Neue Rheinische Zeitung. Nr. 55. Köln, 25. Juli 1848.Radowitz,der lächelnd sitzen blieb. Schluß der Sitzung fast drei Uhr bei erstickender Hitze.Tagesordnung für Montag:die Posener Frage. 103 Berlin, 22. Juli.
Gestern fand die Uniformirung unserer zunächst in Dienst tretenden Schutzwachen statt. Morgen werden dieselben dem Polizeipräsidenten und ihrem Obersten vorgestellt, und treten dann von Montag ab in Thätigkeit.Die zur Wache Kommandirten werden nicht nur mit Hirschfängern, sondern auch mit kleinen Flinten bewaffnet sein. Die Schutzmannschaft ist in vier Divisionen, jede circa 500 Mann zählend, eingetheilt.Dem Ganzen steht ein Oberst und jeder Division ein Hauptmann vor. Etwa vierzig Mann werden unter einem besondern Hauptmann beritten gemacht und sind diese hauptsächlich für den weitern Polizeibezirk von Berlin bestimmt, während der Dienst der Schutzmannschaft zu Fuß sich vorzugsweise auf die Stadt beschränken wird. Ich habe Ihnen noch einen interessanten Vorfall, der sich vor Schluß der gestrigen Sitzung der Vereinbarungskammer ereignete,mitzutheilen. Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß alle vier Wochen die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten erneuert wird; ferner die Wahl des Präsidenten erfolgt nach absoluter Majorität und in der Art, welche in Ansehung der Wahlmänner durch das Wahlgesetz vom 8. April d. J. vorgeschrieben ist. Da der jetzige Präsident Grabowam 27. Juni gewählt worden ist, so war zu Montag eine Neuwahl angesetzt. Die Rechte beschloß aber vorgestern in ihrer Abendversammlung, um den vorschriftsmäßigen langweiligen Wahlakt zu umgehen,das ganze Präsidium durch Akklamation wiederzuwählen. Demnach stellt Herr Haußmannvor Schluß der gestrigen Sitzung den dringenden Antrag," daß abgesehen von der Geschäftsordnung, bei der am 24.d.M. bevorstehenden Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, der jetzige PräsidentGrabowaufs Neue durch Akklamation wiedergewählt werde." Der Antrag wird sofort von der ganzen Rechten und dem Centrum unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mehrere Stimmen von der Rechten verlangen, daß er ohne alle Diskussion angenommen werde. Hr. Haußmannmeint nicht nöthig zu haben, seinen Antrag zu motiviren, da er damit wohl vielen Wünschen zuvorkomme. Hr.v.Auerswaldder Aeltere eilt auf die Tribüne: So sehr er auch mit dem beabsichtigten Erfolge einverstanden sei, so müsse er den Antrag dennoch bekämpfen. Es sei ein schlechtes Präjudiz, wenn man die Geschäftsordnung für einen Fall verletze. Er bitte daher den Antrag zu verwerfen. Hr. Schulz von Wanzleben stürmt von der linken Seite auf die Tribüne: Wer Gesetze machen will, muß die selbstgegebenen zunächst halten. Die Wahl des Präsidenten soll nach unserer Geschäftsordnung mittelst Stimmzettel statt finden.Davon dürfen wr nicht abweichen und die Frage ist erledigt. (Die Rechte ruft: Schluß!Schluß!) Hr.Haußmann: Es ist nur meine Absicht gewesen, eine einmalige Abweichung der Geschäftsordnung um so eher zu befürworten, als ja derlei Abweichungen schon öfters und erst heute vorgekommen sind. (Die Rechte ruft von Neuem:Schluß!große Aufregung). Die Linke kann sich aber durchaus damit nicht einverstanden erklären. Von der Rechten bestehet man aber noch auf dem Antrag.Da kommt Hr.v.Lisiecki, er bestreitet, daß die Versammlung einen, den Widerspruch in sich tragenden Beschluß fassen könne.Sobald auch nur ein Mitglied seine Zustimmung verweigere, so ist das keine Wahl durch Akklamation. Eine Wahl durch Akklamation ist es nur, wenn sie einstimmig geschieht. Daher würde durch Annahme des Antrags die Minorität förmlich gefangen genommen. Hr.Haußmannerklärt nun, da sich Debatten über seinen Antrag erhoben haben, so nehme er ihn zurück.(Bravo zur Linken). Die Wiederwahl des Herrn Grabowzum Präsidenten ist übrigens jedenfalls schon bei der ersten Abstimmung zu erwarten, da nur die Linke und ein Theil des linken Centrums gegen ihn sind. Als der König mit dem Prinzen von Preußen und dem Prinzen Karl vor einigen Tagen, am Todestage ihrer Mutter, in Charlotenburg war, besichtigte er die daselbst aufgestellte Schützengilde und sprach eben in heiterer Weise mit einigen Schützen, da trat ein Mann an ihn heran mit dem exaltirten Ausruf: "Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, der Krone zu entsagen."Der Sprecher wurde sofort verhaftet, und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß derselbe ein religiöser Schwärmer, keinesfalls der demokratischen Partei, sondern dem Preußen-Verein "mit Gott für König und Vaterland"zugethan ist. Seit einigen Tagen cirkulirt hier ein Schreiben des Kriegsministers v. Schreckenstein, worin derselbe dem interimistischen Kommandanten der Bürgerwehr, Rimpler, erklärt: daß er sich für berechtigt halte, sobald er es für angemessen finde, auch ohne die Bürgerwehr zu fragen, neues Militär nach Berlin zu ziehen. Der Kriegsminister ignorirt also ganz die ministerielle Bekanntmachung von Ende März, daß kein Militär ohne vorherige Bewilligung der Bürgerwehr und der städtischen Behörden nach Berlin gezogen werden solle. Diese Bekanntmachung wurde von den Vorgängern des jetzigen Kriegsministers streng gehalten. 15 Berlin, 22. Juli.
Eine große That ist heute geschehen, eine That, welche der Monarchie sicherer auf die Beine helfen wird, als alle Verbote, Verhaftungen und Konfiskation - der konstitutionelle Kongreßist heute zusammengetreten. Unsere Stadt hat in Folge dieses Ereignisses eine ganz andere Physiognomie angenommen. Ueberall versammeln sich Gruppen von Neugierigen, die sich von der großen Tagesbegebenheit unterhalten. Fragt man was giebts Neues? Woher kommen Sie? Wohin gehen Sie? So kann man sicher sein, von nichts, als vom konstitutionellen Kongreß zu hören. Die demokratischen Klubs, veröten, die radikalsten Schreier lassen den Kopf hängen, und denken en masse nach dem Ohio auszuwandern. - Die Sache kam aber so. In dem konstitutionellen Klub kam ein großer Mann - die Weltgeschichte wird seinen Namen bewahren, ich aber hab' ihn vergessen - auf den großen Gedanken, einen Kongreß sämmtlicher konstitutionellen, patriotischer und Denuncianten-Vereine zu veranstalten. Der Gedanke zündete."Von Asiens entlegnem Strande, von Phocis, vom Spartanerlande von allen Inseln kamen sie, und horchen von dem Schaugerüste des Chores grauser Melodie."Von Breslau kam Hr. Dr. Hahn und Hr. Honigmann, Dr. juris utriusque, von Wesel kam Hr. Blankenburg, von Halle, Hr. Professor Burmeister, von Leipzig, Hr. Dr.Goeschen, von Weimar, Hr. Sause (oder Brause?), von Nürnberg, Hr. so und so, und versammelten sich einmuthig mit Gott für König und Vaterland bei Traiteur Mielentz unter den Linden Nr. 23. Die Versammlung war groß, der Saal aber noch größer, so daß er eine Menge von Kongreßdeputirten, von Klubmitgliedern, von Neugierigen, Berichterstattern und sehr viele leere Stühle umfassen konnte. Die Mitglieder des Comite's von denen ich nur Hrn. Stern, Prutz, Aegidi nenne, waren mit langen schwarz-roth-goldnen Schleifen, die sie an den Aufschlägen des modernen Leibrocks trugen verziert, besonders elegant nahm sich Hr. Aegidi aus, der Schwager der Deutschen Zeitung. Es kamen bei der Debatte höchst wichtige Fragen zur Sprache, unter andern die, ob der konstitutionelle Kongreß sich den Beschlüssen des Frankfurter Parlaments fügen wolle?(Ich frage ob sich das Frankfurter Parlament den Beschlüssen des konstitut.Kongresses fügen wird?) Graf Dyhrn aus Schlesien rief, man solle den Erzherzog Johann als Reichsverweser begrüßen, nicht weil er ein Erzherzog sei,sondern weil er Johann heiße! (Bravo!) Ein Redner meinte, man solle sich aller Prinzipienfragen enthalten, worauf Hr. Dr. Stern als Sprecher meinte, er müsse diesen Antrag zurückweisen, weil er selbst eine Prinzipienfrage enthalte. Sämmtliche Redner sprachen ausgezeichnet; denn sie wurden alle mit rauschendem Beifall belohnt, als sie geendet hatten Es wurde beschlossen, daß man noch mehrere Sitzungen, vor allen aber zur Kräftigung der deutschen Einheit morgen, am Sonntag ein großes Zweckessen halten wolle. Die Deputirten von Stettin (Brunnemann, Maron, Fellechner)werden dem letztern wahrscheinlich nicht beiwohnen, da sie noch während der Sitzung ihren Austritt erklärten. Der Abgeordnete von Angerburg erklärte, daß er sich der Abstimmung enthalten müsse,weil er die Tendenz des Kongresses nicht kenne. *Berlin, 22.Juli.
Hr.Ladenberg der interimistische Verweser des Kultusministeriums, hat den Bonner Privatdozenten auf ihren Antrag:" daß die Vorschläge zu einer Reform der Universitäten nicht andersals von der Gesammtheit aller akademischen Lehrer aufgestellt und demnach bei den Berathungen auch die Privatdozenten mit Stimmrecht zugezogen werden sollten ", einen abweisenden Bescheid ertheilt. Aus der langen Deduktion des Herrn Ladenberg geht hervor, daß 1. Das Ministerium nur die ordentlichen Professoren als" vollberechtigte Mitglieder der akademischen Corporation" anerkennt, obwohl selbst "ordentliche"Professoren sich für gleiche Berechtigung der außerordentlichen und Privatdozenten verwendet haben; daß 2.die außerordentlichen Professoren und Privatdozenten auch keinen"Rechtsanspruch" auf Betheiligung an der Reform-Berathung geltend machen können; daß es ihnen aber 3. nach dem Assoziationsrecht unbenommen bleibt,neben der"vollberechtigten Berathung der gereiften ordentlichen Professoren,"dem Ministerium selbstständige Anträge zur Prüfung einzusenden. *Berlin, 22. Juli.
Das Polizei-Präsidium macht in dem Pr. Staats-Anzeiger bekannt, daß die neue theils berittene, theils unberittene Polizeimannschaft unter dem Namen Schutzmänner," nachdem die ausübende Polizei längere Zeit fast ganz gelähmt gewesen" - nunmehr wenigstens theilweise sofort ins Leben treten solle. Ihre Dienstkleidung besteht in einem dunkelblauen Rock mit gleichfarbigem Stehkragen und zwei Reihen" Knebelknöpfe,"dunkelgrauen Hosen, rundem Filzhut mit Nummer und Seitengewehr; die Offiziere sind durch Abzeichen an Schulter und Kragen unterschieden. Die unberittenen Schutzmänner sollen zu fortdauerndem Patrouillendienst auf den Straßen, bei Tag wie bei Nacht verwendet werden; die berittene Mannschaft thut den Dienst in der Umgegend." Den Schutzwachen sind alle Pflichten und Rechte der exekutiven Polizeibeamten beigelegt;" sie sind umgekleidete, mit Filzhüten versehene Gendsarmen. Der Polizei-Präsident spricht dabei" vertrauensvoll die Erwartung" aus, daß die Berliner Bürgerschaft diesem "neugegründeten Institut" (Costüm)ihr "Wohlwollen"schenken werde." *Stettin, 20.Juli.
Während die hiesigen"Börsen-Nachrichten"im Einverständniß mit Herrn v. Bülow-Cummerow den Patow'schen Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Feudallasten als"in seinen weitern Konsequenzen zum Kommunismus führend" darstellen und über die Aussicht:daß die pommerschen Grundbesitzer mit einer Grundsteuer von 10% belegt werden sollen, lautes Geschrei erheben, ist ein anderer Theil unserer Grundeigenthümer intelligent genug, die Beseitigung ihrer bisherigen Privilegien als nothwendige Bedingung zu betrachten, um dem großen Grundbesitz den politischen Einfluß zu verschaffen, dessen sie zur Förderung ihrer Interessen bedürfen.Eine Anzahl Landwirthe aus den Kreisen Soldin,Friedeberg,Pegritz und Ainswalde ist zu einem Verein "zur Wahrung der Interessen des Grundbesitzes"zusammengetreten und hat ein Programm erlassen, in welchem sie erklärten: Sie seien bereit alle Vorrechte aufzugeben, welche bis jetzt großen Grundbesitzern zustehen. Nur durch ihre Gleichstellung mit allen übrigen Staatsbürgern könne das Mißtrauen und die feindliche Stimmung schwinden, welche jetzt gegen den großen Grundbesitzer unleugbar vorherrsche. Diese Stimmung habe die Folge gehabt, daß die Landwirthschaftliche Intelligenz in der Berliner Versammlung nur sehr schwach vertreten sei. Der große Landwirth, von dem fast allein der Fortschritt des landwirthschaftlichen Gewerbes ausgegangen, sei vorzugsweise berufen die landwirtschaftlichen Interessen und also(?) den überwiegenden Theil des preußischen Volkes zu vertreten, welcher sich derselben widme. So lange diese Vertretung nicht erreicht sei, müßten die Grundbesitzer sich in Vereinen sammeln u. s. w. Man sieht, diese Landeigenthümer erkennen die Lage der Dinge viel richtiger als unsre Herren Bourgevis in den Städten. Sie sagen sich offen von jeder Verbindung mit der feudalistischen Reaktionspartei los, mit welcher die Letzteren in ein so herzliches Einverständniß getreten sind. Sie verlangen keine andere Vorrechte als diejenigen, welche ihnen die moderne bürgerlicheGesellschaft gestattet; sie sehen daß sie nur innerhalb dieser zu Macht und Einfluß gelangen können, und bemessen ihr politisches Verhalten nach den Ansprüchen des Volkes, welches die Wahlen in Händen hat, und daß, wenn es sich auch sonst in ökonomischen Dingen noch gar zu leicht täuschen und betrügen läßt, doch zu der unerschütterlichen Ueberzeugung gelangt ist, daß seine Lage sich nie bessern wird, wenn nicht vor allem sämmtliche Ueberreste feudaler Privilegienherrschaft mit Stumpf und Stil ausgerottet werden. Königsberg, 19. Juli.
Aus Memel geht so eben die Nachricht ein, daß einige Offiziere des vor Kurzem von hier dorthin dislocirten 1. Bataillons des 1. Infanterieregiments, bei einem dieser Tage stattgefundenen Manöver durch Schüsse von Soldaten aus den Gliedern der einen Hälfte des Bataillons, das den Feind markirte, verwundet worden sind. Die Schüsse sollen wohl gezielt worden sein, denn es sind nur Offiziere, und gerade diejenigen getroffen, die nicht beliebt gewesen sein sollten. Die Ladung hat in Kugeln, bei einigen auch in Steinen bestanden. (B.Z.)*Heidelberg, 22. Juli.
Die Professoren-Zeitung enthält in einem Artikel über die Einheit Thüringens folgende Stelle:"Nein! soll die Kleinstaaterei in Deutschland aufhören, was wir als ein Glück begrüßen würden, so möge die Reichsversammlung zu Frankfurt den Muth haben, zu erklären: Alle Staaten Deutschlands, die weniger als eine halbe Million Einwohner besitzen, haben aufgehört, eine selbständige Existenz zu führen; sie bilden den Kern und Stamm eines Reichslandes; das Reichsland wird von dem Reichsministerium unmittelbar verwaltet; die Fürsten werden für das gebrachte Opfer durch eine gute finanzielle Stellung entschädigt." Man sieht, das Gervinusblatt liebt es, zur Abwechselung einmal alles historischen Rechtsbodens zu vergessen und wüthend revolutionär umherzutoben. Warum aber dieses "ehrenwerthe"Organ teutonischer Ungelahrtheit und modernsten Philisterthums blos einige thüringsche Fürsten pensioniren, warum es nicht mit einiger Logik auch die übrigen 3 oder 4 Dutzend größerer oder kleinerer Vaterländer konfisziren und ihre Herrscher in Ruhestand versetzen lassen will;das begreife außer Herrn Gervinus und seinem Korrespondenten, wer da will und kann. 7Beyreuth, 21. Juli.
Man weiß, welchen Schaden bisher die Wildhege an Aeckern und Wiesen der fränkischen Bauern angerichtet hat. Nach der Revolution suchten sich die Letztern selbst vor den Verheerungen zu schützen; namentlich in dem Besitzthum des Herzogs Alexander von Würtemberg, Schwiegersohn Louis Philipp's, bei Beyreuth wurden die Hirsche niedergeschossen, aber als Beweis bloßer Nothwehr auch liegen gelassen. Die jüngste erfreuliche Reaktion hat indeß den Behörden wieder Muth zu Einschreitungen gegeben; überall in den Landgerichten sind die"Jagdfrevler" eingefangen und zur Untersuchung gezogen worden. Die Stimmung des Landvolks über diese neue Schutzlosigkeits-Erklärung ist sehr gereizt. Im Landgerichte Kadolzburg gab die Verhaftung von drei Jagdfrevlern zu Unruhen Anlaß; die Bauern zogen mit Knitteln bewaffnet vor das Haus des Gerichtsdieners, um die Freilassung der Gefangenen zu verlangen, der Landrichter aber ließ die Schutzwehr requiriren, welche in ihrem Polizeibewußtsein die"Rebellen" auch mit Kolben und Bajonetten auseinandertrieben.Die Kadolzburger Kleinbürger leben meist von dem, was die Bauern an Gerichtstagen dort verzehren und einkaufen, und die Letztern haben sich jetzt vereint,wenn sie am Landgericht zu thun haben, nichts mehr auszugeben. Konstanz, 20. Juli.
In seiner heutigen Sitzung hat der hiesige Gemeinderath und große Bürgerausschuß, auf den Antrag von 125 Gemeindebürgern, welche die Freilassung des von Mathy verhafteten Redakteurs der "Seeblätter,"J. Fickler, verlangten, mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, "die großherzogliche Regierung zu ersuchen, den Bürger Fickler der so lange dauernden Haft zu entheben, fürsorglich dessen Prozeß zu beschleunigen oder die Entgegennahme einer Sicherheitsleistung zu bestimmen,wozu die Mittel bereits vorhanden seien." Daß unsere Regierung diesem Ersuchen kein Gehör geben wird, ist unzweifelhaft. (Fr.D.P.Z)*Prag,20.Juli.
Windisch-Grätz erklärt in folgender Kundmachung den Belagerungszustandfür aufgehoben. Wir theilen diese Proklamation vollständig mit. Die Sprache eines kleinen östreichischen Attila in dem revolutionären Jahre 1848 verdient als Curiosum in den Memoiaren der Zeit eingeschrieben zu worden: "Ich ergreife die größtentheils freiwillig und ohne Anwendung ernstlicher Maßregeln zu Stande gekommene Ablieferung der Waffen als einen willkommenen Anlaß, den Belagerungszustand mit dem heutigen Tage aufzuheben, wiewohl ich von vielen und achtbaren Seiten angegangen worden bin, denselben noch einige Zeit fortbestehen zu lassen, wiewohl die Herstellung des Straßenpflasters sehr langsam vorwärts schreitet,-wiewohl leider noch immer einzelne Versuche von Aufwieglungen vorkommen. Der zum großen Theil rechtliche und gesunde Sinn der Einwohnerschaft Prags ließ sie endlich erkennen,daß die Tendenz aller meiner Verfügungen von dem Prinzip ausgehe, jeder anarchischen oder aufrührischen Erscheinung mit Energie zu begegnen, hierdurch jeden Einzelnen in dem ungefährdeten, ungetrübten Genuße der uns Allerhöchst verliehenen konstitutionellen Freiheit, zugleich in seinem ungehinderten Lebenserwerb zu schützen. Dieses von vielen Seiten mir beurkundete richtige Erkennen meiner nie verhehlten, offenkundigen Denkungsweise und Absichten dient mir als eine Bürgschaft,daß alle gutgesinnten und redlichen Bewohner der Hauptstadt sowohl,wie auch der auswärtigen Kreise, durch Wort und That gemeinsam zur Erhaltung der Ruhe, Unterdrückung jedes Versuches, dieselbe zu stören, und hiedurch zur Wiederbelebung des Handels und Verkehrs zusammenwirken werden. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Nachdem ich jedoch an dieses Zugeständniß den aufrichtigen und lebhaften Wunsch knüpfe, durch dasselbe Vertrauen in die Maßregeln der Regierung - Beruhigung in die durch die bedauerlichen Ereignisse geängstigten Gemüther -endlich in der ganzen Provinz Ruhe, Frieden und ungestörten Lebensverkehr herbeizuführen, so sehe ich mich bemüßigt, an alle Jene, welche es wagen wollten, durch aufrührerische Umtriebe neues Unheil über Stadt und Land zu verbreiten, ein ernstes Wort zu richten und hiermit laut und allgemein zu erklären: 1 tens: daß der geringste Versuch zu einem neuen Aufruhr das augenblickliche Eintreten der strengsten militärischen Gewalt zur Folge haben wird; 2 tens: daß, wenn ich in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden sollte, die Waffen gegen aufrührerische Unternehmungen, worunter ich Errichtung von Barricaden und thätliche Angriffe auf das Militär zähle, - brauchen zu lassen, der erste Kanonenschuß, welchen ich gegen die Aufrührer zu richten bemüßigt wäre, für die Publikation des Standrechtes zu gelten habe, nach welchem ein Jeder unnachsichtlich nach dem Kriegsgesetze hingerichtet werden wird, welcher 1. In einem Widerstand mit der Waffe in der Hand gegen die gesetzliche Gewalt, oder 2. In Aufwieglungen zum Aufruhr ergriffen, oder 3. Sonst des Aufruhrs überwiesen wird. Die zur Untersuchung der stattgehabten verbrecherischen Vorfälle zusammengesetzte Commission verbleibt aber, um die Uebelthäter der gesetzlichen Strafe zuzuführen, in ihrer bisherigen Wirksamkeit, jedoch wird dieselbe unter Einem angewiesen, sich nunmehr bezüglich der Civilpersonen nach den für letztere geltenden Strafgesetzen zu benehmen. Mit dieser ernsten Sprache, welche zu führen meine noch nie verletzte Pflicht gegen den Monarchen und den konstitutionellen Staat mir gebietet, verbürge ich jedem Gutgesinnten nach meinem Wirkungskreise Schutz und Wahrnung seiner Rechte, seines Eigenthums, seines Lebens, dem Frevler aber, welcher diese anzutasten, welcher die öffentliche Ruhe zu stören wagt, diene sie als Warnung. Prag, 20. Juli 1848. Fürst Windisch-Grätz. kommandirender General. *Prag, 18. Juli.
Das hiesige "Constitutionnelle Blatt aus Böhmen,"welches, wie die Gervinuszeitung, von Kölner Publicisten, die jedenfalls nicht der "N. Rh. Z."angehören, inspirirt wird, bringt von Zeit zu Zeit die beruhigende Versicherung, die zu Köln angekündigte"Katholische Zeitung" werde dem Geschäft des Herrn Dumont keinen Eintrag thun. Die Handelsbilanz des Herrn Dumont scheint die Bilanz der guten Sache, der Höhestand seines Geschäftsscheint derHöhestand der deutschen Freiheit zu sein. So erklären wir uns wenigstens wenn Herr Dumont Reclamen gegen gegenwärtige oder zukünftige Concurrenten unter der Form von politischen Bülletins in die Welt schickt. Und Sie können sich denken welche Aufregung hier herrschte, als alle Straßen Prag's flüsterten: Neues Bülletin aus Köln. Die "Katholische Zeitung"wird dem Geschäft des Herrn Dumont nicht schaden. *Wien, 22. Juli.
Am 15. Juli hat der Reichsverweser eine Proklamation an das deutsche Volk erlassen. Diese muß das Zei- (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Hr. Dr. Gröschen aus Leipzig sprach sehr schön von der deutschen Einheit; man müsse die Hyder Anarchie vernichten, aber auch die Schlange der Reaktion den Giftzahn ausreißen; man glaubte, er sei schon fertig und klatschte ein lautes Bravo; er sprach aber noch weiter, weshalb man zuletzt noch einmal Beifall klatschen mußte.
Radowitz,der lächelnd sitzen blieb. Schluß der Sitzung fast drei Uhr bei erstickender Hitze.Tagesordnung für Montag:die Posener Frage. 103 Berlin, 22. Juli.
Gestern fand die Uniformirung unserer zunächst in Dienst tretenden Schutzwachen statt. Morgen werden dieselben dem Polizeipräsidenten und ihrem Obersten vorgestellt, und treten dann von Montag ab in Thätigkeit.Die zur Wache Kommandirten werden nicht nur mit Hirschfängern, sondern auch mit kleinen Flinten bewaffnet sein. Die Schutzmannschaft ist in vier Divisionen, jede circa 500 Mann zählend, eingetheilt.Dem Ganzen steht ein Oberst und jeder Division ein Hauptmann vor. Etwa vierzig Mann werden unter einem besondern Hauptmann beritten gemacht und sind diese hauptsächlich für den weitern Polizeibezirk von Berlin bestimmt, während der Dienst der Schutzmannschaft zu Fuß sich vorzugsweise auf die Stadt beschränken wird. Ich habe Ihnen noch einen interessanten Vorfall, der sich vor Schluß der gestrigen Sitzung der Vereinbarungskammer ereignete,mitzutheilen. Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß alle vier Wochen die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten erneuert wird; ferner die Wahl des Präsidenten erfolgt nach absoluter Majorität und in der Art, welche in Ansehung der Wahlmänner durch das Wahlgesetz vom 8. April d. J. vorgeschrieben ist. Da der jetzige Präsident Grabowam 27. Juni gewählt worden ist, so war zu Montag eine Neuwahl angesetzt. Die Rechte beschloß aber vorgestern in ihrer Abendversammlung, um den vorschriftsmäßigen langweiligen Wahlakt zu umgehen,das ganze Präsidium durch Akklamation wiederzuwählen. Demnach stellt Herr Haußmannvor Schluß der gestrigen Sitzung den dringenden Antrag,„ daß abgesehen von der Geschäftsordnung, bei der am 24.d.M. bevorstehenden Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, der jetzige PräsidentGrabowaufs Neue durch Akklamation wiedergewählt werde.“ Der Antrag wird sofort von der ganzen Rechten und dem Centrum unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mehrere Stimmen von der Rechten verlangen, daß er ohne alle Diskussion angenommen werde. Hr. Haußmannmeint nicht nöthig zu haben, seinen Antrag zu motiviren, da er damit wohl vielen Wünschen zuvorkomme. Hr.v.Auerswaldder Aeltere eilt auf die Tribüne: So sehr er auch mit dem beabsichtigten Erfolge einverstanden sei, so müsse er den Antrag dennoch bekämpfen. Es sei ein schlechtes Präjudiz, wenn man die Geschäftsordnung für einen Fall verletze. Er bitte daher den Antrag zu verwerfen. Hr. Schulz von Wanzleben stürmt von der linken Seite auf die Tribüne: Wer Gesetze machen will, muß die selbstgegebenen zunächst halten. Die Wahl des Präsidenten soll nach unserer Geschäftsordnung mittelst Stimmzettel statt finden.Davon dürfen wr nicht abweichen und die Frage ist erledigt. (Die Rechte ruft: Schluß!Schluß!) Hr.Haußmann: Es ist nur meine Absicht gewesen, eine einmalige Abweichung der Geschäftsordnung um so eher zu befürworten, als ja derlei Abweichungen schon öfters und erst heute vorgekommen sind. (Die Rechte ruft von Neuem:Schluß!große Aufregung). Die Linke kann sich aber durchaus damit nicht einverstanden erklären. Von der Rechten bestehet man aber noch auf dem Antrag.Da kommt Hr.v.Lisiecki, er bestreitet, daß die Versammlung einen, den Widerspruch in sich tragenden Beschluß fassen könne.Sobald auch nur ein Mitglied seine Zustimmung verweigere, so ist das keine Wahl durch Akklamation. Eine Wahl durch Akklamation ist es nur, wenn sie einstimmig geschieht. Daher würde durch Annahme des Antrags die Minorität förmlich gefangen genommen. Hr.Haußmannerklärt nun, da sich Debatten über seinen Antrag erhoben haben, so nehme er ihn zurück.(Bravo zur Linken). Die Wiederwahl des Herrn Grabowzum Präsidenten ist übrigens jedenfalls schon bei der ersten Abstimmung zu erwarten, da nur die Linke und ein Theil des linken Centrums gegen ihn sind. Als der König mit dem Prinzen von Preußen und dem Prinzen Karl vor einigen Tagen, am Todestage ihrer Mutter, in Charlotenburg war, besichtigte er die daselbst aufgestellte Schützengilde und sprach eben in heiterer Weise mit einigen Schützen, da trat ein Mann an ihn heran mit dem exaltirten Ausruf: „Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, der Krone zu entsagen.“Der Sprecher wurde sofort verhaftet, und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß derselbe ein religiöser Schwärmer, keinesfalls der demokratischen Partei, sondern dem Preußen-Verein „mit Gott für König und Vaterland“zugethan ist. Seit einigen Tagen cirkulirt hier ein Schreiben des Kriegsministers v. Schreckenstein, worin derselbe dem interimistischen Kommandanten der Bürgerwehr, Rimpler, erklärt: daß er sich für berechtigt halte, sobald er es für angemessen finde, auch ohne die Bürgerwehr zu fragen, neues Militär nach Berlin zu ziehen. Der Kriegsminister ignorirt also ganz die ministerielle Bekanntmachung von Ende März, daß kein Militär ohne vorherige Bewilligung der Bürgerwehr und der städtischen Behörden nach Berlin gezogen werden solle. Diese Bekanntmachung wurde von den Vorgängern des jetzigen Kriegsministers streng gehalten. 15 Berlin, 22. Juli.
Eine große That ist heute geschehen, eine That, welche der Monarchie sicherer auf die Beine helfen wird, als alle Verbote, Verhaftungen und Konfiskation ‒ der konstitutionelle Kongreßist heute zusammengetreten. Unsere Stadt hat in Folge dieses Ereignisses eine ganz andere Physiognomie angenommen. Ueberall versammeln sich Gruppen von Neugierigen, die sich von der großen Tagesbegebenheit unterhalten. Fragt man was giebts Neues? Woher kommen Sie? Wohin gehen Sie? So kann man sicher sein, von nichts, als vom konstitutionellen Kongreß zu hören. Die demokratischen Klubs, veröten, die radikalsten Schreier lassen den Kopf hängen, und denken en masse nach dem Ohio auszuwandern. ‒ Die Sache kam aber so. In dem konstitutionellen Klub kam ein großer Mann ‒ die Weltgeschichte wird seinen Namen bewahren, ich aber hab' ihn vergessen ‒ auf den großen Gedanken, einen Kongreß sämmtlicher konstitutionellen, patriotischer und Denuncianten-Vereine zu veranstalten. Der Gedanke zündete.„Von Asiens entlegnem Strande, von Phocis, vom Spartanerlande von allen Inseln kamen sie, und horchen von dem Schaugerüste des Chores grauser Melodie.“Von Breslau kam Hr. Dr. Hahn und Hr. Honigmann, Dr. juris utriusque, von Wesel kam Hr. Blankenburg, von Halle, Hr. Professor Burmeister, von Leipzig, Hr. Dr.Goeschen, von Weimar, Hr. Sause (oder Brause?), von Nürnberg, Hr. so und so, und versammelten sich einmuthig mit Gott für König und Vaterland bei Traiteur Mielentz unter den Linden Nr. 23. Die Versammlung war groß, der Saal aber noch größer, so daß er eine Menge von Kongreßdeputirten, von Klubmitgliedern, von Neugierigen, Berichterstattern und sehr viele leere Stühle umfassen konnte. Die Mitglieder des Comite's von denen ich nur Hrn. Stern, Prutz, Aegidi nenne, waren mit langen schwarz-roth-goldnen Schleifen, die sie an den Aufschlägen des modernen Leibrocks trugen verziert, besonders elegant nahm sich Hr. Aegidi aus, der Schwager der Deutschen Zeitung. Es kamen bei der Debatte höchst wichtige Fragen zur Sprache, unter andern die, ob der konstitutionelle Kongreß sich den Beschlüssen des Frankfurter Parlaments fügen wolle?(Ich frage ob sich das Frankfurter Parlament den Beschlüssen des konstitut.Kongresses fügen wird?) Graf Dyhrn aus Schlesien rief, man solle den Erzherzog Johann als Reichsverweser begrüßen, nicht weil er ein Erzherzog sei,sondern weil er Johann heiße! (Bravo!) Ein Redner meinte, man solle sich aller Prinzipienfragen enthalten, worauf Hr. Dr. Stern als Sprecher meinte, er müsse diesen Antrag zurückweisen, weil er selbst eine Prinzipienfrage enthalte. Sämmtliche Redner sprachen ausgezeichnet; denn sie wurden alle mit rauschendem Beifall belohnt, als sie geendet hatten Es wurde beschlossen, daß man noch mehrere Sitzungen, vor allen aber zur Kräftigung der deutschen Einheit morgen, am Sonntag ein großes Zweckessen halten wolle. Die Deputirten von Stettin (Brunnemann, Maron, Fellechner)werden dem letztern wahrscheinlich nicht beiwohnen, da sie noch während der Sitzung ihren Austritt erklärten. Der Abgeordnete von Angerburg erklärte, daß er sich der Abstimmung enthalten müsse,weil er die Tendenz des Kongresses nicht kenne. *Berlin, 22.Juli.
Hr.Ladenberg der interimistische Verweser des Kultusministeriums, hat den Bonner Privatdozenten auf ihren Antrag:„ daß die Vorschläge zu einer Reform der Universitäten nicht andersals von der Gesammtheit aller akademischen Lehrer aufgestellt und demnach bei den Berathungen auch die Privatdozenten mit Stimmrecht zugezogen werden sollten “, einen abweisenden Bescheid ertheilt. Aus der langen Deduktion des Herrn Ladenberg geht hervor, daß 1. Das Ministerium nur die ordentlichen Professoren als„ vollberechtigte Mitglieder der akademischen Corporation“ anerkennt, obwohl selbst „ordentliche“Professoren sich für gleiche Berechtigung der außerordentlichen und Privatdozenten verwendet haben; daß 2.die außerordentlichen Professoren und Privatdozenten auch keinen„Rechtsanspruch“ auf Betheiligung an der Reform-Berathung geltend machen können; daß es ihnen aber 3. nach dem Assoziationsrecht unbenommen bleibt,neben der„vollberechtigten Berathung der gereiften ordentlichen Professoren,“dem Ministerium selbstständige Anträge zur Prüfung einzusenden. *Berlin, 22. Juli.
Das Polizei-Präsidium macht in dem Pr. Staats-Anzeiger bekannt, daß die neue theils berittene, theils unberittene Polizeimannschaft unter dem Namen Schutzmänner,„ nachdem die ausübende Polizei längere Zeit fast ganz gelähmt gewesen“ ‒ nunmehr wenigstens theilweise sofort ins Leben treten solle. Ihre Dienstkleidung besteht in einem dunkelblauen Rock mit gleichfarbigem Stehkragen und zwei Reihen„ Knebelknöpfe,“dunkelgrauen Hosen, rundem Filzhut mit Nummer und Seitengewehr; die Offiziere sind durch Abzeichen an Schulter und Kragen unterschieden. Die unberittenen Schutzmänner sollen zu fortdauerndem Patrouillendienst auf den Straßen, bei Tag wie bei Nacht verwendet werden; die berittene Mannschaft thut den Dienst in der Umgegend.„ Den Schutzwachen sind alle Pflichten und Rechte der exekutiven Polizeibeamten beigelegt;“ sie sind umgekleidete, mit Filzhüten versehene Gendsarmen. Der Polizei-Präsident spricht dabei„ vertrauensvoll die Erwartung“ aus, daß die Berliner Bürgerschaft diesem „neugegründeten Institut“ (Costüm)ihr „Wohlwollen“schenken werde.“ *Stettin, 20.Juli.
Während die hiesigen„Börsen-Nachrichten“im Einverständniß mit Herrn v. Bülow-Cummerow den Patow'schen Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Feudallasten als„in seinen weitern Konsequenzen zum Kommunismus führend“ darstellen und über die Aussicht:daß die pommerschen Grundbesitzer mit einer Grundsteuer von 10% belegt werden sollen, lautes Geschrei erheben, ist ein anderer Theil unserer Grundeigenthümer intelligent genug, die Beseitigung ihrer bisherigen Privilegien als nothwendige Bedingung zu betrachten, um dem großen Grundbesitz den politischen Einfluß zu verschaffen, dessen sie zur Förderung ihrer Interessen bedürfen.Eine Anzahl Landwirthe aus den Kreisen Soldin,Friedeberg,Pegritz und Ainswalde ist zu einem Verein „zur Wahrung der Interessen des Grundbesitzes“zusammengetreten und hat ein Programm erlassen, in welchem sie erklärten: Sie seien bereit alle Vorrechte aufzugeben, welche bis jetzt großen Grundbesitzern zustehen. Nur durch ihre Gleichstellung mit allen übrigen Staatsbürgern könne das Mißtrauen und die feindliche Stimmung schwinden, welche jetzt gegen den großen Grundbesitzer unleugbar vorherrsche. Diese Stimmung habe die Folge gehabt, daß die Landwirthschaftliche Intelligenz in der Berliner Versammlung nur sehr schwach vertreten sei. Der große Landwirth, von dem fast allein der Fortschritt des landwirthschaftlichen Gewerbes ausgegangen, sei vorzugsweise berufen die landwirtschaftlichen Interessen und also(?) den überwiegenden Theil des preußischen Volkes zu vertreten, welcher sich derselben widme. So lange diese Vertretung nicht erreicht sei, müßten die Grundbesitzer sich in Vereinen sammeln u. s. w. Man sieht, diese Landeigenthümer erkennen die Lage der Dinge viel richtiger als unsre Herren Bourgevis in den Städten. Sie sagen sich offen von jeder Verbindung mit der feudalistischen Reaktionspartei los, mit welcher die Letzteren in ein so herzliches Einverständniß getreten sind. Sie verlangen keine andere Vorrechte als diejenigen, welche ihnen die moderne bürgerlicheGesellschaft gestattet; sie sehen daß sie nur innerhalb dieser zu Macht und Einfluß gelangen können, und bemessen ihr politisches Verhalten nach den Ansprüchen des Volkes, welches die Wahlen in Händen hat, und daß, wenn es sich auch sonst in ökonomischen Dingen noch gar zu leicht täuschen und betrügen läßt, doch zu der unerschütterlichen Ueberzeugung gelangt ist, daß seine Lage sich nie bessern wird, wenn nicht vor allem sämmtliche Ueberreste feudaler Privilegienherrschaft mit Stumpf und Stil ausgerottet werden. Königsberg, 19. Juli.
Aus Memel geht so eben die Nachricht ein, daß einige Offiziere des vor Kurzem von hier dorthin dislocirten 1. Bataillons des 1. Infanterieregiments, bei einem dieser Tage stattgefundenen Manöver durch Schüsse von Soldaten aus den Gliedern der einen Hälfte des Bataillons, das den Feind markirte, verwundet worden sind. Die Schüsse sollen wohl gezielt worden sein, denn es sind nur Offiziere, und gerade diejenigen getroffen, die nicht beliebt gewesen sein sollten. Die Ladung hat in Kugeln, bei einigen auch in Steinen bestanden. (B.Z.)*Heidelberg, 22. Juli.
Die Professoren-Zeitung enthält in einem Artikel über die Einheit Thüringens folgende Stelle:„Nein! soll die Kleinstaaterei in Deutschland aufhören, was wir als ein Glück begrüßen würden, so möge die Reichsversammlung zu Frankfurt den Muth haben, zu erklären: Alle Staaten Deutschlands, die weniger als eine halbe Million Einwohner besitzen, haben aufgehört, eine selbständige Existenz zu führen; sie bilden den Kern und Stamm eines Reichslandes; das Reichsland wird von dem Reichsministerium unmittelbar verwaltet; die Fürsten werden für das gebrachte Opfer durch eine gute finanzielle Stellung entschädigt.“ Man sieht, das Gervinusblatt liebt es, zur Abwechselung einmal alles historischen Rechtsbodens zu vergessen und wüthend revolutionär umherzutoben. Warum aber dieses „ehrenwerthe“Organ teutonischer Ungelahrtheit und modernsten Philisterthums blos einige thüringsche Fürsten pensioniren, warum es nicht mit einiger Logik auch die übrigen 3 oder 4 Dutzend größerer oder kleinerer Vaterländer konfisziren und ihre Herrscher in Ruhestand versetzen lassen will;das begreife außer Herrn Gervinus und seinem Korrespondenten, wer da will und kann. 7Beyreuth, 21. Juli.
Man weiß, welchen Schaden bisher die Wildhege an Aeckern und Wiesen der fränkischen Bauern angerichtet hat. Nach der Revolution suchten sich die Letztern selbst vor den Verheerungen zu schützen; namentlich in dem Besitzthum des Herzogs Alexander von Würtemberg, Schwiegersohn Louis Philipp's, bei Beyreuth wurden die Hirsche niedergeschossen, aber als Beweis bloßer Nothwehr auch liegen gelassen. Die jüngste erfreuliche Reaktion hat indeß den Behörden wieder Muth zu Einschreitungen gegeben; überall in den Landgerichten sind die„Jagdfrevler“ eingefangen und zur Untersuchung gezogen worden. Die Stimmung des Landvolks über diese neue Schutzlosigkeits-Erklärung ist sehr gereizt. Im Landgerichte Kadolzburg gab die Verhaftung von drei Jagdfrevlern zu Unruhen Anlaß; die Bauern zogen mit Knitteln bewaffnet vor das Haus des Gerichtsdieners, um die Freilassung der Gefangenen zu verlangen, der Landrichter aber ließ die Schutzwehr requiriren, welche in ihrem Polizeibewußtsein die„Rebellen“ auch mit Kolben und Bajonetten auseinandertrieben.Die Kadolzburger Kleinbürger leben meist von dem, was die Bauern an Gerichtstagen dort verzehren und einkaufen, und die Letztern haben sich jetzt vereint,wenn sie am Landgericht zu thun haben, nichts mehr auszugeben. Konstanz, 20. Juli.
In seiner heutigen Sitzung hat der hiesige Gemeinderath und große Bürgerausschuß, auf den Antrag von 125 Gemeindebürgern, welche die Freilassung des von Mathy verhafteten Redakteurs der „Seeblätter,“J. Fickler, verlangten, mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, „die großherzogliche Regierung zu ersuchen, den Bürger Fickler der so lange dauernden Haft zu entheben, fürsorglich dessen Prozeß zu beschleunigen oder die Entgegennahme einer Sicherheitsleistung zu bestimmen,wozu die Mittel bereits vorhanden seien.“ Daß unsere Regierung diesem Ersuchen kein Gehör geben wird, ist unzweifelhaft. (Fr.D.P.Z)*Prag,20.Juli.
Windisch-Grätz erklärt in folgender Kundmachung den Belagerungszustandfür aufgehoben. Wir theilen diese Proklamation vollständig mit. Die Sprache eines kleinen östreichischen Attila in dem revolutionären Jahre 1848 verdient als Curiosum in den Memoiaren der Zeit eingeschrieben zu worden: „Ich ergreife die größtentheils freiwillig und ohne Anwendung ernstlicher Maßregeln zu Stande gekommene Ablieferung der Waffen als einen willkommenen Anlaß, den Belagerungszustand mit dem heutigen Tage aufzuheben, wiewohl ich von vielen und achtbaren Seiten angegangen worden bin, denselben noch einige Zeit fortbestehen zu lassen, wiewohl die Herstellung des Straßenpflasters sehr langsam vorwärts schreitet,‒wiewohl leider noch immer einzelne Versuche von Aufwieglungen vorkommen. Der zum großen Theil rechtliche und gesunde Sinn der Einwohnerschaft Prags ließ sie endlich erkennen,daß die Tendenz aller meiner Verfügungen von dem Prinzip ausgehe, jeder anarchischen oder aufrührischen Erscheinung mit Energie zu begegnen, hierdurch jeden Einzelnen in dem ungefährdeten, ungetrübten Genuße der uns Allerhöchst verliehenen konstitutionellen Freiheit, zugleich in seinem ungehinderten Lebenserwerb zu schützen. Dieses von vielen Seiten mir beurkundete richtige Erkennen meiner nie verhehlten, offenkundigen Denkungsweise und Absichten dient mir als eine Bürgschaft,daß alle gutgesinnten und redlichen Bewohner der Hauptstadt sowohl,wie auch der auswärtigen Kreise, durch Wort und That gemeinsam zur Erhaltung der Ruhe, Unterdrückung jedes Versuches, dieselbe zu stören, und hiedurch zur Wiederbelebung des Handels und Verkehrs zusammenwirken werden. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Nachdem ich jedoch an dieses Zugeständniß den aufrichtigen und lebhaften Wunsch knüpfe, durch dasselbe Vertrauen in die Maßregeln der Regierung ‒ Beruhigung in die durch die bedauerlichen Ereignisse geängstigten Gemüther ‒endlich in der ganzen Provinz Ruhe, Frieden und ungestörten Lebensverkehr herbeizuführen, so sehe ich mich bemüßigt, an alle Jene, welche es wagen wollten, durch aufrührerische Umtriebe neues Unheil über Stadt und Land zu verbreiten, ein ernstes Wort zu richten und hiermit laut und allgemein zu erklären: 1 tens: daß der geringste Versuch zu einem neuen Aufruhr das augenblickliche Eintreten der strengsten militärischen Gewalt zur Folge haben wird; 2 tens: daß, wenn ich in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden sollte, die Waffen gegen aufrührerische Unternehmungen, worunter ich Errichtung von Barricaden und thätliche Angriffe auf das Militär zähle, ‒ brauchen zu lassen, der erste Kanonenschuß, welchen ich gegen die Aufrührer zu richten bemüßigt wäre, für die Publikation des Standrechtes zu gelten habe, nach welchem ein Jeder unnachsichtlich nach dem Kriegsgesetze hingerichtet werden wird, welcher 1. In einem Widerstand mit der Waffe in der Hand gegen die gesetzliche Gewalt, oder 2. In Aufwieglungen zum Aufruhr ergriffen, oder 3. Sonst des Aufruhrs überwiesen wird. Die zur Untersuchung der stattgehabten verbrecherischen Vorfälle zusammengesetzte Commission verbleibt aber, um die Uebelthäter der gesetzlichen Strafe zuzuführen, in ihrer bisherigen Wirksamkeit, jedoch wird dieselbe unter Einem angewiesen, sich nunmehr bezüglich der Civilpersonen nach den für letztere geltenden Strafgesetzen zu benehmen. Mit dieser ernsten Sprache, welche zu führen meine noch nie verletzte Pflicht gegen den Monarchen und den konstitutionellen Staat mir gebietet, verbürge ich jedem Gutgesinnten nach meinem Wirkungskreise Schutz und Wahrnung seiner Rechte, seines Eigenthums, seines Lebens, dem Frevler aber, welcher diese anzutasten, welcher die öffentliche Ruhe zu stören wagt, diene sie als Warnung. Prag, 20. Juli 1848. Fürst Windisch-Grätz. kommandirender General. *Prag, 18. Juli.
Das hiesige „Constitutionnelle Blatt aus Böhmen,“welches, wie die Gervinuszeitung, von Kölner Publicisten, die jedenfalls nicht der „N. Rh. Z.“angehören, inspirirt wird, bringt von Zeit zu Zeit die beruhigende Versicherung, die zu Köln angekündigte„Katholische Zeitung“ werde dem Geschäft des Herrn Dumont keinen Eintrag thun. Die Handelsbilanz des Herrn Dumont scheint die Bilanz der guten Sache, der Höhestand seines Geschäftsscheint derHöhestand der deutschen Freiheit zu sein. So erklären wir uns wenigstens wenn Herr Dumont Reclamen gegen gegenwärtige oder zukünftige Concurrenten unter der Form von politischen Bülletins in die Welt schickt. Und Sie können sich denken welche Aufregung hier herrschte, als alle Straßen Prag's flüsterten: Neues Bülletin aus Köln. Die „Katholische Zeitung“wird dem Geschäft des Herrn Dumont nicht schaden. *Wien, 22. Juli.
Am 15. Juli hat der Reichsverweser eine Proklamation an das deutsche Volk erlassen. Diese muß das Zei- (Siehe den Verfolg in der Beilage.) Hr. Dr. Gröschen aus Leipzig sprach sehr schön von der deutschen Einheit; man müsse die Hyder Anarchie vernichten, aber auch die Schlange der Reaktion den Giftzahn ausreißen; man glaubte, er sei schon fertig und klatschte ein lautes Bravo; er sprach aber noch weiter, weshalb man zuletzt noch einmal Beifall klatschen mußte.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar055_005" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0273"/><hi rendition="#g">Radowitz,</hi>der lächelnd sitzen blieb. Schluß der Sitzung fast drei Uhr bei erstickender <hi rendition="#g">Hitze.</hi>Tagesordnung für Montag:<hi rendition="#g">die Posener Frage.</hi></p> </div> <div xml:id="ar055_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 22. Juli.</head> <p>Gestern fand die Uniformirung unserer zunächst in Dienst tretenden Schutzwachen statt. Morgen werden dieselben dem Polizeipräsidenten und ihrem Obersten vorgestellt, und treten dann von Montag ab in Thätigkeit.Die zur Wache Kommandirten werden nicht nur mit Hirschfängern, sondern auch mit kleinen Flinten bewaffnet sein. Die Schutzmannschaft ist in vier Divisionen, jede circa 500 Mann zählend, eingetheilt.Dem Ganzen steht ein Oberst und jeder Division ein Hauptmann vor. Etwa vierzig Mann werden unter einem besondern Hauptmann beritten gemacht und sind diese hauptsächlich für den weitern Polizeibezirk von Berlin bestimmt, während der Dienst der Schutzmannschaft zu Fuß sich vorzugsweise auf die Stadt beschränken wird.</p> <p>Ich habe Ihnen noch einen interessanten Vorfall, der sich vor Schluß der gestrigen Sitzung der Vereinbarungskammer ereignete,mitzutheilen. Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß alle vier Wochen die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten erneuert wird; ferner die Wahl des Präsidenten erfolgt nach absoluter Majorität und in der Art, welche in Ansehung der Wahlmänner durch das Wahlgesetz vom 8. April d. J. vorgeschrieben ist. Da der jetzige Präsident <hi rendition="#g">Grabow</hi>am 27. Juni gewählt worden ist, so war zu Montag eine Neuwahl angesetzt. Die Rechte beschloß aber vorgestern in ihrer Abendversammlung, um den vorschriftsmäßigen langweiligen Wahlakt zu umgehen,das ganze Präsidium durch Akklamation wiederzuwählen. Demnach stellt Herr <hi rendition="#g">Haußmann</hi>vor Schluß der gestrigen Sitzung den dringenden Antrag,„ daß abgesehen von der Geschäftsordnung, bei der am 24.d.M. bevorstehenden Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, der jetzige Präsident<hi rendition="#g">Grabow</hi>aufs Neue durch Akklamation wiedergewählt werde.“ Der Antrag wird sofort von der ganzen Rechten und dem Centrum unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mehrere Stimmen von der Rechten verlangen, daß er ohne alle Diskussion angenommen werde. Hr. <hi rendition="#g">Haußmann</hi>meint nicht nöthig zu haben, seinen Antrag zu motiviren, da er damit wohl vielen Wünschen zuvorkomme.</p> <p><hi rendition="#g">Hr.v.Auerswald</hi>der Aeltere eilt auf die Tribüne: So sehr er auch mit dem beabsichtigten Erfolge einverstanden sei, so müsse er den Antrag dennoch bekämpfen. Es sei ein schlechtes Präjudiz, wenn man die Geschäftsordnung für einen Fall verletze. Er bitte daher den Antrag zu verwerfen.</p> <p><hi rendition="#g">Hr. Schulz</hi> von Wanzleben stürmt von der linken Seite auf die Tribüne: Wer Gesetze machen will, muß die selbstgegebenen zunächst halten. Die Wahl des Präsidenten soll nach unserer Geschäftsordnung mittelst Stimmzettel statt finden.Davon dürfen wr nicht abweichen und die Frage ist erledigt. (Die Rechte ruft: Schluß!Schluß!)</p> <p><hi rendition="#g">Hr.Haußmann:</hi> Es ist nur meine Absicht gewesen, eine einmalige Abweichung der Geschäftsordnung um so eher zu befürworten, als ja derlei Abweichungen schon öfters und erst heute vorgekommen sind. (Die Rechte ruft von Neuem:Schluß!große Aufregung).</p> <p>Die Linke kann sich aber durchaus damit nicht einverstanden erklären. Von der Rechten bestehet man aber noch auf dem Antrag.Da kommt</p> <p>Hr.v.<hi rendition="#g">Lisiecki,</hi> er bestreitet, daß die Versammlung einen, den Widerspruch in sich tragenden Beschluß fassen könne.Sobald auch nur ein Mitglied seine Zustimmung verweigere, so ist das keine Wahl durch Akklamation. Eine Wahl durch Akklamation ist es nur, wenn sie einstimmig geschieht. Daher würde durch Annahme des Antrags die Minorität förmlich gefangen genommen.</p> <p><hi rendition="#g">Hr.Haußmann</hi>erklärt nun, da sich Debatten über seinen Antrag erhoben haben, so nehme er ihn zurück.(Bravo zur Linken).</p> <p>Die Wiederwahl des Herrn <hi rendition="#g">Grabow</hi>zum Präsidenten ist übrigens jedenfalls schon bei der ersten Abstimmung zu erwarten, da nur die Linke und ein Theil des linken Centrums gegen ihn sind.</p> <p>Als der König mit dem Prinzen von Preußen und dem Prinzen Karl vor einigen Tagen, am Todestage ihrer Mutter, in Charlotenburg war, besichtigte er die daselbst aufgestellte Schützengilde und sprach eben in heiterer Weise mit einigen Schützen, da trat ein Mann an ihn heran mit dem exaltirten Ausruf: „<hi rendition="#g">Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, der Krone zu entsagen.</hi>“Der Sprecher wurde sofort verhaftet, und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß derselbe ein religiöser Schwärmer, keinesfalls der demokratischen Partei, sondern dem Preußen-Verein „mit Gott für König und Vaterland“zugethan ist.</p> <p>Seit einigen Tagen cirkulirt hier ein Schreiben des Kriegsministers v. Schreckenstein, worin derselbe dem interimistischen Kommandanten der Bürgerwehr, Rimpler, erklärt: daß er sich für berechtigt halte, sobald er es für angemessen finde, auch ohne die Bürgerwehr zu fragen, neues Militär nach Berlin zu ziehen. Der Kriegsminister ignorirt also ganz die ministerielle Bekanntmachung von Ende März, daß kein Militär ohne vorherige Bewilligung der Bürgerwehr und der städtischen Behörden nach Berlin gezogen werden solle. Diese Bekanntmachung wurde von den Vorgängern des jetzigen Kriegsministers streng gehalten.</p> </div> <div xml:id="ar055_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Berlin, 22. Juli.</head> <p>Eine große That ist heute geschehen, eine That, welche der Monarchie sicherer auf die Beine helfen wird, als alle Verbote, Verhaftungen und Konfiskation ‒ der <hi rendition="#g">konstitutionelle Kongreß</hi>ist heute zusammengetreten. Unsere Stadt hat in Folge dieses Ereignisses eine ganz andere Physiognomie angenommen. Ueberall versammeln sich Gruppen von Neugierigen, die sich von der großen Tagesbegebenheit unterhalten. Fragt man was giebts Neues? Woher kommen Sie? Wohin gehen Sie? So kann man sicher sein, von nichts, als vom konstitutionellen Kongreß zu hören. Die demokratischen Klubs, veröten, die radikalsten Schreier lassen den Kopf hängen, und denken en masse nach dem Ohio auszuwandern. ‒ Die Sache kam aber so. In dem konstitutionellen Klub kam ein großer Mann ‒ die Weltgeschichte wird seinen Namen bewahren, ich aber hab' ihn vergessen ‒ auf den großen Gedanken, einen Kongreß sämmtlicher konstitutionellen, patriotischer und Denuncianten-Vereine zu veranstalten. Der Gedanke zündete.„Von Asiens entlegnem Strande, von Phocis, vom Spartanerlande von allen Inseln kamen sie, und horchen von dem Schaugerüste des Chores grauser Melodie.“Von Breslau kam Hr. Dr. Hahn und Hr. Honigmann, Dr. juris utriusque, von Wesel kam Hr. Blankenburg, von Halle, Hr. Professor Burmeister, von Leipzig, Hr. Dr.Goeschen, von Weimar, Hr. Sause (oder Brause?), von Nürnberg, Hr. so und so, und versammelten sich einmuthig mit Gott für König und Vaterland bei Traiteur Mielentz unter den Linden Nr. 23. Die Versammlung war groß, der Saal aber noch größer, so daß er eine Menge von Kongreßdeputirten, von Klubmitgliedern, von Neugierigen, Berichterstattern und sehr viele leere Stühle umfassen konnte. Die Mitglieder des Comite's von denen ich nur Hrn. Stern, Prutz, Aegidi nenne, waren mit langen schwarz-roth-goldnen Schleifen, die sie an den Aufschlägen des modernen Leibrocks trugen verziert, besonders elegant nahm sich Hr. Aegidi aus, der Schwager der Deutschen Zeitung. Es kamen bei der Debatte höchst wichtige Fragen zur Sprache, unter andern die, ob der konstitutionelle Kongreß sich den Beschlüssen des Frankfurter Parlaments fügen wolle?(Ich frage ob sich das Frankfurter Parlament den Beschlüssen des konstitut.Kongresses fügen wird?) Graf <hi rendition="#g">Dyhrn</hi> aus Schlesien rief, man solle den Erzherzog Johann als Reichsverweser begrüßen, nicht weil er ein Erzherzog sei,sondern weil er Johann heiße! (Bravo!) Ein Redner meinte, man solle sich aller Prinzipienfragen enthalten, worauf Hr. Dr. Stern als Sprecher meinte, er müsse diesen Antrag zurückweisen, weil er selbst eine Prinzipienfrage enthalte. Sämmtliche Redner sprachen ausgezeichnet; denn sie wurden alle mit rauschendem Beifall belohnt, als sie geendet hatten <note place="foot">Hr. Dr. Gröschen aus Leipzig sprach sehr schön von der deutschen Einheit; man müsse die Hyder Anarchie vernichten, aber auch die Schlange der Reaktion den Giftzahn ausreißen; man glaubte, er sei schon fertig und klatschte ein lautes Bravo; er sprach aber noch weiter, weshalb man zuletzt noch einmal Beifall klatschen mußte.</note> Es wurde beschlossen, daß man noch mehrere Sitzungen, vor allen aber zur Kräftigung der deutschen Einheit morgen, am Sonntag ein großes Zweckessen halten wolle. Die Deputirten von Stettin (Brunnemann, Maron, Fellechner)werden dem letztern wahrscheinlich nicht beiwohnen, da sie noch während der Sitzung ihren Austritt erklärten. Der Abgeordnete von Angerburg erklärte, daß er sich der Abstimmung enthalten müsse,weil er die Tendenz des Kongresses nicht kenne.</p> </div> <div xml:id="ar055_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Berlin, 22.Juli.</head> <p>Hr.Ladenberg der interimistische Verweser des Kultusministeriums, hat den Bonner Privatdozenten auf ihren Antrag:„ daß die Vorschläge zu einer Reform der Universitäten nicht andersals von der Gesammtheit aller akademischen Lehrer aufgestellt und demnach bei den Berathungen auch die Privatdozenten mit Stimmrecht zugezogen werden sollten “, einen abweisenden Bescheid ertheilt. Aus der langen Deduktion des Herrn Ladenberg geht hervor, daß 1. Das Ministerium nur die ordentlichen Professoren als„ vollberechtigte Mitglieder der akademischen Corporation“ anerkennt, obwohl selbst „ordentliche“Professoren sich für gleiche Berechtigung der außerordentlichen und Privatdozenten verwendet haben; daß 2.die außerordentlichen Professoren und Privatdozenten auch keinen„Rechtsanspruch“ auf Betheiligung an der Reform-Berathung geltend machen können; daß es ihnen aber 3. nach dem Assoziationsrecht unbenommen bleibt,neben der„vollberechtigten Berathung der gereiften ordentlichen Professoren,“dem Ministerium selbstständige Anträge zur Prüfung einzusenden.</p> </div> <div xml:id="ar055_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Berlin, 22. Juli.</head> <p>Das Polizei-Präsidium macht in dem Pr. Staats-Anzeiger bekannt, daß die neue theils berittene, theils unberittene Polizeimannschaft unter dem Namen Schutzmänner,„ nachdem die ausübende Polizei längere Zeit fast ganz gelähmt gewesen“ ‒ nunmehr wenigstens theilweise sofort ins Leben treten solle. Ihre Dienstkleidung besteht in einem dunkelblauen Rock mit gleichfarbigem Stehkragen und zwei Reihen„ Knebelknöpfe,“dunkelgrauen Hosen, rundem Filzhut mit Nummer und Seitengewehr; die Offiziere sind durch Abzeichen an Schulter und Kragen unterschieden. Die unberittenen Schutzmänner sollen zu fortdauerndem Patrouillendienst auf den Straßen, bei Tag wie bei Nacht verwendet werden; die berittene Mannschaft thut den Dienst in der Umgegend.„ Den Schutzwachen sind alle Pflichten und Rechte der exekutiven Polizeibeamten beigelegt;“ sie sind umgekleidete, mit Filzhüten versehene Gendsarmen. Der Polizei-Präsident spricht dabei„ vertrauensvoll die Erwartung“ aus, daß die Berliner Bürgerschaft diesem „neugegründeten Institut“ (Costüm)ihr „Wohlwollen“schenken werde.“</p> </div> <div xml:id="ar055_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Stettin, 20.Juli.</head> <p>Während die hiesigen„Börsen-Nachrichten“im Einverständniß mit Herrn v. Bülow-Cummerow den Patow'schen Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Feudallasten als„in seinen weitern Konsequenzen zum <hi rendition="#g">Kommunismus</hi> führend“ darstellen und über die Aussicht:daß die pommerschen Grundbesitzer mit einer Grundsteuer von 10% belegt werden sollen, lautes Geschrei erheben, ist ein anderer Theil unserer Grundeigenthümer intelligent genug, die Beseitigung ihrer bisherigen Privilegien als nothwendige Bedingung zu betrachten, um dem großen Grundbesitz den politischen Einfluß zu verschaffen, dessen sie zur Förderung ihrer Interessen bedürfen.Eine Anzahl Landwirthe aus den Kreisen Soldin,Friedeberg,Pegritz und Ainswalde ist zu einem Verein „zur Wahrung der Interessen des Grundbesitzes“zusammengetreten und hat ein Programm erlassen, in welchem sie erklärten: Sie seien bereit alle Vorrechte aufzugeben, welche bis jetzt großen Grundbesitzern zustehen. Nur durch ihre Gleichstellung mit allen übrigen Staatsbürgern könne das Mißtrauen und die feindliche Stimmung schwinden, welche jetzt gegen den großen Grundbesitzer unleugbar vorherrsche. Diese Stimmung habe die Folge gehabt, daß die Landwirthschaftliche Intelligenz in der Berliner Versammlung nur sehr schwach vertreten sei. Der große Landwirth, von dem fast allein der Fortschritt des landwirthschaftlichen Gewerbes ausgegangen, sei vorzugsweise berufen die landwirtschaftlichen Interessen und <hi rendition="#g">also</hi>(?) den überwiegenden Theil des preußischen Volkes zu vertreten, welcher sich derselben widme. So lange diese Vertretung nicht erreicht sei, müßten die Grundbesitzer sich in Vereinen sammeln u. s. w.</p> <p>Man sieht, diese Landeigenthümer erkennen die Lage der Dinge viel richtiger als unsre Herren Bourgevis in den Städten. Sie sagen sich offen von jeder Verbindung mit der feudalistischen Reaktionspartei los, mit welcher die Letzteren in ein so herzliches Einverständniß getreten sind. Sie verlangen keine andere Vorrechte als diejenigen, welche ihnen die <hi rendition="#g">moderne bürgerliche</hi>Gesellschaft gestattet; sie sehen daß sie nur innerhalb dieser zu Macht und Einfluß gelangen können, und bemessen ihr politisches Verhalten nach den Ansprüchen des <hi rendition="#g">Volkes,</hi> welches die Wahlen in Händen hat, und daß, wenn es sich auch sonst in ökonomischen Dingen noch gar zu leicht täuschen und betrügen läßt, doch zu der unerschütterlichen Ueberzeugung gelangt ist, daß seine Lage sich nie bessern wird, wenn nicht vor allem sämmtliche Ueberreste feudaler Privilegienherrschaft mit Stumpf und Stil ausgerottet werden.</p> </div> <div xml:id="ar055_011" type="jArticle"> <head>Königsberg, 19. Juli.</head> <p>Aus Memel geht so eben die Nachricht ein, daß einige Offiziere des vor Kurzem von hier dorthin dislocirten 1. Bataillons des 1. Infanterieregiments, bei einem dieser Tage stattgefundenen Manöver durch Schüsse von Soldaten aus den Gliedern der einen Hälfte des Bataillons, das den Feind markirte, verwundet worden sind. Die Schüsse sollen wohl gezielt worden sein, denn es sind nur Offiziere, und gerade diejenigen getroffen, die nicht beliebt gewesen sein sollten. Die Ladung hat in Kugeln, bei einigen auch in Steinen bestanden.</p> <bibl>(B.Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar055_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Heidelberg, 22. Juli.</head> <p>Die Professoren-Zeitung enthält in einem Artikel über die Einheit <hi rendition="#g">Thüringens</hi> folgende Stelle:„Nein! soll die Kleinstaaterei in Deutschland aufhören, was wir als ein Glück begrüßen würden, so möge die Reichsversammlung zu Frankfurt den Muth haben, zu erklären: Alle Staaten Deutschlands, die weniger als eine halbe Million Einwohner besitzen, haben aufgehört, eine selbständige Existenz zu führen; sie bilden den Kern und Stamm eines Reichslandes; das Reichsland wird von dem Reichsministerium unmittelbar verwaltet; die Fürsten werden für das gebrachte Opfer durch eine gute finanzielle Stellung entschädigt.“</p> <p>Man sieht, das Gervinusblatt liebt es, zur Abwechselung einmal alles historischen Rechtsbodens zu vergessen und wüthend revolutionär umherzutoben. Warum aber dieses „ehrenwerthe“Organ teutonischer Ungelahrtheit und modernsten Philisterthums blos einige thüringsche Fürsten pensioniren, warum es nicht mit einiger Logik auch die übrigen 3 oder 4 Dutzend größerer oder kleinerer Vaterländer konfisziren und ihre Herrscher in Ruhestand versetzen lassen will;das begreife außer Herrn Gervinus und seinem Korrespondenten, wer da will und kann.</p> </div> <div xml:id="ar055_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>7</author></bibl>Beyreuth, 21. Juli.</head> <p>Man weiß, welchen Schaden bisher die Wildhege an Aeckern und Wiesen der fränkischen Bauern angerichtet hat. Nach der Revolution suchten sich die Letztern selbst vor den Verheerungen zu schützen; namentlich in dem Besitzthum des Herzogs Alexander von Würtemberg, Schwiegersohn Louis Philipp's, bei Beyreuth wurden die Hirsche niedergeschossen, aber als Beweis bloßer Nothwehr auch liegen gelassen. Die jüngste erfreuliche Reaktion hat indeß den Behörden wieder Muth zu Einschreitungen gegeben; überall in den Landgerichten sind die„Jagdfrevler“ eingefangen und zur Untersuchung gezogen worden. Die Stimmung des Landvolks über diese neue Schutzlosigkeits-Erklärung ist sehr gereizt. Im Landgerichte Kadolzburg gab die Verhaftung von drei Jagdfrevlern zu Unruhen Anlaß; die Bauern zogen mit Knitteln bewaffnet vor das Haus des Gerichtsdieners, um die Freilassung der Gefangenen zu verlangen, der Landrichter aber ließ die Schutzwehr requiriren, welche in ihrem Polizeibewußtsein die„Rebellen“ auch mit Kolben und Bajonetten auseinandertrieben.Die Kadolzburger Kleinbürger leben meist von dem, was die Bauern an Gerichtstagen dort verzehren und einkaufen, und die Letztern haben sich jetzt vereint,wenn sie am Landgericht zu thun haben, nichts mehr auszugeben.</p> </div> <div xml:id="ar055_014" type="jArticle"> <head>Konstanz, 20. Juli.</head> <p>In seiner heutigen Sitzung hat der hiesige Gemeinderath und große Bürgerausschuß, auf den Antrag von 125 Gemeindebürgern, welche die Freilassung des von Mathy verhafteten Redakteurs der „Seeblätter,“J. Fickler, verlangten, mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, „die großherzogliche Regierung zu ersuchen, den Bürger Fickler der so lange dauernden Haft zu entheben, fürsorglich dessen Prozeß zu beschleunigen oder die Entgegennahme einer Sicherheitsleistung zu bestimmen,wozu die Mittel bereits vorhanden seien.“ Daß unsere Regierung diesem Ersuchen kein Gehör geben wird, <hi rendition="#g">ist unzweifelhaft.</hi></p> <bibl>(Fr.D.P.Z)</bibl> </div> <div xml:id="ar055_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Prag,20.Juli.</head> <p>Windisch-Grätz erklärt in folgender Kundmachung den <hi rendition="#g">Belagerungszustand</hi>für <hi rendition="#g">aufgehoben.</hi> Wir theilen diese Proklamation vollständig mit. Die Sprache eines kleinen östreichischen Attila in dem revolutionären Jahre 1848 verdient als Curiosum in den Memoiaren der Zeit eingeschrieben zu worden:</p> <p>„Ich ergreife die größtentheils freiwillig und ohne Anwendung ernstlicher Maßregeln zu Stande gekommene Ablieferung der Waffen als einen willkommenen Anlaß, den Belagerungszustand mit dem heutigen Tage aufzuheben, wiewohl ich von vielen und achtbaren Seiten angegangen worden bin, denselben noch einige Zeit fortbestehen zu lassen, wiewohl die Herstellung des Straßenpflasters sehr langsam vorwärts schreitet,‒wiewohl leider noch immer einzelne Versuche von Aufwieglungen vorkommen. Der zum großen Theil rechtliche und gesunde Sinn der Einwohnerschaft Prags ließ sie endlich erkennen,daß die Tendenz aller meiner Verfügungen von dem Prinzip ausgehe, jeder anarchischen oder aufrührischen Erscheinung mit Energie zu begegnen, hierdurch jeden Einzelnen in dem ungefährdeten, ungetrübten Genuße der uns Allerhöchst verliehenen konstitutionellen Freiheit, zugleich in seinem ungehinderten Lebenserwerb zu schützen. Dieses von vielen Seiten mir beurkundete richtige Erkennen meiner nie verhehlten, offenkundigen Denkungsweise und Absichten dient mir als eine Bürgschaft,daß alle gutgesinnten und redlichen Bewohner der Hauptstadt sowohl,wie auch der auswärtigen Kreise, durch Wort und That gemeinsam zur Erhaltung der Ruhe, Unterdrückung jedes Versuches, dieselbe zu stören, und hiedurch zur Wiederbelebung des Handels und Verkehrs zusammenwirken werden. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Nachdem ich jedoch an dieses Zugeständniß den aufrichtigen und lebhaften Wunsch knüpfe, durch dasselbe Vertrauen in die Maßregeln der Regierung ‒ Beruhigung in die durch die bedauerlichen Ereignisse geängstigten Gemüther ‒endlich in der ganzen Provinz Ruhe, Frieden und ungestörten Lebensverkehr herbeizuführen, so sehe ich mich bemüßigt, an alle Jene, welche es wagen wollten, durch aufrührerische Umtriebe neues Unheil über Stadt und Land zu verbreiten, ein ernstes Wort zu richten und hiermit laut und allgemein zu erklären:</p> <p>1 tens: daß der geringste Versuch zu einem neuen Aufruhr das augenblickliche Eintreten der strengsten militärischen Gewalt zur Folge haben wird;</p> <p>2 tens: daß, wenn ich in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden sollte, die Waffen gegen aufrührerische Unternehmungen, worunter ich Errichtung von Barricaden und thätliche Angriffe auf das Militär zähle, ‒ brauchen zu lassen, der erste Kanonenschuß, welchen ich gegen die Aufrührer zu richten bemüßigt wäre, für die Publikation des Standrechtes zu gelten habe, nach welchem ein Jeder unnachsichtlich nach dem Kriegsgesetze hingerichtet werden wird, welcher</p> <p>1. In einem Widerstand mit der Waffe in der Hand gegen die gesetzliche Gewalt, oder</p> <p>2. In Aufwieglungen zum Aufruhr ergriffen, oder</p> <p>3. Sonst des Aufruhrs überwiesen wird.</p> <p>Die zur Untersuchung der stattgehabten verbrecherischen Vorfälle zusammengesetzte Commission verbleibt aber, um die Uebelthäter der gesetzlichen Strafe zuzuführen, in ihrer bisherigen Wirksamkeit, jedoch wird dieselbe unter Einem angewiesen, sich nunmehr bezüglich der Civilpersonen nach den für letztere geltenden Strafgesetzen zu benehmen. Mit dieser ernsten Sprache, welche zu führen meine noch nie verletzte Pflicht gegen den Monarchen und den konstitutionellen Staat mir gebietet, verbürge ich jedem Gutgesinnten nach meinem Wirkungskreise Schutz und Wahrnung seiner Rechte, seines Eigenthums, seines Lebens, dem Frevler aber, welcher diese anzutasten, welcher die öffentliche Ruhe zu stören wagt, diene sie als Warnung.</p> <p>Prag, 20. Juli 1848.</p> <p> <hi rendition="#g">Fürst Windisch-Grätz.</hi> </p> <p>kommandirender General.</p> </div> <div xml:id="ar055_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Prag, 18. Juli.</head> <p>Das hiesige „Constitutionnelle Blatt aus Böhmen,“welches, wie die Gervinuszeitung, von Kölner Publicisten, die jedenfalls nicht der „N. Rh. Z.“angehören, inspirirt wird, bringt von Zeit zu Zeit die beruhigende Versicherung, die zu Köln angekündigte„<hi rendition="#g">Katholische Zeitung</hi>“ werde dem Geschäft des Herrn Dumont keinen Eintrag thun. Die Handelsbilanz des Herrn Dumont scheint die Bilanz der <hi rendition="#g">guten Sache, der Höhestand seines Geschäfts</hi>scheint der<hi rendition="#g">Höhestand der deutschen Freiheit</hi> zu sein. So erklären wir uns wenigstens wenn Herr Dumont Reclamen gegen gegenwärtige oder zukünftige Concurrenten unter der Form von politischen Bülletins in die Welt schickt. Und Sie können sich denken welche Aufregung hier herrschte, als alle Straßen Prag's flüsterten:<hi rendition="#g"> Neues Bülletin aus Köln. Die „Katholische Zeitung“wird dem Geschäft des Herrn Dumont nicht schaden.</hi></p> </div> <div xml:id="ar055_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Wien, 22. Juli.</head> <p>Am 15. Juli hat der Reichsverweser eine Proklamation an das deutsche Volk erlassen. Diese muß das Zei-</p> <p> <ref type="link">(Siehe den Verfolg in der Beilage.)</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0273/0003]
Radowitz,der lächelnd sitzen blieb. Schluß der Sitzung fast drei Uhr bei erstickender Hitze.Tagesordnung für Montag:die Posener Frage.
103 Berlin, 22. Juli.Gestern fand die Uniformirung unserer zunächst in Dienst tretenden Schutzwachen statt. Morgen werden dieselben dem Polizeipräsidenten und ihrem Obersten vorgestellt, und treten dann von Montag ab in Thätigkeit.Die zur Wache Kommandirten werden nicht nur mit Hirschfängern, sondern auch mit kleinen Flinten bewaffnet sein. Die Schutzmannschaft ist in vier Divisionen, jede circa 500 Mann zählend, eingetheilt.Dem Ganzen steht ein Oberst und jeder Division ein Hauptmann vor. Etwa vierzig Mann werden unter einem besondern Hauptmann beritten gemacht und sind diese hauptsächlich für den weitern Polizeibezirk von Berlin bestimmt, während der Dienst der Schutzmannschaft zu Fuß sich vorzugsweise auf die Stadt beschränken wird.
Ich habe Ihnen noch einen interessanten Vorfall, der sich vor Schluß der gestrigen Sitzung der Vereinbarungskammer ereignete,mitzutheilen. Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß alle vier Wochen die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten erneuert wird; ferner die Wahl des Präsidenten erfolgt nach absoluter Majorität und in der Art, welche in Ansehung der Wahlmänner durch das Wahlgesetz vom 8. April d. J. vorgeschrieben ist. Da der jetzige Präsident Grabowam 27. Juni gewählt worden ist, so war zu Montag eine Neuwahl angesetzt. Die Rechte beschloß aber vorgestern in ihrer Abendversammlung, um den vorschriftsmäßigen langweiligen Wahlakt zu umgehen,das ganze Präsidium durch Akklamation wiederzuwählen. Demnach stellt Herr Haußmannvor Schluß der gestrigen Sitzung den dringenden Antrag,„ daß abgesehen von der Geschäftsordnung, bei der am 24.d.M. bevorstehenden Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten, der jetzige PräsidentGrabowaufs Neue durch Akklamation wiedergewählt werde.“ Der Antrag wird sofort von der ganzen Rechten und dem Centrum unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mehrere Stimmen von der Rechten verlangen, daß er ohne alle Diskussion angenommen werde. Hr. Haußmannmeint nicht nöthig zu haben, seinen Antrag zu motiviren, da er damit wohl vielen Wünschen zuvorkomme.
Hr.v.Auerswaldder Aeltere eilt auf die Tribüne: So sehr er auch mit dem beabsichtigten Erfolge einverstanden sei, so müsse er den Antrag dennoch bekämpfen. Es sei ein schlechtes Präjudiz, wenn man die Geschäftsordnung für einen Fall verletze. Er bitte daher den Antrag zu verwerfen.
Hr. Schulz von Wanzleben stürmt von der linken Seite auf die Tribüne: Wer Gesetze machen will, muß die selbstgegebenen zunächst halten. Die Wahl des Präsidenten soll nach unserer Geschäftsordnung mittelst Stimmzettel statt finden.Davon dürfen wr nicht abweichen und die Frage ist erledigt. (Die Rechte ruft: Schluß!Schluß!)
Hr.Haußmann: Es ist nur meine Absicht gewesen, eine einmalige Abweichung der Geschäftsordnung um so eher zu befürworten, als ja derlei Abweichungen schon öfters und erst heute vorgekommen sind. (Die Rechte ruft von Neuem:Schluß!große Aufregung).
Die Linke kann sich aber durchaus damit nicht einverstanden erklären. Von der Rechten bestehet man aber noch auf dem Antrag.Da kommt
Hr.v.Lisiecki, er bestreitet, daß die Versammlung einen, den Widerspruch in sich tragenden Beschluß fassen könne.Sobald auch nur ein Mitglied seine Zustimmung verweigere, so ist das keine Wahl durch Akklamation. Eine Wahl durch Akklamation ist es nur, wenn sie einstimmig geschieht. Daher würde durch Annahme des Antrags die Minorität förmlich gefangen genommen.
Hr.Haußmannerklärt nun, da sich Debatten über seinen Antrag erhoben haben, so nehme er ihn zurück.(Bravo zur Linken).
Die Wiederwahl des Herrn Grabowzum Präsidenten ist übrigens jedenfalls schon bei der ersten Abstimmung zu erwarten, da nur die Linke und ein Theil des linken Centrums gegen ihn sind.
Als der König mit dem Prinzen von Preußen und dem Prinzen Karl vor einigen Tagen, am Todestage ihrer Mutter, in Charlotenburg war, besichtigte er die daselbst aufgestellte Schützengilde und sprach eben in heiterer Weise mit einigen Schützen, da trat ein Mann an ihn heran mit dem exaltirten Ausruf: „Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, der Krone zu entsagen.“Der Sprecher wurde sofort verhaftet, und bei näherer Untersuchung ergab sich, daß derselbe ein religiöser Schwärmer, keinesfalls der demokratischen Partei, sondern dem Preußen-Verein „mit Gott für König und Vaterland“zugethan ist.
Seit einigen Tagen cirkulirt hier ein Schreiben des Kriegsministers v. Schreckenstein, worin derselbe dem interimistischen Kommandanten der Bürgerwehr, Rimpler, erklärt: daß er sich für berechtigt halte, sobald er es für angemessen finde, auch ohne die Bürgerwehr zu fragen, neues Militär nach Berlin zu ziehen. Der Kriegsminister ignorirt also ganz die ministerielle Bekanntmachung von Ende März, daß kein Militär ohne vorherige Bewilligung der Bürgerwehr und der städtischen Behörden nach Berlin gezogen werden solle. Diese Bekanntmachung wurde von den Vorgängern des jetzigen Kriegsministers streng gehalten.
15 Berlin, 22. Juli.Eine große That ist heute geschehen, eine That, welche der Monarchie sicherer auf die Beine helfen wird, als alle Verbote, Verhaftungen und Konfiskation ‒ der konstitutionelle Kongreßist heute zusammengetreten. Unsere Stadt hat in Folge dieses Ereignisses eine ganz andere Physiognomie angenommen. Ueberall versammeln sich Gruppen von Neugierigen, die sich von der großen Tagesbegebenheit unterhalten. Fragt man was giebts Neues? Woher kommen Sie? Wohin gehen Sie? So kann man sicher sein, von nichts, als vom konstitutionellen Kongreß zu hören. Die demokratischen Klubs, veröten, die radikalsten Schreier lassen den Kopf hängen, und denken en masse nach dem Ohio auszuwandern. ‒ Die Sache kam aber so. In dem konstitutionellen Klub kam ein großer Mann ‒ die Weltgeschichte wird seinen Namen bewahren, ich aber hab' ihn vergessen ‒ auf den großen Gedanken, einen Kongreß sämmtlicher konstitutionellen, patriotischer und Denuncianten-Vereine zu veranstalten. Der Gedanke zündete.„Von Asiens entlegnem Strande, von Phocis, vom Spartanerlande von allen Inseln kamen sie, und horchen von dem Schaugerüste des Chores grauser Melodie.“Von Breslau kam Hr. Dr. Hahn und Hr. Honigmann, Dr. juris utriusque, von Wesel kam Hr. Blankenburg, von Halle, Hr. Professor Burmeister, von Leipzig, Hr. Dr.Goeschen, von Weimar, Hr. Sause (oder Brause?), von Nürnberg, Hr. so und so, und versammelten sich einmuthig mit Gott für König und Vaterland bei Traiteur Mielentz unter den Linden Nr. 23. Die Versammlung war groß, der Saal aber noch größer, so daß er eine Menge von Kongreßdeputirten, von Klubmitgliedern, von Neugierigen, Berichterstattern und sehr viele leere Stühle umfassen konnte. Die Mitglieder des Comite's von denen ich nur Hrn. Stern, Prutz, Aegidi nenne, waren mit langen schwarz-roth-goldnen Schleifen, die sie an den Aufschlägen des modernen Leibrocks trugen verziert, besonders elegant nahm sich Hr. Aegidi aus, der Schwager der Deutschen Zeitung. Es kamen bei der Debatte höchst wichtige Fragen zur Sprache, unter andern die, ob der konstitutionelle Kongreß sich den Beschlüssen des Frankfurter Parlaments fügen wolle?(Ich frage ob sich das Frankfurter Parlament den Beschlüssen des konstitut.Kongresses fügen wird?) Graf Dyhrn aus Schlesien rief, man solle den Erzherzog Johann als Reichsverweser begrüßen, nicht weil er ein Erzherzog sei,sondern weil er Johann heiße! (Bravo!) Ein Redner meinte, man solle sich aller Prinzipienfragen enthalten, worauf Hr. Dr. Stern als Sprecher meinte, er müsse diesen Antrag zurückweisen, weil er selbst eine Prinzipienfrage enthalte. Sämmtliche Redner sprachen ausgezeichnet; denn sie wurden alle mit rauschendem Beifall belohnt, als sie geendet hatten Es wurde beschlossen, daß man noch mehrere Sitzungen, vor allen aber zur Kräftigung der deutschen Einheit morgen, am Sonntag ein großes Zweckessen halten wolle. Die Deputirten von Stettin (Brunnemann, Maron, Fellechner)werden dem letztern wahrscheinlich nicht beiwohnen, da sie noch während der Sitzung ihren Austritt erklärten. Der Abgeordnete von Angerburg erklärte, daß er sich der Abstimmung enthalten müsse,weil er die Tendenz des Kongresses nicht kenne.
*Berlin, 22.Juli.Hr.Ladenberg der interimistische Verweser des Kultusministeriums, hat den Bonner Privatdozenten auf ihren Antrag:„ daß die Vorschläge zu einer Reform der Universitäten nicht andersals von der Gesammtheit aller akademischen Lehrer aufgestellt und demnach bei den Berathungen auch die Privatdozenten mit Stimmrecht zugezogen werden sollten “, einen abweisenden Bescheid ertheilt. Aus der langen Deduktion des Herrn Ladenberg geht hervor, daß 1. Das Ministerium nur die ordentlichen Professoren als„ vollberechtigte Mitglieder der akademischen Corporation“ anerkennt, obwohl selbst „ordentliche“Professoren sich für gleiche Berechtigung der außerordentlichen und Privatdozenten verwendet haben; daß 2.die außerordentlichen Professoren und Privatdozenten auch keinen„Rechtsanspruch“ auf Betheiligung an der Reform-Berathung geltend machen können; daß es ihnen aber 3. nach dem Assoziationsrecht unbenommen bleibt,neben der„vollberechtigten Berathung der gereiften ordentlichen Professoren,“dem Ministerium selbstständige Anträge zur Prüfung einzusenden.
*Berlin, 22. Juli.Das Polizei-Präsidium macht in dem Pr. Staats-Anzeiger bekannt, daß die neue theils berittene, theils unberittene Polizeimannschaft unter dem Namen Schutzmänner,„ nachdem die ausübende Polizei längere Zeit fast ganz gelähmt gewesen“ ‒ nunmehr wenigstens theilweise sofort ins Leben treten solle. Ihre Dienstkleidung besteht in einem dunkelblauen Rock mit gleichfarbigem Stehkragen und zwei Reihen„ Knebelknöpfe,“dunkelgrauen Hosen, rundem Filzhut mit Nummer und Seitengewehr; die Offiziere sind durch Abzeichen an Schulter und Kragen unterschieden. Die unberittenen Schutzmänner sollen zu fortdauerndem Patrouillendienst auf den Straßen, bei Tag wie bei Nacht verwendet werden; die berittene Mannschaft thut den Dienst in der Umgegend.„ Den Schutzwachen sind alle Pflichten und Rechte der exekutiven Polizeibeamten beigelegt;“ sie sind umgekleidete, mit Filzhüten versehene Gendsarmen. Der Polizei-Präsident spricht dabei„ vertrauensvoll die Erwartung“ aus, daß die Berliner Bürgerschaft diesem „neugegründeten Institut“ (Costüm)ihr „Wohlwollen“schenken werde.“
*Stettin, 20.Juli.Während die hiesigen„Börsen-Nachrichten“im Einverständniß mit Herrn v. Bülow-Cummerow den Patow'schen Gesetzentwurf wegen Aufhebung der Feudallasten als„in seinen weitern Konsequenzen zum Kommunismus führend“ darstellen und über die Aussicht:daß die pommerschen Grundbesitzer mit einer Grundsteuer von 10% belegt werden sollen, lautes Geschrei erheben, ist ein anderer Theil unserer Grundeigenthümer intelligent genug, die Beseitigung ihrer bisherigen Privilegien als nothwendige Bedingung zu betrachten, um dem großen Grundbesitz den politischen Einfluß zu verschaffen, dessen sie zur Förderung ihrer Interessen bedürfen.Eine Anzahl Landwirthe aus den Kreisen Soldin,Friedeberg,Pegritz und Ainswalde ist zu einem Verein „zur Wahrung der Interessen des Grundbesitzes“zusammengetreten und hat ein Programm erlassen, in welchem sie erklärten: Sie seien bereit alle Vorrechte aufzugeben, welche bis jetzt großen Grundbesitzern zustehen. Nur durch ihre Gleichstellung mit allen übrigen Staatsbürgern könne das Mißtrauen und die feindliche Stimmung schwinden, welche jetzt gegen den großen Grundbesitzer unleugbar vorherrsche. Diese Stimmung habe die Folge gehabt, daß die Landwirthschaftliche Intelligenz in der Berliner Versammlung nur sehr schwach vertreten sei. Der große Landwirth, von dem fast allein der Fortschritt des landwirthschaftlichen Gewerbes ausgegangen, sei vorzugsweise berufen die landwirtschaftlichen Interessen und also(?) den überwiegenden Theil des preußischen Volkes zu vertreten, welcher sich derselben widme. So lange diese Vertretung nicht erreicht sei, müßten die Grundbesitzer sich in Vereinen sammeln u. s. w.
Man sieht, diese Landeigenthümer erkennen die Lage der Dinge viel richtiger als unsre Herren Bourgevis in den Städten. Sie sagen sich offen von jeder Verbindung mit der feudalistischen Reaktionspartei los, mit welcher die Letzteren in ein so herzliches Einverständniß getreten sind. Sie verlangen keine andere Vorrechte als diejenigen, welche ihnen die moderne bürgerlicheGesellschaft gestattet; sie sehen daß sie nur innerhalb dieser zu Macht und Einfluß gelangen können, und bemessen ihr politisches Verhalten nach den Ansprüchen des Volkes, welches die Wahlen in Händen hat, und daß, wenn es sich auch sonst in ökonomischen Dingen noch gar zu leicht täuschen und betrügen läßt, doch zu der unerschütterlichen Ueberzeugung gelangt ist, daß seine Lage sich nie bessern wird, wenn nicht vor allem sämmtliche Ueberreste feudaler Privilegienherrschaft mit Stumpf und Stil ausgerottet werden.
Königsberg, 19. Juli.Aus Memel geht so eben die Nachricht ein, daß einige Offiziere des vor Kurzem von hier dorthin dislocirten 1. Bataillons des 1. Infanterieregiments, bei einem dieser Tage stattgefundenen Manöver durch Schüsse von Soldaten aus den Gliedern der einen Hälfte des Bataillons, das den Feind markirte, verwundet worden sind. Die Schüsse sollen wohl gezielt worden sein, denn es sind nur Offiziere, und gerade diejenigen getroffen, die nicht beliebt gewesen sein sollten. Die Ladung hat in Kugeln, bei einigen auch in Steinen bestanden.
(B.Z.) *Heidelberg, 22. Juli.Die Professoren-Zeitung enthält in einem Artikel über die Einheit Thüringens folgende Stelle:„Nein! soll die Kleinstaaterei in Deutschland aufhören, was wir als ein Glück begrüßen würden, so möge die Reichsversammlung zu Frankfurt den Muth haben, zu erklären: Alle Staaten Deutschlands, die weniger als eine halbe Million Einwohner besitzen, haben aufgehört, eine selbständige Existenz zu führen; sie bilden den Kern und Stamm eines Reichslandes; das Reichsland wird von dem Reichsministerium unmittelbar verwaltet; die Fürsten werden für das gebrachte Opfer durch eine gute finanzielle Stellung entschädigt.“
Man sieht, das Gervinusblatt liebt es, zur Abwechselung einmal alles historischen Rechtsbodens zu vergessen und wüthend revolutionär umherzutoben. Warum aber dieses „ehrenwerthe“Organ teutonischer Ungelahrtheit und modernsten Philisterthums blos einige thüringsche Fürsten pensioniren, warum es nicht mit einiger Logik auch die übrigen 3 oder 4 Dutzend größerer oder kleinerer Vaterländer konfisziren und ihre Herrscher in Ruhestand versetzen lassen will;das begreife außer Herrn Gervinus und seinem Korrespondenten, wer da will und kann.
7Beyreuth, 21. Juli.Man weiß, welchen Schaden bisher die Wildhege an Aeckern und Wiesen der fränkischen Bauern angerichtet hat. Nach der Revolution suchten sich die Letztern selbst vor den Verheerungen zu schützen; namentlich in dem Besitzthum des Herzogs Alexander von Würtemberg, Schwiegersohn Louis Philipp's, bei Beyreuth wurden die Hirsche niedergeschossen, aber als Beweis bloßer Nothwehr auch liegen gelassen. Die jüngste erfreuliche Reaktion hat indeß den Behörden wieder Muth zu Einschreitungen gegeben; überall in den Landgerichten sind die„Jagdfrevler“ eingefangen und zur Untersuchung gezogen worden. Die Stimmung des Landvolks über diese neue Schutzlosigkeits-Erklärung ist sehr gereizt. Im Landgerichte Kadolzburg gab die Verhaftung von drei Jagdfrevlern zu Unruhen Anlaß; die Bauern zogen mit Knitteln bewaffnet vor das Haus des Gerichtsdieners, um die Freilassung der Gefangenen zu verlangen, der Landrichter aber ließ die Schutzwehr requiriren, welche in ihrem Polizeibewußtsein die„Rebellen“ auch mit Kolben und Bajonetten auseinandertrieben.Die Kadolzburger Kleinbürger leben meist von dem, was die Bauern an Gerichtstagen dort verzehren und einkaufen, und die Letztern haben sich jetzt vereint,wenn sie am Landgericht zu thun haben, nichts mehr auszugeben.
Konstanz, 20. Juli.In seiner heutigen Sitzung hat der hiesige Gemeinderath und große Bürgerausschuß, auf den Antrag von 125 Gemeindebürgern, welche die Freilassung des von Mathy verhafteten Redakteurs der „Seeblätter,“J. Fickler, verlangten, mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, „die großherzogliche Regierung zu ersuchen, den Bürger Fickler der so lange dauernden Haft zu entheben, fürsorglich dessen Prozeß zu beschleunigen oder die Entgegennahme einer Sicherheitsleistung zu bestimmen,wozu die Mittel bereits vorhanden seien.“ Daß unsere Regierung diesem Ersuchen kein Gehör geben wird, ist unzweifelhaft.
(Fr.D.P.Z) *Prag,20.Juli.Windisch-Grätz erklärt in folgender Kundmachung den Belagerungszustandfür aufgehoben. Wir theilen diese Proklamation vollständig mit. Die Sprache eines kleinen östreichischen Attila in dem revolutionären Jahre 1848 verdient als Curiosum in den Memoiaren der Zeit eingeschrieben zu worden:
„Ich ergreife die größtentheils freiwillig und ohne Anwendung ernstlicher Maßregeln zu Stande gekommene Ablieferung der Waffen als einen willkommenen Anlaß, den Belagerungszustand mit dem heutigen Tage aufzuheben, wiewohl ich von vielen und achtbaren Seiten angegangen worden bin, denselben noch einige Zeit fortbestehen zu lassen, wiewohl die Herstellung des Straßenpflasters sehr langsam vorwärts schreitet,‒wiewohl leider noch immer einzelne Versuche von Aufwieglungen vorkommen. Der zum großen Theil rechtliche und gesunde Sinn der Einwohnerschaft Prags ließ sie endlich erkennen,daß die Tendenz aller meiner Verfügungen von dem Prinzip ausgehe, jeder anarchischen oder aufrührischen Erscheinung mit Energie zu begegnen, hierdurch jeden Einzelnen in dem ungefährdeten, ungetrübten Genuße der uns Allerhöchst verliehenen konstitutionellen Freiheit, zugleich in seinem ungehinderten Lebenserwerb zu schützen. Dieses von vielen Seiten mir beurkundete richtige Erkennen meiner nie verhehlten, offenkundigen Denkungsweise und Absichten dient mir als eine Bürgschaft,daß alle gutgesinnten und redlichen Bewohner der Hauptstadt sowohl,wie auch der auswärtigen Kreise, durch Wort und That gemeinsam zur Erhaltung der Ruhe, Unterdrückung jedes Versuches, dieselbe zu stören, und hiedurch zur Wiederbelebung des Handels und Verkehrs zusammenwirken werden. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Diese Zuversicht läßt mich über alle Bedenklichkeiten hinweggehen, welche sich gegen die dermalige Aufhebung des Belagerungszustandes nicht ohne Grund erheben. Nachdem ich jedoch an dieses Zugeständniß den aufrichtigen und lebhaften Wunsch knüpfe, durch dasselbe Vertrauen in die Maßregeln der Regierung ‒ Beruhigung in die durch die bedauerlichen Ereignisse geängstigten Gemüther ‒endlich in der ganzen Provinz Ruhe, Frieden und ungestörten Lebensverkehr herbeizuführen, so sehe ich mich bemüßigt, an alle Jene, welche es wagen wollten, durch aufrührerische Umtriebe neues Unheil über Stadt und Land zu verbreiten, ein ernstes Wort zu richten und hiermit laut und allgemein zu erklären:
1 tens: daß der geringste Versuch zu einem neuen Aufruhr das augenblickliche Eintreten der strengsten militärischen Gewalt zur Folge haben wird;
2 tens: daß, wenn ich in die traurige Nothwendigkeit versetzt werden sollte, die Waffen gegen aufrührerische Unternehmungen, worunter ich Errichtung von Barricaden und thätliche Angriffe auf das Militär zähle, ‒ brauchen zu lassen, der erste Kanonenschuß, welchen ich gegen die Aufrührer zu richten bemüßigt wäre, für die Publikation des Standrechtes zu gelten habe, nach welchem ein Jeder unnachsichtlich nach dem Kriegsgesetze hingerichtet werden wird, welcher
1. In einem Widerstand mit der Waffe in der Hand gegen die gesetzliche Gewalt, oder
2. In Aufwieglungen zum Aufruhr ergriffen, oder
3. Sonst des Aufruhrs überwiesen wird.
Die zur Untersuchung der stattgehabten verbrecherischen Vorfälle zusammengesetzte Commission verbleibt aber, um die Uebelthäter der gesetzlichen Strafe zuzuführen, in ihrer bisherigen Wirksamkeit, jedoch wird dieselbe unter Einem angewiesen, sich nunmehr bezüglich der Civilpersonen nach den für letztere geltenden Strafgesetzen zu benehmen. Mit dieser ernsten Sprache, welche zu führen meine noch nie verletzte Pflicht gegen den Monarchen und den konstitutionellen Staat mir gebietet, verbürge ich jedem Gutgesinnten nach meinem Wirkungskreise Schutz und Wahrnung seiner Rechte, seines Eigenthums, seines Lebens, dem Frevler aber, welcher diese anzutasten, welcher die öffentliche Ruhe zu stören wagt, diene sie als Warnung.
Prag, 20. Juli 1848.
Fürst Windisch-Grätz.
kommandirender General.
*Prag, 18. Juli.Das hiesige „Constitutionnelle Blatt aus Böhmen,“welches, wie die Gervinuszeitung, von Kölner Publicisten, die jedenfalls nicht der „N. Rh. Z.“angehören, inspirirt wird, bringt von Zeit zu Zeit die beruhigende Versicherung, die zu Köln angekündigte„Katholische Zeitung“ werde dem Geschäft des Herrn Dumont keinen Eintrag thun. Die Handelsbilanz des Herrn Dumont scheint die Bilanz der guten Sache, der Höhestand seines Geschäftsscheint derHöhestand der deutschen Freiheit zu sein. So erklären wir uns wenigstens wenn Herr Dumont Reclamen gegen gegenwärtige oder zukünftige Concurrenten unter der Form von politischen Bülletins in die Welt schickt. Und Sie können sich denken welche Aufregung hier herrschte, als alle Straßen Prag's flüsterten: Neues Bülletin aus Köln. Die „Katholische Zeitung“wird dem Geschäft des Herrn Dumont nicht schaden.
*Wien, 22. Juli. Am 15. Juli hat der Reichsverweser eine Proklamation an das deutsche Volk erlassen. Diese muß das Zei-
(Siehe den Verfolg in der Beilage.)
Hr. Dr. Gröschen aus Leipzig sprach sehr schön von der deutschen Einheit; man müsse die Hyder Anarchie vernichten, aber auch die Schlange der Reaktion den Giftzahn ausreißen; man glaubte, er sei schon fertig und klatschte ein lautes Bravo; er sprach aber noch weiter, weshalb man zuletzt noch einmal Beifall klatschen mußte.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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