Neue Rheinische Zeitung. Nr. 67. Köln, 6. August 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 67. Köln, Sonntag, 6. August 1848. Die " Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J.J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Deutschland. ** Köln, 4. August. [Spaltenumbruch]
Die Berliner Versammlung bringt uns von Zeit zu Zeit allerlei altpreußischen Schmutz an's Tageslicht, und gerade jetzt, wo die schwarz-weiße Ritterschaft täglich unverschämter wird, sind dergleichen Enthüllungen sehr brauchbar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. !!! Frankfurt, 3. Aug. Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Beginn 9 1/4 Uhr. Tagesordnung: Diskussion des §. 7. der Grundrechte. Bei Beginn der Sitzung sind kaum 150 Abgeordnete da. Gegen das Protokoll reklamirt von Lassaulx, weil man ihn gestern nicht hat hören wollen, als er gegen das Minoritätsgutachten sprechen wollte, wofür Wiegard gesprochen; man habe mit gewohnter Ungeduld die Debatte geschlossen und den letzten Satz des §. 7. (wie ich Ihnen gestern schon bemerkte) so gut wie aus Versehen angenommen. (Rechts Bravo.) v. Gagern: dies sei keine Reklamation. Lassaulx bittet, künftig nicht so zum Schluß der Debatte zu eilen, wenn die Versammlung durchaus die Debatte schließen wolle, solle der Präsident es nicht zugeben. (Lärm.) Janiczewski tritt aus der Versammlung aus, weil er nach dem Beschluß über Posen nicht mehr bleiben könne. Antrag von Wernher, Raveaux etc. Die Urlaubsgesuche, worüber die Versammlung zu entscheiden hat, einem eigenen Ausschuß zu überweisen. Wernher poltert einige Worte zur Begründung seines Antrages. (Anstatt diesen Antrag, wie ganz natürlich, anzunehmen, wird 3/4 Stunden darüber debattirt um ihn dann zu verwerfen.) Angenommen wird ein neuer Antrag von Römer aus Stuttgart, daß die Beurlaubungen dem Büreau zur Prüfung zu übergeben seien. Wiedemann aus Düsseldorf erstattet Namens des Ausschusses für Wahlen Bericht in der Hecker'schen Wahlangelegenheit. Der Ausschuß hat mit der Baden'schen Regierung sich hierüber verständigt. Von 142 Wählern, worunter 134 anwesend waren, wurde Hecker mit 77 Stimmen gewählt. Die Baden'sche Regierung protestirt gegen diese Wahl eines Hochverräthers, und überläßt es der Entscheidung der Nationalversammlung, ob nicht der ganze Wahlbezirk, der einen solchen verrätherischen Burschen gewählt, des Wahlrechtes überhaupt verlustig gehen solle. Hiezu im Gegensatz erfolgte das bekannte Schreiben Heckers an den Präsidenten der Nationalversammlung und an diese selbst. Bei Verlesung des Schreibens, welches beginnt: "Bürger Präsident und Bürger Vertreter" herrscht die tiefste Stille. Dies Schreiben wird unterstützt von nicht weniger als 12 Petitionen verschiedener demokratischer Vereine mit aber und abertausend Unterschriften. Der Ausschuß hat sich nun gefragt, ob Hecker gewählt werden könne. Jetzt folgt die bekannte lange Serie seiner Verbrechen, der ganze Aufstand wird wiederholt. Das Resultat: formelle Bedenken gegen die Wahl fehlen, materielle (und diese zu erwägen steht der Nationalversammlung zu) sind im Uebermaß da. Hecker hat versucht, die Republik einführen zu wollen zu einer Zeit, wo bereits die neue Freiheit angebahnt gewesen. (Oh Weh!) Daß Baden Republik, und gar mit bewaffneter Hand eingeführt, gewollt, sei überall unerwiesen. Hecker wollte seinen Sonderwillen dem widerstrebenden Vaterland aufbringen; also sei er ein Hochverräther gegen Baden und Deutschland, also unwürdig unter den Vertretern Deutschlands zu sitzen. (Tiefe schaudervolle Stille.) Seine Aufnahme würde als Hohn erscheinen. Seine Wahl ist ungültig. Eine neue Wahl ist vorzunehmen. Die Frage, ob der Wahlbezirk noch wahlberechtigt, wird verneint. (?) Es sei unverzüglich eine neue Wahl vorzunehmen. (Tiefe Ruhe unten, oben Zischen.) Folgt ein dringlicher AntragBenedey's, das Reichsministerium zu veranlassen, in Italien, nachdem der östreichischen Regierung nun hinlängliche Genugthuung geworden, Frieden zu schließen. Gagern bemerkt, Benedey könne seinen Antrag fallen lassen, weil eine Interpellation gleichen Inhalts bereits von Wichmann an den Minister gestellt worden sei, und binnen wenigen Tagen beantwortet werden würde. Hierauf Uebergang zur Tagesordnung um 10 3/4 Uhr. Diskussion über §. 7. Artikel II. der Grundrechte, welcher also lautet: Artikel II. §. 7. A. Antrag des Verfassungs-Ausschusses. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie stattfinden. Die Verhaftung einer Person soll - außer im Fall der Ergreifung auf frischer That - nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten vorgewiesen werden. Minoritäts-Erachten. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmden Kaution [oder Bürgschaft (Hergenhahn, Wigard)] der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. (Welcker, Römer, v. Beckerrath, Wippermann, Tellkampf, Ahrens, Mittermaier). Die Freiheit der Person ist unverletzlich, die Todesstrafe und die Strafe der körperlichen Züchtigung abgeschafft. (Wigard, Blum, Scheller, Römer). Die Strafe der körperlichen Züchtigung ist aufgehoben. (Hergenhahn, Scheller, R. Mohl, Ahrens, Tellkampf, v. Beckerrath, Schüler, Wigard). Die Todesstrafe für politische Verbrechen ist abgeschafft. (Ahrens,; Wigard, Hergenhahn, Simon, Wippermann, Scheller, Mittermaier, Bassermann). Hiezu werden Amendements verlesen, deren Zahl Legion. Die Debatte beginnt. Kunsberg aus Ansbach nimmt sein Amendement zurück. Leue. Die persönliche Freiheit ist die erste aller Freiheiten. Die Punkte des Verfassungs-Ausschusses sind hiefür nicht ausreichend. Es sei vorzüglich der Grundsatz zu sichern, und müsse den Bestimmungen über persönliche Freiheit vorausgehen: daß jede gesetzwidrige Verhaftung ein Ver- Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 67. Köln, Sonntag, 6. August 1848. Die „ Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J.J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Deutschland. ** Köln, 4. August. [Spaltenumbruch]
Die Berliner Versammlung bringt uns von Zeit zu Zeit allerlei altpreußischen Schmutz an's Tageslicht, und gerade jetzt, wo die schwarz-weiße Ritterschaft täglich unverschämter wird, sind dergleichen Enthüllungen sehr brauchbar. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. !!! Frankfurt, 3. Aug. Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Beginn 9 1/4 Uhr. Tagesordnung: Diskussion des §. 7. der Grundrechte. Bei Beginn der Sitzung sind kaum 150 Abgeordnete da. Gegen das Protokoll reklamirt von Lassaulx, weil man ihn gestern nicht hat hören wollen, als er gegen das Minoritätsgutachten sprechen wollte, wofür Wiegard gesprochen; man habe mit gewohnter Ungeduld die Debatte geschlossen und den letzten Satz des §. 7. (wie ich Ihnen gestern schon bemerkte) so gut wie aus Versehen angenommen. (Rechts Bravo.) v. Gagern: dies sei keine Reklamation. Lassaulx bittet, künftig nicht so zum Schluß der Debatte zu eilen, wenn die Versammlung durchaus die Debatte schließen wolle, solle der Präsident es nicht zugeben. (Lärm.) Janiczewski tritt aus der Versammlung aus, weil er nach dem Beschluß über Posen nicht mehr bleiben könne. Antrag von Wernher, Raveaux etc. Die Urlaubsgesuche, worüber die Versammlung zu entscheiden hat, einem eigenen Ausschuß zu überweisen. Wernher poltert einige Worte zur Begründung seines Antrages. (Anstatt diesen Antrag, wie ganz natürlich, anzunehmen, wird 3/4 Stunden darüber debattirt um ihn dann zu verwerfen.) Angenommen wird ein neuer Antrag von Römer aus Stuttgart, daß die Beurlaubungen dem Büreau zur Prüfung zu übergeben seien. Wiedemann aus Düsseldorf erstattet Namens des Ausschusses für Wahlen Bericht in der Hecker'schen Wahlangelegenheit. Der Ausschuß hat mit der Baden'schen Regierung sich hierüber verständigt. Von 142 Wählern, worunter 134 anwesend waren, wurde Hecker mit 77 Stimmen gewählt. Die Baden'sche Regierung protestirt gegen diese Wahl eines Hochverräthers, und überläßt es der Entscheidung der Nationalversammlung, ob nicht der ganze Wahlbezirk, der einen solchen verrätherischen Burschen gewählt, des Wahlrechtes überhaupt verlustig gehen solle. Hiezu im Gegensatz erfolgte das bekannte Schreiben Heckers an den Präsidenten der Nationalversammlung und an diese selbst. Bei Verlesung des Schreibens, welches beginnt: „Bürger Präsident und Bürger Vertreter“ herrscht die tiefste Stille. Dies Schreiben wird unterstützt von nicht weniger als 12 Petitionen verschiedener demokratischer Vereine mit aber und abertausend Unterschriften. Der Ausschuß hat sich nun gefragt, ob Hecker gewählt werden könne. Jetzt folgt die bekannte lange Serie seiner Verbrechen, der ganze Aufstand wird wiederholt. Das Resultat: formelle Bedenken gegen die Wahl fehlen, materielle (und diese zu erwägen steht der Nationalversammlung zu) sind im Uebermaß da. Hecker hat versucht, die Republik einführen zu wollen zu einer Zeit, wo bereits die neue Freiheit angebahnt gewesen. (Oh Weh!) Daß Baden Republik, und gar mit bewaffneter Hand eingeführt, gewollt, sei überall unerwiesen. Hecker wollte seinen Sonderwillen dem widerstrebenden Vaterland aufbringen; also sei er ein Hochverräther gegen Baden und Deutschland, also unwürdig unter den Vertretern Deutschlands zu sitzen. (Tiefe schaudervolle Stille.) Seine Aufnahme würde als Hohn erscheinen. Seine Wahl ist ungültig. Eine neue Wahl ist vorzunehmen. Die Frage, ob der Wahlbezirk noch wahlberechtigt, wird verneint. (?) Es sei unverzüglich eine neue Wahl vorzunehmen. (Tiefe Ruhe unten, oben Zischen.) Folgt ein dringlicher AntragBenedey's, das Reichsministerium zu veranlassen, in Italien, nachdem der östreichischen Regierung nun hinlängliche Genugthuung geworden, Frieden zu schließen. Gagern bemerkt, Benedey könne seinen Antrag fallen lassen, weil eine Interpellation gleichen Inhalts bereits von Wichmann an den Minister gestellt worden sei, und binnen wenigen Tagen beantwortet werden würde. Hierauf Uebergang zur Tagesordnung um 10 3/4 Uhr. Diskussion über §. 7. Artikel II. der Grundrechte, welcher also lautet: Artikel II. §. 7. A. Antrag des Verfassungs-Ausschusses. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie stattfinden. Die Verhaftung einer Person soll ‒ außer im Fall der Ergreifung auf frischer That ‒ nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls. Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten vorgewiesen werden. Minoritäts-Erachten. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmden Kaution [oder Bürgschaft (Hergenhahn, Wigard)] der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen. (Welcker, Römer, v. Beckerrath, Wippermann, Tellkampf, Ahrens, Mittermaier). Die Freiheit der Person ist unverletzlich, die Todesstrafe und die Strafe der körperlichen Züchtigung abgeschafft. (Wigard, Blum, Scheller, Römer). Die Strafe der körperlichen Züchtigung ist aufgehoben. (Hergenhahn, Scheller, R. Mohl, Ahrens, Tellkampf, v. Beckerrath, Schüler, Wigard). Die Todesstrafe für politische Verbrechen ist abgeschafft. (Ahrens,; Wigard, Hergenhahn, Simon, Wippermann, Scheller, Mittermaier, Bassermann). Hiezu werden Amendements verlesen, deren Zahl Legion. Die Debatte beginnt. Kunsberg aus Ansbach nimmt sein Amendement zurück. Leue. Die persönliche Freiheit ist die erste aller Freiheiten. Die Punkte des Verfassungs-Ausschusses sind hiefür nicht ausreichend. Es sei vorzüglich der Grundsatz zu sichern, und müsse den Bestimmungen über persönliche Freiheit vorausgehen: daß jede gesetzwidrige Verhaftung ein Ver- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0333"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 67. Köln, Sonntag, 6. August 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Die „ Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.</p> <p>Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr <hi rendition="#g">G. A. Alexander,</hi> Nr. 28, Brandgasse in <hi rendition="#g">Straßburg,</hi> und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. <hi rendition="#g">J.J. Ewer</hi> & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.</p> <p>Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. <hi rendition="#g">Inserate:</hi> die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.</p> <p>Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.</p> </div> <cb n="1"/> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar067_001_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Debatte über die bisherige Ablösungsgesetzgebung. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 501.</bibl> </note> <head><bibl><author>**</author></bibl><hi rendition="#b">Köln</hi>, 4. <choice><abbr>Aug.</abbr><expan>August</expan></choice>.</head> <p>Die Berliner Versammlung bringt uns von Zeit zu Zeit allerlei altpreußischen Schmutz an's Tageslicht, und gerade jetzt, wo die schwarz-weiße Ritterschaft täglich unverschämter wird, sind dergleichen Enthüllungen sehr brauchbar.</p> <gap reason="copyright"/> </div> <cb n="3"/> <div xml:id="ar067_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 3. Aug.</head> <p>Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Beginn 9 1/4 Uhr. Tagesordnung: Diskussion des §. 7. der Grundrechte.</p> <p>Bei Beginn der Sitzung sind kaum 150 Abgeordnete da. Gegen das Protokoll reklamirt von Lassaulx, weil man ihn gestern nicht hat hören wollen, als er <hi rendition="#g">gegen</hi> das Minoritätsgutachten sprechen wollte, <hi rendition="#g">wofür</hi> Wiegard gesprochen; man habe mit gewohnter Ungeduld die Debatte geschlossen und den letzten Satz des §. 7. (wie ich Ihnen gestern schon bemerkte) so gut wie aus Versehen angenommen. (Rechts Bravo.) v. <hi rendition="#g">Gagern:</hi> dies sei keine Reklamation. <hi rendition="#g">Lassaulx</hi> bittet, künftig nicht so zum Schluß der Debatte zu eilen, wenn die Versammlung durchaus die Debatte schließen wolle, solle der Präsident es nicht zugeben. (Lärm.) <hi rendition="#g">Janiczewski</hi> tritt aus der Versammlung aus, weil er nach dem Beschluß über Posen nicht mehr bleiben könne.</p> <p><hi rendition="#g">Antrag</hi> von Wernher, Raveaux etc. Die Urlaubsgesuche, worüber die Versammlung zu entscheiden hat, einem eigenen Ausschuß zu überweisen.</p> <p><hi rendition="#g">Wernher</hi> poltert einige Worte zur Begründung seines Antrages. (Anstatt diesen Antrag, wie ganz natürlich, anzunehmen, wird 3/4 Stunden darüber debattirt um ihn dann zu verwerfen.) Angenommen wird ein neuer Antrag von <hi rendition="#g">Römer</hi> aus Stuttgart, daß die Beurlaubungen dem <hi rendition="#g">Büreau</hi> zur Prüfung zu übergeben seien.</p> <p><hi rendition="#g">Wiedemann</hi> aus Düsseldorf erstattet Namens des Ausschusses für Wahlen Bericht in der <hi rendition="#g">Hecker'schen Wahl</hi>angelegenheit. Der Ausschuß hat mit der Baden'schen Regierung sich hierüber verständigt. Von 142 Wählern, worunter 134 anwesend waren, wurde Hecker mit 77 Stimmen gewählt. Die Baden'sche Regierung protestirt gegen diese Wahl eines Hochverräthers, und überläßt es der Entscheidung der Nationalversammlung, ob nicht der ganze Wahlbezirk, der einen solchen verrätherischen Burschen gewählt, des Wahlrechtes überhaupt verlustig gehen solle.</p> <p>Hiezu im Gegensatz erfolgte das bekannte Schreiben Heckers an den Präsidenten der Nationalversammlung und an diese selbst. Bei Verlesung des Schreibens, welches beginnt: „Bürger Präsident und Bürger Vertreter“ herrscht die tiefste Stille. Dies Schreiben wird unterstützt von nicht weniger als 12 Petitionen verschiedener demokratischer Vereine mit aber und abertausend Unterschriften. Der Ausschuß hat sich nun gefragt, ob Hecker gewählt werden könne.</p> <p>Jetzt folgt die bekannte lange Serie seiner Verbrechen, der ganze Aufstand wird wiederholt. <hi rendition="#g">Das Resultat:</hi> formelle Bedenken gegen die Wahl fehlen, materielle (und diese zu erwägen steht der Nationalversammlung zu) sind im Uebermaß da. Hecker hat versucht, die Republik einführen zu wollen zu einer Zeit, wo bereits die neue Freiheit angebahnt gewesen. (Oh Weh!) Daß Baden Republik, und gar mit bewaffneter Hand eingeführt, gewollt, sei überall unerwiesen. Hecker wollte seinen Sonderwillen dem widerstrebenden Vaterland aufbringen; also sei er ein Hochverräther gegen Baden und Deutschland, also unwürdig unter den Vertretern Deutschlands zu sitzen. (Tiefe schaudervolle Stille.) Seine Aufnahme würde als Hohn erscheinen. Seine Wahl ist ungültig. Eine neue Wahl ist vorzunehmen. Die Frage, ob der Wahlbezirk noch wahlberechtigt, wird verneint. (?) Es sei unverzüglich eine neue Wahl vorzunehmen. (Tiefe Ruhe unten, oben Zischen.)</p> <p>Folgt ein dringlicher Antrag<hi rendition="#g">Benedey's,</hi> das Reichsministerium zu veranlassen, in Italien, nachdem der östreichischen Regierung nun hinlängliche Genugthuung geworden, Frieden zu schließen.</p> <p><hi rendition="#g">Gagern</hi> bemerkt, Benedey könne seinen Antrag fallen lassen, weil eine Interpellation gleichen Inhalts bereits von Wichmann an den Minister gestellt worden sei, und binnen wenigen Tagen beantwortet werden würde. Hierauf Uebergang zur Tagesordnung um 10 3/4 Uhr.</p> <p>Diskussion über §. 7. Artikel II. der Grundrechte, welcher also lautet: Artikel II. §. 7.</p> <p>A. <hi rendition="#b">Antrag des Verfassungs-Ausschusses.</hi> </p> <p>Die Freiheit der Person ist unverletzlich.</p> <p>Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie stattfinden.</p> <p>Die Verhaftung einer Person soll ‒ außer im Fall der Ergreifung auf frischer That ‒ nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls.</p> <p>Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten vorgewiesen werden.</p> <p>Minoritäts-Erachten. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmden Kaution [oder Bürgschaft (Hergenhahn, Wigard)] der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen.</p> <p>(Welcker, Römer, v. Beckerrath, Wippermann, Tellkampf, Ahrens, Mittermaier).</p> <p>Die Freiheit der Person ist unverletzlich, die Todesstrafe und die Strafe der körperlichen Züchtigung abgeschafft.</p> <p>(Wigard, Blum, Scheller, Römer).</p> <p>Die Strafe der körperlichen Züchtigung ist aufgehoben.</p> <p>(Hergenhahn, Scheller, R. Mohl, Ahrens, Tellkampf, v. Beckerrath, Schüler, Wigard).</p> <p>Die Todesstrafe für politische Verbrechen ist abgeschafft.</p> <p>(Ahrens,; Wigard, Hergenhahn, Simon, Wippermann, Scheller, Mittermaier, Bassermann).</p> <p>Hiezu werden Amendements verlesen, deren Zahl Legion. Die Debatte beginnt.</p> <p><hi rendition="#g">Kunsberg</hi> aus Ansbach nimmt sein Amendement zurück.</p> <p><hi rendition="#g">Leue.</hi> Die persönliche Freiheit ist die erste aller Freiheiten. Die Punkte des Verfassungs-Ausschusses sind hiefür nicht ausreichend. Es sei vorzüglich der Grundsatz zu sichern, und müsse den Bestimmungen über persönliche Freiheit vorausgehen: daß jede gesetzwidrige Verhaftung ein Ver- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0333/0001]
Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 67. Köln, Sonntag, 6. August 1848. Die „ Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J.J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.
Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Deutschland. ** Köln, 4. Aug.. Die Berliner Versammlung bringt uns von Zeit zu Zeit allerlei altpreußischen Schmutz an's Tageslicht, und gerade jetzt, wo die schwarz-weiße Ritterschaft täglich unverschämter wird, sind dergleichen Enthüllungen sehr brauchbar.
_
!!! Frankfurt, 3. Aug. Sitzung der Nationalversammlung. Präsident von Gagern. Beginn 9 1/4 Uhr. Tagesordnung: Diskussion des §. 7. der Grundrechte.
Bei Beginn der Sitzung sind kaum 150 Abgeordnete da. Gegen das Protokoll reklamirt von Lassaulx, weil man ihn gestern nicht hat hören wollen, als er gegen das Minoritätsgutachten sprechen wollte, wofür Wiegard gesprochen; man habe mit gewohnter Ungeduld die Debatte geschlossen und den letzten Satz des §. 7. (wie ich Ihnen gestern schon bemerkte) so gut wie aus Versehen angenommen. (Rechts Bravo.) v. Gagern: dies sei keine Reklamation. Lassaulx bittet, künftig nicht so zum Schluß der Debatte zu eilen, wenn die Versammlung durchaus die Debatte schließen wolle, solle der Präsident es nicht zugeben. (Lärm.) Janiczewski tritt aus der Versammlung aus, weil er nach dem Beschluß über Posen nicht mehr bleiben könne.
Antrag von Wernher, Raveaux etc. Die Urlaubsgesuche, worüber die Versammlung zu entscheiden hat, einem eigenen Ausschuß zu überweisen.
Wernher poltert einige Worte zur Begründung seines Antrages. (Anstatt diesen Antrag, wie ganz natürlich, anzunehmen, wird 3/4 Stunden darüber debattirt um ihn dann zu verwerfen.) Angenommen wird ein neuer Antrag von Römer aus Stuttgart, daß die Beurlaubungen dem Büreau zur Prüfung zu übergeben seien.
Wiedemann aus Düsseldorf erstattet Namens des Ausschusses für Wahlen Bericht in der Hecker'schen Wahlangelegenheit. Der Ausschuß hat mit der Baden'schen Regierung sich hierüber verständigt. Von 142 Wählern, worunter 134 anwesend waren, wurde Hecker mit 77 Stimmen gewählt. Die Baden'sche Regierung protestirt gegen diese Wahl eines Hochverräthers, und überläßt es der Entscheidung der Nationalversammlung, ob nicht der ganze Wahlbezirk, der einen solchen verrätherischen Burschen gewählt, des Wahlrechtes überhaupt verlustig gehen solle.
Hiezu im Gegensatz erfolgte das bekannte Schreiben Heckers an den Präsidenten der Nationalversammlung und an diese selbst. Bei Verlesung des Schreibens, welches beginnt: „Bürger Präsident und Bürger Vertreter“ herrscht die tiefste Stille. Dies Schreiben wird unterstützt von nicht weniger als 12 Petitionen verschiedener demokratischer Vereine mit aber und abertausend Unterschriften. Der Ausschuß hat sich nun gefragt, ob Hecker gewählt werden könne.
Jetzt folgt die bekannte lange Serie seiner Verbrechen, der ganze Aufstand wird wiederholt. Das Resultat: formelle Bedenken gegen die Wahl fehlen, materielle (und diese zu erwägen steht der Nationalversammlung zu) sind im Uebermaß da. Hecker hat versucht, die Republik einführen zu wollen zu einer Zeit, wo bereits die neue Freiheit angebahnt gewesen. (Oh Weh!) Daß Baden Republik, und gar mit bewaffneter Hand eingeführt, gewollt, sei überall unerwiesen. Hecker wollte seinen Sonderwillen dem widerstrebenden Vaterland aufbringen; also sei er ein Hochverräther gegen Baden und Deutschland, also unwürdig unter den Vertretern Deutschlands zu sitzen. (Tiefe schaudervolle Stille.) Seine Aufnahme würde als Hohn erscheinen. Seine Wahl ist ungültig. Eine neue Wahl ist vorzunehmen. Die Frage, ob der Wahlbezirk noch wahlberechtigt, wird verneint. (?) Es sei unverzüglich eine neue Wahl vorzunehmen. (Tiefe Ruhe unten, oben Zischen.)
Folgt ein dringlicher AntragBenedey's, das Reichsministerium zu veranlassen, in Italien, nachdem der östreichischen Regierung nun hinlängliche Genugthuung geworden, Frieden zu schließen.
Gagern bemerkt, Benedey könne seinen Antrag fallen lassen, weil eine Interpellation gleichen Inhalts bereits von Wichmann an den Minister gestellt worden sei, und binnen wenigen Tagen beantwortet werden würde. Hierauf Uebergang zur Tagesordnung um 10 3/4 Uhr.
Diskussion über §. 7. Artikel II. der Grundrechte, welcher also lautet: Artikel II. §. 7.
A. Antrag des Verfassungs-Ausschusses.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmsgerichte sollen nie stattfinden.
Die Verhaftung einer Person soll ‒ außer im Fall der Ergreifung auf frischer That ‒ nur geschehen in Kraft eines richterlichen, mit Gründen versehenen Befehls.
Dieser Befehl muß im Augenblick der Verhaftung oder spätestens innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Verhafteten vorgewiesen werden.
Minoritäts-Erachten. Jeder Angeschuldigte soll gegen Stellung einer vom Gericht zu bestimmden Kaution [oder Bürgschaft (Hergenhahn, Wigard)] der Haft entlassen werden, sofern nicht dringende Anzeigen eines schweren peinlichen Verbrechens gegen denselben vorliegen.
(Welcker, Römer, v. Beckerrath, Wippermann, Tellkampf, Ahrens, Mittermaier).
Die Freiheit der Person ist unverletzlich, die Todesstrafe und die Strafe der körperlichen Züchtigung abgeschafft.
(Wigard, Blum, Scheller, Römer).
Die Strafe der körperlichen Züchtigung ist aufgehoben.
(Hergenhahn, Scheller, R. Mohl, Ahrens, Tellkampf, v. Beckerrath, Schüler, Wigard).
Die Todesstrafe für politische Verbrechen ist abgeschafft.
(Ahrens,; Wigard, Hergenhahn, Simon, Wippermann, Scheller, Mittermaier, Bassermann).
Hiezu werden Amendements verlesen, deren Zahl Legion. Die Debatte beginnt.
Kunsberg aus Ansbach nimmt sein Amendement zurück.
Leue. Die persönliche Freiheit ist die erste aller Freiheiten. Die Punkte des Verfassungs-Ausschusses sind hiefür nicht ausreichend. Es sei vorzüglich der Grundsatz zu sichern, und müsse den Bestimmungen über persönliche Freiheit vorausgehen: daß jede gesetzwidrige Verhaftung ein Ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |