Neue Rheinische Zeitung. Nr. 86. Köln, 26. August 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 86 Köln, Samstag, 26. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Polendebatte in Frankfurt). Berlin. (Die Klassensteuer-Exemtionen. -- Bornemanns Wahl kassirt. -- Volksversammlung. -- Der Gesetzentwurf über Zusammenläufe. -- Vermischtes. -- Ministerielle Polizeigelüste. -- Rüstungen in Polen. -- Rüstungen in Berlin). Erfurt. (Brauchitsch). München. (Unruhen). Kassel. (Reaktion und Demokratie). Wien. (Jellachich über die Drau). Triest (Der Waffenstillstand. -- Die sard. Flotte). Schweiz. Basel. (Lombardische Flüchtlinge an der franz. Gränze zurückgewiesen). Italien. Turin. (Rechtfertigung des letzten Ministeriums). Genua. (Bai[?]le-Comitee Erklärungen). Venedig (Angriff auf Fort Malghera. Die neue Regierung). Neapel. (Abdankungsgelüste der Minister). Französische Republik. Paris. (Juni-Nachträge. -- Die Silhouette über Proudhon. -- Die Juni-Untersuchung. -- Vermischtes. -- Nationalversammlung). Belgien. Antwerpen. (Risquons-Tout). Großbritannien. London. (Parlament). Dublin. (Der Hochverrathsprozeß. -- Dillon entkommen. -- Wuth und Noth im Süden.) Brasilien. Rio de Janeiro. (Blokade der Banda Oriental. -- Finanzmaßregeln in Montevideo). Nachtrag. Frankfurt. (Nationalversammlung). Deutschland. ** Köln, 25. August. Die Polendebatte in Frankfurt. (Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 15 Berlin, 23. August. Die in Posen erscheinende Gazeta Polska theilt das Schicksal aller oder doch der meisten demokratischen Zeitungen; trotz aller Anstrengungen des Herausgebers (Buchhändler Stefanski) und der Polen steht sie auf sehr schwachen Füßen, so daß die an dem Unternehmen Betheiligten, worunter auch mehrere hiesige polnische Deputirte nur durch große persönliche Opfer sie noch aufrecht erhalten können. Im Uebrigen wird die Redaktion von Cegielski sehr geschickt geführt; die leitenden Artikel sind voll Geist und Sachkenntniß; nicht minder zeigen die Deutschland behandelnden Artikel, daß die Redaktion unsere Verhältnisse sehr richtig beurtheilt. Von Zeit zu Zeit bringt die Gazeta Polska Nachrichten aus Russisch-Polen, die aus guter Quelle herzurühren scheinen. Nachfolgende Mittheilungen, die ich daraus übersetze, werden für Ihre Leser nicht ohne Interesse sein. "Warschau nimmt immer mehr eine kriegerische Gestalt an, die Truppen sammeln sich hier an; jetzt steht die Ankunft einer aus 6 Regimentern Infanterie bestehenden Division Gensd'armerie bevor, ebenso sollen eine Abtheilung von 8000 Mann donischer Kosaken hier einrücken, worunter sich das Kosaken-Leibregiment befinden soll -- gewöhnlich ein Zeichen der nahen Ankunft des Kaisers, welcher zur Einweihung der zum Gedächtniß der Schlachten von Grochow und Wola im Jahre 1831 daselbst neu aufgerichteten Denkmäler in Polen ankommen und längere Zeit hier verweilen wird. -- Zum Winter sollen im Königreich 4 Korps in der Art stationirt sein, daß das eine Korps an der westpreußischen Gränze von Luthanen bis Thorn, das zweite an der Gränze des Großherzogthums Posen von Thorn bis Czenstochau, das dritte an der Schlesischen Gränze gegen Krakau und Gallizien, das vierte bei Warschau und im Innern Polens aufgestellt sein wird; jedes von diesen Korps soll 70,000 Mann zählen. -- In Warschau befinden sich gegenwärtig einschließlich der Citadelle 500 Geschütze, im ganzen Königreich mit allen Festungen 1200 Geschütze. Die Warschauer Citadelle, ebenso wie die übrigen Festungen des Landes sind auf lange Zeit mit Lebensmitteln versehen: sammtlicher Vorrath des Heeres wird von Bialystok und von Brzesc Litowski herbeigeführt, und die Fuhren sind so eingerichtet, daß jeder Transport in 48 Stunden von Brzesc in Warschau anlangt. Den Offizieren ist es streng befohlen, milde mit den Soldaten umzugehen, geprügelt darf Niemand werden, es sei denn auf Urteil und Erkenntniß. Jedes Regiment, welches in Polen ankommt, erhält halbjährlichen Sold als Gratifikation. (Bekanntlich beläuft sich der Sold eines russischen Soldaten im Ganzen Jahr auf wenige, höchstens 4 Thaler.) -- Die Warschauer Citadelle ist von allen politischen Gefangenen geräumt; diejenigen, welche im Jahre 1846 verurtheilt wurden, sind theils als gemeine Soldaten in die Regimenter gesteckt, theils nach Sibirien geschickt, einige aber frei gelassen worden. Die in Gallizien Ergriffenen und Ausgelieferten sind sämmtlich zum kaukasischen Heere geschickt. -- Den Theilnehmern an den früheren polnischen Aufständen, welche, kraft des Ukases vom 13. April begnadigt, von Sibirien zurückkehren sollten, wird es gewiß schwer werden, das sogenannte Polen wieder zu erblicken; denn es sind ihnen die Gouvernements- und Kreisstädte in den Gouvernements Wolhynien und Podolien mit bestimmter Pension zum Aufenthalt angewiesen worden, welche vom Ministerium der Landesgüter gezahlt werden soll. -- Die so lang erwartete Cholera hat sich auch in Warschau endlich gezeigt; in jedem Stadttheil sind Lazarethe eingerichtet, die Aerzte zeigen eine große Thätigkeit, so daß bis jetzt nur einige Personen gestorben sind; im Gouvernement Lublin jedoch, besonders in den Städten Krasnymstana und Lubartow soll sie mit großer Stärke aufgetreten sein." Gestern Abend war sämmtliche Bürgerwehr aufgeboten; zahlreiche Pikels durchzogen die Stadt und zerstreuten jede, auch die kleinste Gruppe, welche in den Straßen versammelt war. Auch die fliegenden Korps, das der Studenten unter gewissen Bedingungen, haben ihre Beihülfe "zur Herstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung" zugesagt. Auch das Militär ist in den Kasernen konsignirt; jeder Soldat ist mit 60 scharfen Patronen versehen; gestern Abend hatte das Militär bereits die Waffen umgehängt, als noch zur rechten Zeit ein Regen fiel, welcher die Kampflust allseitig fühlte. 103 Berlin, 23. Aug. Heute Morgen wurde folgender Entwurf eines Gesetzes über unerlaubte Volksversammlungen und Zusammenläufe an die Herren Vereinbarer vertheilt: §. 1. Volksversammlungen unter freiem Himmel dürfen nur nach einer bei der Ortspolizei 24 Stunden vorher zu machenden Anzeige, welche Namen und Wohnort der Anordner, so wie Zeit und Ort der Verhandlung enthalten muß, stattfinden. §. 2. Zu Volksversammlungen und öffentlichen Aufzügen auf öffentlichen Plätzen und Straßen bedarf es der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde. § 3. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, eine Volksversammlung oder einen Aufzug wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verbieten, zu verhindern und aufzulösen. § 4. Wer in einer nicht rechtzeitig angezeigten, oder nicht erlaubten Volksversammlung als Redner oder Ordner thätig ist, oder wer in Fällen, in welchem es der Genehmigung zu der Volksversammlung, oder dem Aufzuge bedarf, vor Ertheilung derselben hierzu auffordert, oder Aufforderungen verbreitet, wird mit Gefängniß von einem bis zu sechs Monaten bestraft. Wer der Aufforderung des zuständigen Beamten, "eine nicht erlaubte Versammlung oder einen nicht erlaubten Aufzug zu verlassen," nicht sofort Folge leistet, hat Gefängnißstrafe von einem bis zu acht Tagen verwirkt. § 5. Wer zu einer bewaffneten Volksversammlung auffordert, oder die Aufforderung hierzu verbreitet, ist mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu bestrafen. Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 86 Köln, Samstag, 26. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Polendebatte in Frankfurt). Berlin. (Die Klassensteuer-Exemtionen. — Bornemanns Wahl kassirt. — Volksversammlung. — Der Gesetzentwurf über Zusammenläufe. — Vermischtes. — Ministerielle Polizeigelüste. — Rüstungen in Polen. — Rüstungen in Berlin). Erfurt. (Brauchitsch). München. (Unruhen). Kassel. (Reaktion und Demokratie). Wien. (Jellachich über die Drau). Triest (Der Waffenstillstand. — Die sard. Flotte). Schweiz. Basel. (Lombardische Flüchtlinge an der franz. Gränze zurückgewiesen). Italien. Turin. (Rechtfertigung des letzten Ministeriums). Genua. (Bai[?]le-Comitee Erklärungen). Venedig (Angriff auf Fort Malghera. Die neue Regierung). Neapel. (Abdankungsgelüste der Minister). Französische Republik. Paris. (Juni-Nachträge. — Die Silhouette über Proudhon. — Die Juni-Untersuchung. — Vermischtes. — Nationalversammlung). Belgien. Antwerpen. (Risquons-Tout). Großbritannien. London. (Parlament). Dublin. (Der Hochverrathsprozeß. — Dillon entkommen. — Wuth und Noth im Süden.) Brasilien. Rio de Janeiro. (Blokade der Banda Oriental. — Finanzmaßregeln in Montevideo). Nachtrag. Frankfurt. (Nationalversammlung). Deutschland. ** Köln, 25. August. Die Polendebatte in Frankfurt. (Fortsetzung.) Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 15 Berlin, 23. August. Die in Posen erscheinende Gazeta Polska theilt das Schicksal aller oder doch der meisten demokratischen Zeitungen; trotz aller Anstrengungen des Herausgebers (Buchhändler Stefanski) und der Polen steht sie auf sehr schwachen Füßen, so daß die an dem Unternehmen Betheiligten, worunter auch mehrere hiesige polnische Deputirte nur durch große persönliche Opfer sie noch aufrecht erhalten können. Im Uebrigen wird die Redaktion von Cegielski sehr geschickt geführt; die leitenden Artikel sind voll Geist und Sachkenntniß; nicht minder zeigen die Deutschland behandelnden Artikel, daß die Redaktion unsere Verhältnisse sehr richtig beurtheilt. Von Zeit zu Zeit bringt die Gazeta Polska Nachrichten aus Russisch-Polen, die aus guter Quelle herzurühren scheinen. Nachfolgende Mittheilungen, die ich daraus übersetze, werden für Ihre Leser nicht ohne Interesse sein. „Warschau nimmt immer mehr eine kriegerische Gestalt an, die Truppen sammeln sich hier an; jetzt steht die Ankunft einer aus 6 Regimentern Infanterie bestehenden Division Gensd'armerie bevor, ebenso sollen eine Abtheilung von 8000 Mann donischer Kosaken hier einrücken, worunter sich das Kosaken-Leibregiment befinden soll — gewöhnlich ein Zeichen der nahen Ankunft des Kaisers, welcher zur Einweihung der zum Gedächtniß der Schlachten von Grochow und Wola im Jahre 1831 daselbst neu aufgerichteten Denkmäler in Polen ankommen und längere Zeit hier verweilen wird. — Zum Winter sollen im Königreich 4 Korps in der Art stationirt sein, daß das eine Korps an der westpreußischen Gränze von Luthanen bis Thorn, das zweite an der Gränze des Großherzogthums Posen von Thorn bis Czenstochau, das dritte an der Schlesischen Gränze gegen Krakau und Gallizien, das vierte bei Warschau und im Innern Polens aufgestellt sein wird; jedes von diesen Korps soll 70,000 Mann zählen. — In Warschau befinden sich gegenwärtig einschließlich der Citadelle 500 Geschütze, im ganzen Königreich mit allen Festungen 1200 Geschütze. Die Warschauer Citadelle, ebenso wie die übrigen Festungen des Landes sind auf lange Zeit mit Lebensmitteln versehen: sammtlicher Vorrath des Heeres wird von Bialystok und von Brzesc Litowski herbeigeführt, und die Fuhren sind so eingerichtet, daß jeder Transport in 48 Stunden von Brzesc in Warschau anlangt. Den Offizieren ist es streng befohlen, milde mit den Soldaten umzugehen, geprügelt darf Niemand werden, es sei denn auf Urteil und Erkenntniß. Jedes Regiment, welches in Polen ankommt, erhält halbjährlichen Sold als Gratifikation. (Bekanntlich beläuft sich der Sold eines russischen Soldaten im Ganzen Jahr auf wenige, höchstens 4 Thaler.) — Die Warschauer Citadelle ist von allen politischen Gefangenen geräumt; diejenigen, welche im Jahre 1846 verurtheilt wurden, sind theils als gemeine Soldaten in die Regimenter gesteckt, theils nach Sibirien geschickt, einige aber frei gelassen worden. Die in Gallizien Ergriffenen und Ausgelieferten sind sämmtlich zum kaukasischen Heere geschickt. — Den Theilnehmern an den früheren polnischen Aufständen, welche, kraft des Ukases vom 13. April begnadigt, von Sibirien zurückkehren sollten, wird es gewiß schwer werden, das sogenannte Polen wieder zu erblicken; denn es sind ihnen die Gouvernements- und Kreisstädte in den Gouvernements Wolhynien und Podolien mit bestimmter Pension zum Aufenthalt angewiesen worden, welche vom Ministerium der Landesgüter gezahlt werden soll. — Die so lang erwartete Cholera hat sich auch in Warschau endlich gezeigt; in jedem Stadttheil sind Lazarethe eingerichtet, die Aerzte zeigen eine große Thätigkeit, so daß bis jetzt nur einige Personen gestorben sind; im Gouvernement Lublin jedoch, besonders in den Städten Krasnymstana und Lubartow soll sie mit großer Stärke aufgetreten sein.“ Gestern Abend war sämmtliche Bürgerwehr aufgeboten; zahlreiche Pikels durchzogen die Stadt und zerstreuten jede, auch die kleinste Gruppe, welche in den Straßen versammelt war. Auch die fliegenden Korps, das der Studenten unter gewissen Bedingungen, haben ihre Beihülfe „zur Herstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung“ zugesagt. Auch das Militär ist in den Kasernen konsignirt; jeder Soldat ist mit 60 scharfen Patronen versehen; gestern Abend hatte das Militär bereits die Waffen umgehängt, als noch zur rechten Zeit ein Regen fiel, welcher die Kampflust allseitig fühlte. 103 Berlin, 23. Aug. Heute Morgen wurde folgender Entwurf eines Gesetzes über unerlaubte Volksversammlungen und Zusammenläufe an die Herren Vereinbarer vertheilt: §. 1. Volksversammlungen unter freiem Himmel dürfen nur nach einer bei der Ortspolizei 24 Stunden vorher zu machenden Anzeige, welche Namen und Wohnort der Anordner, so wie Zeit und Ort der Verhandlung enthalten muß, stattfinden. §. 2. Zu Volksversammlungen und öffentlichen Aufzügen auf öffentlichen Plätzen und Straßen bedarf es der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde. § 3. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, eine Volksversammlung oder einen Aufzug wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verbieten, zu verhindern und aufzulösen. § 4. Wer in einer nicht rechtzeitig angezeigten, oder nicht erlaubten Volksversammlung als Redner oder Ordner thätig ist, oder wer in Fällen, in welchem es der Genehmigung zu der Volksversammlung, oder dem Aufzuge bedarf, vor Ertheilung derselben hierzu auffordert, oder Aufforderungen verbreitet, wird mit Gefängniß von einem bis zu sechs Monaten bestraft. Wer der Aufforderung des zuständigen Beamten, „eine nicht erlaubte Versammlung oder einen nicht erlaubten Aufzug zu verlassen,“ nicht sofort Folge leistet, hat Gefängnißstrafe von einem bis zu acht Tagen verwirkt. § 5. 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Nachfolgende Mittheilungen, die ich daraus übersetze, werden für Ihre Leser nicht ohne Interesse sein. „Warschau nimmt immer mehr eine kriegerische Gestalt an, die Truppen sammeln sich hier an; jetzt steht die Ankunft einer aus 6 Regimentern Infanterie bestehenden Division Gensd'armerie bevor, ebenso sollen eine Abtheilung von 8000 Mann donischer Kosaken hier einrücken, worunter sich das Kosaken-Leibregiment befinden soll — gewöhnlich ein Zeichen der nahen Ankunft des Kaisers, welcher zur Einweihung der zum Gedächtniß der Schlachten von Grochow und Wola im Jahre 1831 daselbst neu aufgerichteten Denkmäler in Polen ankommen und längere Zeit hier verweilen wird. — Zum Winter sollen im Königreich 4 Korps in der Art stationirt sein, daß das eine Korps an der westpreußischen Gränze von Luthanen bis Thorn, das zweite an der Gränze des Großherzogthums Posen von Thorn bis Czenstochau, das dritte an der Schlesischen Gränze gegen Krakau und Gallizien, das vierte bei Warschau und im Innern Polens aufgestellt sein wird; jedes von diesen Korps soll 70,000 Mann zählen. — In Warschau befinden sich gegenwärtig einschließlich der Citadelle 500 Geschütze, im ganzen Königreich mit allen Festungen 1200 Geschütze. Die Warschauer Citadelle, ebenso wie die übrigen Festungen des Landes sind auf lange Zeit mit Lebensmitteln versehen: sammtlicher Vorrath des Heeres wird von Bialystok und von Brzesc Litowski herbeigeführt, und die Fuhren sind so eingerichtet, daß jeder Transport in 48 Stunden von Brzesc in Warschau anlangt. Den Offizieren ist es streng befohlen, milde mit den Soldaten umzugehen, geprügelt darf Niemand werden, es sei denn auf Urteil und Erkenntniß. Jedes Regiment, welches in Polen ankommt, erhält halbjährlichen Sold als Gratifikation. (Bekanntlich beläuft sich der Sold eines russischen Soldaten im Ganzen Jahr auf wenige, höchstens 4 Thaler.) — Die Warschauer Citadelle ist von allen politischen Gefangenen geräumt; diejenigen, welche im Jahre 1846 verurtheilt wurden, sind theils als gemeine Soldaten in die Regimenter gesteckt, theils nach Sibirien geschickt, einige aber frei gelassen worden. Die in Gallizien Ergriffenen und Ausgelieferten sind sämmtlich zum kaukasischen Heere geschickt. — Den Theilnehmern an den früheren polnischen Aufständen, welche, kraft des Ukases vom 13. April begnadigt, von Sibirien zurückkehren sollten, wird es gewiß schwer werden, das sogenannte Polen wieder zu erblicken; denn es sind ihnen die Gouvernements- und Kreisstädte in den Gouvernements Wolhynien und Podolien mit bestimmter Pension zum Aufenthalt angewiesen worden, welche vom Ministerium der Landesgüter gezahlt werden soll. — Die so lang erwartete Cholera hat sich auch in Warschau endlich gezeigt; in jedem Stadttheil sind Lazarethe eingerichtet, die Aerzte zeigen eine große Thätigkeit, so daß bis jetzt nur einige Personen gestorben sind; im Gouvernement Lublin jedoch, besonders in den Städten Krasnymstana und Lubartow soll sie mit großer Stärke aufgetreten sein.“</p> <p>Gestern Abend war sämmtliche Bürgerwehr aufgeboten; zahlreiche Pikels durchzogen die Stadt und zerstreuten jede, auch die kleinste Gruppe, welche in den Straßen versammelt war. Auch die fliegenden Korps, das der Studenten unter gewissen Bedingungen, haben ihre Beihülfe „zur Herstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung“ zugesagt. Auch das Militär ist in den Kasernen konsignirt; jeder Soldat ist mit 60 scharfen Patronen versehen; gestern Abend hatte das Militär bereits die Waffen umgehängt, als noch zur rechten Zeit ein Regen fiel, welcher die Kampflust allseitig fühlte.</p> </div> <div xml:id="ar086_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 23. Aug.</head> <p>Heute Morgen wurde folgender Entwurf eines Gesetzes über <hi rendition="#g">unerlaubte Volksversammlungen und Zusammenläufe</hi> an die Herren Vereinbarer vertheilt:</p> <p>§. 1. Volksversammlungen unter freiem Himmel dürfen nur nach einer bei der Ortspolizei 24 Stunden vorher zu machenden Anzeige, welche Namen und Wohnort der Anordner, so wie Zeit und Ort der Verhandlung enthalten muß, stattfinden.</p> <p>§. 2. Zu Volksversammlungen und öffentlichen Aufzügen auf öffentlichen Plätzen und Straßen bedarf es der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde.</p> <p>§ 3. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, eine Volksversammlung oder einen Aufzug wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verbieten, zu verhindern und aufzulösen.</p> <p>§ 4. Wer in einer nicht rechtzeitig angezeigten, oder nicht erlaubten Volksversammlung als Redner oder Ordner thätig ist, oder wer in Fällen, in welchem es der Genehmigung zu der Volksversammlung, oder dem Aufzuge bedarf, <hi rendition="#g">vor</hi> Ertheilung derselben hierzu auffordert, oder Aufforderungen verbreitet, wird mit Gefängniß von einem bis zu sechs Monaten bestraft.</p> <p>Wer der Aufforderung des zuständigen Beamten, „eine nicht erlaubte Versammlung oder einen nicht erlaubten Aufzug zu verlassen,“ nicht sofort Folge leistet, hat Gefängnißstrafe von einem bis zu acht Tagen verwirkt.</p> <p>§ 5. 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Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 86 Köln, Samstag, 26. August 1848. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die Polendebatte in Frankfurt). Berlin. (Die Klassensteuer-Exemtionen. — Bornemanns Wahl kassirt. — Volksversammlung. — Der Gesetzentwurf über Zusammenläufe. — Vermischtes. — Ministerielle Polizeigelüste. — Rüstungen in Polen. — Rüstungen in Berlin). Erfurt. (Brauchitsch). München. (Unruhen). Kassel. (Reaktion und Demokratie). Wien. (Jellachich über die Drau). Triest (Der Waffenstillstand. — Die sard. Flotte).
Schweiz. Basel. (Lombardische Flüchtlinge an der franz. Gränze zurückgewiesen).
Italien. Turin. (Rechtfertigung des letzten Ministeriums). Genua. (Bai[?]le-Comitee Erklärungen). Venedig (Angriff auf Fort Malghera. Die neue Regierung). Neapel. (Abdankungsgelüste der Minister).
Französische Republik. Paris. (Juni-Nachträge. — Die Silhouette über Proudhon. — Die Juni-Untersuchung. — Vermischtes. — Nationalversammlung).
Belgien. Antwerpen. (Risquons-Tout).
Großbritannien. London. (Parlament). Dublin. (Der Hochverrathsprozeß. — Dillon entkommen. — Wuth und Noth im Süden.)
Brasilien. Rio de Janeiro. (Blokade der Banda Oriental. — Finanzmaßregeln in Montevideo).
Nachtrag. Frankfurt. (Nationalversammlung).
Deutschland. ** Köln, 25. August. Die Polendebatte in Frankfurt. (Fortsetzung.)
_ 15 Berlin, 23. August. Die in Posen erscheinende Gazeta Polska theilt das Schicksal aller oder doch der meisten demokratischen Zeitungen; trotz aller Anstrengungen des Herausgebers (Buchhändler Stefanski) und der Polen steht sie auf sehr schwachen Füßen, so daß die an dem Unternehmen Betheiligten, worunter auch mehrere hiesige polnische Deputirte nur durch große persönliche Opfer sie noch aufrecht erhalten können. Im Uebrigen wird die Redaktion von Cegielski sehr geschickt geführt; die leitenden Artikel sind voll Geist und Sachkenntniß; nicht minder zeigen die Deutschland behandelnden Artikel, daß die Redaktion unsere Verhältnisse sehr richtig beurtheilt. Von Zeit zu Zeit bringt die Gazeta Polska Nachrichten aus Russisch-Polen, die aus guter Quelle herzurühren scheinen. Nachfolgende Mittheilungen, die ich daraus übersetze, werden für Ihre Leser nicht ohne Interesse sein. „Warschau nimmt immer mehr eine kriegerische Gestalt an, die Truppen sammeln sich hier an; jetzt steht die Ankunft einer aus 6 Regimentern Infanterie bestehenden Division Gensd'armerie bevor, ebenso sollen eine Abtheilung von 8000 Mann donischer Kosaken hier einrücken, worunter sich das Kosaken-Leibregiment befinden soll — gewöhnlich ein Zeichen der nahen Ankunft des Kaisers, welcher zur Einweihung der zum Gedächtniß der Schlachten von Grochow und Wola im Jahre 1831 daselbst neu aufgerichteten Denkmäler in Polen ankommen und längere Zeit hier verweilen wird. — Zum Winter sollen im Königreich 4 Korps in der Art stationirt sein, daß das eine Korps an der westpreußischen Gränze von Luthanen bis Thorn, das zweite an der Gränze des Großherzogthums Posen von Thorn bis Czenstochau, das dritte an der Schlesischen Gränze gegen Krakau und Gallizien, das vierte bei Warschau und im Innern Polens aufgestellt sein wird; jedes von diesen Korps soll 70,000 Mann zählen. — In Warschau befinden sich gegenwärtig einschließlich der Citadelle 500 Geschütze, im ganzen Königreich mit allen Festungen 1200 Geschütze. Die Warschauer Citadelle, ebenso wie die übrigen Festungen des Landes sind auf lange Zeit mit Lebensmitteln versehen: sammtlicher Vorrath des Heeres wird von Bialystok und von Brzesc Litowski herbeigeführt, und die Fuhren sind so eingerichtet, daß jeder Transport in 48 Stunden von Brzesc in Warschau anlangt. Den Offizieren ist es streng befohlen, milde mit den Soldaten umzugehen, geprügelt darf Niemand werden, es sei denn auf Urteil und Erkenntniß. Jedes Regiment, welches in Polen ankommt, erhält halbjährlichen Sold als Gratifikation. (Bekanntlich beläuft sich der Sold eines russischen Soldaten im Ganzen Jahr auf wenige, höchstens 4 Thaler.) — Die Warschauer Citadelle ist von allen politischen Gefangenen geräumt; diejenigen, welche im Jahre 1846 verurtheilt wurden, sind theils als gemeine Soldaten in die Regimenter gesteckt, theils nach Sibirien geschickt, einige aber frei gelassen worden. Die in Gallizien Ergriffenen und Ausgelieferten sind sämmtlich zum kaukasischen Heere geschickt. — Den Theilnehmern an den früheren polnischen Aufständen, welche, kraft des Ukases vom 13. April begnadigt, von Sibirien zurückkehren sollten, wird es gewiß schwer werden, das sogenannte Polen wieder zu erblicken; denn es sind ihnen die Gouvernements- und Kreisstädte in den Gouvernements Wolhynien und Podolien mit bestimmter Pension zum Aufenthalt angewiesen worden, welche vom Ministerium der Landesgüter gezahlt werden soll. — Die so lang erwartete Cholera hat sich auch in Warschau endlich gezeigt; in jedem Stadttheil sind Lazarethe eingerichtet, die Aerzte zeigen eine große Thätigkeit, so daß bis jetzt nur einige Personen gestorben sind; im Gouvernement Lublin jedoch, besonders in den Städten Krasnymstana und Lubartow soll sie mit großer Stärke aufgetreten sein.“
Gestern Abend war sämmtliche Bürgerwehr aufgeboten; zahlreiche Pikels durchzogen die Stadt und zerstreuten jede, auch die kleinste Gruppe, welche in den Straßen versammelt war. Auch die fliegenden Korps, das der Studenten unter gewissen Bedingungen, haben ihre Beihülfe „zur Herstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung“ zugesagt. Auch das Militär ist in den Kasernen konsignirt; jeder Soldat ist mit 60 scharfen Patronen versehen; gestern Abend hatte das Militär bereits die Waffen umgehängt, als noch zur rechten Zeit ein Regen fiel, welcher die Kampflust allseitig fühlte.
103 Berlin, 23. Aug. Heute Morgen wurde folgender Entwurf eines Gesetzes über unerlaubte Volksversammlungen und Zusammenläufe an die Herren Vereinbarer vertheilt:
§. 1. Volksversammlungen unter freiem Himmel dürfen nur nach einer bei der Ortspolizei 24 Stunden vorher zu machenden Anzeige, welche Namen und Wohnort der Anordner, so wie Zeit und Ort der Verhandlung enthalten muß, stattfinden.
§. 2. Zu Volksversammlungen und öffentlichen Aufzügen auf öffentlichen Plätzen und Straßen bedarf es der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde.
§ 3. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, eine Volksversammlung oder einen Aufzug wegen dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu verbieten, zu verhindern und aufzulösen.
§ 4. Wer in einer nicht rechtzeitig angezeigten, oder nicht erlaubten Volksversammlung als Redner oder Ordner thätig ist, oder wer in Fällen, in welchem es der Genehmigung zu der Volksversammlung, oder dem Aufzuge bedarf, vor Ertheilung derselben hierzu auffordert, oder Aufforderungen verbreitet, wird mit Gefängniß von einem bis zu sechs Monaten bestraft.
Wer der Aufforderung des zuständigen Beamten, „eine nicht erlaubte Versammlung oder einen nicht erlaubten Aufzug zu verlassen,“ nicht sofort Folge leistet, hat Gefängnißstrafe von einem bis zu acht Tagen verwirkt.
§ 5. Wer zu einer bewaffneten Volksversammlung auffordert, oder die Aufforderung hierzu verbreitet, ist mit Gefängniß von sechs Monaten bis zu einem Jahre zu bestrafen.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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