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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 97. Köln, 8. September 1848.

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Gagern will hierauf zur Tagesordnung (Berathung der Grundrechte) übergehen; es wird jedoch beschlossen, sich bis 12 Uhr zu vertagen.

Um 12 Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet.

Dahlmann (Berichterstatter der beiden Ausschüsse in der schleswig-holsteinischen Frage): "Vor allem erkläre ich, daß ich nicht genügend ausgerüstet bin, Ihnen Bericht zu erstatten, weil die Vorlage der Aktenstücke nicht ausreichend war. Ich kann Sie nicht durch den Irrgarten der Verhandlungen führen. -- Zur Abschließung des vorliegenden Waffenstillstandes hat Camphausen eine unbeschränkte Vollmacht von der Centralgewalt verlangt (!). Diese ist verweigert worden Dagegen eine Vollmacht vom Reichsverweser ausgestellt worden; in dieser vermisse ich übrigens die Contrasignatur der verantwortlichen Minister. (Aha! links.) Ferner hat man in dem nunmehr abgeschlossenen Waffenstillstand die Vollmacht des Reichsverwesers bei weitem uberschritten. Das Reichsministerium hat bis zuletzt geglaubt, es handle sich nur um einen dreimonatlichen Waffenstillstand. Alle von mir (in meiner gestrigen Interpellation) gefürchteten Bedingungen sind leider wirklich wahr. Der Waffenstillstand führt nach 7 Monaten Deutschland gerade bis zum 1. April. (Bravo!) Der gehaßte, verachtete Karl v. Moltke steht an der Spitze der Regierungskommission.

Heckscher hat gestern im Ausschuß erklärt, er finde in den Bedingungen des Waffenstillstandes nichts Entehrendes. (Langes Zischen.) Er hat gesagt, man dürfe die Frage der Sistirung nicht von der Frage über Billigung des Waffenstillstandes überhaupt trennen. Trotzdem beantragt die Majorität des Ausschusses mit 11 Stimmen unter 19 im Gegensatz mit dem Minister Heckscher: "Die National-Versammlung möge die Sistirung der militärischen und sonstigen Maßregeln beschließen!"

Wurm, Cucumus und Dahlmann sind vom Ausschuß ferner bestimmt, um über die Hauptfrage der Ratifizirung oder Nichtratifizirung zu berichten.

Wir (die Majorität) haben so gestimmt, weil wir Schleswig-Holstein nicht der Anarchie und Dänen-Unterdrückung aussetzen wollten. Wenn Schleswig-Holstein, wie ich glaube, gegen den Abschluß des Waffenstillstandes sich auflehnt, werden nicht von allen Seiten Deutschlands Freischaaren herbeiströmen? (Bravo! Jawohl.) Dürfen wir unser eignes Fleisch und Blut opfern -- unsre Landsleute dem Untergange überliefern? -- hierzu habe ich nicht den Muth und deshalb eben bin ich heute so muthig. (Lautes Bravo.) Denken Sie an England. Jeder einzelne Engländer wiegt so schwer, als sein ganzes Vaterland. Wir hier sollen der Mittelpunkt der deutschen Einheit sein. Wenn Sie hier nicht entschieden sind, werden Sie ihr ehemals stolzes Haupt nie wieder erheben. Die werden fallen, die jetzt triumphiren. (Lauter Beifall von allen Seiten, außer der äußersten Rechten).

Schubert aus Königsberg. Für das Minoritätserachten der vereinigten Ausschüsse, bestehend aus 8 Mann: Ueber die Sistirung des Waffenstillstandes ist erst dann abzustimmen, wenn über den Waffenstillstand überhaupt wird Beschluß gefaßt werden. (Würth, Max Gagern, Flottwell, Zenetti, Schubert, Gompard, Dunker).

Peuker (Kriegsminister): Ein Heer kann nur 3 Meilen täglich zurückmarschiren. Wrangel hat heute früh erst gemeldet daß sein Hauptquartier noch in Apenrade. Die Sistirung der Truppenrückmärsche ist also eine sehr untergeordnete Maßregel. Aber sie wird einen Bruch des Waffenstillstandes überhaupt aussprechen.

Schmerling (Minister): Das Ministerium theilt die Gründe des Minoritätserachtens. Diese Meinung ist die einstimmige des Ministeriums. (Vor der Kirche hört man toben -- heftiger Zudrang zu den Gallerien.) Nach sorgfältiger Berathung hat das Ministerium beschlossen, nicht auf Verwerfung des Waffenstillstandes anzutragen.

Präsident verliest zwei neue Anträge: 1. von der äußersten Linken: die Centralgewalt zu der Bestimmung zu veranlassen, die Truppen wieder in ihre alten Stellungen zurückzuführen. Der 2. von Künsberg und Genossen geht auf Tagesordnung.

Simon aus Breslau. Nach Art. IV. der Akte der Begründung der Centralgewalt kann erst der Beschluß der Versammlung und die nachher erfolgte Sanktionirung der Centralgewalt den Waffenstillstand ratifiziren. Uns steht es also zu, zu ratifiziren oder nicht. Wir werden nicht wie die alte Diplomatie durch ein fait accompli über das Wohl Deutschlands entscheiden lassen. Ich beantrage: "sofortige Maßregeln zur Sistirung des Waffenstillstandes." -- Die Ehre Deutschlands würde unheilbar leiden, wenn sie einen andern Beschluß fassen. -- Ich erinnere Sie an Dahlmanns Worte. -- (Lichnowsky: sehr schwache Rede).

Simon. Fürst Lichnowsky behalten Sie ihre Anmerkungen für sich; sie haben gar nichts zu bemerken. (Schallendes Bravo. Man lacht Lichnowsky aus, der sich am Schnurrbart zupft).

Der Redner: Preußen's und Oesterreichs Mißbilligung in dieser Sache haben wir nicht zu gewärtigen. Oesterreich ist vollauf mit sich beschäftigt. Preußen an#angend; das Volk daselbst ist durchaus Deutsch. (Rechts Zischen!) Das Streben der preußischen Aristokratie wird nicht aufkommen. Es handelt sich gar nicht um Preußens Ehre hier, nur um die der preußischen Minister. Aber weder diese, noch die der deutschen Reichsminister kann in Anschlag gebracht werden gegen die Ehre des deutschen Volkes.

Die Stunde ist da, mögen die Männer nicht fehlen. Der Waffenstillstand muß sistirt werden. (Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).

Degenkolb für das Minoritätserachten.

Zimmermann (Stuttgart). Noch zuckt der Eindruck des ron Dahlmann Gehörten in meiner Seele. Aber der Verstand allein soll mich leiten. -- Ich bin diesmals ausnahmsweise für das Majoritätserachten. Der Waffenstillstand übersteigt nicht, wie ein Redner sagt, die Vollmacht des Reichsverwesers, er steht ihr offenbar ganz entgegen. -- Da die Centralgewalt von uns geschaffen, so müssen wir sie auch aufrecht erhalten. Wenn wir dies nicht thun sind wir Nullen. -- Heckscher hat gesagt, die Kritik sei leicht, die Kunst schwer. Aber die Thaten des Ministeriums wären seine Kritik.

An dem kleinen Punkt Schleswig-Holsteins haftet jetzt die Ehre Deutschlands. -- Dort ist sie verpfändet, dort muß sie gelöst werden. -- Wehe denen die wegen daraus entspringender Nachtheile ihre Ehre nicht einlösen wollen. Die Ehre geht über die Einheit. (Bravo!) Die Berliner Versammlung wird ebenso den Waffenstillstand mißbilligen. Deshalb, und weil des preußischen Volkes Ehre nicht mit der des Ministeriums zu verwechseln, und das preußische Volk ganz mit uns sein wird, hoffe ich, es wird kein Bruch mit Preußen die Folge unseres beabsichtigten Schrittes sein. -- Und sollte ein Krieg daraus erfolgen, so werden wir ihn zu führen wissen. -- Wollen wir etwa einen zweiten Baseler Frieden schließen? Wenn sie anders beschließen als die Majorität, so lassen sie wieder die Glocken der Paulskirche läuten, wie damals bei Ernennung eines Reichsverwesers, aber diesmals um das Grabgeläute deutscher Einheit durch Deutschland zu tragen.

Neergard (Gutsbesitzer von Holstein) beantragt: Die schleswig-holsteinschen Abgeordneten von dieser Verhandlung auszuschließen. (Mißbilligung. Links Nein! pfui!) Der Antrag bleibt ununterstützt.

Bassermann für das Minoritätserachten. In einer höchst langweiligen kraftlosen Rede erregt der Unterstaatssekretär den Unwillen der Hörer. Zum Schluß: glauben Sie in der Paulskirche sei der alleinige Ausdruck der Einheit Deutschlands zu finden? (Rechts bravo. Radowitz: sehr brav!)

Wesendonk. Der Redner vor mir hat nicht gewagt den Waffenstillstand selbst zu vertheidigen, deshalb hat er versucht, Sie einzuschüchtern durch dessen Folgen. (Bravo!) Wie mit Mäßigung muß man mit Energie verfahren; und endlich sich einmal zu einer kühnen That erheben. (Bravo links und Gallerie). Nicht einen deutschen Bruderstamm, sondern ein deutsches Kabinet wollen wir verletzen. In dem hier vor ihnen sitzenden Ministerium liegt der Ursprung dieses schmählichen Waffenstillstandes. (Bravo. -- Allgemeine Sensation).

Wenn das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit damals schon bestanden hätte, als die Vollmacht ausgestellt wurde, so müßten die Minister in Anklagezustand versetzt werden. Wer einen so schmählichen Waffenstillstand schließt, wird später einen ebenso schmählichen Frieden schließen. (Bravo links und Gallerien). Lassen Sie diesmal kein Stück Papier zwischen uns und das Volk treten. (Lauter Beifall).

Wichmann (Assess. aus Pommern): Die Frage ist die Feuerprobe der Nationalversammlung -- trotzdem muß ich (als preußischer Assessor) natürlich gegen die Sistirung der militärischen Maßregeln sprechen. Sie werden die Minister in Berlin zu einem Separatfrieden zwingen. (Allgemeines Gelächter).

Radowitz: Ich werde zuerst einige Begriffe herzustellen suchen. Ein Waffenstillstand ist kein Frieden und der erstere greift dem letztern nicht vor. Das positive Recht stand uns nur bei einem Schutz, den wir den Herzogthümern angedeihen ließen, zur Seite, nicht bei der Einverleibung derselben in den deutschen Bund. Da der jetzige dänische Krieg beide Veranlassungen in sich schließt, so ist es gefahrbringend für Deutschland, ihn fortzuführen. (Graf Schwerin: Sehr gut!)

Wenn ich die günstigsten Grundlagen zu einem zukünftigen Frieden mit den Punktationen des Waffenstillstands vergleiche, kann ich mich nicht entschließen, zu glauben, daß die Bedingungen des Letzteren uns einen schmählichen Frieden präjudiziren, obschon einige Punkte des Waffenstillstands mir selbst ungünstig erscheinen. Haben Sie sich aber die Folgen des Schritts, den Sie thun wollen, überlegt. Gesetzt, Schweden und Rußland fänden in einer Ueberschreitung der dänischen Gränze eine Kriegserklärung. (Die Centren erschrecken nach Wunsch). Gesetzt, Frankreich mißbilligte es. Der Waffenstillstand ist übrigens bereits ratifizirt, und würde die Centralgewalt ihn angreifen, Preußen würde ihn doch aufrecht erhalten, und der Neubau der deutschen Einheit läge in Trümmern! (!?)

Radowitz beantragt, die Nationalversammlung solle der Centralgewalt anheimstellen, den Frieden gut zu heißen oder nicht.

Bei seinem Abgang klatscht die diplomatische Tribüne heftigen Beifall. (Links viele Stimmen: Wir denunziren die diplomatische Tribüne! Sie hat geklatscht. Die Gallerien dürfen nicht klatschen!

Blum spricht darüber, daß die Bedingungen, unter denen der Waffenstillstand zu Bellevue beabsichtigt, den Punktationen von Malmö ganz widersprechen und predigt die Verwerflichkeit einzelner Punkte desselben.

Der Waffenstillstand ist im Namen des deutschen Bundes -- eines Gespenstes -- geschlossen! Die Gespensterfurcht haben wir hoffentlich verloren. Der Waffenstillstand bringt uns den Nachtheil der Entwaffnung; schneidet uns die Winteroperationen ab. -- Seine Nichtbilligung kann uns zwar zu einem Bruche mit dem preußischen Ministerium, nimmer mit dem preußischen Volke führen. Es muß entschieden werden, ob Preußen wirklich in Deutschland aufgeht, oder Deutschland in Preußen unter! (Großer Beifall).

Minister Beckerath: (Mit seiner unverständlichen Stimme. Links Unterbrechungen. -- Schwerin heranguirt die Linke vom Platz. -- Wird von dieser und dem Präsidenten zur Ordnung verwiesen!) In Folge verschiedener Unwahrheiten die der Hr. Minister Blum und Simon aus Breslau unterschiebt, macht Zimmermann aus Stuttgart vom Platz zurechtweisende Bemerkungen. -- Präsident ruft ihn zur Ordnung. -- Links Unwillen: Lichnowsky ist vorhin nicht zur Ordnung gerufen. -- Der unpartheiische "Edle" hat hierauf nichts zu repliciren. --

Herr Beckerath schließt: durch den Waffenstillstand haben die Männer von Schleswig viel gewonnen, nichts verloren. (Allgemeines Gelächter.)

Heckscher: Zu welchem Zweck reden wir denn heut in's Unendliche. Ich hoffe man wird abstimmen, wie das Ministerium wünscht. --

Simon aus Trier. (Rechts: Schluß!) Wenn wir uns hier für die Sistirung entscheiden, wird der Krieg fortgeführt werden müssen. -- Das Executive dieser Entscheidung geht unser Ministerium an. -- (Rechts Gelächter.) Wenn dies nicht mehr im Stande ist den Willen der Versammlung zu vollziehen, so wird es wissen, was es zu thun hat. (Lautes Bravo.) Minister Beckerath hat Hrn. Simon von Breslau falsch verstanden, und dies Mißverständniß zum nachtheiligen Einfluß auf die Versammlung ausgebeutet. -- Dies Verfahren überlasse ich der Beurtheilung. -- Herrn Beckeraths altbackene Phrase: "Keine Macht der Erde etc." --, gehört einer todten Zeit an! -- (der liebe Commerzienrath aus Crefeld kann den preußischen Landtag nicht vergessen!) Hr. Radowitz und der anstellungswüthige Hr. Bassermann kämpfen muthig mit dem System der Einschüchterungen, der Spekulation auf Freiheit.

Simon schließt mit den Worten: Wenn Preußen aufhört deutsch zu sein, werden wohl viele Preußen aufhören preußisch zu sein! (Großer Beifall; Hr. Stedtmann und Hr. Adams aus Koblenz zischen.)

Lichnowsky spricht in tragischen Renomistereien, beantragt namentliche Abstimmung für das Minoritätserachten, und zieht zu Gunsten desselben nebst Wichmann seine Anträge zurück

Wesendonk behält sich eine namentliche Abstimmung vor nach der Folgereihe der Fragen.

Schmerling. (Minister des Innern). Das Minoritätserachten macht das Ministerium einstimmig zu dem seinigen. Das Ministerium tritt zurück, wenn dasselbe verworfen wird. (Der Coup mißlang!)

Max v. Gagern. Behält sich spätere Rechtfertigungen in dieser Sache vor. -- Man solle nur warten -- in den 2 oder 3 Tagen bis zur Entscheidung der Hauptfrage würde wohl die Begeisterung nicht verrauchen! --

Wedekind beantragt Vertagung. Dieselbe wird dürftig unterstützt und nicht berücksichtigt.

Schluß der Debatte.

Berichterstatter. (Für Dahlmann) Wurm aus Würtemberg: Ich werde sehr kurz sein. -- Ich dränge meine Empfindungen zurück. Der Tag wird kommen sie auszusprechen. Daß das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus gemacht, wird die Meinung der Majorität nicht ändern. (Beifall). Der Waffenstillstand wird ungültig, wenn wir ihn nicht ratifiziren. Dulden Sie nicht, daß die Centralgewalt mit Füßen getreten werde, die wir ja selbst zum Symbol deutscher Einheit hingestellt. -- Schon verhöhnen dieselbe alle ausländischen Blätter. -- (Bravo!) Preußens Uebergriff ist verzeihlich -- denn es ist schwer sich der hegemonischen Gewohnheiten so schnell zu entschlagen -- aber zu statuiren ist er nicht. (Bravo!) Man hat uns Furcht gemacht! -- Die Furcht ist ein schlechter Rathgeber. (Bravo!) -- Wählen Sie, ob Sie lieber Krieg mit dem Ausland oder seine Verachtung wollen! (Warmer Beifall. -- Zischen rechts!)

Hierauf folgte die Abstimmung.

Das Minoritätserachten wurde mit 244 gegen 230 (nicht 234 wie durch einen Druckfehler in unsern gestrigen Nachtrag kam) verworfen, das Majoritätserachten mit einer Majorität von 17 Stimmen (238 gegen 221) angenommen.

Die Sitzung um 1/4 8 Uhr geschlossen. Morgen keine Sitzung. Donnerstag Grundrechte.

103 Berlin, 5. September.

Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. -- Dringliche Anträge vor der Tagesordnung.

Abgeordneter Kützner: 1) daß aus dem §. 2. des Ablösungs-Gesetzes vom 31. Oktober 1845 folgender Satz außer Kraft gesetzt werde: "die Vergütigung des Mehrwerthes der Gegenleistungen erfolgt, wenn beide Theile sich nicht anders einigen können, durch eine feste Geldrente" -- und daß dafür folgender Satz Gesetzeskraft erhalte: "Bei allen Ablösungen, wo die kleinen Rustikalbesitzer von dem Dominium herauszubekommen haben, müssen dieselben mit Land von dem Dominium entschadigt werden." -- (Zusatz Paragraph.)

"Bei allen von jetzt ab stattfindenden Ablösungen muß der wahre Gewinn, wenn er genügend durch unpartheiische Zeugen kann bewiesen werden, als Berechnungsmaaßstab dienen, und nicht die Procentsätze der fruheren Ablösungsgesetze."

2) Daß alle seit dem 1. Januar 1846 stattgefundenen Dienstablösungs-Rezesse einer genauen Prüfung unterworfen werden, um a) alle etwa vorgekommenen Unrichtigkeiten auszugleichen und nach dem neuen Ablösungs-Gesetz festzustellen; b) überall, wo die Dominien die kleinen Rustikalbesitzer mit einer Geldrente abgefunden haben, sind die Dominien zu verpflichten, daß sie den betreffenden Rustikalbesitzern Land als Entschädigung geben müssen, weil sonst die kleinen Ackerbesitzer zu Grunde gehen müssen. --

Beide Anträge werden in die Fach-Kommission verwiesen. --

Abg. Stein: Die Versammlung wolle beschließen, daß das Staats-Ministerium die Noten und Schriften, welche

1) zwischen dem früheren Ministerium und dem ehemaligen Bundestags-Gesandten;

2) zwischen dem gegenwärtigen Ministerium und der deutschen Central-Gewalt, resp. dem Reichs-Ministerium zu Frankfurt a. M. gewechselt worden sind,

namentlich alle diejenigen Noten und Schriften, die auf die Huldigung des Heeres am 6. August d. J Bezug haben, -- zur Kenntnißnahme der Versammlung mittheile. --

Der Antragsteller zieht seinen Antrag bis nach der Debatte über seinen gestrigen Antrag zurück, augenscheinlich weil er hofft in 8 Tagen ein anderes Ministerium vor sich zu haben. --

Die Petitions-Kommission läßt durch ihren Berichterstatter Abg. Elsner folgenden schleunigen Antrag verlesen:

Die Versammlung wolle beschließen, daß die Petition d. d. Liegnitz den 5. August, Nro. 9598., welche folgenden Antrag enthält:

daß von Seiten des Staates den armen nothleidenden Webern in den Sudeten, vor allem aber denjenigen des Eulengebirges eine namhafte resp. wirksame Unterstützung sofort überwiesen werde,

dem Staatsministerium zur schleunigen Berücksichtigung empfohlen werde. --

Minister Milde: Es ist wahr, die Noth im Eulengebirge ist sehr groß, die Industrie liegt darnieder und es ist sehr wenig Aussicht zu ihrem Wiederaufblühen vorhanden. Aber nicht blos im Eulengebirge allein ist große Noth vorhanden, von allen Provinzen des Staats gehen der Regierung Bitten und Berichte zu, welche eine Unterstützung zur Linderung der großen Noth verlangen. Die Regierung wird sich daher genöthigt sehen von dieser Versammlung Kredite zur Unterstützung für alle Provinzen, zur Hülfsleistung für den ganzen Staat zu verlangen. -- Das vom Abg. Elsner angegriffene Seehandlungs-Institut habe jedoch vorzugsweise in Schlesien sehr segensreich gewirkt und durch eine unbegrenzte Produktion, wie sie verlangt wird, würde sich die Seehandlung nachher genöthigt sehen, die angefertigten Waaren zu jedem Preise zu verkaufen und die Waarenpreise noch mehr zu verderben. --

Abg. Behnsch spricht für den Petitionsantrag um sofortige Unterstützung und schlägt unter Andern den Baueiner Eisenbahn in den oberschlesischen Eisen- und Kohlen-Bezirken vor. Für diese Arbeiten und zur allseitigen Unterstutzung in der ganzen Provinz solle das Ministerium sofort einen Kredit von 1 Million Thaler fordern. --

Abg. Wenger spricht gegen den Antrag, weil die Provinz Schlesien nicht die einzige sei wo diese Noth herrschte. Auch in Ost-Preußen sei große Noth. Beantragt, daß man neben den nothleidenden Arbeitern in Schlesien auch die in Ost-Preußen der Berücksichtigung des Ministeriums empfehlen möge. --

Graf Reichenbach, für den Antrag. Man könne die Noth allerdings nicht mit bloßen Palliativmitteln abwenden. Radikalmittel seien die Hauptaufgabe. Die Robotdienste haben großen Antheil an der Noth; ihre Aufhebung wird Verminderung der Armuth und des Typhus zur Folge haben. --

Abg. Nees v. Esenbeck spricht auch für die augenblickliche Abhülfe der Noth. --

Schließlich wird der Antrag der Petitions-Kommission mit großer Majorität angenommen. --

Abg. Neubarth: Dringender Antrag: Die Versammlung wolle beschließen, daß unmittelbar nach der Berathung des Bürgerwehrgesetzes der Bericht der Central-Abtheilung über die Anträge wegen unentgeldlicher Aufhebung des Jagd-Servitutenrechts und der von derselben Abtheilung vorgelegte Entwurf eines Jagdgesetzes zur Berathung komme.

Der Antrag wird hinreichend unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mit großer Majorität angenommen.

Hierauf wird die am vergangenen Donnerstag unterbrochene Verhandlung über den Bericht der Kommission zur Untersuchung der Zustände des Großherzogthums Posen fortgesetzt. --

Nachdem der Berichterstatter Abg. Behnsch die Ansichten der Kommission und das Verhalten der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt, der Central-Gewalt daselbst und des hiesigen Ministeriums auseinandergesetzt, trägt der Abg. Reuter darauf an:

"Die Verhandlung über den Kommissions-Bericht bis Montag den 11. September zu vertagen." --

Abg. v. Berg: Ich will die Versammlung nur darauf aufmerksam machen, daß es sich bei dieser Frage hauptsächlich um die Competenz dieser Versammlung handle, indem die Wirksamkeit der niedergesetzten Kommission durch die Beschlüsse der deutschen National-Versammlung und das Stillschweigen des Ministeriums in Frage gestellt wird.

Der Antrag auf Vertagung wird jedoch verworfen und die Debatte wird fortgesetzt.

Abg. Geßler stellt das Amendement, die Versammlung wolle das Staats-Ministerium ersuchen: der deutschen Central-Gewalt schleunigst die nöthigen Vorlagen zur definitiven Feststellung der von der deutschen National-Versammlung zu Frankfurt in der Sitzung vom 27. Juli d. J. vorläufig anerkannten vorläufigen Demarkationslinie zwischen dem deutschen und polnischen Theile der Provinz Posen behufs weiterer Veranlassung bei der deutschen National-Versammlung zukommen zu lassen. --

Abg. Dunker stellt folgenden Antrag:

Die Versammlung wolle das Staatsministerium ersuchen: die Erklärung, welche von demselben durch die deutsche Central-Gewalt über die definitive Festsetzung der vorläufigen Demarkationslinie in Gemäßheit des Beschlusses der deutschen National-Versammlung vom 27. Juli erfordert werden wird, nicht eher abzugeben, als bis diese Versammlung über den von der Kommission zur Untersuchung der Zustände der Provinz Posen zu erstattenden Bericht Beschluß gefaßt hat, glei#zeitig aber:

Der Kommission aufzugeben, diesen Bericht binnen spätestens vier Wochen zu erstatten. --

Minister des Innern: Die Reorganisation des Großherzogthums Posen ist von dem Augenblicke wo sie verheißen worden bis zum heutigen Tage der Gegenstand der unausgesetzten Thätigkeit der Regierung gewesen. -- (Wie der Seckel des Wehrlosen Gegenstand der Thätigkeit der Strauchjunker) Nach verschiedenen Präliminarien sei vorgestern Abend endlich von der Central-Gewalt die Mittheilung eingegangen:

"Daß die Central-Gewalt in keiner Weise die Absicht hege, ohne vorhergegangene Kommunikation mit Preußen einen definitiven Beschluß über die Demarkationslinie zu fassen."

Ich hoffe, daß diese Erklärung die von allen Seiten geäußerten Besorgnisse zerstreuen wird.

Abg. Bloem stellt einen Antrag auf motivirte Tagesordnung:

"Die Versammlung wolle, in Erwägung: daß selbstredend die Regierung keine Schritte zur definitiven Feststellung der Demarkationslinie ohne Genehmigung der Versammlung vornehmen könne, zur Tagesordnung übergehen,"

wird verworfen. Die Amendements Dunker und Geßler werden ebenfalls verworfen. Aber auch der Antrag der Kommission:

"Die Nationalversammlung wolle das Staatsministerium ersuchen, bis dahin, wo die Kommission im Stande sein wird, das Endresultat ihrer Berathungen vorzulegen, die vorläufige Demarkationslinie im Großherzogthume Posen nicht definitiv feststellen zu lassen"

wird nicht angenommen. (!)

Hierauf Fortsetzung der Berathung des Bürgerwehrgesetzes. Berichterstatter Euler verliest den Abschnitt VII. von der Dienstkleidung und Ausrüstung zur Bürgerwehr. -- Es wird beantragt, die §§. 55 u. 59. zusammen zu berathen, weil sie zusammenhängend ihrem Inhalte nach sind. Nach langer Debatte über den Inhalt dieser §§. wird zunächst das Amendement des

Abg. Pax: Die Versammlung wolle beschließen, den §. 55 dahin zu ändern, daß er laute:

§. 55. "Die Bürgerwehr soll ein im ganzen Lande gleiches vom Könige zu bestimmendes Dienstzeichen tragen," mit großer Majorität angenommen. Durch diesen Beschluß sind alle Bestimmungen über eine Dienstkleidung der Bürgerwehr ausgeschlossen und es steht Jedem frei sich nach seinem Belieben zu kleiden; auch aus §. 59. fällt nun die Bestimmung über die Dienstkleidung aus und dieser lautet alsdann:

§. 59. Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß jedes Mitglied der Bürgerwehr auf eigene Kosten sorgen Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet, diese Gegenstände auf ihre Kosten in solcher Menge zu beschaffen, als zur Ausrüstung desjenigen Theiles der wirklich dienstthuenden Mannschaft, welcher die Kosten aus eigenen Mitteln nicht tragen kann, erforderlich ist.

Abg. Jakoby verliest zur Begründung eines von ihm und 55 Abgeordneten der Linken gestellten Amendements, welches lautet:

"Die Bewaffnung der Bürgerwehr wird auf Staatskosten beschafft, vorbehaltlich der Befugniß des Einzelnen, die Kosten selbst zu tragen,"

die Bekanntmachung vom 19. März d. J., worin im Namen des Königs eine Bürgerbewaffnung angeordnet und die Lieferung der Waffen von Seiten des Staats versprochen wird.

Abg. Auerswald will dieser Bekanntmachung keine bindende Kraft zugestehen, weil sie von keinem Minister, sondern nur von sechs Privatpersonen, die sich als provisorisches Comite gebildet, unterzeichnet sei.

Abg. Jakoby erwidert, daß diese Bekanntmachung die Friedensbedingung nach einem 16stündigen Kampfe zwischen König und Volk gewesen, und daß außerdem der damalige Polizei-Präsident Minutoli an der Spitze der Unterschriebenen stehe, ein verantwortliches Ministerium gabs am 19. März nicht

Bei der namentlichen Abstimmung wird das Amendement Jakoby jedoch mit 201 gegen 121 Stimmen verworfen. -- Ebenso wird ein Amendement des Abg. Bauer (Krotoschin) verworfen, welches lautet:

"Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß die Gemeinde sorgen; jedoch bleibt es jedem Mitgliede der Bürgerwehr unbenommen, sich Waffen in vorschriftsmäßiger Art, auf eigene Kosten anzuschaffen."

Schließlich wird der §. 59., wie er oben lautet, mit großer Majorität angenommen und hat demnach weder der Staat noch die Gemeinde für Waffen zu sorgen.

Berlin, 4. September.

Das Ministerium hat in einer heute Abend abgehaltenen Sitzung beschlossen, am Donnerstag zurückzutreten, im Fall ihm nicht mit großer Majorität völlig freie Hand in Bezug auf den Stein-Schulze'schen Antrag gelassen wird; es will auf eine Transaction und selbst eine vermittelnde motivirte Tagesordnung nicht eingehen. Die Salons des Ministerpräsidenten waren diesen Abend sehr wenig besucht, da alle Abgeordneten in den Parteiversammlungen in eifrigster Diskussion waren. -- Eine diesen Nachmittag eingetroffene Depesche meldet, daß Oestreich den englisch-französischen Vermittelungsvorschlag angenommen habe. (?)

(H. B.-H.)
61 Wien, 2. September.

Nachdem in der vorgestrigen Sitzung der Reichstag über den Kommissionsantrag Lassers votirt und die drei letzten Punkte des Kudlichischen Antrag verworfen hatte, beschäftigte er sich gestern und heute mit der Verdauung der übrig gebliebenen Amendements.

Am Schlusse der heutigen Sitzung erklärte Justizminister Bach: "Ich fühle mich verpflichtet zu erklären, daß die Reichskammer berufen ist, die Verfassung zu geben und dieselbe mit Sr. Majestät zu vereinbaren.

Die Reichskammer ist auch ein gesetzgebender Körper, insoferne von ihr vorgebrachte Gesetze durch das Ministerium zur Sanktion an Se. Majestät gelangen. Die Reichskammer ist jedoch nicht ermächtigt, mit dem Publikum (!) auf einem andern Wege zu verkehren, als durch den Weg der obersten Exekutivgewalt. Solange insbesondere ein Gesetz durch Se. Majestät noch nicht die Sanktion erhielt, kann es auch vom Ministerium nicht als ein Gesetz betrachtet werden. Dies ist die Stellung und Ansicht des Ministeriums." (Beifall im Zentrum. Zischen von anderer Seite.

Für Morgen Sonntag, hatte der demokratische Verein einen Trauergang zu den Gräbern der am 21. und 23. August gefallenen Arbeiter beschlossen und durch Maueranschlag sämmtliche de-

Gagern will hierauf zur Tagesordnung (Berathung der Grundrechte) übergehen; es wird jedoch beschlossen, sich bis 12 Uhr zu vertagen.

Um 12 Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet.

Dahlmann (Berichterstatter der beiden Ausschüsse in der schleswig-holsteinischen Frage): „Vor allem erkläre ich, daß ich nicht genügend ausgerüstet bin, Ihnen Bericht zu erstatten, weil die Vorlage der Aktenstücke nicht ausreichend war. Ich kann Sie nicht durch den Irrgarten der Verhandlungen führen. — Zur Abschließung des vorliegenden Waffenstillstandes hat Camphausen eine unbeschränkte Vollmacht von der Centralgewalt verlangt (!). Diese ist verweigert worden Dagegen eine Vollmacht vom Reichsverweser ausgestellt worden; in dieser vermisse ich übrigens die Contrasignatur der verantwortlichen Minister. (Aha! links.) Ferner hat man in dem nunmehr abgeschlossenen Waffenstillstand die Vollmacht des Reichsverwesers bei weitem uberschritten. Das Reichsministerium hat bis zuletzt geglaubt, es handle sich nur um einen dreimonatlichen Waffenstillstand. Alle von mir (in meiner gestrigen Interpellation) gefürchteten Bedingungen sind leider wirklich wahr. Der Waffenstillstand führt nach 7 Monaten Deutschland gerade bis zum 1. April. (Bravo!) Der gehaßte, verachtete Karl v. Moltke steht an der Spitze der Regierungskommission.

Heckscher hat gestern im Ausschuß erklärt, er finde in den Bedingungen des Waffenstillstandes nichts Entehrendes. (Langes Zischen.) Er hat gesagt, man dürfe die Frage der Sistirung nicht von der Frage über Billigung des Waffenstillstandes überhaupt trennen. Trotzdem beantragt die Majorität des Ausschusses mit 11 Stimmen unter 19 im Gegensatz mit dem Minister Heckscher: „Die National-Versammlung möge die Sistirung der militärischen und sonstigen Maßregeln beschließen!“

Wurm, Cucumus und Dahlmann sind vom Ausschuß ferner bestimmt, um über die Hauptfrage der Ratifizirung oder Nichtratifizirung zu berichten.

Wir (die Majorität) haben so gestimmt, weil wir Schleswig-Holstein nicht der Anarchie und Dänen-Unterdrückung aussetzen wollten. Wenn Schleswig-Holstein, wie ich glaube, gegen den Abschluß des Waffenstillstandes sich auflehnt, werden nicht von allen Seiten Deutschlands Freischaaren herbeiströmen? (Bravo! Jawohl.) Dürfen wir unser eignes Fleisch und Blut opfern — unsre Landsleute dem Untergange überliefern? — hierzu habe ich nicht den Muth und deshalb eben bin ich heute so muthig. (Lautes Bravo.) Denken Sie an England. Jeder einzelne Engländer wiegt so schwer, als sein ganzes Vaterland. Wir hier sollen der Mittelpunkt der deutschen Einheit sein. Wenn Sie hier nicht entschieden sind, werden Sie ihr ehemals stolzes Haupt nie wieder erheben. Die werden fallen, die jetzt triumphiren. (Lauter Beifall von allen Seiten, außer der äußersten Rechten).

Schubert aus Königsberg. Für das Minoritätserachten der vereinigten Ausschüsse, bestehend aus 8 Mann: Ueber die Sistirung des Waffenstillstandes ist erst dann abzustimmen, wenn über den Waffenstillstand überhaupt wird Beschluß gefaßt werden. (Würth, Max Gagern, Flottwell, Zenetti, Schubert, Gompard, Dunker).

Peuker (Kriegsminister): Ein Heer kann nur 3 Meilen täglich zurückmarschiren. Wrangel hat heute früh erst gemeldet daß sein Hauptquartier noch in Apenrade. Die Sistirung der Truppenrückmärsche ist also eine sehr untergeordnete Maßregel. Aber sie wird einen Bruch des Waffenstillstandes überhaupt aussprechen.

Schmerling (Minister): Das Ministerium theilt die Gründe des Minoritätserachtens. Diese Meinung ist die einstimmige des Ministeriums. (Vor der Kirche hört man toben — heftiger Zudrang zu den Gallerien.) Nach sorgfältiger Berathung hat das Ministerium beschlossen, nicht auf Verwerfung des Waffenstillstandes anzutragen.

Präsident verliest zwei neue Anträge: 1. von der äußersten Linken: die Centralgewalt zu der Bestimmung zu veranlassen, die Truppen wieder in ihre alten Stellungen zurückzuführen. Der 2. von Künsberg und Genossen geht auf Tagesordnung.

Simon aus Breslau. Nach Art. IV. der Akte der Begründung der Centralgewalt kann erst der Beschluß der Versammlung und die nachher erfolgte Sanktionirung der Centralgewalt den Waffenstillstand ratifiziren. Uns steht es also zu, zu ratifiziren oder nicht. Wir werden nicht wie die alte Diplomatie durch ein fait accompli über das Wohl Deutschlands entscheiden lassen. Ich beantrage: „sofortige Maßregeln zur Sistirung des Waffenstillstandes.“ — Die Ehre Deutschlands würde unheilbar leiden, wenn sie einen andern Beschluß fassen. — Ich erinnere Sie an Dahlmanns Worte. — (Lichnowsky: sehr schwache Rede).

Simon. Fürst Lichnowsky behalten Sie ihre Anmerkungen für sich; sie haben gar nichts zu bemerken. (Schallendes Bravo. Man lacht Lichnowsky aus, der sich am Schnurrbart zupft).

Der Redner: Preußen's und Oesterreichs Mißbilligung in dieser Sache haben wir nicht zu gewärtigen. Oesterreich ist vollauf mit sich beschäftigt. Preußen an#angend; das Volk daselbst ist durchaus Deutsch. (Rechts Zischen!) Das Streben der preußischen Aristokratie wird nicht aufkommen. Es handelt sich gar nicht um Preußens Ehre hier, nur um die der preußischen Minister. Aber weder diese, noch die der deutschen Reichsminister kann in Anschlag gebracht werden gegen die Ehre des deutschen Volkes.

Die Stunde ist da, mögen die Männer nicht fehlen. Der Waffenstillstand muß sistirt werden. (Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).

Degenkolb für das Minoritätserachten.

Zimmermann (Stuttgart). Noch zuckt der Eindruck des ron Dahlmann Gehörten in meiner Seele. Aber der Verstand allein soll mich leiten. — Ich bin diesmals ausnahmsweise für das Majoritätserachten. Der Waffenstillstand übersteigt nicht, wie ein Redner sagt, die Vollmacht des Reichsverwesers, er steht ihr offenbar ganz entgegen. — Da die Centralgewalt von uns geschaffen, so müssen wir sie auch aufrecht erhalten. Wenn wir dies nicht thun sind wir Nullen. — Heckscher hat gesagt, die Kritik sei leicht, die Kunst schwer. Aber die Thaten des Ministeriums wären seine Kritik.

An dem kleinen Punkt Schleswig-Holsteins haftet jetzt die Ehre Deutschlands. — Dort ist sie verpfändet, dort muß sie gelöst werden. — Wehe denen die wegen daraus entspringender Nachtheile ihre Ehre nicht einlösen wollen. Die Ehre geht über die Einheit. (Bravo!) Die Berliner Versammlung wird ebenso den Waffenstillstand mißbilligen. Deshalb, und weil des preußischen Volkes Ehre nicht mit der des Ministeriums zu verwechseln, und das preußische Volk ganz mit uns sein wird, hoffe ich, es wird kein Bruch mit Preußen die Folge unseres beabsichtigten Schrittes sein. — Und sollte ein Krieg daraus erfolgen, so werden wir ihn zu führen wissen. — Wollen wir etwa einen zweiten Baseler Frieden schließen? Wenn sie anders beschließen als die Majorität, so lassen sie wieder die Glocken der Paulskirche läuten, wie damals bei Ernennung eines Reichsverwesers, aber diesmals um das Grabgeläute deutscher Einheit durch Deutschland zu tragen.

Neergard (Gutsbesitzer von Holstein) beantragt: Die schleswig-holsteinschen Abgeordneten von dieser Verhandlung auszuschließen. (Mißbilligung. Links Nein! pfui!) Der Antrag bleibt ununterstützt.

Bassermann für das Minoritätserachten. In einer höchst langweiligen kraftlosen Rede erregt der Unterstaatssekretär den Unwillen der Hörer. Zum Schluß: glauben Sie in der Paulskirche sei der alleinige Ausdruck der Einheit Deutschlands zu finden? (Rechts bravo. Radowitz: sehr brav!)

Wesendonk. Der Redner vor mir hat nicht gewagt den Waffenstillstand selbst zu vertheidigen, deshalb hat er versucht, Sie einzuschüchtern durch dessen Folgen. (Bravo!) Wie mit Mäßigung muß man mit Energie verfahren; und endlich sich einmal zu einer kühnen That erheben. (Bravo links und Gallerie). Nicht einen deutschen Bruderstamm, sondern ein deutsches Kabinet wollen wir verletzen. In dem hier vor ihnen sitzenden Ministerium liegt der Ursprung dieses schmählichen Waffenstillstandes. (Bravo. — Allgemeine Sensation).

Wenn das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit damals schon bestanden hätte, als die Vollmacht ausgestellt wurde, so müßten die Minister in Anklagezustand versetzt werden. Wer einen so schmählichen Waffenstillstand schließt, wird später einen ebenso schmählichen Frieden schließen. (Bravo links und Gallerien). Lassen Sie diesmal kein Stück Papier zwischen uns und das Volk treten. (Lauter Beifall).

Wichmann (Assess. aus Pommern): Die Frage ist die Feuerprobe der Nationalversammlung — trotzdem muß ich (als preußischer Assessor) natürlich gegen die Sistirung der militärischen Maßregeln sprechen. Sie werden die Minister in Berlin zu einem Separatfrieden zwingen. (Allgemeines Gelächter).

Radowitz: Ich werde zuerst einige Begriffe herzustellen suchen. Ein Waffenstillstand ist kein Frieden und der erstere greift dem letztern nicht vor. Das positive Recht stand uns nur bei einem Schutz, den wir den Herzogthümern angedeihen ließen, zur Seite, nicht bei der Einverleibung derselben in den deutschen Bund. Da der jetzige dänische Krieg beide Veranlassungen in sich schließt, so ist es gefahrbringend für Deutschland, ihn fortzuführen. (Graf Schwerin: Sehr gut!)

Wenn ich die günstigsten Grundlagen zu einem zukünftigen Frieden mit den Punktationen des Waffenstillstands vergleiche, kann ich mich nicht entschließen, zu glauben, daß die Bedingungen des Letzteren uns einen schmählichen Frieden präjudiziren, obschon einige Punkte des Waffenstillstands mir selbst ungünstig erscheinen. Haben Sie sich aber die Folgen des Schritts, den Sie thun wollen, überlegt. Gesetzt, Schweden und Rußland fänden in einer Ueberschreitung der dänischen Gränze eine Kriegserklärung. (Die Centren erschrecken nach Wunsch). Gesetzt, Frankreich mißbilligte es. Der Waffenstillstand ist übrigens bereits ratifizirt, und würde die Centralgewalt ihn angreifen, Preußen würde ihn doch aufrecht erhalten, und der Neubau der deutschen Einheit läge in Trümmern! (!?)

Radowitz beantragt, die Nationalversammlung solle der Centralgewalt anheimstellen, den Frieden gut zu heißen oder nicht.

Bei seinem Abgang klatscht die diplomatische Tribüne heftigen Beifall. (Links viele Stimmen: Wir denunziren die diplomatische Tribüne! Sie hat geklatscht. Die Gallerien dürfen nicht klatschen!

Blum spricht darüber, daß die Bedingungen, unter denen der Waffenstillstand zu Bellevue beabsichtigt, den Punktationen von Malmö ganz widersprechen und predigt die Verwerflichkeit einzelner Punkte desselben.

Der Waffenstillstand ist im Namen des deutschen Bundes — eines Gespenstes — geschlossen! Die Gespensterfurcht haben wir hoffentlich verloren. Der Waffenstillstand bringt uns den Nachtheil der Entwaffnung; schneidet uns die Winteroperationen ab. — Seine Nichtbilligung kann uns zwar zu einem Bruche mit dem preußischen Ministerium, nimmer mit dem preußischen Volke führen. Es muß entschieden werden, ob Preußen wirklich in Deutschland aufgeht, oder Deutschland in Preußen unter! (Großer Beifall).

Minister Beckerath: (Mit seiner unverständlichen Stimme. Links Unterbrechungen. — Schwerin heranguirt die Linke vom Platz. — Wird von dieser und dem Präsidenten zur Ordnung verwiesen!) In Folge verschiedener Unwahrheiten die der Hr. Minister Blum und Simon aus Breslau unterschiebt, macht Zimmermann aus Stuttgart vom Platz zurechtweisende Bemerkungen. — Präsident ruft ihn zur Ordnung. — Links Unwillen: Lichnowsky ist vorhin nicht zur Ordnung gerufen. — Der unpartheiische „Edle“ hat hierauf nichts zu repliciren. —

Herr Beckerath schließt: durch den Waffenstillstand haben die Männer von Schleswig viel gewonnen, nichts verloren. (Allgemeines Gelächter.)

Heckscher: Zu welchem Zweck reden wir denn heut in's Unendliche. Ich hoffe man wird abstimmen, wie das Ministerium wünscht. —

Simon aus Trier. (Rechts: Schluß!) Wenn wir uns hier für die Sistirung entscheiden, wird der Krieg fortgeführt werden müssen. — Das Executive dieser Entscheidung geht unser Ministerium an. — (Rechts Gelächter.) Wenn dies nicht mehr im Stande ist den Willen der Versammlung zu vollziehen, so wird es wissen, was es zu thun hat. (Lautes Bravo.) Minister Beckerath hat Hrn. Simon von Breslau falsch verstanden, und dies Mißverständniß zum nachtheiligen Einfluß auf die Versammlung ausgebeutet. — Dies Verfahren überlasse ich der Beurtheilung. — Herrn Beckeraths altbackene Phrase: „Keine Macht der Erde etc.“ —, gehört einer todten Zeit an! — (der liebe Commerzienrath aus Crefeld kann den preußischen Landtag nicht vergessen!) Hr. Radowitz und der anstellungswüthige Hr. Bassermann kämpfen muthig mit dem System der Einschüchterungen, der Spekulation auf Freiheit.

Simon schließt mit den Worten: Wenn Preußen aufhört deutsch zu sein, werden wohl viele Preußen aufhören preußisch zu sein! (Großer Beifall; Hr. Stedtmann und Hr. Adams aus Koblenz zischen.)

Lichnowsky spricht in tragischen Renomistereien, beantragt namentliche Abstimmung für das Minoritätserachten, und zieht zu Gunsten desselben nebst Wichmann seine Anträge zurück

Wesendonk behält sich eine namentliche Abstimmung vor nach der Folgereihe der Fragen.

Schmerling. (Minister des Innern). Das Minoritätserachten macht das Ministerium einstimmig zu dem seinigen. Das Ministerium tritt zurück, wenn dasselbe verworfen wird. (Der Coup mißlang!)

Max v. Gagern. Behält sich spätere Rechtfertigungen in dieser Sache vor. — Man solle nur warten — in den 2 oder 3 Tagen bis zur Entscheidung der Hauptfrage würde wohl die Begeisterung nicht verrauchen! —

Wedekind beantragt Vertagung. Dieselbe wird dürftig unterstützt und nicht berücksichtigt.

Schluß der Debatte.

Berichterstatter. (Für Dahlmann) Wurm aus Würtemberg: Ich werde sehr kurz sein. — Ich dränge meine Empfindungen zurück. Der Tag wird kommen sie auszusprechen. Daß das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus gemacht, wird die Meinung der Majorität nicht ändern. (Beifall). Der Waffenstillstand wird ungültig, wenn wir ihn nicht ratifiziren. Dulden Sie nicht, daß die Centralgewalt mit Füßen getreten werde, die wir ja selbst zum Symbol deutscher Einheit hingestellt. — Schon verhöhnen dieselbe alle ausländischen Blätter. — (Bravo!) Preußens Uebergriff ist verzeihlich — denn es ist schwer sich der hegemonischen Gewohnheiten so schnell zu entschlagen — aber zu statuiren ist er nicht. (Bravo!) Man hat uns Furcht gemacht! — Die Furcht ist ein schlechter Rathgeber. (Bravo!) — Wählen Sie, ob Sie lieber Krieg mit dem Ausland oder seine Verachtung wollen! (Warmer Beifall. — Zischen rechts!)

Hierauf folgte die Abstimmung.

Das Minoritätserachten wurde mit 244 gegen 230 (nicht 234 wie durch einen Druckfehler in unsern gestrigen Nachtrag kam) verworfen, das Majoritätserachten mit einer Majorität von 17 Stimmen (238 gegen 221) angenommen.

Die Sitzung um 1/4 8 Uhr geschlossen. Morgen keine Sitzung. Donnerstag Grundrechte.

103 Berlin, 5. September.

Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. — Dringliche Anträge vor der Tagesordnung.

Abgeordneter Kützner: 1) daß aus dem §. 2. des Ablösungs-Gesetzes vom 31. Oktober 1845 folgender Satz außer Kraft gesetzt werde: „die Vergütigung des Mehrwerthes der Gegenleistungen erfolgt, wenn beide Theile sich nicht anders einigen können, durch eine feste Geldrente“ — und daß dafür folgender Satz Gesetzeskraft erhalte: „Bei allen Ablösungen, wo die kleinen Rustikalbesitzer von dem Dominium herauszubekommen haben, müssen dieselben mit Land von dem Dominium entschadigt werden.“ — (Zusatz Paragraph.)

„Bei allen von jetzt ab stattfindenden Ablösungen muß der wahre Gewinn, wenn er genügend durch unpartheiische Zeugen kann bewiesen werden, als Berechnungsmaaßstab dienen, und nicht die Procentsätze der fruheren Ablösungsgesetze.“

2) Daß alle seit dem 1. Januar 1846 stattgefundenen Dienstablösungs-Rezesse einer genauen Prüfung unterworfen werden, um a) alle etwa vorgekommenen Unrichtigkeiten auszugleichen und nach dem neuen Ablösungs-Gesetz festzustellen; b) überall, wo die Dominien die kleinen Rustikalbesitzer mit einer Geldrente abgefunden haben, sind die Dominien zu verpflichten, daß sie den betreffenden Rustikalbesitzern Land als Entschädigung geben müssen, weil sonst die kleinen Ackerbesitzer zu Grunde gehen müssen. —

Beide Anträge werden in die Fach-Kommission verwiesen. —

Abg. Stein: Die Versammlung wolle beschließen, daß das Staats-Ministerium die Noten und Schriften, welche

1) zwischen dem früheren Ministerium und dem ehemaligen Bundestags-Gesandten;

2) zwischen dem gegenwärtigen Ministerium und der deutschen Central-Gewalt, resp. dem Reichs-Ministerium zu Frankfurt a. M. gewechselt worden sind,

namentlich alle diejenigen Noten und Schriften, die auf die Huldigung des Heeres am 6. August d. J Bezug haben, — zur Kenntnißnahme der Versammlung mittheile. —

Der Antragsteller zieht seinen Antrag bis nach der Debatte über seinen gestrigen Antrag zurück, augenscheinlich weil er hofft in 8 Tagen ein anderes Ministerium vor sich zu haben. —

Die Petitions-Kommission läßt durch ihren Berichterstatter Abg. Elsner folgenden schleunigen Antrag verlesen:

Die Versammlung wolle beschließen, daß die Petition d. d. Liegnitz den 5. August, Nro. 9598., welche folgenden Antrag enthält:

daß von Seiten des Staates den armen nothleidenden Webern in den Sudeten, vor allem aber denjenigen des Eulengebirges eine namhafte resp. wirksame Unterstützung sofort überwiesen werde,

dem Staatsministerium zur schleunigen Berücksichtigung empfohlen werde. —

Minister Milde: Es ist wahr, die Noth im Eulengebirge ist sehr groß, die Industrie liegt darnieder und es ist sehr wenig Aussicht zu ihrem Wiederaufblühen vorhanden. Aber nicht blos im Eulengebirge allein ist große Noth vorhanden, von allen Provinzen des Staats gehen der Regierung Bitten und Berichte zu, welche eine Unterstützung zur Linderung der großen Noth verlangen. Die Regierung wird sich daher genöthigt sehen von dieser Versammlung Kredite zur Unterstützung für alle Provinzen, zur Hülfsleistung für den ganzen Staat zu verlangen. — Das vom Abg. Elsner angegriffene Seehandlungs-Institut habe jedoch vorzugsweise in Schlesien sehr segensreich gewirkt und durch eine unbegrenzte Produktion, wie sie verlangt wird, würde sich die Seehandlung nachher genöthigt sehen, die angefertigten Waaren zu jedem Preise zu verkaufen und die Waarenpreise noch mehr zu verderben. —

Abg. Behnsch spricht für den Petitionsantrag um sofortige Unterstützung und schlägt unter Andern den Baueiner Eisenbahn in den oberschlesischen Eisen- und Kohlen-Bezirken vor. Für diese Arbeiten und zur allseitigen Unterstutzung in der ganzen Provinz solle das Ministerium sofort einen Kredit von 1 Million Thaler fordern. —

Abg. Wenger spricht gegen den Antrag, weil die Provinz Schlesien nicht die einzige sei wo diese Noth herrschte. Auch in Ost-Preußen sei große Noth. Beantragt, daß man neben den nothleidenden Arbeitern in Schlesien auch die in Ost-Preußen der Berücksichtigung des Ministeriums empfehlen möge. —

Graf Reichenbach, für den Antrag. Man könne die Noth allerdings nicht mit bloßen Palliativmitteln abwenden. Radikalmittel seien die Hauptaufgabe. Die Robotdienste haben großen Antheil an der Noth; ihre Aufhebung wird Verminderung der Armuth und des Typhus zur Folge haben. —

Abg. Nees v. Esenbeck spricht auch für die augenblickliche Abhülfe der Noth. —

Schließlich wird der Antrag der Petitions-Kommission mit großer Majorität angenommen. —

Abg. Neubarth: Dringender Antrag: Die Versammlung wolle beschließen, daß unmittelbar nach der Berathung des Bürgerwehrgesetzes der Bericht der Central-Abtheilung über die Anträge wegen unentgeldlicher Aufhebung des Jagd-Servitutenrechts und der von derselben Abtheilung vorgelegte Entwurf eines Jagdgesetzes zur Berathung komme.

Der Antrag wird hinreichend unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mit großer Majorität angenommen.

Hierauf wird die am vergangenen Donnerstag unterbrochene Verhandlung über den Bericht der Kommission zur Untersuchung der Zustände des Großherzogthums Posen fortgesetzt. —

Nachdem der Berichterstatter Abg. Behnsch die Ansichten der Kommission und das Verhalten der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt, der Central-Gewalt daselbst und des hiesigen Ministeriums auseinandergesetzt, trägt der Abg. Reuter darauf an:

„Die Verhandlung über den Kommissions-Bericht bis Montag den 11. September zu vertagen.“ —

Abg. v. Berg: Ich will die Versammlung nur darauf aufmerksam machen, daß es sich bei dieser Frage hauptsächlich um die Competenz dieser Versammlung handle, indem die Wirksamkeit der niedergesetzten Kommission durch die Beschlüsse der deutschen National-Versammlung und das Stillschweigen des Ministeriums in Frage gestellt wird.

Der Antrag auf Vertagung wird jedoch verworfen und die Debatte wird fortgesetzt.

Abg. Geßler stellt das Amendement, die Versammlung wolle das Staats-Ministerium ersuchen: der deutschen Central-Gewalt schleunigst die nöthigen Vorlagen zur definitiven Feststellung der von der deutschen National-Versammlung zu Frankfurt in der Sitzung vom 27. Juli d. J. vorläufig anerkannten vorläufigen Demarkationslinie zwischen dem deutschen und polnischen Theile der Provinz Posen behufs weiterer Veranlassung bei der deutschen National-Versammlung zukommen zu lassen. —

Abg. Dunker stellt folgenden Antrag:

Die Versammlung wolle das Staatsministerium ersuchen: die Erklärung, welche von demselben durch die deutsche Central-Gewalt über die definitive Festsetzung der vorläufigen Demarkationslinie in Gemäßheit des Beschlusses der deutschen National-Versammlung vom 27. Juli erfordert werden wird, nicht eher abzugeben, als bis diese Versammlung über den von der Kommission zur Untersuchung der Zustände der Provinz Posen zu erstattenden Bericht Beschluß gefaßt hat, glei#zeitig aber:

Der Kommission aufzugeben, diesen Bericht binnen spätestens vier Wochen zu erstatten. —

Minister des Innern: Die Reorganisation des Großherzogthums Posen ist von dem Augenblicke wo sie verheißen worden bis zum heutigen Tage der Gegenstand der unausgesetzten Thätigkeit der Regierung gewesen. — (Wie der Seckel des Wehrlosen Gegenstand der Thätigkeit der Strauchjunker) Nach verschiedenen Präliminarien sei vorgestern Abend endlich von der Central-Gewalt die Mittheilung eingegangen:

„Daß die Central-Gewalt in keiner Weise die Absicht hege, ohne vorhergegangene Kommunikation mit Preußen einen definitiven Beschluß über die Demarkationslinie zu fassen.“

Ich hoffe, daß diese Erklärung die von allen Seiten geäußerten Besorgnisse zerstreuen wird.

Abg. Bloem stellt einen Antrag auf motivirte Tagesordnung:

„Die Versammlung wolle, in Erwägung: daß selbstredend die Regierung keine Schritte zur definitiven Feststellung der Demarkationslinie ohne Genehmigung der Versammlung vornehmen könne, zur Tagesordnung übergehen,“

wird verworfen. Die Amendements Dunker und Geßler werden ebenfalls verworfen. Aber auch der Antrag der Kommission:

„Die Nationalversammlung wolle das Staatsministerium ersuchen, bis dahin, wo die Kommission im Stande sein wird, das Endresultat ihrer Berathungen vorzulegen, die vorläufige Demarkationslinie im Großherzogthume Posen nicht definitiv feststellen zu lassen“

wird nicht angenommen. (!)

Hierauf Fortsetzung der Berathung des Bürgerwehrgesetzes. Berichterstatter Euler verliest den Abschnitt VII. von der Dienstkleidung und Ausrüstung zur Bürgerwehr. — Es wird beantragt, die §§. 55 u. 59. zusammen zu berathen, weil sie zusammenhängend ihrem Inhalte nach sind. Nach langer Debatte über den Inhalt dieser §§. wird zunächst das Amendement des

Abg. Pax: Die Versammlung wolle beschließen, den §. 55 dahin zu ändern, daß er laute:

§. 55. „Die Bürgerwehr soll ein im ganzen Lande gleiches vom Könige zu bestimmendes Dienstzeichen tragen,“ mit großer Majorität angenommen. Durch diesen Beschluß sind alle Bestimmungen über eine Dienstkleidung der Bürgerwehr ausgeschlossen und es steht Jedem frei sich nach seinem Belieben zu kleiden; auch aus §. 59. fällt nun die Bestimmung über die Dienstkleidung aus und dieser lautet alsdann:

§. 59. Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß jedes Mitglied der Bürgerwehr auf eigene Kosten sorgen Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet, diese Gegenstände auf ihre Kosten in solcher Menge zu beschaffen, als zur Ausrüstung desjenigen Theiles der wirklich dienstthuenden Mannschaft, welcher die Kosten aus eigenen Mitteln nicht tragen kann, erforderlich ist.

Abg. Jakoby verliest zur Begründung eines von ihm und 55 Abgeordneten der Linken gestellten Amendements, welches lautet:

„Die Bewaffnung der Bürgerwehr wird auf Staatskosten beschafft, vorbehaltlich der Befugniß des Einzelnen, die Kosten selbst zu tragen,“

die Bekanntmachung vom 19. März d. J., worin im Namen des Königs eine Bürgerbewaffnung angeordnet und die Lieferung der Waffen von Seiten des Staats versprochen wird.

Abg. Auerswald will dieser Bekanntmachung keine bindende Kraft zugestehen, weil sie von keinem Minister, sondern nur von sechs Privatpersonen, die sich als provisorisches Comite gebildet, unterzeichnet sei.

Abg. Jakoby erwidert, daß diese Bekanntmachung die Friedensbedingung nach einem 16stündigen Kampfe zwischen König und Volk gewesen, und daß außerdem der damalige Polizei-Präsident Minutoli an der Spitze der Unterschriebenen stehe, ein verantwortliches Ministerium gabs am 19. März nicht

Bei der namentlichen Abstimmung wird das Amendement Jakoby jedoch mit 201 gegen 121 Stimmen verworfen. — Ebenso wird ein Amendement des Abg. Bauer (Krotoschin) verworfen, welches lautet:

„Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß die Gemeinde sorgen; jedoch bleibt es jedem Mitgliede der Bürgerwehr unbenommen, sich Waffen in vorschriftsmäßiger Art, auf eigene Kosten anzuschaffen.“

Schließlich wird der §. 59., wie er oben lautet, mit großer Majorität angenommen und hat demnach weder der Staat noch die Gemeinde für Waffen zu sorgen.

Berlin, 4. September.

Das Ministerium hat in einer heute Abend abgehaltenen Sitzung beschlossen, am Donnerstag zurückzutreten, im Fall ihm nicht mit großer Majorität völlig freie Hand in Bezug auf den Stein-Schulze'schen Antrag gelassen wird; es will auf eine Transaction und selbst eine vermittelnde motivirte Tagesordnung nicht eingehen. Die Salons des Ministerpräsidenten waren diesen Abend sehr wenig besucht, da alle Abgeordneten in den Parteiversammlungen in eifrigster Diskussion waren. — Eine diesen Nachmittag eingetroffene Depesche meldet, daß Oestreich den englisch-französischen Vermittelungsvorschlag angenommen habe. (?)

(H. B.-H.)
61 Wien, 2. September.

Nachdem in der vorgestrigen Sitzung der Reichstag über den Kommissionsantrag Lassers votirt und die drei letzten Punkte des Kudlichischen Antrag verworfen hatte, beschäftigte er sich gestern und heute mit der Verdauung der übrig gebliebenen Amendements.

Am Schlusse der heutigen Sitzung erklärte Justizminister Bach: „Ich fühle mich verpflichtet zu erklären, daß die Reichskammer berufen ist, die Verfassung zu geben und dieselbe mit Sr. Majestät zu vereinbaren.

Die Reichskammer ist auch ein gesetzgebender Körper, insoferne von ihr vorgebrachte Gesetze durch das Ministerium zur Sanktion an Se. Majestät gelangen. Die Reichskammer ist jedoch nicht ermächtigt, mit dem Publikum (!) auf einem andern Wege zu verkehren, als durch den Weg der obersten Exekutivgewalt. Solange insbesondere ein Gesetz durch Se. Majestät noch nicht die Sanktion erhielt, kann es auch vom Ministerium nicht als ein Gesetz betrachtet werden. Dies ist die Stellung und Ansicht des Ministeriums.“ (Beifall im Zentrum. Zischen von anderer Seite.

Für Morgen Sonntag, hatte der demokratische Verein einen Trauergang zu den Gräbern der am 21. und 23. August gefallenen Arbeiter beschlossen und durch Maueranschlag sämmtliche de-

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          <p>Gagern will hierauf zur Tagesordnung (Berathung der Grundrechte) übergehen;                         es wird jedoch beschlossen, sich bis 12 Uhr zu vertagen.</p>
          <p>Um 12 Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet.</p>
          <p>Dahlmann (Berichterstatter der beiden Ausschüsse in der                         schleswig-holsteinischen Frage): &#x201E;Vor allem erkläre ich, daß ich nicht                         genügend ausgerüstet bin, Ihnen Bericht zu erstatten, weil die Vorlage der                         Aktenstücke nicht ausreichend war. Ich kann Sie nicht durch den Irrgarten                         der Verhandlungen führen. &#x2014; Zur Abschließung des vorliegenden                         Waffenstillstandes hat Camphausen eine unbeschränkte Vollmacht von der                         Centralgewalt verlangt (!). Diese ist verweigert worden Dagegen eine                         Vollmacht vom Reichsverweser ausgestellt worden; in dieser vermisse ich                         übrigens die Contrasignatur der verantwortlichen Minister. (Aha! links.)                         Ferner hat man in dem nunmehr abgeschlossenen Waffenstillstand die Vollmacht                         des Reichsverwesers bei weitem uberschritten. Das Reichsministerium hat bis                         zuletzt geglaubt, es handle sich nur um einen dreimonatlichen                         Waffenstillstand. Alle von mir (in meiner gestrigen Interpellation)                         gefürchteten Bedingungen sind leider wirklich wahr. Der Waffenstillstand                         führt nach 7 Monaten Deutschland gerade bis zum 1. April. (Bravo!) Der                         gehaßte, verachtete Karl v. Moltke steht an der Spitze der                         Regierungskommission.</p>
          <p>Heckscher hat gestern im Ausschuß erklärt, er finde in den Bedingungen des                         Waffenstillstandes nichts Entehrendes. (Langes Zischen.) Er hat gesagt, man                         dürfe die Frage der Sistirung nicht von der Frage über Billigung des                         Waffenstillstandes überhaupt trennen. Trotzdem beantragt die Majorität des                         Ausschusses mit 11 Stimmen unter 19 im Gegensatz mit dem Minister Heckscher:                         &#x201E;Die National-Versammlung möge die Sistirung der militärischen und sonstigen                         Maßregeln beschließen!&#x201C;</p>
          <p>Wurm, Cucumus und Dahlmann sind vom Ausschuß ferner bestimmt, um über die                         Hauptfrage der Ratifizirung oder Nichtratifizirung zu berichten.</p>
          <p>Wir (die Majorität) haben so gestimmt, weil wir Schleswig-Holstein nicht der                         Anarchie und Dänen-Unterdrückung aussetzen wollten. Wenn Schleswig-Holstein,                         wie ich glaube, gegen den Abschluß des Waffenstillstandes sich auflehnt,                         werden nicht von allen Seiten Deutschlands Freischaaren herbeiströmen?                         (Bravo! Jawohl.) Dürfen wir unser eignes Fleisch und Blut opfern &#x2014; unsre                         Landsleute dem Untergange überliefern? &#x2014; hierzu habe ich nicht den Muth und                         deshalb eben bin ich heute so muthig. (Lautes Bravo.) Denken Sie an England.                         Jeder einzelne Engländer wiegt so schwer, als sein ganzes Vaterland. Wir                         hier sollen der Mittelpunkt der deutschen Einheit sein. Wenn Sie hier nicht                         entschieden sind, werden Sie ihr ehemals stolzes Haupt nie wieder erheben.                         Die werden fallen, die jetzt triumphiren. (Lauter Beifall von allen Seiten,                         außer der äußersten Rechten).</p>
          <p>Schubert aus Königsberg. Für das Minoritätserachten der vereinigten                         Ausschüsse, bestehend aus 8 Mann: Ueber die Sistirung des Waffenstillstandes                         ist erst dann abzustimmen, wenn über den Waffenstillstand überhaupt wird                         Beschluß gefaßt werden. (Würth, Max Gagern, Flottwell, Zenetti, Schubert,                         Gompard, Dunker).</p>
          <p>Peuker (Kriegsminister): Ein Heer kann nur 3 Meilen täglich zurückmarschiren.                         Wrangel hat heute früh erst gemeldet daß sein Hauptquartier noch in                         Apenrade. Die Sistirung der Truppenrückmärsche ist also eine sehr                         untergeordnete Maßregel. Aber sie wird einen Bruch des Waffenstillstandes                         überhaupt aussprechen.</p>
          <p>Schmerling (Minister): Das Ministerium theilt die Gründe des                         Minoritätserachtens. Diese Meinung ist die einstimmige des Ministeriums.                         (Vor der Kirche hört man toben &#x2014; heftiger Zudrang zu den Gallerien.) Nach                         sorgfältiger Berathung hat das Ministerium beschlossen, <hi rendition="#g">nicht</hi> auf Verwerfung des Waffenstillstandes anzutragen.</p>
          <p>Präsident verliest zwei neue Anträge: 1. von der äußersten Linken: die                         Centralgewalt zu der Bestimmung zu veranlassen, die Truppen wieder in ihre                         alten Stellungen zurückzuführen. Der 2. von Künsberg und Genossen geht auf                         Tagesordnung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Simon</hi> aus Breslau. Nach Art. IV. der Akte der                         Begründung der Centralgewalt kann erst der Beschluß der Versammlung und die                         nachher erfolgte Sanktionirung der Centralgewalt den Waffenstillstand                         ratifiziren. Uns steht es also zu, zu ratifiziren oder nicht. Wir werden                         nicht wie die alte Diplomatie durch ein fait accompli über das Wohl                         Deutschlands entscheiden lassen. Ich beantrage: &#x201E;sofortige Maßregeln zur                         Sistirung des Waffenstillstandes.&#x201C; &#x2014; Die Ehre Deutschlands würde unheilbar                         leiden, wenn sie einen andern Beschluß fassen. &#x2014; Ich erinnere Sie an                         Dahlmanns Worte. &#x2014; (Lichnowsky: sehr schwache Rede).</p>
          <p><hi rendition="#g">Simon</hi>. Fürst Lichnowsky behalten Sie ihre Anmerkungen                         für sich; sie haben gar nichts zu bemerken. (Schallendes Bravo. Man lacht                         Lichnowsky aus, der sich am Schnurrbart zupft).</p>
          <p>Der <hi rendition="#g">Redner</hi>: Preußen's und Oesterreichs Mißbilligung                         in dieser Sache haben wir nicht zu gewärtigen. Oesterreich ist vollauf mit                         sich beschäftigt. Preußen an#angend; das Volk daselbst ist durchaus Deutsch.                         (Rechts Zischen!) Das Streben der preußischen Aristokratie wird nicht                         aufkommen. Es handelt sich gar nicht um Preußens Ehre hier, nur um die der                         preußischen Minister. Aber weder diese, noch die der deutschen                         Reichsminister kann in Anschlag gebracht werden gegen die Ehre des deutschen                         Volkes.</p>
          <p>Die Stunde ist da, mögen die Männer nicht fehlen. Der Waffenstillstand muß                         sistirt werden. (Bravo links, linkes Centrum und Gallerien).</p>
          <p><hi rendition="#g">Degenkolb</hi> für das Minoritätserachten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Zimmermann</hi> (Stuttgart). Noch zuckt der Eindruck des                         ron Dahlmann Gehörten in meiner Seele. Aber der Verstand allein soll mich                         leiten. &#x2014; Ich bin diesmals ausnahmsweise für das Majoritätserachten. Der                         Waffenstillstand übersteigt nicht, wie ein Redner sagt, die Vollmacht des                         Reichsverwesers, er steht ihr offenbar ganz entgegen. &#x2014; Da die Centralgewalt                         von uns geschaffen, so müssen wir sie auch aufrecht erhalten. Wenn wir dies                         nicht thun sind wir Nullen. &#x2014; Heckscher hat gesagt, die Kritik sei leicht,                         die Kunst schwer. Aber die Thaten des Ministeriums wären seine Kritik.</p>
          <p>An dem kleinen Punkt Schleswig-Holsteins haftet jetzt die Ehre Deutschlands.                         &#x2014; Dort ist sie verpfändet, dort muß sie gelöst werden. &#x2014; Wehe denen die                         wegen daraus entspringender Nachtheile ihre Ehre nicht einlösen wollen. Die                         Ehre geht über die Einheit. (Bravo!) Die Berliner Versammlung wird ebenso                         den Waffenstillstand mißbilligen. Deshalb, und weil des preußischen Volkes                         Ehre nicht mit der des Ministeriums zu verwechseln, und das preußische Volk                         ganz mit uns sein wird, hoffe ich, es wird kein Bruch mit Preußen die Folge                         unseres beabsichtigten Schrittes sein. &#x2014; Und sollte ein Krieg daraus                         erfolgen, so werden wir ihn zu führen wissen. &#x2014; Wollen wir etwa einen                         zweiten Baseler Frieden schließen? Wenn sie anders beschließen als die                         Majorität, so lassen sie wieder die Glocken der Paulskirche läuten, wie                         damals bei Ernennung eines Reichsverwesers, aber diesmals um das Grabgeläute                         deutscher Einheit durch Deutschland zu tragen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Neergard</hi> (Gutsbesitzer von Holstein) beantragt: Die                         schleswig-holsteinschen Abgeordneten von dieser Verhandlung auszuschließen.                         (Mißbilligung. Links Nein! pfui!) Der Antrag bleibt ununterstützt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bassermann</hi> für das Minoritätserachten. In einer                         höchst langweiligen kraftlosen Rede erregt der Unterstaatssekretär den                         Unwillen der Hörer. Zum Schluß: glauben Sie in der Paulskirche sei der                         alleinige Ausdruck der Einheit Deutschlands zu finden? (Rechts bravo.                         Radowitz: sehr brav!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Wesendonk</hi>. Der Redner vor mir hat nicht gewagt den                         Waffenstillstand selbst zu vertheidigen, deshalb hat er versucht, Sie                         einzuschüchtern durch dessen Folgen. (Bravo!) Wie mit Mäßigung muß man mit                         Energie verfahren; und endlich sich einmal zu einer kühnen That erheben.                         (Bravo links und Gallerie). Nicht einen deutschen Bruderstamm, sondern ein                         deutsches Kabinet wollen wir verletzen. In dem <hi rendition="#g">hier vor                             ihnen</hi> sitzenden Ministerium liegt der Ursprung dieses schmählichen                         Waffenstillstandes. (Bravo. &#x2014; Allgemeine Sensation).</p>
          <p>Wenn das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit damals schon bestanden hätte,                         als die Vollmacht ausgestellt wurde, so müßten die Minister in                         Anklagezustand versetzt werden. Wer einen so schmählichen Waffenstillstand                         schließt, wird später einen ebenso schmählichen Frieden schließen. (Bravo                         links und Gallerien). Lassen Sie diesmal kein Stück Papier zwischen uns und                         das Volk treten. (Lauter Beifall).</p>
          <p>Wichmann (Assess. aus Pommern): Die Frage ist die Feuerprobe der                         Nationalversammlung &#x2014; trotzdem muß ich (als preußischer Assessor) natürlich                         gegen die Sistirung der militärischen Maßregeln sprechen. Sie werden die                         Minister in Berlin zu einem Separatfrieden zwingen. (Allgemeines                         Gelächter).</p>
          <p>Radowitz: Ich werde zuerst einige Begriffe herzustellen suchen. Ein                         Waffenstillstand ist kein Frieden und der erstere greift dem letztern nicht                         vor. Das positive Recht stand uns nur bei einem Schutz, den wir den                         Herzogthümern angedeihen ließen, zur Seite, nicht bei der Einverleibung                         derselben in den deutschen Bund. Da der jetzige dänische Krieg beide                         Veranlassungen in sich schließt, so ist es gefahrbringend für Deutschland,                         ihn fortzuführen. (Graf Schwerin: Sehr gut!)</p>
          <p>Wenn ich die günstigsten Grundlagen zu einem zukünftigen Frieden mit den                         Punktationen des Waffenstillstands vergleiche, kann ich mich nicht                         entschließen, zu glauben, daß die Bedingungen des Letzteren uns einen                         schmählichen Frieden präjudiziren, obschon einige Punkte des                         Waffenstillstands mir selbst ungünstig erscheinen. Haben Sie sich aber die                         Folgen des Schritts, den Sie thun wollen, überlegt. Gesetzt, Schweden und                         Rußland fänden in einer Ueberschreitung der dänischen Gränze eine                         Kriegserklärung. (Die Centren erschrecken nach Wunsch). Gesetzt, Frankreich                         mißbilligte es. Der Waffenstillstand ist übrigens bereits ratifizirt, und                         würde die Centralgewalt ihn angreifen, Preußen würde ihn doch aufrecht                         erhalten, und der Neubau der deutschen Einheit läge in Trümmern! (!?)</p>
          <p>Radowitz beantragt, die Nationalversammlung solle der Centralgewalt                         anheimstellen, den Frieden gut zu heißen oder nicht.</p>
          <p>Bei seinem Abgang klatscht die diplomatische Tribüne heftigen Beifall. (Links                         viele Stimmen: Wir denunziren die diplomatische Tribüne! Sie hat geklatscht.                         Die Gallerien dürfen nicht klatschen!</p>
          <p>Blum spricht darüber, daß die Bedingungen, unter denen der Waffenstillstand                         zu Bellevue beabsichtigt, den Punktationen von Malmö ganz widersprechen und                         predigt die Verwerflichkeit einzelner Punkte desselben.</p>
          <p>Der Waffenstillstand ist im Namen des deutschen Bundes &#x2014; eines Gespenstes &#x2014;                         geschlossen! Die Gespensterfurcht haben wir hoffentlich verloren. Der                         Waffenstillstand bringt uns den Nachtheil der Entwaffnung; schneidet uns die                         Winteroperationen ab. &#x2014; Seine Nichtbilligung kann uns zwar zu einem Bruche                         mit dem preußischen Ministerium, nimmer mit dem preußischen Volke führen. Es                         muß entschieden werden, ob Preußen wirklich in Deutschland aufgeht, oder                         Deutschland in Preußen unter! (Großer Beifall).</p>
          <p>Minister Beckerath: (Mit seiner unverständlichen Stimme. Links                         Unterbrechungen. &#x2014; Schwerin heranguirt die Linke vom Platz. &#x2014; Wird von                         dieser und dem Präsidenten zur Ordnung verwiesen!) In Folge verschiedener                         Unwahrheiten die der Hr. Minister Blum und Simon aus Breslau unterschiebt,                         macht Zimmermann aus Stuttgart vom Platz zurechtweisende Bemerkungen. &#x2014;                         Präsident ruft ihn zur Ordnung. &#x2014; Links Unwillen: Lichnowsky ist vorhin                         nicht zur Ordnung gerufen. &#x2014; Der unpartheiische &#x201E;Edle&#x201C; hat hierauf nichts zu                         repliciren. &#x2014;</p>
          <p>Herr Beckerath schließt: durch den Waffenstillstand haben die Männer von                         Schleswig viel gewonnen, nichts verloren. (Allgemeines Gelächter.)</p>
          <p>Heckscher: Zu welchem Zweck reden wir denn heut in's Unendliche. Ich hoffe                         man wird abstimmen, wie das Ministerium wünscht. &#x2014;</p>
          <p>Simon aus Trier. (Rechts: Schluß!) Wenn wir uns hier für die Sistirung                         entscheiden, wird der Krieg fortgeführt werden müssen. &#x2014; Das Executive                         dieser Entscheidung geht unser Ministerium an. &#x2014; (Rechts Gelächter.) Wenn                         dies nicht mehr im Stande ist den Willen der Versammlung zu vollziehen, so                         wird es wissen, was es zu thun hat. (Lautes Bravo.) Minister Beckerath hat                         Hrn. Simon von Breslau falsch verstanden, und dies Mißverständniß zum                         nachtheiligen Einfluß auf die Versammlung ausgebeutet. &#x2014; Dies Verfahren                         überlasse ich der Beurtheilung. &#x2014; Herrn Beckeraths altbackene Phrase: &#x201E;Keine                         Macht der Erde etc.&#x201C; &#x2014;, gehört einer todten Zeit an! &#x2014; (der liebe                         Commerzienrath aus Crefeld kann den preußischen Landtag nicht vergessen!)                         Hr. Radowitz und der anstellungswüthige Hr. Bassermann kämpfen muthig mit                         dem System der Einschüchterungen, der Spekulation auf Freiheit.</p>
          <p>Simon schließt mit den Worten: Wenn Preußen aufhört deutsch zu sein, werden                         wohl viele Preußen aufhören preußisch zu sein! (Großer Beifall; Hr.                         Stedtmann und Hr. Adams aus Koblenz zischen.)</p>
          <p>Lichnowsky spricht in tragischen Renomistereien, beantragt namentliche                         Abstimmung für das Minoritätserachten, und zieht zu Gunsten desselben nebst                         Wichmann seine Anträge zurück</p>
          <p><hi rendition="#g">Wesendonk</hi> behält sich eine namentliche Abstimmung vor                         nach der Folgereihe der Fragen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmerling</hi>. (Minister des Innern). Das                         Minoritätserachten macht das Ministerium einstimmig zu dem seinigen. Das                         Ministerium tritt zurück, wenn dasselbe verworfen wird. (Der Coup                         mißlang!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Max v. Gagern</hi>. Behält sich spätere Rechtfertigungen                         in dieser Sache vor. &#x2014; Man solle nur warten &#x2014; in den 2 oder 3 Tagen bis zur                         Entscheidung der Hauptfrage würde wohl die Begeisterung nicht verrauchen!                         &#x2014;</p>
          <p><hi rendition="#g">Wedekind</hi> beantragt Vertagung. Dieselbe wird dürftig                         unterstützt und nicht berücksichtigt.</p>
          <p>Schluß der Debatte.</p>
          <p><hi rendition="#g">Berichterstatter</hi>. (Für Dahlmann) <hi rendition="#g">Wurm</hi> aus Würtemberg: Ich werde sehr kurz sein. &#x2014; Ich dränge meine                         Empfindungen zurück. Der Tag wird kommen sie auszusprechen. Daß das                         Ministerium eine Kabinetsfrage daraus gemacht, wird die Meinung der                         Majorität nicht ändern. (Beifall). Der Waffenstillstand wird ungültig, wenn                         wir ihn nicht ratifiziren. Dulden Sie nicht, daß die Centralgewalt mit Füßen                         getreten werde, die wir ja selbst zum Symbol deutscher Einheit hingestellt.                         &#x2014; Schon verhöhnen dieselbe alle ausländischen Blätter. &#x2014; (Bravo!) Preußens                         Uebergriff ist verzeihlich &#x2014; denn es ist schwer sich der hegemonischen                         Gewohnheiten so schnell zu entschlagen &#x2014; aber zu statuiren ist er nicht.                         (Bravo!) Man hat uns Furcht gemacht! &#x2014; Die Furcht ist ein schlechter                         Rathgeber. (Bravo!) &#x2014; Wählen Sie, ob Sie lieber Krieg mit dem Ausland oder                         seine Verachtung wollen! (Warmer Beifall. &#x2014; Zischen rechts!)</p>
          <p>Hierauf folgte die Abstimmung.</p>
          <p>Das Minoritätserachten wurde mit 244 gegen 230 (nicht 234 wie durch einen                         Druckfehler in unsern gestrigen Nachtrag kam) verworfen, das                         Majoritätserachten mit einer Majorität von 17 Stimmen (238 gegen 221)                         angenommen.</p>
          <p>Die Sitzung um 1/4 8 Uhr geschlossen. Morgen keine Sitzung. Donnerstag                         Grundrechte.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar097_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 5. September.</head>
          <p>Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. &#x2014; Dringliche Anträge vor der                         Tagesordnung.</p>
          <p>Abgeordneter <hi rendition="#g">Kützner</hi>: 1) daß aus dem §. 2. des                         Ablösungs-Gesetzes vom 31. Oktober 1845 folgender Satz außer Kraft gesetzt                         werde: &#x201E;die Vergütigung des Mehrwerthes der Gegenleistungen erfolgt, wenn                         beide Theile sich nicht anders einigen können, durch eine feste Geldrente&#x201C; &#x2014;                         und daß dafür folgender Satz Gesetzeskraft erhalte: &#x201E;Bei allen Ablösungen,                         wo die kleinen Rustikalbesitzer von dem Dominium herauszubekommen haben,                         müssen dieselben mit Land von dem Dominium entschadigt werden.&#x201C; &#x2014; (Zusatz                         Paragraph.)</p>
          <p>&#x201E;Bei allen von jetzt ab stattfindenden Ablösungen muß der wahre Gewinn, wenn                         er genügend durch unpartheiische Zeugen kann bewiesen werden, als                         Berechnungsmaaßstab dienen, und nicht die Procentsätze der fruheren                         Ablösungsgesetze.&#x201C;</p>
          <p>2) Daß alle seit dem 1. Januar 1846 stattgefundenen Dienstablösungs-Rezesse                         einer genauen Prüfung unterworfen werden, um a) alle etwa vorgekommenen                         Unrichtigkeiten auszugleichen und nach dem neuen Ablösungs-Gesetz                         festzustellen; b) überall, wo die Dominien die kleinen Rustikalbesitzer mit                         einer Geldrente abgefunden haben, sind die Dominien zu verpflichten, daß sie                         den betreffenden Rustikalbesitzern Land als Entschädigung geben müssen, weil                         sonst die kleinen Ackerbesitzer zu Grunde gehen müssen. &#x2014;</p>
          <p>Beide Anträge werden in die Fach-Kommission verwiesen. &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Stein:</hi> Die Versammlung wolle beschließen, daß                         das Staats-Ministerium die Noten und Schriften, welche</p>
          <p>1) zwischen dem früheren Ministerium und dem ehemaligen                         Bundestags-Gesandten;</p>
          <p>2) zwischen dem gegenwärtigen Ministerium und der deutschen Central-Gewalt,                         resp. dem Reichs-Ministerium zu Frankfurt a. M. gewechselt worden sind,</p>
          <p>namentlich alle diejenigen Noten und Schriften, die auf die Huldigung des                         Heeres am 6. August d. J Bezug haben, &#x2014; zur Kenntnißnahme der Versammlung                         mittheile. &#x2014;</p>
          <p>Der Antragsteller zieht seinen Antrag bis nach der Debatte über seinen                         gestrigen Antrag zurück, augenscheinlich weil er hofft in 8 Tagen ein                         anderes Ministerium vor sich zu haben. &#x2014;</p>
          <p>Die Petitions-Kommission läßt durch ihren Berichterstatter Abg. Elsner                         folgenden schleunigen Antrag verlesen:</p>
          <p>Die Versammlung wolle beschließen, daß die Petition d. d. Liegnitz den 5.                         August, Nro. 9598., welche folgenden Antrag enthält:</p>
          <p rendition="#et">daß von Seiten des Staates den armen nothleidenden Webern in                         den Sudeten, vor allem aber denjenigen des Eulengebirges eine namhafte resp.                         wirksame Unterstützung sofort überwiesen werde,</p>
          <p>dem Staatsministerium zur schleunigen Berücksichtigung empfohlen werde. &#x2014;</p>
          <p>Minister <hi rendition="#g">Milde:</hi> Es ist wahr, die Noth im Eulengebirge                         ist sehr groß, die Industrie liegt darnieder und es ist sehr wenig Aussicht                         zu ihrem Wiederaufblühen vorhanden. Aber nicht blos im Eulengebirge allein                         ist große Noth vorhanden, von allen Provinzen des Staats gehen der Regierung                         Bitten und Berichte zu, welche eine Unterstützung zur Linderung der großen                         Noth verlangen. Die Regierung wird sich daher genöthigt sehen von dieser                         Versammlung Kredite zur Unterstützung für alle Provinzen, zur Hülfsleistung                         für den ganzen Staat zu verlangen. &#x2014; Das vom Abg. Elsner angegriffene                         Seehandlungs-Institut habe jedoch vorzugsweise in Schlesien sehr segensreich                         gewirkt und durch eine unbegrenzte Produktion, wie sie verlangt wird, würde                         sich die Seehandlung nachher genöthigt sehen, die angefertigten Waaren zu                         jedem Preise zu verkaufen und die Waarenpreise noch mehr zu verderben. &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Behnsch</hi> spricht für den Petitionsantrag um                         sofortige Unterstützung und schlägt unter Andern den Baueiner Eisenbahn in                         den oberschlesischen Eisen- und Kohlen-Bezirken vor. Für diese Arbeiten und                         zur allseitigen Unterstutzung in der ganzen Provinz solle das Ministerium                         sofort einen Kredit von 1 Million Thaler fordern. &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Wenger</hi> spricht gegen den Antrag, weil die                         Provinz Schlesien nicht die einzige sei wo diese Noth herrschte. Auch in                         Ost-Preußen sei große Noth. Beantragt, daß man neben den nothleidenden                         Arbeitern in Schlesien auch die in Ost-Preußen der Berücksichtigung des                         Ministeriums empfehlen möge. &#x2014;</p>
          <p>Graf <hi rendition="#g">Reichenbach,</hi> für den Antrag. Man könne die Noth                         allerdings nicht mit bloßen Palliativmitteln abwenden. Radikalmittel seien                         die Hauptaufgabe. Die Robotdienste haben großen Antheil an der Noth; ihre                         Aufhebung wird Verminderung der Armuth und des Typhus zur Folge haben. &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Nees</hi> v. Esenbeck spricht auch für die                         augenblickliche Abhülfe der Noth. &#x2014;</p>
          <p>Schließlich wird der Antrag der Petitions-Kommission mit großer Majorität                         angenommen. &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Neubarth:</hi> Dringender Antrag: Die Versammlung                         wolle beschließen, daß unmittelbar nach der Berathung des Bürgerwehrgesetzes                         der Bericht der Central-Abtheilung über die Anträge wegen unentgeldlicher                         Aufhebung des Jagd-Servitutenrechts und der von derselben Abtheilung                         vorgelegte Entwurf eines Jagdgesetzes zur Berathung komme.</p>
          <p>Der Antrag wird hinreichend unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mit                         großer Majorität angenommen.</p>
          <p>Hierauf wird die am vergangenen Donnerstag unterbrochene Verhandlung über den                         Bericht der Kommission zur Untersuchung der Zustände des Großherzogthums                         Posen fortgesetzt. &#x2014;</p>
          <p>Nachdem der Berichterstatter Abg. Behnsch die Ansichten der Kommission und                         das Verhalten der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt, der                         Central-Gewalt daselbst und des hiesigen Ministeriums auseinandergesetzt,                         trägt der Abg. Reuter darauf an:</p>
          <p>&#x201E;Die Verhandlung über den Kommissions-Bericht bis Montag den 11. September zu                         vertagen.&#x201C; &#x2014;</p>
          <p>Abg. v. <hi rendition="#g">Berg</hi>: Ich will die Versammlung nur darauf                         aufmerksam machen, daß es sich bei dieser Frage hauptsächlich um die                         Competenz dieser Versammlung handle, indem die Wirksamkeit der                         niedergesetzten Kommission durch die Beschlüsse der deutschen                         National-Versammlung und das Stillschweigen des Ministeriums in Frage                         gestellt wird.</p>
          <p>Der Antrag auf Vertagung wird jedoch verworfen und die Debatte wird                         fortgesetzt.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Geßler</hi> stellt das Amendement, die Versammlung                         wolle das Staats-Ministerium ersuchen: der deutschen Central-Gewalt                         schleunigst die nöthigen Vorlagen zur definitiven Feststellung der von der                         deutschen National-Versammlung zu Frankfurt in der Sitzung vom 27. Juli d.                         J. vorläufig anerkannten vorläufigen Demarkationslinie zwischen dem                         deutschen und polnischen Theile der Provinz Posen behufs weiterer                         Veranlassung bei der deutschen National-Versammlung zukommen zu lassen.                         &#x2014;</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Dunker</hi> stellt folgenden Antrag:</p>
          <p>Die Versammlung wolle das Staatsministerium ersuchen: die Erklärung, welche                         von demselben durch die deutsche Central-Gewalt über die definitive                         Festsetzung der vorläufigen Demarkationslinie in Gemäßheit des Beschlusses                         der deutschen National-Versammlung vom 27. Juli erfordert werden wird, nicht                         eher abzugeben, als bis diese Versammlung über den von der Kommission zur                         Untersuchung der Zustände der Provinz Posen zu erstattenden Bericht Beschluß                         gefaßt hat, glei#zeitig aber:</p>
          <p>Der Kommission aufzugeben, diesen Bericht binnen spätestens vier Wochen zu                         erstatten. &#x2014;</p>
          <p>Minister des Innern: Die Reorganisation des Großherzogthums Posen ist von dem                         Augenblicke wo sie verheißen worden bis zum heutigen Tage der Gegenstand der                         unausgesetzten Thätigkeit der Regierung gewesen. &#x2014; (Wie der Seckel des                         Wehrlosen Gegenstand der Thätigkeit der Strauchjunker) Nach verschiedenen                         Präliminarien sei vorgestern Abend endlich von der Central-Gewalt die                         Mittheilung eingegangen:</p>
          <p>&#x201E;Daß die Central-Gewalt in keiner Weise die Absicht hege, ohne                         vorhergegangene Kommunikation mit Preußen einen definitiven Beschluß über                         die Demarkationslinie zu fassen.&#x201C;</p>
          <p>Ich hoffe, daß diese Erklärung die von allen Seiten geäußerten Besorgnisse                         zerstreuen wird.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Bloem</hi> stellt einen Antrag auf motivirte                         Tagesordnung:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die Versammlung wolle, in Erwägung: daß selbstredend die                         Regierung keine Schritte zur definitiven Feststellung der Demarkationslinie                         ohne Genehmigung der Versammlung vornehmen könne, zur Tagesordnung                         übergehen,&#x201C;</p>
          <p>wird <hi rendition="#g">verworfen</hi>. Die Amendements <hi rendition="#g">Dunker und Geßler</hi> werden ebenfalls verworfen. Aber auch der Antrag                         der Kommission:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die Nationalversammlung wolle das Staatsministerium                         ersuchen, bis dahin, wo die Kommission im Stande sein wird, das Endresultat                         ihrer Berathungen vorzulegen, die vorläufige Demarkationslinie im                         Großherzogthume Posen nicht <hi rendition="#g">definitiv</hi> feststellen zu                         lassen&#x201C;</p>
          <p>wird <hi rendition="#g">nicht angenommen</hi>. (!)</p>
          <p>Hierauf Fortsetzung der Berathung des Bürgerwehrgesetzes. Berichterstatter <hi rendition="#g">Euler</hi> verliest den Abschnitt VII. von der <hi rendition="#g">Dienstkleidung</hi> und <hi rendition="#g">Ausrüstung</hi> zur Bürgerwehr. &#x2014; Es wird beantragt, die §§. 55 u. 59.                         zusammen zu berathen, weil sie zusammenhängend ihrem Inhalte nach sind. Nach                         langer Debatte über den Inhalt dieser §§. wird zunächst das Amendement                         des</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Pax</hi>: Die Versammlung wolle beschließen, den §.                         55 dahin zu ändern, daß er laute:</p>
          <p>§. 55. &#x201E;Die Bürgerwehr soll ein im ganzen Lande gleiches vom Könige zu                         bestimmendes Dienstzeichen tragen,&#x201C; mit großer Majorität angenommen. Durch                         diesen Beschluß sind alle Bestimmungen über eine <hi rendition="#g">Dienstkleidung</hi> der Bürgerwehr ausgeschlossen und es steht Jedem                         frei sich nach seinem Belieben zu kleiden; auch aus §. 59. fällt nun die                         Bestimmung über die Dienstkleidung aus und dieser lautet alsdann:</p>
          <p>§. 59. Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß jedes Mitglied der                         Bürgerwehr auf eigene Kosten sorgen Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet,                         diese Gegenstände auf ihre Kosten in solcher Menge zu beschaffen, als zur                         Ausrüstung desjenigen Theiles der wirklich dienstthuenden Mannschaft,                         welcher die Kosten aus eigenen Mitteln nicht tragen kann, erforderlich                         ist.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Jakoby</hi> verliest zur Begründung eines von ihm und                         55 Abgeordneten der Linken gestellten Amendements, welches lautet:</p>
          <p>&#x201E;Die Bewaffnung der Bürgerwehr wird auf <hi rendition="#g">Staatskosten</hi> beschafft, vorbehaltlich der Befugniß des Einzelnen, die Kosten selbst zu                         tragen,&#x201C;</p>
          <p>die Bekanntmachung vom 19. März d. J., worin im Namen des Königs eine                         Bürgerbewaffnung angeordnet und die Lieferung der Waffen von Seiten des                         Staats versprochen wird.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Auerswald</hi> will dieser Bekanntmachung keine                         bindende Kraft zugestehen, weil sie von keinem Minister, sondern nur von                         sechs Privatpersonen, die sich als provisorisches Comite gebildet,                         unterzeichnet sei.</p>
          <p>Abg. <hi rendition="#g">Jakoby</hi> erwidert, daß diese Bekanntmachung die                         Friedensbedingung nach einem 16stündigen Kampfe zwischen König und Volk                         gewesen, und daß außerdem der damalige Polizei-Präsident Minutoli an der                         Spitze der Unterschriebenen stehe, ein verantwortliches Ministerium gabs am                         19. März nicht</p>
          <p>Bei der namentlichen Abstimmung wird das Amendement Jakoby jedoch mit 201                         gegen 121 Stimmen verworfen. &#x2014; Ebenso wird ein Amendement des Abg. <hi rendition="#g">Bauer</hi> (Krotoschin) verworfen, welches lautet:</p>
          <p>&#x201E;Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß die <hi rendition="#g">Gemeinde</hi> sorgen; jedoch bleibt es jedem Mitgliede der Bürgerwehr                         unbenommen, sich Waffen in vorschriftsmäßiger Art, auf eigene Kosten                         anzuschaffen.&#x201C;</p>
          <p>Schließlich wird der §. 59., wie er oben lautet, mit großer Majorität                         angenommen und hat demnach weder der Staat noch die Gemeinde für Waffen zu                         sorgen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar097_005" type="jArticle">
          <head>Berlin, 4. September.</head>
          <p>Das Ministerium hat in einer heute Abend abgehaltenen Sitzung beschlossen, am                         Donnerstag zurückzutreten, im Fall ihm nicht mit großer Majorität völlig                         freie Hand in Bezug auf den Stein-Schulze'schen Antrag gelassen wird; es                         will auf eine Transaction und selbst eine vermittelnde motivirte                         Tagesordnung nicht eingehen. Die Salons des Ministerpräsidenten waren diesen                         Abend sehr wenig besucht, da alle Abgeordneten in den Parteiversammlungen in                         eifrigster Diskussion waren. &#x2014; Eine diesen Nachmittag eingetroffene Depesche                         meldet, daß Oestreich den englisch-französischen Vermittelungsvorschlag                         angenommen habe. (?)</p>
          <bibl>(H. B.-H.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar097_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 2. September.</head>
          <p>Nachdem in der vorgestrigen Sitzung der Reichstag über den Kommissionsantrag                         Lassers votirt und die drei letzten Punkte des Kudlichischen Antrag                         verworfen hatte, beschäftigte er sich gestern und heute mit der Verdauung                         der übrig gebliebenen Amendements.</p>
          <p>Am Schlusse der heutigen Sitzung erklärte Justizminister Bach: &#x201E;Ich fühle                         mich verpflichtet zu erklären, daß die Reichskammer berufen ist, die                         Verfassung zu geben und dieselbe mit Sr. Majestät zu <hi rendition="#g">vereinbaren</hi>.</p>
          <p>Die Reichskammer ist auch ein gesetzgebender Körper, insoferne von ihr                         vorgebrachte Gesetze durch das Ministerium zur Sanktion an Se. Majestät                         gelangen. Die Reichskammer ist jedoch nicht ermächtigt, mit dem <hi rendition="#g">Publikum</hi> (!) auf einem andern Wege zu verkehren, als                         durch den Weg der obersten Exekutivgewalt. Solange insbesondere ein Gesetz                         durch Se. Majestät noch nicht die Sanktion erhielt, kann es auch vom                         Ministerium nicht als ein Gesetz betrachtet werden. Dies ist die Stellung                         und Ansicht des Ministeriums.&#x201C; (Beifall im Zentrum. Zischen von anderer                         Seite.</p>
          <p>Für Morgen Sonntag, hatte der demokratische Verein einen Trauergang zu den                         Gräbern der am 21. und 23. August gefallenen Arbeiter beschlossen und durch                         Maueranschlag sämmtliche de-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0486/0002] Gagern will hierauf zur Tagesordnung (Berathung der Grundrechte) übergehen; es wird jedoch beschlossen, sich bis 12 Uhr zu vertagen. Um 12 Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet. Dahlmann (Berichterstatter der beiden Ausschüsse in der schleswig-holsteinischen Frage): „Vor allem erkläre ich, daß ich nicht genügend ausgerüstet bin, Ihnen Bericht zu erstatten, weil die Vorlage der Aktenstücke nicht ausreichend war. Ich kann Sie nicht durch den Irrgarten der Verhandlungen führen. — Zur Abschließung des vorliegenden Waffenstillstandes hat Camphausen eine unbeschränkte Vollmacht von der Centralgewalt verlangt (!). Diese ist verweigert worden Dagegen eine Vollmacht vom Reichsverweser ausgestellt worden; in dieser vermisse ich übrigens die Contrasignatur der verantwortlichen Minister. (Aha! links.) Ferner hat man in dem nunmehr abgeschlossenen Waffenstillstand die Vollmacht des Reichsverwesers bei weitem uberschritten. Das Reichsministerium hat bis zuletzt geglaubt, es handle sich nur um einen dreimonatlichen Waffenstillstand. Alle von mir (in meiner gestrigen Interpellation) gefürchteten Bedingungen sind leider wirklich wahr. Der Waffenstillstand führt nach 7 Monaten Deutschland gerade bis zum 1. April. (Bravo!) Der gehaßte, verachtete Karl v. Moltke steht an der Spitze der Regierungskommission. Heckscher hat gestern im Ausschuß erklärt, er finde in den Bedingungen des Waffenstillstandes nichts Entehrendes. (Langes Zischen.) Er hat gesagt, man dürfe die Frage der Sistirung nicht von der Frage über Billigung des Waffenstillstandes überhaupt trennen. Trotzdem beantragt die Majorität des Ausschusses mit 11 Stimmen unter 19 im Gegensatz mit dem Minister Heckscher: „Die National-Versammlung möge die Sistirung der militärischen und sonstigen Maßregeln beschließen!“ Wurm, Cucumus und Dahlmann sind vom Ausschuß ferner bestimmt, um über die Hauptfrage der Ratifizirung oder Nichtratifizirung zu berichten. Wir (die Majorität) haben so gestimmt, weil wir Schleswig-Holstein nicht der Anarchie und Dänen-Unterdrückung aussetzen wollten. Wenn Schleswig-Holstein, wie ich glaube, gegen den Abschluß des Waffenstillstandes sich auflehnt, werden nicht von allen Seiten Deutschlands Freischaaren herbeiströmen? (Bravo! Jawohl.) Dürfen wir unser eignes Fleisch und Blut opfern — unsre Landsleute dem Untergange überliefern? — hierzu habe ich nicht den Muth und deshalb eben bin ich heute so muthig. (Lautes Bravo.) Denken Sie an England. Jeder einzelne Engländer wiegt so schwer, als sein ganzes Vaterland. Wir hier sollen der Mittelpunkt der deutschen Einheit sein. Wenn Sie hier nicht entschieden sind, werden Sie ihr ehemals stolzes Haupt nie wieder erheben. Die werden fallen, die jetzt triumphiren. (Lauter Beifall von allen Seiten, außer der äußersten Rechten). Schubert aus Königsberg. Für das Minoritätserachten der vereinigten Ausschüsse, bestehend aus 8 Mann: Ueber die Sistirung des Waffenstillstandes ist erst dann abzustimmen, wenn über den Waffenstillstand überhaupt wird Beschluß gefaßt werden. (Würth, Max Gagern, Flottwell, Zenetti, Schubert, Gompard, Dunker). Peuker (Kriegsminister): Ein Heer kann nur 3 Meilen täglich zurückmarschiren. Wrangel hat heute früh erst gemeldet daß sein Hauptquartier noch in Apenrade. Die Sistirung der Truppenrückmärsche ist also eine sehr untergeordnete Maßregel. Aber sie wird einen Bruch des Waffenstillstandes überhaupt aussprechen. Schmerling (Minister): Das Ministerium theilt die Gründe des Minoritätserachtens. Diese Meinung ist die einstimmige des Ministeriums. (Vor der Kirche hört man toben — heftiger Zudrang zu den Gallerien.) Nach sorgfältiger Berathung hat das Ministerium beschlossen, nicht auf Verwerfung des Waffenstillstandes anzutragen. Präsident verliest zwei neue Anträge: 1. von der äußersten Linken: die Centralgewalt zu der Bestimmung zu veranlassen, die Truppen wieder in ihre alten Stellungen zurückzuführen. Der 2. von Künsberg und Genossen geht auf Tagesordnung. Simon aus Breslau. Nach Art. IV. der Akte der Begründung der Centralgewalt kann erst der Beschluß der Versammlung und die nachher erfolgte Sanktionirung der Centralgewalt den Waffenstillstand ratifiziren. Uns steht es also zu, zu ratifiziren oder nicht. Wir werden nicht wie die alte Diplomatie durch ein fait accompli über das Wohl Deutschlands entscheiden lassen. Ich beantrage: „sofortige Maßregeln zur Sistirung des Waffenstillstandes.“ — Die Ehre Deutschlands würde unheilbar leiden, wenn sie einen andern Beschluß fassen. — Ich erinnere Sie an Dahlmanns Worte. — (Lichnowsky: sehr schwache Rede). Simon. Fürst Lichnowsky behalten Sie ihre Anmerkungen für sich; sie haben gar nichts zu bemerken. (Schallendes Bravo. Man lacht Lichnowsky aus, der sich am Schnurrbart zupft). Der Redner: Preußen's und Oesterreichs Mißbilligung in dieser Sache haben wir nicht zu gewärtigen. Oesterreich ist vollauf mit sich beschäftigt. Preußen an#angend; das Volk daselbst ist durchaus Deutsch. (Rechts Zischen!) Das Streben der preußischen Aristokratie wird nicht aufkommen. Es handelt sich gar nicht um Preußens Ehre hier, nur um die der preußischen Minister. Aber weder diese, noch die der deutschen Reichsminister kann in Anschlag gebracht werden gegen die Ehre des deutschen Volkes. Die Stunde ist da, mögen die Männer nicht fehlen. Der Waffenstillstand muß sistirt werden. (Bravo links, linkes Centrum und Gallerien). Degenkolb für das Minoritätserachten. Zimmermann (Stuttgart). Noch zuckt der Eindruck des ron Dahlmann Gehörten in meiner Seele. Aber der Verstand allein soll mich leiten. — Ich bin diesmals ausnahmsweise für das Majoritätserachten. Der Waffenstillstand übersteigt nicht, wie ein Redner sagt, die Vollmacht des Reichsverwesers, er steht ihr offenbar ganz entgegen. — Da die Centralgewalt von uns geschaffen, so müssen wir sie auch aufrecht erhalten. Wenn wir dies nicht thun sind wir Nullen. — Heckscher hat gesagt, die Kritik sei leicht, die Kunst schwer. Aber die Thaten des Ministeriums wären seine Kritik. An dem kleinen Punkt Schleswig-Holsteins haftet jetzt die Ehre Deutschlands. — Dort ist sie verpfändet, dort muß sie gelöst werden. — Wehe denen die wegen daraus entspringender Nachtheile ihre Ehre nicht einlösen wollen. Die Ehre geht über die Einheit. (Bravo!) Die Berliner Versammlung wird ebenso den Waffenstillstand mißbilligen. Deshalb, und weil des preußischen Volkes Ehre nicht mit der des Ministeriums zu verwechseln, und das preußische Volk ganz mit uns sein wird, hoffe ich, es wird kein Bruch mit Preußen die Folge unseres beabsichtigten Schrittes sein. — Und sollte ein Krieg daraus erfolgen, so werden wir ihn zu führen wissen. — Wollen wir etwa einen zweiten Baseler Frieden schließen? Wenn sie anders beschließen als die Majorität, so lassen sie wieder die Glocken der Paulskirche läuten, wie damals bei Ernennung eines Reichsverwesers, aber diesmals um das Grabgeläute deutscher Einheit durch Deutschland zu tragen. Neergard (Gutsbesitzer von Holstein) beantragt: Die schleswig-holsteinschen Abgeordneten von dieser Verhandlung auszuschließen. (Mißbilligung. Links Nein! pfui!) Der Antrag bleibt ununterstützt. Bassermann für das Minoritätserachten. In einer höchst langweiligen kraftlosen Rede erregt der Unterstaatssekretär den Unwillen der Hörer. Zum Schluß: glauben Sie in der Paulskirche sei der alleinige Ausdruck der Einheit Deutschlands zu finden? (Rechts bravo. Radowitz: sehr brav!) Wesendonk. Der Redner vor mir hat nicht gewagt den Waffenstillstand selbst zu vertheidigen, deshalb hat er versucht, Sie einzuschüchtern durch dessen Folgen. (Bravo!) Wie mit Mäßigung muß man mit Energie verfahren; und endlich sich einmal zu einer kühnen That erheben. (Bravo links und Gallerie). Nicht einen deutschen Bruderstamm, sondern ein deutsches Kabinet wollen wir verletzen. In dem hier vor ihnen sitzenden Ministerium liegt der Ursprung dieses schmählichen Waffenstillstandes. (Bravo. — Allgemeine Sensation). Wenn das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit damals schon bestanden hätte, als die Vollmacht ausgestellt wurde, so müßten die Minister in Anklagezustand versetzt werden. Wer einen so schmählichen Waffenstillstand schließt, wird später einen ebenso schmählichen Frieden schließen. (Bravo links und Gallerien). Lassen Sie diesmal kein Stück Papier zwischen uns und das Volk treten. (Lauter Beifall). Wichmann (Assess. aus Pommern): Die Frage ist die Feuerprobe der Nationalversammlung — trotzdem muß ich (als preußischer Assessor) natürlich gegen die Sistirung der militärischen Maßregeln sprechen. Sie werden die Minister in Berlin zu einem Separatfrieden zwingen. (Allgemeines Gelächter). Radowitz: Ich werde zuerst einige Begriffe herzustellen suchen. Ein Waffenstillstand ist kein Frieden und der erstere greift dem letztern nicht vor. Das positive Recht stand uns nur bei einem Schutz, den wir den Herzogthümern angedeihen ließen, zur Seite, nicht bei der Einverleibung derselben in den deutschen Bund. Da der jetzige dänische Krieg beide Veranlassungen in sich schließt, so ist es gefahrbringend für Deutschland, ihn fortzuführen. (Graf Schwerin: Sehr gut!) Wenn ich die günstigsten Grundlagen zu einem zukünftigen Frieden mit den Punktationen des Waffenstillstands vergleiche, kann ich mich nicht entschließen, zu glauben, daß die Bedingungen des Letzteren uns einen schmählichen Frieden präjudiziren, obschon einige Punkte des Waffenstillstands mir selbst ungünstig erscheinen. Haben Sie sich aber die Folgen des Schritts, den Sie thun wollen, überlegt. Gesetzt, Schweden und Rußland fänden in einer Ueberschreitung der dänischen Gränze eine Kriegserklärung. (Die Centren erschrecken nach Wunsch). Gesetzt, Frankreich mißbilligte es. Der Waffenstillstand ist übrigens bereits ratifizirt, und würde die Centralgewalt ihn angreifen, Preußen würde ihn doch aufrecht erhalten, und der Neubau der deutschen Einheit läge in Trümmern! (!?) Radowitz beantragt, die Nationalversammlung solle der Centralgewalt anheimstellen, den Frieden gut zu heißen oder nicht. Bei seinem Abgang klatscht die diplomatische Tribüne heftigen Beifall. (Links viele Stimmen: Wir denunziren die diplomatische Tribüne! Sie hat geklatscht. Die Gallerien dürfen nicht klatschen! Blum spricht darüber, daß die Bedingungen, unter denen der Waffenstillstand zu Bellevue beabsichtigt, den Punktationen von Malmö ganz widersprechen und predigt die Verwerflichkeit einzelner Punkte desselben. Der Waffenstillstand ist im Namen des deutschen Bundes — eines Gespenstes — geschlossen! Die Gespensterfurcht haben wir hoffentlich verloren. Der Waffenstillstand bringt uns den Nachtheil der Entwaffnung; schneidet uns die Winteroperationen ab. — Seine Nichtbilligung kann uns zwar zu einem Bruche mit dem preußischen Ministerium, nimmer mit dem preußischen Volke führen. Es muß entschieden werden, ob Preußen wirklich in Deutschland aufgeht, oder Deutschland in Preußen unter! (Großer Beifall). Minister Beckerath: (Mit seiner unverständlichen Stimme. Links Unterbrechungen. — Schwerin heranguirt die Linke vom Platz. — Wird von dieser und dem Präsidenten zur Ordnung verwiesen!) In Folge verschiedener Unwahrheiten die der Hr. Minister Blum und Simon aus Breslau unterschiebt, macht Zimmermann aus Stuttgart vom Platz zurechtweisende Bemerkungen. — Präsident ruft ihn zur Ordnung. — Links Unwillen: Lichnowsky ist vorhin nicht zur Ordnung gerufen. — Der unpartheiische „Edle“ hat hierauf nichts zu repliciren. — Herr Beckerath schließt: durch den Waffenstillstand haben die Männer von Schleswig viel gewonnen, nichts verloren. (Allgemeines Gelächter.) Heckscher: Zu welchem Zweck reden wir denn heut in's Unendliche. Ich hoffe man wird abstimmen, wie das Ministerium wünscht. — Simon aus Trier. (Rechts: Schluß!) Wenn wir uns hier für die Sistirung entscheiden, wird der Krieg fortgeführt werden müssen. — Das Executive dieser Entscheidung geht unser Ministerium an. — (Rechts Gelächter.) Wenn dies nicht mehr im Stande ist den Willen der Versammlung zu vollziehen, so wird es wissen, was es zu thun hat. (Lautes Bravo.) Minister Beckerath hat Hrn. Simon von Breslau falsch verstanden, und dies Mißverständniß zum nachtheiligen Einfluß auf die Versammlung ausgebeutet. — Dies Verfahren überlasse ich der Beurtheilung. — Herrn Beckeraths altbackene Phrase: „Keine Macht der Erde etc.“ —, gehört einer todten Zeit an! — (der liebe Commerzienrath aus Crefeld kann den preußischen Landtag nicht vergessen!) Hr. Radowitz und der anstellungswüthige Hr. Bassermann kämpfen muthig mit dem System der Einschüchterungen, der Spekulation auf Freiheit. Simon schließt mit den Worten: Wenn Preußen aufhört deutsch zu sein, werden wohl viele Preußen aufhören preußisch zu sein! (Großer Beifall; Hr. Stedtmann und Hr. Adams aus Koblenz zischen.) Lichnowsky spricht in tragischen Renomistereien, beantragt namentliche Abstimmung für das Minoritätserachten, und zieht zu Gunsten desselben nebst Wichmann seine Anträge zurück Wesendonk behält sich eine namentliche Abstimmung vor nach der Folgereihe der Fragen. Schmerling. (Minister des Innern). Das Minoritätserachten macht das Ministerium einstimmig zu dem seinigen. Das Ministerium tritt zurück, wenn dasselbe verworfen wird. (Der Coup mißlang!) Max v. Gagern. Behält sich spätere Rechtfertigungen in dieser Sache vor. — Man solle nur warten — in den 2 oder 3 Tagen bis zur Entscheidung der Hauptfrage würde wohl die Begeisterung nicht verrauchen! — Wedekind beantragt Vertagung. Dieselbe wird dürftig unterstützt und nicht berücksichtigt. Schluß der Debatte. Berichterstatter. (Für Dahlmann) Wurm aus Würtemberg: Ich werde sehr kurz sein. — Ich dränge meine Empfindungen zurück. Der Tag wird kommen sie auszusprechen. Daß das Ministerium eine Kabinetsfrage daraus gemacht, wird die Meinung der Majorität nicht ändern. (Beifall). Der Waffenstillstand wird ungültig, wenn wir ihn nicht ratifiziren. Dulden Sie nicht, daß die Centralgewalt mit Füßen getreten werde, die wir ja selbst zum Symbol deutscher Einheit hingestellt. — Schon verhöhnen dieselbe alle ausländischen Blätter. — (Bravo!) Preußens Uebergriff ist verzeihlich — denn es ist schwer sich der hegemonischen Gewohnheiten so schnell zu entschlagen — aber zu statuiren ist er nicht. (Bravo!) Man hat uns Furcht gemacht! — Die Furcht ist ein schlechter Rathgeber. (Bravo!) — Wählen Sie, ob Sie lieber Krieg mit dem Ausland oder seine Verachtung wollen! (Warmer Beifall. — Zischen rechts!) Hierauf folgte die Abstimmung. Das Minoritätserachten wurde mit 244 gegen 230 (nicht 234 wie durch einen Druckfehler in unsern gestrigen Nachtrag kam) verworfen, das Majoritätserachten mit einer Majorität von 17 Stimmen (238 gegen 221) angenommen. Die Sitzung um 1/4 8 Uhr geschlossen. Morgen keine Sitzung. Donnerstag Grundrechte. 103 Berlin, 5. September. Sitzung der Vereinbarer-Versammlung. — Dringliche Anträge vor der Tagesordnung. Abgeordneter Kützner: 1) daß aus dem §. 2. des Ablösungs-Gesetzes vom 31. Oktober 1845 folgender Satz außer Kraft gesetzt werde: „die Vergütigung des Mehrwerthes der Gegenleistungen erfolgt, wenn beide Theile sich nicht anders einigen können, durch eine feste Geldrente“ — und daß dafür folgender Satz Gesetzeskraft erhalte: „Bei allen Ablösungen, wo die kleinen Rustikalbesitzer von dem Dominium herauszubekommen haben, müssen dieselben mit Land von dem Dominium entschadigt werden.“ — (Zusatz Paragraph.) „Bei allen von jetzt ab stattfindenden Ablösungen muß der wahre Gewinn, wenn er genügend durch unpartheiische Zeugen kann bewiesen werden, als Berechnungsmaaßstab dienen, und nicht die Procentsätze der fruheren Ablösungsgesetze.“ 2) Daß alle seit dem 1. Januar 1846 stattgefundenen Dienstablösungs-Rezesse einer genauen Prüfung unterworfen werden, um a) alle etwa vorgekommenen Unrichtigkeiten auszugleichen und nach dem neuen Ablösungs-Gesetz festzustellen; b) überall, wo die Dominien die kleinen Rustikalbesitzer mit einer Geldrente abgefunden haben, sind die Dominien zu verpflichten, daß sie den betreffenden Rustikalbesitzern Land als Entschädigung geben müssen, weil sonst die kleinen Ackerbesitzer zu Grunde gehen müssen. — Beide Anträge werden in die Fach-Kommission verwiesen. — Abg. Stein: Die Versammlung wolle beschließen, daß das Staats-Ministerium die Noten und Schriften, welche 1) zwischen dem früheren Ministerium und dem ehemaligen Bundestags-Gesandten; 2) zwischen dem gegenwärtigen Ministerium und der deutschen Central-Gewalt, resp. dem Reichs-Ministerium zu Frankfurt a. M. gewechselt worden sind, namentlich alle diejenigen Noten und Schriften, die auf die Huldigung des Heeres am 6. August d. J Bezug haben, — zur Kenntnißnahme der Versammlung mittheile. — Der Antragsteller zieht seinen Antrag bis nach der Debatte über seinen gestrigen Antrag zurück, augenscheinlich weil er hofft in 8 Tagen ein anderes Ministerium vor sich zu haben. — Die Petitions-Kommission läßt durch ihren Berichterstatter Abg. Elsner folgenden schleunigen Antrag verlesen: Die Versammlung wolle beschließen, daß die Petition d. d. Liegnitz den 5. August, Nro. 9598., welche folgenden Antrag enthält: daß von Seiten des Staates den armen nothleidenden Webern in den Sudeten, vor allem aber denjenigen des Eulengebirges eine namhafte resp. wirksame Unterstützung sofort überwiesen werde, dem Staatsministerium zur schleunigen Berücksichtigung empfohlen werde. — Minister Milde: Es ist wahr, die Noth im Eulengebirge ist sehr groß, die Industrie liegt darnieder und es ist sehr wenig Aussicht zu ihrem Wiederaufblühen vorhanden. Aber nicht blos im Eulengebirge allein ist große Noth vorhanden, von allen Provinzen des Staats gehen der Regierung Bitten und Berichte zu, welche eine Unterstützung zur Linderung der großen Noth verlangen. Die Regierung wird sich daher genöthigt sehen von dieser Versammlung Kredite zur Unterstützung für alle Provinzen, zur Hülfsleistung für den ganzen Staat zu verlangen. — Das vom Abg. Elsner angegriffene Seehandlungs-Institut habe jedoch vorzugsweise in Schlesien sehr segensreich gewirkt und durch eine unbegrenzte Produktion, wie sie verlangt wird, würde sich die Seehandlung nachher genöthigt sehen, die angefertigten Waaren zu jedem Preise zu verkaufen und die Waarenpreise noch mehr zu verderben. — Abg. Behnsch spricht für den Petitionsantrag um sofortige Unterstützung und schlägt unter Andern den Baueiner Eisenbahn in den oberschlesischen Eisen- und Kohlen-Bezirken vor. Für diese Arbeiten und zur allseitigen Unterstutzung in der ganzen Provinz solle das Ministerium sofort einen Kredit von 1 Million Thaler fordern. — Abg. Wenger spricht gegen den Antrag, weil die Provinz Schlesien nicht die einzige sei wo diese Noth herrschte. Auch in Ost-Preußen sei große Noth. Beantragt, daß man neben den nothleidenden Arbeitern in Schlesien auch die in Ost-Preußen der Berücksichtigung des Ministeriums empfehlen möge. — Graf Reichenbach, für den Antrag. Man könne die Noth allerdings nicht mit bloßen Palliativmitteln abwenden. Radikalmittel seien die Hauptaufgabe. Die Robotdienste haben großen Antheil an der Noth; ihre Aufhebung wird Verminderung der Armuth und des Typhus zur Folge haben. — Abg. Nees v. Esenbeck spricht auch für die augenblickliche Abhülfe der Noth. — Schließlich wird der Antrag der Petitions-Kommission mit großer Majorität angenommen. — Abg. Neubarth: Dringender Antrag: Die Versammlung wolle beschließen, daß unmittelbar nach der Berathung des Bürgerwehrgesetzes der Bericht der Central-Abtheilung über die Anträge wegen unentgeldlicher Aufhebung des Jagd-Servitutenrechts und der von derselben Abtheilung vorgelegte Entwurf eines Jagdgesetzes zur Berathung komme. Der Antrag wird hinreichend unterstützt, die Dringlichkeit anerkannt und mit großer Majorität angenommen. Hierauf wird die am vergangenen Donnerstag unterbrochene Verhandlung über den Bericht der Kommission zur Untersuchung der Zustände des Großherzogthums Posen fortgesetzt. — Nachdem der Berichterstatter Abg. Behnsch die Ansichten der Kommission und das Verhalten der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt, der Central-Gewalt daselbst und des hiesigen Ministeriums auseinandergesetzt, trägt der Abg. Reuter darauf an: „Die Verhandlung über den Kommissions-Bericht bis Montag den 11. September zu vertagen.“ — Abg. v. Berg: Ich will die Versammlung nur darauf aufmerksam machen, daß es sich bei dieser Frage hauptsächlich um die Competenz dieser Versammlung handle, indem die Wirksamkeit der niedergesetzten Kommission durch die Beschlüsse der deutschen National-Versammlung und das Stillschweigen des Ministeriums in Frage gestellt wird. Der Antrag auf Vertagung wird jedoch verworfen und die Debatte wird fortgesetzt. Abg. Geßler stellt das Amendement, die Versammlung wolle das Staats-Ministerium ersuchen: der deutschen Central-Gewalt schleunigst die nöthigen Vorlagen zur definitiven Feststellung der von der deutschen National-Versammlung zu Frankfurt in der Sitzung vom 27. Juli d. J. vorläufig anerkannten vorläufigen Demarkationslinie zwischen dem deutschen und polnischen Theile der Provinz Posen behufs weiterer Veranlassung bei der deutschen National-Versammlung zukommen zu lassen. — Abg. Dunker stellt folgenden Antrag: Die Versammlung wolle das Staatsministerium ersuchen: die Erklärung, welche von demselben durch die deutsche Central-Gewalt über die definitive Festsetzung der vorläufigen Demarkationslinie in Gemäßheit des Beschlusses der deutschen National-Versammlung vom 27. Juli erfordert werden wird, nicht eher abzugeben, als bis diese Versammlung über den von der Kommission zur Untersuchung der Zustände der Provinz Posen zu erstattenden Bericht Beschluß gefaßt hat, glei#zeitig aber: Der Kommission aufzugeben, diesen Bericht binnen spätestens vier Wochen zu erstatten. — Minister des Innern: Die Reorganisation des Großherzogthums Posen ist von dem Augenblicke wo sie verheißen worden bis zum heutigen Tage der Gegenstand der unausgesetzten Thätigkeit der Regierung gewesen. — (Wie der Seckel des Wehrlosen Gegenstand der Thätigkeit der Strauchjunker) Nach verschiedenen Präliminarien sei vorgestern Abend endlich von der Central-Gewalt die Mittheilung eingegangen: „Daß die Central-Gewalt in keiner Weise die Absicht hege, ohne vorhergegangene Kommunikation mit Preußen einen definitiven Beschluß über die Demarkationslinie zu fassen.“ Ich hoffe, daß diese Erklärung die von allen Seiten geäußerten Besorgnisse zerstreuen wird. Abg. Bloem stellt einen Antrag auf motivirte Tagesordnung: „Die Versammlung wolle, in Erwägung: daß selbstredend die Regierung keine Schritte zur definitiven Feststellung der Demarkationslinie ohne Genehmigung der Versammlung vornehmen könne, zur Tagesordnung übergehen,“ wird verworfen. Die Amendements Dunker und Geßler werden ebenfalls verworfen. Aber auch der Antrag der Kommission: „Die Nationalversammlung wolle das Staatsministerium ersuchen, bis dahin, wo die Kommission im Stande sein wird, das Endresultat ihrer Berathungen vorzulegen, die vorläufige Demarkationslinie im Großherzogthume Posen nicht definitiv feststellen zu lassen“ wird nicht angenommen. (!) Hierauf Fortsetzung der Berathung des Bürgerwehrgesetzes. Berichterstatter Euler verliest den Abschnitt VII. von der Dienstkleidung und Ausrüstung zur Bürgerwehr. — Es wird beantragt, die §§. 55 u. 59. zusammen zu berathen, weil sie zusammenhängend ihrem Inhalte nach sind. Nach langer Debatte über den Inhalt dieser §§. wird zunächst das Amendement des Abg. Pax: Die Versammlung wolle beschließen, den §. 55 dahin zu ändern, daß er laute: §. 55. „Die Bürgerwehr soll ein im ganzen Lande gleiches vom Könige zu bestimmendes Dienstzeichen tragen,“ mit großer Majorität angenommen. Durch diesen Beschluß sind alle Bestimmungen über eine Dienstkleidung der Bürgerwehr ausgeschlossen und es steht Jedem frei sich nach seinem Belieben zu kleiden; auch aus §. 59. fällt nun die Bestimmung über die Dienstkleidung aus und dieser lautet alsdann: §. 59. Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß jedes Mitglied der Bürgerwehr auf eigene Kosten sorgen Die Gemeinde ist jedoch verpflichtet, diese Gegenstände auf ihre Kosten in solcher Menge zu beschaffen, als zur Ausrüstung desjenigen Theiles der wirklich dienstthuenden Mannschaft, welcher die Kosten aus eigenen Mitteln nicht tragen kann, erforderlich ist. Abg. Jakoby verliest zur Begründung eines von ihm und 55 Abgeordneten der Linken gestellten Amendements, welches lautet: „Die Bewaffnung der Bürgerwehr wird auf Staatskosten beschafft, vorbehaltlich der Befugniß des Einzelnen, die Kosten selbst zu tragen,“ die Bekanntmachung vom 19. März d. J., worin im Namen des Königs eine Bürgerbewaffnung angeordnet und die Lieferung der Waffen von Seiten des Staats versprochen wird. Abg. Auerswald will dieser Bekanntmachung keine bindende Kraft zugestehen, weil sie von keinem Minister, sondern nur von sechs Privatpersonen, die sich als provisorisches Comite gebildet, unterzeichnet sei. Abg. Jakoby erwidert, daß diese Bekanntmachung die Friedensbedingung nach einem 16stündigen Kampfe zwischen König und Volk gewesen, und daß außerdem der damalige Polizei-Präsident Minutoli an der Spitze der Unterschriebenen stehe, ein verantwortliches Ministerium gabs am 19. März nicht Bei der namentlichen Abstimmung wird das Amendement Jakoby jedoch mit 201 gegen 121 Stimmen verworfen. — Ebenso wird ein Amendement des Abg. Bauer (Krotoschin) verworfen, welches lautet: „Für die Dienstzeichen und für die Waffen muß die Gemeinde sorgen; jedoch bleibt es jedem Mitgliede der Bürgerwehr unbenommen, sich Waffen in vorschriftsmäßiger Art, auf eigene Kosten anzuschaffen.“ Schließlich wird der §. 59., wie er oben lautet, mit großer Majorität angenommen und hat demnach weder der Staat noch die Gemeinde für Waffen zu sorgen. Berlin, 4. September. Das Ministerium hat in einer heute Abend abgehaltenen Sitzung beschlossen, am Donnerstag zurückzutreten, im Fall ihm nicht mit großer Majorität völlig freie Hand in Bezug auf den Stein-Schulze'schen Antrag gelassen wird; es will auf eine Transaction und selbst eine vermittelnde motivirte Tagesordnung nicht eingehen. Die Salons des Ministerpräsidenten waren diesen Abend sehr wenig besucht, da alle Abgeordneten in den Parteiversammlungen in eifrigster Diskussion waren. — Eine diesen Nachmittag eingetroffene Depesche meldet, daß Oestreich den englisch-französischen Vermittelungsvorschlag angenommen habe. (?) (H. B.-H.) 61 Wien, 2. September. Nachdem in der vorgestrigen Sitzung der Reichstag über den Kommissionsantrag Lassers votirt und die drei letzten Punkte des Kudlichischen Antrag verworfen hatte, beschäftigte er sich gestern und heute mit der Verdauung der übrig gebliebenen Amendements. Am Schlusse der heutigen Sitzung erklärte Justizminister Bach: „Ich fühle mich verpflichtet zu erklären, daß die Reichskammer berufen ist, die Verfassung zu geben und dieselbe mit Sr. Majestät zu vereinbaren. Die Reichskammer ist auch ein gesetzgebender Körper, insoferne von ihr vorgebrachte Gesetze durch das Ministerium zur Sanktion an Se. Majestät gelangen. Die Reichskammer ist jedoch nicht ermächtigt, mit dem Publikum (!) auf einem andern Wege zu verkehren, als durch den Weg der obersten Exekutivgewalt. Solange insbesondere ein Gesetz durch Se. Majestät noch nicht die Sanktion erhielt, kann es auch vom Ministerium nicht als ein Gesetz betrachtet werden. Dies ist die Stellung und Ansicht des Ministeriums.“ (Beifall im Zentrum. Zischen von anderer Seite. Für Morgen Sonntag, hatte der demokratische Verein einen Trauergang zu den Gräbern der am 21. und 23. August gefallenen Arbeiter beschlossen und durch Maueranschlag sämmtliche de-

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 97. Köln, 8. September 1848, S. 0486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz097_1848/2>, abgerufen am 21.11.2024.