Neue Rheinische Zeitung. Nr. 105. Köln, 17. September 1848.[Deutschland] [Fortsetzung] hätte man sie noch diskutiren können, nicht aber gegenwärtig. Weh' uns, wenn jetzt Nationalitätskämpfe uns spalten! Vergessen wir nicht die eine Sprache, die wir alle reden sollen, die Sprache der Freiheit, die uns so nöthig ist! Die Reaktion steht hinter diesem Streit, das Grauen des Absolutismus. Der Boden ist nicht mehr fest, die Wände werden unheimlich und Menschenalter sind hinter dem März, wenn wir also fortfahren. Lassen wir uns daher vergessen, was wir vor 8 Wochen hätten thun können! Ich stimme für eine Kommission zur Regelung der Sprachverhältnisse. (Bravo links. Zischen der Reaktionäre.) Mit mehr oder minder Leidenschaftlichkeit sprechen hierauf noch im slavischen Sinne Dylewski, Hawelka, Hauschild, Potocki. Letzterer bemerkt: da die Nationalfrage hier zum Vorschein gekommen ist, so muß ich eine Erklärung machen. Borrosch hat das Wort Gesammtvaterland ausgesprochen. Ich finde darin nur mein Vaterland Polen. Ich stelle es höher, als jedes Prinzip.(!) So lang dies Vaterland verletzt ist, können wir nicht von Gesammtinteressen reden. Borrosch: Wir bilden einen Völkerkongreß, zu welchem man hätte Leute schicken sollen, die fähig sind, sich zu verständigen. Doliak, Berichterstatter, sucht Löhner und Borrosch zu widerlegen, wird dabei heftig und sagt unter Anderm: Wenn die Stimmung hier schon so ist, so mag man erst beurtheilen, wie man sich in Frankfurt wider uns benimmt. (Heftiger Lärm, von allen Seiten erheben sich Abgeordnete, Löhner will den Redner zur Ordnung gerufen haben). Doliak verlangt, daß mit Namensaufruf über den Antrag des Petitionsausschusses abgestimmt werde. Ein Anderer verlangt Vertagung auf 10 Minuten. Beides angenommen. Präsid. verliest erst die verschiedenen Anträge Löhner's, Borrosch's, Lubomirski's, Hawlitschek's, Bosner's und ordnet sie. Rieger will den Ordnungsruf zurückgenommen; er habe sich keiner Persönlichkeit schuldig gemacht, den § 66 der Geschäftsordnung also nicht übertreten. Präsident nimmt den Ordnungsruf zurück. Borrosch will nun auch den seinen zurückgenommen wissen und appellirt an die Gerechtigkeit des Präsidenten. Präsident thut es unter umschweifenden Erklärungen. Doliak: Die Dalmatiner haben erklärt, daß sie auf ein ausführliches Detail verzichten, und nur einen kurzen Auszug der stenographischen Berichte verlangten, wie ihn die Wiener Zeitung gebe. Bei der gewöhnlichen Abstimmung fallen die Anträge Löhner's und Borrosch's durch, alle slavischen Anträge werden angenommen. Der fernere Antrag Borrosch's, daß der Kommissionsantrag auf alle Nationalitäten ausgedehnt werde, wird ebenfalls angenommen. Bei der namentlichen Abstimmung wird dieser Kommissionsantrag angenommen. Die Abgeordneten können also nun in ihren Sprachen reden, Anträge stellen u. s. w. Der Reichstag wird eine Uebersetzungsanstalt, eine babylonische Verwirrung, deren Resultat Auflösung sein wird. Finis Austriae. 61 Wien, 12. Sept. Der Reichstag hält heute keine Sitzung, um der Kommission Zeit zu lassen, den Verfassungsentwurf zu vollenden. Sein gestriger Nationalitätenhader hat auf das Volk einen höchst peinlichen Eindruck gemacht; macht er sich auch unter diesem geltend, so wird ein unbeschreiblicher Kampf entstehen, schlimmer als alle Religionskriege je gewesen. Nur die Aristokratie und der Absolutismus könnten daraus Vortheile ziehen. Ich will nicht daran glauben. Als die ungarische Deputation den ungenügenden kaiserlichen Bescheid erhalten und den Brief Ferdinand's an Benjamin Jellachich erfahren hatte, steckten sehr viele der Abgeordnetenrothe Federn auf die Hüte. In Preßburg harrte ihrer eine große Menschenmenge und empfing sie mit Eljen, allein die Deputation blieb lautlos und einer der Deputirten sprach folgendes zum Volke: "Brüder Magyaren! Wir waren in Wien bei unserem König, haben aber dessenungeachtet nichts Näheres erfahren; wir wissen eben so viel, als wir vorher gewußt haben. Volk von Ungarn, Brüder! Ihr seht, wir sind uns nun ganz allein überlassen, auf fremde Hülfe können wir nicht bauen, unsere einzige Stütze ist unser eigener Arm. Auf daher, Volk von Ungarn! Wer immer nur das Rohr zu lenken und das Schwert zu führen weiß, der reihe sich unter die Fahnen zum heiligen Kampfe, zur Rettung unserer Freiheit, zur Rettung der ungarischen Nationalität! Magyaren! in Wien bildet sich ein zahlreiches Freikorps, das mit uns für die heilige Sache der Freiheit kämpfen will; mit diesem vereint laßt uns siegen oder sterben!" - "Auf zum Kampfe!" schrie das ganze Volk. Pesth und Ofen sind in der größten Aufregung. Alles greift zu den Waffen. Folgendes Plakat wurde sofort nach Wiederankunft der Deputirten dort angeschlagen: "Bürger! Die sich über das Vaterland zusammenthürmenden Verhängnisse haben die Gleichheitsgesellschaft bewogen, aus ihrem Schooße ein permanentes Comite zu ernennen, dessen Aufgabe sei, wie ihr es einzeln thut, so im Ganzen über die Ereignisse zu wachen. Mit jener patriotischen Begeisterung, die in des Vaterlandes gegenwärtigen Augenblicken kein wahrer Bürger entbehren kann, fordert das Comite jeden Bürger auf, alles was er weiß, was auf das Vaterland von Einfluß sein könnte, dem Comite so schnell als möglich mitzutheilen." Aus der Generalsitzung der Gleichheitsgesellschaft. Madarasz Laszlo, Zerrssi Gusztav. Die Wiener Demokratie theilt noch die allgemeine ideologische Erbärmlichkeit der deutschen. Statt mit den Ungarn gemeinschaftliche Sache zu machen, hat die ganze demokratische Presse über die Ungarn nicht genug schimpfen können und beginnt erst jetzt, wo es fast zu spät ist, anderer Einsicht zu werden. Wie richtig die fortwährenden Denunziationen gewesen, die ich Ihnen in Beziehung auf unsere demokratische Judenpresse immer gemacht, beweisen täglich die ungarischen Korrespondenzen unserer sogenannten demokratischen Journale selbst. Was Sie Bourgeois nennen, das sind hier die Juden, die sich der demokratischen Leitung bemächtigt haben. Dies Judenthum ist indessen noch zehnmal niederträchtiger als das westeuropäische Bourgeoisthum, weil es die Völker unter der erheuchelten, börsengestempelten Maske der Demokratie betrügt, um sie direkt in den Despotismus des Schachers zu führen. Wo die Demokratie nur die Dummheit und die jüdische Schacher- und Stellenjägerei-Gemeinheit zur Grundlage hat, wird sie es weit bringen. So eben vernehme ich, daß die ungarische Nobelgarde, die herrlichste Kavallerie der Erde, ihre Entlassung eingereicht hat, um sich in die Armee ihres Vaterlandes aufnehmen zu lassen. - Der Hof soll gestern einen Kourier mit dem Auftrage an Jellachich abgesendet haben, vorläufig Halt zu machen. Jellachich selbst soll an die Ungarn eine Proklamation erlassen haben, worin er verkündet, daß er nicht gegen das ungarische Volk, sondern gegen das Ministerium zu Felde ziehe. (In der That!) Aus zuverlässigen Privatnachrichten geht hervor, daß Rußland der Pforte den Krieg erklärt hat. England soll letztere zu einer entschiedenen Erklärung wider die russische Einmischung in die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer vermogt haben. - Das Ganze ist wohl nur eine diplomatische Komödie, um für den Fall eines ungarischen Siegs die Anwesenheit der russisch-türkischen Heere zu beschönigen und dann gemeinschaftlich mit dem persiden Oestreich wider die Freiheit zu operiren. Jedes andere Interesse tritt ja einstweilen noch in den Hintergrund. Der Minister v. Schwarzer soll nun bestimmt aus dem Ministerium treten, er hat den Tritt des Mephistopheles gefühlt. An seine Stelle kommt ein wüthender Metternichianer Namens Brück. Der Erzherzog Ludwig, der hartnäckigste Vertheidiger des alten Systems, ist in Schönbrunn wieder angelangt. Er ist unser"Prinz von Preußen" und soll sich oft schnupfend und fluchend im Park von Schönbrunn herumtreiben. Unter der Redaktion des Arbeiters Hillisch erscheint seit einigen Tagen eine Arbeiterzeitung, welche von dem ersten Wiener Arbeiterverein ausgeht. Der Drucker von Schmid hat Freiligrath's Gedicht: "Die Todten an die Lebenden" nachgedruckt und setzt dasselbe zu 2 Kr. C. M. in ungeheurer Anzahl ab. - Die Dichter singen und werden in den Kerker geworfen, aber die gemeinen Schacherjuden ziehen den Gewinn davon. Freiligrath wird von den erlösten Kreuzern schwerlich einen zu sehen bekommen. - Ich habe mehre Redakteure hiesiger Blätter auf den Unfug aufmerksam gemacht und sie werden den Drucker bei der Ehre angreifen, - Bourgeoisehre! Nachschrift. So eben 12 Uhr wurde auf Befehl des Ministers Dobblhoff Generalmarsch geschlagen. Alles läuft nach dem Judenplatze, wo sich das Ministerium des Innern befindet. Der Platz ist gedrängt voll Menschen; von allen Seiten rückt Nationalgarde heran, das Volk empfängt sie mit Hochs, sie steckt die Bajonnette ab und entfernt sich bald wieder unter dem Beifalljauchzen des Volkes. Die Veranlassung zu diesem Auftritt ist folgender Maueranschlag, der alle Gewerbetreibenden ebenso in Aufregung brachte, wie die frühere Herabsetzung des Arbeitslohns die Arbeiter, und der zwischen Bürgerwehr und Nationalgarde dieselben Scenen herbeizuführen droht: Der von dem Hrn. Swoboda gegründete Aktienverein kann nur als eine Privatunternehmung angesehen werden, daher Niemand verhalten werden, die durch ihn ausgegebenen Aktien als bares Geld anzunehmen. Dieser Umstand hat diejenigen, welche sich bei diesem Verein betheiligten, in ihren Hoffnungen getäuscht, und zu den gestern stattgefundenen Auftritten, welche nicht zu entschuldigen sind, Anlaß gegeben. Damit aber der verarmte Gewerbsmann, welcher von obigem Vereine und von den durch ihn ausgegebenen Aktien Hülfe erwartete, nicht zu empfindlichem Schaden gelange, und damit die Vervielfältigung dieser Aktien nicht zu Störungen des allgemeinen Verkehrs und der öffentlichen Ruhe verleite, so hat das Ministerium des Innern sich bewogen gefunden eine Kommission zusammenzusetzen, welche sich vorerst mit der Liquidirung der von Herrn Swoboda ausgegebenen Aktien und mit der theilweisen Einlösung derselben von dem unmittelbaren Empfänger, sohin aber auch mit der Frage beschäftigen wird, unter welchen Bedingungen und Vorsichten der fernere Bestand des swobodischen Aktienvereins gestattet werden könne. Diese theilweise Einlösung der bereits ausgegebenen und noch in dem Besitze der ursprünglichen Empfänger befindlichen Aktien in dem Maße, welches von der Kommission bestimmt werden wird, beginnt morgen 13. Sept. von 8 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags. Ueber die bereits an dritte Personen abgetretenen Aktien werden später die nöthigen Bestimmungen getroffen werden. Der baldige und befriedigende Abschluß dieser Angelegenheit kann nur durch Mäßigung, Ordnung und Vertrauen erreicht werden, jede Art von Aufregung aber, oder von ungestümen, unmöglichen Forderungen würde das Ministerium in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen seine bereitwillige Unterstützung zur Ausgleichung dieses Gegenstandes zurückzuziehen und gegen gesetzwidrige Eingriffe mit Strenge einzuschreiten. Wien, 12. September 1848. Vom Ministerium des Innern,Doblhoff. Swoboda hatte einen Aktienverein zur Unterstützung zurückgekommener Gewerbtreibenden gestiftet, bei welchem sich der Kaiser mit 10,000 fl. C. M. betheiligt hatte. Dieser Verein wurde den Bank- und Börsenjuden ein Dorn im Auge; sie glaubten ihr Privilegium dadurch geschmälert und zettelten Intriguen an, in deren Folge gestern ein Volkssturm auf das Landhaus stattgefunden hat, wobei im Innern des Gebäudes vieles zertrümmert wurde. Dadurch entstand obige Verordnung Dobblhoffs, worauf sich das Volk heute sofort in Massen vor seinem Ministerium versammelte. Die reichen Bürgergrenadiere und die goldene Kavallerie, die eigentlichen Bankjuden, ergriffen die Sache des Ministers d. h. ihre eigene und kamen dadurch mit einem Theil der Nationalgarde, die dem Gewerbestande angehört, in Konflikt. Auf den Generalmarsch des Ministers erschien nun zwar ein bedeutender Theil der Nationalgarde, fraternisirte aber sogleich mit dem Volke und zog, dem Generalmarsch zum Trotz, wieder ab. - Das Ministerium ist noch in diesem Augenblick vom Volke umringt, die Minister zittern und, wenn, wie vorauszusehen, Morgen die Nationalgarde zur Ausübung der Strenge nicht erscheint, so wird es neue Auftritte geben. Jedenfalls hat sich das Ministerium nun auch bei der Nationalgarde moralisch vernichtet und nur mehr die Bankjuden sind noch seine Stütze. Es muß gänzlich fallen. Ein Blatt publizirt folgende Ministerliste: Schuselka, Auswärtiges; Löhner, Inneres; Kudlich, Handel; Borrosch, Justiz u. s. w.; aber die Slaven werden kein deutsches Ministerium mehr aufkommen lassen; sie werden ein knutiges schaffen. Morgen schon wird der neue Reichstagspräsident erwählt. Die Czechen bieten Alles auf, wiederum einen antideutschen Präsidenten durchzusetzen. Europa wird über diese Nationalhetze lachen. Die akademische Legion hält eine allgemeine Säuberung; jeder Nichtstudent, der nicht den Künsten und Wissenschaften unmittelbar angehört, wird ausgestoßen. Die ganze Legion wird rothe Halsbinden tragen. Die Bevölkerung befreundet sich immer mehr mit der Republik; sie wird hier ganz gewiß zum Ausbruch kommen und muß siegen, wenn Ungarn den ersten günstigen Schlag gethan. Die reaktionäre Stimmung schlägt täglich mehr um, man spricht schon davon, daß der Sicherheitsausschuß bald wieder als provisorische Regierung auftauchen werde. Durch Maueranschläge ladet derselbe heute die Gewerbtreibenden in das Nationaltheater an der Wien zur Empfangnahme der zu ihrer Unterstützung eingegangenen Gelder ein. Das wirkt. - Wenn Ungarn siegt, wird der slavische Reichstag, weil er aus Deutschenhaß mit dem Absolutismus gemeinschaftliche Sache macht, vom Volke gesprengt werden. Man ist im höchsten Grade unzufrieden mit ihm. Der Sturz der Ministerien in Berlin und Frankfurt hat ungemein gewirkt und trägt viel bei, den Sturz des hiesigen zu beschleunigen. Wien, 12. Septbr. Gestern Abend fand eine starke Zusammenrottung vor dem Ständehause statt. Wir konnten im Augenblicke nur erfahren, der alte Gemeindeausschuß sei im Ständesaal gesessen und habe vom Volke einige Unannehmlichkeiten zu erdulden gehabt. Man sagte sogar, die Herren haben etwas unfreiwillig den Saal verlassen. Es scheinen aber keine politischen Interessen, sondern pekuniäre dabei im Spiele gewesen zu sein, denn das Volk war dann auf den Judenplatz vor die Wohnung des Hrn. Swoboda gezogen, wegen der von ihm ausgegebenen Aktien. Es ward auch eine Deputation zum Minister des Innern geschickt, um eine Garantie für das Geld zu verlangen, das für diese Aktien gegeben worden ist. Der Minister soll auf heute Morgens Untersuchung und Ordnung dieser Angelegenheit versprochen haben. (Constitution.) * Chemnitz, 11. Sept. Unsere Stadt ist in der größten Aufregung, Generalmarsch wird geschlagen, die Hauptwache (bloß 150 Mann) erhält scharfe Patronen, und die Straßen sind von erbitterten Arbeitern durchwogt. Ueber die Ursache Folgendes: In der am vergangenen Sonnabend abgehaltenen Arbeiterversammlung war erzählt worden, daß ein bei dem Bäckerkrawall verhafteter Fabriktischler nunmehr vierzehn Monate in unnöthiger Weise verlängertem Arrest gehalten werde, ja man hörte sagen, er sei vierzehn Wochen lang in kein Verhör gekommen. Von der bei Einigen auftauchenden Meinung, den Gefangenen zu befreien, wurden sie abgebracht, und man beschloß, Montags durch eine Deputation die Freilassung der Gefangenen zu verlangen. Deshalb versammelten sich schon Nachmittags nach 3 Uhr viele Arbeiter auf dem Markte, während die Deputation auf das Stadtgericht ging. Hierauf begab sich der Gerichtsrath Grötsch mit einem Arbeiter in das Stadtgefängniß, wohl um diesen zu überzeugen, ob der Gefangene wirklich so schlecht behandelt werde, als man erzählt hatte. Auf dem Neumarkt wurden die Arbeiter unterdessen unruhig; die reitende Kommunalgarde überritt ein Kind, und dies gab den Anlaß, daß die Arbeiter unter wüthendem Rachegeschrei einen Angriff mit Steinen gegen die Hauptwache machten. Es gelang einigen Bürgern, die Arbeiter durch den Vorschlag einer großen Versammlung, zum Zweck einer Amnestiepetition, für den Augenblick zu beruhigen. Noch war ein allgemeiner planmäßiger Angriff indeß nirgend erfolgt. Um 7 Uhr Abends nahm die Bewegung einen ernstlicheren Charakter an, die Frohnfeste ward von der Masse gestürmt, die beiden Gefangenen wurden gewaltsam befreit und im Triumph nach der "Aue" geführt. Die schwache Besatzung der Frohnfeste und des dahin führenden Gäßchens mußte fliehen, an der Hauptwache begann die Menge Barrikaden zu errichten und das Pflaster aufzureißen, Steine flogen und es mögen gegen 20 Verwundungen vorgekommen sein. Von der etwa 2000 Mann starken Kommunalgarde waren im Ganzen 300 Mann erschienen, die gegen die Massen Nichts ausrichten konnten und im entscheidensten Moment zum Abtreten und Nachhausegehen kommandirt wurden. Vor der Hauptwache traten um 1/2 10 Uhr die Behörden mit den Arbeitern in Unterhandlung. Die Arbeiter verlangten: die Kommunalgarde soll bis auf die gewöhnliche Wache abziehen, die Arbeiter sollen sich entfernen und das Amnestiegesuch unterschreiben. Die Bedingungen werden angenommen, und die Arbeiter ziehen nach dem Gasthofe zur Aue, wo das Gesuch unterzeichnet wird. Die Straßen sind noch belebt, aber ruhig. Chemnitz, 12. Sept. 4 Uhr. Die Revolte entbrennt auf's Wüthendste wieder, da man die freigegebenen Gefangenen heute wieder verhaftet hatte(!!!).Soeben ertönt Rottenfeuer des Militärs in der Johannisgasse, wo zwei Barrikaden errichtet und mehrere Häuser abgedeckt sind. Vor dem Johannisthore ebenfalls Barrikaden, nicht minder an der Frohnfeste aufgerissenes Pflaster; Geschrei, Toben und dazu - kaum der fünfte Theil der Kommunalgarde; doch Kavallerie aus Freiberg und Marienberg. Diese Notiz unter den Waffen, - der Himmel weiß, was die Nacht bringt. 6 Uhr. Salve auf Salve von beiden Seiten, Barrikaden in allen Gassen, viele Verwundete; die Revolte scheint einen politischen Charakter anzunehmen, eine Disposition macht sich bemerkbar, die Vorstädte sind bewaffnet gegen uns, das Militär noch zu schwach, die Kavallerie kann wenig wirken wegen des aufgerissenen Pflasters und der Barrikaden, die mit Kunst konstruirt sind. Wie soll das enden? Die Maschinenarbeiter sind furchtbar ergrimmt. Um 7 Uhr erwartet man Militär von Schneeberg. Die beiden Gefangenen mußten auf's neue freigelassen werden. Dresden, 13. Sept. Mittags. Rittmeister Helbig und ungefähr 20 Soldaten sind geblieben, Geh. Regierungsrath Todt durch einen Steinwurf auf der Brust verwundet. Die reitende Batterie ist von Radeberg hier durch nach Chemnitz abgegangen. (Dresd. J.)München, 10. Sept. Durch ein Circular des königlichen Kriegsministeriums werden sämmtliche Militärkommandos auf die Rechte und Pflichten des stehenden Heeres vom verfassungsmäßigen Standpunkte aufmerksam gemacht; es soll in der Armee die größtmögliche konstitutionelle Einsicht verbreitet werden; daß der freie Gebrauch des Wortes und der Presse, so weit er nicht durch Strafgesetze beschränkt ist, auch dieser Klasse von Staatsbürgern gewährleistet ist, die bewaffnete Macht nach Außen gerichtet sei und nur auf Requisition der Civilbehörde einzuschreiten habe, dies Alles soll der Armee eröffnet werden. Italien. * Messina Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Mailand, 7. Sept. Der Feldmarschall Radetzky hat dem Banus Jellachich eine Million Gulden überschickt. (Grad'aus.) Französische Republik. Paris, 14. Sept. Nächst dem Arbeitsrecht regt die legitimistische Propaganda die Gemüther am Meisten auf. Legitimistische Zettelträger rennen von Haus zu Haus und prophezeien die Rückkehr des alten Glücks und Königsgeschlechts für Ende dieses Monats mit einer wahrhaft klassischen Unverschämtheit. In der Rue Duphot hob gestern die Polizei einen legitimistischen Klub auf. Ein Stoß von Papieren, aufwieglerische Lieder, vorzüglich aber die Namenlisten sämmtlicher Glieder wurden mit Beschlag belegt. - In Bannes wird ein neues legitimistisches Orakel"La Bretagne, redigirt von Georg Cadoudal" vom 15. Septbr. an erscheinen. - Senard, Minister des Innern, zeigt sich im heutigen Moniteur gewaltig ergrimmt gegen die Reforme, weil sie gestern die Existenz eines geheimen lithographischen Korrespondenzbureaus, das die Departementspresse mit reaktionärem Proviant versehe, denunzirt hatte. Hr. Senard verneint es, erklärt jedoch bei der Reinheit seiner alten republikanischen Gefühle am Schluß, "daß, wenn wirklich ein Korrespondenzbureau des Genre's bestehe, wie ihn die Reforme signalisire, so sei Hr. Senard und die Angestellten seines Ministeriums demselben persönlich fremd." Beruhigen Sie sich, Hr. Senard, die Reforme war gut unterrichtet, das fragliche Bureau zur Beaufsichtigung des öffentlichen Geistes existirt wirklich, nur wandeln Ihre Couverts aus der Rue de Grenelle in die Rue de Barennes, von wo sie gefüllt zur Post expedirt werden. - Der Moniteur enthält die Namenslisten der jüngsten Insurgentenverpackung nach Havre. Es sind deren 500, darunter mehrere Ausländer, z. B. Bergys, Bildhauer aus Belgien, Frank, Trich, Kohner, Link, Maurer, Zott, Gilmer, Specht, Meyer, Typograph, Fick, Ulmann etc. aus den Rheingegenden. - Ein Dekret der Exekutivgewalt setzt eine neue Eisenbahn- [Deutschland] [Fortsetzung] hätte man sie noch diskutiren können, nicht aber gegenwärtig. Weh' uns, wenn jetzt Nationalitätskämpfe uns spalten! Vergessen wir nicht die eine Sprache, die wir alle reden sollen, die Sprache der Freiheit, die uns so nöthig ist! Die Reaktion steht hinter diesem Streit, das Grauen des Absolutismus. Der Boden ist nicht mehr fest, die Wände werden unheimlich und Menschenalter sind hinter dem März, wenn wir also fortfahren. Lassen wir uns daher vergessen, was wir vor 8 Wochen hätten thun können! Ich stimme für eine Kommission zur Regelung der Sprachverhältnisse. (Bravo links. Zischen der Reaktionäre.) Mit mehr oder minder Leidenschaftlichkeit sprechen hierauf noch im slavischen Sinne Dylewski, Hawelka, Hauschild, Potocki. Letzterer bemerkt: da die Nationalfrage hier zum Vorschein gekommen ist, so muß ich eine Erklärung machen. Borrosch hat das Wort Gesammtvaterland ausgesprochen. Ich finde darin nur mein Vaterland Polen. Ich stelle es höher, als jedes Prinzip.(!) So lang dies Vaterland verletzt ist, können wir nicht von Gesammtinteressen reden. Borrosch: Wir bilden einen Völkerkongreß, zu welchem man hätte Leute schicken sollen, die fähig sind, sich zu verständigen. Doliak, Berichterstatter, sucht Löhner und Borrosch zu widerlegen, wird dabei heftig und sagt unter Anderm: Wenn die Stimmung hier schon so ist, so mag man erst beurtheilen, wie man sich in Frankfurt wider uns benimmt. (Heftiger Lärm, von allen Seiten erheben sich Abgeordnete, Löhner will den Redner zur Ordnung gerufen haben). Doliak verlangt, daß mit Namensaufruf über den Antrag des Petitionsausschusses abgestimmt werde. Ein Anderer verlangt Vertagung auf 10 Minuten. Beides angenommen. Präsid. verliest erst die verschiedenen Anträge Löhner's, Borrosch's, Lubomirski's, Hawlitschek's, Bosner's und ordnet sie. Rieger will den Ordnungsruf zurückgenommen; er habe sich keiner Persönlichkeit schuldig gemacht, den § 66 der Geschäftsordnung also nicht übertreten. Präsident nimmt den Ordnungsruf zurück. Borrosch will nun auch den seinen zurückgenommen wissen und appellirt an die Gerechtigkeit des Präsidenten. Präsident thut es unter umschweifenden Erklärungen. Doliak: Die Dalmatiner haben erklärt, daß sie auf ein ausführliches Detail verzichten, und nur einen kurzen Auszug der stenographischen Berichte verlangten, wie ihn die Wiener Zeitung gebe. Bei der gewöhnlichen Abstimmung fallen die Anträge Löhner's und Borrosch's durch, alle slavischen Anträge werden angenommen. Der fernere Antrag Borrosch's, daß der Kommissionsantrag auf alle Nationalitäten ausgedehnt werde, wird ebenfalls angenommen. Bei der namentlichen Abstimmung wird dieser Kommissionsantrag angenommen. Die Abgeordneten können also nun in ihren Sprachen reden, Anträge stellen u. s. w. Der Reichstag wird eine Uebersetzungsanstalt, eine babylonische Verwirrung, deren Resultat Auflösung sein wird. Finis Austriae. 61 Wien, 12. Sept. Der Reichstag hält heute keine Sitzung, um der Kommission Zeit zu lassen, den Verfassungsentwurf zu vollenden. Sein gestriger Nationalitätenhader hat auf das Volk einen höchst peinlichen Eindruck gemacht; macht er sich auch unter diesem geltend, so wird ein unbeschreiblicher Kampf entstehen, schlimmer als alle Religionskriege je gewesen. Nur die Aristokratie und der Absolutismus könnten daraus Vortheile ziehen. Ich will nicht daran glauben. Als die ungarische Deputation den ungenügenden kaiserlichen Bescheid erhalten und den Brief Ferdinand's an Benjamin Jellachich erfahren hatte, steckten sehr viele der Abgeordnetenrothe Federn auf die Hüte. In Preßburg harrte ihrer eine große Menschenmenge und empfing sie mit Eljen, allein die Deputation blieb lautlos und einer der Deputirten sprach folgendes zum Volke: „Brüder Magyaren! Wir waren in Wien bei unserem König, haben aber dessenungeachtet nichts Näheres erfahren; wir wissen eben so viel, als wir vorher gewußt haben. Volk von Ungarn, Brüder! Ihr seht, wir sind uns nun ganz allein überlassen, auf fremde Hülfe können wir nicht bauen, unsere einzige Stütze ist unser eigener Arm. Auf daher, Volk von Ungarn! Wer immer nur das Rohr zu lenken und das Schwert zu führen weiß, der reihe sich unter die Fahnen zum heiligen Kampfe, zur Rettung unserer Freiheit, zur Rettung der ungarischen Nationalität! Magyaren! in Wien bildet sich ein zahlreiches Freikorps, das mit uns für die heilige Sache der Freiheit kämpfen will; mit diesem vereint laßt uns siegen oder sterben!“ ‒ „Auf zum Kampfe!“ schrie das ganze Volk. Pesth und Ofen sind in der größten Aufregung. Alles greift zu den Waffen. Folgendes Plakat wurde sofort nach Wiederankunft der Deputirten dort angeschlagen: „Bürger! Die sich über das Vaterland zusammenthürmenden Verhängnisse haben die Gleichheitsgesellschaft bewogen, aus ihrem Schooße ein permanentes Comité zu ernennen, dessen Aufgabe sei, wie ihr es einzeln thut, so im Ganzen über die Ereignisse zu wachen. Mit jener patriotischen Begeisterung, die in des Vaterlandes gegenwärtigen Augenblicken kein wahrer Bürger entbehren kann, fordert das Comité jeden Bürger auf, alles was er weiß, was auf das Vaterland von Einfluß sein könnte, dem Comité so schnell als möglich mitzutheilen.“ Aus der Generalsitzung der Gleichheitsgesellschaft. Madaràsz Làszló, Zerrssi Gusztav. Die Wiener Demokratie theilt noch die allgemeine ideologische Erbärmlichkeit der deutschen. Statt mit den Ungarn gemeinschaftliche Sache zu machen, hat die ganze demokratische Presse über die Ungarn nicht genug schimpfen können und beginnt erst jetzt, wo es fast zu spät ist, anderer Einsicht zu werden. Wie richtig die fortwährenden Denunziationen gewesen, die ich Ihnen in Beziehung auf unsere demokratische Judenpresse immer gemacht, beweisen täglich die ungarischen Korrespondenzen unserer sogenannten demokratischen Journale selbst. Was Sie Bourgeois nennen, das sind hier die Juden, die sich der demokratischen Leitung bemächtigt haben. Dies Judenthum ist indessen noch zehnmal niederträchtiger als das westeuropäische Bourgeoisthum, weil es die Völker unter der erheuchelten, börsengestempelten Maske der Demokratie betrügt, um sie direkt in den Despotismus des Schachers zu führen. Wo die Demokratie nur die Dummheit und die jüdische Schacher- und Stellenjägerei-Gemeinheit zur Grundlage hat, wird sie es weit bringen. So eben vernehme ich, daß die ungarische Nobelgarde, die herrlichste Kavallerie der Erde, ihre Entlassung eingereicht hat, um sich in die Armee ihres Vaterlandes aufnehmen zu lassen. ‒ Der Hof soll gestern einen Kourier mit dem Auftrage an Jellachich abgesendet haben, vorläufig Halt zu machen. Jellachich selbst soll an die Ungarn eine Proklamation erlassen haben, worin er verkündet, daß er nicht gegen das ungarische Volk, sondern gegen das Ministerium zu Felde ziehe. (In der That!) Aus zuverlässigen Privatnachrichten geht hervor, daß Rußland der Pforte den Krieg erklärt hat. England soll letztere zu einer entschiedenen Erklärung wider die russische Einmischung in die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer vermogt haben. ‒ Das Ganze ist wohl nur eine diplomatische Komödie, um für den Fall eines ungarischen Siegs die Anwesenheit der russisch-türkischen Heere zu beschönigen und dann gemeinschaftlich mit dem persiden Oestreich wider die Freiheit zu operiren. Jedes andere Interesse tritt ja einstweilen noch in den Hintergrund. Der Minister v. Schwarzer soll nun bestimmt aus dem Ministerium treten, er hat den Tritt des Mephistopheles gefühlt. An seine Stelle kommt ein wüthender Metternichianer Namens Brück. Der Erzherzog Ludwig, der hartnäckigste Vertheidiger des alten Systems, ist in Schönbrunn wieder angelangt. Er ist unser„Prinz von Preußen“ und soll sich oft schnupfend und fluchend im Park von Schönbrunn herumtreiben. Unter der Redaktion des Arbeiters Hillisch erscheint seit einigen Tagen eine Arbeiterzeitung, welche von dem ersten Wiener Arbeiterverein ausgeht. Der Drucker von Schmid hat Freiligrath's Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ nachgedruckt und setzt dasselbe zu 2 Kr. C. M. in ungeheurer Anzahl ab. ‒ Die Dichter singen und werden in den Kerker geworfen, aber die gemeinen Schacherjuden ziehen den Gewinn davon. Freiligrath wird von den erlösten Kreuzern schwerlich einen zu sehen bekommen. ‒ Ich habe mehre Redakteure hiesiger Blätter auf den Unfug aufmerksam gemacht und sie werden den Drucker bei der Ehre angreifen, ‒ Bourgeoisehre! Nachschrift. So eben 12 Uhr wurde auf Befehl des Ministers Dobblhoff Generalmarsch geschlagen. Alles läuft nach dem Judenplatze, wo sich das Ministerium des Innern befindet. Der Platz ist gedrängt voll Menschen; von allen Seiten rückt Nationalgarde heran, das Volk empfängt sie mit Hochs, sie steckt die Bajonnette ab und entfernt sich bald wieder unter dem Beifalljauchzen des Volkes. Die Veranlassung zu diesem Auftritt ist folgender Maueranschlag, der alle Gewerbetreibenden ebenso in Aufregung brachte, wie die frühere Herabsetzung des Arbeitslohns die Arbeiter, und der zwischen Bürgerwehr und Nationalgarde dieselben Scenen herbeizuführen droht: Der von dem Hrn. Swoboda gegründete Aktienverein kann nur als eine Privatunternehmung angesehen werden, daher Niemand verhalten werden, die durch ihn ausgegebenen Aktien als bares Geld anzunehmen. Dieser Umstand hat diejenigen, welche sich bei diesem Verein betheiligten, in ihren Hoffnungen getäuscht, und zu den gestern stattgefundenen Auftritten, welche nicht zu entschuldigen sind, Anlaß gegeben. Damit aber der verarmte Gewerbsmann, welcher von obigem Vereine und von den durch ihn ausgegebenen Aktien Hülfe erwartete, nicht zu empfindlichem Schaden gelange, und damit die Vervielfältigung dieser Aktien nicht zu Störungen des allgemeinen Verkehrs und der öffentlichen Ruhe verleite, so hat das Ministerium des Innern sich bewogen gefunden eine Kommission zusammenzusetzen, welche sich vorerst mit der Liquidirung der von Herrn Swoboda ausgegebenen Aktien und mit der theilweisen Einlösung derselben von dem unmittelbaren Empfänger, sohin aber auch mit der Frage beschäftigen wird, unter welchen Bedingungen und Vorsichten der fernere Bestand des swobodischen Aktienvereins gestattet werden könne. Diese theilweise Einlösung der bereits ausgegebenen und noch in dem Besitze der ursprünglichen Empfänger befindlichen Aktien in dem Maße, welches von der Kommission bestimmt werden wird, beginnt morgen 13. Sept. von 8 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags. Ueber die bereits an dritte Personen abgetretenen Aktien werden später die nöthigen Bestimmungen getroffen werden. Der baldige und befriedigende Abschluß dieser Angelegenheit kann nur durch Mäßigung, Ordnung und Vertrauen erreicht werden, jede Art von Aufregung aber, oder von ungestümen, unmöglichen Forderungen würde das Ministerium in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen seine bereitwillige Unterstützung zur Ausgleichung dieses Gegenstandes zurückzuziehen und gegen gesetzwidrige Eingriffe mit Strenge einzuschreiten. Wien, 12. September 1848. Vom Ministerium des Innern,Doblhoff. Swoboda hatte einen Aktienverein zur Unterstützung zurückgekommener Gewerbtreibenden gestiftet, bei welchem sich der Kaiser mit 10,000 fl. C. M. betheiligt hatte. Dieser Verein wurde den Bank- und Börsenjuden ein Dorn im Auge; sie glaubten ihr Privilegium dadurch geschmälert und zettelten Intriguen an, in deren Folge gestern ein Volkssturm auf das Landhaus stattgefunden hat, wobei im Innern des Gebäudes vieles zertrümmert wurde. Dadurch entstand obige Verordnung Dobblhoffs, worauf sich das Volk heute sofort in Massen vor seinem Ministerium versammelte. Die reichen Bürgergrenadiere und die goldene Kavallerie, die eigentlichen Bankjuden, ergriffen die Sache des Ministers d. h. ihre eigene und kamen dadurch mit einem Theil der Nationalgarde, die dem Gewerbestande angehört, in Konflikt. Auf den Generalmarsch des Ministers erschien nun zwar ein bedeutender Theil der Nationalgarde, fraternisirte aber sogleich mit dem Volke und zog, dem Generalmarsch zum Trotz, wieder ab. ‒ Das Ministerium ist noch in diesem Augenblick vom Volke umringt, die Minister zittern und, wenn, wie vorauszusehen, Morgen die Nationalgarde zur Ausübung der Strenge nicht erscheint, so wird es neue Auftritte geben. Jedenfalls hat sich das Ministerium nun auch bei der Nationalgarde moralisch vernichtet und nur mehr die Bankjuden sind noch seine Stütze. Es muß gänzlich fallen. Ein Blatt publizirt folgende Ministerliste: Schuselka, Auswärtiges; Löhner, Inneres; Kudlich, Handel; Borrosch, Justiz u. s. w.; aber die Slaven werden kein deutsches Ministerium mehr aufkommen lassen; sie werden ein knutiges schaffen. Morgen schon wird der neue Reichstagspräsident erwählt. Die Czechen bieten Alles auf, wiederum einen antideutschen Präsidenten durchzusetzen. Europa wird über diese Nationalhetze lachen. Die akademische Legion hält eine allgemeine Säuberung; jeder Nichtstudent, der nicht den Künsten und Wissenschaften unmittelbar angehört, wird ausgestoßen. Die ganze Legion wird rothe Halsbinden tragen. Die Bevölkerung befreundet sich immer mehr mit der Republik; sie wird hier ganz gewiß zum Ausbruch kommen und muß siegen, wenn Ungarn den ersten günstigen Schlag gethan. Die reaktionäre Stimmung schlägt täglich mehr um, man spricht schon davon, daß der Sicherheitsausschuß bald wieder als provisorische Regierung auftauchen werde. Durch Maueranschläge ladet derselbe heute die Gewerbtreibenden in das Nationaltheater an der Wien zur Empfangnahme der zu ihrer Unterstützung eingegangenen Gelder ein. Das wirkt. ‒ Wenn Ungarn siegt, wird der slavische Reichstag, weil er aus Deutschenhaß mit dem Absolutismus gemeinschaftliche Sache macht, vom Volke gesprengt werden. Man ist im höchsten Grade unzufrieden mit ihm. Der Sturz der Ministerien in Berlin und Frankfurt hat ungemein gewirkt und trägt viel bei, den Sturz des hiesigen zu beschleunigen. Wien, 12. Septbr. Gestern Abend fand eine starke Zusammenrottung vor dem Ständehause statt. Wir konnten im Augenblicke nur erfahren, der alte Gemeindeausschuß sei im Ständesaal gesessen und habe vom Volke einige Unannehmlichkeiten zu erdulden gehabt. Man sagte sogar, die Herren haben etwas unfreiwillig den Saal verlassen. Es scheinen aber keine politischen Interessen, sondern pekuniäre dabei im Spiele gewesen zu sein, denn das Volk war dann auf den Judenplatz vor die Wohnung des Hrn. Swoboda gezogen, wegen der von ihm ausgegebenen Aktien. Es ward auch eine Deputation zum Minister des Innern geschickt, um eine Garantie für das Geld zu verlangen, das für diese Aktien gegeben worden ist. Der Minister soll auf heute Morgens Untersuchung und Ordnung dieser Angelegenheit versprochen haben. (Constitution.) * Chemnitz, 11. Sept. Unsere Stadt ist in der größten Aufregung, Generalmarsch wird geschlagen, die Hauptwache (bloß 150 Mann) erhält scharfe Patronen, und die Straßen sind von erbitterten Arbeitern durchwogt. Ueber die Ursache Folgendes: In der am vergangenen Sonnabend abgehaltenen Arbeiterversammlung war erzählt worden, daß ein bei dem Bäckerkrawall verhafteter Fabriktischler nunmehr vierzehn Monate in unnöthiger Weise verlängertem Arrest gehalten werde, ja man hörte sagen, er sei vierzehn Wochen lang in kein Verhör gekommen. Von der bei Einigen auftauchenden Meinung, den Gefangenen zu befreien, wurden sie abgebracht, und man beschloß, Montags durch eine Deputation die Freilassung der Gefangenen zu verlangen. Deshalb versammelten sich schon Nachmittags nach 3 Uhr viele Arbeiter auf dem Markte, während die Deputation auf das Stadtgericht ging. Hierauf begab sich der Gerichtsrath Grötsch mit einem Arbeiter in das Stadtgefängniß, wohl um diesen zu überzeugen, ob der Gefangene wirklich so schlecht behandelt werde, als man erzählt hatte. Auf dem Neumarkt wurden die Arbeiter unterdessen unruhig; die reitende Kommunalgarde überritt ein Kind, und dies gab den Anlaß, daß die Arbeiter unter wüthendem Rachegeschrei einen Angriff mit Steinen gegen die Hauptwache machten. Es gelang einigen Bürgern, die Arbeiter durch den Vorschlag einer großen Versammlung, zum Zweck einer Amnestiepetition, für den Augenblick zu beruhigen. Noch war ein allgemeiner planmäßiger Angriff indeß nirgend erfolgt. Um 7 Uhr Abends nahm die Bewegung einen ernstlicheren Charakter an, die Frohnfeste ward von der Masse gestürmt, die beiden Gefangenen wurden gewaltsam befreit und im Triumph nach der „Aue“ geführt. Die schwache Besatzung der Frohnfeste und des dahin führenden Gäßchens mußte fliehen, an der Hauptwache begann die Menge Barrikaden zu errichten und das Pflaster aufzureißen, Steine flogen und es mögen gegen 20 Verwundungen vorgekommen sein. Von der etwa 2000 Mann starken Kommunalgarde waren im Ganzen 300 Mann erschienen, die gegen die Massen Nichts ausrichten konnten und im entscheidensten Moment zum Abtreten und Nachhausegehen kommandirt wurden. Vor der Hauptwache traten um 1/2 10 Uhr die Behörden mit den Arbeitern in Unterhandlung. Die Arbeiter verlangten: die Kommunalgarde soll bis auf die gewöhnliche Wache abziehen, die Arbeiter sollen sich entfernen und das Amnestiegesuch unterschreiben. Die Bedingungen werden angenommen, und die Arbeiter ziehen nach dem Gasthofe zur Aue, wo das Gesuch unterzeichnet wird. Die Straßen sind noch belebt, aber ruhig. Chemnitz, 12. Sept. 4 Uhr. Die Revolte entbrennt auf's Wüthendste wieder, da man die freigegebenen Gefangenen heute wieder verhaftet hatte(!!!).Soeben ertönt Rottenfeuer des Militärs in der Johannisgasse, wo zwei Barrikaden errichtet und mehrere Häuser abgedeckt sind. Vor dem Johannisthore ebenfalls Barrikaden, nicht minder an der Frohnfeste aufgerissenes Pflaster; Geschrei, Toben und dazu ‒ kaum der fünfte Theil der Kommunalgarde; doch Kavallerie aus Freiberg und Marienberg. Diese Notiz unter den Waffen, ‒ der Himmel weiß, was die Nacht bringt. 6 Uhr. Salve auf Salve von beiden Seiten, Barrikaden in allen Gassen, viele Verwundete; die Revolte scheint einen politischen Charakter anzunehmen, eine Disposition macht sich bemerkbar, die Vorstädte sind bewaffnet gegen uns, das Militär noch zu schwach, die Kavallerie kann wenig wirken wegen des aufgerissenen Pflasters und der Barrikaden, die mit Kunst konstruirt sind. Wie soll das enden? Die Maschinenarbeiter sind furchtbar ergrimmt. Um 7 Uhr erwartet man Militär von Schneeberg. Die beiden Gefangenen mußten auf's neue freigelassen werden. Dresden, 13. Sept. Mittags. Rittmeister Helbig und ungefähr 20 Soldaten sind geblieben, Geh. Regierungsrath Todt durch einen Steinwurf auf der Brust verwundet. Die reitende Batterie ist von Radeberg hier durch nach Chemnitz abgegangen. (Dresd. J.)München, 10. Sept. Durch ein Circular des königlichen Kriegsministeriums werden sämmtliche Militärkommandos auf die Rechte und Pflichten des stehenden Heeres vom verfassungsmäßigen Standpunkte aufmerksam gemacht; es soll in der Armee die größtmögliche konstitutionelle Einsicht verbreitet werden; daß der freie Gebrauch des Wortes und der Presse, so weit er nicht durch Strafgesetze beschränkt ist, auch dieser Klasse von Staatsbürgern gewährleistet ist, die bewaffnete Macht nach Außen gerichtet sei und nur auf Requisition der Civilbehörde einzuschreiten habe, dies Alles soll der Armee eröffnet werden. Italien. * Messina Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Mailand, 7. Sept. Der Feldmarschall Radetzky hat dem Banus Jellachich eine Million Gulden überschickt. (Grad'aus.) Französische Republik. Paris, 14. Sept. Nächst dem Arbeitsrecht regt die legitimistische Propaganda die Gemüther am Meisten auf. Legitimistische Zettelträger rennen von Haus zu Haus und prophezeien die Rückkehr des alten Glücks und Königsgeschlechts für Ende dieses Monats mit einer wahrhaft klassischen Unverschämtheit. In der Rue Duphot hob gestern die Polizei einen legitimistischen Klub auf. Ein Stoß von Papieren, aufwieglerische Lieder, vorzüglich aber die Namenlisten sämmtlicher Glieder wurden mit Beschlag belegt. ‒ In Bannes wird ein neues legitimistisches Orakel„La Bretagne, redigirt von Georg Cadoudal“ vom 15. Septbr. an erscheinen. ‒ Senard, Minister des Innern, zeigt sich im heutigen Moniteur gewaltig ergrimmt gegen die Reforme, weil sie gestern die Existenz eines geheimen lithographischen Korrespondenzbureaus, das die Departementspresse mit reaktionärem Proviant versehe, denunzirt hatte. Hr. Senard verneint es, erklärt jedoch bei der Reinheit seiner alten republikanischen Gefühle am Schluß, „daß, wenn wirklich ein Korrespondenzbureau des Genre's bestehe, wie ihn die Reforme signalisire, so sei Hr. Senard und die Angestellten seines Ministeriums demselben persönlich fremd.“ Beruhigen Sie sich, Hr. Senard, die Reforme war gut unterrichtet, das fragliche Bureau zur Beaufsichtigung des öffentlichen Geistes existirt wirklich, nur wandeln Ihre Couverts aus der Rue de Grenelle in die Rue de Barennes, von wo sie gefüllt zur Post expedirt werden. ‒ Der Moniteur enthält die Namenslisten der jüngsten Insurgentenverpackung nach Havre. Es sind deren 500, darunter mehrere Ausländer, z. B. Bergys, Bildhauer aus Belgien, Frank, Trich, Kohner, Link, Maurer, Zott, Gilmer, Specht, Meyer, Typograph, Fick, Ulmann etc. aus den Rheingegenden. ‒ Ein Dekret der Exekutivgewalt setzt eine neue Eisenbahn- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0003" n="0523"/> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar105_011" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> hätte man sie noch diskutiren können, nicht aber gegenwärtig. Weh' uns, wenn jetzt Nationalitätskämpfe uns spalten! Vergessen wir nicht die eine Sprache, die wir alle reden sollen, die Sprache der Freiheit, die uns so nöthig ist! Die Reaktion steht hinter diesem Streit, das Grauen des Absolutismus. Der Boden ist nicht mehr fest, die Wände werden unheimlich und Menschenalter sind hinter dem März, wenn wir also fortfahren. Lassen wir uns daher vergessen, was wir vor 8 Wochen hätten thun können! Ich stimme für eine Kommission zur Regelung der Sprachverhältnisse. (Bravo links. Zischen der Reaktionäre.)</p> <p>Mit mehr oder minder Leidenschaftlichkeit sprechen hierauf noch im slavischen Sinne Dylewski, Hawelka, Hauschild, Potocki. Letzterer bemerkt: da die Nationalfrage hier zum Vorschein gekommen ist, so muß ich eine Erklärung machen. Borrosch hat das Wort Gesammtvaterland ausgesprochen. Ich finde darin nur mein Vaterland Polen. Ich stelle es höher, als jedes Prinzip.(!) So lang dies Vaterland verletzt ist, können wir nicht von Gesammtinteressen reden.</p> <p><hi rendition="#g"> Borrosch:</hi> Wir bilden einen Völkerkongreß, zu welchem man hätte Leute schicken sollen, die fähig sind, sich zu verständigen.</p> <p><hi rendition="#g">Doliak,</hi> Berichterstatter, sucht Löhner und Borrosch zu widerlegen, wird dabei heftig und sagt unter Anderm: Wenn die Stimmung hier schon so ist, so mag man erst beurtheilen, wie man sich in Frankfurt wider uns benimmt. (Heftiger Lärm, von allen Seiten erheben sich Abgeordnete, Löhner will den Redner zur Ordnung gerufen haben).</p> <p><hi rendition="#g">Doliak</hi> verlangt, daß mit Namensaufruf über den Antrag des Petitionsausschusses abgestimmt werde.</p> <p>Ein Anderer verlangt Vertagung auf 10 Minuten. Beides angenommen.</p> <p><hi rendition="#g">Präsid.</hi> verliest erst die verschiedenen Anträge Löhner's, Borrosch's, Lubomirski's, Hawlitschek's, Bosner's und ordnet sie.</p> <p><hi rendition="#g">Rieger</hi> will den Ordnungsruf zurückgenommen; er habe sich keiner Persönlichkeit schuldig gemacht, den § 66 der Geschäftsordnung also nicht übertreten.</p> <p>Präsident nimmt den Ordnungsruf zurück.</p> <p><hi rendition="#g">Borrosch</hi> will nun auch den seinen zurückgenommen wissen und appellirt an die Gerechtigkeit des Präsidenten.</p> <p>Präsident thut es unter umschweifenden Erklärungen.</p> <p><hi rendition="#g">Doliak:</hi> Die Dalmatiner haben erklärt, daß sie auf ein ausführliches Detail verzichten, und nur einen kurzen Auszug der stenographischen Berichte verlangten, wie ihn die Wiener Zeitung gebe.</p> <p>Bei der gewöhnlichen Abstimmung fallen die Anträge Löhner's und Borrosch's durch, alle slavischen Anträge werden angenommen.</p> <p>Der fernere Antrag Borrosch's, daß der Kommissionsantrag auf alle Nationalitäten ausgedehnt werde, wird ebenfalls angenommen.</p> <p>Bei der namentlichen Abstimmung wird dieser Kommissionsantrag angenommen.</p> <p>Die Abgeordneten können also nun in ihren Sprachen reden, Anträge stellen u. s. w. Der Reichstag wird eine Uebersetzungsanstalt, eine babylonische Verwirrung, deren Resultat Auflösung sein wird. Finis Austriae.</p> </div> <div xml:id="ar105_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 12. Sept.</head> <p>Der Reichstag hält heute keine Sitzung, um der Kommission Zeit zu lassen, den Verfassungsentwurf zu vollenden. Sein gestriger Nationalitätenhader hat auf das Volk einen höchst peinlichen Eindruck gemacht; macht er sich auch unter diesem geltend, so wird ein unbeschreiblicher Kampf entstehen, schlimmer als alle Religionskriege je gewesen. Nur die Aristokratie und der Absolutismus könnten daraus Vortheile ziehen. Ich will nicht daran glauben.</p> <p>Als die ungarische Deputation den ungenügenden kaiserlichen Bescheid erhalten und den Brief Ferdinand's an Benjamin Jellachich erfahren hatte, steckten sehr viele der Abgeordneten<hi rendition="#g">rothe Federn</hi> auf die Hüte.</p> <p>In Preßburg harrte ihrer eine große Menschenmenge und empfing sie mit Eljen, allein die Deputation blieb lautlos und einer der Deputirten sprach folgendes zum Volke:</p> <p>„Brüder Magyaren! Wir waren in Wien bei unserem König, haben aber dessenungeachtet nichts Näheres erfahren; wir wissen eben so viel, als wir vorher gewußt haben. Volk von Ungarn, Brüder! Ihr seht, wir sind uns nun ganz allein überlassen, auf fremde Hülfe können wir nicht bauen, unsere einzige Stütze ist unser eigener Arm. Auf daher, Volk von Ungarn! Wer immer nur das Rohr zu lenken und das Schwert zu führen weiß, der reihe sich unter die Fahnen zum heiligen Kampfe, zur Rettung unserer Freiheit, zur Rettung der ungarischen Nationalität! Magyaren! in Wien bildet sich ein zahlreiches Freikorps, das mit uns für die heilige Sache der Freiheit kämpfen will; mit diesem vereint laßt uns siegen oder sterben!“ ‒ „Auf zum Kampfe!“ schrie das ganze Volk.</p> <p>Pesth und Ofen sind in der größten Aufregung. Alles greift zu den Waffen. Folgendes Plakat wurde sofort nach Wiederankunft der Deputirten dort angeschlagen:</p> <p>„Bürger! Die sich über das Vaterland zusammenthürmenden Verhängnisse haben die Gleichheitsgesellschaft bewogen, aus ihrem Schooße ein permanentes Comité zu ernennen, dessen Aufgabe sei, wie ihr es einzeln thut, so im Ganzen über die Ereignisse zu wachen. Mit jener patriotischen Begeisterung, die in des Vaterlandes gegenwärtigen Augenblicken kein wahrer Bürger entbehren kann, fordert das Comité jeden Bürger auf, alles was er weiß, was auf das Vaterland von Einfluß sein könnte, dem Comité so schnell als möglich mitzutheilen.“</p> <p>Aus der Generalsitzung der Gleichheitsgesellschaft.</p> <p> <hi rendition="#g">Madaràsz Làszló, Zerrssi Gusztav.</hi> </p> <p>Die Wiener Demokratie theilt noch die allgemeine ideologische Erbärmlichkeit der deutschen. Statt mit den Ungarn gemeinschaftliche Sache zu machen, hat die ganze demokratische Presse über die Ungarn nicht genug schimpfen können und beginnt erst jetzt, wo es fast zu spät ist, anderer Einsicht zu werden. Wie richtig die fortwährenden Denunziationen gewesen, die ich Ihnen in Beziehung auf unsere demokratische Judenpresse immer gemacht, beweisen täglich die ungarischen Korrespondenzen unserer sogenannten demokratischen Journale selbst. Was Sie Bourgeois nennen, das sind hier die Juden, die sich der demokratischen Leitung bemächtigt haben. Dies Judenthum ist indessen noch zehnmal niederträchtiger als das westeuropäische Bourgeoisthum, weil es die Völker unter der erheuchelten, börsengestempelten Maske der Demokratie betrügt, um sie direkt in den Despotismus des Schachers zu führen.</p> <p>Wo die Demokratie nur die Dummheit und die jüdische Schacher- und Stellenjägerei-Gemeinheit zur Grundlage hat, wird sie es weit bringen.</p> <p>So eben vernehme ich, daß die ungarische Nobelgarde, die herrlichste Kavallerie der Erde, ihre Entlassung eingereicht hat, um sich in die Armee ihres Vaterlandes aufnehmen zu lassen. ‒ Der Hof soll gestern einen Kourier mit dem Auftrage an Jellachich abgesendet haben, vorläufig Halt zu machen. Jellachich selbst soll an die Ungarn eine Proklamation erlassen haben, worin er verkündet, daß er nicht gegen das ungarische Volk, sondern gegen das Ministerium zu Felde ziehe. (In der That!)</p> <p>Aus zuverlässigen Privatnachrichten geht hervor, daß Rußland der Pforte den Krieg erklärt hat. England soll letztere zu einer entschiedenen Erklärung wider die russische Einmischung in die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer vermogt haben. ‒ Das Ganze ist wohl nur eine diplomatische Komödie, um für den Fall eines ungarischen Siegs die Anwesenheit der russisch-türkischen Heere zu beschönigen und dann gemeinschaftlich mit dem persiden Oestreich wider die Freiheit zu operiren. Jedes andere Interesse tritt ja einstweilen noch in den Hintergrund.</p> <p>Der Minister v. <hi rendition="#g">Schwarzer</hi> soll nun bestimmt aus dem Ministerium treten, er hat den Tritt des Mephistopheles gefühlt. An seine Stelle kommt ein wüthender Metternichianer Namens <hi rendition="#g">Brück.</hi> </p> <p>Der Erzherzog Ludwig, der hartnäckigste Vertheidiger des alten Systems, ist in Schönbrunn wieder angelangt. Er ist unser„Prinz von Preußen“ und soll sich oft schnupfend und fluchend im Park von Schönbrunn herumtreiben.</p> <p>Unter der Redaktion des Arbeiters Hillisch erscheint seit einigen Tagen eine <hi rendition="#g">Arbeiterzeitung,</hi> welche von dem ersten Wiener Arbeiterverein ausgeht.</p> <p>Der Drucker von Schmid hat <hi rendition="#g">Freiligrath's</hi> Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ nachgedruckt und setzt dasselbe zu 2 Kr. C. M. in ungeheurer Anzahl ab. ‒ Die Dichter singen und werden in den Kerker geworfen, aber die gemeinen Schacherjuden ziehen den Gewinn davon. Freiligrath wird von den erlösten Kreuzern schwerlich einen zu sehen bekommen. ‒ Ich habe mehre Redakteure hiesiger Blätter auf den Unfug aufmerksam gemacht und sie werden den Drucker bei der Ehre angreifen, ‒ Bourgeoisehre!</p> <p><hi rendition="#g">Nachschrift.</hi> So eben 12 Uhr wurde auf Befehl des Ministers Dobblhoff Generalmarsch geschlagen. Alles läuft nach dem Judenplatze, wo sich das Ministerium des Innern befindet. Der Platz ist gedrängt voll Menschen; von allen Seiten rückt Nationalgarde heran, das Volk empfängt sie mit Hochs, sie steckt die Bajonnette ab und entfernt sich bald wieder unter dem Beifalljauchzen des Volkes.</p> <p>Die Veranlassung zu diesem Auftritt ist folgender Maueranschlag, der alle Gewerbetreibenden ebenso in Aufregung brachte, wie die frühere Herabsetzung des Arbeitslohns die Arbeiter, und der zwischen Bürgerwehr und Nationalgarde dieselben Scenen herbeizuführen droht:</p> <p>Der von dem Hrn. Swoboda gegründete Aktienverein kann nur als eine Privatunternehmung angesehen werden, daher Niemand verhalten werden, die durch ihn ausgegebenen Aktien als bares Geld anzunehmen.</p> <p>Dieser Umstand hat diejenigen, welche sich bei diesem Verein betheiligten, in ihren Hoffnungen getäuscht, und zu den gestern stattgefundenen Auftritten, welche nicht zu entschuldigen sind, Anlaß gegeben.</p> <p>Damit aber der verarmte Gewerbsmann, welcher von obigem Vereine und von den durch ihn ausgegebenen Aktien Hülfe erwartete, nicht zu empfindlichem Schaden gelange, und damit die Vervielfältigung dieser Aktien nicht zu Störungen des allgemeinen Verkehrs und der öffentlichen Ruhe verleite, so hat das Ministerium des Innern sich bewogen gefunden eine Kommission zusammenzusetzen, welche sich vorerst mit der Liquidirung der von Herrn Swoboda ausgegebenen Aktien und mit der theilweisen Einlösung derselben von dem unmittelbaren Empfänger, sohin aber auch mit der Frage beschäftigen wird, unter welchen Bedingungen und Vorsichten der fernere Bestand des swobodischen Aktienvereins gestattet werden könne.</p> <p>Diese theilweise Einlösung der bereits ausgegebenen und noch in dem Besitze der ursprünglichen Empfänger befindlichen Aktien in dem Maße, welches von der Kommission bestimmt werden wird, beginnt morgen 13. Sept. von 8 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags. Ueber die bereits an dritte Personen abgetretenen Aktien werden später die nöthigen Bestimmungen getroffen werden.</p> <p>Der baldige und befriedigende Abschluß dieser Angelegenheit kann nur durch Mäßigung, Ordnung und Vertrauen erreicht werden, jede Art von Aufregung aber, oder von ungestümen, unmöglichen Forderungen würde das Ministerium in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen seine bereitwillige Unterstützung zur Ausgleichung dieses Gegenstandes zurückzuziehen und gegen gesetzwidrige Eingriffe mit Strenge einzuschreiten.</p> <p>Wien, 12. September 1848.</p> <p>Vom Ministerium des Innern,<hi rendition="#g">Doblhoff.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar105_013" type="jArticle"> <p><hi rendition="#g">Swoboda</hi> hatte einen Aktienverein zur Unterstützung zurückgekommener Gewerbtreibenden gestiftet, bei welchem sich der Kaiser mit 10,000 fl. C. M. betheiligt hatte. Dieser Verein wurde den Bank- und Börsenjuden ein Dorn im Auge; sie glaubten ihr Privilegium dadurch geschmälert und zettelten Intriguen an, in deren Folge gestern ein Volkssturm auf das Landhaus stattgefunden hat, wobei im Innern des Gebäudes vieles zertrümmert wurde. Dadurch entstand obige Verordnung Dobblhoffs, worauf sich das Volk heute sofort in Massen vor seinem Ministerium versammelte. Die reichen Bürgergrenadiere und die goldene Kavallerie, die eigentlichen Bankjuden, ergriffen die Sache des Ministers d. h. ihre eigene und kamen dadurch mit einem Theil der Nationalgarde, die dem Gewerbestande angehört, in Konflikt. Auf den Generalmarsch des Ministers erschien nun zwar ein bedeutender Theil der Nationalgarde, fraternisirte aber sogleich mit dem Volke und zog, dem Generalmarsch zum Trotz, wieder ab. ‒ Das Ministerium ist noch in diesem Augenblick vom Volke umringt, die Minister zittern und, wenn, wie vorauszusehen, Morgen die Nationalgarde zur Ausübung der Strenge nicht erscheint, so wird es neue Auftritte geben. Jedenfalls hat sich das Ministerium nun auch bei der Nationalgarde moralisch vernichtet und nur mehr die Bankjuden sind noch seine Stütze. Es muß gänzlich fallen. Ein Blatt publizirt folgende Ministerliste: Schuselka, Auswärtiges; Löhner, Inneres; Kudlich, Handel; Borrosch, Justiz u. s. w.; aber die Slaven werden kein deutsches Ministerium mehr aufkommen lassen; sie werden ein knutiges schaffen.</p> <p>Morgen schon wird der neue Reichstagspräsident erwählt. Die Czechen bieten Alles auf, wiederum einen antideutschen Präsidenten durchzusetzen. Europa wird über diese Nationalhetze lachen.</p> <p>Die akademische Legion hält eine allgemeine Säuberung; jeder Nichtstudent, der nicht den Künsten und Wissenschaften unmittelbar angehört, wird ausgestoßen. Die ganze Legion wird <hi rendition="#g">rothe</hi> Halsbinden tragen. Die Bevölkerung befreundet sich immer mehr mit der Republik; sie wird hier ganz gewiß zum Ausbruch kommen und muß siegen, wenn Ungarn den ersten günstigen Schlag gethan.</p> <p>Die reaktionäre Stimmung schlägt täglich mehr um, man spricht schon davon, daß der Sicherheitsausschuß bald wieder als <hi rendition="#g">provisorische Regierung</hi> auftauchen werde. Durch Maueranschläge ladet derselbe heute die Gewerbtreibenden in das Nationaltheater an der Wien zur Empfangnahme der zu ihrer Unterstützung eingegangenen Gelder ein. Das wirkt. ‒ Wenn Ungarn siegt, wird der slavische Reichstag, weil er aus Deutschenhaß mit dem Absolutismus gemeinschaftliche Sache macht, vom Volke gesprengt werden. Man ist im höchsten Grade unzufrieden mit ihm.</p> <p>Der Sturz der Ministerien in Berlin und Frankfurt hat ungemein gewirkt und trägt viel bei, den Sturz des hiesigen zu beschleunigen.</p> </div> <div xml:id="ar105_014" type="jArticle"> <head>Wien, 12. Septbr.</head> <p>Gestern Abend fand eine starke Zusammenrottung vor dem Ständehause statt. Wir konnten im Augenblicke nur erfahren, der alte Gemeindeausschuß sei im Ständesaal gesessen und habe vom Volke einige Unannehmlichkeiten zu erdulden gehabt. Man sagte sogar, die Herren haben etwas unfreiwillig den Saal verlassen. Es scheinen aber keine politischen Interessen, sondern pekuniäre dabei im Spiele gewesen zu sein, denn das Volk war dann auf den Judenplatz vor die Wohnung des Hrn. Swoboda gezogen, wegen der von ihm ausgegebenen Aktien. Es ward auch eine Deputation zum Minister des Innern geschickt, um eine Garantie für das Geld zu verlangen, das für diese Aktien gegeben worden ist. 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Deshalb versammelten sich schon Nachmittags nach 3 Uhr viele Arbeiter auf dem Markte, während die Deputation auf das Stadtgericht ging. Hierauf begab sich der Gerichtsrath Grötsch mit einem Arbeiter in das Stadtgefängniß, wohl um diesen zu überzeugen, ob der Gefangene wirklich so schlecht behandelt werde, als man erzählt hatte. Auf dem Neumarkt wurden die Arbeiter unterdessen unruhig; die reitende Kommunalgarde überritt ein Kind, und dies gab den Anlaß, daß die Arbeiter unter wüthendem Rachegeschrei einen Angriff mit Steinen gegen die Hauptwache machten. Es gelang einigen Bürgern, die Arbeiter durch den Vorschlag einer großen Versammlung, zum Zweck einer Amnestiepetition, für den Augenblick zu beruhigen. Noch war ein allgemeiner planmäßiger Angriff indeß nirgend erfolgt. Um 7 Uhr Abends nahm die Bewegung einen ernstlicheren Charakter an, die Frohnfeste ward von der Masse gestürmt, die beiden Gefangenen wurden gewaltsam befreit und im Triumph nach der „Aue“ geführt. Die schwache Besatzung der Frohnfeste und des dahin führenden Gäßchens mußte fliehen, an der Hauptwache begann die Menge Barrikaden zu errichten und das Pflaster aufzureißen, Steine flogen und es mögen gegen 20 Verwundungen vorgekommen sein. Von der etwa 2000 Mann starken Kommunalgarde waren im Ganzen 300 Mann erschienen, die gegen die Massen Nichts ausrichten konnten und im entscheidensten Moment zum Abtreten und Nachhausegehen kommandirt wurden.</p> <p>Vor der Hauptwache traten um 1/2 10 Uhr die Behörden mit den Arbeitern in Unterhandlung. Die Arbeiter verlangten: die Kommunalgarde soll bis auf die gewöhnliche Wache abziehen, die Arbeiter sollen sich entfernen und das Amnestiegesuch unterschreiben. Die Bedingungen werden angenommen, und die Arbeiter ziehen nach dem Gasthofe zur Aue, wo das Gesuch unterzeichnet wird. Die Straßen sind noch belebt, aber ruhig.</p> </div> <div xml:id="ar105_016" type="jArticle"> <head>Chemnitz, 12. Sept. 4 Uhr.</head> <p>Die Revolte entbrennt auf's Wüthendste wieder, da man die freigegebenen Gefangenen heute <hi rendition="#g">wieder verhaftet hatte(!!!).</hi>Soeben ertönt Rottenfeuer des Militärs in der Johannisgasse, wo zwei Barrikaden errichtet und mehrere Häuser abgedeckt sind. Vor dem Johannisthore ebenfalls Barrikaden, nicht minder an der Frohnfeste aufgerissenes Pflaster; Geschrei, Toben und dazu ‒ kaum der fünfte Theil der Kommunalgarde; doch Kavallerie aus Freiberg und Marienberg. Diese Notiz unter den Waffen, ‒ der Himmel weiß, was die Nacht bringt.</p> <p>6 Uhr. Salve auf Salve von beiden Seiten, Barrikaden in allen Gassen, viele Verwundete; die Revolte scheint einen politischen Charakter anzunehmen, eine Disposition macht sich bemerkbar, die Vorstädte sind bewaffnet gegen uns, das Militär noch zu schwach, die Kavallerie kann wenig wirken wegen des aufgerissenen Pflasters und der Barrikaden, die mit Kunst konstruirt sind. Wie soll das enden? Die Maschinenarbeiter sind furchtbar ergrimmt. Um 7 Uhr erwartet man Militär von Schneeberg. Die beiden Gefangenen mußten auf's neue freigelassen werden.</p> </div> <div xml:id="ar105_017" type="jArticle"> <head>Dresden, 13. Sept. Mittags.</head> <p>Rittmeister Helbig und ungefähr 20 Soldaten sind geblieben, Geh. Regierungsrath Todt durch einen Steinwurf auf der Brust verwundet. Die reitende Batterie ist von Radeberg hier durch nach Chemnitz abgegangen.</p> <bibl>(Dresd. J.)</bibl> </div> <div xml:id="ar105_018" type="jArticle"> <head>München, 10. Sept.</head> <p>Durch ein Circular des königlichen Kriegsministeriums werden sämmtliche Militärkommandos auf die Rechte und Pflichten des stehenden Heeres vom verfassungsmäßigen Standpunkte aufmerksam gemacht; es soll in der Armee die größtmögliche konstitutionelle Einsicht verbreitet werden; daß der freie Gebrauch des Wortes und der Presse, so weit er nicht durch Strafgesetze beschränkt ist, auch dieser Klasse von Staatsbürgern gewährleistet ist, die bewaffnete Macht nach Außen gerichtet sei und nur auf Requisition der Civilbehörde einzuschreiten habe, dies Alles soll der Armee eröffnet werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar105_019_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Italien. 17. September 1848. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 720.</bibl> </note> <head><bibl><author>*</author></bibl> Messina</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar105_020" type="jArticle"> <head>Mailand, 7. 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Septbr. an erscheinen.</p> <p>‒ Senard, Minister des Innern, zeigt sich im heutigen Moniteur gewaltig ergrimmt gegen die Reforme, weil sie gestern die Existenz eines geheimen lithographischen Korrespondenzbureaus, das die Departementspresse mit reaktionärem Proviant versehe, denunzirt hatte. Hr. Senard verneint es, erklärt jedoch bei der Reinheit seiner alten republikanischen Gefühle am Schluß, „daß, wenn wirklich ein Korrespondenzbureau des Genre's bestehe, wie ihn die Reforme signalisire, so sei Hr. Senard und die Angestellten seines Ministeriums demselben persönlich fremd.“ Beruhigen Sie sich, Hr. Senard, die Reforme war gut unterrichtet, das fragliche Bureau zur Beaufsichtigung des öffentlichen Geistes existirt wirklich, nur wandeln Ihre Couverts aus der Rue de Grenelle in die Rue de Barennes, von wo sie gefüllt zur Post expedirt werden.</p> <p>‒ Der Moniteur enthält die Namenslisten der jüngsten Insurgentenverpackung nach Havre. Es sind deren 500, darunter mehrere Ausländer, z. B. Bergys, Bildhauer aus Belgien, Frank, Trich, Kohner, Link, Maurer, Zott, Gilmer, Specht, Meyer, Typograph, Fick, Ulmann etc. aus den Rheingegenden.</p> <p>‒ Ein Dekret der Exekutivgewalt setzt eine neue Eisenbahn- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0523/0003]
[Deutschland] [Fortsetzung] hätte man sie noch diskutiren können, nicht aber gegenwärtig. Weh' uns, wenn jetzt Nationalitätskämpfe uns spalten! Vergessen wir nicht die eine Sprache, die wir alle reden sollen, die Sprache der Freiheit, die uns so nöthig ist! Die Reaktion steht hinter diesem Streit, das Grauen des Absolutismus. Der Boden ist nicht mehr fest, die Wände werden unheimlich und Menschenalter sind hinter dem März, wenn wir also fortfahren. Lassen wir uns daher vergessen, was wir vor 8 Wochen hätten thun können! Ich stimme für eine Kommission zur Regelung der Sprachverhältnisse. (Bravo links. Zischen der Reaktionäre.)
Mit mehr oder minder Leidenschaftlichkeit sprechen hierauf noch im slavischen Sinne Dylewski, Hawelka, Hauschild, Potocki. Letzterer bemerkt: da die Nationalfrage hier zum Vorschein gekommen ist, so muß ich eine Erklärung machen. Borrosch hat das Wort Gesammtvaterland ausgesprochen. Ich finde darin nur mein Vaterland Polen. Ich stelle es höher, als jedes Prinzip.(!) So lang dies Vaterland verletzt ist, können wir nicht von Gesammtinteressen reden.
Borrosch: Wir bilden einen Völkerkongreß, zu welchem man hätte Leute schicken sollen, die fähig sind, sich zu verständigen.
Doliak, Berichterstatter, sucht Löhner und Borrosch zu widerlegen, wird dabei heftig und sagt unter Anderm: Wenn die Stimmung hier schon so ist, so mag man erst beurtheilen, wie man sich in Frankfurt wider uns benimmt. (Heftiger Lärm, von allen Seiten erheben sich Abgeordnete, Löhner will den Redner zur Ordnung gerufen haben).
Doliak verlangt, daß mit Namensaufruf über den Antrag des Petitionsausschusses abgestimmt werde.
Ein Anderer verlangt Vertagung auf 10 Minuten. Beides angenommen.
Präsid. verliest erst die verschiedenen Anträge Löhner's, Borrosch's, Lubomirski's, Hawlitschek's, Bosner's und ordnet sie.
Rieger will den Ordnungsruf zurückgenommen; er habe sich keiner Persönlichkeit schuldig gemacht, den § 66 der Geschäftsordnung also nicht übertreten.
Präsident nimmt den Ordnungsruf zurück.
Borrosch will nun auch den seinen zurückgenommen wissen und appellirt an die Gerechtigkeit des Präsidenten.
Präsident thut es unter umschweifenden Erklärungen.
Doliak: Die Dalmatiner haben erklärt, daß sie auf ein ausführliches Detail verzichten, und nur einen kurzen Auszug der stenographischen Berichte verlangten, wie ihn die Wiener Zeitung gebe.
Bei der gewöhnlichen Abstimmung fallen die Anträge Löhner's und Borrosch's durch, alle slavischen Anträge werden angenommen.
Der fernere Antrag Borrosch's, daß der Kommissionsantrag auf alle Nationalitäten ausgedehnt werde, wird ebenfalls angenommen.
Bei der namentlichen Abstimmung wird dieser Kommissionsantrag angenommen.
Die Abgeordneten können also nun in ihren Sprachen reden, Anträge stellen u. s. w. Der Reichstag wird eine Uebersetzungsanstalt, eine babylonische Verwirrung, deren Resultat Auflösung sein wird. Finis Austriae.
61 Wien, 12. Sept. Der Reichstag hält heute keine Sitzung, um der Kommission Zeit zu lassen, den Verfassungsentwurf zu vollenden. Sein gestriger Nationalitätenhader hat auf das Volk einen höchst peinlichen Eindruck gemacht; macht er sich auch unter diesem geltend, so wird ein unbeschreiblicher Kampf entstehen, schlimmer als alle Religionskriege je gewesen. Nur die Aristokratie und der Absolutismus könnten daraus Vortheile ziehen. Ich will nicht daran glauben.
Als die ungarische Deputation den ungenügenden kaiserlichen Bescheid erhalten und den Brief Ferdinand's an Benjamin Jellachich erfahren hatte, steckten sehr viele der Abgeordnetenrothe Federn auf die Hüte.
In Preßburg harrte ihrer eine große Menschenmenge und empfing sie mit Eljen, allein die Deputation blieb lautlos und einer der Deputirten sprach folgendes zum Volke:
„Brüder Magyaren! Wir waren in Wien bei unserem König, haben aber dessenungeachtet nichts Näheres erfahren; wir wissen eben so viel, als wir vorher gewußt haben. Volk von Ungarn, Brüder! Ihr seht, wir sind uns nun ganz allein überlassen, auf fremde Hülfe können wir nicht bauen, unsere einzige Stütze ist unser eigener Arm. Auf daher, Volk von Ungarn! Wer immer nur das Rohr zu lenken und das Schwert zu führen weiß, der reihe sich unter die Fahnen zum heiligen Kampfe, zur Rettung unserer Freiheit, zur Rettung der ungarischen Nationalität! Magyaren! in Wien bildet sich ein zahlreiches Freikorps, das mit uns für die heilige Sache der Freiheit kämpfen will; mit diesem vereint laßt uns siegen oder sterben!“ ‒ „Auf zum Kampfe!“ schrie das ganze Volk.
Pesth und Ofen sind in der größten Aufregung. Alles greift zu den Waffen. Folgendes Plakat wurde sofort nach Wiederankunft der Deputirten dort angeschlagen:
„Bürger! Die sich über das Vaterland zusammenthürmenden Verhängnisse haben die Gleichheitsgesellschaft bewogen, aus ihrem Schooße ein permanentes Comité zu ernennen, dessen Aufgabe sei, wie ihr es einzeln thut, so im Ganzen über die Ereignisse zu wachen. Mit jener patriotischen Begeisterung, die in des Vaterlandes gegenwärtigen Augenblicken kein wahrer Bürger entbehren kann, fordert das Comité jeden Bürger auf, alles was er weiß, was auf das Vaterland von Einfluß sein könnte, dem Comité so schnell als möglich mitzutheilen.“
Aus der Generalsitzung der Gleichheitsgesellschaft.
Madaràsz Làszló, Zerrssi Gusztav.
Die Wiener Demokratie theilt noch die allgemeine ideologische Erbärmlichkeit der deutschen. Statt mit den Ungarn gemeinschaftliche Sache zu machen, hat die ganze demokratische Presse über die Ungarn nicht genug schimpfen können und beginnt erst jetzt, wo es fast zu spät ist, anderer Einsicht zu werden. Wie richtig die fortwährenden Denunziationen gewesen, die ich Ihnen in Beziehung auf unsere demokratische Judenpresse immer gemacht, beweisen täglich die ungarischen Korrespondenzen unserer sogenannten demokratischen Journale selbst. Was Sie Bourgeois nennen, das sind hier die Juden, die sich der demokratischen Leitung bemächtigt haben. Dies Judenthum ist indessen noch zehnmal niederträchtiger als das westeuropäische Bourgeoisthum, weil es die Völker unter der erheuchelten, börsengestempelten Maske der Demokratie betrügt, um sie direkt in den Despotismus des Schachers zu führen.
Wo die Demokratie nur die Dummheit und die jüdische Schacher- und Stellenjägerei-Gemeinheit zur Grundlage hat, wird sie es weit bringen.
So eben vernehme ich, daß die ungarische Nobelgarde, die herrlichste Kavallerie der Erde, ihre Entlassung eingereicht hat, um sich in die Armee ihres Vaterlandes aufnehmen zu lassen. ‒ Der Hof soll gestern einen Kourier mit dem Auftrage an Jellachich abgesendet haben, vorläufig Halt zu machen. Jellachich selbst soll an die Ungarn eine Proklamation erlassen haben, worin er verkündet, daß er nicht gegen das ungarische Volk, sondern gegen das Ministerium zu Felde ziehe. (In der That!)
Aus zuverlässigen Privatnachrichten geht hervor, daß Rußland der Pforte den Krieg erklärt hat. England soll letztere zu einer entschiedenen Erklärung wider die russische Einmischung in die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer vermogt haben. ‒ Das Ganze ist wohl nur eine diplomatische Komödie, um für den Fall eines ungarischen Siegs die Anwesenheit der russisch-türkischen Heere zu beschönigen und dann gemeinschaftlich mit dem persiden Oestreich wider die Freiheit zu operiren. Jedes andere Interesse tritt ja einstweilen noch in den Hintergrund.
Der Minister v. Schwarzer soll nun bestimmt aus dem Ministerium treten, er hat den Tritt des Mephistopheles gefühlt. An seine Stelle kommt ein wüthender Metternichianer Namens Brück.
Der Erzherzog Ludwig, der hartnäckigste Vertheidiger des alten Systems, ist in Schönbrunn wieder angelangt. Er ist unser„Prinz von Preußen“ und soll sich oft schnupfend und fluchend im Park von Schönbrunn herumtreiben.
Unter der Redaktion des Arbeiters Hillisch erscheint seit einigen Tagen eine Arbeiterzeitung, welche von dem ersten Wiener Arbeiterverein ausgeht.
Der Drucker von Schmid hat Freiligrath's Gedicht: „Die Todten an die Lebenden“ nachgedruckt und setzt dasselbe zu 2 Kr. C. M. in ungeheurer Anzahl ab. ‒ Die Dichter singen und werden in den Kerker geworfen, aber die gemeinen Schacherjuden ziehen den Gewinn davon. Freiligrath wird von den erlösten Kreuzern schwerlich einen zu sehen bekommen. ‒ Ich habe mehre Redakteure hiesiger Blätter auf den Unfug aufmerksam gemacht und sie werden den Drucker bei der Ehre angreifen, ‒ Bourgeoisehre!
Nachschrift. So eben 12 Uhr wurde auf Befehl des Ministers Dobblhoff Generalmarsch geschlagen. Alles läuft nach dem Judenplatze, wo sich das Ministerium des Innern befindet. Der Platz ist gedrängt voll Menschen; von allen Seiten rückt Nationalgarde heran, das Volk empfängt sie mit Hochs, sie steckt die Bajonnette ab und entfernt sich bald wieder unter dem Beifalljauchzen des Volkes.
Die Veranlassung zu diesem Auftritt ist folgender Maueranschlag, der alle Gewerbetreibenden ebenso in Aufregung brachte, wie die frühere Herabsetzung des Arbeitslohns die Arbeiter, und der zwischen Bürgerwehr und Nationalgarde dieselben Scenen herbeizuführen droht:
Der von dem Hrn. Swoboda gegründete Aktienverein kann nur als eine Privatunternehmung angesehen werden, daher Niemand verhalten werden, die durch ihn ausgegebenen Aktien als bares Geld anzunehmen.
Dieser Umstand hat diejenigen, welche sich bei diesem Verein betheiligten, in ihren Hoffnungen getäuscht, und zu den gestern stattgefundenen Auftritten, welche nicht zu entschuldigen sind, Anlaß gegeben.
Damit aber der verarmte Gewerbsmann, welcher von obigem Vereine und von den durch ihn ausgegebenen Aktien Hülfe erwartete, nicht zu empfindlichem Schaden gelange, und damit die Vervielfältigung dieser Aktien nicht zu Störungen des allgemeinen Verkehrs und der öffentlichen Ruhe verleite, so hat das Ministerium des Innern sich bewogen gefunden eine Kommission zusammenzusetzen, welche sich vorerst mit der Liquidirung der von Herrn Swoboda ausgegebenen Aktien und mit der theilweisen Einlösung derselben von dem unmittelbaren Empfänger, sohin aber auch mit der Frage beschäftigen wird, unter welchen Bedingungen und Vorsichten der fernere Bestand des swobodischen Aktienvereins gestattet werden könne.
Diese theilweise Einlösung der bereits ausgegebenen und noch in dem Besitze der ursprünglichen Empfänger befindlichen Aktien in dem Maße, welches von der Kommission bestimmt werden wird, beginnt morgen 13. Sept. von 8 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags. Ueber die bereits an dritte Personen abgetretenen Aktien werden später die nöthigen Bestimmungen getroffen werden.
Der baldige und befriedigende Abschluß dieser Angelegenheit kann nur durch Mäßigung, Ordnung und Vertrauen erreicht werden, jede Art von Aufregung aber, oder von ungestümen, unmöglichen Forderungen würde das Ministerium in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen seine bereitwillige Unterstützung zur Ausgleichung dieses Gegenstandes zurückzuziehen und gegen gesetzwidrige Eingriffe mit Strenge einzuschreiten.
Wien, 12. September 1848.
Vom Ministerium des Innern,Doblhoff.
Swoboda hatte einen Aktienverein zur Unterstützung zurückgekommener Gewerbtreibenden gestiftet, bei welchem sich der Kaiser mit 10,000 fl. C. M. betheiligt hatte. Dieser Verein wurde den Bank- und Börsenjuden ein Dorn im Auge; sie glaubten ihr Privilegium dadurch geschmälert und zettelten Intriguen an, in deren Folge gestern ein Volkssturm auf das Landhaus stattgefunden hat, wobei im Innern des Gebäudes vieles zertrümmert wurde. Dadurch entstand obige Verordnung Dobblhoffs, worauf sich das Volk heute sofort in Massen vor seinem Ministerium versammelte. Die reichen Bürgergrenadiere und die goldene Kavallerie, die eigentlichen Bankjuden, ergriffen die Sache des Ministers d. h. ihre eigene und kamen dadurch mit einem Theil der Nationalgarde, die dem Gewerbestande angehört, in Konflikt. Auf den Generalmarsch des Ministers erschien nun zwar ein bedeutender Theil der Nationalgarde, fraternisirte aber sogleich mit dem Volke und zog, dem Generalmarsch zum Trotz, wieder ab. ‒ Das Ministerium ist noch in diesem Augenblick vom Volke umringt, die Minister zittern und, wenn, wie vorauszusehen, Morgen die Nationalgarde zur Ausübung der Strenge nicht erscheint, so wird es neue Auftritte geben. Jedenfalls hat sich das Ministerium nun auch bei der Nationalgarde moralisch vernichtet und nur mehr die Bankjuden sind noch seine Stütze. Es muß gänzlich fallen. Ein Blatt publizirt folgende Ministerliste: Schuselka, Auswärtiges; Löhner, Inneres; Kudlich, Handel; Borrosch, Justiz u. s. w.; aber die Slaven werden kein deutsches Ministerium mehr aufkommen lassen; sie werden ein knutiges schaffen.
Morgen schon wird der neue Reichstagspräsident erwählt. Die Czechen bieten Alles auf, wiederum einen antideutschen Präsidenten durchzusetzen. Europa wird über diese Nationalhetze lachen.
Die akademische Legion hält eine allgemeine Säuberung; jeder Nichtstudent, der nicht den Künsten und Wissenschaften unmittelbar angehört, wird ausgestoßen. Die ganze Legion wird rothe Halsbinden tragen. Die Bevölkerung befreundet sich immer mehr mit der Republik; sie wird hier ganz gewiß zum Ausbruch kommen und muß siegen, wenn Ungarn den ersten günstigen Schlag gethan.
Die reaktionäre Stimmung schlägt täglich mehr um, man spricht schon davon, daß der Sicherheitsausschuß bald wieder als provisorische Regierung auftauchen werde. Durch Maueranschläge ladet derselbe heute die Gewerbtreibenden in das Nationaltheater an der Wien zur Empfangnahme der zu ihrer Unterstützung eingegangenen Gelder ein. Das wirkt. ‒ Wenn Ungarn siegt, wird der slavische Reichstag, weil er aus Deutschenhaß mit dem Absolutismus gemeinschaftliche Sache macht, vom Volke gesprengt werden. Man ist im höchsten Grade unzufrieden mit ihm.
Der Sturz der Ministerien in Berlin und Frankfurt hat ungemein gewirkt und trägt viel bei, den Sturz des hiesigen zu beschleunigen.
Wien, 12. Septbr. Gestern Abend fand eine starke Zusammenrottung vor dem Ständehause statt. Wir konnten im Augenblicke nur erfahren, der alte Gemeindeausschuß sei im Ständesaal gesessen und habe vom Volke einige Unannehmlichkeiten zu erdulden gehabt. Man sagte sogar, die Herren haben etwas unfreiwillig den Saal verlassen. Es scheinen aber keine politischen Interessen, sondern pekuniäre dabei im Spiele gewesen zu sein, denn das Volk war dann auf den Judenplatz vor die Wohnung des Hrn. Swoboda gezogen, wegen der von ihm ausgegebenen Aktien. Es ward auch eine Deputation zum Minister des Innern geschickt, um eine Garantie für das Geld zu verlangen, das für diese Aktien gegeben worden ist. Der Minister soll auf heute Morgens Untersuchung und Ordnung dieser Angelegenheit versprochen haben.
(Constitution.)
* Chemnitz, 11. Sept. Unsere Stadt ist in der größten Aufregung, Generalmarsch wird geschlagen, die Hauptwache (bloß 150 Mann) erhält scharfe Patronen, und die Straßen sind von erbitterten Arbeitern durchwogt. Ueber die Ursache Folgendes: In der am vergangenen Sonnabend abgehaltenen Arbeiterversammlung war erzählt worden, daß ein bei dem Bäckerkrawall verhafteter Fabriktischler nunmehr vierzehn Monate in unnöthiger Weise verlängertem Arrest gehalten werde, ja man hörte sagen, er sei vierzehn Wochen lang in kein Verhör gekommen. Von der bei Einigen auftauchenden Meinung, den Gefangenen zu befreien, wurden sie abgebracht, und man beschloß, Montags durch eine Deputation die Freilassung der Gefangenen zu verlangen. Deshalb versammelten sich schon Nachmittags nach 3 Uhr viele Arbeiter auf dem Markte, während die Deputation auf das Stadtgericht ging. Hierauf begab sich der Gerichtsrath Grötsch mit einem Arbeiter in das Stadtgefängniß, wohl um diesen zu überzeugen, ob der Gefangene wirklich so schlecht behandelt werde, als man erzählt hatte. Auf dem Neumarkt wurden die Arbeiter unterdessen unruhig; die reitende Kommunalgarde überritt ein Kind, und dies gab den Anlaß, daß die Arbeiter unter wüthendem Rachegeschrei einen Angriff mit Steinen gegen die Hauptwache machten. Es gelang einigen Bürgern, die Arbeiter durch den Vorschlag einer großen Versammlung, zum Zweck einer Amnestiepetition, für den Augenblick zu beruhigen. Noch war ein allgemeiner planmäßiger Angriff indeß nirgend erfolgt. Um 7 Uhr Abends nahm die Bewegung einen ernstlicheren Charakter an, die Frohnfeste ward von der Masse gestürmt, die beiden Gefangenen wurden gewaltsam befreit und im Triumph nach der „Aue“ geführt. Die schwache Besatzung der Frohnfeste und des dahin führenden Gäßchens mußte fliehen, an der Hauptwache begann die Menge Barrikaden zu errichten und das Pflaster aufzureißen, Steine flogen und es mögen gegen 20 Verwundungen vorgekommen sein. Von der etwa 2000 Mann starken Kommunalgarde waren im Ganzen 300 Mann erschienen, die gegen die Massen Nichts ausrichten konnten und im entscheidensten Moment zum Abtreten und Nachhausegehen kommandirt wurden.
Vor der Hauptwache traten um 1/2 10 Uhr die Behörden mit den Arbeitern in Unterhandlung. Die Arbeiter verlangten: die Kommunalgarde soll bis auf die gewöhnliche Wache abziehen, die Arbeiter sollen sich entfernen und das Amnestiegesuch unterschreiben. Die Bedingungen werden angenommen, und die Arbeiter ziehen nach dem Gasthofe zur Aue, wo das Gesuch unterzeichnet wird. Die Straßen sind noch belebt, aber ruhig.
Chemnitz, 12. Sept. 4 Uhr. Die Revolte entbrennt auf's Wüthendste wieder, da man die freigegebenen Gefangenen heute wieder verhaftet hatte(!!!).Soeben ertönt Rottenfeuer des Militärs in der Johannisgasse, wo zwei Barrikaden errichtet und mehrere Häuser abgedeckt sind. Vor dem Johannisthore ebenfalls Barrikaden, nicht minder an der Frohnfeste aufgerissenes Pflaster; Geschrei, Toben und dazu ‒ kaum der fünfte Theil der Kommunalgarde; doch Kavallerie aus Freiberg und Marienberg. Diese Notiz unter den Waffen, ‒ der Himmel weiß, was die Nacht bringt.
6 Uhr. Salve auf Salve von beiden Seiten, Barrikaden in allen Gassen, viele Verwundete; die Revolte scheint einen politischen Charakter anzunehmen, eine Disposition macht sich bemerkbar, die Vorstädte sind bewaffnet gegen uns, das Militär noch zu schwach, die Kavallerie kann wenig wirken wegen des aufgerissenen Pflasters und der Barrikaden, die mit Kunst konstruirt sind. Wie soll das enden? Die Maschinenarbeiter sind furchtbar ergrimmt. Um 7 Uhr erwartet man Militär von Schneeberg. Die beiden Gefangenen mußten auf's neue freigelassen werden.
Dresden, 13. Sept. Mittags. Rittmeister Helbig und ungefähr 20 Soldaten sind geblieben, Geh. Regierungsrath Todt durch einen Steinwurf auf der Brust verwundet. Die reitende Batterie ist von Radeberg hier durch nach Chemnitz abgegangen.
(Dresd. J.) München, 10. Sept. Durch ein Circular des königlichen Kriegsministeriums werden sämmtliche Militärkommandos auf die Rechte und Pflichten des stehenden Heeres vom verfassungsmäßigen Standpunkte aufmerksam gemacht; es soll in der Armee die größtmögliche konstitutionelle Einsicht verbreitet werden; daß der freie Gebrauch des Wortes und der Presse, so weit er nicht durch Strafgesetze beschränkt ist, auch dieser Klasse von Staatsbürgern gewährleistet ist, die bewaffnete Macht nach Außen gerichtet sei und nur auf Requisition der Civilbehörde einzuschreiten habe, dies Alles soll der Armee eröffnet werden.
Italien. * Messina _ Mailand, 7. Sept. Der Feldmarschall Radetzky hat dem Banus Jellachich eine Million Gulden überschickt.
(Grad'aus.)
Französische Republik. Paris, 14. Sept. Nächst dem Arbeitsrecht regt die legitimistische Propaganda die Gemüther am Meisten auf. Legitimistische Zettelträger rennen von Haus zu Haus und prophezeien die Rückkehr des alten Glücks und Königsgeschlechts für Ende dieses Monats mit einer wahrhaft klassischen Unverschämtheit.
In der Rue Duphot hob gestern die Polizei einen legitimistischen Klub auf. Ein Stoß von Papieren, aufwieglerische Lieder, vorzüglich aber die Namenlisten sämmtlicher Glieder wurden mit Beschlag belegt.
‒ In Bannes wird ein neues legitimistisches Orakel„La Bretagne, redigirt von Georg Cadoudal“ vom 15. Septbr. an erscheinen.
‒ Senard, Minister des Innern, zeigt sich im heutigen Moniteur gewaltig ergrimmt gegen die Reforme, weil sie gestern die Existenz eines geheimen lithographischen Korrespondenzbureaus, das die Departementspresse mit reaktionärem Proviant versehe, denunzirt hatte. Hr. Senard verneint es, erklärt jedoch bei der Reinheit seiner alten republikanischen Gefühle am Schluß, „daß, wenn wirklich ein Korrespondenzbureau des Genre's bestehe, wie ihn die Reforme signalisire, so sei Hr. Senard und die Angestellten seines Ministeriums demselben persönlich fremd.“ Beruhigen Sie sich, Hr. Senard, die Reforme war gut unterrichtet, das fragliche Bureau zur Beaufsichtigung des öffentlichen Geistes existirt wirklich, nur wandeln Ihre Couverts aus der Rue de Grenelle in die Rue de Barennes, von wo sie gefüllt zur Post expedirt werden.
‒ Der Moniteur enthält die Namenslisten der jüngsten Insurgentenverpackung nach Havre. Es sind deren 500, darunter mehrere Ausländer, z. B. Bergys, Bildhauer aus Belgien, Frank, Trich, Kohner, Link, Maurer, Zott, Gilmer, Specht, Meyer, Typograph, Fick, Ulmann etc. aus den Rheingegenden.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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