbürger Anders verhaftet werden darf, als wenn eine bestimmte Anklage gegen ihn vorliegt. Dieselbe möge ferner die Aufhebung aller die Errungenschaften der Revolution, die unbedingte Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzenden alten gesetzlichen Bestimmungen in einem neuen Gesetze, welches jene Errungenschaften sicherstellen soll, ausdrücklich beschließen. Wir fordern eine hohe Versammlung auf, so rasch wie möglich die Beschließung dieser neuen Bestimmungen vorzunehmen und der Rechtsunsicherheit eine Ende zu machen, um so mehr, als es die wichtigsten politischen Rechte der Bürger sind, die da dabei in Frage kommen und welche täglich mehr und mehr verletzt werden. In Erwägung aller dieser Punkte müssen wir schließlich die sofortige Freilassung aller auf Grund der alten Gesetze wegen politischer Vergehen Verhafteten fordern. Düsseldorf, den 10. Juli 1848. Im Namen des Volksklubs: Das Comite. Fr. Schnake. Rockmann. 103 Berlin, 12. Juni. Acht Stunden haben die Vereinbarer heute wieder gesprochen und gelärmt, aber die Abstimmung über den Jacoby'schen Antrag ist noch nicht beendet. Nach Schluß der Debatte erhob sich wieder wie gewöhnlich ein Streit über die Fragestellung, bei denen es an einigen polnischen Reichstagsscenen nicht fehlte. Nachdem sich heute wieder viele Redner sowohl für als gegen den Antrag haben hören lassen, die Redner der Rechten wieder mit ihren gestrigen Gründen von republikanischen Tendenzen, die sie den Unterstützern des Antrags vorwerfen, hervorgetreten, auch ihren Lokalpatriotismus, soviel sie sich auch gegen diese Benennung sträubten, zur Geltung gebracht, stellte der Abg. Bloem, welcher der deutschen Nationalversammlung kein Mißtrauensvotum geben will, folgendes Amendement: "Die hohe Versammlung wolle erklären: daß sie die Befugniß der deutschen Nationalversammlung anerkenne, ohne vorher die Zustimmung der einzelnen deutschen Staaten einzuholen, jenen Beschluß zu fassen, durch welchen ein unverantwortlicher Reichsverweser ernannt wird; daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen." Zum Schluß der Debatte erhält der Antragsteller Jacoby das Wort. Er sucht Alles gegen seinen Antrag vorgebrachte zu widerlegen. Er meint, daß im Ganzen mehr Behauptungen als Gründe vorgebracht worden seyen. Die Reden haben sich theils am Formellen gehalten, theils sind sie auch auf die Sache selbst eingegangen. Nach der am 4. Juli abgegebenen Erklärung des Ministeriums konnten wir nicht darüber schweigen, ohne den Schein auf uns zu laden, als ob wir den Ansichten des Ministeriums beistimmen. Man hat die Annahme des Antrags, die Hervorrufung eines Bürgerkrieges genannt, der Antragsteller glaubt aber, daß durch offene Aussprache der Meinungen im Gegentheil Streit und Hader verhütet wird. Diese Versammlung ist sowohl befugt als berechtigt, sich über die Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung auszusprechen und hat sogar darauf zu sehen, daß der provisorische Reichsverweser nicht in einen definitiven Kaiser übergehe. Erst dann, wenn Preußen eine echt deutsche Politik befolgt, dann wird es gewiß den großen Einfluß über Deutschland erlangen, zu dem es geeignet ist und berufen scheint. Es sei demnach eine rein deutsche allgemeine Frage und keine Parteifrage, zu der man sie zu machen sich bemüht. Unsere Minister haben dies wohl gefühlt und haben über diese Angelegenheit geschwiegen. Er hätte aber von ihnen erwartet, daß sie so wie die sächsische Regierung den Beschluß der deutschen Nationalversammlung ohne allen Vorbehalt angenommen und dies den Kammern auch mitgetheilt. Nun erhebt sich aber ein stundenlanger Streit über die Fragestellung. Die gründlichen preußischen Vereinbarer müssen sich zuerst vereinbaren, in welcher Folge das Amendement und der Antrag zur Abstimmung kommen. Alsdann verlangen viele Mitglieder des linken Centrums und der eigentlichen Linken eine Trennung des Antrages, indem sie dem ersten Theil desselben, dem Tadel der deutschen Nationalversammlung nicht beistimmen können, aber wohl dem andern Theil, der Erklärung gegen die preußische Regierung. Das Geschäftsreglement schreibt vor, daß bei der Abstimmung eines Antrags, der verschiedene Gegenstände enthält, auf Theilung angetragen werden kann. Der Präsident legt dies nun so aus, daß die Mehrheit ihre Zustimmung zur Theilung geben müsse. Neuer Lärm. Da kommt ein Mitglied, welches in der Centralkommission für Entwerfung des Geschäftsreglements gearbeitet und belehrt die hohe Versammlung, daß dieser Paragraph von der Kommission so aufgefaßt sei, daß jeder Einzelne auf Theilung der Gegenstände bei der Abstimmung antragen könne, ohne daß dazu die Zustimmung der Majorität nothwendig sei; aber ob ein Antrag einzelne Gegenstände enthalte, darüber habe die Majorität zu bestimmen. Neue Debatte, ob der Jacoby'sche Antrag in Theile zerlegt werden dürfe, ob er mehrere Gegenstände enthalte. Viele Mitglieder erklären nicht abstimmen zu können, wenn die Fragen nicht getrennt werden, man sprach von Tyrannei der Majorität. Diese erwiederte, die Minorität wolle sie tyrannisiren und nach einem furchtbaren Lärm wird die Frage: sind in dem Antrage mehrere Gegenstände vorhanden? verneint. Jetzt will man zur namentlichen Abstimmung übergehen, da tritt von Berg auf und verlangt, daß sich die Abgeordneten aus dem Großherzogthum Posen der Abstimmung enthalten sollen, da es sich um eine rein deutsche und preußische Sache handle. Neue Aufregung. Viele Abgeordnete des Großherzogthums Posen besteigen nun Einer nach dem Andern die Tribüne, erklären, daß sie an der Einheit Deutschlands ein zu großes Interesse nehmen, theils daß sie sich als Bewohner einer deutschen Provinz ansehen, theils aus anderen Gründen, daß sie alle an der Abstimmung Theil nehmen werden. Mehrere von ihnen gehören zur Rechten und diese wollten es sich nicht nehmen lassen, ihr Schärflein zur Verwerfung des Antrages beizutragen. Endlich erfolgt die namentliche Abstimmung. Viele Mitglieder haben sich vorhin entfernt, darunter der frühere Minister Rodbertus. Mit "Ja" stimmen 53. "Nein" 262. Der Abstimmung enthalten sich und protestiren gegen dieselbe 48 Mitglieder. Der Antrag ist also verworfen. Jetzt kommt die Reihe an das Bloem'sche Amendement. Bloem will vor der Abstimmung sein Amendement dahin ändern, daß dessen letzter Satz: "daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen," wegfallen soll. Die Majorität gesteht ihm das nicht zu und so kommt er in den Fall, gegen sein eigenes Amendement abzustimmen. Bei der namentlichen Abstimmung stimmen 36 mit "Ja", 240 mit "Nein" und 38 enthalten sich der Abstimmung. Das ist das große Resultat einer zweitägigen Debatte. Damit die Arbeiten der Verfassungskommission schnell fortschreiten, wird die nächste Sitzung bis auf Dienstag ausgesetzt. Ueber die bisherige Thätigkeit dieser Kommission machte der Vorsitzende derselben, Abg. Waldeck, einige Mittheilungen. Die Grundzüge der Verfassung seien bereits vorhanden, der Bereich der Arbeit festgesetzt und von den Vorlagen der Petitionskommission Kenntniß genommen. Die Beschlüsse stehen fest, nur die Fassung, die Form fehlt noch. Die Art der Erwerbung des Staatsbürgerrechts, die Gleichheit vor dem Gesetze, das Aufhören der Standesunterschiede und Vorrechte ist ausgesprochen. Die persönliche Freiheit (Habeas-corpus-Akte) ist gesichert, die Wohnung eines jeden Staatsbürgers unverletzlich; die Konfiskation des Vermögens und der sogenannte bürgerliche Tod aufgehoben, die Auswanderung soll nicht beschränkt werden. Gegen den Mißbrauch der Presse wird zunächst ein transitorisches Preßgesetz aufgestellt. Das Associationsrecht soll nicht beschränkt, das Briefgeheimniß auf das Strengste bewahrt, die Beschlagnahme von Papieren u. s. w. nur auf richterlichen Spruch erfolgen. Religionsfreiheit im weitesten Sinne auf der einen, Trennung der Schule von der Kirche auf der andern Seite. Aufhebung der Fideikommisse und Feudallasten. Bestimmungen über die Wehrpflichtigkeit, welche mit dem 20. Lebensjahre beginnt, über die Landwehr, allgemeine Volkswehr u. s. w. Schließlich die allgemeinen politischen Fragen, Ein- und Zweikammersystem und über die Attribute der Kammer und des Königs. Die beiden hiesigen Staatsanwälte Kirchmann und Temme, beide Mitglieder der Vereinbarungsversammlung und zur Opposition gehörig, haben dadurch schon seit einiger Zeit das Mißfallen der Hof-Partei erregt. Jetzt hat es dieselbe durchgesetzt, daß Beide, obgleich kaum in ihren jetzigen Aemtern eingetreten, in die Provinzen, zwar in höhere Stellen, versetzt werden. Man will durch diese Versetzung einen doppelten Zweck erreichen. Erstens sind diese Staatsanwälte als solche der Reaktion nicht dienstbar genug, sie nehmen nicht von jeder Denunciation den nöthigen Gebrauch, lassen also den Anarchisten zu viel Willen. Zweitens müssen sie sich durch eine Beförderung nochmal als Abgeordnete wählen lassen, und da glaubt man, daß sie doch einige Zeit aus der Versammlung entfernt bleiben müssen, am Ende auch nicht wieder gewählt werden könnten. Heute erklärten aber der Abg. Kirchmann in seinem und Temmes Namen, daß, obgleich sie heute Vormittag die Patente ihrer Beförderung erhalten, sie sich noch nicht über die Annahme der Stellen erklären könnten und demnach ihren Sitz in der Versammlung einstweilen noch behalten werden. Heute Morgen 8 Uhr begannen vor dem Kriminalgericht die Verhandlungen über den großen Prozeß wegen Erregung von Aufruhr gegen die Herren Urban, Korn, Löwinson und Siegerist. Es sind über 100 Zeugen zu vernehmen wegen der Vorfälle bei Erstürmung des Zeughauses, worauf die Anklage gestellt ist. Vor Uebermorgen, frühestens morgen ist der Spruch der Richter nicht zu erwarten. Dieser Prozeß erregt die größte Theilnahme und Hunderte von Zuhörer mußten heute zurückgewiesen werden. Professor Rosenkranz aus Königsberg soll zum Kultusminister designirt sein. * Berlin, 11. Juli. Die Zeitungshalle meldet, daß die Abschaffung des Zeitungsstempels "in Aussicht gestellt" sei. 25 Berlin, 11. Juli. Die Rechte vertraut auf ihre Zahl bei der Abstimmung und bekümmert sich nicht darum, ob ihre Redner sich blamiren. Siegesgewiß erwartet sie den Schluß der Debatte mit ungewöhnlicher Ruhe und setzt nur jedem Redner für den Antrag einen aus ihrer Mitte entgegen. Gegen Jacobi, Waldeck, Rees von Esenbeck, Jung, D'Ester sprachen Schneider, Reichensperger, Zachariä, v. Berg. Letztere sprachen nur, um zu sprechen, damit nicht ihr Sieg in der Abstimmung zu sonderbar erscheine. Vorher setzte Hr. Hansemann in einer langen Rede auseinander daß die frühere Finanzwirthschaft recht gut gewesen wäre, daß man die Seehandlung mit der Zeit eingehen lassen würde, daß die jetzigen Steuern noch eine zeitlang fortbestehen müßten, bis der Staat sich in so blühenden Umständen befände, daß er den Ausfall, den die Einführung neuer Steuern nothwendig herbeiführte, ertragen könnte u. s. w. Die Linke war natürlich wenig zufrieden gestellt und blieb sehr kalt, was die Rechte bewog, dem Herrn Finanzminister ihren Beifall desto kräftiger durch ein lange anhaltendes Beifallklatschen zu erkennen zu geben. * Breslau, 10. Juli. Die Anführer der Bürgerwehr sind vom Magistrat befragt worden, ob sie einwilligten, daß man gegen die Widersetzlichkeit der städtischen Arbeiter militärische Hülfe requiriere. Die Führer haben die Entscheidung nicht allein auf sich nehmen wollen, sondern die Sache an die Kompagnien zur Abstimmung verwiesen. Man sieht, daß wir wieder auf dem besten Wege sind zur guten alten Zeit. * Posen, 8. Juli. Der General v. Brünneck hat wieder 2 Bekanntmachungen erlassen. In der einen verbietet er die Bildung neuer politischer Vereine, wenn sie nicht zuvor die Genehmigung der Kommandantur dazu erhalten haben; und in der zweiten antwortet er auf mehrere Gesuche, daß er weder beauftragt sei, die hiesigen politischen Gefangenen an Civilgerichte zu überweisen, noch daß ihm die gänzliche Freilassung derselben aus dem Gefängnisse zustehe. Gera, 5. Juli. Auch in unsern reußischen Landen hat die Thorheit der Behörden eine Aufregung hervorgerufen, die sich hier in unruhigen Vorgängen Luft machte und dann durch den Diensteifer des Kommandirenden der fürstlich reußischen Truppen, des [Deutschland] * Köln, 14. Juli. Die zu Brüssel erscheinende „Nation“ hat die Gewohnheit, die Artikel der „Neuen Rheinischen Zeitung“ de Dato Köln, ziemlich wörtlich in's Französische zu übertragen und sie ihren Lesern als eigene Korrespondenz aus Berlin mitzutheilen. Unter dieser Firma finden wir heute den ersten Artikel der Neuen Rhein. Zeitung vom 12. Juli. Es ist dieß eine eigenthümliche Art von Collegialität. * Düsseldorf, 12. Juli. Von hier ist folgende Adresse an die Berliner Vereinbarungsversammlung abgegangen: Hohe Versammlung! Die Verhaftung der Bürger Gottschalk und Anneke und mehrerer anderer Mitglieder des Arbeitervereines in Köln, des Bürgers Julius Wulff in Düsseldorf, die Haussuchungen bei vielen Comitémitgliedern des Arbeitervereines in Köln und des Volksklubs in Düsseldorf haben gerechte Entrüstung bei allen Denen hervorgerufen, die nicht wollen, daß unsere junge Freiheit wieder durch eine brutale Polizeiwillkühr vernichtet werde. Die persönliche Freiheit und Sicherheit der Bürger besteht nicht mehr, wenn man sie ohne Grund in's Gefängniß wirft, die „unbedingte“ Rede- und Vereinigungsfreiheit ist gefährdet ‒ wir sehen uns in die verhaßten Zeiten vor der Revolution zurückversetzt. Die Unvereinbarkeit der alten gesetzlichen Bestimmungen mit der neuen „zu Recht bestehenden, weil durch die Revolution errungenen“ politischen Freiheit tritt täglich fühlbarer hervor. Die Verurtheilung des Studenten Mohneke in Berlin wegen Majestätsbeleidigung (diese Kategorie des alten Landrechts ist nicht mehr rechtsbeständig), die Verhaftung Fembach's als Verbreiter des „republikanischen Katechismus,“ die neuesten Polizeifeldzüge gegen die Republikaner am Rheine liefern den Beweis dafür. Die Polizei erhebt sich plötzlich wieder als Rachegöttin der büreaukratischen Reaktion, um daran zu erinnern, daß es im Code pénal und im Landrechte noch Bestimmungen gebe, mit denen der von der Reaktion gehaßten Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit das Garaus gemacht werden kann, die der freiheitsbegeisterte Deutsche aber vergaß. In den schönen Traum fuhr die Justiz plötzlich mit ihren Gesetzartikeln, und die über die „Unruhen“ verzweifelten Bürger rufen im Chorus: Nur Ruhe! Ruhe! Nur energisch durchgreifen! ohne zu bedenken, daß sie ihre eigene Freiheit vernichten wollen. Das Dekret über die Assoziations- und Preßfreiheit bestimmte, daß bis zum Erlaß von neuen Gesetzen die bestehenden Kriminalgesetze Norm für „Vergehen“ durch Presse und Rede sein sollten. Mit Recht behaupten wir, die wir an der unbedingten Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit als an den wichtigsten Errungenschaften unserer Revolution, nicht das Geringste schmälern lassen wollen: diese alten gesetzlichen Bestimmungen können nicht mehr in Kraft bestehen bleiben, die neuen Freiheiten können nicht nach ihnen gemessen werden, die faktische Anwendung jener alten Bestimmungen seitens der Behörden beweiset, daß sie allen Willkührlichkeiten freien Spielraum lassen, und daß die alten Strafbestimmungen in ihrer vagen Fassung jegliche Freiheit illusorisch machen können. Der Code pénal kennt nur den Hochverrath und die Aufforderung zur Gewalt durch aufrührerische Reden, die dahin zielen, die Ruhe des Staates durch Bürgerkrieg, durch gesetzwidrigen Gebrauch der bewaffneten Macht, durch öffentliche Verheerung und Plünderung zu stören. Daß der Begriff „Hochverrath“ durch die Revolution gänzlich umgewandelt ist, brauchen wir hier nicht auseinanderzusetzen. Die zweite Kategorie kann aber nach Belieben auf die Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit so angewendet werden, daß der Terrorismus der Justiz immer gerechtfertigt erscheint. Jene alten gesetzlichen Bestimmungen können daher für die neuen politischen Zustände, für die neuen politischen Freiheiten nicht mehr maßgebend sein, ebensowenig wie die der persönlichen Sicherheit der Bürger gefährliche Handhabung der alten Verordnung über Verhaftungen. In Erwägung daher, daß die in neuester Zeit nach dem 19. März vorgenommenen Verhaftungen vorgenommen sind, ohne daß gegen die Angeklagten eine bestimmte Anklage vorlag, In Erwägung, daß Staatsbürger 6 Wochen und länger in Haft gehalten wurden, ohne daß gegen sie eine Anklage erhoben wurde, In Erwägung, daß die alten gesetzlichen Bestimmungen, welche die Justiz jetzt anzuwenden für gut findet, die Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzen und illusorisch machen, Ersuchen wir Eine hohe Versammlung, dieselbe möge schleunigst zum Schutze der persönlichen Freiheit der Bürger eine Habeas-Corpus-Akte erlassen, des Inhalts, daß kein Staatsbürger Anders verhaftet werden darf, als wenn eine bestimmte Anklage gegen ihn vorliegt. Dieselbe möge ferner die Aufhebung aller die Errungenschaften der Revolution, die unbedingte Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzenden alten gesetzlichen Bestimmungen in einem neuen Gesetze, welches jene Errungenschaften sicherstellen soll, ausdrücklich beschließen. Wir fordern eine hohe Versammlung auf, so rasch wie möglich die Beschließung dieser neuen Bestimmungen vorzunehmen und der Rechtsunsicherheit eine Ende zu machen, um so mehr, als es die wichtigsten politischen Rechte der Bürger sind, die da dabei in Frage kommen und welche täglich mehr und mehr verletzt werden. In Erwägung aller dieser Punkte müssen wir schließlich die sofortige Freilassung aller auf Grund der alten Gesetze wegen politischer Vergehen Verhafteten fordern. Düsseldorf, den 10. Juli 1848. Im Namen des Volksklubs: Das Comité. Fr. Schnake. Rockmann. 103 Berlin, 12. Juni. Acht Stunden haben die Vereinbarer heute wieder gesprochen und gelärmt, aber die Abstimmung über den Jacoby'schen Antrag ist noch nicht beendet. Nach Schluß der Debatte erhob sich wieder wie gewöhnlich ein Streit über die Fragestellung, bei denen es an einigen polnischen Reichstagsscenen nicht fehlte. Nachdem sich heute wieder viele Redner sowohl für als gegen den Antrag haben hören lassen, die Redner der Rechten wieder mit ihren gestrigen Gründen von republikanischen Tendenzen, die sie den Unterstützern des Antrags vorwerfen, hervorgetreten, auch ihren Lokalpatriotismus, soviel sie sich auch gegen diese Benennung sträubten, zur Geltung gebracht, stellte der Abg. Bloem, welcher der deutschen Nationalversammlung kein Mißtrauensvotum geben will, folgendes Amendement: „Die hohe Versammlung wolle erklären: daß sie die Befugniß der deutschen Nationalversammlung anerkenne, ohne vorher die Zustimmung der einzelnen deutschen Staaten einzuholen, jenen Beschluß zu fassen, durch welchen ein unverantwortlicher Reichsverweser ernannt wird; daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen.“ Zum Schluß der Debatte erhält der Antragsteller Jacoby das Wort. Er sucht Alles gegen seinen Antrag vorgebrachte zu widerlegen. Er meint, daß im Ganzen mehr Behauptungen als Gründe vorgebracht worden seyen. Die Reden haben sich theils am Formellen gehalten, theils sind sie auch auf die Sache selbst eingegangen. Nach der am 4. Juli abgegebenen Erklärung des Ministeriums konnten wir nicht darüber schweigen, ohne den Schein auf uns zu laden, als ob wir den Ansichten des Ministeriums beistimmen. Man hat die Annahme des Antrags, die Hervorrufung eines Bürgerkrieges genannt, der Antragsteller glaubt aber, daß durch offene Aussprache der Meinungen im Gegentheil Streit und Hader verhütet wird. Diese Versammlung ist sowohl befugt als berechtigt, sich über die Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung auszusprechen und hat sogar darauf zu sehen, daß der provisorische Reichsverweser nicht in einen definitiven Kaiser übergehe. Erst dann, wenn Preußen eine echt deutsche Politik befolgt, dann wird es gewiß den großen Einfluß über Deutschland erlangen, zu dem es geeignet ist und berufen scheint. Es sei demnach eine rein deutsche allgemeine Frage und keine Parteifrage, zu der man sie zu machen sich bemüht. Unsere Minister haben dies wohl gefühlt und haben über diese Angelegenheit geschwiegen. Er hätte aber von ihnen erwartet, daß sie so wie die sächsische Regierung den Beschluß der deutschen Nationalversammlung ohne allen Vorbehalt angenommen und dies den Kammern auch mitgetheilt. Nun erhebt sich aber ein stundenlanger Streit über die Fragestellung. Die gründlichen preußischen Vereinbarer müssen sich zuerst vereinbaren, in welcher Folge das Amendement und der Antrag zur Abstimmung kommen. Alsdann verlangen viele Mitglieder des linken Centrums und der eigentlichen Linken eine Trennung des Antrages, indem sie dem ersten Theil desselben, dem Tadel der deutschen Nationalversammlung nicht beistimmen können, aber wohl dem andern Theil, der Erklärung gegen die preußische Regierung. Das Geschäftsreglement schreibt vor, daß bei der Abstimmung eines Antrags, der verschiedene Gegenstände enthält, auf Theilung angetragen werden kann. Der Präsident legt dies nun so aus, daß die Mehrheit ihre Zustimmung zur Theilung geben müsse. Neuer Lärm. Da kommt ein Mitglied, welches in der Centralkommission für Entwerfung des Geschäftsreglements gearbeitet und belehrt die hohe Versammlung, daß dieser Paragraph von der Kommission so aufgefaßt sei, daß jeder Einzelne auf Theilung der Gegenstände bei der Abstimmung antragen könne, ohne daß dazu die Zustimmung der Majorität nothwendig sei; aber ob ein Antrag einzelne Gegenstände enthalte, darüber habe die Majorität zu bestimmen. Neue Debatte, ob der Jacoby'sche Antrag in Theile zerlegt werden dürfe, ob er mehrere Gegenstände enthalte. Viele Mitglieder erklären nicht abstimmen zu können, wenn die Fragen nicht getrennt werden, man sprach von Tyrannei der Majorität. Diese erwiederte, die Minorität wolle sie tyrannisiren und nach einem furchtbaren Lärm wird die Frage: sind in dem Antrage mehrere Gegenstände vorhanden? verneint. Jetzt will man zur namentlichen Abstimmung übergehen, da tritt von Berg auf und verlangt, daß sich die Abgeordneten aus dem Großherzogthum Posen der Abstimmung enthalten sollen, da es sich um eine rein deutsche und preußische Sache handle. Neue Aufregung. Viele Abgeordnete des Großherzogthums Posen besteigen nun Einer nach dem Andern die Tribüne, erklären, daß sie an der Einheit Deutschlands ein zu großes Interesse nehmen, theils daß sie sich als Bewohner einer deutschen Provinz ansehen, theils aus anderen Gründen, daß sie alle an der Abstimmung Theil nehmen werden. Mehrere von ihnen gehören zur Rechten und diese wollten es sich nicht nehmen lassen, ihr Schärflein zur Verwerfung des Antrages beizutragen. Endlich erfolgt die namentliche Abstimmung. Viele Mitglieder haben sich vorhin entfernt, darunter der frühere Minister Rodbertus. Mit „Ja“ stimmen 53. „Nein“ 262. Der Abstimmung enthalten sich und protestiren gegen dieselbe 48 Mitglieder. Der Antrag ist also verworfen. Jetzt kommt die Reihe an das Bloem'sche Amendement. Bloem will vor der Abstimmung sein Amendement dahin ändern, daß dessen letzter Satz: „daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen,“ wegfallen soll. Die Majorität gesteht ihm das nicht zu und so kommt er in den Fall, gegen sein eigenes Amendement abzustimmen. Bei der namentlichen Abstimmung stimmen 36 mit „Ja“, 240 mit „Nein“ und 38 enthalten sich der Abstimmung. Das ist das große Resultat einer zweitägigen Debatte. Damit die Arbeiten der Verfassungskommission schnell fortschreiten, wird die nächste Sitzung bis auf Dienstag ausgesetzt. Ueber die bisherige Thätigkeit dieser Kommission machte der Vorsitzende derselben, Abg. Waldeck, einige Mittheilungen. Die Grundzüge der Verfassung seien bereits vorhanden, der Bereich der Arbeit festgesetzt und von den Vorlagen der Petitionskommission Kenntniß genommen. Die Beschlüsse stehen fest, nur die Fassung, die Form fehlt noch. Die Art der Erwerbung des Staatsbürgerrechts, die Gleichheit vor dem Gesetze, das Aufhören der Standesunterschiede und Vorrechte ist ausgesprochen. Die persönliche Freiheit (Habeas-corpus-Akte) ist gesichert, die Wohnung eines jeden Staatsbürgers unverletzlich; die Konfiskation des Vermögens und der sogenannte bürgerliche Tod aufgehoben, die Auswanderung soll nicht beschränkt werden. Gegen den Mißbrauch der Presse wird zunächst ein transitorisches Preßgesetz aufgestellt. Das Associationsrecht soll nicht beschränkt, das Briefgeheimniß auf das Strengste bewahrt, die Beschlagnahme von Papieren u. s. w. nur auf richterlichen Spruch erfolgen. Religionsfreiheit im weitesten Sinne auf der einen, Trennung der Schule von der Kirche auf der andern Seite. Aufhebung der Fideikommisse und Feudallasten. Bestimmungen über die Wehrpflichtigkeit, welche mit dem 20. Lebensjahre beginnt, über die Landwehr, allgemeine Volkswehr u. s. w. Schließlich die allgemeinen politischen Fragen, Ein- und Zweikammersystem und über die Attribute der Kammer und des Königs. Die beiden hiesigen Staatsanwälte Kirchmann und Temme, beide Mitglieder der Vereinbarungsversammlung und zur Opposition gehörig, haben dadurch schon seit einiger Zeit das Mißfallen der Hof-Partei erregt. Jetzt hat es dieselbe durchgesetzt, daß Beide, obgleich kaum in ihren jetzigen Aemtern eingetreten, in die Provinzen, zwar in höhere Stellen, versetzt werden. Man will durch diese Versetzung einen doppelten Zweck erreichen. Erstens sind diese Staatsanwälte als solche der Reaktion nicht dienstbar genug, sie nehmen nicht von jeder Denunciation den nöthigen Gebrauch, lassen also den Anarchisten zu viel Willen. Zweitens müssen sie sich durch eine Beförderung nochmal als Abgeordnete wählen lassen, und da glaubt man, daß sie doch einige Zeit aus der Versammlung entfernt bleiben müssen, am Ende auch nicht wieder gewählt werden könnten. Heute erklärten aber der Abg. Kirchmann in seinem und Temmes Namen, daß, obgleich sie heute Vormittag die Patente ihrer Beförderung erhalten, sie sich noch nicht über die Annahme der Stellen erklären könnten und demnach ihren Sitz in der Versammlung einstweilen noch behalten werden. Heute Morgen 8 Uhr begannen vor dem Kriminalgericht die Verhandlungen über den großen Prozeß wegen Erregung von Aufruhr gegen die Herren Urban, Korn, Löwinson und Siegerist. Es sind über 100 Zeugen zu vernehmen wegen der Vorfälle bei Erstürmung des Zeughauses, worauf die Anklage gestellt ist. Vor Uebermorgen, frühestens morgen ist der Spruch der Richter nicht zu erwarten. Dieser Prozeß erregt die größte Theilnahme und Hunderte von Zuhörer mußten heute zurückgewiesen werden. Professor Rosenkranz aus Königsberg soll zum Kultusminister designirt sein. * Berlin, 11. Juli. Die Zeitungshalle meldet, daß die Abschaffung des Zeitungsstempels „in Aussicht gestellt“ sei. 25 Berlin, 11. Juli. Die Rechte vertraut auf ihre Zahl bei der Abstimmung und bekümmert sich nicht darum, ob ihre Redner sich blamiren. Siegesgewiß erwartet sie den Schluß der Debatte mit ungewöhnlicher Ruhe und setzt nur jedem Redner für den Antrag einen aus ihrer Mitte entgegen. Gegen Jacobi, Waldeck, Rees von Esenbeck, Jung, D'Ester sprachen Schneider, Reichensperger, Zachariä, v. Berg. Letztere sprachen nur, um zu sprechen, damit nicht ihr Sieg in der Abstimmung zu sonderbar erscheine. Vorher setzte Hr. Hansemann in einer langen Rede auseinander daß die frühere Finanzwirthschaft recht gut gewesen wäre, daß man die Seehandlung mit der Zeit eingehen lassen würde, daß die jetzigen Steuern noch eine zeitlang fortbestehen müßten, bis der Staat sich in so blühenden Umständen befände, daß er den Ausfall, den die Einführung neuer Steuern nothwendig herbeiführte, ertragen könnte u. s. w. Die Linke war natürlich wenig zufrieden gestellt und blieb sehr kalt, was die Rechte bewog, dem Herrn Finanzminister ihren Beifall desto kräftiger durch ein lange anhaltendes Beifallklatschen zu erkennen zu geben. * Breslau, 10. Juli. Die Anführer der Bürgerwehr sind vom Magistrat befragt worden, ob sie einwilligten, daß man gegen die Widersetzlichkeit der städtischen Arbeiter militärische Hülfe requiriere. Die Führer haben die Entscheidung nicht allein auf sich nehmen wollen, sondern die Sache an die Kompagnien zur Abstimmung verwiesen. Man sieht, daß wir wieder auf dem besten Wege sind zur guten alten Zeit. * Posen, 8. Juli. Der General v. Brünneck hat wieder 2 Bekanntmachungen erlassen. In der einen verbietet er die Bildung neuer politischer Vereine, wenn sie nicht zuvor die Genehmigung der Kommandantur dazu erhalten haben; und in der zweiten antwortet er auf mehrere Gesuche, daß er weder beauftragt sei, die hiesigen politischen Gefangenen an Civilgerichte zu überweisen, noch daß ihm die gänzliche Freilassung derselben aus dem Gefängnisse zustehe. Gera, 5. Juli. Auch in unsern reußischen Landen hat die Thorheit der Behörden eine Aufregung hervorgerufen, die sich hier in unruhigen Vorgängen Luft machte und dann durch den Diensteifer des Kommandirenden der fürstlich reußischen Truppen, des <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="0222"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar045_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 14. 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Die persönliche Freiheit und Sicherheit der Bürger besteht nicht mehr, wenn man sie <hi rendition="#g">ohne Grund</hi> in's Gefängniß wirft, die „unbedingte“ Rede- und Vereinigungsfreiheit ist gefährdet ‒ wir sehen uns in die verhaßten Zeiten vor der Revolution zurückversetzt.</p> <p>Die Unvereinbarkeit der <hi rendition="#g">alten gesetzlichen Bestimmungen</hi> mit der neuen „zu <hi rendition="#g">Recht bestehenden,</hi> weil durch die Revolution errungenen“ politischen Freiheit tritt täglich fühlbarer hervor. Die Verurtheilung des Studenten Mohneke in Berlin wegen Majestätsbeleidigung (diese Kategorie des alten Landrechts ist nicht mehr rechtsbeständig), die Verhaftung Fembach's als Verbreiter des „republikanischen Katechismus,“ die neuesten Polizeifeldzüge gegen die Republikaner am Rheine liefern den Beweis dafür. Die Polizei erhebt sich plötzlich wieder als Rachegöttin der büreaukratischen Reaktion, um daran zu erinnern, daß es im Code pénal und im Landrechte noch Bestimmungen gebe, mit denen der von der Reaktion gehaßten Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit das Garaus gemacht werden kann, die der freiheitsbegeisterte Deutsche aber vergaß. In den schönen Traum fuhr die Justiz plötzlich mit ihren Gesetzartikeln, und die über die „Unruhen“ verzweifelten Bürger rufen im Chorus: Nur Ruhe! Ruhe! Nur energisch durchgreifen! ohne zu bedenken, daß sie ihre <hi rendition="#g">eigene</hi> Freiheit vernichten wollen.</p> <p>Das Dekret über die Assoziations- und Preßfreiheit bestimmte, daß bis zum Erlaß von neuen Gesetzen die bestehenden Kriminalgesetze Norm für „Vergehen“ durch Presse und Rede sein sollten. Mit Recht behaupten <hi rendition="#g">wir,</hi> die wir an der <hi rendition="#g">unbedingten</hi> Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit als an den wichtigsten Errungenschaften unserer Revolution, nicht das Geringste schmälern lassen wollen: diese alten gesetzlichen Bestimmungen können nicht mehr in Kraft bestehen bleiben, die <hi rendition="#g">neuen</hi> Freiheiten können nicht nach ihnen gemessen werden, die faktische Anwendung jener alten Bestimmungen seitens der Behörden beweiset, daß sie allen <hi rendition="#g">Willkührlichkeiten</hi> freien Spielraum lassen, und daß die alten Strafbestimmungen in ihrer vagen Fassung jegliche Freiheit illusorisch machen können. Der Code pénal kennt nur den <hi rendition="#g">Hochverrath</hi> und die Aufforderung zur Gewalt durch aufrührerische Reden, die dahin zielen, die Ruhe des Staates durch Bürgerkrieg, durch gesetzwidrigen Gebrauch der bewaffneten Macht, durch öffentliche Verheerung und Plünderung zu stören. Daß der Begriff „Hochverrath“ durch die Revolution gänzlich umgewandelt ist, brauchen wir hier nicht auseinanderzusetzen. Die zweite Kategorie kann aber nach Belieben auf die Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit <hi rendition="#g">so</hi> angewendet werden, daß der Terrorismus der Justiz immer gerechtfertigt erscheint. Jene alten gesetzlichen Bestimmungen können daher für die <hi rendition="#g">neuen</hi> politischen Zustände, für die neuen politischen Freiheiten nicht mehr maßgebend sein, ebensowenig wie die der persönlichen Sicherheit der Bürger gefährliche Handhabung der alten Verordnung über <hi rendition="#g">Verhaftungen.</hi></p> <p>In Erwägung daher, daß die in neuester Zeit nach dem 19. März vorgenommenen Verhaftungen vorgenommen sind, ohne daß gegen die Angeklagten eine <hi rendition="#g">bestimmte</hi> Anklage vorlag,</p> <p>In Erwägung, daß Staatsbürger 6 Wochen und länger in Haft gehalten wurden, ohne daß gegen sie eine Anklage erhoben wurde,</p> <p>In Erwägung, daß die alten gesetzlichen Bestimmungen, welche die Justiz jetzt anzuwenden für gut findet, die Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzen und illusorisch machen,</p> <p>Ersuchen wir Eine hohe Versammlung, dieselbe möge schleunigst zum Schutze der persönlichen Freiheit der Bürger eine <hi rendition="#g">Habeas-Corpus-Akte</hi> erlassen, des Inhalts, daß kein Staatsbürger Anders verhaftet werden darf, als wenn eine <hi rendition="#g">bestimmte</hi> Anklage gegen ihn vorliegt.</p> <p>Dieselbe möge ferner die Aufhebung aller die Errungenschaften der Revolution, die unbedingte Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzenden alten gesetzlichen Bestimmungen in einem neuen Gesetze, welches jene Errungenschaften sicherstellen soll, ausdrücklich beschließen.</p> <p>Wir fordern eine hohe Versammlung auf, so rasch wie möglich die Beschließung dieser neuen Bestimmungen vorzunehmen und der <hi rendition="#g">Rechtsunsicherheit</hi> eine Ende zu machen, um so mehr, als es die wichtigsten politischen Rechte der Bürger sind, die da dabei in Frage kommen und welche täglich mehr und mehr verletzt werden.</p> <p>In Erwägung aller dieser Punkte müssen wir schließlich die sofortige Freilassung aller auf Grund der alten Gesetze wegen politischer Vergehen Verhafteten fordern.</p> <p>Düsseldorf, den 10. Juli 1848.</p> <p>Im Namen des Volksklubs:</p> <p>Das Comité.</p> <p> <hi rendition="#g">Fr. Schnake. Rockmann.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar045_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 12. Juni.</head> <p>Acht Stunden haben die Vereinbarer heute wieder gesprochen und gelärmt, aber die Abstimmung über den Jacoby'schen Antrag ist noch nicht beendet. Nach Schluß der Debatte erhob sich wieder wie gewöhnlich ein Streit über die Fragestellung, bei denen es an einigen polnischen Reichstagsscenen nicht fehlte.</p> <p>Nachdem sich heute wieder viele Redner sowohl für als gegen den Antrag haben hören lassen, die Redner der Rechten wieder mit ihren gestrigen Gründen von republikanischen Tendenzen, die sie den Unterstützern des Antrags vorwerfen, hervorgetreten, auch ihren Lokalpatriotismus, soviel sie sich auch gegen diese Benennung sträubten, zur Geltung gebracht, stellte der Abg. Bloem, welcher der deutschen Nationalversammlung kein Mißtrauensvotum geben will, folgendes Amendement: „Die hohe Versammlung wolle erklären: daß sie die Befugniß der deutschen Nationalversammlung anerkenne, ohne vorher die Zustimmung der einzelnen deutschen Staaten einzuholen, jenen Beschluß zu fassen, durch welchen ein unverantwortlicher Reichsverweser ernannt wird; daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen.“</p> <p>Zum Schluß der Debatte erhält der Antragsteller <hi rendition="#g">Jacoby</hi> das Wort. Er sucht Alles gegen seinen Antrag vorgebrachte zu widerlegen. Er meint, daß im Ganzen mehr Behauptungen als Gründe vorgebracht worden seyen. Die Reden haben sich theils am Formellen gehalten, theils sind sie auch auf die Sache selbst eingegangen. Nach der am 4. Juli abgegebenen Erklärung des Ministeriums konnten wir nicht darüber schweigen, ohne den Schein auf uns zu laden, als ob wir den Ansichten des Ministeriums beistimmen. Man hat die Annahme des Antrags, die Hervorrufung eines Bürgerkrieges genannt, der Antragsteller glaubt aber, daß durch offene Aussprache der Meinungen im Gegentheil Streit und Hader verhütet wird. Diese Versammlung ist sowohl befugt als berechtigt, sich über die Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung auszusprechen und hat sogar darauf zu sehen, daß der provisorische Reichsverweser nicht in einen definitiven Kaiser übergehe. Erst dann, wenn Preußen eine echt deutsche Politik befolgt, dann wird es gewiß den großen Einfluß über Deutschland erlangen, zu dem es geeignet ist und berufen scheint. Es sei demnach eine rein deutsche allgemeine Frage und keine Parteifrage, zu der man sie zu machen sich bemüht. Unsere Minister haben dies wohl gefühlt und haben über diese Angelegenheit geschwiegen. Er hätte aber von ihnen erwartet, daß sie so wie die sächsische Regierung den Beschluß der deutschen Nationalversammlung ohne allen Vorbehalt angenommen und dies den Kammern auch mitgetheilt.</p> <p>Nun erhebt sich aber ein stundenlanger Streit über die Fragestellung. Die gründlichen preußischen Vereinbarer müssen sich zuerst vereinbaren, in welcher Folge das Amendement und der Antrag zur Abstimmung kommen. Alsdann verlangen viele Mitglieder des linken Centrums und der eigentlichen Linken eine Trennung des Antrages, indem sie dem ersten Theil desselben, dem Tadel der deutschen Nationalversammlung nicht beistimmen können, aber wohl dem andern Theil, der Erklärung gegen die preußische Regierung. Das Geschäftsreglement schreibt vor, daß bei der Abstimmung eines Antrags, der verschiedene Gegenstände enthält, auf Theilung angetragen werden kann. Der Präsident legt dies nun so aus, daß die Mehrheit ihre Zustimmung zur Theilung geben müsse. Neuer Lärm. Da kommt ein Mitglied, welches in der Centralkommission für Entwerfung des Geschäftsreglements gearbeitet und belehrt die hohe Versammlung, daß dieser Paragraph von der Kommission so aufgefaßt sei, daß jeder Einzelne auf Theilung der Gegenstände bei der Abstimmung antragen könne, ohne daß dazu die Zustimmung der Majorität nothwendig sei; aber ob ein Antrag einzelne Gegenstände enthalte, darüber habe die Majorität zu bestimmen. Neue Debatte, ob der Jacoby'sche Antrag in Theile zerlegt werden dürfe, ob er mehrere Gegenstände enthalte. Viele Mitglieder erklären nicht abstimmen zu können, wenn die Fragen nicht getrennt werden, man sprach von Tyrannei der Majorität. Diese erwiederte, die Minorität wolle sie tyrannisiren und nach einem furchtbaren Lärm wird die Frage: sind in dem Antrage mehrere Gegenstände vorhanden? verneint.</p> <p>Jetzt will man zur namentlichen Abstimmung übergehen, da tritt <hi rendition="#g">von Berg</hi> auf und verlangt, daß sich die Abgeordneten aus dem Großherzogthum Posen der Abstimmung enthalten sollen, da es sich um eine rein deutsche und preußische Sache handle. Neue Aufregung. Viele Abgeordnete des Großherzogthums Posen besteigen nun Einer nach dem Andern die Tribüne, erklären, daß sie an der Einheit Deutschlands ein zu großes Interesse nehmen, theils daß sie sich als Bewohner einer deutschen Provinz ansehen, theils aus anderen Gründen, daß sie alle an der Abstimmung Theil nehmen werden. Mehrere von ihnen gehören zur Rechten und diese wollten es sich nicht nehmen lassen, ihr Schärflein zur Verwerfung des Antrages beizutragen.</p> <p>Endlich erfolgt die namentliche Abstimmung. Viele Mitglieder haben sich vorhin entfernt, darunter der frühere Minister <hi rendition="#g">Rodbertus.</hi> Mit „Ja“ stimmen 53. „Nein“ 262. Der Abstimmung enthalten sich und protestiren gegen dieselbe 48 Mitglieder. Der Antrag ist also verworfen. Jetzt kommt die Reihe an das Bloem'sche Amendement. <hi rendition="#g">Bloem</hi> will vor der Abstimmung sein Amendement dahin ändern, daß dessen letzter Satz: „daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen,“ wegfallen soll. Die Majorität gesteht ihm das nicht zu und so kommt er in den Fall, gegen sein eigenes Amendement abzustimmen. Bei der namentlichen Abstimmung stimmen 36 mit „<hi rendition="#g">Ja</hi>“, 240 mit „<hi rendition="#g">Nein</hi>“ und 38 enthalten sich der Abstimmung.</p> <p>Das ist das große Resultat einer zweitägigen Debatte.</p> <p>Damit die Arbeiten der Verfassungskommission schnell fortschreiten, wird die nächste Sitzung bis auf Dienstag ausgesetzt. Ueber die bisherige Thätigkeit dieser Kommission machte der Vorsitzende derselben, Abg. <hi rendition="#g">Waldeck,</hi> einige Mittheilungen. Die Grundzüge der Verfassung seien bereits vorhanden, der Bereich der Arbeit festgesetzt und von den Vorlagen der Petitionskommission Kenntniß genommen. Die Beschlüsse stehen fest, nur die Fassung, die Form fehlt noch. Die Art der Erwerbung des Staatsbürgerrechts, die Gleichheit vor dem Gesetze, das Aufhören der Standesunterschiede und Vorrechte ist ausgesprochen. Die persönliche Freiheit (Habeas-corpus-Akte) ist gesichert, die Wohnung eines jeden Staatsbürgers unverletzlich; die Konfiskation des Vermögens und der sogenannte bürgerliche Tod aufgehoben, die Auswanderung soll nicht beschränkt werden. Gegen den Mißbrauch der Presse wird zunächst ein transitorisches Preßgesetz aufgestellt. Das Associationsrecht soll nicht beschränkt, das Briefgeheimniß auf das Strengste bewahrt, die Beschlagnahme von Papieren u. s. w. nur auf richterlichen Spruch erfolgen. Religionsfreiheit im weitesten Sinne auf der einen, Trennung der Schule von der Kirche auf der andern Seite. Aufhebung der Fideikommisse und Feudallasten. Bestimmungen über die Wehrpflichtigkeit, welche mit dem 20. Lebensjahre beginnt, über die Landwehr, allgemeine Volkswehr u. s. w. Schließlich die allgemeinen politischen Fragen, Ein- und Zweikammersystem und über die Attribute der Kammer und des Königs.</p> <p>Die beiden hiesigen Staatsanwälte <hi rendition="#g">Kirchmann</hi> und <hi rendition="#g">Temme,</hi> beide Mitglieder der Vereinbarungsversammlung und zur Opposition gehörig, haben dadurch schon seit einiger Zeit das Mißfallen der Hof-Partei erregt. Jetzt hat es dieselbe durchgesetzt, daß Beide, obgleich kaum in ihren jetzigen Aemtern eingetreten, in die Provinzen, zwar in höhere Stellen, versetzt werden. Man will durch diese Versetzung einen doppelten Zweck erreichen. Erstens sind diese Staatsanwälte als solche der Reaktion nicht dienstbar genug, sie nehmen nicht von jeder Denunciation den nöthigen Gebrauch, lassen also den Anarchisten zu viel Willen. Zweitens müssen sie sich durch eine Beförderung nochmal als Abgeordnete wählen lassen, und da glaubt man, daß sie doch einige Zeit aus der Versammlung entfernt bleiben müssen, am Ende auch nicht wieder gewählt werden könnten. Heute erklärten aber der Abg. Kirchmann in seinem und Temmes Namen, daß, obgleich sie heute Vormittag die Patente ihrer Beförderung erhalten, sie sich noch nicht über die Annahme der Stellen erklären könnten und demnach ihren Sitz in der Versammlung einstweilen noch behalten werden.</p> <p>Heute Morgen 8 Uhr begannen vor dem Kriminalgericht die Verhandlungen über den großen Prozeß <hi rendition="#g">wegen Erregung von Aufruhr</hi> gegen die Herren <hi rendition="#g">Urban, Korn, Löwinson</hi> und <hi rendition="#g">Siegerist.</hi> Es sind über 100 Zeugen zu vernehmen wegen der Vorfälle bei Erstürmung des Zeughauses, worauf die Anklage gestellt ist. Vor Uebermorgen, frühestens morgen ist der Spruch der Richter nicht zu erwarten. Dieser Prozeß erregt die größte Theilnahme und Hunderte von Zuhörer mußten heute zurückgewiesen werden. Professor Rosenkranz aus Königsberg soll zum Kultusminister designirt sein.</p> </div> <div xml:id="ar045_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 11. Juli.</head> <p>Die Zeitungshalle meldet, daß die Abschaffung des Zeitungsstempels „in Aussicht gestellt“ sei.</p> </div> <div xml:id="ar045_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>25</author></bibl> Berlin, 11. Juli.</head> <p>Die Rechte vertraut auf ihre Zahl bei der Abstimmung und bekümmert sich nicht darum, ob ihre Redner sich blamiren. Siegesgewiß erwartet sie den Schluß der Debatte mit ungewöhnlicher Ruhe und setzt nur jedem Redner für den Antrag einen aus ihrer Mitte entgegen.</p> <p>Gegen Jacobi, Waldeck, Rees von Esenbeck, Jung, D'Ester sprachen Schneider, Reichensperger, Zachariä, v. Berg. Letztere sprachen nur, um zu sprechen, damit nicht ihr Sieg in der Abstimmung zu sonderbar erscheine.</p> <p>Vorher setzte Hr. Hansemann in einer langen Rede auseinander daß die frühere Finanzwirthschaft recht gut gewesen wäre, daß man die Seehandlung mit der Zeit eingehen lassen würde, daß die jetzigen Steuern noch eine zeitlang fortbestehen müßten, bis der Staat sich in so blühenden Umständen befände, daß er den Ausfall, den die Einführung neuer Steuern nothwendig herbeiführte, ertragen könnte u. s. w. Die Linke war natürlich wenig zufrieden gestellt und blieb sehr kalt, was die Rechte bewog, dem Herrn Finanzminister ihren Beifall desto kräftiger durch ein lange anhaltendes Beifallklatschen zu erkennen zu geben.</p> </div> <div xml:id="ar045_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 10. Juli.</head> <p>Die Anführer der Bürgerwehr sind vom Magistrat befragt worden, ob sie einwilligten, daß man gegen die Widersetzlichkeit der städtischen Arbeiter militärische Hülfe requiriere. Die Führer haben die Entscheidung nicht allein auf sich nehmen wollen, sondern die Sache an die Kompagnien zur Abstimmung verwiesen. Man sieht, daß wir wieder auf dem besten Wege sind zur guten alten Zeit.</p> </div> <div xml:id="ar045_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Posen, 8. Juli.</head> <p>Der General v. Brünneck hat wieder 2 Bekanntmachungen erlassen. In der einen verbietet er die Bildung neuer politischer Vereine, wenn sie nicht zuvor die Genehmigung der Kommandantur dazu erhalten haben; und in der zweiten antwortet er auf mehrere Gesuche, daß er weder beauftragt sei, die hiesigen politischen Gefangenen an Civilgerichte zu überweisen, noch daß ihm die gänzliche Freilassung derselben aus dem Gefängnisse zustehe.</p> </div> <div xml:id="ar045_013" type="jArticle"> <head>Gera, 5. Juli.</head> <p>Auch in unsern reußischen Landen hat die Thorheit der Behörden eine Aufregung hervorgerufen, die sich hier in unruhigen Vorgängen Luft machte und dann durch den Diensteifer des Kommandirenden der fürstlich reußischen Truppen, des </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0222/0002]
[Deutschland] * Köln, 14. Juli. Die zu Brüssel erscheinende „Nation“ hat die Gewohnheit, die Artikel der „Neuen Rheinischen Zeitung“ de Dato Köln, ziemlich wörtlich in's Französische zu übertragen und sie ihren Lesern als eigene Korrespondenz aus Berlin mitzutheilen. Unter dieser Firma finden wir heute den ersten Artikel der Neuen Rhein. Zeitung vom 12. Juli. Es ist dieß eine eigenthümliche Art von Collegialität.
* Düsseldorf, 12. Juli. Von hier ist folgende Adresse an die Berliner Vereinbarungsversammlung abgegangen:
Hohe Versammlung!
Die Verhaftung der Bürger Gottschalk und Anneke und mehrerer anderer Mitglieder des Arbeitervereines in Köln, des Bürgers Julius Wulff in Düsseldorf, die Haussuchungen bei vielen Comitémitgliedern des Arbeitervereines in Köln und des Volksklubs in Düsseldorf haben gerechte Entrüstung bei allen Denen hervorgerufen, die nicht wollen, daß unsere junge Freiheit wieder durch eine brutale Polizeiwillkühr vernichtet werde. Die persönliche Freiheit und Sicherheit der Bürger besteht nicht mehr, wenn man sie ohne Grund in's Gefängniß wirft, die „unbedingte“ Rede- und Vereinigungsfreiheit ist gefährdet ‒ wir sehen uns in die verhaßten Zeiten vor der Revolution zurückversetzt.
Die Unvereinbarkeit der alten gesetzlichen Bestimmungen mit der neuen „zu Recht bestehenden, weil durch die Revolution errungenen“ politischen Freiheit tritt täglich fühlbarer hervor. Die Verurtheilung des Studenten Mohneke in Berlin wegen Majestätsbeleidigung (diese Kategorie des alten Landrechts ist nicht mehr rechtsbeständig), die Verhaftung Fembach's als Verbreiter des „republikanischen Katechismus,“ die neuesten Polizeifeldzüge gegen die Republikaner am Rheine liefern den Beweis dafür. Die Polizei erhebt sich plötzlich wieder als Rachegöttin der büreaukratischen Reaktion, um daran zu erinnern, daß es im Code pénal und im Landrechte noch Bestimmungen gebe, mit denen der von der Reaktion gehaßten Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit das Garaus gemacht werden kann, die der freiheitsbegeisterte Deutsche aber vergaß. In den schönen Traum fuhr die Justiz plötzlich mit ihren Gesetzartikeln, und die über die „Unruhen“ verzweifelten Bürger rufen im Chorus: Nur Ruhe! Ruhe! Nur energisch durchgreifen! ohne zu bedenken, daß sie ihre eigene Freiheit vernichten wollen.
Das Dekret über die Assoziations- und Preßfreiheit bestimmte, daß bis zum Erlaß von neuen Gesetzen die bestehenden Kriminalgesetze Norm für „Vergehen“ durch Presse und Rede sein sollten. Mit Recht behaupten wir, die wir an der unbedingten Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit als an den wichtigsten Errungenschaften unserer Revolution, nicht das Geringste schmälern lassen wollen: diese alten gesetzlichen Bestimmungen können nicht mehr in Kraft bestehen bleiben, die neuen Freiheiten können nicht nach ihnen gemessen werden, die faktische Anwendung jener alten Bestimmungen seitens der Behörden beweiset, daß sie allen Willkührlichkeiten freien Spielraum lassen, und daß die alten Strafbestimmungen in ihrer vagen Fassung jegliche Freiheit illusorisch machen können. Der Code pénal kennt nur den Hochverrath und die Aufforderung zur Gewalt durch aufrührerische Reden, die dahin zielen, die Ruhe des Staates durch Bürgerkrieg, durch gesetzwidrigen Gebrauch der bewaffneten Macht, durch öffentliche Verheerung und Plünderung zu stören. Daß der Begriff „Hochverrath“ durch die Revolution gänzlich umgewandelt ist, brauchen wir hier nicht auseinanderzusetzen. Die zweite Kategorie kann aber nach Belieben auf die Rede- Preß- und Versammlungsfreiheit so angewendet werden, daß der Terrorismus der Justiz immer gerechtfertigt erscheint. Jene alten gesetzlichen Bestimmungen können daher für die neuen politischen Zustände, für die neuen politischen Freiheiten nicht mehr maßgebend sein, ebensowenig wie die der persönlichen Sicherheit der Bürger gefährliche Handhabung der alten Verordnung über Verhaftungen.
In Erwägung daher, daß die in neuester Zeit nach dem 19. März vorgenommenen Verhaftungen vorgenommen sind, ohne daß gegen die Angeklagten eine bestimmte Anklage vorlag,
In Erwägung, daß Staatsbürger 6 Wochen und länger in Haft gehalten wurden, ohne daß gegen sie eine Anklage erhoben wurde,
In Erwägung, daß die alten gesetzlichen Bestimmungen, welche die Justiz jetzt anzuwenden für gut findet, die Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzen und illusorisch machen,
Ersuchen wir Eine hohe Versammlung, dieselbe möge schleunigst zum Schutze der persönlichen Freiheit der Bürger eine Habeas-Corpus-Akte erlassen, des Inhalts, daß kein Staatsbürger Anders verhaftet werden darf, als wenn eine bestimmte Anklage gegen ihn vorliegt.
Dieselbe möge ferner die Aufhebung aller die Errungenschaften der Revolution, die unbedingte Rede- Preß- und Assoziationsfreiheit verletzenden alten gesetzlichen Bestimmungen in einem neuen Gesetze, welches jene Errungenschaften sicherstellen soll, ausdrücklich beschließen.
Wir fordern eine hohe Versammlung auf, so rasch wie möglich die Beschließung dieser neuen Bestimmungen vorzunehmen und der Rechtsunsicherheit eine Ende zu machen, um so mehr, als es die wichtigsten politischen Rechte der Bürger sind, die da dabei in Frage kommen und welche täglich mehr und mehr verletzt werden.
In Erwägung aller dieser Punkte müssen wir schließlich die sofortige Freilassung aller auf Grund der alten Gesetze wegen politischer Vergehen Verhafteten fordern.
Düsseldorf, den 10. Juli 1848.
Im Namen des Volksklubs:
Das Comité.
Fr. Schnake. Rockmann.
103 Berlin, 12. Juni. Acht Stunden haben die Vereinbarer heute wieder gesprochen und gelärmt, aber die Abstimmung über den Jacoby'schen Antrag ist noch nicht beendet. Nach Schluß der Debatte erhob sich wieder wie gewöhnlich ein Streit über die Fragestellung, bei denen es an einigen polnischen Reichstagsscenen nicht fehlte.
Nachdem sich heute wieder viele Redner sowohl für als gegen den Antrag haben hören lassen, die Redner der Rechten wieder mit ihren gestrigen Gründen von republikanischen Tendenzen, die sie den Unterstützern des Antrags vorwerfen, hervorgetreten, auch ihren Lokalpatriotismus, soviel sie sich auch gegen diese Benennung sträubten, zur Geltung gebracht, stellte der Abg. Bloem, welcher der deutschen Nationalversammlung kein Mißtrauensvotum geben will, folgendes Amendement: „Die hohe Versammlung wolle erklären: daß sie die Befugniß der deutschen Nationalversammlung anerkenne, ohne vorher die Zustimmung der einzelnen deutschen Staaten einzuholen, jenen Beschluß zu fassen, durch welchen ein unverantwortlicher Reichsverweser ernannt wird; daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen.“
Zum Schluß der Debatte erhält der Antragsteller Jacoby das Wort. Er sucht Alles gegen seinen Antrag vorgebrachte zu widerlegen. Er meint, daß im Ganzen mehr Behauptungen als Gründe vorgebracht worden seyen. Die Reden haben sich theils am Formellen gehalten, theils sind sie auch auf die Sache selbst eingegangen. Nach der am 4. Juli abgegebenen Erklärung des Ministeriums konnten wir nicht darüber schweigen, ohne den Schein auf uns zu laden, als ob wir den Ansichten des Ministeriums beistimmen. Man hat die Annahme des Antrags, die Hervorrufung eines Bürgerkrieges genannt, der Antragsteller glaubt aber, daß durch offene Aussprache der Meinungen im Gegentheil Streit und Hader verhütet wird. Diese Versammlung ist sowohl befugt als berechtigt, sich über die Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung auszusprechen und hat sogar darauf zu sehen, daß der provisorische Reichsverweser nicht in einen definitiven Kaiser übergehe. Erst dann, wenn Preußen eine echt deutsche Politik befolgt, dann wird es gewiß den großen Einfluß über Deutschland erlangen, zu dem es geeignet ist und berufen scheint. Es sei demnach eine rein deutsche allgemeine Frage und keine Parteifrage, zu der man sie zu machen sich bemüht. Unsere Minister haben dies wohl gefühlt und haben über diese Angelegenheit geschwiegen. Er hätte aber von ihnen erwartet, daß sie so wie die sächsische Regierung den Beschluß der deutschen Nationalversammlung ohne allen Vorbehalt angenommen und dies den Kammern auch mitgetheilt.
Nun erhebt sich aber ein stundenlanger Streit über die Fragestellung. Die gründlichen preußischen Vereinbarer müssen sich zuerst vereinbaren, in welcher Folge das Amendement und der Antrag zur Abstimmung kommen. Alsdann verlangen viele Mitglieder des linken Centrums und der eigentlichen Linken eine Trennung des Antrages, indem sie dem ersten Theil desselben, dem Tadel der deutschen Nationalversammlung nicht beistimmen können, aber wohl dem andern Theil, der Erklärung gegen die preußische Regierung. Das Geschäftsreglement schreibt vor, daß bei der Abstimmung eines Antrags, der verschiedene Gegenstände enthält, auf Theilung angetragen werden kann. Der Präsident legt dies nun so aus, daß die Mehrheit ihre Zustimmung zur Theilung geben müsse. Neuer Lärm. Da kommt ein Mitglied, welches in der Centralkommission für Entwerfung des Geschäftsreglements gearbeitet und belehrt die hohe Versammlung, daß dieser Paragraph von der Kommission so aufgefaßt sei, daß jeder Einzelne auf Theilung der Gegenstände bei der Abstimmung antragen könne, ohne daß dazu die Zustimmung der Majorität nothwendig sei; aber ob ein Antrag einzelne Gegenstände enthalte, darüber habe die Majorität zu bestimmen. Neue Debatte, ob der Jacoby'sche Antrag in Theile zerlegt werden dürfe, ob er mehrere Gegenstände enthalte. Viele Mitglieder erklären nicht abstimmen zu können, wenn die Fragen nicht getrennt werden, man sprach von Tyrannei der Majorität. Diese erwiederte, die Minorität wolle sie tyrannisiren und nach einem furchtbaren Lärm wird die Frage: sind in dem Antrage mehrere Gegenstände vorhanden? verneint.
Jetzt will man zur namentlichen Abstimmung übergehen, da tritt von Berg auf und verlangt, daß sich die Abgeordneten aus dem Großherzogthum Posen der Abstimmung enthalten sollen, da es sich um eine rein deutsche und preußische Sache handle. Neue Aufregung. Viele Abgeordnete des Großherzogthums Posen besteigen nun Einer nach dem Andern die Tribüne, erklären, daß sie an der Einheit Deutschlands ein zu großes Interesse nehmen, theils daß sie sich als Bewohner einer deutschen Provinz ansehen, theils aus anderen Gründen, daß sie alle an der Abstimmung Theil nehmen werden. Mehrere von ihnen gehören zur Rechten und diese wollten es sich nicht nehmen lassen, ihr Schärflein zur Verwerfung des Antrages beizutragen.
Endlich erfolgt die namentliche Abstimmung. Viele Mitglieder haben sich vorhin entfernt, darunter der frühere Minister Rodbertus. Mit „Ja“ stimmen 53. „Nein“ 262. Der Abstimmung enthalten sich und protestiren gegen dieselbe 48 Mitglieder. Der Antrag ist also verworfen. Jetzt kommt die Reihe an das Bloem'sche Amendement. Bloem will vor der Abstimmung sein Amendement dahin ändern, daß dessen letzter Satz: „daß sie aber glaube, einer jeden Kritik jenes Beschlusses sich enthalten zu müssen,“ wegfallen soll. Die Majorität gesteht ihm das nicht zu und so kommt er in den Fall, gegen sein eigenes Amendement abzustimmen. Bei der namentlichen Abstimmung stimmen 36 mit „Ja“, 240 mit „Nein“ und 38 enthalten sich der Abstimmung.
Das ist das große Resultat einer zweitägigen Debatte.
Damit die Arbeiten der Verfassungskommission schnell fortschreiten, wird die nächste Sitzung bis auf Dienstag ausgesetzt. Ueber die bisherige Thätigkeit dieser Kommission machte der Vorsitzende derselben, Abg. Waldeck, einige Mittheilungen. Die Grundzüge der Verfassung seien bereits vorhanden, der Bereich der Arbeit festgesetzt und von den Vorlagen der Petitionskommission Kenntniß genommen. Die Beschlüsse stehen fest, nur die Fassung, die Form fehlt noch. Die Art der Erwerbung des Staatsbürgerrechts, die Gleichheit vor dem Gesetze, das Aufhören der Standesunterschiede und Vorrechte ist ausgesprochen. Die persönliche Freiheit (Habeas-corpus-Akte) ist gesichert, die Wohnung eines jeden Staatsbürgers unverletzlich; die Konfiskation des Vermögens und der sogenannte bürgerliche Tod aufgehoben, die Auswanderung soll nicht beschränkt werden. Gegen den Mißbrauch der Presse wird zunächst ein transitorisches Preßgesetz aufgestellt. Das Associationsrecht soll nicht beschränkt, das Briefgeheimniß auf das Strengste bewahrt, die Beschlagnahme von Papieren u. s. w. nur auf richterlichen Spruch erfolgen. Religionsfreiheit im weitesten Sinne auf der einen, Trennung der Schule von der Kirche auf der andern Seite. Aufhebung der Fideikommisse und Feudallasten. Bestimmungen über die Wehrpflichtigkeit, welche mit dem 20. Lebensjahre beginnt, über die Landwehr, allgemeine Volkswehr u. s. w. Schließlich die allgemeinen politischen Fragen, Ein- und Zweikammersystem und über die Attribute der Kammer und des Königs.
Die beiden hiesigen Staatsanwälte Kirchmann und Temme, beide Mitglieder der Vereinbarungsversammlung und zur Opposition gehörig, haben dadurch schon seit einiger Zeit das Mißfallen der Hof-Partei erregt. Jetzt hat es dieselbe durchgesetzt, daß Beide, obgleich kaum in ihren jetzigen Aemtern eingetreten, in die Provinzen, zwar in höhere Stellen, versetzt werden. Man will durch diese Versetzung einen doppelten Zweck erreichen. Erstens sind diese Staatsanwälte als solche der Reaktion nicht dienstbar genug, sie nehmen nicht von jeder Denunciation den nöthigen Gebrauch, lassen also den Anarchisten zu viel Willen. Zweitens müssen sie sich durch eine Beförderung nochmal als Abgeordnete wählen lassen, und da glaubt man, daß sie doch einige Zeit aus der Versammlung entfernt bleiben müssen, am Ende auch nicht wieder gewählt werden könnten. Heute erklärten aber der Abg. Kirchmann in seinem und Temmes Namen, daß, obgleich sie heute Vormittag die Patente ihrer Beförderung erhalten, sie sich noch nicht über die Annahme der Stellen erklären könnten und demnach ihren Sitz in der Versammlung einstweilen noch behalten werden.
Heute Morgen 8 Uhr begannen vor dem Kriminalgericht die Verhandlungen über den großen Prozeß wegen Erregung von Aufruhr gegen die Herren Urban, Korn, Löwinson und Siegerist. Es sind über 100 Zeugen zu vernehmen wegen der Vorfälle bei Erstürmung des Zeughauses, worauf die Anklage gestellt ist. Vor Uebermorgen, frühestens morgen ist der Spruch der Richter nicht zu erwarten. Dieser Prozeß erregt die größte Theilnahme und Hunderte von Zuhörer mußten heute zurückgewiesen werden. Professor Rosenkranz aus Königsberg soll zum Kultusminister designirt sein.
* Berlin, 11. Juli. Die Zeitungshalle meldet, daß die Abschaffung des Zeitungsstempels „in Aussicht gestellt“ sei.
25 Berlin, 11. Juli. Die Rechte vertraut auf ihre Zahl bei der Abstimmung und bekümmert sich nicht darum, ob ihre Redner sich blamiren. Siegesgewiß erwartet sie den Schluß der Debatte mit ungewöhnlicher Ruhe und setzt nur jedem Redner für den Antrag einen aus ihrer Mitte entgegen.
Gegen Jacobi, Waldeck, Rees von Esenbeck, Jung, D'Ester sprachen Schneider, Reichensperger, Zachariä, v. Berg. Letztere sprachen nur, um zu sprechen, damit nicht ihr Sieg in der Abstimmung zu sonderbar erscheine.
Vorher setzte Hr. Hansemann in einer langen Rede auseinander daß die frühere Finanzwirthschaft recht gut gewesen wäre, daß man die Seehandlung mit der Zeit eingehen lassen würde, daß die jetzigen Steuern noch eine zeitlang fortbestehen müßten, bis der Staat sich in so blühenden Umständen befände, daß er den Ausfall, den die Einführung neuer Steuern nothwendig herbeiführte, ertragen könnte u. s. w. Die Linke war natürlich wenig zufrieden gestellt und blieb sehr kalt, was die Rechte bewog, dem Herrn Finanzminister ihren Beifall desto kräftiger durch ein lange anhaltendes Beifallklatschen zu erkennen zu geben.
* Breslau, 10. Juli. Die Anführer der Bürgerwehr sind vom Magistrat befragt worden, ob sie einwilligten, daß man gegen die Widersetzlichkeit der städtischen Arbeiter militärische Hülfe requiriere. Die Führer haben die Entscheidung nicht allein auf sich nehmen wollen, sondern die Sache an die Kompagnien zur Abstimmung verwiesen. Man sieht, daß wir wieder auf dem besten Wege sind zur guten alten Zeit.
* Posen, 8. Juli. Der General v. Brünneck hat wieder 2 Bekanntmachungen erlassen. In der einen verbietet er die Bildung neuer politischer Vereine, wenn sie nicht zuvor die Genehmigung der Kommandantur dazu erhalten haben; und in der zweiten antwortet er auf mehrere Gesuche, daß er weder beauftragt sei, die hiesigen politischen Gefangenen an Civilgerichte zu überweisen, noch daß ihm die gänzliche Freilassung derselben aus dem Gefängnisse zustehe.
Gera, 5. Juli. Auch in unsern reußischen Landen hat die Thorheit der Behörden eine Aufregung hervorgerufen, die sich hier in unruhigen Vorgängen Luft machte und dann durch den Diensteifer des Kommandirenden der fürstlich reußischen Truppen, des
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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