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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 47. Köln, 17. Juli 1848.

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Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 47. Köln, Montag 17. Juli 1848.

Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Bernkastel. (Hr. Reichensperger.) Berlin. (Reichsminister. - Zeughausprozeß. - Preßgesetz. - Krawall. - Die Zwangsanleihe. - Die Steuerbefreiung. - Das Handwerkerkorps. - Schulreform. - Preußen und Deutschland.) Frankfurt. (R.-V. - Proklamation Johanns. - Das Reichsministerium.) Posen. (Nachträgliches zum Liebeswerk. - Spannung im Militär. - Befreiungsversuche der Gefangenen in Rawicz.) München. (Den Offizieren die Clubs verboten.) Nürnberg. (Krawall.) Wien. (Der konstituirende Reichstag.) Triest. (Oestreich. Banknoten.) Osnabrück. (Die Drohung Ernst August's.)

Polen. Brody. (Die russische Armee.)

Belgien. Brüssel. (Affaire Risquons-Tout. Verhaftung.)

Italien. Turin. (Abtritt der Minister. - Anerkennung der franz. Republik.) Peschiera. (Vom Kriegsschauplatz.) Venedig. (Die Verhandlung über die Union.)

Französische Republik. Paris. (Die Verhaftungen. - Louis Blanc. - Aufstandsgerüchte. - Militärische Maßregeln. - Die Verschwörung. - Die Marseillaise in Douai. - Neue Guillotinen in Lyon. - National-Versammlung.)

Großbritannien. London. (Der Sklavenhandel. - Die afrikanische Blokade. - Der Freihandel in Menschenfleisch. - Oberhaus. - Unterhaus.)

Handels-Nachrichten.

Deutschland.
* Bernkastel, 10. Juli.

Der rühmlichst bekannte Volksvertreter, Hr. Reichensperger I., hat sich endlich auf mehrere von verschiedenen Seiten an ihn abgegangenen Mißtrauensadressen zu der Erklärung bequemt, daß er sein Mandat niederlegen wolle, wenn es von der Mehrheit seiner Wähler gewünscht werde. Von 81 Wahlmännern hatten bereits 61 (11 waren abwesend) diesen Wunsch gegen Hrn. R. indirekt ausgesprochen.

Hr. R. hat seine Wahl der Empfehlung einiger Herren zu verdanken, welche ihn als sehr liberal ausgegeben hatten und dieses jetzt sehr schwer büßen müssen.

Ein Anhänger seiner Partei vertheidigt ihn in dem hiesigen Lokalblatte gegen unsere Adresse mit der Behauptung: Hr. R. habe die Märzrevolution förmlich anerkannt, wie aus dem stenographischen Berichte zu ersehen sei.

103 Berlin, 14. Juli.

Die gestern hier eingelaufene telegraphische Depesche, welche die Nachricht überbrachte, daß Hr. Camphausen zum Minister-Präsidenten des "deutschen Reichs in spe" vom provisorischen Reichsverweser berufen sei und diese Stelle auch angenommen habe, hat große Freude unter der hiesigen preußisch-patriotischen Bevölkerung hervorgebracht. Sie hielten Preußens Unabhängigkeit durch die Anerkennung des Reichsverwesers ohne Rettung verloren.

Das deutsche Ministerium Camphausen, welches, wie man hier hofft, die preußischen Interessen auf's Sorgsamste vertreten und auch wohl hinter dem Rücken des Reichsverwesers mit dem Hof in Sansouci in geheimer immerwährender Verbindung bleiben wird, scheint ganz geeignet, unsere Preußenthümler zu versöhnen, und wenn ihnen die Parole von Potsdam zukommen wird, werden sie sich nach und nach beruhigen.

Kaiser Nikolaus soll sich beharrlich weigern, mit der Centralgewalt in Frankfurt in Verbindung zu treten. Er beharrt dabei, nach wie vor mit den einzelnen deutschen Höfen zu unterhandeln.

Die Verhöre der in dem Zeughausprozesse vorgeladenen Zeugen ziehen sich sehr in die Länge. Der Gerichtshof glaubte schon heute die Plaidoyers des Staatsanwalts und der Vertheidiger anhören und das Urtheil über die vier Angeklagten fällen zu können, das Ende ist jedoch noch nicht abzusehen, da noch viele Zeugen zu vernehmen sind und im Laufe der Verhandlungen noch neue Zeugenvernehmungen sich als nothwendig zeigen. So wird das Urtheil frühestens morgen Abend, vielleicht erst Montag zu erwarten sein. - Die gestrige sowohl als die heutige Sitzung hatten wieder ein sehr zahlreiches Publikum herbeigezogen. Es waren deßhalb auch die besten Vorsichts- und Schutzmaßregeln getroffen worden.

Die hiesigen Stadtverordneten, welche beschlossen hatten, zwei Millionen Kassenscheine zu kreiren, um die Stadt-Kassa aus ihrer großen Verlegenheit zu ziehen, haben dazu die Genehmigung der kgl. Behörden nicht erhalten, da die Stadtverordneten ausdrücklich verlangt hatten, daß diese Scheine in allen königl. Kassen für voll angenommen werden sollten. Die städtische Finanzdeputation ist nun schleunigst zusammenberufen, um über anderweitige Maßregeln zur Beschaffung der Geldmittel für die Bedürfnisse der Kommune zu beirathen.

Der von den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission in seinem am vergangenen Dienstag mitgetheilten Bericht erwähnten Entwurf eines transitorischen Preßgesetzes ist nun veröffentlicht und entspricht keinesfalls den gehegten Erwartungen.

Er enthält u. A. folgende Paragraphen:

§. 8. "Wer durch eine Druckschrift Jemand solcher Thatsachen beschuldigt, welche von den Gesetzen mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, oder ihn der öffentlichen Verachtung aussetzen, wird auf den Antrag des Verläumdeten mit Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis 3 Jahren bestraft."

§. 9. "Jede Beschuldigung einer strafbaren Handlung, deren Wahrheit nicht auf der Stelle aus einem gerichtlichen Urtheile oder aus einer andern vollgültigen Beweisurkunde nachgewiesen werden kann, wird für falsch gehalten, es sei denn, daß der Angeschuldigte solche Beweismittel vorlegt, welche die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen die Kläger begründen. In diesem Falle soll während der Untersuchung über diese Thatsachen mit dem Verfahren über das Vergehen der Verläumdung eingehalten werden. Wird aber die Wahrheit auf diese Art bewiesen, so ist der Urheber straflos."

§ 11 lautet: "Für den Inhalt der periodischen Blätter haftet zunächst der verantwortliche Herausgeber."

Gestern Abend kam es in der Friedrichsstraße, an der Kaserne des 24. Regiments zu einem Konflikt zwischen Soldaten einerseits, und Bürgerwehr und Volk andererseits. Der Streit soll dadurch entstanden sein, daß einer, der vor der Kaserne versammelten Soldaten ein Mädchen beleidigte und verhöhnte, wodurch alle Vorübergehenden veranlaßt wurden stehen zu bleiben. Die versammelte Menge machte den Soldaten Vorwürfe, diese schimpften dagegen und so entstand eine Schlägerei zwischen Volk und Soldaten. Ein Piquet Bürgerwehr, welches herbeigerufen wurde, wollte die Streitenden und Schlagenden auseinanderbringen und befahl den Soldaten sich zurückzuziehen. Die Soldaten wollten sich aber nichts befehlen lassen und entrissen sogar vier Bürgerwehrmännern die Gewehre und behaupteten das Feld. Mehrere Offiziere standen dabei und sahen dem Treiben der Soldaten ruhig zu, ohne ein Wort zu sagen. Die Soldaten brachten zwar später, nachdem sich Volk und Bürgerwehr zurückgezogen, die entrissenen vier Gewehre zurück, es verweigerte jedoch Einer die Annahme seines Gewehres und hat die Untersuchung bei dem Kriegsministerium über diesen Vorfall beantragt.

Das diplomatische Korps ist aufgefordert worden, sich von jetzt an in allen Angelegenheiten an den neu ernannten Unterstaatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen v. Bülow, zu wenden. Er scheint also der wirkliche Minister zu sein.

Hr. Hansemann scheint sich wieder einmal verrechnet zu haben. Er will eine Zwangsanleihe ausschreibtn, die 15 Millionen einbringen soll und setzt diese Anleihe auf 1/2 bis 2 pCt. von dem Vermögen, welches über 4000 Thlr. oder dem jährlichen Einkommen, welches über 400 Thlr. beträgt, fest. Das Einkommen soll wie ein zehnmal so großes Vermögen behandelt werden, so daß ein Vermögen von 4000 Thlr. und ein Einkommen von 400 Thlr. den gleichen Betrag steuert. Nimmt man an, daß im Durchschnitt 30 Thlr. auf Jeden kommen werden, so sich müßten 500,000 Zwangsanleihepflichtigen finden, welche Zahl keinesfalls herauskommen wird. Daher stehet zu erwarten, daß der große Finanzminister trotz seiner projektirten Zwangsanleihe, ebenso schnell wieder am Berge stehen wird, wie jetzt wo ihm Niemand etwas freiwillig borgen will. Er hat nie das volle Zutrauen der Geldleute besessen, noch wird er es je erhalten.

* Berlin, 14. Juli.

Welche Richtung die altpreußische Reaktion jetzt mehr und mehr nimmt, beweisen folgende zwei Inserate der Voss. Zeitung. Die Annoncen dieses Blattes sind überhaupt das Depot der tollsten reaktionären Auswüchse der Mark und Pommerns:

Preußen ist jetzt in Deutschland aufgegangen, und Deutschland ist durch die Wahl eines noch im Dienst des Kaisers von Oestreich stehenden Unterthanen zum unverantwortlichen Oberhaupt von Deutschland in Oestreich aufgegangen.

Mit Deutschland ist aber auch Schlesien wieder in Oestreich aufgegangen, was wohl die Veranlassung sein mag, daß dem neuen zeitigen Oberhaupte von Deutschland auf seiner Reise nach Frankfurt in Breslau die größte Huldigung geworden ist.

Was den Kaisern aus dem Hause Oestreich durch einen mit Wuth und Blut geführten dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, und was später Friedrich der Große durch seine Siege verhinderte, hat jetzt die Nationalversammlung in Fankfurt bewirkt: Deutschland ist eine östreichische Provinz! !

F. v. Bülow.

Berlin und Venedig.

Des Arbeitsmanns Strampelmeyer Gedanken in's Hochdeutsche übersetzt.

Als Venedig aufgehört hatte, Hauptstadt der Republik gleiches Namens zu sein, und Provinzialstadt im Königreich Italien geworden war, verfiel es bald so sehr und verlor einen so bedeutenden Theil seiner Einwohner, daß die Häuser werthlos und die herrlichsten Paläste abgerissen wurden, um die Materialien zu verkaufen, und weil Niemand die Unterhaltungskosten bezahlen wollte.

Da nun Berlin eine Provinzialstadt geworden, seitdem Preußen so glücklich in Deutschland aufgegangen, in Frankfurt eine Bundes-Exekutiv-Gewalt erschaffen, von dort aus regiert, hier aber gehorcht wird, die fremden Gesandten nicht mehr zu uns, sondern nach Frankfurt kommen, so wisset Ihr nun an dem Beispiel Venedigs, was Eure Häuser werth sind. Habt Ihr denn noch nicht genug an den Ereignissen der letzten Monate? Sonst zogen alljährlich 14- bis 17,000 Menschen nach Berlin zu; in den verwichenen 3 Monaten hingegen 40,000 ab, und zwar lauter Wohlhabende. O Ihr sonst so superklugen Berliner, wie könnt Ihr Euch von den Republikanern so zum Besten haben lassen, für sie die Kartoffeln aus dem Feuer holen, und das Aufgehen in Deutschland gut heißen, wovon die nächste Folge Anarchie und Republik ist. Deren bedürfen sie allerdings: Ihr aber Brod für Euch, Euere Frauen und Kinder. Stockt nicht etwa jeder gewerbliche Betrieb schon jetzt recht sehr; sind die Häuser in Berlin zu irgend einem Preise verkäuflich; wird die jetzige Generation es wohl erleben, daß jemals wieder ein neues Haus in Berlin gebaut wird?

Berlin.

In dem bewaffneten Handwerkerkorps sind Zwistigkeiten ausgebrochen, welche die Auflösung dieses Korps noch früher veranlassen könnten, als es bei einer allgemeinen Auflösung der fliegenden Korps geschehen sein würde. Die 8. Kompagnie des Handwerkerkorps hat deßhalb gestern das 4. Bataillon der Bürgerwehr ersucht, dasselbe in ihre Mitte als 6. Kompagnie aufzunehmen. Das 4. Bataillon hat dieses Anerbieten einstimmig angenommen und erwartet vom Kommando die Bestätigung.

- Die Direktoren Diesterweg und Kapp aus Hamm, welche mit Reorganisation des Schulwesens vom Ministerium Schwerin beauftragt wurden, haben statt der bereits von der Verfassungskommission aufgenommenen unzeitgemäßen Bestimmungen die folgenden für die Berathung der Vereinbarungs-Versammlung in Vorschlag gebracht:

"§. 1. Der Staat gewährleistet dem Kinde jedes Preußen den zur allgemeinen Menschen-, Bürger- und Nationalbildung erforderlichen Unterricht.

§. 2. Dieser Unterricht (der Volksschulunterricht) wird auf Staatskosten ertheilt.

§. 3. Er ist, mit Ausschluß des kirchlichen Religionsunterrichts, allen Konfessionen gemeinschaftlich.

§. 4. Jeder kann Unterricht ertheilen und Unterrichts-Anstalten errichten, welcher die gesetzlichen Bestimmungen, an welche diese Berechtigung geknüpft ist, erfüllt.

§. 5. Die Bildung der Volksschullehrer in denselben Anstalten, ohne Rücksicht auf ihr religiöses Bekenntniß, übernimmt gleichfalls der Staat, ihre Anstellung erfolgt unter Mitwirkung der bürgerlichen Gemeinden.

§. 6. Dieselben nehmen an der Verwaltung der Schulen Antheil; die innern Angelegenheiten werden von sachkundigen Schulmännern im Auftrag des Staates geleitet, welcher älle öffentlichen Erziehungs- und Unterrichts-Anstalten überwacht, ohne irgend eine Ausnahme.

§. 7. Die vorstehenden Bestimmungen über den allgemeinen Unterricht werden durch besondere Gesetze geregelt, die sich zugleich über die höhern Stufen des Unterrichts erstrecken, die Gesetzentwürfe werden den mit Zuziehung von Laien in Schulsynoden zu versammelnden Lehrern oder deren Abgeordneten zur Begutachtung vorgelegt."

Es ist jetzt hier eine Kommission zusammengetreten, welche außer den beiden oben Genannten aus 20 Abgeordneten unserer National-Versammlung, sämmtlich Schulmännern, besteht. Diese Kommission beschäftigt sich damit, neuerdings Paragraphen zu formuliren, welche als Amendements zu den betreffenden Vorschlägen der Verfassungs-Kommission dienen werden.

(B. Z.-H.)

- Daß Erkenntniß gegen die bei Preisgebung des Zeughauses betheiligten Offiziere soll nach einem in der Stadt umlaufenden jedoch unverbürgten Gerüchte dahin ausgefallen sein, daß der am meisten kompromittirte Lieut. Techow mit lebenslängliger, der Hauptmann v. Natzmer mit 10jähriger und der Lieutenant des Letzteren mit 5jähriger Festungsstrafe belegt worden ist.

(N. Z.)

- Eine königliche Botschaft vom 10. Juli bringt den Gesetz-Entwurf wegen Ausschreibung einer Zwangsanleihe. Die freiwilligen 5prozentige Anleihe wird mit dem 10. August d. J. geschlossen. Insoweit dieselbe den Betrag von 15 Mill. nicht erreicht, wird eine 31/2procentige Zwangsanleihe eröffnet. Hierzu haben alle Staatsangehörige beizutragen, welche ein Vermögen von mindestens 4000 Thlr. besitzen; doch werden ihnen die Beiträge zur freiwilligen Anleihe auf ihren Antheil zur Zwangsanleihe in Abrechnung gebracht. Der Beitrag bestimmt sich bei einem Vermögen bis 8000 Thaler auf 5/10 pCt. als niedrigsten Satz, über 40,000 bis 60,000 Thaler geben 1 pCt., 350,000 bis 400,000 Thaler 19/10 pCt., über 400,000 Thaler 2 pCt. als höchsten Satz; dazwischen liegen noch vielfache Abstufungen. Zum Vermögen gehört auch der zehnfache Betrag des jährlichens Einkommens aus Besoldung, Pension und Gewerbe. Außer Ansatz bleiben nur Mobilar und das im Ausland liegende Grundeigenthum; Schulden werden abgerechnet, so wie Betriebsausgaben und die von Schulden zu zahlenden Zinsen, nicht aber Hausstandskosten. Die Einzahlung der Anleihe ist am 1. Okt., 1. Nov., 1. Dezember 1848, worüber auf den Inhaber lautende Obligationen ausgefertigt werden, welche mit den Staatsschuldscheinen gleiche Rechte haben. Die Abtragung der Zwangsanleihe erfolgt vom 1. Jan. 1850 mit jährlich 11/2 pCt. vom Gesammtbetrage durch Ankauf oder Verloosung. Die Grundlage der Anleihe-Vertheilung bildet die Selbstangabe der zum Beitrag Verpflichteten. Kreis- und Stadt-Kommissionen prüfen die Angaben, gegen ihre Entscheidungen kann an die Bezirkskommission rekurrirt werden. Diese Bezirkskommissionen werden von den, nach dem Gesetz vom 8. April gewählten Wahlmännern erwählt. - Eine dem Entwurf anliegende Berechnung des wahrscheinlichen Ertrags der Zwangsanleihe, vertheilt 11 Millionen auf die klassensteuerpflichtigen Einwohner, 2 Millionen auf die Einwohner der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städte, und 1,300,000 Thaler werden von den bisher von der Klassensteuer eximirt gewesenen Personen erwartet. Summa 15 Millionen.

- Gesetzentwurf wegen Aufhebung der bisherigen Classensteuerbefreiungen. Art. 1. "Die nach dem Klassensteuergesetz vom 30. Mai 1820 für Standesherren, Geistliche und Schullehrer, für Offiziere des stehenden Heeres und der Landwehr, die nicht mobil gemacht sind, und für Militärbeamte bisher bestandenen Befreiungen von der Klassensteuer werden hiermit vom 1. August d. J: ab aufgehoben." Art. 2. "Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt." Die beigefügten Motive berechnen, daß aus diesem Gesetz der Staatskasse eine Einnahme von 230,000 Thlr. erwachsen dürfte.

** Posen.

Noch immer kommen uns Nachträge über die Posener Vorgänge zu. Wir geben heute die beiden folgenden:

Die Frau Gutsbesitzer Szuman in Allhütte im Großherzogthum Posen erhielt folgendes wortgetreu wiedergegebene Schreiben:

Madame!

Bereits sind hier mehrfache Klagen über Ihr Thun und Treiben eingegangen, auf welche ich es damit bewenden ließ, Ihnen eine Ermahnung durch den Premier-Lieutenant v. Dirwitz zukommen zu lassen. Nachdem Sie sich aber erdreistet haben, Drohungen gegen Einwohner von Allhütte auszustoßen, erkläre ich Ihnen hiermit, daß wenn noch ein einziges Mal eine Klage über Ihr Betragen in politischer Beziehung hier einläuft, ich Sie sofort arretiren und einsperren lassen werde, um Sie wenigstens für einige Zeit unschädlich zu machen.

K. G. Czarnikau, den 22. April 1848.

v. Griesheim, Major und Bataillons-Kommandeur.

Das Verbrechen der Frau Szuman hatte darin bestanden, daß dieselbe zur Zeit, als die Deputirten aus dem Großherzogthume Posen mit polnischen Cocarden vor dem Könige in Berlin standen, eine roth und weiße Fahne auf ihrem Hause befestigt hatte, und es demnächst nicht gestatten wollte, daß die durch den Landrath dazu aufgehetzten deutschen Einwohner von Althütte diese Fahne herunterrissen.

Am 7. April kam der interimistische Landrath des Gnesner Kreises Regierungsassessor Schliep in Begleitung des Bürgermeisters und Hauptmanns in der Landwehr Gutzmann aus Klecko und 25 Husaren nach Polskawies bei Klecko und ergriffen den Ackerwirth Ostrowicki, welcher beschuldigt worden war, den Adler von der Wohnung des Schulzen abgenommen zu haben. Wiewohl Ostrowicki die Anschul-

Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No. 47. Köln, Montag 17. Juli 1848.

Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Uebersicht.

Deutschland. Bernkastel. (Hr. Reichensperger.) Berlin. (Reichsminister. ‒ Zeughausprozeß. ‒ Preßgesetz. ‒ Krawall. ‒ Die Zwangsanleihe. ‒ Die Steuerbefreiung. ‒ Das Handwerkerkorps. ‒ Schulreform. ‒ Preußen und Deutschland.) Frankfurt. (R.-V. ‒ Proklamation Johanns. ‒ Das Reichsministerium.) Posen. (Nachträgliches zum Liebeswerk. ‒ Spannung im Militär. ‒ Befreiungsversuche der Gefangenen in Rawicz.) München. (Den Offizieren die Clubs verboten.) Nürnberg. (Krawall.) Wien. (Der konstituirende Reichstag.) Triest. (Oestreich. Banknoten.) Osnabrück. (Die Drohung Ernst August's.)

Polen. Brody. (Die russische Armee.)

Belgien. Brüssel. (Affaire Risquons-Tout. Verhaftung.)

Italien. Turin. (Abtritt der Minister. ‒ Anerkennung der franz. Republik.) Peschiera. (Vom Kriegsschauplatz.) Venedig. (Die Verhandlung über die Union.)

Französische Republik. Paris. (Die Verhaftungen. ‒ Louis Blanc. ‒ Aufstandsgerüchte. ‒ Militärische Maßregeln. ‒ Die Verschwörung. ‒ Die Marseillaise in Douai. ‒ Neue Guillotinen in Lyon. ‒ National-Versammlung.)

Großbritannien. London. (Der Sklavenhandel. ‒ Die afrikanische Blokade. ‒ Der Freihandel in Menschenfleisch. ‒ Oberhaus. ‒ Unterhaus.)

Handels-Nachrichten.

Deutschland.
* Bernkastel, 10. Juli.

Der rühmlichst bekannte Volksvertreter, Hr. Reichensperger I., hat sich endlich auf mehrere von verschiedenen Seiten an ihn abgegangenen Mißtrauensadressen zu der Erklärung bequemt, daß er sein Mandat niederlegen wolle, wenn es von der Mehrheit seiner Wähler gewünscht werde. Von 81 Wahlmännern hatten bereits 61 (11 waren abwesend) diesen Wunsch gegen Hrn. R. indirekt ausgesprochen.

Hr. R. hat seine Wahl der Empfehlung einiger Herren zu verdanken, welche ihn als sehr liberal ausgegeben hatten und dieses jetzt sehr schwer büßen müssen.

Ein Anhänger seiner Partei vertheidigt ihn in dem hiesigen Lokalblatte gegen unsere Adresse mit der Behauptung: Hr. R. habe die Märzrevolution förmlich anerkannt, wie aus dem stenographischen Berichte zu ersehen sei.

103 Berlin, 14. Juli.

Die gestern hier eingelaufene telegraphische Depesche, welche die Nachricht überbrachte, daß Hr. Camphausen zum Minister-Präsidenten des „deutschen Reichs in spe“ vom provisorischen Reichsverweser berufen sei und diese Stelle auch angenommen habe, hat große Freude unter der hiesigen preußisch-patriotischen Bevölkerung hervorgebracht. Sie hielten Preußens Unabhängigkeit durch die Anerkennung des Reichsverwesers ohne Rettung verloren.

Das deutsche Ministerium Camphausen, welches, wie man hier hofft, die preußischen Interessen auf's Sorgsamste vertreten und auch wohl hinter dem Rücken des Reichsverwesers mit dem Hof in Sansouci in geheimer immerwährender Verbindung bleiben wird, scheint ganz geeignet, unsere Preußenthümler zu versöhnen, und wenn ihnen die Parole von Potsdam zukommen wird, werden sie sich nach und nach beruhigen.

Kaiser Nikolaus soll sich beharrlich weigern, mit der Centralgewalt in Frankfurt in Verbindung zu treten. Er beharrt dabei, nach wie vor mit den einzelnen deutschen Höfen zu unterhandeln.

Die Verhöre der in dem Zeughausprozesse vorgeladenen Zeugen ziehen sich sehr in die Länge. Der Gerichtshof glaubte schon heute die Plaidoyers des Staatsanwalts und der Vertheidiger anhören und das Urtheil über die vier Angeklagten fällen zu können, das Ende ist jedoch noch nicht abzusehen, da noch viele Zeugen zu vernehmen sind und im Laufe der Verhandlungen noch neue Zeugenvernehmungen sich als nothwendig zeigen. So wird das Urtheil frühestens morgen Abend, vielleicht erst Montag zu erwarten sein. ‒ Die gestrige sowohl als die heutige Sitzung hatten wieder ein sehr zahlreiches Publikum herbeigezogen. Es waren deßhalb auch die besten Vorsichts- und Schutzmaßregeln getroffen worden.

Die hiesigen Stadtverordneten, welche beschlossen hatten, zwei Millionen Kassenscheine zu kreiren, um die Stadt-Kassa aus ihrer großen Verlegenheit zu ziehen, haben dazu die Genehmigung der kgl. Behörden nicht erhalten, da die Stadtverordneten ausdrücklich verlangt hatten, daß diese Scheine in allen königl. Kassen für voll angenommen werden sollten. Die städtische Finanzdeputation ist nun schleunigst zusammenberufen, um über anderweitige Maßregeln zur Beschaffung der Geldmittel für die Bedürfnisse der Kommune zu beirathen.

Der von den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission in seinem am vergangenen Dienstag mitgetheilten Bericht erwähnten Entwurf eines transitorischen Preßgesetzes ist nun veröffentlicht und entspricht keinesfalls den gehegten Erwartungen.

Er enthält u. A. folgende Paragraphen:

§. 8. „Wer durch eine Druckschrift Jemand solcher Thatsachen beschuldigt, welche von den Gesetzen mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, oder ihn der öffentlichen Verachtung aussetzen, wird auf den Antrag des Verläumdeten mit Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis 3 Jahren bestraft.“

§. 9. „Jede Beschuldigung einer strafbaren Handlung, deren Wahrheit nicht auf der Stelle aus einem gerichtlichen Urtheile oder aus einer andern vollgültigen Beweisurkunde nachgewiesen werden kann, wird für falsch gehalten, es sei denn, daß der Angeschuldigte solche Beweismittel vorlegt, welche die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen die Kläger begründen. In diesem Falle soll während der Untersuchung über diese Thatsachen mit dem Verfahren über das Vergehen der Verläumdung eingehalten werden. Wird aber die Wahrheit auf diese Art bewiesen, so ist der Urheber straflos.“

§ 11 lautet: „Für den Inhalt der periodischen Blätter haftet zunächst der verantwortliche Herausgeber.“

Gestern Abend kam es in der Friedrichsstraße, an der Kaserne des 24. Regiments zu einem Konflikt zwischen Soldaten einerseits, und Bürgerwehr und Volk andererseits. Der Streit soll dadurch entstanden sein, daß einer, der vor der Kaserne versammelten Soldaten ein Mädchen beleidigte und verhöhnte, wodurch alle Vorübergehenden veranlaßt wurden stehen zu bleiben. Die versammelte Menge machte den Soldaten Vorwürfe, diese schimpften dagegen und so entstand eine Schlägerei zwischen Volk und Soldaten. Ein Piquet Bürgerwehr, welches herbeigerufen wurde, wollte die Streitenden und Schlagenden auseinanderbringen und befahl den Soldaten sich zurückzuziehen. Die Soldaten wollten sich aber nichts befehlen lassen und entrissen sogar vier Bürgerwehrmännern die Gewehre und behaupteten das Feld. Mehrere Offiziere standen dabei und sahen dem Treiben der Soldaten ruhig zu, ohne ein Wort zu sagen. Die Soldaten brachten zwar später, nachdem sich Volk und Bürgerwehr zurückgezogen, die entrissenen vier Gewehre zurück, es verweigerte jedoch Einer die Annahme seines Gewehres und hat die Untersuchung bei dem Kriegsministerium über diesen Vorfall beantragt.

Das diplomatische Korps ist aufgefordert worden, sich von jetzt an in allen Angelegenheiten an den neu ernannten Unterstaatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen v. Bülow, zu wenden. Er scheint also der wirkliche Minister zu sein.

Hr. Hansemann scheint sich wieder einmal verrechnet zu haben. Er will eine Zwangsanleihe ausschreibtn, die 15 Millionen einbringen soll und setzt diese Anleihe auf 1/2 bis 2 pCt. von dem Vermögen, welches über 4000 Thlr. oder dem jährlichen Einkommen, welches über 400 Thlr. beträgt, fest. Das Einkommen soll wie ein zehnmal so großes Vermögen behandelt werden, so daß ein Vermögen von 4000 Thlr. und ein Einkommen von 400 Thlr. den gleichen Betrag steuert. Nimmt man an, daß im Durchschnitt 30 Thlr. auf Jeden kommen werden, so sich müßten 500,000 Zwangsanleihepflichtigen finden, welche Zahl keinesfalls herauskommen wird. Daher stehet zu erwarten, daß der große Finanzminister trotz seiner projektirten Zwangsanleihe, ebenso schnell wieder am Berge stehen wird, wie jetzt wo ihm Niemand etwas freiwillig borgen will. Er hat nie das volle Zutrauen der Geldleute besessen, noch wird er es je erhalten.

* Berlin, 14. Juli.

Welche Richtung die altpreußische Reaktion jetzt mehr und mehr nimmt, beweisen folgende zwei Inserate der Voss. Zeitung. Die Annoncen dieses Blattes sind überhaupt das Depot der tollsten reaktionären Auswüchse der Mark und Pommerns:

Preußen ist jetzt in Deutschland aufgegangen, und Deutschland ist durch die Wahl eines noch im Dienst des Kaisers von Oestreich stehenden Unterthanen zum unverantwortlichen Oberhaupt von Deutschland in Oestreich aufgegangen.

Mit Deutschland ist aber auch Schlesien wieder in Oestreich aufgegangen, was wohl die Veranlassung sein mag, daß dem neuen zeitigen Oberhaupte von Deutschland auf seiner Reise nach Frankfurt in Breslau die größte Huldigung geworden ist.

Was den Kaisern aus dem Hause Oestreich durch einen mit Wuth und Blut geführten dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, und was später Friedrich der Große durch seine Siege verhinderte, hat jetzt die Nationalversammlung in Fankfurt bewirkt: Deutschland ist eine östreichische Provinz! !

F. v. Bülow.

Berlin und Venedig.

Des Arbeitsmanns Strampelmeyer Gedanken in's Hochdeutsche übersetzt.

Als Venedig aufgehört hatte, Hauptstadt der Republik gleiches Namens zu sein, und Provinzialstadt im Königreich Italien geworden war, verfiel es bald so sehr und verlor einen so bedeutenden Theil seiner Einwohner, daß die Häuser werthlos und die herrlichsten Paläste abgerissen wurden, um die Materialien zu verkaufen, und weil Niemand die Unterhaltungskosten bezahlen wollte.

Da nun Berlin eine Provinzialstadt geworden, seitdem Preußen so glücklich in Deutschland aufgegangen, in Frankfurt eine Bundes-Exekutiv-Gewalt erschaffen, von dort aus regiert, hier aber gehorcht wird, die fremden Gesandten nicht mehr zu uns, sondern nach Frankfurt kommen, so wisset Ihr nun an dem Beispiel Venedigs, was Eure Häuser werth sind. Habt Ihr denn noch nicht genug an den Ereignissen der letzten Monate? Sonst zogen alljährlich 14- bis 17,000 Menschen nach Berlin zu; in den verwichenen 3 Monaten hingegen 40,000 ab, und zwar lauter Wohlhabende. O Ihr sonst so superklugen Berliner, wie könnt Ihr Euch von den Republikanern so zum Besten haben lassen, für sie die Kartoffeln aus dem Feuer holen, und das Aufgehen in Deutschland gut heißen, wovon die nächste Folge Anarchie und Republik ist. Deren bedürfen sie allerdings: Ihr aber Brod für Euch, Euere Frauen und Kinder. Stockt nicht etwa jeder gewerbliche Betrieb schon jetzt recht sehr; sind die Häuser in Berlin zu irgend einem Preise verkäuflich; wird die jetzige Generation es wohl erleben, daß jemals wieder ein neues Haus in Berlin gebaut wird?

Berlin.

In dem bewaffneten Handwerkerkorps sind Zwistigkeiten ausgebrochen, welche die Auflösung dieses Korps noch früher veranlassen könnten, als es bei einer allgemeinen Auflösung der fliegenden Korps geschehen sein würde. Die 8. Kompagnie des Handwerkerkorps hat deßhalb gestern das 4. Bataillon der Bürgerwehr ersucht, dasselbe in ihre Mitte als 6. Kompagnie aufzunehmen. Das 4. Bataillon hat dieses Anerbieten einstimmig angenommen und erwartet vom Kommando die Bestätigung.

‒ Die Direktoren Diesterweg und Kapp aus Hamm, welche mit Reorganisation des Schulwesens vom Ministerium Schwerin beauftragt wurden, haben statt der bereits von der Verfassungskommission aufgenommenen unzeitgemäßen Bestimmungen die folgenden für die Berathung der Vereinbarungs-Versammlung in Vorschlag gebracht:

„§. 1. Der Staat gewährleistet dem Kinde jedes Preußen den zur allgemeinen Menschen-, Bürger- und Nationalbildung erforderlichen Unterricht.

§. 2. Dieser Unterricht (der Volksschulunterricht) wird auf Staatskosten ertheilt.

§. 3. Er ist, mit Ausschluß des kirchlichen Religionsunterrichts, allen Konfessionen gemeinschaftlich.

§. 4. Jeder kann Unterricht ertheilen und Unterrichts-Anstalten errichten, welcher die gesetzlichen Bestimmungen, an welche diese Berechtigung geknüpft ist, erfüllt.

§. 5. Die Bildung der Volksschullehrer in denselben Anstalten, ohne Rücksicht auf ihr religiöses Bekenntniß, übernimmt gleichfalls der Staat, ihre Anstellung erfolgt unter Mitwirkung der bürgerlichen Gemeinden.

§. 6. Dieselben nehmen an der Verwaltung der Schulen Antheil; die innern Angelegenheiten werden von sachkundigen Schulmännern im Auftrag des Staates geleitet, welcher älle öffentlichen Erziehungs- und Unterrichts-Anstalten überwacht, ohne irgend eine Ausnahme.

§. 7. Die vorstehenden Bestimmungen über den allgemeinen Unterricht werden durch besondere Gesetze geregelt, die sich zugleich über die höhern Stufen des Unterrichts erstrecken, die Gesetzentwürfe werden den mit Zuziehung von Laien in Schulsynoden zu versammelnden Lehrern oder deren Abgeordneten zur Begutachtung vorgelegt.“

Es ist jetzt hier eine Kommission zusammengetreten, welche außer den beiden oben Genannten aus 20 Abgeordneten unserer National-Versammlung, sämmtlich Schulmännern, besteht. Diese Kommission beschäftigt sich damit, neuerdings Paragraphen zu formuliren, welche als Amendements zu den betreffenden Vorschlägen der Verfassungs-Kommission dienen werden.

(B. Z.-H.)

‒ Daß Erkenntniß gegen die bei Preisgebung des Zeughauses betheiligten Offiziere soll nach einem in der Stadt umlaufenden jedoch unverbürgten Gerüchte dahin ausgefallen sein, daß der am meisten kompromittirte Lieut. Techow mit lebenslängliger, der Hauptmann v. Natzmer mit 10jähriger und der Lieutenant des Letzteren mit 5jähriger Festungsstrafe belegt worden ist.

(N. Z.)

‒ Eine königliche Botschaft vom 10. Juli bringt den Gesetz-Entwurf wegen Ausschreibung einer Zwangsanleihe. Die freiwilligen 5prozentige Anleihe wird mit dem 10. August d. J. geschlossen. Insoweit dieselbe den Betrag von 15 Mill. nicht erreicht, wird eine 31/2procentige Zwangsanleihe eröffnet. Hierzu haben alle Staatsangehörige beizutragen, welche ein Vermögen von mindestens 4000 Thlr. besitzen; doch werden ihnen die Beiträge zur freiwilligen Anleihe auf ihren Antheil zur Zwangsanleihe in Abrechnung gebracht. Der Beitrag bestimmt sich bei einem Vermögen bis 8000 Thaler auf 5/10 pCt. als niedrigsten Satz, über 40,000 bis 60,000 Thaler geben 1 pCt., 350,000 bis 400,000 Thaler 19/10 pCt., über 400,000 Thaler 2 pCt. als höchsten Satz; dazwischen liegen noch vielfache Abstufungen. Zum Vermögen gehört auch der zehnfache Betrag des jährlichens Einkommens aus Besoldung, Pension und Gewerbe. Außer Ansatz bleiben nur Mobilar und das im Ausland liegende Grundeigenthum; Schulden werden abgerechnet, so wie Betriebsausgaben und die von Schulden zu zahlenden Zinsen, nicht aber Hausstandskosten. Die Einzahlung der Anleihe ist am 1. Okt., 1. Nov., 1. Dezember 1848, worüber auf den Inhaber lautende Obligationen ausgefertigt werden, welche mit den Staatsschuldscheinen gleiche Rechte haben. Die Abtragung der Zwangsanleihe erfolgt vom 1. Jan. 1850 mit jährlich 11/2 pCt. vom Gesammtbetrage durch Ankauf oder Verloosung. Die Grundlage der Anleihe-Vertheilung bildet die Selbstangabe der zum Beitrag Verpflichteten. Kreis- und Stadt-Kommissionen prüfen die Angaben, gegen ihre Entscheidungen kann an die Bezirkskommission rekurrirt werden. Diese Bezirkskommissionen werden von den, nach dem Gesetz vom 8. April gewählten Wahlmännern erwählt. ‒ Eine dem Entwurf anliegende Berechnung des wahrscheinlichen Ertrags der Zwangsanleihe, vertheilt 11 Millionen auf die klassensteuerpflichtigen Einwohner, 2 Millionen auf die Einwohner der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städte, und 1,300,000 Thaler werden von den bisher von der Klassensteuer eximirt gewesenen Personen erwartet. Summa 15 Millionen.

‒ Gesetzentwurf wegen Aufhebung der bisherigen Classensteuerbefreiungen. Art. 1. „Die nach dem Klassensteuergesetz vom 30. Mai 1820 für Standesherren, Geistliche und Schullehrer, für Offiziere des stehenden Heeres und der Landwehr, die nicht mobil gemacht sind, und für Militärbeamte bisher bestandenen Befreiungen von der Klassensteuer werden hiermit vom 1. August d. J: ab aufgehoben.“ Art. 2. „Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.“ Die beigefügten Motive berechnen, daß aus diesem Gesetz der Staatskasse eine Einnahme von 230,000 Thlr. erwachsen dürfte.

** Posen.

Noch immer kommen uns Nachträge über die Posener Vorgänge zu. Wir geben heute die beiden folgenden:

Die Frau Gutsbesitzer Szuman in Allhütte im Großherzogthum Posen erhielt folgendes wortgetreu wiedergegebene Schreiben:

Madame!

Bereits sind hier mehrfache Klagen über Ihr Thun und Treiben eingegangen, auf welche ich es damit bewenden ließ, Ihnen eine Ermahnung durch den Premier-Lieutenant v. Dirwitz zukommen zu lassen. Nachdem Sie sich aber erdreistet haben, Drohungen gegen Einwohner von Allhütte auszustoßen, erkläre ich Ihnen hiermit, daß wenn noch ein einziges Mal eine Klage über Ihr Betragen in politischer Beziehung hier einläuft, ich Sie sofort arretiren und einsperren lassen werde, um Sie wenigstens für einige Zeit unschädlich zu machen.

K. G. Czarnikau, den 22. April 1848.

v. Griesheim, Major und Bataillons-Kommandeur.

Das Verbrechen der Frau Szuman hatte darin bestanden, daß dieselbe zur Zeit, als die Deputirten aus dem Großherzogthume Posen mit polnischen Cocarden vor dem Könige in Berlin standen, eine roth und weiße Fahne auf ihrem Hause befestigt hatte, und es demnächst nicht gestatten wollte, daß die durch den Landrath dazu aufgehetzten deutschen Einwohner von Althütte diese Fahne herunterrissen.

Am 7. April kam der interimistische Landrath des Gnesner Kreises Regierungsassessor Schliep in Begleitung des Bürgermeisters und Hauptmanns in der Landwehr Gutzmann aus Klecko und 25 Husaren nach Polskawies bei Klecko und ergriffen den Ackerwirth Ostrowicki, welcher beschuldigt worden war, den Adler von der Wohnung des Schulzen abgenommen zu haben. Wiewohl Ostrowicki die Anschul-

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      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No. 47. Köln, Montag 17. Juli 1848.</docDate>
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      </div>
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        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Bernkastel. (Hr. Reichensperger.) Berlin.                     (Reichsminister. &#x2012; Zeughausprozeß. &#x2012; Preßgesetz. &#x2012; Krawall. &#x2012; Die Zwangsanleihe.                     &#x2012; Die Steuerbefreiung. &#x2012; Das Handwerkerkorps. &#x2012; Schulreform. &#x2012; Preußen und                     Deutschland.) Frankfurt. (R.-V. &#x2012; Proklamation Johanns. &#x2012; Das                     Reichsministerium.) Posen. (Nachträgliches zum Liebeswerk. &#x2012; Spannung im                     Militär. &#x2012; Befreiungsversuche der Gefangenen in Rawicz.) München. (Den                     Offizieren die Clubs verboten.) Nürnberg. (Krawall.) Wien. (Der konstituirende                     Reichstag.) Triest. (Oestreich. Banknoten.) Osnabrück. (Die Drohung Ernst                     August's.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Polen.</hi> Brody. (Die russische Armee.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Belgien.</hi> Brüssel. (Affaire Risquons-Tout.                     Verhaftung.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Turin. (Abtritt der Minister. &#x2012; Anerkennung der                     franz. Republik.) Peschiera. (Vom Kriegsschauplatz.) Venedig. (Die Verhandlung                     über die Union.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> Paris. (Die Verhaftungen. &#x2012; Louis                     Blanc. &#x2012; Aufstandsgerüchte. &#x2012; Militärische Maßregeln. &#x2012; Die Verschwörung. &#x2012; Die                     Marseillaise in Douai. &#x2012; Neue Guillotinen in Lyon. &#x2012; National-Versammlung.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Der Sklavenhandel. &#x2012; Die                     afrikanische Blokade. &#x2012; Der Freihandel in Menschenfleisch. &#x2012; Oberhaus. &#x2012;                     Unterhaus.)</p>
        <p>Handels-Nachrichten.</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar047_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bernkastel, 10. Juli.</head>
          <p>Der rühmlichst bekannte Volksvertreter, Hr. Reichensperger I., hat sich                         endlich auf mehrere von verschiedenen Seiten an ihn abgegangenen                         Mißtrauensadressen zu der Erklärung bequemt, daß er sein Mandat niederlegen                         wolle, wenn es von der Mehrheit seiner Wähler gewünscht werde. Von 81                         Wahlmännern hatten bereits 61 (11 waren abwesend) diesen Wunsch gegen Hrn.                         R. indirekt ausgesprochen.</p>
          <p>Hr. R. hat seine Wahl der Empfehlung einiger Herren zu verdanken, welche ihn                         als sehr liberal ausgegeben hatten und dieses jetzt sehr schwer büßen                         müssen.</p>
          <p>Ein Anhänger seiner Partei vertheidigt ihn in dem hiesigen Lokalblatte gegen                         unsere Adresse mit der Behauptung: Hr. R. habe die Märzrevolution förmlich                         anerkannt, wie aus dem stenographischen Berichte zu ersehen sei.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar047_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 14. Juli.</head>
          <p>Die gestern hier eingelaufene telegraphische Depesche, welche die Nachricht                         überbrachte, daß Hr. Camphausen zum Minister-Präsidenten des &#x201E;deutschen                         Reichs in spe&#x201C; vom provisorischen Reichsverweser berufen sei und diese                         Stelle auch angenommen habe, hat große Freude unter der hiesigen                         preußisch-patriotischen Bevölkerung hervorgebracht. Sie hielten Preußens                         Unabhängigkeit durch die Anerkennung des Reichsverwesers ohne Rettung                         verloren.</p>
          <p>Das deutsche Ministerium Camphausen, welches, wie man hier hofft, die                         preußischen Interessen auf's Sorgsamste vertreten und auch wohl hinter dem                         Rücken des Reichsverwesers mit dem Hof in Sansouci in geheimer                         immerwährender Verbindung bleiben wird, scheint ganz geeignet, unsere                         Preußenthümler zu versöhnen, und wenn ihnen die Parole von Potsdam zukommen                         wird, werden sie sich nach und nach beruhigen.</p>
          <p>Kaiser Nikolaus soll sich beharrlich weigern, mit der Centralgewalt in                         Frankfurt in Verbindung zu treten. Er beharrt dabei, nach wie vor mit den                         einzelnen deutschen Höfen zu unterhandeln.</p>
          <p>Die Verhöre der in dem Zeughausprozesse vorgeladenen Zeugen ziehen sich sehr                         in die Länge. Der Gerichtshof glaubte schon heute die Plaidoyers des                         Staatsanwalts und der Vertheidiger anhören und das Urtheil über die vier                         Angeklagten fällen zu können, das Ende ist jedoch noch nicht abzusehen, da                         noch viele Zeugen zu vernehmen sind und im Laufe der Verhandlungen noch neue                         Zeugenvernehmungen sich als nothwendig zeigen. So wird das Urtheil                         frühestens morgen Abend, vielleicht erst Montag zu erwarten sein. &#x2012; Die                         gestrige sowohl als die heutige Sitzung hatten wieder ein sehr zahlreiches                         Publikum herbeigezogen. Es waren deßhalb auch die besten Vorsichts- und                         Schutzmaßregeln getroffen worden.</p>
          <p>Die hiesigen Stadtverordneten, welche beschlossen hatten, zwei Millionen                         Kassenscheine zu kreiren, um die Stadt-Kassa aus ihrer großen Verlegenheit                         zu ziehen, haben dazu die Genehmigung der kgl. Behörden nicht erhalten, da                         die Stadtverordneten ausdrücklich verlangt hatten, daß diese Scheine in                         allen königl. Kassen für voll angenommen werden sollten. Die städtische                         Finanzdeputation ist nun schleunigst zusammenberufen, um über anderweitige                         Maßregeln zur Beschaffung der Geldmittel für die Bedürfnisse der Kommune zu                         beirathen.</p>
          <p>Der von den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission in seinem am vergangenen                         Dienstag mitgetheilten Bericht erwähnten Entwurf eines <hi rendition="#g">transitorischen Preßgesetzes</hi> ist nun veröffentlicht und entspricht                         keinesfalls den <hi rendition="#g">gehegten Erwartungen.</hi></p>
          <p>Er enthält u. A. folgende Paragraphen:</p>
          <p>§. 8. &#x201E;Wer durch eine Druckschrift Jemand solcher Thatsachen beschuldigt,                         welche von den Gesetzen mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, oder ihn der                         öffentlichen Verachtung aussetzen, wird auf den Antrag des Verläumdeten mit                         Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis 3 Jahren bestraft.&#x201C;</p>
          <p>§. 9. &#x201E;Jede Beschuldigung einer strafbaren Handlung, deren Wahrheit nicht auf                         der Stelle aus einem gerichtlichen Urtheile oder aus einer andern                         vollgültigen Beweisurkunde nachgewiesen werden kann, wird für falsch                         gehalten, es sei denn, daß der Angeschuldigte solche Beweismittel vorlegt,                         welche die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen die Kläger                         begründen. In diesem Falle soll während der Untersuchung über diese                         Thatsachen mit dem Verfahren über das Vergehen der Verläumdung eingehalten                         werden. Wird aber die Wahrheit auf diese Art bewiesen, so ist der Urheber                         straflos.&#x201C;</p>
          <p>§ 11 lautet: &#x201E;Für den Inhalt der periodischen Blätter haftet zunächst der                         verantwortliche Herausgeber.&#x201C;</p>
          <p>Gestern Abend kam es in der Friedrichsstraße, an der Kaserne des 24.                         Regiments zu einem Konflikt zwischen Soldaten einerseits, und Bürgerwehr und                         Volk andererseits. Der Streit soll dadurch entstanden sein, daß einer, der                         vor der Kaserne versammelten Soldaten ein Mädchen beleidigte und verhöhnte,                         wodurch alle Vorübergehenden veranlaßt wurden stehen zu bleiben. Die                         versammelte Menge machte den Soldaten Vorwürfe, diese schimpften dagegen und                         so entstand eine Schlägerei zwischen Volk und Soldaten. Ein Piquet                         Bürgerwehr, welches herbeigerufen wurde, wollte die Streitenden und                         Schlagenden auseinanderbringen und befahl den Soldaten sich zurückzuziehen.                         Die Soldaten wollten sich aber nichts befehlen lassen und entrissen sogar                         vier Bürgerwehrmännern die Gewehre und behaupteten das Feld. Mehrere                         Offiziere standen dabei und sahen dem Treiben der Soldaten ruhig zu, ohne                         ein Wort zu sagen. Die Soldaten brachten zwar später, nachdem sich Volk und                         Bürgerwehr zurückgezogen, die entrissenen vier Gewehre zurück, es                         verweigerte jedoch Einer die Annahme seines Gewehres und hat die                         Untersuchung bei dem Kriegsministerium über diesen Vorfall beantragt.</p>
          <p>Das diplomatische Korps ist aufgefordert worden, sich von jetzt an in allen                         Angelegenheiten an den neu ernannten Unterstaatssekretär der auswärtigen                         Angelegenheiten, Grafen v. <hi rendition="#g">Bülow,</hi> zu wenden. Er                         scheint also der wirkliche Minister zu sein.</p>
          <p>Hr. Hansemann scheint sich wieder einmal verrechnet zu haben. Er will eine                         Zwangsanleihe ausschreibtn, die 15 Millionen einbringen soll und setzt diese                         Anleihe auf 1/2 bis 2 pCt. von dem Vermögen, welches über 4000 Thlr. oder                         dem jährlichen Einkommen, welches über 400 Thlr. beträgt, fest. Das                         Einkommen soll wie ein zehnmal so großes Vermögen behandelt werden, so daß                         ein Vermögen von 4000 Thlr. und ein Einkommen von 400 Thlr. den gleichen                         Betrag steuert. Nimmt man an, daß im Durchschnitt 30 Thlr. auf Jeden kommen                         werden, so sich müßten 500,000 Zwangsanleihepflichtigen finden, welche Zahl                         keinesfalls herauskommen wird. Daher stehet zu erwarten, daß der große                         Finanzminister trotz seiner projektirten Zwangsanleihe, ebenso schnell                         wieder am Berge stehen wird, wie jetzt wo ihm Niemand etwas freiwillig                         borgen will. Er hat nie das volle Zutrauen der Geldleute besessen, noch wird                         er es je erhalten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar047_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 14. Juli.</head>
          <p>Welche Richtung die altpreußische Reaktion jetzt mehr und mehr nimmt,                         beweisen folgende zwei Inserate der Voss. Zeitung. Die Annoncen dieses                         Blattes sind überhaupt das Depot der tollsten reaktionären Auswüchse der                         Mark und Pommerns:</p>
          <p>Preußen ist jetzt in Deutschland aufgegangen, und Deutschland ist durch die                         Wahl eines noch im Dienst des Kaisers von Oestreich stehenden Unterthanen                         zum unverantwortlichen Oberhaupt von Deutschland in Oestreich                         aufgegangen.</p>
          <p>Mit Deutschland ist aber auch Schlesien wieder in Oestreich aufgegangen, was                         wohl die Veranlassung sein mag, daß dem neuen zeitigen Oberhaupte von                         Deutschland auf seiner Reise nach Frankfurt in Breslau die größte Huldigung                         geworden ist.</p>
          <p>Was den Kaisern aus dem Hause Oestreich durch einen mit Wuth und Blut                         geführten dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, und was später Friedrich                         der Große durch seine Siege verhinderte, hat jetzt die Nationalversammlung                         in Fankfurt bewirkt: Deutschland ist eine östreichische Provinz! !</p>
          <p> <hi rendition="#g">F. v. Bülow.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#g">Berlin und Venedig.</hi> </p>
          <p>Des Arbeitsmanns <hi rendition="#g">Strampelmeyer</hi> Gedanken in's                         Hochdeutsche übersetzt.</p>
          <p>Als Venedig aufgehört hatte, Hauptstadt der Republik gleiches Namens zu sein,                         und Provinzialstadt im Königreich Italien geworden war, verfiel es bald so                         sehr und verlor einen so bedeutenden Theil seiner Einwohner, daß die Häuser                         werthlos und die herrlichsten Paläste abgerissen wurden, um die Materialien                         zu verkaufen, und weil Niemand die Unterhaltungskosten bezahlen wollte.</p>
          <p>Da nun Berlin eine Provinzialstadt geworden, seitdem Preußen so glücklich in                         Deutschland aufgegangen, in Frankfurt eine Bundes-Exekutiv-Gewalt                         erschaffen, von dort aus regiert, hier aber gehorcht wird, die fremden                         Gesandten nicht mehr zu uns, sondern nach Frankfurt kommen, so wisset Ihr                         nun an dem Beispiel Venedigs, was Eure Häuser werth sind. Habt Ihr denn noch                         nicht genug an den Ereignissen der letzten Monate? Sonst zogen alljährlich                         14- bis 17,000 Menschen nach Berlin zu; in den verwichenen 3 Monaten                         hingegen 40,000 ab, und zwar lauter Wohlhabende. O Ihr sonst so superklugen                         Berliner, wie könnt Ihr Euch von den Republikanern so zum Besten haben                         lassen, für sie die Kartoffeln aus dem Feuer holen, und das Aufgehen in                         Deutschland gut heißen, wovon die nächste Folge Anarchie und Republik ist.                         Deren bedürfen sie allerdings: Ihr aber Brod für Euch, Euere Frauen und                         Kinder. Stockt nicht etwa jeder gewerbliche Betrieb schon jetzt recht sehr;                         sind die Häuser in Berlin zu irgend einem Preise verkäuflich; wird die                         jetzige Generation es wohl erleben, daß jemals wieder ein neues Haus in                         Berlin gebaut wird?</p>
        </div>
        <div xml:id="ar047_004" type="jArticle">
          <head>Berlin.</head>
          <p>In dem bewaffneten Handwerkerkorps sind Zwistigkeiten ausgebrochen, welche                         die Auflösung dieses Korps noch früher veranlassen könnten, als es bei einer                         allgemeinen Auflösung der fliegenden Korps geschehen sein würde. Die 8.                         Kompagnie des Handwerkerkorps hat deßhalb gestern das 4. Bataillon der                         Bürgerwehr ersucht, dasselbe in ihre Mitte als 6. Kompagnie aufzunehmen. Das                         4. Bataillon hat dieses Anerbieten einstimmig angenommen und erwartet vom                         Kommando die Bestätigung.</p>
          <p>&#x2012; Die Direktoren Diesterweg und Kapp aus Hamm, welche mit Reorganisation des                         Schulwesens vom Ministerium Schwerin beauftragt wurden, haben statt der                         bereits von der Verfassungskommission aufgenommenen unzeitgemäßen                         Bestimmungen die folgenden für die Berathung der Vereinbarungs-Versammlung                         in Vorschlag gebracht:</p>
          <p>&#x201E;§. 1. Der Staat gewährleistet dem Kinde jedes Preußen den zur allgemeinen                         Menschen-, Bürger- und Nationalbildung erforderlichen Unterricht.</p>
          <p>§. 2. Dieser Unterricht (der Volksschulunterricht) wird auf Staatskosten                         ertheilt.</p>
          <p>§. 3. Er ist, mit Ausschluß des kirchlichen Religionsunterrichts, allen                         Konfessionen gemeinschaftlich.</p>
          <p>§. 4. Jeder kann Unterricht ertheilen und Unterrichts-Anstalten errichten,                         welcher die gesetzlichen Bestimmungen, an welche diese Berechtigung geknüpft                         ist, erfüllt.</p>
          <p>§. 5. Die Bildung der Volksschullehrer in denselben Anstalten, ohne Rücksicht                         auf ihr religiöses Bekenntniß, übernimmt gleichfalls der Staat, ihre                         Anstellung erfolgt unter Mitwirkung der bürgerlichen Gemeinden.</p>
          <p>§. 6. Dieselben nehmen an der Verwaltung der Schulen Antheil; die innern                         Angelegenheiten werden von sachkundigen Schulmännern im Auftrag des Staates                         geleitet, welcher älle öffentlichen Erziehungs- und Unterrichts-Anstalten                         überwacht, ohne irgend eine Ausnahme.</p>
          <p>§. 7. Die vorstehenden Bestimmungen über den allgemeinen Unterricht werden                         durch besondere Gesetze geregelt, die sich zugleich über die höhern Stufen                         des Unterrichts erstrecken, die Gesetzentwürfe werden den mit Zuziehung von                         Laien in Schulsynoden zu versammelnden Lehrern oder deren Abgeordneten zur                         Begutachtung vorgelegt.&#x201C;</p>
          <p>Es ist jetzt hier eine Kommission zusammengetreten, welche außer den beiden                         oben Genannten aus 20 Abgeordneten unserer National-Versammlung, sämmtlich                         Schulmännern, besteht. Diese Kommission beschäftigt sich damit, neuerdings                         Paragraphen zu formuliren, welche als Amendements zu den betreffenden                         Vorschlägen der Verfassungs-Kommission dienen werden.</p>
          <bibl>(B. Z.-H.)</bibl>
          <p>&#x2012; Daß Erkenntniß gegen die bei Preisgebung des Zeughauses betheiligten                         Offiziere soll nach einem in der Stadt umlaufenden jedoch unverbürgten                         Gerüchte dahin ausgefallen sein, daß der am meisten kompromittirte Lieut.                         Techow mit lebenslängliger, der Hauptmann v. Natzmer mit 10jähriger und der                         Lieutenant des Letzteren mit 5jähriger Festungsstrafe belegt worden ist.</p>
          <bibl>(N. Z.)</bibl>
          <p>&#x2012; Eine königliche Botschaft vom 10. Juli bringt den Gesetz-Entwurf wegen                         Ausschreibung einer Zwangsanleihe. Die freiwilligen 5prozentige Anleihe wird                         mit dem 10. August d. J. geschlossen. Insoweit dieselbe den Betrag von 15                         Mill. nicht erreicht, wird eine 31/2procentige Zwangsanleihe eröffnet.                         Hierzu haben alle Staatsangehörige beizutragen, welche ein Vermögen von                         mindestens 4000 Thlr. besitzen; doch werden ihnen die Beiträge zur                         freiwilligen Anleihe auf ihren Antheil zur Zwangsanleihe in Abrechnung                         gebracht. Der Beitrag bestimmt sich bei einem Vermögen bis 8000 Thaler auf                         5/10 pCt. als niedrigsten Satz, über 40,000 bis 60,000 Thaler geben 1 pCt.,                         350,000 bis 400,000 Thaler 19/10 pCt., über 400,000 Thaler 2 pCt. als                         höchsten Satz; dazwischen liegen noch vielfache Abstufungen. Zum Vermögen                         gehört auch der zehnfache Betrag des jährlichens Einkommens aus Besoldung,                         Pension und Gewerbe. Außer Ansatz bleiben nur Mobilar und das im Ausland                         liegende Grundeigenthum; Schulden werden abgerechnet, so wie                         Betriebsausgaben und die von Schulden zu zahlenden Zinsen, nicht aber                         Hausstandskosten. Die Einzahlung der Anleihe ist am 1. Okt., 1. Nov., 1.                         Dezember 1848, worüber auf den Inhaber lautende Obligationen ausgefertigt                         werden, welche mit den Staatsschuldscheinen gleiche Rechte haben. Die                         Abtragung der Zwangsanleihe erfolgt vom 1. Jan. 1850 mit jährlich 11/2 pCt.                         vom Gesammtbetrage durch Ankauf oder Verloosung. Die Grundlage der                         Anleihe-Vertheilung bildet die Selbstangabe der zum Beitrag Verpflichteten.                         Kreis- und Stadt-Kommissionen prüfen die Angaben, gegen ihre Entscheidungen                         kann an die Bezirkskommission rekurrirt werden. Diese Bezirkskommissionen                         werden von den, nach dem Gesetz vom 8. April gewählten Wahlmännern erwählt.                         &#x2012; Eine dem Entwurf anliegende Berechnung des wahrscheinlichen Ertrags der                         Zwangsanleihe, vertheilt 11 Millionen auf die klassensteuerpflichtigen                         Einwohner, 2 Millionen auf die Einwohner der mahl- und                         schlachtsteuerpflichtigen Städte, und 1,300,000 Thaler werden von den bisher                         von der Klassensteuer eximirt gewesenen Personen erwartet. Summa 15                         Millionen.</p>
          <p>&#x2012; Gesetzentwurf wegen Aufhebung der bisherigen Classensteuerbefreiungen. Art.                         1. &#x201E;Die nach dem Klassensteuergesetz vom 30. Mai 1820 für Standesherren,                         Geistliche und Schullehrer, für Offiziere des stehenden Heeres und der                         Landwehr, die nicht mobil gemacht sind, und für Militärbeamte bisher                         bestandenen Befreiungen von der Klassensteuer werden hiermit vom 1. August                         d. J: ab aufgehoben.&#x201C; Art. 2. &#x201E;Der Finanzminister ist mit der Ausführung                         dieses Gesetzes beauftragt.&#x201C; Die beigefügten Motive berechnen, daß aus                         diesem Gesetz der Staatskasse eine Einnahme von 230,000 Thlr. erwachsen                         dürfte.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar047_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Posen.</head>
          <p>Noch immer kommen uns Nachträge über die Posener Vorgänge zu. Wir geben heute                         die beiden folgenden:</p>
          <p>Die Frau Gutsbesitzer Szuman in Allhütte im Großherzogthum Posen erhielt                         folgendes wortgetreu wiedergegebene Schreiben:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Madame!</hi> </p>
          <p rendition="#et">Bereits sind hier mehrfache Klagen über Ihr Thun und Treiben                         eingegangen, auf welche ich es damit bewenden ließ, Ihnen eine Ermahnung                         durch den Premier-Lieutenant v. Dirwitz zukommen zu lassen. Nachdem Sie sich                         aber erdreistet haben, Drohungen gegen Einwohner von Allhütte auszustoßen,                         erkläre ich Ihnen hiermit, daß wenn noch ein einziges Mal eine Klage über                         Ihr Betragen in politischer Beziehung hier einläuft, ich Sie sofort                         arretiren und <hi rendition="#g">einsperren</hi> lassen werde, um Sie                         wenigstens für einige Zeit unschädlich zu machen.</p>
          <p>K. G. Czarnikau, den 22. April 1848.</p>
          <p>v. <hi rendition="#g">Griesheim,</hi> Major und Bataillons-Kommandeur.</p>
          <p>Das Verbrechen der Frau Szuman hatte darin bestanden, daß dieselbe zur Zeit,                         als die Deputirten aus dem Großherzogthume Posen mit polnischen Cocarden vor                         dem Könige in Berlin standen, eine roth und weiße Fahne auf ihrem Hause                         befestigt hatte, und es demnächst nicht gestatten wollte, daß die durch den                         Landrath dazu aufgehetzten deutschen Einwohner von Althütte diese Fahne                         herunterrissen.</p>
          <p>Am 7. April kam der interimistische Landrath des Gnesner Kreises                         Regierungsassessor Schliep in Begleitung des Bürgermeisters und Hauptmanns                         in der Landwehr Gutzmann aus Klecko und 25 Husaren nach Polskawies bei                         Klecko und ergriffen den Ackerwirth Ostrowicki, welcher beschuldigt worden                         war, den Adler von der Wohnung des Schulzen abgenommen zu haben. Wiewohl                         Ostrowicki die Anschul-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0233/0001] Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No. 47. Köln, Montag 17. Juli 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht. Deutschland. Bernkastel. (Hr. Reichensperger.) Berlin. (Reichsminister. ‒ Zeughausprozeß. ‒ Preßgesetz. ‒ Krawall. ‒ Die Zwangsanleihe. ‒ Die Steuerbefreiung. ‒ Das Handwerkerkorps. ‒ Schulreform. ‒ Preußen und Deutschland.) Frankfurt. (R.-V. ‒ Proklamation Johanns. ‒ Das Reichsministerium.) Posen. (Nachträgliches zum Liebeswerk. ‒ Spannung im Militär. ‒ Befreiungsversuche der Gefangenen in Rawicz.) München. (Den Offizieren die Clubs verboten.) Nürnberg. (Krawall.) Wien. (Der konstituirende Reichstag.) Triest. (Oestreich. Banknoten.) Osnabrück. (Die Drohung Ernst August's.) Polen. Brody. (Die russische Armee.) Belgien. Brüssel. (Affaire Risquons-Tout. Verhaftung.) Italien. Turin. (Abtritt der Minister. ‒ Anerkennung der franz. Republik.) Peschiera. (Vom Kriegsschauplatz.) Venedig. (Die Verhandlung über die Union.) Französische Republik. Paris. (Die Verhaftungen. ‒ Louis Blanc. ‒ Aufstandsgerüchte. ‒ Militärische Maßregeln. ‒ Die Verschwörung. ‒ Die Marseillaise in Douai. ‒ Neue Guillotinen in Lyon. ‒ National-Versammlung.) Großbritannien. London. (Der Sklavenhandel. ‒ Die afrikanische Blokade. ‒ Der Freihandel in Menschenfleisch. ‒ Oberhaus. ‒ Unterhaus.) Handels-Nachrichten. Deutschland. * Bernkastel, 10. Juli. Der rühmlichst bekannte Volksvertreter, Hr. Reichensperger I., hat sich endlich auf mehrere von verschiedenen Seiten an ihn abgegangenen Mißtrauensadressen zu der Erklärung bequemt, daß er sein Mandat niederlegen wolle, wenn es von der Mehrheit seiner Wähler gewünscht werde. Von 81 Wahlmännern hatten bereits 61 (11 waren abwesend) diesen Wunsch gegen Hrn. R. indirekt ausgesprochen. Hr. R. hat seine Wahl der Empfehlung einiger Herren zu verdanken, welche ihn als sehr liberal ausgegeben hatten und dieses jetzt sehr schwer büßen müssen. Ein Anhänger seiner Partei vertheidigt ihn in dem hiesigen Lokalblatte gegen unsere Adresse mit der Behauptung: Hr. R. habe die Märzrevolution förmlich anerkannt, wie aus dem stenographischen Berichte zu ersehen sei. 103 Berlin, 14. Juli. Die gestern hier eingelaufene telegraphische Depesche, welche die Nachricht überbrachte, daß Hr. Camphausen zum Minister-Präsidenten des „deutschen Reichs in spe“ vom provisorischen Reichsverweser berufen sei und diese Stelle auch angenommen habe, hat große Freude unter der hiesigen preußisch-patriotischen Bevölkerung hervorgebracht. Sie hielten Preußens Unabhängigkeit durch die Anerkennung des Reichsverwesers ohne Rettung verloren. Das deutsche Ministerium Camphausen, welches, wie man hier hofft, die preußischen Interessen auf's Sorgsamste vertreten und auch wohl hinter dem Rücken des Reichsverwesers mit dem Hof in Sansouci in geheimer immerwährender Verbindung bleiben wird, scheint ganz geeignet, unsere Preußenthümler zu versöhnen, und wenn ihnen die Parole von Potsdam zukommen wird, werden sie sich nach und nach beruhigen. Kaiser Nikolaus soll sich beharrlich weigern, mit der Centralgewalt in Frankfurt in Verbindung zu treten. Er beharrt dabei, nach wie vor mit den einzelnen deutschen Höfen zu unterhandeln. Die Verhöre der in dem Zeughausprozesse vorgeladenen Zeugen ziehen sich sehr in die Länge. Der Gerichtshof glaubte schon heute die Plaidoyers des Staatsanwalts und der Vertheidiger anhören und das Urtheil über die vier Angeklagten fällen zu können, das Ende ist jedoch noch nicht abzusehen, da noch viele Zeugen zu vernehmen sind und im Laufe der Verhandlungen noch neue Zeugenvernehmungen sich als nothwendig zeigen. So wird das Urtheil frühestens morgen Abend, vielleicht erst Montag zu erwarten sein. ‒ Die gestrige sowohl als die heutige Sitzung hatten wieder ein sehr zahlreiches Publikum herbeigezogen. Es waren deßhalb auch die besten Vorsichts- und Schutzmaßregeln getroffen worden. Die hiesigen Stadtverordneten, welche beschlossen hatten, zwei Millionen Kassenscheine zu kreiren, um die Stadt-Kassa aus ihrer großen Verlegenheit zu ziehen, haben dazu die Genehmigung der kgl. Behörden nicht erhalten, da die Stadtverordneten ausdrücklich verlangt hatten, daß diese Scheine in allen königl. Kassen für voll angenommen werden sollten. Die städtische Finanzdeputation ist nun schleunigst zusammenberufen, um über anderweitige Maßregeln zur Beschaffung der Geldmittel für die Bedürfnisse der Kommune zu beirathen. Der von den Vorsitzenden der Verfassungs-Kommission in seinem am vergangenen Dienstag mitgetheilten Bericht erwähnten Entwurf eines transitorischen Preßgesetzes ist nun veröffentlicht und entspricht keinesfalls den gehegten Erwartungen. Er enthält u. A. folgende Paragraphen: §. 8. „Wer durch eine Druckschrift Jemand solcher Thatsachen beschuldigt, welche von den Gesetzen mit gerichtlicher Strafe bedroht sind, oder ihn der öffentlichen Verachtung aussetzen, wird auf den Antrag des Verläumdeten mit Gefängnißstrafe von 3 Monaten bis 3 Jahren bestraft.“ §. 9. „Jede Beschuldigung einer strafbaren Handlung, deren Wahrheit nicht auf der Stelle aus einem gerichtlichen Urtheile oder aus einer andern vollgültigen Beweisurkunde nachgewiesen werden kann, wird für falsch gehalten, es sei denn, daß der Angeschuldigte solche Beweismittel vorlegt, welche die Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen die Kläger begründen. In diesem Falle soll während der Untersuchung über diese Thatsachen mit dem Verfahren über das Vergehen der Verläumdung eingehalten werden. Wird aber die Wahrheit auf diese Art bewiesen, so ist der Urheber straflos.“ § 11 lautet: „Für den Inhalt der periodischen Blätter haftet zunächst der verantwortliche Herausgeber.“ Gestern Abend kam es in der Friedrichsstraße, an der Kaserne des 24. Regiments zu einem Konflikt zwischen Soldaten einerseits, und Bürgerwehr und Volk andererseits. Der Streit soll dadurch entstanden sein, daß einer, der vor der Kaserne versammelten Soldaten ein Mädchen beleidigte und verhöhnte, wodurch alle Vorübergehenden veranlaßt wurden stehen zu bleiben. Die versammelte Menge machte den Soldaten Vorwürfe, diese schimpften dagegen und so entstand eine Schlägerei zwischen Volk und Soldaten. Ein Piquet Bürgerwehr, welches herbeigerufen wurde, wollte die Streitenden und Schlagenden auseinanderbringen und befahl den Soldaten sich zurückzuziehen. Die Soldaten wollten sich aber nichts befehlen lassen und entrissen sogar vier Bürgerwehrmännern die Gewehre und behaupteten das Feld. Mehrere Offiziere standen dabei und sahen dem Treiben der Soldaten ruhig zu, ohne ein Wort zu sagen. Die Soldaten brachten zwar später, nachdem sich Volk und Bürgerwehr zurückgezogen, die entrissenen vier Gewehre zurück, es verweigerte jedoch Einer die Annahme seines Gewehres und hat die Untersuchung bei dem Kriegsministerium über diesen Vorfall beantragt. Das diplomatische Korps ist aufgefordert worden, sich von jetzt an in allen Angelegenheiten an den neu ernannten Unterstaatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen v. Bülow, zu wenden. Er scheint also der wirkliche Minister zu sein. Hr. Hansemann scheint sich wieder einmal verrechnet zu haben. Er will eine Zwangsanleihe ausschreibtn, die 15 Millionen einbringen soll und setzt diese Anleihe auf 1/2 bis 2 pCt. von dem Vermögen, welches über 4000 Thlr. oder dem jährlichen Einkommen, welches über 400 Thlr. beträgt, fest. Das Einkommen soll wie ein zehnmal so großes Vermögen behandelt werden, so daß ein Vermögen von 4000 Thlr. und ein Einkommen von 400 Thlr. den gleichen Betrag steuert. Nimmt man an, daß im Durchschnitt 30 Thlr. auf Jeden kommen werden, so sich müßten 500,000 Zwangsanleihepflichtigen finden, welche Zahl keinesfalls herauskommen wird. Daher stehet zu erwarten, daß der große Finanzminister trotz seiner projektirten Zwangsanleihe, ebenso schnell wieder am Berge stehen wird, wie jetzt wo ihm Niemand etwas freiwillig borgen will. Er hat nie das volle Zutrauen der Geldleute besessen, noch wird er es je erhalten. * Berlin, 14. Juli. Welche Richtung die altpreußische Reaktion jetzt mehr und mehr nimmt, beweisen folgende zwei Inserate der Voss. Zeitung. Die Annoncen dieses Blattes sind überhaupt das Depot der tollsten reaktionären Auswüchse der Mark und Pommerns: Preußen ist jetzt in Deutschland aufgegangen, und Deutschland ist durch die Wahl eines noch im Dienst des Kaisers von Oestreich stehenden Unterthanen zum unverantwortlichen Oberhaupt von Deutschland in Oestreich aufgegangen. Mit Deutschland ist aber auch Schlesien wieder in Oestreich aufgegangen, was wohl die Veranlassung sein mag, daß dem neuen zeitigen Oberhaupte von Deutschland auf seiner Reise nach Frankfurt in Breslau die größte Huldigung geworden ist. Was den Kaisern aus dem Hause Oestreich durch einen mit Wuth und Blut geführten dreißigjährigen Krieg nicht gelungen ist, und was später Friedrich der Große durch seine Siege verhinderte, hat jetzt die Nationalversammlung in Fankfurt bewirkt: Deutschland ist eine östreichische Provinz! ! F. v. Bülow. Berlin und Venedig. Des Arbeitsmanns Strampelmeyer Gedanken in's Hochdeutsche übersetzt. Als Venedig aufgehört hatte, Hauptstadt der Republik gleiches Namens zu sein, und Provinzialstadt im Königreich Italien geworden war, verfiel es bald so sehr und verlor einen so bedeutenden Theil seiner Einwohner, daß die Häuser werthlos und die herrlichsten Paläste abgerissen wurden, um die Materialien zu verkaufen, und weil Niemand die Unterhaltungskosten bezahlen wollte. Da nun Berlin eine Provinzialstadt geworden, seitdem Preußen so glücklich in Deutschland aufgegangen, in Frankfurt eine Bundes-Exekutiv-Gewalt erschaffen, von dort aus regiert, hier aber gehorcht wird, die fremden Gesandten nicht mehr zu uns, sondern nach Frankfurt kommen, so wisset Ihr nun an dem Beispiel Venedigs, was Eure Häuser werth sind. Habt Ihr denn noch nicht genug an den Ereignissen der letzten Monate? Sonst zogen alljährlich 14- bis 17,000 Menschen nach Berlin zu; in den verwichenen 3 Monaten hingegen 40,000 ab, und zwar lauter Wohlhabende. O Ihr sonst so superklugen Berliner, wie könnt Ihr Euch von den Republikanern so zum Besten haben lassen, für sie die Kartoffeln aus dem Feuer holen, und das Aufgehen in Deutschland gut heißen, wovon die nächste Folge Anarchie und Republik ist. Deren bedürfen sie allerdings: Ihr aber Brod für Euch, Euere Frauen und Kinder. Stockt nicht etwa jeder gewerbliche Betrieb schon jetzt recht sehr; sind die Häuser in Berlin zu irgend einem Preise verkäuflich; wird die jetzige Generation es wohl erleben, daß jemals wieder ein neues Haus in Berlin gebaut wird? Berlin. In dem bewaffneten Handwerkerkorps sind Zwistigkeiten ausgebrochen, welche die Auflösung dieses Korps noch früher veranlassen könnten, als es bei einer allgemeinen Auflösung der fliegenden Korps geschehen sein würde. Die 8. Kompagnie des Handwerkerkorps hat deßhalb gestern das 4. Bataillon der Bürgerwehr ersucht, dasselbe in ihre Mitte als 6. Kompagnie aufzunehmen. Das 4. Bataillon hat dieses Anerbieten einstimmig angenommen und erwartet vom Kommando die Bestätigung. ‒ Die Direktoren Diesterweg und Kapp aus Hamm, welche mit Reorganisation des Schulwesens vom Ministerium Schwerin beauftragt wurden, haben statt der bereits von der Verfassungskommission aufgenommenen unzeitgemäßen Bestimmungen die folgenden für die Berathung der Vereinbarungs-Versammlung in Vorschlag gebracht: „§. 1. Der Staat gewährleistet dem Kinde jedes Preußen den zur allgemeinen Menschen-, Bürger- und Nationalbildung erforderlichen Unterricht. §. 2. Dieser Unterricht (der Volksschulunterricht) wird auf Staatskosten ertheilt. §. 3. Er ist, mit Ausschluß des kirchlichen Religionsunterrichts, allen Konfessionen gemeinschaftlich. §. 4. Jeder kann Unterricht ertheilen und Unterrichts-Anstalten errichten, welcher die gesetzlichen Bestimmungen, an welche diese Berechtigung geknüpft ist, erfüllt. §. 5. Die Bildung der Volksschullehrer in denselben Anstalten, ohne Rücksicht auf ihr religiöses Bekenntniß, übernimmt gleichfalls der Staat, ihre Anstellung erfolgt unter Mitwirkung der bürgerlichen Gemeinden. §. 6. Dieselben nehmen an der Verwaltung der Schulen Antheil; die innern Angelegenheiten werden von sachkundigen Schulmännern im Auftrag des Staates geleitet, welcher älle öffentlichen Erziehungs- und Unterrichts-Anstalten überwacht, ohne irgend eine Ausnahme. §. 7. Die vorstehenden Bestimmungen über den allgemeinen Unterricht werden durch besondere Gesetze geregelt, die sich zugleich über die höhern Stufen des Unterrichts erstrecken, die Gesetzentwürfe werden den mit Zuziehung von Laien in Schulsynoden zu versammelnden Lehrern oder deren Abgeordneten zur Begutachtung vorgelegt.“ Es ist jetzt hier eine Kommission zusammengetreten, welche außer den beiden oben Genannten aus 20 Abgeordneten unserer National-Versammlung, sämmtlich Schulmännern, besteht. Diese Kommission beschäftigt sich damit, neuerdings Paragraphen zu formuliren, welche als Amendements zu den betreffenden Vorschlägen der Verfassungs-Kommission dienen werden. (B. Z.-H.) ‒ Daß Erkenntniß gegen die bei Preisgebung des Zeughauses betheiligten Offiziere soll nach einem in der Stadt umlaufenden jedoch unverbürgten Gerüchte dahin ausgefallen sein, daß der am meisten kompromittirte Lieut. Techow mit lebenslängliger, der Hauptmann v. Natzmer mit 10jähriger und der Lieutenant des Letzteren mit 5jähriger Festungsstrafe belegt worden ist. (N. Z.) ‒ Eine königliche Botschaft vom 10. Juli bringt den Gesetz-Entwurf wegen Ausschreibung einer Zwangsanleihe. Die freiwilligen 5prozentige Anleihe wird mit dem 10. August d. J. geschlossen. Insoweit dieselbe den Betrag von 15 Mill. nicht erreicht, wird eine 31/2procentige Zwangsanleihe eröffnet. Hierzu haben alle Staatsangehörige beizutragen, welche ein Vermögen von mindestens 4000 Thlr. besitzen; doch werden ihnen die Beiträge zur freiwilligen Anleihe auf ihren Antheil zur Zwangsanleihe in Abrechnung gebracht. Der Beitrag bestimmt sich bei einem Vermögen bis 8000 Thaler auf 5/10 pCt. als niedrigsten Satz, über 40,000 bis 60,000 Thaler geben 1 pCt., 350,000 bis 400,000 Thaler 19/10 pCt., über 400,000 Thaler 2 pCt. als höchsten Satz; dazwischen liegen noch vielfache Abstufungen. Zum Vermögen gehört auch der zehnfache Betrag des jährlichens Einkommens aus Besoldung, Pension und Gewerbe. Außer Ansatz bleiben nur Mobilar und das im Ausland liegende Grundeigenthum; Schulden werden abgerechnet, so wie Betriebsausgaben und die von Schulden zu zahlenden Zinsen, nicht aber Hausstandskosten. Die Einzahlung der Anleihe ist am 1. Okt., 1. Nov., 1. Dezember 1848, worüber auf den Inhaber lautende Obligationen ausgefertigt werden, welche mit den Staatsschuldscheinen gleiche Rechte haben. Die Abtragung der Zwangsanleihe erfolgt vom 1. Jan. 1850 mit jährlich 11/2 pCt. vom Gesammtbetrage durch Ankauf oder Verloosung. Die Grundlage der Anleihe-Vertheilung bildet die Selbstangabe der zum Beitrag Verpflichteten. Kreis- und Stadt-Kommissionen prüfen die Angaben, gegen ihre Entscheidungen kann an die Bezirkskommission rekurrirt werden. Diese Bezirkskommissionen werden von den, nach dem Gesetz vom 8. April gewählten Wahlmännern erwählt. ‒ Eine dem Entwurf anliegende Berechnung des wahrscheinlichen Ertrags der Zwangsanleihe, vertheilt 11 Millionen auf die klassensteuerpflichtigen Einwohner, 2 Millionen auf die Einwohner der mahl- und schlachtsteuerpflichtigen Städte, und 1,300,000 Thaler werden von den bisher von der Klassensteuer eximirt gewesenen Personen erwartet. Summa 15 Millionen. ‒ Gesetzentwurf wegen Aufhebung der bisherigen Classensteuerbefreiungen. Art. 1. „Die nach dem Klassensteuergesetz vom 30. Mai 1820 für Standesherren, Geistliche und Schullehrer, für Offiziere des stehenden Heeres und der Landwehr, die nicht mobil gemacht sind, und für Militärbeamte bisher bestandenen Befreiungen von der Klassensteuer werden hiermit vom 1. August d. J: ab aufgehoben.“ Art. 2. „Der Finanzminister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.“ Die beigefügten Motive berechnen, daß aus diesem Gesetz der Staatskasse eine Einnahme von 230,000 Thlr. erwachsen dürfte. ** Posen. Noch immer kommen uns Nachträge über die Posener Vorgänge zu. Wir geben heute die beiden folgenden: Die Frau Gutsbesitzer Szuman in Allhütte im Großherzogthum Posen erhielt folgendes wortgetreu wiedergegebene Schreiben: Madame! Bereits sind hier mehrfache Klagen über Ihr Thun und Treiben eingegangen, auf welche ich es damit bewenden ließ, Ihnen eine Ermahnung durch den Premier-Lieutenant v. Dirwitz zukommen zu lassen. Nachdem Sie sich aber erdreistet haben, Drohungen gegen Einwohner von Allhütte auszustoßen, erkläre ich Ihnen hiermit, daß wenn noch ein einziges Mal eine Klage über Ihr Betragen in politischer Beziehung hier einläuft, ich Sie sofort arretiren und einsperren lassen werde, um Sie wenigstens für einige Zeit unschädlich zu machen. K. G. Czarnikau, den 22. April 1848. v. Griesheim, Major und Bataillons-Kommandeur. Das Verbrechen der Frau Szuman hatte darin bestanden, daß dieselbe zur Zeit, als die Deputirten aus dem Großherzogthume Posen mit polnischen Cocarden vor dem Könige in Berlin standen, eine roth und weiße Fahne auf ihrem Hause befestigt hatte, und es demnächst nicht gestatten wollte, daß die durch den Landrath dazu aufgehetzten deutschen Einwohner von Althütte diese Fahne herunterrissen. Am 7. April kam der interimistische Landrath des Gnesner Kreises Regierungsassessor Schliep in Begleitung des Bürgermeisters und Hauptmanns in der Landwehr Gutzmann aus Klecko und 25 Husaren nach Polskawies bei Klecko und ergriffen den Ackerwirth Ostrowicki, welcher beschuldigt worden war, den Adler von der Wohnung des Schulzen abgenommen zu haben. Wiewohl Ostrowicki die Anschul-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 47. Köln, 17. Juli 1848, S. 0233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz047_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.