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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 64, Köln, 3. August 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 64 der Neuen Rh. Zeitg.
Donnerstag 3. August 1848.
[Spaltenumbruch]

[Fortsetzung] Das ist der Sinn ihres heutigen Beschlusses in der Polensache.

Nie irrt und fehlt der edle Mensch, der dem Zuge seines Herzens folgt.

So war es in den glorreichen Tagen der Befreiung, als das Volk in Berlin sich selbst vom Despotismus und die armen Polen aus den Gefängnissen erlöste.

So war es als das Vorparlament sich einmüthig erhob, und die Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht erklärte, zu deren Sühne - der Wiederherstellung Polens - Deutschland die Hand bieten müsse.

So war es als der Fünfziger-Ausschuß bei dem Unternehmen des Bundestages, einen Theil Polens gegen den Willen seiner Bewohner in den Bund aufzunehmen, für die Erfüllung der Verheißungen des Vorparlaments die Ehre Deutschlands zum Pfand einsetzte. Und so hatten die Barrikadenkämpfer in Berlin recht als sie den Polen Hoffnung machten, wir würden mit ihnen die Waffen ergreifen, um sie aus ihren Ketten zu befreien, und die Freiheit nach Warschau, ja nach Rußland hinüber zu tragen.

Ihr wißt die Polen bewaffneten sich, aber der schöne Aufschwung sank zurück, sie wurden entwaffnet und ein beklagenswerthes Blutbad zwischen Deutschen und Polen, dessen wahre Urheber die Geschichte richten wird, erstickte unsre und ihre Hoffnungen.

Dies ist ein unerhörtes Unglück, welches uns die Herzen unsrer polnischen Brüder entfremdet, Mißtrauen zwischen ihnen und uns gesäet und den Niedergeschlagenen nur die Wahl gelassen hat zwischen den Bayonetten der Preußen und der Knute der Russen.

Hier an der Gränze Rußlands schlug die Befreiung der Völker jüngst in Unterdrückung um, dann wurde Krakau bombardirt, endlich Prag, und Ströme Blutes bezeichnen diese Siege des Absolutismus und der Aristokratie.

Die Mehrheit der Nationalversammlung hat keinen Sinn und kein Herz für die Befreiung unsrer Brudervölker gezeigt. Sie hat kein Wort des Friedens für Italien, keine Sylbe des Mitgefühls für Polen gehabt. Es hat sich vielmehr ein brutaler Völkeregoismus erhoben, der die Italiener wieder unterwerfen und dem grausamen Bombardirer Radezky wieder nach Mailand verhelfen, der die polnische Ration für immer aus der Reihe der Völker ausstreichen und die Slaven in Oestreich zu keiner freien und eignen Gestaltung ihrer Angelegenheiten kommen lassen will.

Deutsche Brüder, ihr wollt frei sein und Niemand unterdrücken, ihr wollt daß Italien frei und brüderlich mit uns verbunden, daß Polen erlöst, seine Grenze uns geöffnet und der Aushungerung unserer Grenzländer gegen Rußland ein Ende gemacht werde. Ihr wollt euren Handel beleben, die Industrie fördern, den gesunkenen Mittelstand wiederherstellen, die brodlosen Arbeiter wieder in Lohn bringen, und ihr habt keine Abzugswege an den Grenzen des Czaarenreiches, die aller Einfuhr verschlossen sind. Hunger und Hungerpest wüthet darum in den Hütten des Riesen- und Eulengebirges; der allgemeine Banquerout droht den Rest des Wohlstandes jener Gegenden zu verschlingen.

Ihr wolltet im Aufschwunge unserer Revolution diese Ungerechtigkeit, diesen Krieg mitten im Frieden, diesen bewaffneten Frieden, diese feindselige Freundschaft aufheben.

Wir wollten dies wie ihr. Wir wollten mit der großen Nation der Engländer und mit dem republikanischen Frankreich zusammen einmal ein deutliches Wort über Italien und Polen mit ihren Unterdrückern reden.

Die Mehrheit hat unseren Antrag auf Zusammenberufung eines Friedens- und Befreiungskongresses der europäischen Völker, den wir Deutsche jetzt veranstalten konnten, verworfen.

Der Minister des Auswärtigen, den der unverantwortliche Reichsverweser erkannt hat, wußte um die freundschaftlichen Ansichten Englands und Frankreichs für Polen und für uns. Er hat - obgleich dazu aufgefordert, kein Wort des Friedens gesprochen, er hat es geschehen lassen, daß durch eine willkürliche Zerreißung Polens die Sympathien der Engländer und Franzosen verletzt worden sind, ohne daß auch nur ein Versuch vorausgegangen wäre mit ihnen gemeinschaftlich das begangene, erst im Jahre 1846 durch Aufhebung des Freistaates Krakau erneuerte Unrecht wieder gut zu machen, und die Angelegenheiten Polens und insonderheit Posens in einer dem Willen der Mehrzahl seiner Bewohner entsprechenden Weise zu ordnen, Man ist nur dem russischen Kaiser zu Willen gewesen und hat fortgefahren ungerecht und feindlich gegen die Polen zu handeln.

Man hat alle Zärtlichkeit für Rußland gezeigt, dessen Czaat uns in diesem Augenblicke dieselbe Bruderkralle zur Freundschaft zu reichen wagt, welche kurz vorher den Rücken eines Mitmenschen mit 1000 Hieben zerfleischt hat, aber sich nicht gescheut die Gefahr eines Krieges mit Frankreich und England heraufzubeschwören.

Und die Kämpfe, in die man uns mit freien Völkern verwickelt, sollst Du auskämpfen, deutsches Volk, dem man die Freiheit versagt!

Endlich: man hat die Beschlüsse des Vorparlaments feierlich verworfen.

331 Stimmen gegen 101 Stimmen haben die Erklärung der Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht und das Anerkenntniß der heiligen Pflicht des deutschen Volks zur Wiederherstellung eines selbstständigen Polens mitzuwirken verweigert. Und diese 331 sind zu einem Theile dieselben Leute welche im Vorpalamente jene schönen Beschlüsse faßten!

Das ist die Ueberzeugungstreue dieser Männer und die Reaktion in der Nationalversammlung!

Dieser Tag ist ein Tag der Schmach unsere Revolution ist ins Gesicht geschlagen und das Pfand deutscher Ehre, welches der Fünfziger-Ausschuß eingesetzt, nicht eingelöst worden.

Die edlen Franzosen die uns ihre Freundschaft in der Erwartung anboten, daß wir zur Befreiung Italiens zur Wiederherstellung Polens mitwirken würden, sie sind verletzt. Sie haben ihre Ehre eingesetzt für Italien und für Polen, und wir dulden es, daß Italien bekriegt und verwüstet, daß für Polen jede Hoffnung der Rettung abgeschnitten wird?

Nimmermehr! Versammelt Euch überall in Volksversammlungen und erklärt Euren verirrten Vertretern, daß Ihr diese Beleidigung der Menschheit, diese Vernichtung des heiligen Völkerrechts, welche an den Polen verübt worden sind, zurückweist. Es ist an Dir, deutsches Volk, unsre Ehre, unsre Revolution und die Sympathie der ganzen gebildeten Welt für Deutschland zu retten, nachdem die Mehrheit der Nationalversammlung dies Alles verscherzt hat.

Wir, die wir der Minderheit der Nationalversammlung angehören, wir erklären feierlich vor aller Welt, daß wir nur die Gerechtigkeit gegen unsere Mitvölker, die Gründung eines neuen Friedens und neuer Verträge zwischen gleichen und freien Völkern gewollt und beantragt.

Wir können jetzt nur noch mit der Macht der öffentlichen Meinung der ganzen Masse der Nation die furchtbare Reaktion zurückdrängen: den Weltfrieden, den Wohlstand, das Leben von Millionen sichern und die Freiheit im Innern erhalten.

Unsere Ehre erfordert es, daß wir dies aussprechen, unser Gewissen, daß wir uns feierlich und förmlich verwahren gegen die Beschlüsse, die am heutigen Tage durch die Mehrheit der Versammlung gefaßt worden sind.

Das Ende Polens wäre das Ende Deutschlands, die Theilung Polens durch die deutsche Nation theilt Deutschland zwischen Rußland und Frankreich, zwischen Republik und Despotie, zwischen französische Freiheit und russische Knute. Deutsche rettet Deutschland!

Frankfurt, den 27. Juli 1848.

Die radikal-demokratische Parthei der konstituirenden deutschen National-Versammlung.

Der Centralausschuß der demokratischen Vereine an das deutsche Volk.

Mitbürger! Wenn der große Fortschritt zweifelhaft wäre, den das deutsche Volk in den letzten Monaten gemacht hat, so würde er uns durch eine einzige Thatsache zum sichern Bewußtsein gebracht, - durch das offene Auftreten der politischen Parteien.

Die Zeit ist vorbei, wo man vor diesem Worte erschrocken ist, - wo man das Bestehen politischer Parteien für gleichbedeutend hielt mit Zerüttung und Auflösung des Staates, mit Anarchie und Bürgerkrieg. Dem Absolutismus freilich mußte es so erscheinen. Wo keiner eine Meinung haben sollte, damit die Autorität mit ungestörter Sicherheit über alle herrschen könne, da mußte die Organisation der Meinungen das herrschende System mit dem Untergang bedrohen. Wo aber einmal freie Meinungen bestehen dürfen und wirklich bestehen, da ist auch eine Verschiedenheit der Meinungen unvermeidlich, und diese Verschiedenheit, weit entfernt, dem Leben der Gesellschaft gefährlich zu sein, ist vielmehr zu dessen gedeihlicher Fortbildung unentbehrlich, denn aus ihrer Wechselwirkung muß sich die Wahrheit entwickeln und das Gute gestalten.

Diese Wechselwirkung ist keine Anarchie. Sie hat, wie alle Vorgänge im Reiche der Natur und des Geistes, ihre nothwendigen Gesetze, und nur, wenn diese gewaltsam aufgehoben werden, sucht sich das gestörte Gleichgewicht der Kräfte auch gewaltsam wieder herzustellen.

Ein Hauptgesetz des politischen Lebens ist es, daß die Partei der Mehrheit im Staate hersche, die der Minderheit aber unterdessen sich der unbeschränkten Freiheit bedienen könne, ihre Ansichten und Zwecke durch die theoretischen Mittel der Rede, der Schrift und der Vereinigung auszubreiten, bis es ihr gelingt, so viele Anhänger für sich zu gewinnen, daß sie ihrerseits zur herrschenden Mehrheit wird. So sollen sich im Parteikampf die geistigen Kräfte messen und auf dem Gebiete des Gedankens soll ausgemacht werden, was in der Wirklichkeit zur Gestaltung kommen soll. Nur wenn dieses Grundgesetz des politischen Lebens verhöhnt wird, wenn eine herrschende Partei sich weder der Entscheidung der Mehrheit im Volke unterwerfen, noch die Freiheit der theoretischen Agitation anerkennen will, nur dann geht unvermeidlich der Kampf vom geistigen auf das materielle, vom theoretischen auf das praktische Gebiet über.

Auf diese Grundsätze stützt die demokratisch-republikanische Partei Deutschlands ihr Verhalten. Sie sind die Grundsätze eben des politischen Systems, dessen Herrschaft sie erstrebt, - die Grundsätze, in deren Ramen sie sich vereinigt und organisirt hat.

Um diese Vereinigung und Organisation einzuleiten, waren in den Tagen vom 14. bis 17. Juni zu Frankfurt a. M. die Abgeordneten von 88 demokratischen Vereinen, verstärkt durch 42 gleichgesinnte Männer aus verschiedenen Theilen des Vaterlandes, versammelt. Dieser Kongreß stellte an die Spitze seiner weiteren Beschlüsse folgendes Glaubensbekenntniß:

"Es gibt nur eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung, die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit die Verantwortlichkeit für die Freiheit und die Wohlfahrt des Einzelnen übernimmt."

Unter dieser Formulirung des demokratischen Prinzips, von dessen Wahrheit wir auf das Tiefste durchdrungen sind, hat die demokratisch-republikanische Partei ihre Organisation begonnen. Sie hat sich einen Centralausschuß erwählt, hat diesem seinen Sitz in Berlin angewiesen und ihm ihre Einigung und Verstärkung zur Aufgabe und die Unterhaltung einer geordneten Verbindung unter allen ihren Gliedern zur Pflicht gemacht.

Als die Männer, denen diese Aufgabe übertragen und diese Pflicht auferlegt worden ist, wenden wir uns hiermit an euch, deutsche Mitbürger! - wenden wir uns hiermit an das deutsche Volk, um offen unsere Zwecke und Mittel zur Kenntniß Aller zur bringen, - um von denen, die zu unserer Partei gehören, kräftige Unterstützung unserer Bestrebungen, und von denen, die zu unsern Gegnern gehören, die ungestörte Freiheit eines theoretischen Wirkens in Anspruch zu nehmen, welche die herrschende Partei uns nicht vorenthalten kann, ohne sich der Gewaltthat und des gröbsten Unrechtes schuldig zu machen.

Mitbürger! Fassen wir die Lage unseres Vaterlandes klar ins Auge!

Sie ist eine gefahrvolle!- Schwarze Gewitterwolken hängen über unserm Haupte und umhüllen unsern Horizont. Eine große und folgenschwere Bewegung hat die europäischen Völker ergriffen, und führt die Welt unaufhaltsam neuen Verhältnissen und Formen entgegen. Was im Zusammenhang der großen Bedingungen der Geschichte, dem beschränkten Sinn verborgen, seit lange sich vorbereitet, - was in den letzten Jahrzehnten von den Denkern unseres Volkes in seiner Nothwendigkeit erkannt wurde, und was sie im Voraus vernünftig zu gestalten suchten, was unsere Dichter prophetisch verkündet haben und was im Gemüthe nothbedrängter Volksmassen als dunkle Ahnung oder dämmernde Hoffnung vorausgewirkt hat - es ist da - es hat uns wirklich ereilt; ein moralisches Erdbeben schüttelt die untaugliche Ordnung einer veralteten Bildungsform zusammen. Wir alle haben seinen ersten Stoß gefühlt: es wird sein zweiter, sein dritter folgen. Die Schichten der Gesellschaft werden sich umkehren, wie sich einst die Schichten der Gebirge umgekehrt haben, und auch jetzt, wie damals, wird die Gestalt der Erde eine andere werden.

Welche Rolle wird das deutsche Volk in den Begebenheiten spielen, die unaufhaltsam herannahen? Die erste, müssen wir antworten, oder eine der letzten! Dies ist in der Natur unserer Bildung, in unserer ganzen historischen Stellung begründet.

Ohne Dünkel können wir es behaupten, daß wir in theoretischer Bildung allen anderen Völker der Erde voraus sind. Wir begreifen die großen Bedingungen der neuen Zeit, in deren heiterem Lichte unsere Enkel glücklich sein werden. Aber werden wir mit eben so viel Sicherheit in die praktische Gestaltung der Welt eingreifen, mit der wir die Theorie der Entwicklung durchschauen? Wir, die philosophischen und poetischen Träumer, wir, die Gelehrten und Idealisten, wir, die ruhigen Dulder, sind plötzlich in die Reihe der politischen Völker eingetreten! Werden wir uns auf der ungewohnten Bahn erhalten und fortbewegen können? - Prüfen wir unsere Kräfte!

Ein unfähiges System, vertreten von unfähigen Menschen, denen im Bewußtsein ihrer innern Richtigkeit das Hervortreten jeder freien Kraft nur Furcht und Schrecken erregte, hat einen regelmäßigen Gang unserer Volksentwicklung unmöglich gemacht. Die Kräfte, welche harmonisch hätten zusammenwirken sollen, haben vereinzelt im Verborgenen arbeiten müssen. Die berufen waren, Neues aufzubauen, sind gezwungen gewesen, sich mit dem Niederreißen der Hindernisse zu beschäftigen, die den edelsten Bestrebungen in den Weg gestellt wurden. Die Männer des herrschenden Systems haben die kleineren Fehler durch immer größere zu bemänteln gesucht. Das deutsche Volk hat es im Schlafe geschehen lassen, bis es endlich zu spät erwacht ist und nun das ganze Elend seiner Zustände zu übersehen anfängt. Wohin sich seine Augen wenden, treffen sie auf die unglückseligen Wirkungen der Herrschaft des Egoismus, der nicht einmal Geist genug besessen hat, das Gute wenigstens zu bewirken, welches mit seinem eigenen Vortheile zusammengefallen wäre. Das arbeitende Volk bis zum Hungertode dem Elend überlassen! Die Bildung des Volkes so vernachlässigt, daß es überall an Männern fehlt, die dem Augenblicke gewachsen sind! Unsere Volksarbeit vernichtet und unser Wohlstand zu Grunde gerichtet, und dabei unsere ganze Staatspraxis, jene Maschine, auf deren geregelten Gang man sich so viel zu Gute that, für die Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft unbrauchbar! Dies unser Zustand im Innern. Nach Außen aber die Verhältnisse mit allen unsern Nachbarn durch Blindheit, Anmaßung und Schwäche unserer Staatsmänner so mißleitet, daß wir der herben Schule der Demüthigungen kaum entgehen werden.

(Schluß folgt).

An den Professor Herrn Dr. Ditringer, Abgeordneten des Wahlbezirks Neuß, in Frankfurt a. M.

Mit tiefem Bedauern mußten wir aus den Verhandlungen der Nationalversammlung erkennen, daß Sie weder in unserem Sinne, dem Sinne Ihrer Wähler, noch viel weniger im Geiste des größten Theiles des deutschen Volkes gestimmt haben.

Als wahrer Vertreter des Volkes war es Ihre heiligste Pflicht, die Rechte und Interessen desselben zu vertheidigen, wo Sie nur konnten; es war dieses Ihre Pflicht, Ihren Wählern gegenüber, welchen Sie die eifrigste Wahrung der Volksrechte versprochen haben, es war dieses Ihre Pflicht gegen das ganze Volk, welches vertrauensvoll seine gesammte Macht in die Hände seiner Vertreter gelegt hat. Statt dessen haben Sie die Rechte des Volkes bei jeder Gelegenheit Preis gegeben; Sie haben durch Ihre uns bekannt gewordenen Abstimmungen nur dazu beigetragen, dem deutschen Volke, resp. seinen Vertretern, die so theuer errungenen unveräußerlichen Rechte verkümmern und entreißen zu lassen. Wenn wir auch bei einigen Fragen die Genugthuung hatten, Sie mit Ihren volksfeindlichen Grundsätzen in der Minorität zu sehen, so mußte es uns um so mehr entrüsten, unsern Vertreter unter einer Minorität von Männern jener reaktionären Partei zu finden, die es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, unsere Freiheit und unsere Rechte zu untergraben.

Sie stimmten dagegen, daß die provisorische Centralgewalt die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen habe, ein Gesetz, das nur mit 16 Stimmen Majorität verworfen wurde. Warum mußte es gerade unser Vertreter sein, der dazu mitwirkte, der Centralgewalt eine Macht zu vindiciren, welche ihr nur durch gänzliche Entäußerung des Volke rechts zuerkannt werden konnte, eine Macht, wodurch sie die Beschlüsse des Volkes, d. h. seiner Vertreter, nichtig machen kann! Gestehen wir es laut, mit Neid blicken wir auf benachbarte Kreise, deren Vertreter wie die Herren Compes, Wiedemann, Raveaux, Wesendonck, Benedey u. A. ihre Mission besser erkannt haben.

Leider mußten wir Sie auch sogar unter jener Minorität der 143 finden, welche dagegen stimmten, daß die Centralgewalt über Krieg und Frieden im Einverständnisse mit der Nationalversammlung zu beschließen habe. Ihre Absicht war es also, dem Volke auch diesen Rest seines Rechtes abzusprechen. Heißt das nicht, die Zeit der Bevormundung, das alte System gänzlich wieder zurückführen wollen?! Glücklicher Weise war aber eine enorme Majorität besser gesinnt.

Daß sie bei solchen Grundsätzen nicht für einen Präsidenten, sondern zuletzt für einen unverantwortlichen Reichsverweser stimmten, war nicht anders zu erwarten.

Daß sie aber den nunmehrigen Reichsverweser nicht einmal von der Nationalversammlung frei gewählt haben wollten, sondern sich auch hierbei wieder unter der allzubekannten Minorität von 135 befinden, mußte unseren gerechten Unwillen erregen.

Hielten sie unser Stillschweigen vielleicht wohl gar für eine Zustimmung Ihres Wirkens, dann haben wir Ihnen dieses unser Urtheil leider zu lange vorenthalten, dann müssen wir es uns zum größten Vorwurf machen, daß wir Ihnen nicht schon früher bei der Kunde von Ihrer Abstimmung in des Schleswig-Holstein'schen Angelegenheit (Seite 301 der stenograph. Berichte) unsere Mißbilligung laut zu erkennen gaben.

Wir haben unsere Vertreter nach Frankfurt gesandt, nicht damit sie die Fürstengewalt neu befestigen, sondern damit sie das Recht des Volkes, die ihm lange vorenthaltene Freiheit wahren, damit sie seine Rechte feststellen. Die Gewaltigen der Erde mögen das Unglück und Elend verantworten, welches der Kampf zur Erringung dieser Freiheit mit sich bringen mußte. Seitdem aber das Volk seine Macht und seine Rechte auf seine Vertreter übertragen hat, sind ihm diese für den Mißbrauch seines Vertrauens verantwortlich, und auf ihr Haupt fällt nun Alles das, was durch ihre Beschlüsse Unheilvolles und Schreckliches veranlaßt würde. Es schmerzt uns tief, Sie unter der Zahl derjenigen erblicken zu müssen, welche Schuld an Beschlüssen sind, und folgerecht bei fernern Bestimmungen betheiligt sein werden, welche noch größere Zwietracht, neue Umwälzungen zur Folge haben könnten.

Daß dieses jedoch durchaus nicht in unserm Sinne gehandelt ist, daß unser Vertrauen mißbraucht ist und daß Sie dieses unser Vertrauen nicht mehr besitzen, möge Ihnen gegenwärtige Zuschrift bekunden. -

Neuß, den 10. Juli, 1848.

(Folgen die Unterschriften.)

Amtliche Nachrichten.

Das 31ste Stück der Gesetz-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält die Allerhöchsten Erlasse, betreffend die Verleihung fiskalischer Vorrechter: unter

Nr. 3002. an die Stadt Sömmerda in Bezug auf den Bau und die Unterhaltung einer Chaussee von dort nach der Landesgränze in der Richtung auf Stotternheim; vom 19. Juni d. J;
Nr. 3003. an die Kreisstände des Kreises Steinfurt, behufs Ausführung einer Chaussee von der Koesfelder Kreisgränze über Horstmar, Steinfurt, Neuenkirchen bis zur Tecklenburger Kreisgränze, in der Richtung auf Hörstel; vom 23. Juni. d. J.;
Nr. 3004 an die Kreisstände des Kreises Koesfeld, behufs Erbauung einer Chaussee von Koesfeld über Lette nach Dülmen und von Baarholz über Billerbeck und Darfeld bis zur Gränze des Kreises Steinfurt, in der Richtung auf Horstmar, von demselben Tage; und
Nr. 3005. an die Kreisstände des Kreises Höxter in Bezug auf den chausseemäßigen Ausbau und die Unterhaltung der Kreisstraßen von Driburg nach Bergheim von der Brakel-Steinheimer Straße über Bergheim bis zur lippeschen Gränze bei Vinsebeck; vom 24. ejd m.; ferner unter
Nr. 3006. das Allerhöchste Privilegium für die Ausstellung auf den Inhaber lautender Stadt-Obligationen der Stadt Halle an der Saale zum Betrage von 60,000 Rthlr.; vom 25. ejd. m.; dann
Nr.3007. den Allerhöchsten Erlaß von demselben Tage, betreffend das vorläufige Fortbestehen der Ermäßigung der Assekuranz-Gebühr für Geldsendungen in Beträgen über 1000 Rthlr.; endlich
Nr. 3008. das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Verordnungen über das Recht der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen und die Kreiseingesessenen dadurch zu verpflichten; vom 24. Juli d. J.

Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
Beilage zu Nr. 64 der Neuen Rh. Zeitg.
Donnerstag 3. August 1848.
[Spaltenumbruch]

[Fortsetzung] Das ist der Sinn ihres heutigen Beschlusses in der Polensache.

Nie irrt und fehlt der edle Mensch, der dem Zuge seines Herzens folgt.

So war es in den glorreichen Tagen der Befreiung, als das Volk in Berlin sich selbst vom Despotismus und die armen Polen aus den Gefängnissen erlöste.

So war es als das Vorparlament sich einmüthig erhob, und die Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht erklärte, zu deren Sühne ‒ der Wiederherstellung Polens ‒ Deutschland die Hand bieten müsse.

So war es als der Fünfziger-Ausschuß bei dem Unternehmen des Bundestages, einen Theil Polens gegen den Willen seiner Bewohner in den Bund aufzunehmen, für die Erfüllung der Verheißungen des Vorparlaments die Ehre Deutschlands zum Pfand einsetzte. Und so hatten die Barrikadenkämpfer in Berlin recht als sie den Polen Hoffnung machten, wir würden mit ihnen die Waffen ergreifen, um sie aus ihren Ketten zu befreien, und die Freiheit nach Warschau, ja nach Rußland hinüber zu tragen.

Ihr wißt die Polen bewaffneten sich, aber der schöne Aufschwung sank zurück, sie wurden entwaffnet und ein beklagenswerthes Blutbad zwischen Deutschen und Polen, dessen wahre Urheber die Geschichte richten wird, erstickte unsre und ihre Hoffnungen.

Dies ist ein unerhörtes Unglück, welches uns die Herzen unsrer polnischen Brüder entfremdet, Mißtrauen zwischen ihnen und uns gesäet und den Niedergeschlagenen nur die Wahl gelassen hat zwischen den Bayonetten der Preußen und der Knute der Russen.

Hier an der Gränze Rußlands schlug die Befreiung der Völker jüngst in Unterdrückung um, dann wurde Krakau bombardirt, endlich Prag, und Ströme Blutes bezeichnen diese Siege des Absolutismus und der Aristokratie.

Die Mehrheit der Nationalversammlung hat keinen Sinn und kein Herz für die Befreiung unsrer Brudervölker gezeigt. Sie hat kein Wort des Friedens für Italien, keine Sylbe des Mitgefühls für Polen gehabt. Es hat sich vielmehr ein brutaler Völkeregoismus erhoben, der die Italiener wieder unterwerfen und dem grausamen Bombardirer Radezky wieder nach Mailand verhelfen, der die polnische Ration für immer aus der Reihe der Völker ausstreichen und die Slaven in Oestreich zu keiner freien und eignen Gestaltung ihrer Angelegenheiten kommen lassen will.

Deutsche Brüder, ihr wollt frei sein und Niemand unterdrücken, ihr wollt daß Italien frei und brüderlich mit uns verbunden, daß Polen erlöst, seine Grenze uns geöffnet und der Aushungerung unserer Grenzländer gegen Rußland ein Ende gemacht werde. Ihr wollt euren Handel beleben, die Industrie fördern, den gesunkenen Mittelstand wiederherstellen, die brodlosen Arbeiter wieder in Lohn bringen, und ihr habt keine Abzugswege an den Grenzen des Czaarenreiches, die aller Einfuhr verschlossen sind. Hunger und Hungerpest wüthet darum in den Hütten des Riesen- und Eulengebirges; der allgemeine Banquerout droht den Rest des Wohlstandes jener Gegenden zu verschlingen.

Ihr wolltet im Aufschwunge unserer Revolution diese Ungerechtigkeit, diesen Krieg mitten im Frieden, diesen bewaffneten Frieden, diese feindselige Freundschaft aufheben.

Wir wollten dies wie ihr. Wir wollten mit der großen Nation der Engländer und mit dem republikanischen Frankreich zusammen einmal ein deutliches Wort über Italien und Polen mit ihren Unterdrückern reden.

Die Mehrheit hat unseren Antrag auf Zusammenberufung eines Friedens- und Befreiungskongresses der europäischen Völker, den wir Deutsche jetzt veranstalten konnten, verworfen.

Der Minister des Auswärtigen, den der unverantwortliche Reichsverweser erkannt hat, wußte um die freundschaftlichen Ansichten Englands und Frankreichs für Polen und für uns. Er hat ‒ obgleich dazu aufgefordert, kein Wort des Friedens gesprochen, er hat es geschehen lassen, daß durch eine willkürliche Zerreißung Polens die Sympathien der Engländer und Franzosen verletzt worden sind, ohne daß auch nur ein Versuch vorausgegangen wäre mit ihnen gemeinschaftlich das begangene, erst im Jahre 1846 durch Aufhebung des Freistaates Krakau erneuerte Unrecht wieder gut zu machen, und die Angelegenheiten Polens und insonderheit Posens in einer dem Willen der Mehrzahl seiner Bewohner entsprechenden Weise zu ordnen, Man ist nur dem russischen Kaiser zu Willen gewesen und hat fortgefahren ungerecht und feindlich gegen die Polen zu handeln.

Man hat alle Zärtlichkeit für Rußland gezeigt, dessen Czaat uns in diesem Augenblicke dieselbe Bruderkralle zur Freundschaft zu reichen wagt, welche kurz vorher den Rücken eines Mitmenschen mit 1000 Hieben zerfleischt hat, aber sich nicht gescheut die Gefahr eines Krieges mit Frankreich und England heraufzubeschwören.

Und die Kämpfe, in die man uns mit freien Völkern verwickelt, sollst Du auskämpfen, deutsches Volk, dem man die Freiheit versagt!

Endlich: man hat die Beschlüsse des Vorparlaments feierlich verworfen.

331 Stimmen gegen 101 Stimmen haben die Erklärung der Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht und das Anerkenntniß der heiligen Pflicht des deutschen Volks zur Wiederherstellung eines selbstständigen Polens mitzuwirken verweigert. Und diese 331 sind zu einem Theile dieselben Leute welche im Vorpalamente jene schönen Beschlüsse faßten!

Das ist die Ueberzeugungstreue dieser Männer und die Reaktion in der Nationalversammlung!

Dieser Tag ist ein Tag der Schmach unsere Revolution ist ins Gesicht geschlagen und das Pfand deutscher Ehre, welches der Fünfziger-Ausschuß eingesetzt, nicht eingelöst worden.

Die edlen Franzosen die uns ihre Freundschaft in der Erwartung anboten, daß wir zur Befreiung Italiens zur Wiederherstellung Polens mitwirken würden, sie sind verletzt. Sie haben ihre Ehre eingesetzt für Italien und für Polen, und wir dulden es, daß Italien bekriegt und verwüstet, daß für Polen jede Hoffnung der Rettung abgeschnitten wird?

Nimmermehr! Versammelt Euch überall in Volksversammlungen und erklärt Euren verirrten Vertretern, daß Ihr diese Beleidigung der Menschheit, diese Vernichtung des heiligen Völkerrechts, welche an den Polen verübt worden sind, zurückweist. Es ist an Dir, deutsches Volk, unsre Ehre, unsre Revolution und die Sympathie der ganzen gebildeten Welt für Deutschland zu retten, nachdem die Mehrheit der Nationalversammlung dies Alles verscherzt hat.

Wir, die wir der Minderheit der Nationalversammlung angehören, wir erklären feierlich vor aller Welt, daß wir nur die Gerechtigkeit gegen unsere Mitvölker, die Gründung eines neuen Friedens und neuer Verträge zwischen gleichen und freien Völkern gewollt und beantragt.

Wir können jetzt nur noch mit der Macht der öffentlichen Meinung der ganzen Masse der Nation die furchtbare Reaktion zurückdrängen: den Weltfrieden, den Wohlstand, das Leben von Millionen sichern und die Freiheit im Innern erhalten.

Unsere Ehre erfordert es, daß wir dies aussprechen, unser Gewissen, daß wir uns feierlich und förmlich verwahren gegen die Beschlüsse, die am heutigen Tage durch die Mehrheit der Versammlung gefaßt worden sind.

Das Ende Polens wäre das Ende Deutschlands, die Theilung Polens durch die deutsche Nation theilt Deutschland zwischen Rußland und Frankreich, zwischen Republik und Despotie, zwischen französische Freiheit und russische Knute. Deutsche rettet Deutschland!

Frankfurt, den 27. Juli 1848.

Die radikal-demokratische Parthei der konstituirenden deutschen National-Versammlung.

Der Centralausschuß der demokratischen Vereine an das deutsche Volk.

Mitbürger! Wenn der große Fortschritt zweifelhaft wäre, den das deutsche Volk in den letzten Monaten gemacht hat, so würde er uns durch eine einzige Thatsache zum sichern Bewußtsein gebracht, ‒ durch das offene Auftreten der politischen Parteien.

Die Zeit ist vorbei, wo man vor diesem Worte erschrocken ist, ‒ wo man das Bestehen politischer Parteien für gleichbedeutend hielt mit Zerüttung und Auflösung des Staates, mit Anarchie und Bürgerkrieg. Dem Absolutismus freilich mußte es so erscheinen. Wo keiner eine Meinung haben sollte, damit die Autorität mit ungestörter Sicherheit über alle herrschen könne, da mußte die Organisation der Meinungen das herrschende System mit dem Untergang bedrohen. Wo aber einmal freie Meinungen bestehen dürfen und wirklich bestehen, da ist auch eine Verschiedenheit der Meinungen unvermeidlich, und diese Verschiedenheit, weit entfernt, dem Leben der Gesellschaft gefährlich zu sein, ist vielmehr zu dessen gedeihlicher Fortbildung unentbehrlich, denn aus ihrer Wechselwirkung muß sich die Wahrheit entwickeln und das Gute gestalten.

Diese Wechselwirkung ist keine Anarchie. Sie hat, wie alle Vorgänge im Reiche der Natur und des Geistes, ihre nothwendigen Gesetze, und nur, wenn diese gewaltsam aufgehoben werden, sucht sich das gestörte Gleichgewicht der Kräfte auch gewaltsam wieder herzustellen.

Ein Hauptgesetz des politischen Lebens ist es, daß die Partei der Mehrheit im Staate hersche, die der Minderheit aber unterdessen sich der unbeschränkten Freiheit bedienen könne, ihre Ansichten und Zwecke durch die theoretischen Mittel der Rede, der Schrift und der Vereinigung auszubreiten, bis es ihr gelingt, so viele Anhänger für sich zu gewinnen, daß sie ihrerseits zur herrschenden Mehrheit wird. So sollen sich im Parteikampf die geistigen Kräfte messen und auf dem Gebiete des Gedankens soll ausgemacht werden, was in der Wirklichkeit zur Gestaltung kommen soll. Nur wenn dieses Grundgesetz des politischen Lebens verhöhnt wird, wenn eine herrschende Partei sich weder der Entscheidung der Mehrheit im Volke unterwerfen, noch die Freiheit der theoretischen Agitation anerkennen will, nur dann geht unvermeidlich der Kampf vom geistigen auf das materielle, vom theoretischen auf das praktische Gebiet über.

Auf diese Grundsätze stützt die demokratisch-republikanische Partei Deutschlands ihr Verhalten. Sie sind die Grundsätze eben des politischen Systems, dessen Herrschaft sie erstrebt, ‒ die Grundsätze, in deren Ramen sie sich vereinigt und organisirt hat.

Um diese Vereinigung und Organisation einzuleiten, waren in den Tagen vom 14. bis 17. Juni zu Frankfurt a. M. die Abgeordneten von 88 demokratischen Vereinen, verstärkt durch 42 gleichgesinnte Männer aus verschiedenen Theilen des Vaterlandes, versammelt. Dieser Kongreß stellte an die Spitze seiner weiteren Beschlüsse folgendes Glaubensbekenntniß:

„Es gibt nur eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung, die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit die Verantwortlichkeit für die Freiheit und die Wohlfahrt des Einzelnen übernimmt.“

Unter dieser Formulirung des demokratischen Prinzips, von dessen Wahrheit wir auf das Tiefste durchdrungen sind, hat die demokratisch-republikanische Partei ihre Organisation begonnen. Sie hat sich einen Centralausschuß erwählt, hat diesem seinen Sitz in Berlin angewiesen und ihm ihre Einigung und Verstärkung zur Aufgabe und die Unterhaltung einer geordneten Verbindung unter allen ihren Gliedern zur Pflicht gemacht.

Als die Männer, denen diese Aufgabe übertragen und diese Pflicht auferlegt worden ist, wenden wir uns hiermit an euch, deutsche Mitbürger! ‒ wenden wir uns hiermit an das deutsche Volk, um offen unsere Zwecke und Mittel zur Kenntniß Aller zur bringen, ‒ um von denen, die zu unserer Partei gehören, kräftige Unterstützung unserer Bestrebungen, und von denen, die zu unsern Gegnern gehören, die ungestörte Freiheit eines theoretischen Wirkens in Anspruch zu nehmen, welche die herrschende Partei uns nicht vorenthalten kann, ohne sich der Gewaltthat und des gröbsten Unrechtes schuldig zu machen.

Mitbürger! Fassen wir die Lage unseres Vaterlandes klar ins Auge!

Sie ist eine gefahrvolle!‒ Schwarze Gewitterwolken hängen über unserm Haupte und umhüllen unsern Horizont. Eine große und folgenschwere Bewegung hat die europäischen Völker ergriffen, und führt die Welt unaufhaltsam neuen Verhältnissen und Formen entgegen. Was im Zusammenhang der großen Bedingungen der Geschichte, dem beschränkten Sinn verborgen, seit lange sich vorbereitet, ‒ was in den letzten Jahrzehnten von den Denkern unseres Volkes in seiner Nothwendigkeit erkannt wurde, und was sie im Voraus vernünftig zu gestalten suchten, was unsere Dichter prophetisch verkündet haben und was im Gemüthe nothbedrängter Volksmassen als dunkle Ahnung oder dämmernde Hoffnung vorausgewirkt hat ‒ es ist da ‒ es hat uns wirklich ereilt; ein moralisches Erdbeben schüttelt die untaugliche Ordnung einer veralteten Bildungsform zusammen. Wir alle haben seinen ersten Stoß gefühlt: es wird sein zweiter, sein dritter folgen. Die Schichten der Gesellschaft werden sich umkehren, wie sich einst die Schichten der Gebirge umgekehrt haben, und auch jetzt, wie damals, wird die Gestalt der Erde eine andere werden.

Welche Rolle wird das deutsche Volk in den Begebenheiten spielen, die unaufhaltsam herannahen? Die erste, müssen wir antworten, oder eine der letzten! Dies ist in der Natur unserer Bildung, in unserer ganzen historischen Stellung begründet.

Ohne Dünkel können wir es behaupten, daß wir in theoretischer Bildung allen anderen Völker der Erde voraus sind. Wir begreifen die großen Bedingungen der neuen Zeit, in deren heiterem Lichte unsere Enkel glücklich sein werden. Aber werden wir mit eben so viel Sicherheit in die praktische Gestaltung der Welt eingreifen, mit der wir die Theorie der Entwicklung durchschauen? Wir, die philosophischen und poetischen Träumer, wir, die Gelehrten und Idealisten, wir, die ruhigen Dulder, sind plötzlich in die Reihe der politischen Völker eingetreten! Werden wir uns auf der ungewohnten Bahn erhalten und fortbewegen können? ‒ Prüfen wir unsere Kräfte!

Ein unfähiges System, vertreten von unfähigen Menschen, denen im Bewußtsein ihrer innern Richtigkeit das Hervortreten jeder freien Kraft nur Furcht und Schrecken erregte, hat einen regelmäßigen Gang unserer Volksentwicklung unmöglich gemacht. Die Kräfte, welche harmonisch hätten zusammenwirken sollen, haben vereinzelt im Verborgenen arbeiten müssen. Die berufen waren, Neues aufzubauen, sind gezwungen gewesen, sich mit dem Niederreißen der Hindernisse zu beschäftigen, die den edelsten Bestrebungen in den Weg gestellt wurden. Die Männer des herrschenden Systems haben die kleineren Fehler durch immer größere zu bemänteln gesucht. Das deutsche Volk hat es im Schlafe geschehen lassen, bis es endlich zu spät erwacht ist und nun das ganze Elend seiner Zustände zu übersehen anfängt. Wohin sich seine Augen wenden, treffen sie auf die unglückseligen Wirkungen der Herrschaft des Egoismus, der nicht einmal Geist genug besessen hat, das Gute wenigstens zu bewirken, welches mit seinem eigenen Vortheile zusammengefallen wäre. Das arbeitende Volk bis zum Hungertode dem Elend überlassen! Die Bildung des Volkes so vernachlässigt, daß es überall an Männern fehlt, die dem Augenblicke gewachsen sind! Unsere Volksarbeit vernichtet und unser Wohlstand zu Grunde gerichtet, und dabei unsere ganze Staatspraxis, jene Maschine, auf deren geregelten Gang man sich so viel zu Gute that, für die Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft unbrauchbar! Dies unser Zustand im Innern. Nach Außen aber die Verhältnisse mit allen unsern Nachbarn durch Blindheit, Anmaßung und Schwäche unserer Staatsmänner so mißleitet, daß wir der herben Schule der Demüthigungen kaum entgehen werden.

(Schluß folgt).

An den Professor Herrn Dr. Ditringer, Abgeordneten des Wahlbezirks Neuß, in Frankfurt a. M.

Mit tiefem Bedauern mußten wir aus den Verhandlungen der Nationalversammlung erkennen, daß Sie weder in unserem Sinne, dem Sinne Ihrer Wähler, noch viel weniger im Geiste des größten Theiles des deutschen Volkes gestimmt haben.

Als wahrer Vertreter des Volkes war es Ihre heiligste Pflicht, die Rechte und Interessen desselben zu vertheidigen, wo Sie nur konnten; es war dieses Ihre Pflicht, Ihren Wählern gegenüber, welchen Sie die eifrigste Wahrung der Volksrechte versprochen haben, es war dieses Ihre Pflicht gegen das ganze Volk, welches vertrauensvoll seine gesammte Macht in die Hände seiner Vertreter gelegt hat. Statt dessen haben Sie die Rechte des Volkes bei jeder Gelegenheit Preis gegeben; Sie haben durch Ihre uns bekannt gewordenen Abstimmungen nur dazu beigetragen, dem deutschen Volke, resp. seinen Vertretern, die so theuer errungenen unveräußerlichen Rechte verkümmern und entreißen zu lassen. Wenn wir auch bei einigen Fragen die Genugthuung hatten, Sie mit Ihren volksfeindlichen Grundsätzen in der Minorität zu sehen, so mußte es uns um so mehr entrüsten, unsern Vertreter unter einer Minorität von Männern jener reaktionären Partei zu finden, die es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, unsere Freiheit und unsere Rechte zu untergraben.

Sie stimmten dagegen, daß die provisorische Centralgewalt die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen habe, ein Gesetz, das nur mit 16 Stimmen Majorität verworfen wurde. Warum mußte es gerade unser Vertreter sein, der dazu mitwirkte, der Centralgewalt eine Macht zu vindiciren, welche ihr nur durch gänzliche Entäußerung des Volke rechts zuerkannt werden konnte, eine Macht, wodurch sie die Beschlüsse des Volkes, d. h. seiner Vertreter, nichtig machen kann! Gestehen wir es laut, mit Neid blicken wir auf benachbarte Kreise, deren Vertreter wie die Herren Compes, Wiedemann, Raveaux, Wesendonck, Benedey u. A. ihre Mission besser erkannt haben.

Leider mußten wir Sie auch sogar unter jener Minorität der 143 finden, welche dagegen stimmten, daß die Centralgewalt über Krieg und Frieden im Einverständnisse mit der Nationalversammlung zu beschließen habe. Ihre Absicht war es also, dem Volke auch diesen Rest seines Rechtes abzusprechen. Heißt das nicht, die Zeit der Bevormundung, das alte System gänzlich wieder zurückführen wollen?! Glücklicher Weise war aber eine enorme Majorität besser gesinnt.

Daß sie bei solchen Grundsätzen nicht für einen Präsidenten, sondern zuletzt für einen unverantwortlichen Reichsverweser stimmten, war nicht anders zu erwarten.

Daß sie aber den nunmehrigen Reichsverweser nicht einmal von der Nationalversammlung frei gewählt haben wollten, sondern sich auch hierbei wieder unter der allzubekannten Minorität von 135 befinden, mußte unseren gerechten Unwillen erregen.

Hielten sie unser Stillschweigen vielleicht wohl gar für eine Zustimmung Ihres Wirkens, dann haben wir Ihnen dieses unser Urtheil leider zu lange vorenthalten, dann müssen wir es uns zum größten Vorwurf machen, daß wir Ihnen nicht schon früher bei der Kunde von Ihrer Abstimmung in des Schleswig-Holstein'schen Angelegenheit (Seite 301 der stenograph. Berichte) unsere Mißbilligung laut zu erkennen gaben.

Wir haben unsere Vertreter nach Frankfurt gesandt, nicht damit sie die Fürstengewalt neu befestigen, sondern damit sie das Recht des Volkes, die ihm lange vorenthaltene Freiheit wahren, damit sie seine Rechte feststellen. Die Gewaltigen der Erde mögen das Unglück und Elend verantworten, welches der Kampf zur Erringung dieser Freiheit mit sich bringen mußte. Seitdem aber das Volk seine Macht und seine Rechte auf seine Vertreter übertragen hat, sind ihm diese für den Mißbrauch seines Vertrauens verantwortlich, und auf ihr Haupt fällt nun Alles das, was durch ihre Beschlüsse Unheilvolles und Schreckliches veranlaßt würde. Es schmerzt uns tief, Sie unter der Zahl derjenigen erblicken zu müssen, welche Schuld an Beschlüssen sind, und folgerecht bei fernern Bestimmungen betheiligt sein werden, welche noch größere Zwietracht, neue Umwälzungen zur Folge haben könnten.

Daß dieses jedoch durchaus nicht in unserm Sinne gehandelt ist, daß unser Vertrauen mißbraucht ist und daß Sie dieses unser Vertrauen nicht mehr besitzen, möge Ihnen gegenwärtige Zuschrift bekunden. ‒

Neuß, den 10. Juli, 1848.

(Folgen die Unterschriften.)

Amtliche Nachrichten.

Das 31ste Stück der Gesetz-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält die Allerhöchsten Erlasse, betreffend die Verleihung fiskalischer Vorrechter: unter

Nr. 3002. an die Stadt Sömmerda in Bezug auf den Bau und die Unterhaltung einer Chaussee von dort nach der Landesgränze in der Richtung auf Stotternheim; vom 19. Juni d. J;
Nr. 3003. an die Kreisstände des Kreises Steinfurt, behufs Ausführung einer Chaussee von der Koesfelder Kreisgränze über Horstmar, Steinfurt, Neuenkirchen bis zur Tecklenburger Kreisgränze, in der Richtung auf Hörstel; vom 23. Juni. d. J.;
Nr. 3004 an die Kreisstände des Kreises Koesfeld, behufs Erbauung einer Chaussee von Koesfeld über Lette nach Dülmen und von Baarholz über Billerbeck und Darfeld bis zur Gränze des Kreises Steinfurt, in der Richtung auf Horstmar, von demselben Tage; und
Nr. 3005. an die Kreisstände des Kreises Höxter in Bezug auf den chausseemäßigen Ausbau und die Unterhaltung der Kreisstraßen von Driburg nach Bergheim von der Brakel-Steinheimer Straße über Bergheim bis zur lippeschen Gränze bei Vinsebeck; vom 24. ejd m.; ferner unter
Nr. 3006. das Allerhöchste Privilegium für die Ausstellung auf den Inhaber lautender Stadt-Obligationen der Stadt Halle an der Saale zum Betrage von 60,000 Rthlr.; vom 25. ejd. m.; dann
Nr.3007. den Allerhöchsten Erlaß von demselben Tage, betreffend das vorläufige Fortbestehen der Ermäßigung der Assekuranz-Gebühr für Geldsendungen in Beträgen über 1000 Rthlr.; endlich
Nr. 3008. das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Verordnungen über das Recht der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen und die Kreiseingesessenen dadurch zu verpflichten; vom 24. Juli d. J.

Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 64 der Neuen Rh. Zeitg. </titlePart>
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          <docDate>Donnerstag 3. August 1848.</docDate>
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          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Das ist der Sinn ihres heutigen                         Beschlusses in der Polensache.</p>
          <p>Nie irrt und fehlt der edle Mensch, der dem Zuge seines Herzens folgt.</p>
          <p>So war es in den glorreichen Tagen der Befreiung, als das Volk in Berlin sich                         selbst vom Despotismus und die armen Polen aus den Gefängnissen erlöste.</p>
          <p>So war es als das Vorparlament sich einmüthig erhob, und die Theilung Polens                         für ein schmachvolles Unrecht erklärte, zu deren Sühne &#x2012; der                         Wiederherstellung Polens &#x2012; Deutschland die Hand bieten müsse.</p>
          <p>So war es als der Fünfziger-Ausschuß bei dem Unternehmen des Bundestages,                         einen Theil Polens gegen den Willen seiner Bewohner in den Bund aufzunehmen,                         für die Erfüllung der Verheißungen des Vorparlaments die Ehre Deutschlands                         zum Pfand einsetzte. Und so hatten die Barrikadenkämpfer in Berlin recht als                         sie den Polen Hoffnung machten, wir würden mit ihnen die Waffen ergreifen,                         um sie aus ihren Ketten zu befreien, und die Freiheit nach Warschau, ja nach                         Rußland hinüber zu tragen.</p>
          <p>Ihr wißt die Polen bewaffneten sich, aber der schöne Aufschwung sank zurück,                         sie wurden entwaffnet und ein beklagenswerthes Blutbad zwischen Deutschen                         und Polen, dessen wahre Urheber die Geschichte richten wird, erstickte unsre                         und ihre Hoffnungen.</p>
          <p>Dies ist ein unerhörtes Unglück, welches uns die Herzen unsrer polnischen                         Brüder entfremdet, Mißtrauen zwischen ihnen und uns gesäet und den                         Niedergeschlagenen nur die Wahl gelassen hat zwischen den Bayonetten der                         Preußen und der Knute der Russen.</p>
          <p>Hier an der Gränze Rußlands schlug die Befreiung der Völker jüngst in                         Unterdrückung um, dann wurde Krakau bombardirt, endlich Prag, und Ströme                         Blutes bezeichnen diese Siege des Absolutismus und der Aristokratie.</p>
          <p>Die Mehrheit der Nationalversammlung hat keinen Sinn und kein Herz für die                         Befreiung unsrer Brudervölker gezeigt. Sie hat kein Wort des Friedens für                         Italien, keine Sylbe des Mitgefühls für Polen gehabt. Es hat sich vielmehr                         ein brutaler Völkeregoismus erhoben, der die Italiener wieder unterwerfen                         und dem grausamen Bombardirer Radezky wieder nach Mailand verhelfen, der die                         polnische Ration für immer aus der Reihe der Völker ausstreichen und die                         Slaven in Oestreich zu keiner freien und eignen Gestaltung ihrer                         Angelegenheiten kommen lassen will.</p>
          <p>Deutsche Brüder, ihr wollt frei sein und Niemand unterdrücken, ihr wollt daß                         Italien frei und brüderlich mit uns verbunden, daß Polen erlöst, seine                         Grenze uns geöffnet und der Aushungerung unserer Grenzländer gegen Rußland                         ein Ende gemacht werde. Ihr wollt euren Handel beleben, die Industrie                         fördern, den gesunkenen Mittelstand wiederherstellen, die brodlosen Arbeiter                         wieder in Lohn bringen, und ihr habt keine Abzugswege an den Grenzen des                         Czaarenreiches, die aller Einfuhr verschlossen sind. Hunger und Hungerpest                         wüthet darum in den Hütten des Riesen- und Eulengebirges; der allgemeine                         Banquerout droht den Rest des Wohlstandes jener Gegenden zu                         verschlingen.</p>
          <p>Ihr wolltet im Aufschwunge unserer Revolution diese Ungerechtigkeit, diesen                         Krieg mitten im Frieden, diesen bewaffneten Frieden, diese feindselige                         Freundschaft aufheben.</p>
          <p>Wir wollten dies wie ihr. Wir wollten mit der großen Nation der Engländer und                         mit dem republikanischen Frankreich zusammen einmal ein deutliches Wort über                         Italien und Polen mit ihren Unterdrückern reden.</p>
          <p>Die Mehrheit hat unseren Antrag auf Zusammenberufung eines Friedens- und                         Befreiungskongresses der europäischen Völker, den wir Deutsche jetzt                         veranstalten konnten, verworfen.</p>
          <p>Der Minister des Auswärtigen, den der unverantwortliche Reichsverweser                         erkannt hat, wußte um die freundschaftlichen Ansichten Englands und                         Frankreichs für Polen und für uns. Er hat &#x2012; obgleich dazu aufgefordert, kein                         Wort des Friedens gesprochen, er hat es geschehen lassen, daß durch eine                         willkürliche Zerreißung Polens die Sympathien der Engländer und Franzosen                         verletzt worden sind, ohne daß auch nur ein Versuch vorausgegangen wäre mit                         ihnen gemeinschaftlich das begangene, erst im Jahre 1846 durch Aufhebung des                         Freistaates Krakau erneuerte Unrecht wieder gut zu machen, und die                         Angelegenheiten Polens und insonderheit Posens in einer dem Willen der                         Mehrzahl seiner Bewohner entsprechenden Weise zu ordnen, Man ist nur dem                         russischen Kaiser zu Willen gewesen und hat fortgefahren ungerecht und                         feindlich gegen die Polen zu handeln.</p>
          <p>Man hat alle Zärtlichkeit für Rußland gezeigt, dessen Czaat uns in diesem                         Augenblicke dieselbe Bruderkralle zur Freundschaft zu reichen wagt, welche                         kurz vorher den Rücken eines Mitmenschen mit 1000 Hieben zerfleischt hat,                         aber sich nicht gescheut die Gefahr eines Krieges mit Frankreich und England                         heraufzubeschwören.</p>
          <p>Und die Kämpfe, in die man uns mit freien Völkern verwickelt, sollst Du                         auskämpfen, deutsches Volk, dem man die Freiheit versagt!</p>
          <p>Endlich: man hat die Beschlüsse des Vorparlaments feierlich verworfen.</p>
          <p>331 Stimmen gegen 101 Stimmen haben die Erklärung der Theilung Polens für ein                         schmachvolles Unrecht und das Anerkenntniß der heiligen Pflicht des                         deutschen Volks zur Wiederherstellung eines selbstständigen Polens                         mitzuwirken verweigert. Und diese 331 sind zu einem Theile dieselben Leute                         welche im Vorpalamente jene schönen Beschlüsse faßten!</p>
          <p>Das ist die Ueberzeugungstreue dieser Männer und die Reaktion in der                         Nationalversammlung!</p>
          <p>Dieser Tag ist ein Tag der Schmach unsere Revolution ist ins Gesicht                         geschlagen und das Pfand deutscher Ehre, welches der Fünfziger-Ausschuß                         eingesetzt, nicht eingelöst worden.</p>
          <p>Die edlen Franzosen die uns ihre Freundschaft in der Erwartung anboten, daß                         wir zur Befreiung Italiens zur Wiederherstellung Polens mitwirken würden,                         sie sind verletzt. Sie haben ihre Ehre eingesetzt für Italien und für Polen,                         und wir dulden es, daß Italien bekriegt und verwüstet, daß für Polen jede                         Hoffnung der Rettung abgeschnitten wird?</p>
          <p>Nimmermehr! Versammelt Euch überall in Volksversammlungen und erklärt Euren                         verirrten Vertretern, daß Ihr diese Beleidigung der Menschheit, diese                         Vernichtung des heiligen Völkerrechts, welche an den Polen verübt worden                         sind, zurückweist. Es ist an Dir, deutsches Volk, unsre Ehre, unsre                         Revolution und die Sympathie der ganzen gebildeten Welt für Deutschland zu                         retten, nachdem die Mehrheit der Nationalversammlung dies Alles verscherzt                         hat.</p>
          <p>Wir, die wir der Minderheit der Nationalversammlung angehören, wir erklären                         feierlich vor aller Welt, daß wir nur die Gerechtigkeit gegen unsere                         Mitvölker, die Gründung eines neuen Friedens und neuer Verträge zwischen                         gleichen und freien Völkern gewollt und beantragt.</p>
          <p>Wir können jetzt nur noch mit der Macht der öffentlichen Meinung der ganzen                         Masse der Nation die furchtbare Reaktion zurückdrängen: den Weltfrieden, den                         Wohlstand, das Leben von Millionen sichern und die Freiheit im Innern                         erhalten.</p>
          <p>Unsere Ehre erfordert es, daß wir dies aussprechen, unser Gewissen, daß wir                         uns feierlich und förmlich verwahren gegen die Beschlüsse, die am heutigen                         Tage durch die Mehrheit der Versammlung gefaßt worden sind.</p>
          <p>Das Ende Polens wäre das Ende Deutschlands, die Theilung Polens durch die                         deutsche Nation theilt Deutschland zwischen Rußland und Frankreich, zwischen                         Republik und Despotie, zwischen französische Freiheit und russische Knute.                         Deutsche rettet Deutschland!</p>
          <p>Frankfurt, den 27. Juli 1848.</p>
          <p>Die radikal-demokratische Parthei der konstituirenden deutschen                         National-Versammlung.</p>
        </div>
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          <head>Der Centralausschuß der demokratischen Vereine an das deutsche                         Volk.</head>
          <p>Mitbürger! Wenn der große Fortschritt zweifelhaft wäre, den das deutsche Volk                         in den letzten Monaten gemacht hat, so würde er uns durch eine einzige                         Thatsache zum sichern Bewußtsein gebracht, &#x2012; durch das offene Auftreten der                         politischen Parteien.</p>
          <p>Die Zeit ist vorbei, wo man vor diesem Worte erschrocken ist, &#x2012; wo man das                         Bestehen politischer Parteien für gleichbedeutend hielt mit Zerüttung und                         Auflösung des Staates, mit Anarchie und Bürgerkrieg. Dem Absolutismus                         freilich mußte es so erscheinen. Wo keiner eine Meinung haben sollte, damit                         die Autorität mit ungestörter Sicherheit über alle herrschen könne, da mußte                         die Organisation der Meinungen das herrschende System mit dem Untergang                         bedrohen. Wo aber einmal freie Meinungen bestehen dürfen und wirklich                         bestehen, da ist auch eine Verschiedenheit der Meinungen unvermeidlich, und                         diese Verschiedenheit, weit entfernt, dem Leben der Gesellschaft gefährlich                         zu sein, ist vielmehr zu dessen gedeihlicher Fortbildung unentbehrlich, denn                         aus ihrer Wechselwirkung muß sich die Wahrheit entwickeln und das Gute                         gestalten.</p>
          <p>Diese Wechselwirkung ist keine Anarchie. Sie hat, wie alle Vorgänge im Reiche                         der Natur und des Geistes, ihre nothwendigen Gesetze, und nur, wenn diese                         gewaltsam aufgehoben werden, sucht sich das gestörte Gleichgewicht der                         Kräfte auch gewaltsam wieder herzustellen.</p>
          <p>Ein Hauptgesetz des politischen Lebens ist es, daß die Partei der Mehrheit im                         Staate hersche, die der Minderheit aber unterdessen sich der unbeschränkten                         Freiheit bedienen könne, ihre Ansichten und Zwecke durch die theoretischen                         Mittel der Rede, der Schrift und der Vereinigung auszubreiten, bis es ihr                         gelingt, so viele Anhänger für sich zu gewinnen, daß sie ihrerseits zur                         herrschenden Mehrheit wird. So sollen sich im Parteikampf die geistigen                         Kräfte messen und auf dem Gebiete des Gedankens soll ausgemacht werden, was                         in der Wirklichkeit zur Gestaltung kommen soll. Nur wenn dieses Grundgesetz                         des politischen Lebens verhöhnt wird, wenn eine herrschende Partei sich                         weder der Entscheidung der Mehrheit im Volke unterwerfen, noch die Freiheit                         der theoretischen Agitation anerkennen will, nur dann geht unvermeidlich der                         Kampf vom geistigen auf das materielle, vom theoretischen auf das praktische                         Gebiet über.</p>
          <p>Auf diese Grundsätze stützt die demokratisch-republikanische Partei                         Deutschlands ihr Verhalten. Sie sind die Grundsätze eben des politischen                         Systems, dessen Herrschaft sie erstrebt, &#x2012; die Grundsätze, in deren Ramen                         sie sich vereinigt und organisirt hat.</p>
          <p>Um diese Vereinigung und Organisation einzuleiten, waren in den Tagen vom 14.                         bis 17. Juni zu Frankfurt a. M. die Abgeordneten von 88 demokratischen                         Vereinen, verstärkt durch 42 gleichgesinnte Männer aus verschiedenen Theilen                         des Vaterlandes, versammelt. Dieser Kongreß stellte an die Spitze seiner                         weiteren Beschlüsse folgendes Glaubensbekenntniß:</p>
          <p>&#x201E;Es gibt nur eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung, die                         demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit                         die Verantwortlichkeit für die Freiheit und die Wohlfahrt des Einzelnen                         übernimmt.&#x201C;</p>
          <p>Unter dieser Formulirung des demokratischen Prinzips, von dessen Wahrheit wir                         auf das Tiefste durchdrungen sind, hat die demokratisch-republikanische                         Partei ihre Organisation begonnen. Sie hat sich einen Centralausschuß                         erwählt, hat diesem seinen Sitz in Berlin angewiesen und ihm ihre Einigung                         und Verstärkung zur Aufgabe und die Unterhaltung einer geordneten Verbindung                         unter allen ihren Gliedern zur Pflicht gemacht.</p>
          <p>Als die Männer, denen diese Aufgabe übertragen und diese Pflicht auferlegt                         worden ist, wenden wir uns hiermit an euch, deutsche Mitbürger! &#x2012; wenden wir                         uns hiermit an das deutsche Volk, um offen unsere Zwecke und Mittel zur                         Kenntniß Aller zur bringen, &#x2012; um von denen, die zu unserer Partei gehören,                         kräftige Unterstützung unserer Bestrebungen, und von denen, die zu unsern                         Gegnern gehören, die ungestörte Freiheit eines theoretischen Wirkens in                         Anspruch zu nehmen, welche die herrschende Partei uns nicht vorenthalten                         kann, ohne sich der Gewaltthat und des gröbsten Unrechtes schuldig zu                         machen.</p>
          <p>Mitbürger! Fassen wir die Lage unseres Vaterlandes klar ins Auge!</p>
          <p>Sie ist eine gefahrvolle!&#x2012; Schwarze Gewitterwolken hängen über unserm Haupte                         und umhüllen unsern Horizont. Eine große und folgenschwere Bewegung hat die                         europäischen Völker ergriffen, und führt die Welt unaufhaltsam neuen                         Verhältnissen und Formen entgegen. Was im Zusammenhang der großen                         Bedingungen der Geschichte, dem beschränkten Sinn verborgen, seit lange sich                         vorbereitet, &#x2012; was in den letzten Jahrzehnten von den Denkern unseres Volkes                         in seiner Nothwendigkeit erkannt wurde, und was sie im Voraus vernünftig zu                         gestalten suchten, was unsere Dichter prophetisch verkündet haben und was im                         Gemüthe nothbedrängter Volksmassen als dunkle Ahnung oder dämmernde Hoffnung                         vorausgewirkt hat &#x2012; es ist da &#x2012; es hat uns wirklich ereilt; ein moralisches                         Erdbeben schüttelt die untaugliche Ordnung einer veralteten Bildungsform                         zusammen. Wir alle haben seinen ersten Stoß gefühlt: es wird sein zweiter,                         sein dritter folgen. Die Schichten der Gesellschaft werden sich umkehren,                         wie sich einst die Schichten der Gebirge umgekehrt haben, und auch jetzt,                         wie damals, wird die Gestalt der Erde eine andere werden.</p>
          <p>Welche Rolle wird das deutsche Volk in den Begebenheiten spielen, die                         unaufhaltsam herannahen? Die erste, müssen wir antworten, oder eine der                         letzten! Dies ist in der Natur unserer Bildung, in unserer ganzen                         historischen Stellung begründet.</p>
          <p>Ohne Dünkel können wir es behaupten, daß wir in theoretischer Bildung allen                         anderen Völker der Erde voraus sind. Wir begreifen die großen Bedingungen                         der neuen Zeit, in deren heiterem Lichte unsere Enkel glücklich sein werden.                         Aber werden wir mit eben so viel Sicherheit in die praktische Gestaltung der                         Welt eingreifen, mit der wir die Theorie der Entwicklung durchschauen? Wir,                         die philosophischen und poetischen Träumer, wir, die Gelehrten und                         Idealisten, wir, die ruhigen Dulder, sind plötzlich in die Reihe der                         politischen Völker eingetreten! Werden wir uns auf der ungewohnten Bahn                         erhalten und fortbewegen können? &#x2012; Prüfen wir unsere Kräfte!</p>
          <p>Ein unfähiges System, vertreten von unfähigen Menschen, denen im Bewußtsein                         ihrer innern Richtigkeit das Hervortreten jeder freien Kraft nur Furcht und                         Schrecken erregte, hat einen regelmäßigen Gang unserer Volksentwicklung                         unmöglich gemacht. Die Kräfte, welche harmonisch hätten zusammenwirken                         sollen, haben vereinzelt im Verborgenen arbeiten müssen. Die berufen waren,                         Neues aufzubauen, sind gezwungen gewesen, sich mit dem Niederreißen der                         Hindernisse zu beschäftigen, die den edelsten Bestrebungen in den Weg                         gestellt wurden. Die Männer des herrschenden Systems haben die kleineren                         Fehler durch immer größere zu bemänteln gesucht. Das deutsche Volk hat es im                         Schlafe geschehen lassen, bis es endlich zu spät erwacht ist und nun das                         ganze Elend seiner Zustände zu übersehen anfängt. Wohin sich seine Augen                         wenden, treffen sie auf die unglückseligen Wirkungen der Herrschaft des                         Egoismus, der nicht einmal Geist genug besessen hat, das Gute wenigstens zu                         bewirken, welches mit seinem eigenen Vortheile zusammengefallen wäre. Das                         arbeitende Volk bis zum Hungertode dem Elend überlassen! Die Bildung des                         Volkes so vernachlässigt, daß es überall an Männern fehlt, die dem                         Augenblicke gewachsen sind! Unsere Volksarbeit vernichtet und unser                         Wohlstand zu Grunde gerichtet, und dabei unsere ganze Staatspraxis, jene                         Maschine, auf deren geregelten Gang man sich so viel zu Gute that, für die                         Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft unbrauchbar! Dies unser Zustand im                         Innern. Nach Außen aber die Verhältnisse mit allen unsern Nachbarn durch                         Blindheit, Anmaßung und Schwäche unserer Staatsmänner so mißleitet, daß wir                         der herben Schule der Demüthigungen kaum entgehen werden.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Schluß folgt).</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
      <div type="jReadersLetters" n="1">
        <div xml:id="ar064b_003" type="jArticle">
          <p>An den Professor Herrn Dr. Ditringer, Abgeordneten des Wahlbezirks Neuß, in                         Frankfurt a. M.</p>
          <p>Mit tiefem Bedauern mußten wir aus den Verhandlungen der Nationalversammlung                         erkennen, daß Sie weder in unserem Sinne, dem Sinne Ihrer Wähler, noch viel                         weniger im Geiste des größten Theiles des deutschen Volkes gestimmt                         haben.</p>
          <p>Als wahrer Vertreter des Volkes war es Ihre heiligste Pflicht, die Rechte und                         Interessen desselben zu vertheidigen, wo Sie nur konnten; es war dieses Ihre                         Pflicht, Ihren Wählern gegenüber, welchen Sie die eifrigste Wahrung der                         Volksrechte versprochen haben, es war dieses Ihre Pflicht gegen das ganze                         Volk, welches vertrauensvoll seine gesammte Macht in die Hände seiner                         Vertreter gelegt hat. Statt dessen haben Sie die Rechte des Volkes bei jeder                         Gelegenheit Preis gegeben; Sie haben durch Ihre uns bekannt gewordenen                         Abstimmungen nur dazu beigetragen, dem deutschen Volke, resp. seinen                         Vertretern, die so theuer errungenen unveräußerlichen Rechte verkümmern und                         entreißen zu lassen. Wenn wir auch bei einigen Fragen die Genugthuung                         hatten, Sie mit Ihren volksfeindlichen Grundsätzen in der Minorität zu                         sehen, so mußte es uns um so mehr entrüsten, unsern Vertreter unter einer                         Minorität von Männern jener reaktionären Partei zu finden, die es sich                         offenbar zur Aufgabe gemacht hat, unsere Freiheit und unsere Rechte zu                         untergraben.</p>
          <p>Sie stimmten dagegen, daß die provisorische Centralgewalt die Beschlüsse der                         Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen habe, ein Gesetz, das                         nur mit 16 Stimmen Majorität verworfen wurde. Warum mußte es gerade unser                         Vertreter sein, der dazu mitwirkte, der Centralgewalt eine Macht zu                         vindiciren, welche ihr nur durch gänzliche Entäußerung des Volke rechts                         zuerkannt werden konnte, eine Macht, wodurch sie die Beschlüsse des Volkes,                         d. h. seiner Vertreter, nichtig machen kann! Gestehen wir es laut, mit Neid                         blicken wir auf benachbarte Kreise, deren Vertreter wie die Herren Compes,                         Wiedemann, Raveaux, Wesendonck, Benedey u. A. ihre Mission besser erkannt                         haben.</p>
          <p>Leider mußten wir Sie auch sogar unter jener Minorität der 143 finden, welche                         dagegen stimmten, daß die Centralgewalt über Krieg und Frieden im                         Einverständnisse mit der Nationalversammlung zu beschließen habe. Ihre                         Absicht war es also, dem Volke auch diesen Rest seines Rechtes abzusprechen.                         Heißt das nicht, die Zeit der Bevormundung, das alte System gänzlich wieder                         zurückführen wollen?! Glücklicher Weise war aber eine enorme Majorität                         besser gesinnt.</p>
          <p>Daß sie bei solchen Grundsätzen nicht für einen Präsidenten, sondern zuletzt                         für einen unverantwortlichen Reichsverweser stimmten, war nicht anders zu                         erwarten.</p>
          <p>Daß sie aber den nunmehrigen Reichsverweser nicht einmal von der                         Nationalversammlung frei gewählt haben wollten, sondern sich auch hierbei                         wieder unter der allzubekannten Minorität von 135 befinden, mußte unseren                         gerechten Unwillen erregen.</p>
          <p>Hielten sie unser Stillschweigen vielleicht wohl gar für eine Zustimmung                         Ihres Wirkens, dann haben wir Ihnen dieses unser Urtheil leider zu lange                         vorenthalten, dann müssen wir es uns zum größten Vorwurf machen, daß wir                         Ihnen nicht schon früher bei der Kunde von Ihrer Abstimmung in des                         Schleswig-Holstein'schen Angelegenheit (Seite 301 der stenograph. Berichte)                         unsere Mißbilligung laut zu erkennen gaben.</p>
          <p>Wir haben unsere Vertreter nach Frankfurt gesandt, nicht damit sie die                         Fürstengewalt neu befestigen, sondern damit sie das Recht des Volkes, die                         ihm lange vorenthaltene Freiheit wahren, damit sie seine Rechte feststellen.                         Die Gewaltigen der Erde mögen das Unglück und Elend verantworten, welches                         der Kampf zur Erringung dieser Freiheit mit sich bringen mußte. Seitdem aber                         das Volk seine Macht und seine Rechte auf seine Vertreter übertragen hat,                         sind ihm diese für den Mißbrauch seines Vertrauens verantwortlich, und auf                         ihr Haupt fällt nun Alles das, was durch ihre Beschlüsse Unheilvolles und                         Schreckliches veranlaßt würde. Es schmerzt uns tief, Sie unter der Zahl                         derjenigen erblicken zu müssen, welche Schuld an Beschlüssen sind, und                         folgerecht bei fernern Bestimmungen betheiligt sein werden, welche noch                         größere Zwietracht, neue Umwälzungen zur Folge haben könnten.</p>
          <p>Daß dieses jedoch durchaus nicht in unserm Sinne gehandelt ist, daß unser                         Vertrauen mißbraucht ist und daß Sie dieses unser Vertrauen nicht mehr                         besitzen, möge Ihnen gegenwärtige Zuschrift bekunden. &#x2012;</p>
          <p><hi rendition="#g">Neuß,</hi> den 10. Juli, 1848.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Folgen die Unterschriften.)</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Amtliche Nachrichten.</head>
        <div xml:id="ar064b_004" type="jArticle">
          <p>Das 31ste Stück der Gesetz-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält                         die Allerhöchsten Erlasse, betreffend die Verleihung fiskalischer                         Vorrechter: unter</p>
          <p rendition="#et">Nr. 3002. an die Stadt Sömmerda in Bezug auf den Bau und die                         Unterhaltung einer Chaussee von dort nach der Landesgränze in der Richtung                         auf Stotternheim; vom 19. Juni d. J;<lb/>
Nr. 3003. an die Kreisstände des                         Kreises Steinfurt, behufs Ausführung einer Chaussee von der Koesfelder                         Kreisgränze über Horstmar, Steinfurt, Neuenkirchen bis zur Tecklenburger                         Kreisgränze, in der Richtung auf Hörstel; vom 23. Juni. d. J.;<lb/>
Nr. 3004                         an die Kreisstände des Kreises Koesfeld, behufs Erbauung einer Chaussee von                         Koesfeld über Lette nach Dülmen und von Baarholz über Billerbeck und Darfeld                         bis zur Gränze des Kreises Steinfurt, in der Richtung auf Horstmar, von                         demselben Tage; und<lb/>
Nr. 3005. an die Kreisstände des Kreises Höxter in                         Bezug auf den chausseemäßigen Ausbau und die Unterhaltung der Kreisstraßen                         von Driburg nach Bergheim von der Brakel-Steinheimer Straße über Bergheim                         bis zur lippeschen Gränze bei Vinsebeck; vom 24. ejd m.; ferner unter<lb/>
Nr. 3006. das Allerhöchste Privilegium für die Ausstellung auf den Inhaber                         lautender Stadt-Obligationen der Stadt Halle an der Saale zum Betrage von                         60,000 Rthlr.; vom 25. ejd. m.; dann<lb/>
Nr.3007. den Allerhöchsten Erlaß                         von demselben Tage, betreffend das vorläufige Fortbestehen der Ermäßigung                         der Assekuranz-Gebühr für Geldsendungen in Beträgen über 1000 Rthlr.;                         endlich<lb/>
Nr. 3008. das <hi rendition="#g">Gesetz,</hi> betreffend die <hi rendition="#g">Aufhebung der Verordnungen</hi> über das <hi rendition="#g">Recht der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen</hi> und                         die Kreiseingesessenen dadurch zu verpflichten; vom 24. Juli d. J.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Handelsnachrichten.</head>
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      </div>
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</TEI>
[0321/0001] Beilage zu Nr. 64 der Neuen Rh. Zeitg. Donnerstag 3. August 1848. [Fortsetzung] Das ist der Sinn ihres heutigen Beschlusses in der Polensache. Nie irrt und fehlt der edle Mensch, der dem Zuge seines Herzens folgt. So war es in den glorreichen Tagen der Befreiung, als das Volk in Berlin sich selbst vom Despotismus und die armen Polen aus den Gefängnissen erlöste. So war es als das Vorparlament sich einmüthig erhob, und die Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht erklärte, zu deren Sühne ‒ der Wiederherstellung Polens ‒ Deutschland die Hand bieten müsse. So war es als der Fünfziger-Ausschuß bei dem Unternehmen des Bundestages, einen Theil Polens gegen den Willen seiner Bewohner in den Bund aufzunehmen, für die Erfüllung der Verheißungen des Vorparlaments die Ehre Deutschlands zum Pfand einsetzte. Und so hatten die Barrikadenkämpfer in Berlin recht als sie den Polen Hoffnung machten, wir würden mit ihnen die Waffen ergreifen, um sie aus ihren Ketten zu befreien, und die Freiheit nach Warschau, ja nach Rußland hinüber zu tragen. Ihr wißt die Polen bewaffneten sich, aber der schöne Aufschwung sank zurück, sie wurden entwaffnet und ein beklagenswerthes Blutbad zwischen Deutschen und Polen, dessen wahre Urheber die Geschichte richten wird, erstickte unsre und ihre Hoffnungen. Dies ist ein unerhörtes Unglück, welches uns die Herzen unsrer polnischen Brüder entfremdet, Mißtrauen zwischen ihnen und uns gesäet und den Niedergeschlagenen nur die Wahl gelassen hat zwischen den Bayonetten der Preußen und der Knute der Russen. Hier an der Gränze Rußlands schlug die Befreiung der Völker jüngst in Unterdrückung um, dann wurde Krakau bombardirt, endlich Prag, und Ströme Blutes bezeichnen diese Siege des Absolutismus und der Aristokratie. Die Mehrheit der Nationalversammlung hat keinen Sinn und kein Herz für die Befreiung unsrer Brudervölker gezeigt. Sie hat kein Wort des Friedens für Italien, keine Sylbe des Mitgefühls für Polen gehabt. Es hat sich vielmehr ein brutaler Völkeregoismus erhoben, der die Italiener wieder unterwerfen und dem grausamen Bombardirer Radezky wieder nach Mailand verhelfen, der die polnische Ration für immer aus der Reihe der Völker ausstreichen und die Slaven in Oestreich zu keiner freien und eignen Gestaltung ihrer Angelegenheiten kommen lassen will. Deutsche Brüder, ihr wollt frei sein und Niemand unterdrücken, ihr wollt daß Italien frei und brüderlich mit uns verbunden, daß Polen erlöst, seine Grenze uns geöffnet und der Aushungerung unserer Grenzländer gegen Rußland ein Ende gemacht werde. Ihr wollt euren Handel beleben, die Industrie fördern, den gesunkenen Mittelstand wiederherstellen, die brodlosen Arbeiter wieder in Lohn bringen, und ihr habt keine Abzugswege an den Grenzen des Czaarenreiches, die aller Einfuhr verschlossen sind. Hunger und Hungerpest wüthet darum in den Hütten des Riesen- und Eulengebirges; der allgemeine Banquerout droht den Rest des Wohlstandes jener Gegenden zu verschlingen. Ihr wolltet im Aufschwunge unserer Revolution diese Ungerechtigkeit, diesen Krieg mitten im Frieden, diesen bewaffneten Frieden, diese feindselige Freundschaft aufheben. Wir wollten dies wie ihr. Wir wollten mit der großen Nation der Engländer und mit dem republikanischen Frankreich zusammen einmal ein deutliches Wort über Italien und Polen mit ihren Unterdrückern reden. Die Mehrheit hat unseren Antrag auf Zusammenberufung eines Friedens- und Befreiungskongresses der europäischen Völker, den wir Deutsche jetzt veranstalten konnten, verworfen. Der Minister des Auswärtigen, den der unverantwortliche Reichsverweser erkannt hat, wußte um die freundschaftlichen Ansichten Englands und Frankreichs für Polen und für uns. Er hat ‒ obgleich dazu aufgefordert, kein Wort des Friedens gesprochen, er hat es geschehen lassen, daß durch eine willkürliche Zerreißung Polens die Sympathien der Engländer und Franzosen verletzt worden sind, ohne daß auch nur ein Versuch vorausgegangen wäre mit ihnen gemeinschaftlich das begangene, erst im Jahre 1846 durch Aufhebung des Freistaates Krakau erneuerte Unrecht wieder gut zu machen, und die Angelegenheiten Polens und insonderheit Posens in einer dem Willen der Mehrzahl seiner Bewohner entsprechenden Weise zu ordnen, Man ist nur dem russischen Kaiser zu Willen gewesen und hat fortgefahren ungerecht und feindlich gegen die Polen zu handeln. Man hat alle Zärtlichkeit für Rußland gezeigt, dessen Czaat uns in diesem Augenblicke dieselbe Bruderkralle zur Freundschaft zu reichen wagt, welche kurz vorher den Rücken eines Mitmenschen mit 1000 Hieben zerfleischt hat, aber sich nicht gescheut die Gefahr eines Krieges mit Frankreich und England heraufzubeschwören. Und die Kämpfe, in die man uns mit freien Völkern verwickelt, sollst Du auskämpfen, deutsches Volk, dem man die Freiheit versagt! Endlich: man hat die Beschlüsse des Vorparlaments feierlich verworfen. 331 Stimmen gegen 101 Stimmen haben die Erklärung der Theilung Polens für ein schmachvolles Unrecht und das Anerkenntniß der heiligen Pflicht des deutschen Volks zur Wiederherstellung eines selbstständigen Polens mitzuwirken verweigert. Und diese 331 sind zu einem Theile dieselben Leute welche im Vorpalamente jene schönen Beschlüsse faßten! Das ist die Ueberzeugungstreue dieser Männer und die Reaktion in der Nationalversammlung! Dieser Tag ist ein Tag der Schmach unsere Revolution ist ins Gesicht geschlagen und das Pfand deutscher Ehre, welches der Fünfziger-Ausschuß eingesetzt, nicht eingelöst worden. Die edlen Franzosen die uns ihre Freundschaft in der Erwartung anboten, daß wir zur Befreiung Italiens zur Wiederherstellung Polens mitwirken würden, sie sind verletzt. Sie haben ihre Ehre eingesetzt für Italien und für Polen, und wir dulden es, daß Italien bekriegt und verwüstet, daß für Polen jede Hoffnung der Rettung abgeschnitten wird? Nimmermehr! Versammelt Euch überall in Volksversammlungen und erklärt Euren verirrten Vertretern, daß Ihr diese Beleidigung der Menschheit, diese Vernichtung des heiligen Völkerrechts, welche an den Polen verübt worden sind, zurückweist. Es ist an Dir, deutsches Volk, unsre Ehre, unsre Revolution und die Sympathie der ganzen gebildeten Welt für Deutschland zu retten, nachdem die Mehrheit der Nationalversammlung dies Alles verscherzt hat. Wir, die wir der Minderheit der Nationalversammlung angehören, wir erklären feierlich vor aller Welt, daß wir nur die Gerechtigkeit gegen unsere Mitvölker, die Gründung eines neuen Friedens und neuer Verträge zwischen gleichen und freien Völkern gewollt und beantragt. Wir können jetzt nur noch mit der Macht der öffentlichen Meinung der ganzen Masse der Nation die furchtbare Reaktion zurückdrängen: den Weltfrieden, den Wohlstand, das Leben von Millionen sichern und die Freiheit im Innern erhalten. Unsere Ehre erfordert es, daß wir dies aussprechen, unser Gewissen, daß wir uns feierlich und förmlich verwahren gegen die Beschlüsse, die am heutigen Tage durch die Mehrheit der Versammlung gefaßt worden sind. Das Ende Polens wäre das Ende Deutschlands, die Theilung Polens durch die deutsche Nation theilt Deutschland zwischen Rußland und Frankreich, zwischen Republik und Despotie, zwischen französische Freiheit und russische Knute. Deutsche rettet Deutschland! Frankfurt, den 27. Juli 1848. Die radikal-demokratische Parthei der konstituirenden deutschen National-Versammlung. Der Centralausschuß der demokratischen Vereine an das deutsche Volk. Mitbürger! Wenn der große Fortschritt zweifelhaft wäre, den das deutsche Volk in den letzten Monaten gemacht hat, so würde er uns durch eine einzige Thatsache zum sichern Bewußtsein gebracht, ‒ durch das offene Auftreten der politischen Parteien. Die Zeit ist vorbei, wo man vor diesem Worte erschrocken ist, ‒ wo man das Bestehen politischer Parteien für gleichbedeutend hielt mit Zerüttung und Auflösung des Staates, mit Anarchie und Bürgerkrieg. Dem Absolutismus freilich mußte es so erscheinen. Wo keiner eine Meinung haben sollte, damit die Autorität mit ungestörter Sicherheit über alle herrschen könne, da mußte die Organisation der Meinungen das herrschende System mit dem Untergang bedrohen. Wo aber einmal freie Meinungen bestehen dürfen und wirklich bestehen, da ist auch eine Verschiedenheit der Meinungen unvermeidlich, und diese Verschiedenheit, weit entfernt, dem Leben der Gesellschaft gefährlich zu sein, ist vielmehr zu dessen gedeihlicher Fortbildung unentbehrlich, denn aus ihrer Wechselwirkung muß sich die Wahrheit entwickeln und das Gute gestalten. Diese Wechselwirkung ist keine Anarchie. Sie hat, wie alle Vorgänge im Reiche der Natur und des Geistes, ihre nothwendigen Gesetze, und nur, wenn diese gewaltsam aufgehoben werden, sucht sich das gestörte Gleichgewicht der Kräfte auch gewaltsam wieder herzustellen. Ein Hauptgesetz des politischen Lebens ist es, daß die Partei der Mehrheit im Staate hersche, die der Minderheit aber unterdessen sich der unbeschränkten Freiheit bedienen könne, ihre Ansichten und Zwecke durch die theoretischen Mittel der Rede, der Schrift und der Vereinigung auszubreiten, bis es ihr gelingt, so viele Anhänger für sich zu gewinnen, daß sie ihrerseits zur herrschenden Mehrheit wird. So sollen sich im Parteikampf die geistigen Kräfte messen und auf dem Gebiete des Gedankens soll ausgemacht werden, was in der Wirklichkeit zur Gestaltung kommen soll. Nur wenn dieses Grundgesetz des politischen Lebens verhöhnt wird, wenn eine herrschende Partei sich weder der Entscheidung der Mehrheit im Volke unterwerfen, noch die Freiheit der theoretischen Agitation anerkennen will, nur dann geht unvermeidlich der Kampf vom geistigen auf das materielle, vom theoretischen auf das praktische Gebiet über. Auf diese Grundsätze stützt die demokratisch-republikanische Partei Deutschlands ihr Verhalten. Sie sind die Grundsätze eben des politischen Systems, dessen Herrschaft sie erstrebt, ‒ die Grundsätze, in deren Ramen sie sich vereinigt und organisirt hat. Um diese Vereinigung und Organisation einzuleiten, waren in den Tagen vom 14. bis 17. Juni zu Frankfurt a. M. die Abgeordneten von 88 demokratischen Vereinen, verstärkt durch 42 gleichgesinnte Männer aus verschiedenen Theilen des Vaterlandes, versammelt. Dieser Kongreß stellte an die Spitze seiner weiteren Beschlüsse folgendes Glaubensbekenntniß: „Es gibt nur eine für das deutsche Volk haltbare Verfassung, die demokratische Republik, d. h. eine Verfassung, in welcher die Gesammtheit die Verantwortlichkeit für die Freiheit und die Wohlfahrt des Einzelnen übernimmt.“ Unter dieser Formulirung des demokratischen Prinzips, von dessen Wahrheit wir auf das Tiefste durchdrungen sind, hat die demokratisch-republikanische Partei ihre Organisation begonnen. Sie hat sich einen Centralausschuß erwählt, hat diesem seinen Sitz in Berlin angewiesen und ihm ihre Einigung und Verstärkung zur Aufgabe und die Unterhaltung einer geordneten Verbindung unter allen ihren Gliedern zur Pflicht gemacht. Als die Männer, denen diese Aufgabe übertragen und diese Pflicht auferlegt worden ist, wenden wir uns hiermit an euch, deutsche Mitbürger! ‒ wenden wir uns hiermit an das deutsche Volk, um offen unsere Zwecke und Mittel zur Kenntniß Aller zur bringen, ‒ um von denen, die zu unserer Partei gehören, kräftige Unterstützung unserer Bestrebungen, und von denen, die zu unsern Gegnern gehören, die ungestörte Freiheit eines theoretischen Wirkens in Anspruch zu nehmen, welche die herrschende Partei uns nicht vorenthalten kann, ohne sich der Gewaltthat und des gröbsten Unrechtes schuldig zu machen. Mitbürger! Fassen wir die Lage unseres Vaterlandes klar ins Auge! Sie ist eine gefahrvolle!‒ Schwarze Gewitterwolken hängen über unserm Haupte und umhüllen unsern Horizont. Eine große und folgenschwere Bewegung hat die europäischen Völker ergriffen, und führt die Welt unaufhaltsam neuen Verhältnissen und Formen entgegen. Was im Zusammenhang der großen Bedingungen der Geschichte, dem beschränkten Sinn verborgen, seit lange sich vorbereitet, ‒ was in den letzten Jahrzehnten von den Denkern unseres Volkes in seiner Nothwendigkeit erkannt wurde, und was sie im Voraus vernünftig zu gestalten suchten, was unsere Dichter prophetisch verkündet haben und was im Gemüthe nothbedrängter Volksmassen als dunkle Ahnung oder dämmernde Hoffnung vorausgewirkt hat ‒ es ist da ‒ es hat uns wirklich ereilt; ein moralisches Erdbeben schüttelt die untaugliche Ordnung einer veralteten Bildungsform zusammen. Wir alle haben seinen ersten Stoß gefühlt: es wird sein zweiter, sein dritter folgen. Die Schichten der Gesellschaft werden sich umkehren, wie sich einst die Schichten der Gebirge umgekehrt haben, und auch jetzt, wie damals, wird die Gestalt der Erde eine andere werden. Welche Rolle wird das deutsche Volk in den Begebenheiten spielen, die unaufhaltsam herannahen? Die erste, müssen wir antworten, oder eine der letzten! Dies ist in der Natur unserer Bildung, in unserer ganzen historischen Stellung begründet. Ohne Dünkel können wir es behaupten, daß wir in theoretischer Bildung allen anderen Völker der Erde voraus sind. Wir begreifen die großen Bedingungen der neuen Zeit, in deren heiterem Lichte unsere Enkel glücklich sein werden. Aber werden wir mit eben so viel Sicherheit in die praktische Gestaltung der Welt eingreifen, mit der wir die Theorie der Entwicklung durchschauen? Wir, die philosophischen und poetischen Träumer, wir, die Gelehrten und Idealisten, wir, die ruhigen Dulder, sind plötzlich in die Reihe der politischen Völker eingetreten! Werden wir uns auf der ungewohnten Bahn erhalten und fortbewegen können? ‒ Prüfen wir unsere Kräfte! Ein unfähiges System, vertreten von unfähigen Menschen, denen im Bewußtsein ihrer innern Richtigkeit das Hervortreten jeder freien Kraft nur Furcht und Schrecken erregte, hat einen regelmäßigen Gang unserer Volksentwicklung unmöglich gemacht. Die Kräfte, welche harmonisch hätten zusammenwirken sollen, haben vereinzelt im Verborgenen arbeiten müssen. Die berufen waren, Neues aufzubauen, sind gezwungen gewesen, sich mit dem Niederreißen der Hindernisse zu beschäftigen, die den edelsten Bestrebungen in den Weg gestellt wurden. Die Männer des herrschenden Systems haben die kleineren Fehler durch immer größere zu bemänteln gesucht. Das deutsche Volk hat es im Schlafe geschehen lassen, bis es endlich zu spät erwacht ist und nun das ganze Elend seiner Zustände zu übersehen anfängt. Wohin sich seine Augen wenden, treffen sie auf die unglückseligen Wirkungen der Herrschaft des Egoismus, der nicht einmal Geist genug besessen hat, das Gute wenigstens zu bewirken, welches mit seinem eigenen Vortheile zusammengefallen wäre. Das arbeitende Volk bis zum Hungertode dem Elend überlassen! Die Bildung des Volkes so vernachlässigt, daß es überall an Männern fehlt, die dem Augenblicke gewachsen sind! Unsere Volksarbeit vernichtet und unser Wohlstand zu Grunde gerichtet, und dabei unsere ganze Staatspraxis, jene Maschine, auf deren geregelten Gang man sich so viel zu Gute that, für die Bedürfnisse der Gegenwart und Zukunft unbrauchbar! Dies unser Zustand im Innern. Nach Außen aber die Verhältnisse mit allen unsern Nachbarn durch Blindheit, Anmaßung und Schwäche unserer Staatsmänner so mißleitet, daß wir der herben Schule der Demüthigungen kaum entgehen werden. (Schluß folgt). An den Professor Herrn Dr. Ditringer, Abgeordneten des Wahlbezirks Neuß, in Frankfurt a. M. Mit tiefem Bedauern mußten wir aus den Verhandlungen der Nationalversammlung erkennen, daß Sie weder in unserem Sinne, dem Sinne Ihrer Wähler, noch viel weniger im Geiste des größten Theiles des deutschen Volkes gestimmt haben. Als wahrer Vertreter des Volkes war es Ihre heiligste Pflicht, die Rechte und Interessen desselben zu vertheidigen, wo Sie nur konnten; es war dieses Ihre Pflicht, Ihren Wählern gegenüber, welchen Sie die eifrigste Wahrung der Volksrechte versprochen haben, es war dieses Ihre Pflicht gegen das ganze Volk, welches vertrauensvoll seine gesammte Macht in die Hände seiner Vertreter gelegt hat. Statt dessen haben Sie die Rechte des Volkes bei jeder Gelegenheit Preis gegeben; Sie haben durch Ihre uns bekannt gewordenen Abstimmungen nur dazu beigetragen, dem deutschen Volke, resp. seinen Vertretern, die so theuer errungenen unveräußerlichen Rechte verkümmern und entreißen zu lassen. Wenn wir auch bei einigen Fragen die Genugthuung hatten, Sie mit Ihren volksfeindlichen Grundsätzen in der Minorität zu sehen, so mußte es uns um so mehr entrüsten, unsern Vertreter unter einer Minorität von Männern jener reaktionären Partei zu finden, die es sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, unsere Freiheit und unsere Rechte zu untergraben. Sie stimmten dagegen, daß die provisorische Centralgewalt die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen habe, ein Gesetz, das nur mit 16 Stimmen Majorität verworfen wurde. Warum mußte es gerade unser Vertreter sein, der dazu mitwirkte, der Centralgewalt eine Macht zu vindiciren, welche ihr nur durch gänzliche Entäußerung des Volke rechts zuerkannt werden konnte, eine Macht, wodurch sie die Beschlüsse des Volkes, d. h. seiner Vertreter, nichtig machen kann! Gestehen wir es laut, mit Neid blicken wir auf benachbarte Kreise, deren Vertreter wie die Herren Compes, Wiedemann, Raveaux, Wesendonck, Benedey u. A. ihre Mission besser erkannt haben. Leider mußten wir Sie auch sogar unter jener Minorität der 143 finden, welche dagegen stimmten, daß die Centralgewalt über Krieg und Frieden im Einverständnisse mit der Nationalversammlung zu beschließen habe. Ihre Absicht war es also, dem Volke auch diesen Rest seines Rechtes abzusprechen. Heißt das nicht, die Zeit der Bevormundung, das alte System gänzlich wieder zurückführen wollen?! Glücklicher Weise war aber eine enorme Majorität besser gesinnt. Daß sie bei solchen Grundsätzen nicht für einen Präsidenten, sondern zuletzt für einen unverantwortlichen Reichsverweser stimmten, war nicht anders zu erwarten. Daß sie aber den nunmehrigen Reichsverweser nicht einmal von der Nationalversammlung frei gewählt haben wollten, sondern sich auch hierbei wieder unter der allzubekannten Minorität von 135 befinden, mußte unseren gerechten Unwillen erregen. Hielten sie unser Stillschweigen vielleicht wohl gar für eine Zustimmung Ihres Wirkens, dann haben wir Ihnen dieses unser Urtheil leider zu lange vorenthalten, dann müssen wir es uns zum größten Vorwurf machen, daß wir Ihnen nicht schon früher bei der Kunde von Ihrer Abstimmung in des Schleswig-Holstein'schen Angelegenheit (Seite 301 der stenograph. Berichte) unsere Mißbilligung laut zu erkennen gaben. Wir haben unsere Vertreter nach Frankfurt gesandt, nicht damit sie die Fürstengewalt neu befestigen, sondern damit sie das Recht des Volkes, die ihm lange vorenthaltene Freiheit wahren, damit sie seine Rechte feststellen. Die Gewaltigen der Erde mögen das Unglück und Elend verantworten, welches der Kampf zur Erringung dieser Freiheit mit sich bringen mußte. Seitdem aber das Volk seine Macht und seine Rechte auf seine Vertreter übertragen hat, sind ihm diese für den Mißbrauch seines Vertrauens verantwortlich, und auf ihr Haupt fällt nun Alles das, was durch ihre Beschlüsse Unheilvolles und Schreckliches veranlaßt würde. Es schmerzt uns tief, Sie unter der Zahl derjenigen erblicken zu müssen, welche Schuld an Beschlüssen sind, und folgerecht bei fernern Bestimmungen betheiligt sein werden, welche noch größere Zwietracht, neue Umwälzungen zur Folge haben könnten. Daß dieses jedoch durchaus nicht in unserm Sinne gehandelt ist, daß unser Vertrauen mißbraucht ist und daß Sie dieses unser Vertrauen nicht mehr besitzen, möge Ihnen gegenwärtige Zuschrift bekunden. ‒ Neuß, den 10. Juli, 1848. (Folgen die Unterschriften.) Amtliche Nachrichten. Das 31ste Stück der Gesetz-Sammlung, welches heute ausgegeben wird, enthält die Allerhöchsten Erlasse, betreffend die Verleihung fiskalischer Vorrechter: unter Nr. 3002. an die Stadt Sömmerda in Bezug auf den Bau und die Unterhaltung einer Chaussee von dort nach der Landesgränze in der Richtung auf Stotternheim; vom 19. Juni d. J; Nr. 3003. an die Kreisstände des Kreises Steinfurt, behufs Ausführung einer Chaussee von der Koesfelder Kreisgränze über Horstmar, Steinfurt, Neuenkirchen bis zur Tecklenburger Kreisgränze, in der Richtung auf Hörstel; vom 23. Juni. d. J.; Nr. 3004 an die Kreisstände des Kreises Koesfeld, behufs Erbauung einer Chaussee von Koesfeld über Lette nach Dülmen und von Baarholz über Billerbeck und Darfeld bis zur Gränze des Kreises Steinfurt, in der Richtung auf Horstmar, von demselben Tage; und Nr. 3005. an die Kreisstände des Kreises Höxter in Bezug auf den chausseemäßigen Ausbau und die Unterhaltung der Kreisstraßen von Driburg nach Bergheim von der Brakel-Steinheimer Straße über Bergheim bis zur lippeschen Gränze bei Vinsebeck; vom 24. ejd m.; ferner unter Nr. 3006. das Allerhöchste Privilegium für die Ausstellung auf den Inhaber lautender Stadt-Obligationen der Stadt Halle an der Saale zum Betrage von 60,000 Rthlr.; vom 25. ejd. m.; dann Nr.3007. den Allerhöchsten Erlaß von demselben Tage, betreffend das vorläufige Fortbestehen der Ermäßigung der Assekuranz-Gebühr für Geldsendungen in Beträgen über 1000 Rthlr.; endlich Nr. 3008. das Gesetz, betreffend die Aufhebung der Verordnungen über das Recht der Kreisstände, Ausgaben zu beschließen und die Kreiseingesessenen dadurch zu verpflichten; vom 24. Juli d. J. Handelsnachrichten. _

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 64, Köln, 3. August 1848. Beilage, S. 0321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz064b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.