Neue Rheinische Zeitung. Nr. 72. Köln, 11. August 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 72 der Neuen Rh. Zeitg. Freitag 11. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand u. Hansemann). Frankfurt. (National-Versammlung. - Details über die Tribünenschlacht. vom 7. August). Berlin. (Brutalitäten. Kaiser. Maueranschlag Rimplers. Die nachträgliche Bürgerwehrhuldigung. Rückkehr des Prinzen von Preußen aus Pommern. Die Lokomotive. Plakat Malmenes. - Vereinbarungs-Debatten. - Adresse der Berliner Bürgerwehr an die Schweidnitzer). Schwerin. (Tumultscenen). Nordhausen (Unruhen). Aus Baiern. (Preußen will eine fürstliche Vereinbarungs-Versammlung mit dem Reichsverweser gründen). Wien. (Reichstagssitzung. Die ungarische National-Versammlung spricht einstimmig die Allianz mit Deutschland aus. Feier des 6. August durch die akademische Legion. Die Rückkehr des Kaisers. - Huldigung. Bevorstehende Preßprozesse. Rothschilds Kamarilla. Die demokratische Presse über Radetzky und Windischgrätz. Szela. - Karl Albert nach Pavia). Innsbruck. (Antwort des Kaisers an die Reichstags-Deputation). Ungarn. Pesth. (Verhandlungen der Repräsentanten-Kammer). Italien. (Verschiedene Nachrichten über Karl Albert. Radetzky gegen englisch-französische Vermittlung. Sommariva nach dem südlichen Po-Ufer. Belagerungszustand von Mailand). Bern. (Kapitulation Mailands). Florenz. (Ministerkrise. Mobilmachung der Bürgergarde). Französische Republik. Paris. (Aufhebung der Suspension der Journale. Drohbrief an Bouchard. - Adresse der demokratischen Klubs von Bordeaux an die Juni-Insurgenten. - Der Bericht Bouchard. Das Attentat Thiers. - Die englisch-französische Vermittelung in Italien. - Die gefangnen Insurgenten. Die Presse. - National-Versammlung. - Die deportirten Insurgenten. - Vermischtes). Dänemark. Kopenhagen. (Geschichte des Waffenstillstandes. - Blokade). Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. Die Times über S. O'Brien). Dublin. (M'Donald und Lord Hardinge. Die Stimmung im Süden). [Französische Republik] [Fortsetzung] - Dem Abgeordneten Quentin Bouchart ist gestern Abend folgender Drohbrief zugestellt worden: "Dein Bericht (über die Mai- und Juni-Ereignisse) ist nichts, als ein Gewebe von Infamieen. Das Einzige, was mich tröstet, besteht darin, daß er, wie ich hoffe dein (Todes) Urtheil von 1794 sein wird. Auf bald! (gez.) Wil. Lecointre. Dieser Drohzettel und das angebliche Attentat gegen Thiers auf dem Platze St. Georges bieten den reaktionären Blättern wichtigen Stoff zu Ausfällen gegen die Volkswuth. Seit gestern sehen sie an allen Fenstern und Straßenecken Blousenmänner mit versteckten Höllenmaschinen a la Fieschi und Cadoudalschen Windbüchsen und Dolchen u. s. w. - 500 Insurgenten sind gestern nach Havre in sogenannten Zellenwagen mit der Eisenbahn transportirt worden. Diese 500 sind also von den im Dunkeln sitzenden Kriegsgerichten zur Deportation ohne Konfrontation, ohne Zeugenverhör auf bloße Denunciationen hin verurtheilt worden. Es war ihnen nicht einmal vergönnt Abschied von ihren Familien zu nehmen. Paris, 8. Aug. Der sardinische Gesandte, Marquis Brignoli-Sali und der Marquis A. Ricci pflegen häufige Unterredung mit Cavaignac, um sich über die bewaffnete Mediation zu verständigen, deren Grundzüge zwischen England und Frankreich bereits festgestellt worden. Welcher Art diese Grundzüge sind, verschweigen noch die Debats. - In einem anderen Kabinetsrathe wurde gestern folgender Personenwechsel besprochen. Marie, Justizminister, früher Staatsbautenminister u. s. w. würde an Seguier's Stelle treten; Senard, Minister des Innern, würde Justizminister werden und Marrast, Präsident der Nationalversammlung, statt Senard das Portefeuille des Innern erhalten. - Es wird stark von einer abermaligen Anleihe von 500,000,000 Franken gesprochen. Doch zeigt sich der National entrüstet, wie man nur solchem Börsengerede den geringsten Glauben schenken könne. Wir können indeß versichern, daß bei Rothschild wirklich deßwegen angefragt wurde. - Der Moniteur zeigt an, daß 1) der dänische Gesandte, Graf Moltke, 2) der toskanische Gesandte, Ritter Peruzzi, 3) der holländische Gesandte, Baron Fagel die Ehre hatten, durch den Minister Bastide dem General Cavaignac vorgestellt zu werden. - Die "Gazette des Tribunaux" veröffentlicht heute die Namensliste der 480 gestern in Havre eingeschifften Insurgenten. Es sollten ihrer 560 eingeschifft werden, aber es war in den Forts einige Verwirrung eingerissen und so ergab sich, daß bei der Zählung an der ersten Station nur 480 vorhanden waren. Man band sie zu Dreien und verpackte sie wie Häringe auf der Fregatte Ulloa. Die Reise geht wahrscheinlich nach Madagascar. Außer Thomassin, dem Haupte des Bankets a 25 Centimes, und einigen Andern finden sich wenige bekannte Namen auf der Liste. - Unter den Papieren des Generals Duvivier findet sich eine Proklamation, die der Verstorbene als Mitglied des Arbeitsausschusses der Nationalversammlung entwarf, um die Grundsätze dieses Ausschusses vor aller Welt darzulegen. Der Entwurf sah nicht das Leben, weil er wahrscheinlich dem Ausschusse noch zu radikal war. Der "National" veröffentlicht ihn heute nachträglich nach dem "Atelier." - Die Maurer-, Zimmer-, Anstreicher- und sonstige Bau-Gesellen, die sich jeden Morgen auf den Greve- und Cairo-Plätzen zu versammeln pflegen, um Arbeit zu suchen, tragen darauf an, daß man auch ihrer "Börse" ein anständiges Lokal mit Säulengängen u. s. w. erbaue; fragt sich nur, wie der hochlöbliche Gemeinderath den diesfälligen Antrag aufnehmen wird? - National-Versammlung. Sitzung vom 8. August. Präsident Marrast. Die Bänke früh und zahlreich besetzt. Auf den Gesichtern eine gewisse Aufregung. An der Tagesordnung ist bekanntlich die Preßdebatte. Aug. Callet vertheidigt die Kaution. Er sieht keine Präventivmaßregel in Hinterlegung eines Geldpfandes bei Gründung von Zeitungen, sondern eher eine Conservirung der Preßfreiheit in ihr. Er kann nicht begreifen, wie man die Kaution den Tod der Preßfreiheit nennen könne; sie sei es ja gerade, welche der Zeitungspresse den gehörigen Ernst und Einfluß verschaffe. Blätter, die nicht einmal eine Kaution aufbringen könnten, hätten keine Partei für sich und auf keine Zukunft zu hoffen. Sie seien mit jenen fliegenden Drachen zu vergleichen, welche so viel Unglück während ihrer schimpflichen Existenz über das Vaterland verbreitet hätten. Mathieu (Drome) bekämpft den ministeriellen Entwurf als illiberal und dem Geiste des französischen Volkes feindselig. Die Zusammenquetschung des Gedankens, ruft er aus, ist eben so gefährlich, als die Zusammenpressung des Dampfes, ohne ihm Oeffnung zu lassen. Lasset ihr ihm kein Ventil, so wundert Euch nicht, wenn der Kessel eines Tages wieder springt. (Lärm und Heiterkeit.) Zeitungen einer Geldkaution zu unterwerfen, gehöre nach Rußland; die französische National-Versammlung dürfe die Mittel des russischen Kaisers nicht nachahmen. Die freie Presse sei eine nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts. Habe man dieses angenommen, so müsse man sich auch seine Konsequenzen, Recht auf Arbeit (Lärm), Recht auf Existenzgarantie (noch heftigerer Lärm), Recht der freien Meinung, gefallen lassen. Ihr fürchtet die Volksblätter, ruft der Redner der Rechten zu, Ihr fürchtet die kommunistischen Angriffe auf das Eigenthum! Wohlan, das beste Mittel gegen diese Angriffe besteht in der freien Presse, ja wohl, in der entschieden freien Presse, welche jeden Angriff zu Boden wirft, der die öffentliche Kritik nicht auszuhalten im Stande. Die ganz freie Presse ist das beste Präventivmittel gegen die Auswüchse der Tagespresse. Sie bewaffnet Jedermann zum Schutze gegen die frühere Willkühr. Aug. Avond bekämpft ebenfalls die Geldfesseln, die man der Presse anlegen möchte und widerlegt vorzüglich die Behauptung Leon Fauchers, wonach es eine Kleinigkeit wäre für ein Unternehmen, das ohnedies Hunderttausende koste, noch 48,000 Fr. Rente aufzutreiben. Der Theil der Rede, worin er die ökonomische Großthuerei des genannten Faucher schlug, wurde besonders beifällig von der Linken aufgenommen. Ihm zufolge sei die Kautionsforderung lediglich ein Mundschloß gegen die Kommunisten. Dieselbe werde aber ebenso ihre Wirkung verfehlen, als die verfolgungssüchtigen Staatsanwälte unter Louis Philipp. Marie, Justizminister, von allen Seiten seinen Entwurf angegriffen sehend, eilt auf die Bühne, um ihn zu vertheidigen. Er sei ja nur temporair, sagt er, ein Grund, den wir seit drei Tagen schon hundert Mal hören mußten. Auch er liebe die Freiheit, ruft er mit seiner Stimme, aber die Freiheit in der Ordnung. Auch er habe mit Inbrunst die Institutionen gegen die Preßfreiheit niederreißen helfen, womit die Monarchie sich gerüstet, aber er habe die Ueberzeugung gewonnen, daß man nicht mit absolut neuen Grundsätzen regiren könne. (Dieses Geständniß errregt großes Aufsehen.) Sein Entwurf gefährde die Preßfreiheit nicht. Er erhalte nur die Ordnung in der Republik. Laurent (Ardeche) bekämpft die ministeriellen Bedenklichkeiten und schleudert beißende Epigramme gegen die Väter des Entwurfs. Bac interpellirt den Minister: was man mit den Insurgentinnen und den Frauen der Insurgenten anfangen werde? Minister: Sobald die Niederlassung auf Belle-Isle vollendet sei, würden sie ihren Männern nachgeschickt. Nach dieser Interpellation trat die Versammlung in die Tagesordnung zurück. Boursat wollte in Form eines Amendement ein Contre-Projekt einschmuggeln. Dies gelang ihm aber nicht, sein Amendement wurde verworfen. Die Versammlung hörte nun das bekannte Dupratsche Gegenprojekt an, das Marrast vortrug. Dieses Projekt setzt bekanntlich die Unterschrift des Verfassers als Kaution ein. Duprat enwickelt dasselbe. Berville, ein langer dürrer Advokat vom Pariser Appellhofe, fand die Unterschrift des Verfassers bei Weitem weniger werth, als baares Geld, d. h. ein Pfand von 48,000 Fr. Die Journale würden überdies in der Nacht gedruckt und da könne leicht ein böses Artikelchen unter die Entrefilets im Finstern schlüpfen. Für eine Zeit, in welcher das Interrsse und die Moral gähre, sei eine Kaution nöthig. Ledru-Rollin unterstützt den Dupratschen Entwurf. Die Kaution sei eine Präventivmaßregel von der gefährlichsten Sorte, die er jederzeit bekämpft habe. Man sagt: Keine Kaution wollen, heiße die Monarchie wünschen, keine Kaution wollen, heiße der Privatrache Thür und Riegel öffnen. Wohlan, der Constitutionnel und andere Blätter hätten ihn einen Libertie geschimpft (die Jagd in Trianon). Wohlan, ein Staatsmann müsse gegen dergleichen Wespenstiche unempfindlich sein. Ohne die Juni-Revolution hätte die Exekutivgewalt die Kaution längst abgeschafft. Am 22. Juni habe sie durch Bethmont den betreffenden Entwurf bereits vorzulegen beabsichtigt. Seine Rede machte großen Eindruck. Senard suchte denselben zu schwächen. Er dankte dem Vorredner, daß er wenigstens an seiner guten Absicht nicht zweifle. Das Dekret sei ja nur provisorisch und die Versammlung könne ja dasselbe bei der Verfassungsberathung wieder abschaffen. (Häufige Unterbrechung.) Die Versammlung vertagt die Debatte auf morgen. (61/4 Uhr) 12 Paris, 7. August. Der politisch-juridische Traktatus über Revolutionen und Insurrektionen von Odilon-Barrot ist das Grundthema, welches der Kammer, dem Lande, dem Journalismus zur Diskussion vorliegt. Für uns bietet dieser Traktatus weder eine politische, noch eine juristische Seite dar; sondern er ist weiter nichts, als der Ausbruch des Aergers eines Mannes, der sich eine große politische Wichtigkeit beimißt, gegen Männer, die auf ihn nicht im Mindesten reflektirten. Odilon-Barrot sieht in der ganzen Kammer nur Odilon-Barrot's; und um die Kammer gegen die ihm feindseligen Männer aufzureizen, stellt er alle folgenden Manifestationen als von dieser Partei hervorgerufen dar, um 1) in den damaligen Elektionen die Odilon-Barrot's von der Kammer fern zu halten und 2) um die schon gewählten Odilon-Barrot's aus der Kammer herauszuwerfen. Die Geschichte der Februar-Revolution zerfällt nach ihm in Abschnitte: 1) 16. März, eine Volksmanifestation; hervorgerufen von Ledru-Rollin & Comp., und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's in der Gestalt der Bärenmützen; 2) 16. April: Komplot, vorbereitet von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's, in der Gestalt von Kandidaten für die Nationalversammlung; 3) 15 Mai-Attentat, mit Vorwissen von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die aus Odilon Barrot's bestehende Nationalversammlung; 4) Bürgerkrieg der honnetten Odilon-Barrot's gegen die malhonnetten Rollin's und Genossen. In der Pathologie unterscheidet man die nächsten Ursachen von den prädisponirenden Ursachen der Krankheit. Geht man näher auf die Ursache der nächsten Ursachen ein, so kommt man auf die prädisponirenden, und fragt man, was ist die Ursache der prädisponirenden, so antwortet man in der katholischen Pathologie, die Erbsünde. Was ist nun aber die Ursache der Erbsünde? Das Leben. Und so wäre am Ende das Leben die Ursache der Krankheiten. In dem Berichte Odilon-Barrot's ist die Revolution die Erbsünde; aber diese Erbsünde erscheint uns beständig personifizirt durch Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiere. Was in dem Berichte causes generales, crises u. s. w. heißt, das läßt sich in der gewöhnlichen Sprache durch reine Namen übersetzen. Geh'n wir jetzt näher auf die einzelnen Phasen ein. Am 24. Februar hatte das Volk in Gemeinschaft mit der Nationalgarde gesiegt. Oder vielmehr! die Nationalgarde war in so fern an dem Siege des Volkes betheiligt, als sie sich an dem Kampfe nicht betheiligt, sondern ruhig zugesehen hatte. Es handelte sich darum, eine provisorische Regierung zu bilden. Keine Partei wagte sich in der ersten Ueberraschung voran zu stellen. Der Populär wandte sich an die Reforme, die Reforme an den National, der National kam mit einer Liste heran, der neben der Partei der Reforme den dynastischen Odilon Barrot enthielt. Die Reforme hatte Muth genug, diesen letzten Namen zu streichen, und so kam die provisorische Regierung zu Stande. Der National vertrat die Bourgeois-Partei: Lamartine trat als Versöhner in die Mitte. Die Spaltung ließ nicht lange auf sich warten. Bei der neuen Organisation der Nationalgarde, deren Reihen nun allen Franzosen eröffnet wurden, wollten die sogenannten bonnets de poils, die Bärenmützen, Grenadiers und Voltigeurs ihr altes Cadre beibehalten. Im Grund war diese Bourgeois-Manifestation nichts weiter als ein Reaktionsversuch, um die Partei der Reform zu stürzen. Das Volk, wie instinktmäßig getrieben, versammelt sich ohne Waffen auf dem Platz des Rathhauses um durch seine Masse der Bourgeoisie, den Bärenmützen, die Tags vorher an demselben Platze eine Manifestation gemacht hatten, zu imponiren. Die Partei Ledru Rollin's blieb und die Bärenmützen mit Odilon Barrot an der Spitze mußten abziehen. Das war jene Irruption, die Herr Barrot in seinem Berichte so sehr rügt. Indessen fingen die Wahlen an. Die Bourgeoisie wurde kühner in ihren Reaktionsgelüsten und Ledru-Rollin arbeitete ihnen thätig entgegen. Die Scheidung zwischen Bourgeoisie und Volk trat immer schroffer hervor. Die Wahlen hatten allen Anschein, ungünstig auszufallen. Die verschiedenen Klubs und Ateliers-Nationaux vereinigten sich auf dem Champ de Mars in Wahlangelegenheiten. Die Anwesenheit Blanqui's in dieser Versammlung flößte einige Furcht der provisorischen Regierung ein, und sie ließ den Rappell schlagen. Die Nationalgarde kam zusammen, aber die Klubs, die auf dem Marsfelde vereinigt waren, trennten sich friedlich - diese zweite Volksmanifestation, die nicht einmal in der Stadt Statt hatte, wird für Odilon Barrot ein Komplott, das gegen die Gesellschaft gerichtet war, natürlich gegen die Gesellschaft, die sich in Odilon Barrot personifizirt. Die Wahlen haben stattgefunden. Die Bourgeois-Partei hat gesiegt; unter ihr befindet sich der unglückliche Odilon Barrot, dessen Hohlheit von den eigentlichen Bourgeois wie Thiers selbst verlacht wird. Das Volk macht abermals eine Manifestation zu Gunsten Polens, ohne allen feindlichen Plan, ohne alle sonstige Verschwörung. An der Kammer angelangt, drangen die Blanqui'schen Klubs in die Versammlung. Die Kammer war in Gefahr, erdrückt zu werden. Man sammelt sich um Ledru-Rollin; die Deputirten bestürmen ihn die Präsidentschaft anzunehmen. Odilon-Barrot verwandelt das frühere Komplott in ein Attentat, das lange vorher mit Ledru-Rollin's Vorwissen angezettelt war, um die OdilonBarrot's aus der Kammer zu treiben. Nach diesen drei Tentativen muß dann endlich der Bürgerkrieg kommen; die Volksmanifestation, (Manifestation) die sich erst in Komplott und dann in Attentat verwandelt hatte, endet mit der Insurrektion. Sie hatte angefangen mit der Revolution, d. h. mit Rollin, Blanc und Caussidiere, und sie hört auf mit der Insurrektion, d. h. mit Rollin und Blanc, deren Nämen ebenfalls hinter den Barrikaden gehört wurden. Mignet und Thiers sind Geschichtsschreiber und Hausfreunde: Mignet est la doublure de Thiers ist sprichwörtlich geworden, d. h. stellen wir uns Thiers als einen Rock vor, so liefert Mignet das Futter dazu. Thiers hat die französische Revolution "vom historischen" Standpunkte, Mignet vom "philosophischen" geschrieben. Beide tragen weiße Hüte. Mit dem Attentate verhält es sich nun folgendermaßen. Thiers war in der Kammer, Mignet im Garten des Hrn. Thiers, und an seinem Hause saß ein junges Mädchen von 9 Jahren. Schon lange Zeit vorher hatte die Polizei dem Hrn. Thiers den Rath gegeben, sich seinen weißen Hut abzuschaffen, der ihn allzukenntlich mache. Aber dieser weiße Hut war sein Heil. Man nahm Hrn. Mignet für Hrn. Thiers, und schoß auf ihn mit einer Windbüchse. Das Kleid des Mädchens ist allein getroffen worden. Großbritannien. * London, 8. Aug. In der gestrigen Morgensitzung des Unterhauses kam nichts vor, das Erwähnung verdiente. In der Abendsitzung kam die von den Lords amendirte "öffentliche Gesundheits-Bill" herunter und da das Haus sich nicht mit allen von den Lords vorgeschlagenen Anordnungen einverstanden erklärte, wird man sich in einer gemischten Kommission zu verständigen suchen. Ehe sich hierauf das Unterhaus zum Subsidien Comite bildete, erneuerte Hr. Ewart seine jährliche Motion auf Ersetzung der indirekten durch direkte Besteuerung und mindestens Herabsetzung der Zölle und Steuern auf Gegenstände des allgemeinen Verbrauchs. Die Motion wurde jedoch nach einer ziemlich langen Diskussion zurückgezogen, weil die diesjährige Session schon zu weit vorgerückt und auch überdies an ein Durchsetzen derselben nicht zu denken. Damit war es auch für die Subsidien-Comite-Sitzung zu spät geworden und nachdem die Tagesordnung erledigt, vertagte sich das Haus. * Dublin, 7. Aug. Aus dem Süden wenig Neues. M'Donald hatte Befehl erhalten, sich mit seinen Truppen nach Limerick und von da nach der Grafschaft Clare zu begeben, weil dort ein Aufstand befürchtet wurde. Andere sagen, M'Donald gehe nach Abbey Feale, wo der jüngere O'Gorman an der Spitze einer ziemlich starken Insurgentenschaar stehen soll. Lord Hardinge ist heute früh mit seinem Generalstab nach Kilkenny aufgebrochen und wird den Oberbefehl über die Division im Süden übernehmen, während M. Donald nach wie vor an der Spitze mobiler Kolonnen bleiben wird. Unter den vielen neuerdings in Dublin Verhafteten befinden sich auch 2 repealgesinnte Amerikaner. Von dem Aufenthalt Meagher's, Dillon's und Doheny's weiß man noch immer nichts, hofft aber, daß sie wenigstens in so kläglicher und andererseits lächerlicher Weise werden ergriffen werden, wie S. O'Brien. Die Stimmung des irischen Volkes kann sich Jeder leicht denken; sie verbirgt sich auch nicht, sondern manifestirt sich unverholen. So z. B. liefern die Victualienhändler in Thurles den Truppen selbst gegen Geld und gute Worte nicht das Mindeste. Einem Lieferanten wurde das Haus fast gänzlich demolirt; seitdem beziehen die Soldaten ihren Mundvorrath theils aus Limerick, theils aus Dublin. S. O'Brien ist natürlich im strengsten Gewahrsam und Niemand wird zu ihm gelassen. * Die Times sagt in einem leitenden Artikel über O'Brien's Verhaftung: "Wir haben also den Hasen gefangen, aber jetzt beginnt unsere Verlegenheit: was sollen wir mit ihm anfangen? Er ist ein Rebell und Hochverräther; ja, er ist ein Mörder; denn er gab den Befehl zum Angriff auf die 50 Mann, die im Hause der Witwe Cormack belagert wurden. Nach dem Gesetz und dem allgemeinen Begriffe des Verbrechens ist er der wirklichen Rebellion schuldig. Er verdient demnach den Tod . . . . Wenn Richter und Geschworne ihre Pflicht thun, so wird er wenigstens das Todesurtheil aussprechen hören, das im Fall sein Unternehmen Erfolg gehabt, über Tausende verhängt worden wäre. Sollte indeß Ihre Majestät den Rath erhalten zur Begnadigung, so wird das Volk dieses Landes zweifelsohne bei einem solchen hochherzigen Akt sich gern beruhigen. Denn S. O'Brien erregt mehr eine Art verachtenden Mitleids als Unwillen Es ist unmöglich, über das Ernst-Komische seiner Abenteurer nicht zu lächeln. Aber einen Mann auszulachen und ihn auch zu hängen hieße, ihm auf zwei Arten das Leben nehmen . . . . . ." Beilage zu Nr. 72 der Neuen Rh. Zeitg. Freitag 11. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand u. Hansemann). Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Details über die Tribünenschlacht. vom 7. August). Berlin. (Brutalitäten. Kaiser. Maueranschlag Rimplers. Die nachträgliche Bürgerwehrhuldigung. Rückkehr des Prinzen von Preußen aus Pommern. Die Lokomotive. Plakat Malmenes. ‒ Vereinbarungs-Debatten. ‒ Adresse der Berliner Bürgerwehr an die Schweidnitzer). Schwerin. (Tumultscenen). Nordhausen (Unruhen). Aus Baiern. (Preußen will eine fürstliche Vereinbarungs-Versammlung mit dem Reichsverweser gründen). Wien. (Reichstagssitzung. Die ungarische National-Versammlung spricht einstimmig die Allianz mit Deutschland aus. Feier des 6. August durch die akademische Legion. Die Rückkehr des Kaisers. ‒ Huldigung. Bevorstehende Preßprozesse. Rothschilds Kamarilla. Die demokratische Presse über Radetzky und Windischgrätz. Szela. ‒ Karl Albert nach Pavia). Innsbruck. (Antwort des Kaisers an die Reichstags-Deputation). Ungarn. Pesth. (Verhandlungen der Repräsentanten-Kammer). Italien. (Verschiedene Nachrichten über Karl Albert. Radetzky gegen englisch-französische Vermittlung. Sommariva nach dem südlichen Po-Ufer. Belagerungszustand von Mailand). Bern. (Kapitulation Mailands). Florenz. (Ministerkrise. Mobilmachung der Bürgergarde). Französische Republik. Paris. (Aufhebung der Suspension der Journale. Drohbrief an Bouchard. ‒ Adresse der demokratischen Klubs von Bordeaux an die Juni-Insurgenten. ‒ Der Bericht Bouchard. Das Attentat Thiers. ‒ Die englisch-französische Vermittelung in Italien. ‒ Die gefangnen Insurgenten. Die Presse. ‒ National-Versammlung. ‒ Die deportirten Insurgenten. ‒ Vermischtes). Dänemark. Kopenhagen. (Geschichte des Waffenstillstandes. ‒ Blokade). Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. Die Times über S. O'Brien). Dublin. (M'Donald und Lord Hardinge. Die Stimmung im Süden). [Französische Republik] [Fortsetzung] ‒ Dem Abgeordneten Quentin Bouchart ist gestern Abend folgender Drohbrief zugestellt worden: „Dein Bericht (über die Mai- und Juni-Ereignisse) ist nichts, als ein Gewebe von Infamieen. Das Einzige, was mich tröstet, besteht darin, daß er, wie ich hoffe dein (Todes) Urtheil von 1794 sein wird. Auf bald! (gez.) Wil. Lecointre. Dieser Drohzettel und das angebliche Attentat gegen Thiers auf dem Platze St. Georges bieten den reaktionären Blättern wichtigen Stoff zu Ausfällen gegen die Volkswuth. Seit gestern sehen sie an allen Fenstern und Straßenecken Blousenmänner mit versteckten Höllenmaschinen à la Fieschi und Cadoudalschen Windbüchsen und Dolchen u. s. w. ‒ 500 Insurgenten sind gestern nach Havre in sogenannten Zellenwagen mit der Eisenbahn transportirt worden. Diese 500 sind also von den im Dunkeln sitzenden Kriegsgerichten zur Deportation ohne Konfrontation, ohne Zeugenverhör auf bloße Denunciationen hin verurtheilt worden. Es war ihnen nicht einmal vergönnt Abschied von ihren Familien zu nehmen. Paris, 8. Aug. Der sardinische Gesandte, Marquis Brignoli-Sali und der Marquis A. Ricci pflegen häufige Unterredung mit Cavaignac, um sich über die bewaffnete Mediation zu verständigen, deren Grundzüge zwischen England und Frankreich bereits festgestellt worden. Welcher Art diese Grundzüge sind, verschweigen noch die Debats. ‒ In einem anderen Kabinetsrathe wurde gestern folgender Personenwechsel besprochen. Marie, Justizminister, früher Staatsbautenminister u. s. w. würde an Seguier's Stelle treten; Senard, Minister des Innern, würde Justizminister werden und Marrast, Präsident der Nationalversammlung, statt Senard das Portefeuille des Innern erhalten. ‒ Es wird stark von einer abermaligen Anleihe von 500,000,000 Franken gesprochen. Doch zeigt sich der National entrüstet, wie man nur solchem Börsengerede den geringsten Glauben schenken könne. Wir können indeß versichern, daß bei Rothschild wirklich deßwegen angefragt wurde. ‒ Der Moniteur zeigt an, daß 1) der dänische Gesandte, Graf Moltke, 2) der toskanische Gesandte, Ritter Peruzzi, 3) der holländische Gesandte, Baron Fagel die Ehre hatten, durch den Minister Bastide dem General Cavaignac vorgestellt zu werden. ‒ Die „Gazette des Tribunaux“ veröffentlicht heute die Namensliste der 480 gestern in Havre eingeschifften Insurgenten. Es sollten ihrer 560 eingeschifft werden, aber es war in den Forts einige Verwirrung eingerissen und so ergab sich, daß bei der Zählung an der ersten Station nur 480 vorhanden waren. Man band sie zu Dreien und verpackte sie wie Häringe auf der Fregatte Ulloa. Die Reise geht wahrscheinlich nach Madagascar. Außer Thomassin, dem Haupte des Bankets à 25 Centimes, und einigen Andern finden sich wenige bekannte Namen auf der Liste. ‒ Unter den Papieren des Generals Duvivier findet sich eine Proklamation, die der Verstorbene als Mitglied des Arbeitsausschusses der Nationalversammlung entwarf, um die Grundsätze dieses Ausschusses vor aller Welt darzulegen. Der Entwurf sah nicht das Leben, weil er wahrscheinlich dem Ausschusse noch zu radikal war. Der „National“ veröffentlicht ihn heute nachträglich nach dem „Atelier.“ ‒ Die Maurer-, Zimmer-, Anstreicher- und sonstige Bau-Gesellen, die sich jeden Morgen auf den Grêve- und Cairo-Plätzen zu versammeln pflegen, um Arbeit zu suchen, tragen darauf an, daß man auch ihrer „Börse“ ein anständiges Lokal mit Säulengängen u. s. w. erbaue; fragt sich nur, wie der hochlöbliche Gemeinderath den diesfälligen Antrag aufnehmen wird? ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 8. August. Präsident Marrast. Die Bänke früh und zahlreich besetzt. Auf den Gesichtern eine gewisse Aufregung. An der Tagesordnung ist bekanntlich die Preßdebatte. Aug. Callet vertheidigt die Kaution. Er sieht keine Präventivmaßregel in Hinterlegung eines Geldpfandes bei Gründung von Zeitungen, sondern eher eine Conservirung der Preßfreiheit in ihr. Er kann nicht begreifen, wie man die Kaution den Tod der Preßfreiheit nennen könne; sie sei es ja gerade, welche der Zeitungspresse den gehörigen Ernst und Einfluß verschaffe. Blätter, die nicht einmal eine Kaution aufbringen könnten, hätten keine Partei für sich und auf keine Zukunft zu hoffen. Sie seien mit jenen fliegenden Drachen zu vergleichen, welche so viel Unglück während ihrer schimpflichen Existenz über das Vaterland verbreitet hätten. Mathieu (Drome) bekämpft den ministeriellen Entwurf als illiberal und dem Geiste des französischen Volkes feindselig. Die Zusammenquetschung des Gedankens, ruft er aus, ist eben so gefährlich, als die Zusammenpressung des Dampfes, ohne ihm Oeffnung zu lassen. Lasset ihr ihm kein Ventil, so wundert Euch nicht, wenn der Kessel eines Tages wieder springt. (Lärm und Heiterkeit.) Zeitungen einer Geldkaution zu unterwerfen, gehöre nach Rußland; die französische National-Versammlung dürfe die Mittel des russischen Kaisers nicht nachahmen. Die freie Presse sei eine nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts. Habe man dieses angenommen, so müsse man sich auch seine Konsequenzen, Recht auf Arbeit (Lärm), Recht auf Existenzgarantie (noch heftigerer Lärm), Recht der freien Meinung, gefallen lassen. Ihr fürchtet die Volksblätter, ruft der Redner der Rechten zu, Ihr fürchtet die kommunistischen Angriffe auf das Eigenthum! Wohlan, das beste Mittel gegen diese Angriffe besteht in der freien Presse, ja wohl, in der entschieden freien Presse, welche jeden Angriff zu Boden wirft, der die öffentliche Kritik nicht auszuhalten im Stande. Die ganz freie Presse ist das beste Präventivmittel gegen die Auswüchse der Tagespresse. Sie bewaffnet Jedermann zum Schutze gegen die frühere Willkühr. Aug. Avond bekämpft ebenfalls die Geldfesseln, die man der Presse anlegen möchte und widerlegt vorzüglich die Behauptung Leon Fauchers, wonach es eine Kleinigkeit wäre für ein Unternehmen, das ohnedies Hunderttausende koste, noch 48,000 Fr. Rente aufzutreiben. Der Theil der Rede, worin er die ökonomische Großthuerei des genannten Faucher schlug, wurde besonders beifällig von der Linken aufgenommen. Ihm zufolge sei die Kautionsforderung lediglich ein Mundschloß gegen die Kommunisten. Dieselbe werde aber ebenso ihre Wirkung verfehlen, als die verfolgungssüchtigen Staatsanwälte unter Louis Philipp. Marie, Justizminister, von allen Seiten seinen Entwurf angegriffen sehend, eilt auf die Bühne, um ihn zu vertheidigen. Er sei ja nur temporair, sagt er, ein Grund, den wir seit drei Tagen schon hundert Mal hören mußten. Auch er liebe die Freiheit, ruft er mit seiner Stimme, aber die Freiheit in der Ordnung. Auch er habe mit Inbrunst die Institutionen gegen die Preßfreiheit niederreißen helfen, womit die Monarchie sich gerüstet, aber er habe die Ueberzeugung gewonnen, daß man nicht mit absolut neuen Grundsätzen regiren könne. (Dieses Geständniß errregt großes Aufsehen.) Sein Entwurf gefährde die Preßfreiheit nicht. Er erhalte nur die Ordnung in der Republik. Laurent (Ardeche) bekämpft die ministeriellen Bedenklichkeiten und schleudert beißende Epigramme gegen die Väter des Entwurfs. Bac interpellirt den Minister: was man mit den Insurgentinnen und den Frauen der Insurgenten anfangen werde? Minister: Sobald die Niederlassung auf Belle-Isle vollendet sei, würden sie ihren Männern nachgeschickt. Nach dieser Interpellation trat die Versammlung in die Tagesordnung zurück. Boursat wollte in Form eines Amendement ein Contre-Projekt einschmuggeln. Dies gelang ihm aber nicht, sein Amendement wurde verworfen. Die Versammlung hörte nun das bekannte Dupratsche Gegenprojekt an, das Marrast vortrug. Dieses Projekt setzt bekanntlich die Unterschrift des Verfassers als Kaution ein. Duprat enwickelt dasselbe. Berville, ein langer dürrer Advokat vom Pariser Appellhofe, fand die Unterschrift des Verfassers bei Weitem weniger werth, als baares Geld, d. h. ein Pfand von 48,000 Fr. Die Journale würden überdies in der Nacht gedruckt und da könne leicht ein böses Artikelchen unter die Entrefilets im Finstern schlüpfen. Für eine Zeit, in welcher das Interrsse und die Moral gähre, sei eine Kaution nöthig. Ledru-Rollin unterstützt den Dupratschen Entwurf. Die Kaution sei eine Präventivmaßregel von der gefährlichsten Sorte, die er jederzeit bekämpft habe. Man sagt: Keine Kaution wollen, heiße die Monarchie wünschen, keine Kaution wollen, heiße der Privatrache Thür und Riegel öffnen. Wohlan, der Constitutionnel und andere Blätter hätten ihn einen Libertie geschimpft (die Jagd in Trianon). Wohlan, ein Staatsmann müsse gegen dergleichen Wespenstiche unempfindlich sein. Ohne die Juni-Revolution hätte die Exekutivgewalt die Kaution längst abgeschafft. Am 22. Juni habe sie durch Bethmont den betreffenden Entwurf bereits vorzulegen beabsichtigt. Seine Rede machte großen Eindruck. Senard suchte denselben zu schwächen. Er dankte dem Vorredner, daß er wenigstens an seiner guten Absicht nicht zweifle. Das Dekret sei ja nur provisorisch und die Versammlung könne ja dasselbe bei der Verfassungsberathung wieder abschaffen. (Häufige Unterbrechung.) Die Versammlung vertagt die Debatte auf morgen. (61/4 Uhr) 12 Paris, 7. August. Der politisch-juridische Traktatus über Revolutionen und Insurrektionen von Odilon-Barrot ist das Grundthema, welches der Kammer, dem Lande, dem Journalismus zur Diskussion vorliegt. Für uns bietet dieser Traktatus weder eine politische, noch eine juristische Seite dar; sondern er ist weiter nichts, als der Ausbruch des Aergers eines Mannes, der sich eine große politische Wichtigkeit beimißt, gegen Männer, die auf ihn nicht im Mindesten reflektirten. Odilon-Barrot sieht in der ganzen Kammer nur Odilon-Barrot's; und um die Kammer gegen die ihm feindseligen Männer aufzureizen, stellt er alle folgenden Manifestationen als von dieser Partei hervorgerufen dar, um 1) in den damaligen Elektionen die Odilon-Barrot's von der Kammer fern zu halten und 2) um die schon gewählten Odilon-Barrot's aus der Kammer herauszuwerfen. Die Geschichte der Februar-Revolution zerfällt nach ihm in Abschnitte: 1) 16. März, eine Volksmanifestation; hervorgerufen von Ledru-Rollin & Comp., und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's in der Gestalt der Bärenmützen; 2) 16. April: Komplot, vorbereitet von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's, in der Gestalt von Kandidaten für die Nationalversammlung; 3) 15 Mai-Attentat, mit Vorwissen von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die aus Odilon Barrot's bestehende Nationalversammlung; 4) Bürgerkrieg der honnetten Odilon-Barrot's gegen die malhonnetten Rollin's und Genossen. In der Pathologie unterscheidet man die nächsten Ursachen von den prädisponirenden Ursachen der Krankheit. Geht man näher auf die Ursache der nächsten Ursachen ein, so kommt man auf die prädisponirenden, und fragt man, was ist die Ursache der prädisponirenden, so antwortet man in der katholischen Pathologie, die Erbsünde. Was ist nun aber die Ursache der Erbsünde? Das Leben. Und so wäre am Ende das Leben die Ursache der Krankheiten. In dem Berichte Odilon-Barrot's ist die Revolution die Erbsünde; aber diese Erbsünde erscheint uns beständig personifizirt durch Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiêre. Was in dem Berichte causes générales, crises u. s. w. heißt, das läßt sich in der gewöhnlichen Sprache durch reine Namen übersetzen. Geh'n wir jetzt näher auf die einzelnen Phasen ein. Am 24. Februar hatte das Volk in Gemeinschaft mit der Nationalgarde gesiegt. Oder vielmehr! die Nationalgarde war in so fern an dem Siege des Volkes betheiligt, als sie sich an dem Kampfe nicht betheiligt, sondern ruhig zugesehen hatte. Es handelte sich darum, eine provisorische Regierung zu bilden. Keine Partei wagte sich in der ersten Ueberraschung voran zu stellen. Der Populär wandte sich an die Reforme, die Reforme an den National, der National kam mit einer Liste heran, der neben der Partei der Reforme den dynastischen Odilon Barrot enthielt. Die Reforme hatte Muth genug, diesen letzten Namen zu streichen, und so kam die provisorische Regierung zu Stande. Der National vertrat die Bourgeois-Partei: Lamartine trat als Versöhner in die Mitte. Die Spaltung ließ nicht lange auf sich warten. Bei der neuen Organisation der Nationalgarde, deren Reihen nun allen Franzosen eröffnet wurden, wollten die sogenannten bonnets de poils, die Bärenmützen, Grenadiers und Voltigeurs ihr altes Cadre beibehalten. Im Grund war diese Bourgeois-Manifestation nichts weiter als ein Reaktionsversuch, um die Partei der Reform zu stürzen. Das Volk, wie instinktmäßig getrieben, versammelt sich ohne Waffen auf dem Platz des Rathhauses um durch seine Masse der Bourgeoisie, den Bärenmützen, die Tags vorher an demselben Platze eine Manifestation gemacht hatten, zu imponiren. Die Partei Ledru Rollin's blieb und die Bärenmützen mit Odilon Barrot an der Spitze mußten abziehen. Das war jene Irruption, die Herr Barrot in seinem Berichte so sehr rügt. Indessen fingen die Wahlen an. Die Bourgeoisie wurde kühner in ihren Reaktionsgelüsten und Ledru-Rollin arbeitete ihnen thätig entgegen. Die Scheidung zwischen Bourgeoisie und Volk trat immer schroffer hervor. Die Wahlen hatten allen Anschein, ungünstig auszufallen. Die verschiedenen Klubs und Ateliers-Nationaux vereinigten sich auf dem Champ de Mars in Wahlangelegenheiten. Die Anwesenheit Blanqui's in dieser Versammlung flößte einige Furcht der provisorischen Regierung ein, und sie ließ den Rappell schlagen. Die Nationalgarde kam zusammen, aber die Klubs, die auf dem Marsfelde vereinigt waren, trennten sich friedlich ‒ diese zweite Volksmanifestation, die nicht einmal in der Stadt Statt hatte, wird für Odilon Barrot ein Komplott, das gegen die Gesellschaft gerichtet war, natürlich gegen die Gesellschaft, die sich in Odilon Barrot personifizirt. Die Wahlen haben stattgefunden. Die Bourgeois-Partei hat gesiegt; unter ihr befindet sich der unglückliche Odilon Barrot, dessen Hohlheit von den eigentlichen Bourgeois wie Thiers selbst verlacht wird. Das Volk macht abermals eine Manifestation zu Gunsten Polens, ohne allen feindlichen Plan, ohne alle sonstige Verschwörung. An der Kammer angelangt, drangen die Blanqui'schen Klubs in die Versammlung. Die Kammer war in Gefahr, erdrückt zu werden. Man sammelt sich um Ledru-Rollin; die Deputirten bestürmen ihn die Präsidentschaft anzunehmen. Odilon-Barrot verwandelt das frühere Komplott in ein Attentat, das lange vorher mit Ledru-Rollin's Vorwissen angezettelt war, um die OdilonBarrot's aus der Kammer zu treiben. Nach diesen drei Tentativen muß dann endlich der Bürgerkrieg kommen; die Volksmanifestation, (Manifestation) die sich erst in Komplott und dann in Attentat verwandelt hatte, endet mit der Insurrektion. Sie hatte angefangen mit der Revolution, d. h. mit Rollin, Blanc und Caussidiere, und sie hört auf mit der Insurrektion, d. h. mit Rollin und Blanc, deren Nämen ebenfalls hinter den Barrikaden gehört wurden. Mignet und Thiers sind Geschichtsschreiber und Hausfreunde: Mignet est la doublure de Thiers ist sprichwörtlich geworden, d. h. stellen wir uns Thiers als einen Rock vor, so liefert Mignet das Futter dazu. Thiers hat die französische Revolution „vom historischen“ Standpunkte, Mignet vom „philosophischen“ geschrieben. Beide tragen weiße Hüte. Mit dem Attentate verhält es sich nun folgendermaßen. Thiers war in der Kammer, Mignet im Garten des Hrn. Thiers, und an seinem Hause saß ein junges Mädchen von 9 Jahren. Schon lange Zeit vorher hatte die Polizei dem Hrn. Thiers den Rath gegeben, sich seinen weißen Hut abzuschaffen, der ihn allzukenntlich mache. Aber dieser weiße Hut war sein Heil. Man nahm Hrn. Mignet für Hrn. Thiers, und schoß auf ihn mit einer Windbüchse. Das Kleid des Mädchens ist allein getroffen worden. Großbritannien. * London, 8. Aug. In der gestrigen Morgensitzung des Unterhauses kam nichts vor, das Erwähnung verdiente. In der Abendsitzung kam die von den Lords amendirte „öffentliche Gesundheits-Bill“ herunter und da das Haus sich nicht mit allen von den Lords vorgeschlagenen Anordnungen einverstanden erklärte, wird man sich in einer gemischten Kommission zu verständigen suchen. Ehe sich hierauf das Unterhaus zum Subsidien Comité bildete, erneuerte Hr. Ewart seine jährliche Motion auf Ersetzung der indirekten durch direkte Besteuerung und mindestens Herabsetzung der Zölle und Steuern auf Gegenstände des allgemeinen Verbrauchs. Die Motion wurde jedoch nach einer ziemlich langen Diskussion zurückgezogen, weil die diesjährige Session schon zu weit vorgerückt und auch überdies an ein Durchsetzen derselben nicht zu denken. Damit war es auch für die Subsidien-Comité-Sitzung zu spät geworden und nachdem die Tagesordnung erledigt, vertagte sich das Haus. * Dublin, 7. Aug. Aus dem Süden wenig Neues. M'Donald hatte Befehl erhalten, sich mit seinen Truppen nach Limerick und von da nach der Grafschaft Clare zu begeben, weil dort ein Aufstand befürchtet wurde. Andere sagen, M'Donald gehe nach Abbey Feale, wo der jüngere O'Gorman an der Spitze einer ziemlich starken Insurgentenschaar stehen soll. Lord Hardinge ist heute früh mit seinem Generalstab nach Kilkenny aufgebrochen und wird den Oberbefehl über die Division im Süden übernehmen, während M. Donald nach wie vor an der Spitze mobiler Kolonnen bleiben wird. Unter den vielen neuerdings in Dublin Verhafteten befinden sich auch 2 repealgesinnte Amerikaner. Von dem Aufenthalt Meagher's, Dillon's und Doheny's weiß man noch immer nichts, hofft aber, daß sie wenigstens in so kläglicher und andererseits lächerlicher Weise werden ergriffen werden, wie S. O'Brien. Die Stimmung des irischen Volkes kann sich Jeder leicht denken; sie verbirgt sich auch nicht, sondern manifestirt sich unverholen. So z. B. liefern die Victualienhändler in Thurles den Truppen selbst gegen Geld und gute Worte nicht das Mindeste. Einem Lieferanten wurde das Haus fast gänzlich demolirt; seitdem beziehen die Soldaten ihren Mundvorrath theils aus Limerick, theils aus Dublin. S. O'Brien ist natürlich im strengsten Gewahrsam und Niemand wird zu ihm gelassen. * Die Times sagt in einem leitenden Artikel über O'Brien's Verhaftung: „Wir haben also den Hasen gefangen, aber jetzt beginnt unsere Verlegenheit: was sollen wir mit ihm anfangen? Er ist ein Rebell und Hochverräther; ja, er ist ein Mörder; denn er gab den Befehl zum Angriff auf die 50 Mann, die im Hause der Witwe Cormack belagert wurden. Nach dem Gesetz und dem allgemeinen Begriffe des Verbrechens ist er der wirklichen Rebellion schuldig. Er verdient demnach den Tod . . . . Wenn Richter und Geschworne ihre Pflicht thun, so wird er wenigstens das Todesurtheil aussprechen hören, das im Fall sein Unternehmen Erfolg gehabt, über Tausende verhängt worden wäre. Sollte indeß Ihre Majestät den Rath erhalten zur Begnadigung, so wird das Volk dieses Landes zweifelsohne bei einem solchen hochherzigen Akt sich gern beruhigen. Denn S. O'Brien erregt mehr eine Art verachtenden Mitleids als Unwillen Es ist unmöglich, über das Ernst-Komische seiner Abenteurer nicht zu lächeln. Aber einen Mann auszulachen und ihn auch zu hängen hieße, ihm auf zwei Arten das Leben nehmen . . . . . .“ <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0367"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 72 der Neuen Rh. Zeitg. </titlePart> <docImprint> <docDate>Freitag 11. August 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Der dänische Waffenstillstand u. Hansemann). Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Details über die Tribünenschlacht. vom 7. August). Berlin. (Brutalitäten. Kaiser. Maueranschlag Rimplers. Die nachträgliche Bürgerwehrhuldigung. Rückkehr des Prinzen von Preußen aus Pommern. Die Lokomotive. Plakat Malmenes. ‒ Vereinbarungs-Debatten. ‒ Adresse der Berliner Bürgerwehr an die Schweidnitzer). Schwerin. (Tumultscenen). Nordhausen (Unruhen). Aus Baiern. (Preußen will eine fürstliche Vereinbarungs-Versammlung mit dem Reichsverweser gründen). Wien. (Reichstagssitzung. Die ungarische National-Versammlung spricht einstimmig die Allianz mit Deutschland aus. Feier des 6. August durch die akademische Legion. Die Rückkehr des Kaisers. ‒ Huldigung. Bevorstehende Preßprozesse. Rothschilds Kamarilla. Die demokratische Presse über Radetzky und Windischgrätz. Szela. ‒ Karl Albert nach Pavia). Innsbruck. (Antwort des Kaisers an die Reichstags-Deputation).</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> Pesth. (Verhandlungen der Repräsentanten-Kammer).</p> <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> (Verschiedene Nachrichten über Karl Albert. Radetzky gegen englisch-französische Vermittlung. Sommariva nach dem südlichen Po-Ufer. Belagerungszustand von Mailand). Bern. (Kapitulation Mailands). Florenz. (Ministerkrise. Mobilmachung der Bürgergarde).</p> <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> Paris. (Aufhebung der Suspension der Journale. Drohbrief an Bouchard. ‒ Adresse der demokratischen Klubs von Bordeaux an die Juni-Insurgenten. ‒ Der Bericht Bouchard. Das Attentat Thiers. ‒ Die englisch-französische Vermittelung in Italien. ‒ Die gefangnen Insurgenten. Die Presse. ‒ National-Versammlung. ‒ Die deportirten Insurgenten. ‒ Vermischtes).</p> <p><hi rendition="#g">Dänemark.</hi> Kopenhagen. (Geschichte des Waffenstillstandes. ‒ Blokade).</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Unterhaussitzung. Die Times über S. O'Brien). Dublin. (M'Donald und Lord Hardinge. Die Stimmung im Süden).</p> </div> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar072b_001" type="jArticle"> <p> <ref type="link">[Fortsetzung]</ref> </p> <p>‒ Dem Abgeordneten Quentin Bouchart ist gestern Abend folgender Drohbrief zugestellt worden:</p> <p>„Dein Bericht (über die Mai- und Juni-Ereignisse) ist nichts, als ein Gewebe von Infamieen. Das Einzige, was mich tröstet, besteht darin, daß er, wie ich hoffe dein (Todes) Urtheil von 1794 sein wird. Auf bald! (gez.) Wil. Lecointre. Dieser Drohzettel und das angebliche Attentat gegen Thiers auf dem Platze St. Georges bieten den reaktionären Blättern wichtigen Stoff zu Ausfällen gegen die Volkswuth. Seit gestern sehen sie an allen Fenstern und Straßenecken Blousenmänner mit versteckten Höllenmaschinen à la Fieschi und Cadoudalschen Windbüchsen und Dolchen u. s. w.</p> <p>‒ 500 Insurgenten sind gestern nach Havre in sogenannten Zellenwagen mit der Eisenbahn transportirt worden. Diese 500 sind also von den im Dunkeln sitzenden Kriegsgerichten zur Deportation ohne Konfrontation, ohne Zeugenverhör auf bloße Denunciationen hin verurtheilt worden. Es war ihnen nicht einmal vergönnt Abschied von ihren Familien zu nehmen.</p> </div> <div xml:id="ar072b_002" type="jArticle"> <head>Paris, 8. Aug.</head> <p>Der sardinische Gesandte, Marquis Brignoli-Sali und der Marquis A. Ricci pflegen häufige Unterredung mit Cavaignac, um sich über die bewaffnete Mediation zu verständigen, deren Grundzüge zwischen England und Frankreich bereits festgestellt worden. Welcher Art diese Grundzüge sind, verschweigen noch die Debats.</p> <p>‒ In einem anderen Kabinetsrathe wurde gestern folgender Personenwechsel besprochen. Marie, Justizminister, früher Staatsbautenminister u. s. w. würde an Seguier's Stelle treten; Senard, Minister des Innern, würde Justizminister werden und Marrast, Präsident der Nationalversammlung, statt Senard das Portefeuille des Innern erhalten.</p> <p>‒ Es wird stark von einer abermaligen Anleihe von 500,000,000 Franken gesprochen. Doch zeigt sich der National entrüstet, wie man nur solchem Börsengerede den geringsten Glauben schenken könne. Wir können indeß versichern, daß bei Rothschild wirklich deßwegen angefragt wurde.</p> <p>‒ Der Moniteur zeigt an, daß 1) der dänische Gesandte, Graf Moltke, 2) der toskanische Gesandte, Ritter Peruzzi, 3) der holländische Gesandte, Baron Fagel die Ehre hatten, durch den Minister Bastide dem General Cavaignac vorgestellt zu werden.</p> <p>‒ Die „Gazette des Tribunaux“ veröffentlicht heute die Namensliste der 480 gestern in Havre eingeschifften Insurgenten. Es sollten ihrer 560 eingeschifft werden, aber es war in den Forts einige Verwirrung eingerissen und so ergab sich, daß bei der Zählung an der ersten Station nur 480 vorhanden waren. Man band sie zu Dreien und verpackte sie wie Häringe auf der Fregatte Ulloa. Die Reise geht wahrscheinlich nach Madagascar. Außer Thomassin, dem Haupte des Bankets à 25 Centimes, und einigen Andern finden sich wenige bekannte Namen auf der Liste.</p> <p>‒ Unter den Papieren des Generals Duvivier findet sich eine Proklamation, die der Verstorbene als Mitglied des Arbeitsausschusses der Nationalversammlung entwarf, um die Grundsätze dieses Ausschusses vor aller Welt darzulegen. Der Entwurf sah nicht das Leben, weil er wahrscheinlich dem Ausschusse noch zu radikal war. Der „National“ veröffentlicht ihn heute nachträglich nach dem „Atelier.“</p> <p>‒ Die Maurer-, Zimmer-, Anstreicher- und sonstige Bau-Gesellen, die sich jeden Morgen auf den Grêve- und Cairo-Plätzen zu versammeln pflegen, um Arbeit zu suchen, tragen darauf an, daß man auch ihrer „Börse“ ein anständiges Lokal mit Säulengängen u. s. w. erbaue; fragt sich nur, wie der hochlöbliche Gemeinderath den diesfälligen Antrag aufnehmen wird?</p> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 8. August. Präsident Marrast. Die Bänke früh und zahlreich besetzt. Auf den Gesichtern eine gewisse Aufregung. An der Tagesordnung ist bekanntlich die Preßdebatte.</p> <p>Aug. Callet vertheidigt die Kaution. Er sieht keine Präventivmaßregel in Hinterlegung eines Geldpfandes bei Gründung von Zeitungen, sondern eher eine Conservirung der Preßfreiheit in ihr. Er kann nicht begreifen, wie man die Kaution den Tod der Preßfreiheit nennen könne; sie sei es ja gerade, welche der Zeitungspresse den gehörigen Ernst und Einfluß verschaffe. Blätter, die nicht einmal eine Kaution aufbringen könnten, hätten keine Partei für sich und auf keine Zukunft zu hoffen. Sie seien mit jenen fliegenden Drachen zu vergleichen, welche so viel Unglück während ihrer schimpflichen Existenz über das Vaterland verbreitet hätten.</p> <p>Mathieu (Drome) bekämpft den ministeriellen Entwurf als illiberal und dem Geiste des französischen Volkes feindselig. Die Zusammenquetschung des Gedankens, ruft er aus, ist eben so gefährlich, als die Zusammenpressung des Dampfes, ohne ihm Oeffnung zu lassen. Lasset ihr ihm kein Ventil, so wundert Euch nicht, wenn der Kessel eines Tages wieder springt. (Lärm und Heiterkeit.) Zeitungen einer Geldkaution zu unterwerfen, gehöre nach Rußland; die französische National-Versammlung dürfe die Mittel des russischen Kaisers nicht nachahmen. Die freie Presse sei eine nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts. Habe man dieses angenommen, so müsse man sich auch seine Konsequenzen, Recht auf Arbeit (Lärm), Recht auf Existenzgarantie (noch heftigerer Lärm), Recht der freien Meinung, gefallen lassen. Ihr fürchtet die Volksblätter, ruft der Redner der Rechten zu, Ihr fürchtet die kommunistischen Angriffe auf das Eigenthum! Wohlan, das beste Mittel gegen diese Angriffe besteht in der freien Presse, ja wohl, in der entschieden freien Presse, welche jeden Angriff zu Boden wirft, der die öffentliche Kritik nicht auszuhalten im Stande. Die ganz freie Presse ist das beste Präventivmittel gegen die Auswüchse der Tagespresse. Sie bewaffnet Jedermann zum Schutze gegen die frühere Willkühr.</p> <p>Aug. Avond bekämpft ebenfalls die Geldfesseln, die man der Presse anlegen möchte und widerlegt vorzüglich die Behauptung Leon Fauchers, wonach es eine Kleinigkeit wäre für ein Unternehmen, das ohnedies Hunderttausende koste, noch 48,000 Fr. Rente aufzutreiben. Der Theil der Rede, worin er die ökonomische Großthuerei des genannten Faucher schlug, wurde besonders beifällig von der Linken aufgenommen. Ihm zufolge sei die Kautionsforderung lediglich ein Mundschloß gegen die Kommunisten. Dieselbe werde aber ebenso ihre Wirkung verfehlen, als die verfolgungssüchtigen Staatsanwälte unter Louis Philipp.</p> <p>Marie, Justizminister, von allen Seiten seinen Entwurf angegriffen sehend, eilt auf die Bühne, um ihn zu vertheidigen. Er sei ja nur temporair, sagt er, ein Grund, den wir seit drei Tagen schon hundert Mal hören mußten. Auch er liebe die Freiheit, ruft er mit seiner Stimme, aber die Freiheit in der Ordnung. Auch er habe mit Inbrunst die Institutionen gegen die Preßfreiheit niederreißen helfen, womit die Monarchie sich gerüstet, aber er habe die Ueberzeugung gewonnen, daß man nicht mit absolut neuen Grundsätzen regiren könne. (Dieses Geständniß errregt großes Aufsehen.) Sein Entwurf gefährde die Preßfreiheit nicht. Er erhalte nur die Ordnung in der Republik.</p> <p>Laurent (Ardeche) bekämpft die ministeriellen Bedenklichkeiten und schleudert beißende Epigramme gegen die Väter des Entwurfs.</p> <p>Bac interpellirt den Minister: was man mit den Insurgentinnen und den Frauen der Insurgenten anfangen werde?</p> <p>Minister: Sobald die Niederlassung auf Belle-Isle vollendet sei, würden sie ihren Männern nachgeschickt.</p> <p>Nach dieser Interpellation trat die Versammlung in die Tagesordnung zurück. Boursat wollte in Form eines Amendement ein Contre-Projekt einschmuggeln. Dies gelang ihm aber nicht, sein Amendement wurde verworfen.</p> <p>Die Versammlung hörte nun das bekannte Dupratsche Gegenprojekt an, das Marrast vortrug.</p> <p>Dieses Projekt setzt bekanntlich die Unterschrift des Verfassers als Kaution ein. Duprat enwickelt dasselbe.</p> <p>Berville, ein langer dürrer Advokat vom Pariser Appellhofe, fand die Unterschrift des Verfassers bei Weitem weniger werth, als baares Geld, d. h. ein Pfand von 48,000 Fr. Die Journale würden überdies in der Nacht gedruckt und da könne leicht ein böses Artikelchen unter die Entrefilets im Finstern schlüpfen. Für eine Zeit, in welcher das Interrsse und die Moral gähre, sei eine Kaution nöthig.</p> <p>Ledru-Rollin unterstützt den Dupratschen Entwurf. Die Kaution sei eine Präventivmaßregel von der gefährlichsten Sorte, die er jederzeit bekämpft habe. Man sagt: Keine Kaution wollen, heiße die Monarchie wünschen, keine Kaution wollen, heiße der Privatrache Thür und Riegel öffnen. Wohlan, der Constitutionnel und andere Blätter hätten ihn einen Libertie geschimpft (die Jagd in Trianon). Wohlan, ein Staatsmann müsse gegen dergleichen Wespenstiche unempfindlich sein. Ohne die Juni-Revolution hätte die Exekutivgewalt die Kaution längst abgeschafft. Am 22. Juni habe sie durch Bethmont den betreffenden Entwurf bereits vorzulegen beabsichtigt. Seine Rede machte großen Eindruck.</p> <p>Senard suchte denselben zu schwächen. Er dankte dem Vorredner, daß er wenigstens an seiner guten Absicht nicht zweifle. Das Dekret sei ja nur provisorisch und die Versammlung könne ja dasselbe bei der Verfassungsberathung wieder abschaffen. (Häufige Unterbrechung.)</p> <p>Die Versammlung vertagt die Debatte auf morgen. (61/4 Uhr)</p> </div> <div xml:id="ar072b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 7. August.</head> <p>Der politisch-juridische Traktatus über Revolutionen und Insurrektionen von Odilon-Barrot ist das Grundthema, welches der Kammer, dem Lande, dem Journalismus zur Diskussion vorliegt.</p> <p>Für uns bietet dieser Traktatus weder eine politische, noch eine juristische Seite dar; sondern er ist weiter nichts, als der Ausbruch des Aergers eines Mannes, der sich eine große politische Wichtigkeit beimißt, gegen Männer, die auf ihn nicht im Mindesten reflektirten. Odilon-Barrot sieht in der ganzen Kammer nur Odilon-Barrot's; und um die Kammer gegen die ihm feindseligen Männer aufzureizen, stellt er alle folgenden Manifestationen als von dieser Partei hervorgerufen dar, um 1) in den damaligen Elektionen die Odilon-Barrot's von der Kammer fern zu halten und 2) um die schon gewählten Odilon-Barrot's aus der Kammer herauszuwerfen. Die Geschichte der Februar-Revolution zerfällt nach ihm in Abschnitte: 1) 16. März, eine Volksmanifestation; hervorgerufen von Ledru-Rollin & Comp., und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's in der Gestalt der Bärenmützen; 2) 16. April: Komplot, vorbereitet von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's, in der Gestalt von Kandidaten für die Nationalversammlung; 3) 15 Mai-Attentat, mit Vorwissen von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die aus Odilon Barrot's bestehende Nationalversammlung; 4) Bürgerkrieg der honnetten Odilon-Barrot's gegen die malhonnetten Rollin's und Genossen.</p> <p>In der Pathologie unterscheidet man die nächsten Ursachen von den prädisponirenden Ursachen der Krankheit. Geht man näher auf die Ursache der nächsten Ursachen ein, so kommt man auf die prädisponirenden, und fragt man, was ist die Ursache der prädisponirenden, so antwortet man in der katholischen Pathologie, die Erbsünde. Was ist nun aber die Ursache der Erbsünde? Das Leben. Und so wäre am Ende das Leben die Ursache der Krankheiten. In dem Berichte Odilon-Barrot's ist die Revolution die Erbsünde; aber diese Erbsünde erscheint uns beständig personifizirt durch Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiêre. Was in dem Berichte causes générales, crises u. s. w. heißt, das läßt sich in der gewöhnlichen Sprache durch reine Namen übersetzen. Geh'n wir jetzt näher auf die einzelnen Phasen ein. Am 24. Februar hatte das Volk in Gemeinschaft mit der Nationalgarde gesiegt. Oder vielmehr! die Nationalgarde war in so fern an dem Siege des Volkes betheiligt, als sie sich an dem Kampfe nicht betheiligt, sondern ruhig zugesehen hatte. Es handelte sich darum, eine provisorische Regierung zu bilden. Keine Partei wagte sich in der ersten Ueberraschung voran zu stellen. Der Populär wandte sich an die Reforme, die Reforme an den National, der National kam mit einer Liste heran, der neben der Partei der Reforme den dynastischen Odilon Barrot enthielt. Die Reforme hatte Muth genug, diesen letzten Namen zu streichen, und so kam die provisorische Regierung zu Stande. Der National vertrat die Bourgeois-Partei: Lamartine trat als Versöhner in die Mitte. Die Spaltung ließ nicht lange auf sich warten. Bei der neuen Organisation der Nationalgarde, deren Reihen nun allen Franzosen eröffnet wurden, wollten die sogenannten bonnets de poils, die Bärenmützen, Grenadiers und Voltigeurs ihr altes Cadre beibehalten. Im Grund war diese Bourgeois-Manifestation nichts weiter als ein Reaktionsversuch, um die Partei der Reform zu stürzen. Das Volk, wie instinktmäßig getrieben, versammelt sich ohne Waffen auf dem Platz des Rathhauses um durch seine Masse der Bourgeoisie, den Bärenmützen, die Tags vorher an demselben Platze eine Manifestation gemacht hatten, zu imponiren. Die Partei Ledru Rollin's blieb und die Bärenmützen mit Odilon Barrot an der Spitze mußten abziehen. Das war jene Irruption, die Herr Barrot in seinem Berichte so sehr rügt. Indessen fingen die Wahlen an. Die Bourgeoisie wurde kühner in ihren Reaktionsgelüsten und Ledru-Rollin arbeitete ihnen thätig entgegen. Die Scheidung zwischen Bourgeoisie und Volk trat immer schroffer hervor. Die Wahlen hatten allen Anschein, ungünstig auszufallen. Die verschiedenen Klubs und Ateliers-Nationaux vereinigten sich auf dem Champ de Mars in Wahlangelegenheiten. Die Anwesenheit Blanqui's in dieser Versammlung flößte einige Furcht der provisorischen Regierung ein, und sie ließ den Rappell schlagen. Die Nationalgarde kam zusammen, aber die Klubs, die auf dem Marsfelde vereinigt waren, trennten sich friedlich ‒ diese zweite Volksmanifestation, die nicht einmal in der Stadt Statt hatte, wird für Odilon Barrot ein Komplott, das gegen die Gesellschaft gerichtet war, natürlich gegen die Gesellschaft, die sich in Odilon Barrot personifizirt. Die Wahlen haben stattgefunden.</p> <p>Die Bourgeois-Partei hat gesiegt; unter ihr befindet sich der unglückliche Odilon Barrot, dessen Hohlheit von den eigentlichen Bourgeois wie Thiers selbst verlacht wird. Das Volk macht abermals eine Manifestation zu Gunsten Polens, ohne allen feindlichen Plan, ohne alle sonstige Verschwörung. An der Kammer angelangt, drangen die Blanqui'schen Klubs in die Versammlung. Die Kammer war in Gefahr, erdrückt zu werden. Man sammelt sich um Ledru-Rollin; die Deputirten bestürmen ihn die Präsidentschaft anzunehmen. Odilon-Barrot verwandelt das frühere Komplott in ein Attentat, das lange vorher mit Ledru-Rollin's Vorwissen angezettelt war, um die OdilonBarrot's aus der Kammer zu treiben. Nach diesen drei Tentativen muß dann endlich der Bürgerkrieg kommen; die Volksmanifestation, (Manifestation) die sich erst in Komplott und dann in Attentat verwandelt hatte, endet mit der Insurrektion. Sie hatte angefangen mit der Revolution, d. h. mit Rollin, Blanc und Caussidiere, und sie hört auf mit der Insurrektion, d. h. mit Rollin und Blanc, deren Nämen ebenfalls hinter den Barrikaden gehört wurden.</p> <p>Mignet und Thiers sind Geschichtsschreiber und Hausfreunde: Mignet est la doublure de Thiers ist sprichwörtlich geworden, d. h. stellen wir uns Thiers als einen Rock vor, so liefert Mignet das Futter dazu. Thiers hat die französische Revolution „vom historischen“ Standpunkte, Mignet vom „philosophischen“ geschrieben. Beide tragen weiße Hüte. Mit dem Attentate verhält es sich nun folgendermaßen. Thiers war in der Kammer, Mignet im Garten des Hrn. Thiers, und an seinem Hause saß ein junges Mädchen von 9 Jahren. Schon lange Zeit vorher hatte die Polizei dem Hrn. Thiers den Rath gegeben, sich seinen weißen Hut abzuschaffen, der ihn allzukenntlich mache. Aber dieser weiße Hut war sein Heil. Man nahm Hrn. Mignet für Hrn. Thiers, und schoß auf ihn mit einer Windbüchse. Das Kleid des Mädchens ist allein getroffen worden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar072b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 8. Aug.</head> <p>In der gestrigen Morgensitzung des Unterhauses kam nichts vor, das Erwähnung verdiente. In der Abendsitzung kam die von den Lords amendirte „öffentliche Gesundheits-Bill“ herunter und da das Haus sich nicht mit allen von den Lords vorgeschlagenen Anordnungen einverstanden erklärte, wird man sich in einer gemischten Kommission zu verständigen suchen. Ehe sich hierauf das Unterhaus zum Subsidien Comité bildete, erneuerte Hr. Ewart seine jährliche Motion auf Ersetzung der indirekten durch direkte Besteuerung und mindestens Herabsetzung der Zölle und Steuern auf Gegenstände des allgemeinen Verbrauchs. Die Motion wurde jedoch nach einer ziemlich langen Diskussion zurückgezogen, weil die diesjährige Session schon zu weit vorgerückt und auch überdies an ein Durchsetzen derselben nicht zu denken. Damit war es auch für die Subsidien-Comité-Sitzung zu spät geworden und nachdem die Tagesordnung erledigt, vertagte sich das Haus.</p> </div> <div xml:id="ar072b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 7. Aug.</head> <p>Aus dem Süden wenig Neues. M'Donald hatte Befehl erhalten, sich mit seinen Truppen nach Limerick und von da nach der Grafschaft Clare zu begeben, weil dort ein Aufstand befürchtet wurde. Andere sagen, M'Donald gehe nach Abbey Feale, wo der jüngere O'Gorman an der Spitze einer ziemlich starken Insurgentenschaar stehen soll. Lord Hardinge ist heute früh mit seinem Generalstab nach Kilkenny aufgebrochen und wird den Oberbefehl über die Division im Süden übernehmen, während M. Donald nach wie vor an der Spitze mobiler Kolonnen bleiben wird. Unter den vielen neuerdings in Dublin Verhafteten befinden sich auch 2 repealgesinnte Amerikaner. Von dem Aufenthalt Meagher's, Dillon's und Doheny's weiß man noch immer nichts, hofft aber, daß sie wenigstens in so kläglicher und andererseits lächerlicher Weise werden ergriffen werden, wie S. O'Brien. Die Stimmung des irischen Volkes kann sich Jeder leicht denken; sie verbirgt sich auch nicht, sondern manifestirt sich unverholen. So z. B. liefern die Victualienhändler in Thurles den Truppen selbst gegen Geld und gute Worte nicht das Mindeste. Einem Lieferanten wurde das Haus fast gänzlich demolirt; seitdem beziehen die Soldaten ihren Mundvorrath theils aus Limerick, theils aus Dublin. S. O'Brien ist natürlich im strengsten Gewahrsam und Niemand wird zu ihm gelassen.</p> </div> <div xml:id="ar072b_006" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Die Times sagt in einem leitenden Artikel über O'Brien's Verhaftung: „Wir haben also den Hasen gefangen, aber jetzt beginnt unsere Verlegenheit: was sollen wir mit ihm anfangen? Er ist ein Rebell und Hochverräther; ja, er ist ein Mörder; denn er gab den Befehl zum Angriff auf die 50 Mann, die im Hause der Witwe Cormack belagert wurden. Nach dem Gesetz und dem allgemeinen Begriffe des Verbrechens ist er der wirklichen Rebellion schuldig. Er verdient demnach den Tod . . . . Wenn Richter und Geschworne ihre Pflicht thun, so wird er wenigstens das Todesurtheil aussprechen hören, das im Fall sein Unternehmen Erfolg gehabt, über Tausende verhängt worden wäre. Sollte indeß Ihre Majestät den Rath erhalten zur Begnadigung, so wird das Volk <hi rendition="#g">dieses</hi> Landes zweifelsohne bei einem solchen hochherzigen Akt sich gern beruhigen. Denn S. O'Brien erregt mehr eine Art verachtenden Mitleids als Unwillen Es ist unmöglich, über das Ernst-Komische seiner Abenteurer nicht zu lächeln. Aber einen Mann auszulachen und ihn auch zu hängen hieße, ihm auf zwei Arten das Leben nehmen . . . . . .“</p> </div> <note type="editorial"> <p>Verhandlungen des Gemeinderaths zu Köln.</p> <p>Außerordentliche Sitzung vom 9. August, Mittags 12 Uhr.</p> <p>Der Gemeinderath erledigte ein Niederlassungsgesuch und ernannte eine Kommission von sechs Mitgliedern, um den Entwurf der neuen Gemeindeordnung zu prüfen und darüber zu berichten.</p> </note> </div> </body> </text> </TEI> [0367/0001]
Beilage zu Nr. 72 der Neuen Rh. Zeitg. Freitag 11. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der dänische Waffenstillstand u. Hansemann). Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Details über die Tribünenschlacht. vom 7. August). Berlin. (Brutalitäten. Kaiser. Maueranschlag Rimplers. Die nachträgliche Bürgerwehrhuldigung. Rückkehr des Prinzen von Preußen aus Pommern. Die Lokomotive. Plakat Malmenes. ‒ Vereinbarungs-Debatten. ‒ Adresse der Berliner Bürgerwehr an die Schweidnitzer). Schwerin. (Tumultscenen). Nordhausen (Unruhen). Aus Baiern. (Preußen will eine fürstliche Vereinbarungs-Versammlung mit dem Reichsverweser gründen). Wien. (Reichstagssitzung. Die ungarische National-Versammlung spricht einstimmig die Allianz mit Deutschland aus. Feier des 6. August durch die akademische Legion. Die Rückkehr des Kaisers. ‒ Huldigung. Bevorstehende Preßprozesse. Rothschilds Kamarilla. Die demokratische Presse über Radetzky und Windischgrätz. Szela. ‒ Karl Albert nach Pavia). Innsbruck. (Antwort des Kaisers an die Reichstags-Deputation).
Ungarn. Pesth. (Verhandlungen der Repräsentanten-Kammer).
Italien. (Verschiedene Nachrichten über Karl Albert. Radetzky gegen englisch-französische Vermittlung. Sommariva nach dem südlichen Po-Ufer. Belagerungszustand von Mailand). Bern. (Kapitulation Mailands). Florenz. (Ministerkrise. Mobilmachung der Bürgergarde).
Französische Republik. Paris. (Aufhebung der Suspension der Journale. Drohbrief an Bouchard. ‒ Adresse der demokratischen Klubs von Bordeaux an die Juni-Insurgenten. ‒ Der Bericht Bouchard. Das Attentat Thiers. ‒ Die englisch-französische Vermittelung in Italien. ‒ Die gefangnen Insurgenten. Die Presse. ‒ National-Versammlung. ‒ Die deportirten Insurgenten. ‒ Vermischtes).
Dänemark. Kopenhagen. (Geschichte des Waffenstillstandes. ‒ Blokade).
Großbritannien. London. (Unterhaussitzung. Die Times über S. O'Brien). Dublin. (M'Donald und Lord Hardinge. Die Stimmung im Süden).
[Französische Republik] [Fortsetzung]
‒ Dem Abgeordneten Quentin Bouchart ist gestern Abend folgender Drohbrief zugestellt worden:
„Dein Bericht (über die Mai- und Juni-Ereignisse) ist nichts, als ein Gewebe von Infamieen. Das Einzige, was mich tröstet, besteht darin, daß er, wie ich hoffe dein (Todes) Urtheil von 1794 sein wird. Auf bald! (gez.) Wil. Lecointre. Dieser Drohzettel und das angebliche Attentat gegen Thiers auf dem Platze St. Georges bieten den reaktionären Blättern wichtigen Stoff zu Ausfällen gegen die Volkswuth. Seit gestern sehen sie an allen Fenstern und Straßenecken Blousenmänner mit versteckten Höllenmaschinen à la Fieschi und Cadoudalschen Windbüchsen und Dolchen u. s. w.
‒ 500 Insurgenten sind gestern nach Havre in sogenannten Zellenwagen mit der Eisenbahn transportirt worden. Diese 500 sind also von den im Dunkeln sitzenden Kriegsgerichten zur Deportation ohne Konfrontation, ohne Zeugenverhör auf bloße Denunciationen hin verurtheilt worden. Es war ihnen nicht einmal vergönnt Abschied von ihren Familien zu nehmen.
Paris, 8. Aug. Der sardinische Gesandte, Marquis Brignoli-Sali und der Marquis A. Ricci pflegen häufige Unterredung mit Cavaignac, um sich über die bewaffnete Mediation zu verständigen, deren Grundzüge zwischen England und Frankreich bereits festgestellt worden. Welcher Art diese Grundzüge sind, verschweigen noch die Debats.
‒ In einem anderen Kabinetsrathe wurde gestern folgender Personenwechsel besprochen. Marie, Justizminister, früher Staatsbautenminister u. s. w. würde an Seguier's Stelle treten; Senard, Minister des Innern, würde Justizminister werden und Marrast, Präsident der Nationalversammlung, statt Senard das Portefeuille des Innern erhalten.
‒ Es wird stark von einer abermaligen Anleihe von 500,000,000 Franken gesprochen. Doch zeigt sich der National entrüstet, wie man nur solchem Börsengerede den geringsten Glauben schenken könne. Wir können indeß versichern, daß bei Rothschild wirklich deßwegen angefragt wurde.
‒ Der Moniteur zeigt an, daß 1) der dänische Gesandte, Graf Moltke, 2) der toskanische Gesandte, Ritter Peruzzi, 3) der holländische Gesandte, Baron Fagel die Ehre hatten, durch den Minister Bastide dem General Cavaignac vorgestellt zu werden.
‒ Die „Gazette des Tribunaux“ veröffentlicht heute die Namensliste der 480 gestern in Havre eingeschifften Insurgenten. Es sollten ihrer 560 eingeschifft werden, aber es war in den Forts einige Verwirrung eingerissen und so ergab sich, daß bei der Zählung an der ersten Station nur 480 vorhanden waren. Man band sie zu Dreien und verpackte sie wie Häringe auf der Fregatte Ulloa. Die Reise geht wahrscheinlich nach Madagascar. Außer Thomassin, dem Haupte des Bankets à 25 Centimes, und einigen Andern finden sich wenige bekannte Namen auf der Liste.
‒ Unter den Papieren des Generals Duvivier findet sich eine Proklamation, die der Verstorbene als Mitglied des Arbeitsausschusses der Nationalversammlung entwarf, um die Grundsätze dieses Ausschusses vor aller Welt darzulegen. Der Entwurf sah nicht das Leben, weil er wahrscheinlich dem Ausschusse noch zu radikal war. Der „National“ veröffentlicht ihn heute nachträglich nach dem „Atelier.“
‒ Die Maurer-, Zimmer-, Anstreicher- und sonstige Bau-Gesellen, die sich jeden Morgen auf den Grêve- und Cairo-Plätzen zu versammeln pflegen, um Arbeit zu suchen, tragen darauf an, daß man auch ihrer „Börse“ ein anständiges Lokal mit Säulengängen u. s. w. erbaue; fragt sich nur, wie der hochlöbliche Gemeinderath den diesfälligen Antrag aufnehmen wird?
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 8. August. Präsident Marrast. Die Bänke früh und zahlreich besetzt. Auf den Gesichtern eine gewisse Aufregung. An der Tagesordnung ist bekanntlich die Preßdebatte.
Aug. Callet vertheidigt die Kaution. Er sieht keine Präventivmaßregel in Hinterlegung eines Geldpfandes bei Gründung von Zeitungen, sondern eher eine Conservirung der Preßfreiheit in ihr. Er kann nicht begreifen, wie man die Kaution den Tod der Preßfreiheit nennen könne; sie sei es ja gerade, welche der Zeitungspresse den gehörigen Ernst und Einfluß verschaffe. Blätter, die nicht einmal eine Kaution aufbringen könnten, hätten keine Partei für sich und auf keine Zukunft zu hoffen. Sie seien mit jenen fliegenden Drachen zu vergleichen, welche so viel Unglück während ihrer schimpflichen Existenz über das Vaterland verbreitet hätten.
Mathieu (Drome) bekämpft den ministeriellen Entwurf als illiberal und dem Geiste des französischen Volkes feindselig. Die Zusammenquetschung des Gedankens, ruft er aus, ist eben so gefährlich, als die Zusammenpressung des Dampfes, ohne ihm Oeffnung zu lassen. Lasset ihr ihm kein Ventil, so wundert Euch nicht, wenn der Kessel eines Tages wieder springt. (Lärm und Heiterkeit.) Zeitungen einer Geldkaution zu unterwerfen, gehöre nach Rußland; die französische National-Versammlung dürfe die Mittel des russischen Kaisers nicht nachahmen. Die freie Presse sei eine nothwendige Folge des allgemeinen Stimmrechts. Habe man dieses angenommen, so müsse man sich auch seine Konsequenzen, Recht auf Arbeit (Lärm), Recht auf Existenzgarantie (noch heftigerer Lärm), Recht der freien Meinung, gefallen lassen. Ihr fürchtet die Volksblätter, ruft der Redner der Rechten zu, Ihr fürchtet die kommunistischen Angriffe auf das Eigenthum! Wohlan, das beste Mittel gegen diese Angriffe besteht in der freien Presse, ja wohl, in der entschieden freien Presse, welche jeden Angriff zu Boden wirft, der die öffentliche Kritik nicht auszuhalten im Stande. Die ganz freie Presse ist das beste Präventivmittel gegen die Auswüchse der Tagespresse. Sie bewaffnet Jedermann zum Schutze gegen die frühere Willkühr.
Aug. Avond bekämpft ebenfalls die Geldfesseln, die man der Presse anlegen möchte und widerlegt vorzüglich die Behauptung Leon Fauchers, wonach es eine Kleinigkeit wäre für ein Unternehmen, das ohnedies Hunderttausende koste, noch 48,000 Fr. Rente aufzutreiben. Der Theil der Rede, worin er die ökonomische Großthuerei des genannten Faucher schlug, wurde besonders beifällig von der Linken aufgenommen. Ihm zufolge sei die Kautionsforderung lediglich ein Mundschloß gegen die Kommunisten. Dieselbe werde aber ebenso ihre Wirkung verfehlen, als die verfolgungssüchtigen Staatsanwälte unter Louis Philipp.
Marie, Justizminister, von allen Seiten seinen Entwurf angegriffen sehend, eilt auf die Bühne, um ihn zu vertheidigen. Er sei ja nur temporair, sagt er, ein Grund, den wir seit drei Tagen schon hundert Mal hören mußten. Auch er liebe die Freiheit, ruft er mit seiner Stimme, aber die Freiheit in der Ordnung. Auch er habe mit Inbrunst die Institutionen gegen die Preßfreiheit niederreißen helfen, womit die Monarchie sich gerüstet, aber er habe die Ueberzeugung gewonnen, daß man nicht mit absolut neuen Grundsätzen regiren könne. (Dieses Geständniß errregt großes Aufsehen.) Sein Entwurf gefährde die Preßfreiheit nicht. Er erhalte nur die Ordnung in der Republik.
Laurent (Ardeche) bekämpft die ministeriellen Bedenklichkeiten und schleudert beißende Epigramme gegen die Väter des Entwurfs.
Bac interpellirt den Minister: was man mit den Insurgentinnen und den Frauen der Insurgenten anfangen werde?
Minister: Sobald die Niederlassung auf Belle-Isle vollendet sei, würden sie ihren Männern nachgeschickt.
Nach dieser Interpellation trat die Versammlung in die Tagesordnung zurück. Boursat wollte in Form eines Amendement ein Contre-Projekt einschmuggeln. Dies gelang ihm aber nicht, sein Amendement wurde verworfen.
Die Versammlung hörte nun das bekannte Dupratsche Gegenprojekt an, das Marrast vortrug.
Dieses Projekt setzt bekanntlich die Unterschrift des Verfassers als Kaution ein. Duprat enwickelt dasselbe.
Berville, ein langer dürrer Advokat vom Pariser Appellhofe, fand die Unterschrift des Verfassers bei Weitem weniger werth, als baares Geld, d. h. ein Pfand von 48,000 Fr. Die Journale würden überdies in der Nacht gedruckt und da könne leicht ein böses Artikelchen unter die Entrefilets im Finstern schlüpfen. Für eine Zeit, in welcher das Interrsse und die Moral gähre, sei eine Kaution nöthig.
Ledru-Rollin unterstützt den Dupratschen Entwurf. Die Kaution sei eine Präventivmaßregel von der gefährlichsten Sorte, die er jederzeit bekämpft habe. Man sagt: Keine Kaution wollen, heiße die Monarchie wünschen, keine Kaution wollen, heiße der Privatrache Thür und Riegel öffnen. Wohlan, der Constitutionnel und andere Blätter hätten ihn einen Libertie geschimpft (die Jagd in Trianon). Wohlan, ein Staatsmann müsse gegen dergleichen Wespenstiche unempfindlich sein. Ohne die Juni-Revolution hätte die Exekutivgewalt die Kaution längst abgeschafft. Am 22. Juni habe sie durch Bethmont den betreffenden Entwurf bereits vorzulegen beabsichtigt. Seine Rede machte großen Eindruck.
Senard suchte denselben zu schwächen. Er dankte dem Vorredner, daß er wenigstens an seiner guten Absicht nicht zweifle. Das Dekret sei ja nur provisorisch und die Versammlung könne ja dasselbe bei der Verfassungsberathung wieder abschaffen. (Häufige Unterbrechung.)
Die Versammlung vertagt die Debatte auf morgen. (61/4 Uhr)
12 Paris, 7. August. Der politisch-juridische Traktatus über Revolutionen und Insurrektionen von Odilon-Barrot ist das Grundthema, welches der Kammer, dem Lande, dem Journalismus zur Diskussion vorliegt.
Für uns bietet dieser Traktatus weder eine politische, noch eine juristische Seite dar; sondern er ist weiter nichts, als der Ausbruch des Aergers eines Mannes, der sich eine große politische Wichtigkeit beimißt, gegen Männer, die auf ihn nicht im Mindesten reflektirten. Odilon-Barrot sieht in der ganzen Kammer nur Odilon-Barrot's; und um die Kammer gegen die ihm feindseligen Männer aufzureizen, stellt er alle folgenden Manifestationen als von dieser Partei hervorgerufen dar, um 1) in den damaligen Elektionen die Odilon-Barrot's von der Kammer fern zu halten und 2) um die schon gewählten Odilon-Barrot's aus der Kammer herauszuwerfen. Die Geschichte der Februar-Revolution zerfällt nach ihm in Abschnitte: 1) 16. März, eine Volksmanifestation; hervorgerufen von Ledru-Rollin & Comp., und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's in der Gestalt der Bärenmützen; 2) 16. April: Komplot, vorbereitet von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die Odilon-Barrot's, in der Gestalt von Kandidaten für die Nationalversammlung; 3) 15 Mai-Attentat, mit Vorwissen von Ledru-Rollin und Genossen, und gerichtet gegen die aus Odilon Barrot's bestehende Nationalversammlung; 4) Bürgerkrieg der honnetten Odilon-Barrot's gegen die malhonnetten Rollin's und Genossen.
In der Pathologie unterscheidet man die nächsten Ursachen von den prädisponirenden Ursachen der Krankheit. Geht man näher auf die Ursache der nächsten Ursachen ein, so kommt man auf die prädisponirenden, und fragt man, was ist die Ursache der prädisponirenden, so antwortet man in der katholischen Pathologie, die Erbsünde. Was ist nun aber die Ursache der Erbsünde? Das Leben. Und so wäre am Ende das Leben die Ursache der Krankheiten. In dem Berichte Odilon-Barrot's ist die Revolution die Erbsünde; aber diese Erbsünde erscheint uns beständig personifizirt durch Ledru-Rollin, Louis Blanc und Caussidiêre. Was in dem Berichte causes générales, crises u. s. w. heißt, das läßt sich in der gewöhnlichen Sprache durch reine Namen übersetzen. Geh'n wir jetzt näher auf die einzelnen Phasen ein. Am 24. Februar hatte das Volk in Gemeinschaft mit der Nationalgarde gesiegt. Oder vielmehr! die Nationalgarde war in so fern an dem Siege des Volkes betheiligt, als sie sich an dem Kampfe nicht betheiligt, sondern ruhig zugesehen hatte. Es handelte sich darum, eine provisorische Regierung zu bilden. Keine Partei wagte sich in der ersten Ueberraschung voran zu stellen. Der Populär wandte sich an die Reforme, die Reforme an den National, der National kam mit einer Liste heran, der neben der Partei der Reforme den dynastischen Odilon Barrot enthielt. Die Reforme hatte Muth genug, diesen letzten Namen zu streichen, und so kam die provisorische Regierung zu Stande. Der National vertrat die Bourgeois-Partei: Lamartine trat als Versöhner in die Mitte. Die Spaltung ließ nicht lange auf sich warten. Bei der neuen Organisation der Nationalgarde, deren Reihen nun allen Franzosen eröffnet wurden, wollten die sogenannten bonnets de poils, die Bärenmützen, Grenadiers und Voltigeurs ihr altes Cadre beibehalten. Im Grund war diese Bourgeois-Manifestation nichts weiter als ein Reaktionsversuch, um die Partei der Reform zu stürzen. Das Volk, wie instinktmäßig getrieben, versammelt sich ohne Waffen auf dem Platz des Rathhauses um durch seine Masse der Bourgeoisie, den Bärenmützen, die Tags vorher an demselben Platze eine Manifestation gemacht hatten, zu imponiren. Die Partei Ledru Rollin's blieb und die Bärenmützen mit Odilon Barrot an der Spitze mußten abziehen. Das war jene Irruption, die Herr Barrot in seinem Berichte so sehr rügt. Indessen fingen die Wahlen an. Die Bourgeoisie wurde kühner in ihren Reaktionsgelüsten und Ledru-Rollin arbeitete ihnen thätig entgegen. Die Scheidung zwischen Bourgeoisie und Volk trat immer schroffer hervor. Die Wahlen hatten allen Anschein, ungünstig auszufallen. Die verschiedenen Klubs und Ateliers-Nationaux vereinigten sich auf dem Champ de Mars in Wahlangelegenheiten. Die Anwesenheit Blanqui's in dieser Versammlung flößte einige Furcht der provisorischen Regierung ein, und sie ließ den Rappell schlagen. Die Nationalgarde kam zusammen, aber die Klubs, die auf dem Marsfelde vereinigt waren, trennten sich friedlich ‒ diese zweite Volksmanifestation, die nicht einmal in der Stadt Statt hatte, wird für Odilon Barrot ein Komplott, das gegen die Gesellschaft gerichtet war, natürlich gegen die Gesellschaft, die sich in Odilon Barrot personifizirt. Die Wahlen haben stattgefunden.
Die Bourgeois-Partei hat gesiegt; unter ihr befindet sich der unglückliche Odilon Barrot, dessen Hohlheit von den eigentlichen Bourgeois wie Thiers selbst verlacht wird. Das Volk macht abermals eine Manifestation zu Gunsten Polens, ohne allen feindlichen Plan, ohne alle sonstige Verschwörung. An der Kammer angelangt, drangen die Blanqui'schen Klubs in die Versammlung. Die Kammer war in Gefahr, erdrückt zu werden. Man sammelt sich um Ledru-Rollin; die Deputirten bestürmen ihn die Präsidentschaft anzunehmen. Odilon-Barrot verwandelt das frühere Komplott in ein Attentat, das lange vorher mit Ledru-Rollin's Vorwissen angezettelt war, um die OdilonBarrot's aus der Kammer zu treiben. Nach diesen drei Tentativen muß dann endlich der Bürgerkrieg kommen; die Volksmanifestation, (Manifestation) die sich erst in Komplott und dann in Attentat verwandelt hatte, endet mit der Insurrektion. Sie hatte angefangen mit der Revolution, d. h. mit Rollin, Blanc und Caussidiere, und sie hört auf mit der Insurrektion, d. h. mit Rollin und Blanc, deren Nämen ebenfalls hinter den Barrikaden gehört wurden.
Mignet und Thiers sind Geschichtsschreiber und Hausfreunde: Mignet est la doublure de Thiers ist sprichwörtlich geworden, d. h. stellen wir uns Thiers als einen Rock vor, so liefert Mignet das Futter dazu. Thiers hat die französische Revolution „vom historischen“ Standpunkte, Mignet vom „philosophischen“ geschrieben. Beide tragen weiße Hüte. Mit dem Attentate verhält es sich nun folgendermaßen. Thiers war in der Kammer, Mignet im Garten des Hrn. Thiers, und an seinem Hause saß ein junges Mädchen von 9 Jahren. Schon lange Zeit vorher hatte die Polizei dem Hrn. Thiers den Rath gegeben, sich seinen weißen Hut abzuschaffen, der ihn allzukenntlich mache. Aber dieser weiße Hut war sein Heil. Man nahm Hrn. Mignet für Hrn. Thiers, und schoß auf ihn mit einer Windbüchse. Das Kleid des Mädchens ist allein getroffen worden.
Großbritannien. * London, 8. Aug. In der gestrigen Morgensitzung des Unterhauses kam nichts vor, das Erwähnung verdiente. In der Abendsitzung kam die von den Lords amendirte „öffentliche Gesundheits-Bill“ herunter und da das Haus sich nicht mit allen von den Lords vorgeschlagenen Anordnungen einverstanden erklärte, wird man sich in einer gemischten Kommission zu verständigen suchen. Ehe sich hierauf das Unterhaus zum Subsidien Comité bildete, erneuerte Hr. Ewart seine jährliche Motion auf Ersetzung der indirekten durch direkte Besteuerung und mindestens Herabsetzung der Zölle und Steuern auf Gegenstände des allgemeinen Verbrauchs. Die Motion wurde jedoch nach einer ziemlich langen Diskussion zurückgezogen, weil die diesjährige Session schon zu weit vorgerückt und auch überdies an ein Durchsetzen derselben nicht zu denken. Damit war es auch für die Subsidien-Comité-Sitzung zu spät geworden und nachdem die Tagesordnung erledigt, vertagte sich das Haus.
* Dublin, 7. Aug. Aus dem Süden wenig Neues. M'Donald hatte Befehl erhalten, sich mit seinen Truppen nach Limerick und von da nach der Grafschaft Clare zu begeben, weil dort ein Aufstand befürchtet wurde. Andere sagen, M'Donald gehe nach Abbey Feale, wo der jüngere O'Gorman an der Spitze einer ziemlich starken Insurgentenschaar stehen soll. Lord Hardinge ist heute früh mit seinem Generalstab nach Kilkenny aufgebrochen und wird den Oberbefehl über die Division im Süden übernehmen, während M. Donald nach wie vor an der Spitze mobiler Kolonnen bleiben wird. Unter den vielen neuerdings in Dublin Verhafteten befinden sich auch 2 repealgesinnte Amerikaner. Von dem Aufenthalt Meagher's, Dillon's und Doheny's weiß man noch immer nichts, hofft aber, daß sie wenigstens in so kläglicher und andererseits lächerlicher Weise werden ergriffen werden, wie S. O'Brien. Die Stimmung des irischen Volkes kann sich Jeder leicht denken; sie verbirgt sich auch nicht, sondern manifestirt sich unverholen. So z. B. liefern die Victualienhändler in Thurles den Truppen selbst gegen Geld und gute Worte nicht das Mindeste. Einem Lieferanten wurde das Haus fast gänzlich demolirt; seitdem beziehen die Soldaten ihren Mundvorrath theils aus Limerick, theils aus Dublin. S. O'Brien ist natürlich im strengsten Gewahrsam und Niemand wird zu ihm gelassen.
* Die Times sagt in einem leitenden Artikel über O'Brien's Verhaftung: „Wir haben also den Hasen gefangen, aber jetzt beginnt unsere Verlegenheit: was sollen wir mit ihm anfangen? Er ist ein Rebell und Hochverräther; ja, er ist ein Mörder; denn er gab den Befehl zum Angriff auf die 50 Mann, die im Hause der Witwe Cormack belagert wurden. Nach dem Gesetz und dem allgemeinen Begriffe des Verbrechens ist er der wirklichen Rebellion schuldig. Er verdient demnach den Tod . . . . Wenn Richter und Geschworne ihre Pflicht thun, so wird er wenigstens das Todesurtheil aussprechen hören, das im Fall sein Unternehmen Erfolg gehabt, über Tausende verhängt worden wäre. Sollte indeß Ihre Majestät den Rath erhalten zur Begnadigung, so wird das Volk dieses Landes zweifelsohne bei einem solchen hochherzigen Akt sich gern beruhigen. Denn S. O'Brien erregt mehr eine Art verachtenden Mitleids als Unwillen Es ist unmöglich, über das Ernst-Komische seiner Abenteurer nicht zu lächeln. Aber einen Mann auszulachen und ihn auch zu hängen hieße, ihm auf zwei Arten das Leben nehmen . . . . . .“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |