Neue Rheinische Zeitung. Nr. 102. Köln, 14. September 1848.[Spaltenumbruch] welche die künftige Verfassung des Landes nach den Grundsätzen größter Freiheit und mit gehöriger Beachtug der Nationalität in Berathung zu nehmen haben werden. Diese Deputirten sollen, wie wir aus guter Quelle vernehmen, aus ganz freien Wahlen hervorgehen, und wird die Zahl der Deputirten nach dem Maßstabe der Bevölkerung bemessen werden. Die innere Administration wird rein italienisch sein." Mainz, 11. Sept. So eben erfahren wir, daß der Bürgermeister nebst einer Deputation des Gemeinderathes nach Frankfurt sich begeben hat, um dort der Centralgewalt Kenntniß von dem Zustande unserer Stadt zu geben und Abhülfe zu verlangen. Wir zweifeln nicht, daß namentlich die letzten Ereignisse, daß die Kenntniß der Menschenjagd, die mit einem Morde endete, an dessen Möglichkeit man mitten in einem civilisirten Lande nicht hätte glauben können, wären nicht Tausende Zeugen dieser grausamen That gewesen, die Centralgewalt bestimmen werden, Maßregeln zu ergreifen, welche die Bevölkerung von Mainz zu erwarten das Recht hat. (Mz. Z.)Kassel, 8. Sept. Heute, des Nachmittags, kam das vor einigen Tagen hier durchpassirte würtembergische Reiterregimeat wieder hierdurch zurück, eine Folge des abgeschlossenen Waffenstillstandes in Schleswig-Holstein. Dem Regimente folgten jedoch ungefähr 6 Mann mit einem Unteroffizier, geschlossen auf einem Wagen unter scharfer Bedeckung, welche sich dem Rückzuge dem Vernehmen nach haben widersetzen wollen. (Fr. J.) * Konstanz, 9. Sept. Gegen Fickler (Redakteur der "Seeblätter") sind bekanntlich nicht weniger als 7 Preßprozesse anhängig. Der erste kam heute zur Verhandlung. Der Staatsanwalt fiel gänzlich durch; er hatte auf 4 Monate Gefängniß angetragen. Fickler wurde freigesprochen. Am 11. d. beginnt der zweite Prozeß; Antrag des Staatsanwalts: 6 Monate Gefängniß. Hoffentlich folgt ein gleiches Resultat. Altona, 11. Septbr. Die gestern angekommene hannov. Infanterie hat uns heute Vormittag verlassen; die gestern angekommene preußische Infanterie wird heute Nachmittag den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würtemberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist 1 Bataillon des 8. würtemb. Inf.-Reg. heute nach Norden befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern bleibenden Besatzung zu bilden. Rendsburg, 11. Septbr. Gestern Abend machte der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und theilte denselben die Nachricht mit, daß das dänische Gouvernement darin willigen werde, daß die Trennung unserer Truppen in Schleswigsche und Holsteinische während des Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der § 7 der Waffenstillstandskonvention dahin verändert werde, daß die von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Verfügungen in Kraft erhalten würden und es der neuen Regierung nur freistehe, einzelne Erlasse der provisorischen Regierung aufzuheben. Ungarn. 61 Wien, 8. Sept. Ich schicke Ihnen folgenden, aus dem magyarischen übersetzten Artikel, der zur Aufklärung über die magyarisch-kroatische Kollision Manches beitragen dürfte: St. Weißenburg. Wir kamen mit mehreren Kroaten während unserer Reise in Berührung, und erfuhren mit Freude, daß, obwohl sie in Gratz, Pesth, Wien zerstreut lägen, und weder die ungarischen noch die deutschen Blätter ihrer erwähnten, sie doch von dem wahren Zustande ihrer vom Fluche getroffenen Heimath besser als alle Blätter unterrichtet sind. Sie wirken ohne Geräusch, aber klüger und vorsichtiger als unser Ministerium, welches das Vaterland in diesen Zeiten zu regieren gewiß nicht berufen ist. Den wahren Zustand Kroatien's schilderte mir ein tüchtiger Kroate folgendermaßen: Als Kroatien seit dem wirren Zustande von Ungarn abgesperrt, wurden alle Wurzeln abgeschnitten, welche in dem üppigen Boden des überreichen Mutterlandes verzweigt, einer Lebensfrische durch 800 Jahre hindurch sich erfreuten. Die elenden Häuptlinge der Reaktion erfuhren mit Schrecken, daß Kroatien selbst die eigenen Verwaltungskosten nicht zu bestreiten vermag; hierin findet man den Schlüssel zu den unsinnigen Forderungen des bornirten Reaktionswerkzeuges Jellachich, der die Selbstverwaltung Kroatien's mit Errichtung einer Woiwodenschaft im Banat, und die Zurückstellung des ungarischen Finanzministeriums an Oesterreich erkämpfen will. Künftighin sollte also dies Erbe der ungarischen Finanzen zwischen Oesterreich und Kroatien getheilt werden. Ungarn sollte den üppigsten Theil seines Reiches Kroatien überlassen, und es zur gleichen Größe erheben, nebstbei aber auch auf seine Kosten die Szerezsaner erhalten. So wahnsinnige Bedingungen kann Jellachich, der über nichts als eine Horde Räuber und 5000 fanatisirte Gränzer zu verfügen hat, stellen, dem aus 14 Millionen bestehenden ungarischen Reiche! Dieser wahnwitzige Träumer verläßt sich auf das Geld und das Blut der österreichischen Völker. Der Kamarilla gelang es auch, alle Variationen des österreichischen Ministeriums für ihre Puppe, Jellachich, zu gewinnen. Waffen, Kanonen und beträchtliche Summen wurden gesendet, so lange man keinen finanziellen Ausweis dem österreichischen Reichstage vorzulegen hatte, nun aber grinsen 7 Millionen Defizit, die 20 Millionen konnte man nur unter dem Schreckbilde des Bankrottes nach langem Kampfe erlangen, die Karrikatur-Abstimmung der Nobot und des Zehent versetzte der verschuldeten österreichischen Aristokratie einen furchtbaren Schlag, die Banquiers machen auch lange Gesichter und wollen nichts mehr riskiren. Jellachich donnert und bedroht die Streifröcke durch die Offenbarung der rührenden Innsbrucker Abenteuer, dem Ministerium aber verspricht er den letzten Stoß zu versetzen. In Folge dieser Wagnisse des groben Jellachich ist man zur Unterhandlung geneigter, denn die Quellen der Kamarilla versiegen allmählich, Ungarn entwickelt aber über alle Erwartungen neue Kräfte, die Macht und Anhänglichkeit an Koffuth ist größer als je, die Kamarilla wird sich hartnäckig zeigen zur Unterhandlung, aber geneigter als jemals sein; Ungarn, lasse dich nicht täuschen, nur jetzt keine Schwäche, Muth und Ausdauer, und in Kurzem wird der Winter und eine Explosion in Agram auch ohne unsere Schwerter seiner tragischen Komödie ein Ende machen. Ich will den innern Zustand Kroatien's schildern, führe daher die obigen Episoden als Schluß zur kurzen Skizze an. Jellachich hat kein Geld, seine aus nicht mehr als 5000-6000 bestehenden Satrapen sind in Lumpen gehüllt und barfuß, die er zur Erpressung des nicht mehr zu erschwingenden Soldes in die Dörfer aussendet; das Volk murrt, die Agramer Bürger sind wüthend über den Illyriismus, der ihre Erwerbsquellen abschnitt, und durch die unermeßlichen Steuern aber über Winter sie zum Bettler machen würde. Der Spießbürger ist oft ein feiges, herz- und ehrloses Wesen, sobald man aber seine Bequemlichkeit antastet, ist er ein Löwe. In Agram ist er zum letzteren geworden, er spricht den Namen Jellachich nicht ohne Fluch aus, er wartet nur auf den Abzug des Jellachich und seiner grausamen Satrapen, und dieser wird dann Agram nicht mehr sehen. Ungarische Fahnen sind verborgen, der wüthende, ideale Illyriismus durch den hungernden Magen aufgerüttelt, ist auf dem Punkte, in den wüthendsten Magyarismus überzugehen. Daß diese Folgerung richtig und die Skizze wahr sei, beweis't die Flucht des wüthendsten Illyrier-Chef's Metell Osegovich nach Settan, den man zu hängen drohte. Gay trotzt Jellachich, der das Volk an den Bettlerstab gebracht und über [Spaltenumbruch] Winter der Hungersnoth preisgegeben und die unerhörtesten Gräuel hervorgerufen und seine Nation an den Abgrund gebracht hat. Das Schicksal dieses Menschen naht heran: das Volk wird ihm fluchen! N. S. Die Schuld der Schlappe, die wir bei Jarek und Temerin erlitten, trägt der Husaren-Major Malhe, den der Kriegsminister vor's Kriegsgericht stellte. Der Kriegsminister wurde auf der Reise nach Peterwardein von Raizen umzingelt, und nur der Tapferkeit der Husaren hat er es zu verdanken, daß ihm nichts zu Leide geschah. Verrath, Uneinigkeit und Unwissenheit führt unsere Truppen an, und die Erbitterung und Gährung läßt für die Dynastie nichts Günstiges erwarten; "es ist nichts anderes übrig, als sich von allen gesetzlichen Banden - gleich Jellachich - loszusagen." - Diesen Verzweiflungsruf hörte ich oft ausstoßen. Für die von Koffuth zu errichtenden Regimenter werden in allen Theilen des Landes mit dem schönsten Erfolge die Werbungen fortgesetzt, in Weißenburg ließen sich in einem Tage 60 anwerben. Töltenyi M. Italien. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. Paris, 11. Sept. Eine Post aus Algier vom 4. September meldet, daß im Westen der Kolonie einige Stämme sich empört hätten. Der interimistische Gouverneur hat Truppen dorthin geschickt, die sie züchtigen sollen. Im Uebrigen ist die Kolonie ruhig. - Rothschild, der Allmächtige, wurde seit einigen Tagen wieder mehrere Male in dem Finanzministerium gesehen. Es handele sich, heißt es, um eine neue Anleihe! - (Arbeiter-Emigration.) Gestern, Sonntags, fand in der Richelieustraße eine Versammlung von Abgeordneten der 10,000 Arbeiter statt, welche bei der Nationalversammlung um die Erlaubniß nachsuchen, nach Algerien überzusiedeln. Die Versammlung war lebhaft und zahlreich. Das Sekretariat derselben stattete Bericht über die Lage der Angelegenheit ab, und schob die Schuld der Verzögerung ihrer Abreise hauptsächlich den Hindernissen zu, welche der Kriegsminister Lamoriciere der öffentlichen Debatte der Pascal (Air) und Ferdinand Barrot'schen Kolonisationsvorschläge bisher entgegengesetzt habe. Es wurde ein Ausschuß von zwölf Abgeordneten gewählt, dem man den Auftrag gab sich in den Ausschuß der Nationalversammlung (Abtheilung für Algerien) zu begeben und ihm zu erklären, daß die Arbeiter an dem Recht auf Eigenthum durch die Arbeit festhielten, und ganz auf die Auswanderung verzichteten, wenn man ihnen diesen Grundsatz nicht zugestehe. Für den 12. September Mittags ist in dem Saale der Societe Algerienne, Rue Favart 12, eine neue Versammlung angesagt. - Die Nationalversammlung diskutirt heute den Crespel de la Touche'schen Antrag rücksichtlich der unterdrückten Journale. Dann schreitet sie zur Verfassungsberathung. - Labrousse, der die bekannte Brüsseler Handels- und Industrieschule lange Jahre leitete, und nach dem Februarsturm hierher zurückkehrte, von wo man ihn als Kommissarius in sein Heimathsdepartement schickte, das ihn dann zum Vertreter wählte, ist von Cavaignac zum Vertreter der Republik in Brüssel ernannt worden. Wie man hört, hat aber Leopold I. erklärt, daß er diesen ehemaligen Schulmeister an seinem Hofe nicht empfangen werde. Wir sind neugierig zu erfahren, was Bastide und Cavaignac auf diese Weigerung hin thun werden. - Vorgestern empfing Cavaignac eine Dank-Deputation der von ihm jüngst dekorirten fünfhundert Juniritter, bei der sich auch Leclerc befand, der die Reihen der Bürgerwehr nur darum verließ, um auch seinen zweiten Sohn herbeizuholen, nachdem der erste im Feuer gefallen. "Ich weiß, antwortete Cavaignac in der bekannten abgebrochenen Art, daß man die Exekutivgewalt getadelt hat, für einen Bürgerkampf Orden ausgetheilt zu haben; man hat uns vorgeworfen, unseren ehemaligen Grundsätzen untreu geworden zu sein, das ist ein Irrthum. Wie wir früher dachten, denken wir noch. Es war kein Bürgerkrieg, in dem Ihr das Ordenskreuz erwarbt, sondern in einem sozialen (Klassen) Kampf, auf dem Schlachtfelde der Gesellschaft gegen ihre Feinde. Die bürgerliche Gesellschaft war das eigentliche Schlachtfeld. Ich hoffe, wir werden uns daran [Spaltenumbruch] nicht mehr zu schlagen brauchen. Ich zeige Ihnen bei dieser Gelegenheit an, daß wir uns überhaupt nicht schlagen werden. Die Mediation Frankreichs ist von Oestreich angenommen worden! Wir hatten diese Nachricht schon über Berlin erhalten, heute aber empfingen wir eine direkte Depesche aus Wien von unserem dortigen Vertreter. Die Mediation ist von Oestreich angenommen worden, weil wir uns moderirt zeigten. Wir sind also der Erhaltung des Friedens sicher. Ich weiß nicht, was die Zukunft uns vorbehält; was mich betrifft, so werde ich Alles aufbietn, um den Frieden zu erhalten; denn nur durch den Frieden können sich unsere neuen Einrichtungen befestigen, unsere materiellen und geistigen Reichthümer entfalten, und ich wiederhole Ihnen, daß die Mediation, die nun angenommen ist, von uns den Oestreichern aufgezwungen wurde, (et je vous le repete, la mediation qui est acceptee, c'est nous qui l'avons imposee). - National-Versammlung. Sitzung vom 11. Sept. Anfang 12 Uhr Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist der berüchtigte Antrag des Crespel de la Touche gegen die Cavaignac'sche Preßdiktatur und die neue Verfassung. Crespel de la Touche erhält das Wort. Mein Antrag, sagt er, hat zum Zweck, die regelmäßige Aktion der Gerichtsbehörden, an die Stelle der unregelmäßigen Gewalt des Ministeriums zu setzen. Der Gesetzgebungsausschuß hat meinen Antrag etwas geändert; doch vernichtet diese Aenderung die Natur desselben nicht und entschließe mich daher ihm an, sowie allen Zusätzen, die ihn verbessern und vervollständigen könnten. Jambert bekämpft den Antrag. Seiner Ansicht nach sei die Garantie der Gerichte rein illusorisch, die Crespel de la Touche an die Stelle des Status quo setzen wolle. Er ziehe den jetzigen anormalen Zustand dem trügerischen Gerichtsschutze vor, so prekär auch dieser Zustand sei. Uebrigens lasse das letzte Straßenbülletin des Polizeipräsidenten durchblicken, daß der Belagerungszustand unmöglich mehr lange dauern könne. Labordere unterstützt den Antrag. Er beabsichtige zwar eine Preßgesetzgebung von großer Härte, doch dünke ihm auch das strengste Gesetz immer noch besser als die reine Willkür. Er will diese zweite Septembergesetzgebung als eine politische Nothwendigkeit ertragen. St. Gaudens bekämpft den Antrag, weil er dem Richter noch viel schärferes Recht einräume als die Septembergesetze. Ein Journal könne sofort unterdrückt d. h. getödtet werden. Bei den heutigen Eigenthumsverhältnissen sei dieß ein unerhörter Angriff auf das Preßeigenthum. Lieber will er den Belagerungsstand ertragen. Ich will lieber, ruft er aus, mit dem Chef der Regierung als mit einem Gerichtsprokurator zu thun haben. (Gelächter) Uebrigens werden diese Ausnahmezustände den gefährlichsten Schlag ihren Urhebern selbst versetzen. Man denke nur an die Restauration und die Julimonarchie. Victor Hugo vertheidigt den Entwurf und reinigt sich von dem Verdacht, als dringe nur die sogenannte reaktionäre Presse auf dessen Annahme. Die Freunde der Ordnung seien die wahren Freunde der Freiheit; in den Straßen die Anarchie bekämpfen, oder sich der Willkür der höchsten Staatsgewalt entgegensetzen, heiße der Freiheit gleiche Dienste erweisen. Nimmermehr habe er geglaubt, daß Cavaignac die votirten Preßgesetze bei Seite werfen werde, ohne sie versucht zu haben. Das sei ein Staatsstreich (Lärm). Ja wohl ein Staatsstreich (Ja, Ja. Nein, Nein.) Das allgemeine Stimmrecht ohne die Preßfreiheit sei ein Trugbild. Chateaubriands größter Ruhm habe in seiner Vertheidigung der Preßfreiheit bestanden, die man den Franzosen nach 30jährigem Gebrauche nicht wieder entwenden werde. Altaroche bekämpft den Entwurf, den er für mörderisch in Betreff der Zeitungspresse hält. Stört der Belagerungsstand das freie Wort, so hebe man den Belagerungsstand auf, aber votire keine neuen Gesetze, die die Zeitungen erwürgen müßten. Senard, Minister des Innern, bekämpft den Entwurf. Er wolle den Gerichten ein Recht übertragen, das die Nat.-Versammlung ausschließlich dem Chef der Regierung zugestanden. Die Regierung handle unter den Augen der Versammlung; ihre Maßregeln seien für das Heil der Republik nöthig gewesen; es habe die vollste Uebereinstimmung zwischen ihr und der Regierung dabei obgewaltet. Läge Willkür vor, längst wären die herbsten Interpellationen an die Minister gerichtet worden. Die ganze Vergangenheit der Männer, welche die Regierung bilden, bürge für jeden Uebergriff gegen die eigentliche Preßfreiheit (Ah! Ah!) Nehmt Euch in Acht, schließt der Minister, das Recht über die Tagespresse der richterlichen Gewalt zu übertragen, die Euch keine Rechenschaft ihrer Handlungen schuldet wie wir! Daß der Belagerungsstand fortdauern müsse, habe die Versammlung vor kaum acht Tagen selbst bestimmt. Charamaule, Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses, der den Antrag günstig begutachtet hatte, vertheidigt natürlich den Entwurf, ohne den Minister gründlich zu widerlegen Boudet, von der Minderheit des Ausschusses, die den Antrag verworfen, bekämpft denselben und sagt, er ziehe die Willkür momentan einem Dekret vor, das der Zeitungspresse den Todesstoß geben müsse Favre sieht in dem Vorschlage gerade die Rettung der Presse. Er nehme der Vollziehungsgewalt das Recht der Suspension der Journale und übergebe es den zuständigen Gerichten. Es sei Zeit aus dem willkürlichen in den gesetzlichen Zustand zurückzukehren. (Zum Schluß. Zum Schluß). Die Versammlung verwirft den Antrag des Gesetzgebungs-Ausschusses mit 515 gegen 238 Stimmen. Dasselbe Schicksal theilt der Latouchesche Antrag. Die Versammlung entschied mit 457 gegen 267 Stimmen durch geheimes Skrutinium (indem sie die sogenannte Question prealable gegen die ursprüngliche Latouchesche Fassung des Antrags annahm), daß sie das Cavaignacsche Provisorium gegen die Zeitungspresse beibehalte. Große Aufregung im Saale über diesen neuen Sieg des Diktators und der Republik-Senard. Pascal Duprat erbittet einen Urlaub, um eine Mission nach Wien zu erfüllen. Bewilligt. Die Versammlung nimmt die Verfassungsberathung wieder auf. Sie war am Donnerstag bis zum Artikel VIII. der Einleitung gedrungen. Dieser Artikel lautet: "Die Republik soll den Bürger in seiner Person, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und Jeden in den Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu erwerben; sie schuldet Beistand allen bedürftigen Bürgern, sei es, indem sie ihnen Arbeit verschafft u. s. w. u. s. w." Mathieu (Ariege), ein Phalansterianer mit starkem kommunistischen Anstrich, will das Recht auf Arbeit oder vielmehr die Arbeit als Recht vor Allem garantirt wissen. Das Recht auf Arbeit sei der Weg zum Wohlstand des Volkes. Warum sei das bewußte Dekret der provisorischen Regierung vom Volke mit so großem Enthusiasmus aufgenommen worden? Weil es das Ende eines Elends darin herrannahen sah! Jawohl, das Elend, die Bedürfnisse des Magens sei der Grund der Revolutionen und Kriege aller Völker gewesen. (Stimme von der Rechten: Und der trojanische Krieg?) Die ökonomischen Verhältnisse eines Volkes verrathen sich selbst in dynastischen Fragen.... Der Redner wirft den bisherigen französischen Regierungen vor, daß sie viel zu sehr die Industrie auf Kosten des Ackerbaus begünstigt haben. Dadurch sei ein Mißverhältniß in der Bevölkerungsart entstanden, dessen Früchte man jetzt bitter finde. Er dringt auf größern Schutz der Agrikultur und sofortige Bebauung der wüsten Ländereien, dann werde sich das Unverhältniß zwischen Arbeit und Kapital ändern. Diese Rede dauerte über 11/2 Stunden und schloß die Sitzung der Versammlung, die sich um 6 Uhr trennte. Großbritannien. * Dublin, 10. Sept. Die Polizei ärgert und ermüdet sich bei den vergeblichen Nachforschungen in Betreff der noch nicht eingefangenen "Hochverräther". Namentlich ist es Doheny, dessentwegen die Polizeimacht Gehirn und Beine übermäßig anstrengt. Er soll, wie das Clonmel Chronicle sagt, ganz kürzlich auf einem Berge unweit Carrick-on-Suir ein Meeting bei Mondschein abgehalten haben. In Dungarvan wäre er beinahe erwischt worden. Allein der Polizist, der, um den festgesetzten Preis zu erhalten, recht vorsichtig zu Werke gehen wollte, ging ihm einige Zeit nach. Doheny merkte es und war im Nu verschwunden. Nachtrag. * Köln, 13. Sept. Auf das gestrige Alarmblasen trat die Bürgerwehr unter die Waffen, aber nicht wie es nöthig gewesen, um etwas Entscheidendes durchzusetzen, bannerweise, sondern kompagnieweise, über die ganze Stadt zersplittert. Es zeigte sich in manchen Kompagnien der Bürgerwehr ein sehr entschiedener Geist; sie verlangten sofortige Entfernung der 27ger, Abdankung des Kommandanten der Bürgerwehr, Hrn. Wittgenstein, Besetzung der Thore durch die Bürgerwehr. Aber die Zersplitterung machte alles einmüthige Handeln unmöglich, und Hr. Wittgenstein wußte die [Spaltenumbruch] welche die künftige Verfassung des Landes nach den Grundsätzen größter Freiheit und mit gehöriger Beachtug der Nationalität in Berathung zu nehmen haben werden. Diese Deputirten sollen, wie wir aus guter Quelle vernehmen, aus ganz freien Wahlen hervorgehen, und wird die Zahl der Deputirten nach dem Maßstabe der Bevölkerung bemessen werden. Die innere Administration wird rein italienisch sein.“ Mainz, 11. Sept. So eben erfahren wir, daß der Bürgermeister nebst einer Deputation des Gemeinderathes nach Frankfurt sich begeben hat, um dort der Centralgewalt Kenntniß von dem Zustande unserer Stadt zu geben und Abhülfe zu verlangen. Wir zweifeln nicht, daß namentlich die letzten Ereignisse, daß die Kenntniß der Menschenjagd, die mit einem Morde endete, an dessen Möglichkeit man mitten in einem civilisirten Lande nicht hätte glauben können, wären nicht Tausende Zeugen dieser grausamen That gewesen, die Centralgewalt bestimmen werden, Maßregeln zu ergreifen, welche die Bevölkerung von Mainz zu erwarten das Recht hat. (Mz. Z.)Kassel, 8. Sept. Heute, des Nachmittags, kam das vor einigen Tagen hier durchpassirte würtembergische Reiterregimeat wieder hierdurch zurück, eine Folge des abgeschlossenen Waffenstillstandes in Schleswig-Holstein. Dem Regimente folgten jedoch ungefähr 6 Mann mit einem Unteroffizier, geschlossen auf einem Wagen unter scharfer Bedeckung, welche sich dem Rückzuge dem Vernehmen nach haben widersetzen wollen. (Fr. J.) * Konstanz, 9. Sept. Gegen Fickler (Redakteur der „Seeblätter“) sind bekanntlich nicht weniger als 7 Preßprozesse anhängig. Der erste kam heute zur Verhandlung. Der Staatsanwalt fiel gänzlich durch; er hatte auf 4 Monate Gefängniß angetragen. Fickler wurde freigesprochen. Am 11. d. beginnt der zweite Prozeß; Antrag des Staatsanwalts: 6 Monate Gefängniß. Hoffentlich folgt ein gleiches Resultat. Altona, 11. Septbr. Die gestern angekommene hannov. Infanterie hat uns heute Vormittag verlassen; die gestern angekommene preußische Infanterie wird heute Nachmittag den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würtemberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist 1 Bataillon des 8. würtemb. Inf.-Reg. heute nach Norden befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern bleibenden Besatzung zu bilden. Rendsburg, 11. Septbr. Gestern Abend machte der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und theilte denselben die Nachricht mit, daß das dänische Gouvernement darin willigen werde, daß die Trennung unserer Truppen in Schleswigsche und Holsteinische während des Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der § 7 der Waffenstillstandskonvention dahin verändert werde, daß die von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Verfügungen in Kraft erhalten würden und es der neuen Regierung nur freistehe, einzelne Erlasse der provisorischen Regierung aufzuheben. Ungarn. 61 Wien, 8. Sept. Ich schicke Ihnen folgenden, aus dem magyarischen übersetzten Artikel, der zur Aufklärung über die magyarisch-kroatische Kollision Manches beitragen dürfte: St. Weißenburg. Wir kamen mit mehreren Kroaten während unserer Reise in Berührung, und erfuhren mit Freude, daß, obwohl sie in Gratz, Pesth, Wien zerstreut lägen, und weder die ungarischen noch die deutschen Blätter ihrer erwähnten, sie doch von dem wahren Zustande ihrer vom Fluche getroffenen Heimath besser als alle Blätter unterrichtet sind. Sie wirken ohne Geräusch, aber klüger und vorsichtiger als unser Ministerium, welches das Vaterland in diesen Zeiten zu regieren gewiß nicht berufen ist. Den wahren Zustand Kroatien's schilderte mir ein tüchtiger Kroate folgendermaßen: Als Kroatien seit dem wirren Zustande von Ungarn abgesperrt, wurden alle Wurzeln abgeschnitten, welche in dem üppigen Boden des überreichen Mutterlandes verzweigt, einer Lebensfrische durch 800 Jahre hindurch sich erfreuten. Die elenden Häuptlinge der Reaktion erfuhren mit Schrecken, daß Kroatien selbst die eigenen Verwaltungskosten nicht zu bestreiten vermag; hierin findet man den Schlüssel zu den unsinnigen Forderungen des bornirten Reaktionswerkzeuges Jellachich, der die Selbstverwaltung Kroatien's mit Errichtung einer Woiwodenschaft im Banat, und die Zurückstellung des ungarischen Finanzministeriums an Oesterreich erkämpfen will. Künftighin sollte also dies Erbe der ungarischen Finanzen zwischen Oesterreich und Kroatien getheilt werden. Ungarn sollte den üppigsten Theil seines Reiches Kroatien überlassen, und es zur gleichen Größe erheben, nebstbei aber auch auf seine Kosten die Szerezsaner erhalten. So wahnsinnige Bedingungen kann Jellachich, der über nichts als eine Horde Räuber und 5000 fanatisirte Gränzer zu verfügen hat, stellen, dem aus 14 Millionen bestehenden ungarischen Reiche! Dieser wahnwitzige Träumer verläßt sich auf das Geld und das Blut der österreichischen Völker. Der Kamarilla gelang es auch, alle Variationen des österreichischen Ministeriums für ihre Puppe, Jellachich, zu gewinnen. Waffen, Kanonen und beträchtliche Summen wurden gesendet, so lange man keinen finanziellen Ausweis dem österreichischen Reichstage vorzulegen hatte, nun aber grinsen 7 Millionen Defizit, die 20 Millionen konnte man nur unter dem Schreckbilde des Bankrottes nach langem Kampfe erlangen, die Karrikatur-Abstimmung der Nobot und des Zehent versetzte der verschuldeten österreichischen Aristokratie einen furchtbaren Schlag, die Banquiers machen auch lange Gesichter und wollen nichts mehr riskiren. Jellachich donnert und bedroht die Streifröcke durch die Offenbarung der rührenden Innsbrucker Abenteuer, dem Ministerium aber verspricht er den letzten Stoß zu versetzen. In Folge dieser Wagnisse des groben Jellachich ist man zur Unterhandlung geneigter, denn die Quellen der Kamarilla versiegen allmählich, Ungarn entwickelt aber über alle Erwartungen neue Kräfte, die Macht und Anhänglichkeit an Koffuth ist größer als je, die Kamarilla wird sich hartnäckig zeigen zur Unterhandlung, aber geneigter als jemals sein; Ungarn, lasse dich nicht täuschen, nur jetzt keine Schwäche, Muth und Ausdauer, und in Kurzem wird der Winter und eine Explosion in Agram auch ohne unsere Schwerter seiner tragischen Komödie ein Ende machen. Ich will den innern Zustand Kroatien's schildern, führe daher die obigen Episoden als Schluß zur kurzen Skizze an. Jellachich hat kein Geld, seine aus nicht mehr als 5000-6000 bestehenden Satrapen sind in Lumpen gehüllt und barfuß, die er zur Erpressung des nicht mehr zu erschwingenden Soldes in die Dörfer aussendet; das Volk murrt, die Agramer Bürger sind wüthend über den Illyriismus, der ihre Erwerbsquellen abschnitt, und durch die unermeßlichen Steuern aber über Winter sie zum Bettler machen würde. Der Spießbürger ist oft ein feiges, herz- und ehrloses Wesen, sobald man aber seine Bequemlichkeit antastet, ist er ein Löwe. In Agram ist er zum letzteren geworden, er spricht den Namen Jellachich nicht ohne Fluch aus, er wartet nur auf den Abzug des Jellachich und seiner grausamen Satrapen, und dieser wird dann Agram nicht mehr sehen. Ungarische Fahnen sind verborgen, der wüthende, ideale Illyriismus durch den hungernden Magen aufgerüttelt, ist auf dem Punkte, in den wüthendsten Magyarismus überzugehen. Daß diese Folgerung richtig und die Skizze wahr sei, beweis't die Flucht des wüthendsten Illyrier-Chef's Metell Osegovich nach Settan, den man zu hängen drohte. Gay trotzt Jellachich, der das Volk an den Bettlerstab gebracht und über [Spaltenumbruch] Winter der Hungersnoth preisgegeben und die unerhörtesten Gräuel hervorgerufen und seine Nation an den Abgrund gebracht hat. Das Schicksal dieses Menschen naht heran: das Volk wird ihm fluchen! N. S. Die Schuld der Schlappe, die wir bei Járek und Temerin erlitten, trägt der Husaren-Major Málhé, den der Kriegsminister vor's Kriegsgericht stellte. Der Kriegsminister wurde auf der Reise nach Peterwardein von Raizen umzingelt, und nur der Tapferkeit der Husaren hat er es zu verdanken, daß ihm nichts zu Leide geschah. Verrath, Uneinigkeit und Unwissenheit führt unsere Truppen an, und die Erbitterung und Gährung läßt für die Dynastie nichts Günstiges erwarten; „es ist nichts anderes übrig, als sich von allen gesetzlichen Banden ‒ gleich Jellachich ‒ loszusagen.“ ‒ Diesen Verzweiflungsruf hörte ich oft ausstoßen. Für die von Koffuth zu errichtenden Regimenter werden in allen Theilen des Landes mit dem schönsten Erfolge die Werbungen fortgesetzt, in Weißenburg ließen sich in einem Tage 60 anwerben. Töltényi M. Italien. * Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. Paris, 11. Sept. Eine Post aus Algier vom 4. September meldet, daß im Westen der Kolonie einige Stämme sich empört hätten. Der interimistische Gouverneur hat Truppen dorthin geschickt, die sie züchtigen sollen. Im Uebrigen ist die Kolonie ruhig. ‒ Rothschild, der Allmächtige, wurde seit einigen Tagen wieder mehrere Male in dem Finanzministerium gesehen. Es handele sich, heißt es, um eine neue Anleihe! ‒ (Arbeiter-Emigration.) Gestern, Sonntags, fand in der Richelieustraße eine Versammlung von Abgeordneten der 10,000 Arbeiter statt, welche bei der Nationalversammlung um die Erlaubniß nachsuchen, nach Algerien überzusiedeln. Die Versammlung war lebhaft und zahlreich. Das Sekretariat derselben stattete Bericht über die Lage der Angelegenheit ab, und schob die Schuld der Verzögerung ihrer Abreise hauptsächlich den Hindernissen zu, welche der Kriegsminister Lamoriciere der öffentlichen Debatte der Pascal (Air) und Ferdinand Barrot'schen Kolonisationsvorschläge bisher entgegengesetzt habe. Es wurde ein Ausschuß von zwölf Abgeordneten gewählt, dem man den Auftrag gab sich in den Ausschuß der Nationalversammlung (Abtheilung für Algerien) zu begeben und ihm zu erklären, daß die Arbeiter an dem Recht auf Eigenthum durch die Arbeit festhielten, und ganz auf die Auswanderung verzichteten, wenn man ihnen diesen Grundsatz nicht zugestehe. Für den 12. September Mittags ist in dem Saale der Société Algérienne, Rue Favart 12, eine neue Versammlung angesagt. ‒ Die Nationalversammlung diskutirt heute den Crespel de la Touche'schen Antrag rücksichtlich der unterdrückten Journale. Dann schreitet sie zur Verfassungsberathung. ‒ Labrousse, der die bekannte Brüsseler Handels- und Industrieschule lange Jahre leitete, und nach dem Februarsturm hierher zurückkehrte, von wo man ihn als Kommissarius in sein Heimathsdepartement schickte, das ihn dann zum Vertreter wählte, ist von Cavaignac zum Vertreter der Republik in Brüssel ernannt worden. Wie man hört, hat aber Leopold I. erklärt, daß er diesen ehemaligen Schulmeister an seinem Hofe nicht empfangen werde. Wir sind neugierig zu erfahren, was Bastide und Cavaignac auf diese Weigerung hin thun werden. ‒ Vorgestern empfing Cavaignac eine Dank-Deputation der von ihm jüngst dekorirten fünfhundert Juniritter, bei der sich auch Leclerc befand, der die Reihen der Bürgerwehr nur darum verließ, um auch seinen zweiten Sohn herbeizuholen, nachdem der erste im Feuer gefallen. „Ich weiß, antwortete Cavaignac in der bekannten abgebrochenen Art, daß man die Exekutivgewalt getadelt hat, für einen Bürgerkampf Orden ausgetheilt zu haben; man hat uns vorgeworfen, unseren ehemaligen Grundsätzen untreu geworden zu sein, das ist ein Irrthum. Wie wir früher dachten, denken wir noch. Es war kein Bürgerkrieg, in dem Ihr das Ordenskreuz erwarbt, sondern in einem sozialen (Klassen) Kampf, auf dem Schlachtfelde der Gesellschaft gegen ihre Feinde. Die bürgerliche Gesellschaft war das eigentliche Schlachtfeld. Ich hoffe, wir werden uns daran [Spaltenumbruch] nicht mehr zu schlagen brauchen. Ich zeige Ihnen bei dieser Gelegenheit an, daß wir uns überhaupt nicht schlagen werden. Die Mediation Frankreichs ist von Oestreich angenommen worden! Wir hatten diese Nachricht schon über Berlin erhalten, heute aber empfingen wir eine direkte Depesche aus Wien von unserem dortigen Vertreter. Die Mediation ist von Oestreich angenommen worden, weil wir uns moderirt zeigten. Wir sind also der Erhaltung des Friedens sicher. Ich weiß nicht, was die Zukunft uns vorbehält; was mich betrifft, so werde ich Alles aufbietn, um den Frieden zu erhalten; denn nur durch den Frieden können sich unsere neuen Einrichtungen befestigen, unsere materiellen und geistigen Reichthümer entfalten, und ich wiederhole Ihnen, daß die Mediation, die nun angenommen ist, von uns den Oestreichern aufgezwungen wurde, (et je vous le répète, la médiation qui est acceptée, c'est nous qui l'avons imposée). ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 11. Sept. Anfang 12 Uhr Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist der berüchtigte Antrag des Crespel de la Touche gegen die Cavaignac'sche Preßdiktatur und die neue Verfassung. Crespel de la Touche erhält das Wort. Mein Antrag, sagt er, hat zum Zweck, die regelmäßige Aktion der Gerichtsbehörden, an die Stelle der unregelmäßigen Gewalt des Ministeriums zu setzen. Der Gesetzgebungsausschuß hat meinen Antrag etwas geändert; doch vernichtet diese Aenderung die Natur desselben nicht und entschließe mich daher ihm an, sowie allen Zusätzen, die ihn verbessern und vervollständigen könnten. Jambert bekämpft den Antrag. Seiner Ansicht nach sei die Garantie der Gerichte rein illusorisch, die Crespel de la Touche an die Stelle des Status quo setzen wolle. Er ziehe den jetzigen anormalen Zustand dem trügerischen Gerichtsschutze vor, so prekär auch dieser Zustand sei. Uebrigens lasse das letzte Straßenbülletin des Polizeipräsidenten durchblicken, daß der Belagerungszustand unmöglich mehr lange dauern könne. Labordere unterstützt den Antrag. Er beabsichtige zwar eine Preßgesetzgebung von großer Härte, doch dünke ihm auch das strengste Gesetz immer noch besser als die reine Willkür. Er will diese zweite Septembergesetzgebung als eine politische Nothwendigkeit ertragen. St. Gaudens bekämpft den Antrag, weil er dem Richter noch viel schärferes Recht einräume als die Septembergesetze. Ein Journal könne sofort unterdrückt d. h. getödtet werden. Bei den heutigen Eigenthumsverhältnissen sei dieß ein unerhörter Angriff auf das Preßeigenthum. Lieber will er den Belagerungsstand ertragen. Ich will lieber, ruft er aus, mit dem Chef der Regierung als mit einem Gerichtsprokurator zu thun haben. (Gelächter) Uebrigens werden diese Ausnahmezustände den gefährlichsten Schlag ihren Urhebern selbst versetzen. Man denke nur an die Restauration und die Julimonarchie. Victor Hugo vertheidigt den Entwurf und reinigt sich von dem Verdacht, als dringe nur die sogenannte reaktionäre Presse auf dessen Annahme. Die Freunde der Ordnung seien die wahren Freunde der Freiheit; in den Straßen die Anarchie bekämpfen, oder sich der Willkür der höchsten Staatsgewalt entgegensetzen, heiße der Freiheit gleiche Dienste erweisen. Nimmermehr habe er geglaubt, daß Cavaignac die votirten Preßgesetze bei Seite werfen werde, ohne sie versucht zu haben. Das sei ein Staatsstreich (Lärm). Ja wohl ein Staatsstreich (Ja, Ja. Nein, Nein.) Das allgemeine Stimmrecht ohne die Preßfreiheit sei ein Trugbild. Chateaubriands größter Ruhm habe in seiner Vertheidigung der Preßfreiheit bestanden, die man den Franzosen nach 30jährigem Gebrauche nicht wieder entwenden werde. Altaroche bekämpft den Entwurf, den er für mörderisch in Betreff der Zeitungspresse hält. Stört der Belagerungsstand das freie Wort, so hebe man den Belagerungsstand auf, aber votire keine neuen Gesetze, die die Zeitungen erwürgen müßten. Senard, Minister des Innern, bekämpft den Entwurf. Er wolle den Gerichten ein Recht übertragen, das die Nat.-Versammlung ausschließlich dem Chef der Regierung zugestanden. Die Regierung handle unter den Augen der Versammlung; ihre Maßregeln seien für das Heil der Republik nöthig gewesen; es habe die vollste Uebereinstimmung zwischen ihr und der Regierung dabei obgewaltet. Läge Willkür vor, längst wären die herbsten Interpellationen an die Minister gerichtet worden. Die ganze Vergangenheit der Männer, welche die Regierung bilden, bürge für jeden Uebergriff gegen die eigentliche Preßfreiheit (Ah! Ah!) Nehmt Euch in Acht, schließt der Minister, das Recht über die Tagespresse der richterlichen Gewalt zu übertragen, die Euch keine Rechenschaft ihrer Handlungen schuldet wie wir! Daß der Belagerungsstand fortdauern müsse, habe die Versammlung vor kaum acht Tagen selbst bestimmt. Charamaule, Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses, der den Antrag günstig begutachtet hatte, vertheidigt natürlich den Entwurf, ohne den Minister gründlich zu widerlegen Boudet, von der Minderheit des Ausschusses, die den Antrag verworfen, bekämpft denselben und sagt, er ziehe die Willkür momentan einem Dekret vor, das der Zeitungspresse den Todesstoß geben müsse Favre sieht in dem Vorschlage gerade die Rettung der Presse. Er nehme der Vollziehungsgewalt das Recht der Suspension der Journale und übergebe es den zuständigen Gerichten. Es sei Zeit aus dem willkürlichen in den gesetzlichen Zustand zurückzukehren. (Zum Schluß. Zum Schluß). Die Versammlung verwirft den Antrag des Gesetzgebungs-Ausschusses mit 515 gegen 238 Stimmen. Dasselbe Schicksal theilt der Latouchesche Antrag. Die Versammlung entschied mit 457 gegen 267 Stimmen durch geheimes Skrutinium (indem sie die sogenannte Question préalable gegen die ursprüngliche Latouchesche Fassung des Antrags annahm), daß sie das Cavaignacsche Provisorium gegen die Zeitungspresse beibehalte. Große Aufregung im Saale über diesen neuen Sieg des Diktators und der Republik-Senard. Pascal Duprat erbittet einen Urlaub, um eine Mission nach Wien zu erfüllen. Bewilligt. Die Versammlung nimmt die Verfassungsberathung wieder auf. Sie war am Donnerstag bis zum Artikel VIII. der Einleitung gedrungen. Dieser Artikel lautet: „Die Republik soll den Bürger in seiner Person, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und Jeden in den Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu erwerben; sie schuldet Beistand allen bedürftigen Bürgern, sei es, indem sie ihnen Arbeit verschafft u. s. w. u. s. w.“ Mathieu (Ariege), ein Phalansterianer mit starkem kommunistischen Anstrich, will das Recht auf Arbeit oder vielmehr die Arbeit als Recht vor Allem garantirt wissen. Das Recht auf Arbeit sei der Weg zum Wohlstand des Volkes. Warum sei das bewußte Dekret der provisorischen Regierung vom Volke mit so großem Enthusiasmus aufgenommen worden? Weil es das Ende eines Elends darin herrannahen sah! Jawohl, das Elend, die Bedürfnisse des Magens sei der Grund der Revolutionen und Kriege aller Völker gewesen. (Stimme von der Rechten: Und der trojanische Krieg?) Die ökonomischen Verhältnisse eines Volkes verrathen sich selbst in dynastischen Fragen.… Der Redner wirft den bisherigen französischen Regierungen vor, daß sie viel zu sehr die Industrie auf Kosten des Ackerbaus begünstigt haben. Dadurch sei ein Mißverhältniß in der Bevölkerungsart entstanden, dessen Früchte man jetzt bitter finde. Er dringt auf größern Schutz der Agrikultur und sofortige Bebauung der wüsten Ländereien, dann werde sich das Unverhältniß zwischen Arbeit und Kapital ändern. Diese Rede dauerte über 11/2 Stunden und schloß die Sitzung der Versammlung, die sich um 6 Uhr trennte. Großbritannien. * Dublin, 10. Sept. Die Polizei ärgert und ermüdet sich bei den vergeblichen Nachforschungen in Betreff der noch nicht eingefangenen „Hochverräther“. Namentlich ist es Doheny, dessentwegen die Polizeimacht Gehirn und Beine übermäßig anstrengt. Er soll, wie das Clonmel Chronicle sagt, ganz kürzlich auf einem Berge unweit Carrick-on-Suir ein Meeting bei Mondschein abgehalten haben. In Dungarvan wäre er beinahe erwischt worden. Allein der Polizist, der, um den festgesetzten Preis zu erhalten, recht vorsichtig zu Werke gehen wollte, ging ihm einige Zeit nach. Doheny merkte es und war im Nu verschwunden. Nachtrag. * Köln, 13. Sept. Auf das gestrige Alarmblasen trat die Bürgerwehr unter die Waffen, aber nicht wie es nöthig gewesen, um etwas Entscheidendes durchzusetzen, bannerweise, sondern kompagnieweise, über die ganze Stadt zersplittert. Es zeigte sich in manchen Kompagnien der Bürgerwehr ein sehr entschiedener Geist; sie verlangten sofortige Entfernung der 27ger, Abdankung des Kommandanten der Bürgerwehr, Hrn. Wittgenstein, Besetzung der Thore durch die Bürgerwehr. Aber die Zersplitterung machte alles einmüthige Handeln unmöglich, und Hr. Wittgenstein wußte die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar102_009" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0511"/><cb n="1"/> welche die künftige Verfassung des Landes nach den Grundsätzen größter Freiheit und mit gehöriger Beachtug der Nationalität in Berathung zu nehmen haben werden. Diese Deputirten sollen, wie wir aus guter Quelle vernehmen, aus ganz freien Wahlen hervorgehen, und wird die Zahl der Deputirten nach dem Maßstabe der Bevölkerung bemessen werden. Die innere Administration wird rein italienisch sein.“</p> </div> <div xml:id="ar102_010" type="jArticle"> <head>Mainz, 11. Sept.</head> <p>So eben erfahren wir, daß der Bürgermeister nebst einer Deputation des Gemeinderathes nach Frankfurt sich begeben hat, um dort der Centralgewalt Kenntniß von dem Zustande unserer Stadt zu geben und Abhülfe zu verlangen. Wir zweifeln nicht, daß namentlich die letzten Ereignisse, daß die Kenntniß der Menschenjagd, die mit einem Morde endete, an dessen Möglichkeit man mitten in einem civilisirten Lande nicht hätte glauben können, wären nicht Tausende Zeugen dieser grausamen That gewesen, die Centralgewalt bestimmen werden, Maßregeln zu ergreifen, welche die Bevölkerung von Mainz zu erwarten das Recht hat.</p> <bibl>(Mz. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar102_011" type="jArticle"> <head>Kassel, 8. Sept.</head> <p>Heute, des Nachmittags, kam das vor einigen Tagen hier durchpassirte würtembergische Reiterregimeat wieder hierdurch zurück, eine Folge des abgeschlossenen Waffenstillstandes in Schleswig-Holstein. Dem Regimente folgten jedoch ungefähr 6 Mann mit einem Unteroffizier, geschlossen auf einem Wagen unter scharfer Bedeckung, welche sich dem Rückzuge dem Vernehmen nach haben widersetzen wollen.</p> <bibl>(Fr. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar102_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Konstanz, 9. Sept.</head> <p>Gegen Fickler (Redakteur der „Seeblätter“) sind bekanntlich nicht weniger als 7 Preßprozesse anhängig. Der erste kam heute zur Verhandlung. Der Staatsanwalt fiel gänzlich durch; er hatte auf 4 Monate Gefängniß angetragen. Fickler wurde freigesprochen. Am 11. d. beginnt der zweite Prozeß; Antrag des Staatsanwalts: 6 Monate Gefängniß. Hoffentlich folgt ein gleiches Resultat.</p> </div> <div xml:id="ar102_013" type="jArticle"> <head>Altona, 11. Septbr.</head> <p>Die gestern angekommene hannov. Infanterie hat uns heute Vormittag verlassen; die gestern angekommene preußische Infanterie wird heute Nachmittag den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würtemberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist 1 Bataillon des 8. würtemb. Inf.-Reg. heute nach Norden befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern bleibenden Besatzung zu bilden.</p> </div> <div xml:id="ar102_014" type="jArticle"> <head>Rendsburg, 11. Septbr.</head> <p>Gestern Abend machte der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und theilte denselben die Nachricht mit, daß das <hi rendition="#g">dänische</hi> Gouvernement darin willigen werde, daß die Trennung unserer Truppen in Schleswigsche und Holsteinische während des Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der § 7 der Waffenstillstandskonvention dahin verändert werde, daß die von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Verfügungen in Kraft erhalten würden und es der neuen Regierung nur freistehe, einzelne Erlasse der provisorischen Regierung aufzuheben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar102_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 8. Sept.</head> <p>Ich schicke Ihnen folgenden, aus dem magyarischen übersetzten Artikel, der zur Aufklärung über die magyarisch-kroatische Kollision Manches beitragen dürfte:</p> <p>St. <hi rendition="#g">Weißenburg.</hi> Wir kamen mit mehreren Kroaten während unserer Reise in Berührung, und erfuhren mit Freude, daß, obwohl sie in Gratz, Pesth, Wien zerstreut lägen, und weder die ungarischen noch die deutschen Blätter ihrer erwähnten, sie doch von dem wahren Zustande ihrer vom Fluche getroffenen Heimath besser als alle Blätter unterrichtet sind. Sie wirken ohne Geräusch, aber klüger und vorsichtiger als unser Ministerium, welches das Vaterland in diesen Zeiten zu regieren gewiß nicht berufen ist.</p> <p>Den wahren Zustand Kroatien's schilderte mir ein tüchtiger Kroate folgendermaßen: Als Kroatien seit dem wirren Zustande von Ungarn abgesperrt, wurden alle Wurzeln abgeschnitten, welche in dem üppigen Boden des überreichen Mutterlandes verzweigt, einer Lebensfrische durch 800 Jahre hindurch sich erfreuten. Die elenden Häuptlinge der Reaktion erfuhren mit Schrecken, daß Kroatien selbst die eigenen Verwaltungskosten nicht zu bestreiten vermag; hierin findet man den Schlüssel zu den unsinnigen Forderungen des bornirten Reaktionswerkzeuges Jellachich, der die Selbstverwaltung Kroatien's mit Errichtung einer Woiwodenschaft im Banat, und die Zurückstellung des ungarischen Finanzministeriums an Oesterreich erkämpfen will. Künftighin sollte also dies Erbe der ungarischen Finanzen zwischen Oesterreich und Kroatien getheilt werden. Ungarn sollte den üppigsten Theil seines Reiches Kroatien überlassen, und es zur gleichen Größe erheben, nebstbei aber auch auf seine Kosten die Szerezsaner erhalten. So wahnsinnige Bedingungen kann Jellachich, der über nichts als eine Horde Räuber und 5000 fanatisirte Gränzer zu verfügen hat, stellen, dem aus 14 Millionen bestehenden ungarischen Reiche! Dieser wahnwitzige Träumer verläßt sich auf das Geld und das Blut der österreichischen Völker. Der Kamarilla gelang es auch, alle Variationen des österreichischen Ministeriums für ihre Puppe, Jellachich, zu gewinnen. Waffen, Kanonen und beträchtliche Summen wurden gesendet, so lange man keinen finanziellen Ausweis dem österreichischen Reichstage vorzulegen hatte, nun aber grinsen 7 Millionen Defizit, die 20 Millionen konnte man nur unter dem Schreckbilde des Bankrottes nach langem Kampfe erlangen, die Karrikatur-Abstimmung der Nobot und des Zehent versetzte der verschuldeten österreichischen Aristokratie einen furchtbaren Schlag, die Banquiers machen auch lange Gesichter und wollen nichts mehr riskiren. Jellachich donnert und bedroht die Streifröcke durch die Offenbarung der rührenden Innsbrucker Abenteuer, dem Ministerium aber verspricht er den letzten Stoß zu versetzen. In Folge dieser Wagnisse des groben Jellachich ist man zur Unterhandlung geneigter, denn die Quellen der Kamarilla versiegen allmählich, Ungarn entwickelt aber über alle Erwartungen neue Kräfte, die Macht und Anhänglichkeit an Koffuth ist größer als je, die Kamarilla wird sich hartnäckig zeigen zur Unterhandlung, aber geneigter als jemals sein; Ungarn, lasse dich nicht täuschen, nur jetzt keine Schwäche, Muth und Ausdauer, und in Kurzem wird der Winter und eine Explosion in Agram auch ohne unsere Schwerter seiner tragischen Komödie ein Ende machen.</p> <p>Ich will den innern Zustand Kroatien's schildern, führe daher die obigen Episoden als Schluß zur kurzen Skizze an. Jellachich hat kein Geld, seine aus nicht mehr als 5000-6000 bestehenden Satrapen sind in Lumpen gehüllt und barfuß, die er zur Erpressung des nicht mehr zu erschwingenden Soldes in die Dörfer aussendet; das Volk murrt, die Agramer Bürger sind wüthend über den Illyriismus, der ihre Erwerbsquellen abschnitt, und durch die unermeßlichen Steuern aber über Winter sie zum Bettler machen würde. Der Spießbürger ist oft ein feiges, herz- und ehrloses Wesen, sobald man aber seine Bequemlichkeit antastet, ist er ein Löwe. In Agram ist er zum letzteren geworden, er spricht den Namen Jellachich nicht ohne Fluch aus, er wartet nur auf den Abzug des Jellachich und seiner grausamen Satrapen, und dieser wird dann Agram nicht mehr sehen. Ungarische Fahnen sind verborgen, der wüthende, ideale Illyriismus durch den hungernden Magen aufgerüttelt, ist auf dem Punkte, in den wüthendsten Magyarismus überzugehen. Daß diese Folgerung richtig und die Skizze wahr sei, beweis't die Flucht des wüthendsten Illyrier-Chef's Metell Osegovich nach Settan, den man zu hängen drohte. Gay trotzt Jellachich, der das Volk an den Bettlerstab gebracht und über <cb n="2"/> Winter der Hungersnoth preisgegeben und die unerhörtesten Gräuel hervorgerufen und seine Nation an den Abgrund gebracht hat. Das Schicksal dieses Menschen naht heran: das Volk wird ihm fluchen!</p> <p><hi rendition="#g">N. S.</hi> Die Schuld der Schlappe, die wir bei Járek und Temerin erlitten, trägt der Husaren-Major Málhé, den der Kriegsminister vor's Kriegsgericht stellte. Der Kriegsminister wurde auf der Reise nach Peterwardein von Raizen umzingelt, und nur der Tapferkeit der Husaren hat er es zu verdanken, daß ihm nichts zu Leide geschah. Verrath, Uneinigkeit und Unwissenheit führt unsere Truppen an, und die Erbitterung und Gährung läßt für die Dynastie nichts Günstiges erwarten; „es ist nichts anderes übrig, als sich von allen gesetzlichen Banden ‒ gleich Jellachich ‒ loszusagen.“ ‒ Diesen Verzweiflungsruf hörte ich oft ausstoßen.</p> <p>Für die von Koffuth zu errichtenden Regimenter werden in allen Theilen des Landes mit dem schönsten Erfolge die Werbungen fortgesetzt, in Weißenburg ließen sich in einem Tage 60 anwerben.</p> <p>Töltényi M.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar102_016_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 14. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 703.</bibl> </note> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar102_017_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 14. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 703.</bibl> </note> <head>Palermo, 2. Sept.</head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar102_018" type="jArticle"> <head>Paris, 11. Sept.</head> <p>Eine Post aus Algier vom 4. September meldet, daß im Westen der Kolonie einige Stämme sich empört hätten. Der interimistische Gouverneur hat Truppen dorthin geschickt, die sie züchtigen sollen. Im Uebrigen ist die Kolonie ruhig.</p> <p>‒ Rothschild, der Allmächtige, wurde seit einigen Tagen wieder mehrere Male in dem Finanzministerium gesehen. Es handele sich, heißt es, um eine neue Anleihe!</p> <p>‒ <hi rendition="#g">(Arbeiter-Emigration.)</hi> Gestern, Sonntags, fand in der Richelieustraße eine Versammlung von Abgeordneten der 10,000 Arbeiter statt, welche bei der Nationalversammlung um die Erlaubniß nachsuchen, nach Algerien überzusiedeln. Die Versammlung war lebhaft und zahlreich. Das Sekretariat derselben stattete Bericht über die Lage der Angelegenheit ab, und schob die Schuld der Verzögerung ihrer Abreise hauptsächlich den Hindernissen zu, welche der Kriegsminister Lamoriciere der öffentlichen Debatte der Pascal (Air) und Ferdinand Barrot'schen Kolonisationsvorschläge bisher entgegengesetzt habe. Es wurde ein Ausschuß von zwölf Abgeordneten gewählt, dem man den Auftrag gab sich in den Ausschuß der Nationalversammlung (Abtheilung für Algerien) zu begeben und ihm zu erklären, daß die Arbeiter an dem Recht auf Eigenthum durch die Arbeit festhielten, und ganz auf die Auswanderung verzichteten, wenn man ihnen diesen Grundsatz nicht zugestehe. Für den 12. September Mittags ist in dem Saale der Société Algérienne, Rue Favart 12, eine neue Versammlung angesagt.</p> <p>‒ Die Nationalversammlung diskutirt heute den Crespel de la Touche'schen Antrag rücksichtlich der unterdrückten Journale. Dann schreitet sie zur Verfassungsberathung.</p> <p>‒ Labrousse, der die bekannte Brüsseler Handels- und Industrieschule lange Jahre leitete, und nach dem Februarsturm hierher zurückkehrte, von wo man ihn als Kommissarius in sein Heimathsdepartement schickte, das ihn dann zum Vertreter wählte, ist von Cavaignac zum Vertreter der Republik in Brüssel ernannt worden. Wie man hört, hat aber Leopold I. erklärt, daß er diesen ehemaligen Schulmeister an seinem Hofe nicht empfangen werde. Wir sind neugierig zu erfahren, was Bastide und Cavaignac auf diese Weigerung hin thun werden.</p> <p>‒ Vorgestern empfing Cavaignac eine Dank-Deputation der von ihm jüngst dekorirten fünfhundert Juniritter, bei der sich auch Leclerc befand, der die Reihen der Bürgerwehr nur darum verließ, um auch seinen zweiten Sohn herbeizuholen, nachdem der erste im Feuer gefallen.</p> <p>„Ich weiß, antwortete Cavaignac in der bekannten abgebrochenen Art, daß man die Exekutivgewalt getadelt hat, für einen Bürgerkampf Orden ausgetheilt zu haben; man hat uns vorgeworfen, unseren ehemaligen Grundsätzen untreu geworden zu sein, das ist ein Irrthum. Wie wir früher dachten, denken wir noch. Es war kein Bürgerkrieg, in dem Ihr das Ordenskreuz erwarbt, sondern in einem sozialen (Klassen) Kampf, auf dem Schlachtfelde der Gesellschaft gegen ihre Feinde. Die bürgerliche Gesellschaft war das eigentliche Schlachtfeld. Ich hoffe, wir werden uns daran <cb n="3"/> nicht mehr zu schlagen brauchen. Ich zeige Ihnen bei dieser Gelegenheit an, daß wir uns überhaupt nicht schlagen werden. Die Mediation Frankreichs ist von Oestreich angenommen worden! Wir hatten diese Nachricht schon über Berlin erhalten, heute aber empfingen wir eine direkte Depesche aus Wien von unserem dortigen Vertreter. Die Mediation ist von Oestreich angenommen worden, weil wir uns moderirt zeigten. Wir sind also der Erhaltung des Friedens sicher. Ich weiß nicht, was die Zukunft uns vorbehält; was mich betrifft, so werde ich Alles aufbietn, um den Frieden zu erhalten; denn nur durch den Frieden können sich unsere neuen Einrichtungen befestigen, unsere materiellen und geistigen Reichthümer entfalten, und ich wiederhole Ihnen, daß die Mediation, die nun angenommen ist, von uns den Oestreichern aufgezwungen wurde, (et je vous le répète, la médiation qui est acceptée, c'est nous qui l'avons imposée).</p> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 11. Sept. Anfang 12 Uhr Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist der berüchtigte Antrag des Crespel de la Touche gegen die Cavaignac'sche Preßdiktatur und die neue Verfassung.</p> <p>Crespel de la Touche erhält das Wort. Mein Antrag, sagt er, hat zum Zweck, die regelmäßige Aktion der Gerichtsbehörden, an die Stelle der unregelmäßigen Gewalt des Ministeriums zu setzen. Der Gesetzgebungsausschuß hat meinen Antrag etwas geändert; doch vernichtet diese Aenderung die Natur desselben nicht und entschließe mich daher ihm an, sowie allen Zusätzen, die ihn verbessern und vervollständigen könnten.</p> <p>Jambert bekämpft den Antrag. Seiner Ansicht nach sei die Garantie der Gerichte rein illusorisch, die Crespel de la Touche an die Stelle des Status quo setzen wolle. Er ziehe den jetzigen anormalen Zustand dem trügerischen Gerichtsschutze vor, so prekär auch dieser Zustand sei. Uebrigens lasse das letzte Straßenbülletin des Polizeipräsidenten durchblicken, daß der Belagerungszustand unmöglich mehr lange dauern könne.</p> <p>Labordere unterstützt den Antrag. Er beabsichtige zwar eine Preßgesetzgebung von großer Härte, doch dünke ihm auch das strengste Gesetz immer noch besser als die reine Willkür. Er will diese zweite Septembergesetzgebung als eine politische Nothwendigkeit ertragen.</p> <p>St. Gaudens bekämpft den Antrag, weil er dem Richter noch viel schärferes Recht einräume als die Septembergesetze. Ein Journal könne sofort unterdrückt d. h. getödtet werden. Bei den heutigen Eigenthumsverhältnissen sei dieß ein unerhörter Angriff auf das Preßeigenthum. Lieber will er den Belagerungsstand ertragen. Ich will lieber, ruft er aus, mit dem Chef der Regierung als mit einem Gerichtsprokurator zu thun haben. (Gelächter) Uebrigens werden diese Ausnahmezustände den gefährlichsten Schlag ihren Urhebern selbst versetzen. Man denke nur an die Restauration und die Julimonarchie.</p> <p>Victor Hugo vertheidigt den Entwurf und reinigt sich von dem Verdacht, als dringe nur die sogenannte reaktionäre Presse auf dessen Annahme. Die Freunde der Ordnung seien die wahren Freunde der Freiheit; in den Straßen die Anarchie bekämpfen, oder sich der Willkür der höchsten Staatsgewalt entgegensetzen, heiße der Freiheit gleiche Dienste erweisen. Nimmermehr habe er geglaubt, daß Cavaignac die votirten Preßgesetze bei Seite werfen werde, ohne sie versucht zu haben. Das sei ein Staatsstreich (Lärm). Ja wohl ein Staatsstreich (Ja, Ja. Nein, Nein.) Das allgemeine Stimmrecht ohne die Preßfreiheit sei ein Trugbild. Chateaubriands größter Ruhm habe in seiner Vertheidigung der Preßfreiheit bestanden, die man den Franzosen nach 30jährigem Gebrauche nicht wieder entwenden werde.</p> <p>Altaroche bekämpft den Entwurf, den er für mörderisch in Betreff der Zeitungspresse hält. Stört der Belagerungsstand das freie Wort, so hebe man den Belagerungsstand auf, aber votire keine neuen Gesetze, die die Zeitungen erwürgen müßten.</p> <p>Senard, Minister des Innern, bekämpft den Entwurf. Er wolle den Gerichten ein Recht übertragen, das die Nat.-Versammlung ausschließlich dem Chef der Regierung zugestanden. Die Regierung handle unter den Augen der Versammlung; ihre Maßregeln seien für das Heil der Republik nöthig gewesen; es habe die vollste Uebereinstimmung zwischen ihr und der Regierung dabei obgewaltet. Läge Willkür vor, längst wären die herbsten Interpellationen an die Minister gerichtet worden. Die ganze Vergangenheit der Männer, welche die Regierung bilden, bürge für jeden Uebergriff gegen die eigentliche Preßfreiheit (Ah! Ah!) Nehmt Euch in Acht, schließt der Minister, das Recht über die Tagespresse der richterlichen Gewalt zu übertragen, die Euch keine Rechenschaft ihrer Handlungen schuldet wie wir! Daß der Belagerungsstand fortdauern müsse, habe die Versammlung vor kaum acht Tagen selbst bestimmt.</p> <p>Charamaule, Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses, der den Antrag günstig begutachtet hatte, vertheidigt natürlich den Entwurf, ohne den Minister gründlich zu widerlegen</p> <p>Boudet, von der Minderheit des Ausschusses, die den Antrag verworfen, bekämpft denselben und sagt, er ziehe die Willkür momentan einem Dekret vor, das der Zeitungspresse den Todesstoß geben müsse</p> <p>Favre sieht in dem Vorschlage gerade die Rettung der Presse. Er nehme der Vollziehungsgewalt das Recht der Suspension der Journale und übergebe es den zuständigen Gerichten. Es sei Zeit aus dem willkürlichen in den gesetzlichen Zustand zurückzukehren. (Zum Schluß. Zum Schluß).</p> <p>Die Versammlung verwirft den Antrag des Gesetzgebungs-Ausschusses mit 515 gegen 238 Stimmen. Dasselbe Schicksal theilt der Latouchesche Antrag.</p> <p>Die Versammlung entschied mit 457 gegen 267 Stimmen durch geheimes Skrutinium (indem sie die sogenannte Question préalable gegen die ursprüngliche Latouchesche Fassung des Antrags annahm), daß sie das Cavaignacsche Provisorium gegen die Zeitungspresse beibehalte.</p> <p>Große Aufregung im Saale über diesen neuen Sieg des Diktators und der Republik-Senard.</p> <p>Pascal Duprat erbittet einen Urlaub, um eine Mission nach Wien zu erfüllen.</p> <p>Bewilligt.</p> <p>Die Versammlung nimmt die Verfassungsberathung wieder auf. Sie war am Donnerstag bis zum Artikel VIII. der Einleitung gedrungen.</p> <p>Dieser Artikel lautet:</p> <p>„Die Republik soll den Bürger in seiner Person, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und Jeden in den Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu erwerben; sie schuldet Beistand allen bedürftigen Bürgern, sei es, indem sie ihnen Arbeit verschafft u. s. w. u. s. w.“</p> <p><hi rendition="#g">Mathieu</hi> (Ariege), ein Phalansterianer mit starkem kommunistischen Anstrich, will das Recht auf Arbeit oder vielmehr die Arbeit als Recht vor Allem garantirt wissen. Das Recht auf Arbeit sei der Weg zum Wohlstand des Volkes. Warum sei das bewußte Dekret der provisorischen Regierung vom Volke mit so großem Enthusiasmus aufgenommen worden? Weil es das Ende eines Elends darin herrannahen sah! Jawohl, das Elend, die Bedürfnisse des Magens sei der Grund der Revolutionen und Kriege aller Völker gewesen. (Stimme von der Rechten: Und der trojanische Krieg?) Die ökonomischen Verhältnisse eines Volkes verrathen sich selbst in dynastischen Fragen.… Der Redner wirft den bisherigen französischen Regierungen vor, daß sie viel zu sehr die Industrie auf Kosten des Ackerbaus begünstigt haben. Dadurch sei ein Mißverhältniß in der Bevölkerungsart entstanden, dessen Früchte man jetzt bitter finde. Er dringt auf größern Schutz der Agrikultur und sofortige Bebauung der wüsten Ländereien, dann werde sich das Unverhältniß zwischen Arbeit und Kapital ändern.</p> <p>Diese Rede dauerte über 11/2 Stunden und schloß die Sitzung der Versammlung, die sich um 6 Uhr trennte.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar102_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dublin, 10. Sept.</head> <p>Die Polizei ärgert und ermüdet sich bei den vergeblichen Nachforschungen in Betreff der noch nicht eingefangenen „Hochverräther“. Namentlich ist es Doheny, dessentwegen die Polizeimacht Gehirn und Beine übermäßig anstrengt. Er soll, wie das Clonmel Chronicle sagt, ganz kürzlich auf einem Berge unweit Carrick-on-Suir ein Meeting bei Mondschein abgehalten haben. In Dungarvan wäre er beinahe erwischt worden. Allein der Polizist, der, um den festgesetzten Preis zu erhalten, recht vorsichtig zu Werke gehen wollte, ging ihm einige Zeit nach. Doheny merkte es und war im Nu verschwunden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Nachtrag.</head> <div xml:id="ar102_020" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 13. Sept.</head> <p>Auf das gestrige Alarmblasen trat die Bürgerwehr unter die Waffen, aber nicht wie es nöthig gewesen, um etwas Entscheidendes durchzusetzen, bannerweise, sondern kompagnieweise, über die ganze Stadt zersplittert. Es zeigte sich in manchen Kompagnien der Bürgerwehr ein sehr entschiedener Geist; sie verlangten sofortige Entfernung der 27ger, Abdankung des Kommandanten der Bürgerwehr, Hrn. Wittgenstein, Besetzung der Thore durch die Bürgerwehr. Aber die Zersplitterung machte alles einmüthige Handeln unmöglich, und Hr. Wittgenstein wußte die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0511/0003]
welche die künftige Verfassung des Landes nach den Grundsätzen größter Freiheit und mit gehöriger Beachtug der Nationalität in Berathung zu nehmen haben werden. Diese Deputirten sollen, wie wir aus guter Quelle vernehmen, aus ganz freien Wahlen hervorgehen, und wird die Zahl der Deputirten nach dem Maßstabe der Bevölkerung bemessen werden. Die innere Administration wird rein italienisch sein.“
Mainz, 11. Sept. So eben erfahren wir, daß der Bürgermeister nebst einer Deputation des Gemeinderathes nach Frankfurt sich begeben hat, um dort der Centralgewalt Kenntniß von dem Zustande unserer Stadt zu geben und Abhülfe zu verlangen. Wir zweifeln nicht, daß namentlich die letzten Ereignisse, daß die Kenntniß der Menschenjagd, die mit einem Morde endete, an dessen Möglichkeit man mitten in einem civilisirten Lande nicht hätte glauben können, wären nicht Tausende Zeugen dieser grausamen That gewesen, die Centralgewalt bestimmen werden, Maßregeln zu ergreifen, welche die Bevölkerung von Mainz zu erwarten das Recht hat.
(Mz. Z.) Kassel, 8. Sept. Heute, des Nachmittags, kam das vor einigen Tagen hier durchpassirte würtembergische Reiterregimeat wieder hierdurch zurück, eine Folge des abgeschlossenen Waffenstillstandes in Schleswig-Holstein. Dem Regimente folgten jedoch ungefähr 6 Mann mit einem Unteroffizier, geschlossen auf einem Wagen unter scharfer Bedeckung, welche sich dem Rückzuge dem Vernehmen nach haben widersetzen wollen.
(Fr. J.) * Konstanz, 9. Sept. Gegen Fickler (Redakteur der „Seeblätter“) sind bekanntlich nicht weniger als 7 Preßprozesse anhängig. Der erste kam heute zur Verhandlung. Der Staatsanwalt fiel gänzlich durch; er hatte auf 4 Monate Gefängniß angetragen. Fickler wurde freigesprochen. Am 11. d. beginnt der zweite Prozeß; Antrag des Staatsanwalts: 6 Monate Gefängniß. Hoffentlich folgt ein gleiches Resultat.
Altona, 11. Septbr. Die gestern angekommene hannov. Infanterie hat uns heute Vormittag verlassen; die gestern angekommene preußische Infanterie wird heute Nachmittag den Rückmarsch antreten. Zu gleicher Zeit werden heute noch preußische Gardebataillone hier eintreffen. Auch die Würtemberger bereiten sich zur Rückkehr vor, doch ist 1 Bataillon des 8. würtemb. Inf.-Reg. heute nach Norden befördert worden, um einen Theil der in den Herzogthümern bleibenden Besatzung zu bilden.
Rendsburg, 11. Septbr. Gestern Abend machte der General v. Wrangel bei seiner Reise durch Rendsburg den Mitgliedern der provisorischen Regierung einen Besuch und theilte denselben die Nachricht mit, daß das dänische Gouvernement darin willigen werde, daß die Trennung unserer Truppen in Schleswigsche und Holsteinische während des Waffenstillstandes wegfalle und daß ferner der § 7 der Waffenstillstandskonvention dahin verändert werde, daß die von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze und Verfügungen in Kraft erhalten würden und es der neuen Regierung nur freistehe, einzelne Erlasse der provisorischen Regierung aufzuheben.
Ungarn. 61 Wien, 8. Sept. Ich schicke Ihnen folgenden, aus dem magyarischen übersetzten Artikel, der zur Aufklärung über die magyarisch-kroatische Kollision Manches beitragen dürfte:
St. Weißenburg. Wir kamen mit mehreren Kroaten während unserer Reise in Berührung, und erfuhren mit Freude, daß, obwohl sie in Gratz, Pesth, Wien zerstreut lägen, und weder die ungarischen noch die deutschen Blätter ihrer erwähnten, sie doch von dem wahren Zustande ihrer vom Fluche getroffenen Heimath besser als alle Blätter unterrichtet sind. Sie wirken ohne Geräusch, aber klüger und vorsichtiger als unser Ministerium, welches das Vaterland in diesen Zeiten zu regieren gewiß nicht berufen ist.
Den wahren Zustand Kroatien's schilderte mir ein tüchtiger Kroate folgendermaßen: Als Kroatien seit dem wirren Zustande von Ungarn abgesperrt, wurden alle Wurzeln abgeschnitten, welche in dem üppigen Boden des überreichen Mutterlandes verzweigt, einer Lebensfrische durch 800 Jahre hindurch sich erfreuten. Die elenden Häuptlinge der Reaktion erfuhren mit Schrecken, daß Kroatien selbst die eigenen Verwaltungskosten nicht zu bestreiten vermag; hierin findet man den Schlüssel zu den unsinnigen Forderungen des bornirten Reaktionswerkzeuges Jellachich, der die Selbstverwaltung Kroatien's mit Errichtung einer Woiwodenschaft im Banat, und die Zurückstellung des ungarischen Finanzministeriums an Oesterreich erkämpfen will. Künftighin sollte also dies Erbe der ungarischen Finanzen zwischen Oesterreich und Kroatien getheilt werden. Ungarn sollte den üppigsten Theil seines Reiches Kroatien überlassen, und es zur gleichen Größe erheben, nebstbei aber auch auf seine Kosten die Szerezsaner erhalten. So wahnsinnige Bedingungen kann Jellachich, der über nichts als eine Horde Räuber und 5000 fanatisirte Gränzer zu verfügen hat, stellen, dem aus 14 Millionen bestehenden ungarischen Reiche! Dieser wahnwitzige Träumer verläßt sich auf das Geld und das Blut der österreichischen Völker. Der Kamarilla gelang es auch, alle Variationen des österreichischen Ministeriums für ihre Puppe, Jellachich, zu gewinnen. Waffen, Kanonen und beträchtliche Summen wurden gesendet, so lange man keinen finanziellen Ausweis dem österreichischen Reichstage vorzulegen hatte, nun aber grinsen 7 Millionen Defizit, die 20 Millionen konnte man nur unter dem Schreckbilde des Bankrottes nach langem Kampfe erlangen, die Karrikatur-Abstimmung der Nobot und des Zehent versetzte der verschuldeten österreichischen Aristokratie einen furchtbaren Schlag, die Banquiers machen auch lange Gesichter und wollen nichts mehr riskiren. Jellachich donnert und bedroht die Streifröcke durch die Offenbarung der rührenden Innsbrucker Abenteuer, dem Ministerium aber verspricht er den letzten Stoß zu versetzen. In Folge dieser Wagnisse des groben Jellachich ist man zur Unterhandlung geneigter, denn die Quellen der Kamarilla versiegen allmählich, Ungarn entwickelt aber über alle Erwartungen neue Kräfte, die Macht und Anhänglichkeit an Koffuth ist größer als je, die Kamarilla wird sich hartnäckig zeigen zur Unterhandlung, aber geneigter als jemals sein; Ungarn, lasse dich nicht täuschen, nur jetzt keine Schwäche, Muth und Ausdauer, und in Kurzem wird der Winter und eine Explosion in Agram auch ohne unsere Schwerter seiner tragischen Komödie ein Ende machen.
Ich will den innern Zustand Kroatien's schildern, führe daher die obigen Episoden als Schluß zur kurzen Skizze an. Jellachich hat kein Geld, seine aus nicht mehr als 5000-6000 bestehenden Satrapen sind in Lumpen gehüllt und barfuß, die er zur Erpressung des nicht mehr zu erschwingenden Soldes in die Dörfer aussendet; das Volk murrt, die Agramer Bürger sind wüthend über den Illyriismus, der ihre Erwerbsquellen abschnitt, und durch die unermeßlichen Steuern aber über Winter sie zum Bettler machen würde. Der Spießbürger ist oft ein feiges, herz- und ehrloses Wesen, sobald man aber seine Bequemlichkeit antastet, ist er ein Löwe. In Agram ist er zum letzteren geworden, er spricht den Namen Jellachich nicht ohne Fluch aus, er wartet nur auf den Abzug des Jellachich und seiner grausamen Satrapen, und dieser wird dann Agram nicht mehr sehen. Ungarische Fahnen sind verborgen, der wüthende, ideale Illyriismus durch den hungernden Magen aufgerüttelt, ist auf dem Punkte, in den wüthendsten Magyarismus überzugehen. Daß diese Folgerung richtig und die Skizze wahr sei, beweis't die Flucht des wüthendsten Illyrier-Chef's Metell Osegovich nach Settan, den man zu hängen drohte. Gay trotzt Jellachich, der das Volk an den Bettlerstab gebracht und über
Winter der Hungersnoth preisgegeben und die unerhörtesten Gräuel hervorgerufen und seine Nation an den Abgrund gebracht hat. Das Schicksal dieses Menschen naht heran: das Volk wird ihm fluchen!
N. S. Die Schuld der Schlappe, die wir bei Járek und Temerin erlitten, trägt der Husaren-Major Málhé, den der Kriegsminister vor's Kriegsgericht stellte. Der Kriegsminister wurde auf der Reise nach Peterwardein von Raizen umzingelt, und nur der Tapferkeit der Husaren hat er es zu verdanken, daß ihm nichts zu Leide geschah. Verrath, Uneinigkeit und Unwissenheit führt unsere Truppen an, und die Erbitterung und Gährung läßt für die Dynastie nichts Günstiges erwarten; „es ist nichts anderes übrig, als sich von allen gesetzlichen Banden ‒ gleich Jellachich ‒ loszusagen.“ ‒ Diesen Verzweiflungsruf hörte ich oft ausstoßen.
Für die von Koffuth zu errichtenden Regimenter werden in allen Theilen des Landes mit dem schönsten Erfolge die Werbungen fortgesetzt, in Weißenburg ließen sich in einem Tage 60 anwerben.
Töltényi M.
Italien. * _ Palermo, 2. Sept. _ Französische Republik. Paris, 11. Sept. Eine Post aus Algier vom 4. September meldet, daß im Westen der Kolonie einige Stämme sich empört hätten. Der interimistische Gouverneur hat Truppen dorthin geschickt, die sie züchtigen sollen. Im Uebrigen ist die Kolonie ruhig.
‒ Rothschild, der Allmächtige, wurde seit einigen Tagen wieder mehrere Male in dem Finanzministerium gesehen. Es handele sich, heißt es, um eine neue Anleihe!
‒ (Arbeiter-Emigration.) Gestern, Sonntags, fand in der Richelieustraße eine Versammlung von Abgeordneten der 10,000 Arbeiter statt, welche bei der Nationalversammlung um die Erlaubniß nachsuchen, nach Algerien überzusiedeln. Die Versammlung war lebhaft und zahlreich. Das Sekretariat derselben stattete Bericht über die Lage der Angelegenheit ab, und schob die Schuld der Verzögerung ihrer Abreise hauptsächlich den Hindernissen zu, welche der Kriegsminister Lamoriciere der öffentlichen Debatte der Pascal (Air) und Ferdinand Barrot'schen Kolonisationsvorschläge bisher entgegengesetzt habe. Es wurde ein Ausschuß von zwölf Abgeordneten gewählt, dem man den Auftrag gab sich in den Ausschuß der Nationalversammlung (Abtheilung für Algerien) zu begeben und ihm zu erklären, daß die Arbeiter an dem Recht auf Eigenthum durch die Arbeit festhielten, und ganz auf die Auswanderung verzichteten, wenn man ihnen diesen Grundsatz nicht zugestehe. Für den 12. September Mittags ist in dem Saale der Société Algérienne, Rue Favart 12, eine neue Versammlung angesagt.
‒ Die Nationalversammlung diskutirt heute den Crespel de la Touche'schen Antrag rücksichtlich der unterdrückten Journale. Dann schreitet sie zur Verfassungsberathung.
‒ Labrousse, der die bekannte Brüsseler Handels- und Industrieschule lange Jahre leitete, und nach dem Februarsturm hierher zurückkehrte, von wo man ihn als Kommissarius in sein Heimathsdepartement schickte, das ihn dann zum Vertreter wählte, ist von Cavaignac zum Vertreter der Republik in Brüssel ernannt worden. Wie man hört, hat aber Leopold I. erklärt, daß er diesen ehemaligen Schulmeister an seinem Hofe nicht empfangen werde. Wir sind neugierig zu erfahren, was Bastide und Cavaignac auf diese Weigerung hin thun werden.
‒ Vorgestern empfing Cavaignac eine Dank-Deputation der von ihm jüngst dekorirten fünfhundert Juniritter, bei der sich auch Leclerc befand, der die Reihen der Bürgerwehr nur darum verließ, um auch seinen zweiten Sohn herbeizuholen, nachdem der erste im Feuer gefallen.
„Ich weiß, antwortete Cavaignac in der bekannten abgebrochenen Art, daß man die Exekutivgewalt getadelt hat, für einen Bürgerkampf Orden ausgetheilt zu haben; man hat uns vorgeworfen, unseren ehemaligen Grundsätzen untreu geworden zu sein, das ist ein Irrthum. Wie wir früher dachten, denken wir noch. Es war kein Bürgerkrieg, in dem Ihr das Ordenskreuz erwarbt, sondern in einem sozialen (Klassen) Kampf, auf dem Schlachtfelde der Gesellschaft gegen ihre Feinde. Die bürgerliche Gesellschaft war das eigentliche Schlachtfeld. Ich hoffe, wir werden uns daran
nicht mehr zu schlagen brauchen. Ich zeige Ihnen bei dieser Gelegenheit an, daß wir uns überhaupt nicht schlagen werden. Die Mediation Frankreichs ist von Oestreich angenommen worden! Wir hatten diese Nachricht schon über Berlin erhalten, heute aber empfingen wir eine direkte Depesche aus Wien von unserem dortigen Vertreter. Die Mediation ist von Oestreich angenommen worden, weil wir uns moderirt zeigten. Wir sind also der Erhaltung des Friedens sicher. Ich weiß nicht, was die Zukunft uns vorbehält; was mich betrifft, so werde ich Alles aufbietn, um den Frieden zu erhalten; denn nur durch den Frieden können sich unsere neuen Einrichtungen befestigen, unsere materiellen und geistigen Reichthümer entfalten, und ich wiederhole Ihnen, daß die Mediation, die nun angenommen ist, von uns den Oestreichern aufgezwungen wurde, (et je vous le répète, la médiation qui est acceptée, c'est nous qui l'avons imposée).
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 11. Sept. Anfang 12 Uhr Präsident Marrast. An der Tagesordnung ist der berüchtigte Antrag des Crespel de la Touche gegen die Cavaignac'sche Preßdiktatur und die neue Verfassung.
Crespel de la Touche erhält das Wort. Mein Antrag, sagt er, hat zum Zweck, die regelmäßige Aktion der Gerichtsbehörden, an die Stelle der unregelmäßigen Gewalt des Ministeriums zu setzen. Der Gesetzgebungsausschuß hat meinen Antrag etwas geändert; doch vernichtet diese Aenderung die Natur desselben nicht und entschließe mich daher ihm an, sowie allen Zusätzen, die ihn verbessern und vervollständigen könnten.
Jambert bekämpft den Antrag. Seiner Ansicht nach sei die Garantie der Gerichte rein illusorisch, die Crespel de la Touche an die Stelle des Status quo setzen wolle. Er ziehe den jetzigen anormalen Zustand dem trügerischen Gerichtsschutze vor, so prekär auch dieser Zustand sei. Uebrigens lasse das letzte Straßenbülletin des Polizeipräsidenten durchblicken, daß der Belagerungszustand unmöglich mehr lange dauern könne.
Labordere unterstützt den Antrag. Er beabsichtige zwar eine Preßgesetzgebung von großer Härte, doch dünke ihm auch das strengste Gesetz immer noch besser als die reine Willkür. Er will diese zweite Septembergesetzgebung als eine politische Nothwendigkeit ertragen.
St. Gaudens bekämpft den Antrag, weil er dem Richter noch viel schärferes Recht einräume als die Septembergesetze. Ein Journal könne sofort unterdrückt d. h. getödtet werden. Bei den heutigen Eigenthumsverhältnissen sei dieß ein unerhörter Angriff auf das Preßeigenthum. Lieber will er den Belagerungsstand ertragen. Ich will lieber, ruft er aus, mit dem Chef der Regierung als mit einem Gerichtsprokurator zu thun haben. (Gelächter) Uebrigens werden diese Ausnahmezustände den gefährlichsten Schlag ihren Urhebern selbst versetzen. Man denke nur an die Restauration und die Julimonarchie.
Victor Hugo vertheidigt den Entwurf und reinigt sich von dem Verdacht, als dringe nur die sogenannte reaktionäre Presse auf dessen Annahme. Die Freunde der Ordnung seien die wahren Freunde der Freiheit; in den Straßen die Anarchie bekämpfen, oder sich der Willkür der höchsten Staatsgewalt entgegensetzen, heiße der Freiheit gleiche Dienste erweisen. Nimmermehr habe er geglaubt, daß Cavaignac die votirten Preßgesetze bei Seite werfen werde, ohne sie versucht zu haben. Das sei ein Staatsstreich (Lärm). Ja wohl ein Staatsstreich (Ja, Ja. Nein, Nein.) Das allgemeine Stimmrecht ohne die Preßfreiheit sei ein Trugbild. Chateaubriands größter Ruhm habe in seiner Vertheidigung der Preßfreiheit bestanden, die man den Franzosen nach 30jährigem Gebrauche nicht wieder entwenden werde.
Altaroche bekämpft den Entwurf, den er für mörderisch in Betreff der Zeitungspresse hält. Stört der Belagerungsstand das freie Wort, so hebe man den Belagerungsstand auf, aber votire keine neuen Gesetze, die die Zeitungen erwürgen müßten.
Senard, Minister des Innern, bekämpft den Entwurf. Er wolle den Gerichten ein Recht übertragen, das die Nat.-Versammlung ausschließlich dem Chef der Regierung zugestanden. Die Regierung handle unter den Augen der Versammlung; ihre Maßregeln seien für das Heil der Republik nöthig gewesen; es habe die vollste Uebereinstimmung zwischen ihr und der Regierung dabei obgewaltet. Läge Willkür vor, längst wären die herbsten Interpellationen an die Minister gerichtet worden. Die ganze Vergangenheit der Männer, welche die Regierung bilden, bürge für jeden Uebergriff gegen die eigentliche Preßfreiheit (Ah! Ah!) Nehmt Euch in Acht, schließt der Minister, das Recht über die Tagespresse der richterlichen Gewalt zu übertragen, die Euch keine Rechenschaft ihrer Handlungen schuldet wie wir! Daß der Belagerungsstand fortdauern müsse, habe die Versammlung vor kaum acht Tagen selbst bestimmt.
Charamaule, Berichterstatter des Gesetzgebungs-Ausschusses, der den Antrag günstig begutachtet hatte, vertheidigt natürlich den Entwurf, ohne den Minister gründlich zu widerlegen
Boudet, von der Minderheit des Ausschusses, die den Antrag verworfen, bekämpft denselben und sagt, er ziehe die Willkür momentan einem Dekret vor, das der Zeitungspresse den Todesstoß geben müsse
Favre sieht in dem Vorschlage gerade die Rettung der Presse. Er nehme der Vollziehungsgewalt das Recht der Suspension der Journale und übergebe es den zuständigen Gerichten. Es sei Zeit aus dem willkürlichen in den gesetzlichen Zustand zurückzukehren. (Zum Schluß. Zum Schluß).
Die Versammlung verwirft den Antrag des Gesetzgebungs-Ausschusses mit 515 gegen 238 Stimmen. Dasselbe Schicksal theilt der Latouchesche Antrag.
Die Versammlung entschied mit 457 gegen 267 Stimmen durch geheimes Skrutinium (indem sie die sogenannte Question préalable gegen die ursprüngliche Latouchesche Fassung des Antrags annahm), daß sie das Cavaignacsche Provisorium gegen die Zeitungspresse beibehalte.
Große Aufregung im Saale über diesen neuen Sieg des Diktators und der Republik-Senard.
Pascal Duprat erbittet einen Urlaub, um eine Mission nach Wien zu erfüllen.
Bewilligt.
Die Versammlung nimmt die Verfassungsberathung wieder auf. Sie war am Donnerstag bis zum Artikel VIII. der Einleitung gedrungen.
Dieser Artikel lautet:
„Die Republik soll den Bürger in seiner Person, Religion, Eigenthum und Arbeit beschützen und Jeden in den Stand setzen, sich den allen Menschen nöthigen Unterricht zu erwerben; sie schuldet Beistand allen bedürftigen Bürgern, sei es, indem sie ihnen Arbeit verschafft u. s. w. u. s. w.“
Mathieu (Ariege), ein Phalansterianer mit starkem kommunistischen Anstrich, will das Recht auf Arbeit oder vielmehr die Arbeit als Recht vor Allem garantirt wissen. Das Recht auf Arbeit sei der Weg zum Wohlstand des Volkes. Warum sei das bewußte Dekret der provisorischen Regierung vom Volke mit so großem Enthusiasmus aufgenommen worden? Weil es das Ende eines Elends darin herrannahen sah! Jawohl, das Elend, die Bedürfnisse des Magens sei der Grund der Revolutionen und Kriege aller Völker gewesen. (Stimme von der Rechten: Und der trojanische Krieg?) Die ökonomischen Verhältnisse eines Volkes verrathen sich selbst in dynastischen Fragen.… Der Redner wirft den bisherigen französischen Regierungen vor, daß sie viel zu sehr die Industrie auf Kosten des Ackerbaus begünstigt haben. Dadurch sei ein Mißverhältniß in der Bevölkerungsart entstanden, dessen Früchte man jetzt bitter finde. Er dringt auf größern Schutz der Agrikultur und sofortige Bebauung der wüsten Ländereien, dann werde sich das Unverhältniß zwischen Arbeit und Kapital ändern.
Diese Rede dauerte über 11/2 Stunden und schloß die Sitzung der Versammlung, die sich um 6 Uhr trennte.
Großbritannien. * Dublin, 10. Sept. Die Polizei ärgert und ermüdet sich bei den vergeblichen Nachforschungen in Betreff der noch nicht eingefangenen „Hochverräther“. Namentlich ist es Doheny, dessentwegen die Polizeimacht Gehirn und Beine übermäßig anstrengt. Er soll, wie das Clonmel Chronicle sagt, ganz kürzlich auf einem Berge unweit Carrick-on-Suir ein Meeting bei Mondschein abgehalten haben. In Dungarvan wäre er beinahe erwischt worden. Allein der Polizist, der, um den festgesetzten Preis zu erhalten, recht vorsichtig zu Werke gehen wollte, ging ihm einige Zeit nach. Doheny merkte es und war im Nu verschwunden.
Nachtrag. * Köln, 13. Sept. Auf das gestrige Alarmblasen trat die Bürgerwehr unter die Waffen, aber nicht wie es nöthig gewesen, um etwas Entscheidendes durchzusetzen, bannerweise, sondern kompagnieweise, über die ganze Stadt zersplittert. Es zeigte sich in manchen Kompagnien der Bürgerwehr ein sehr entschiedener Geist; sie verlangten sofortige Entfernung der 27ger, Abdankung des Kommandanten der Bürgerwehr, Hrn. Wittgenstein, Besetzung der Thore durch die Bürgerwehr. Aber die Zersplitterung machte alles einmüthige Handeln unmöglich, und Hr. Wittgenstein wußte die
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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