Neue Rheinische Zeitung. Nr. 114. Köln, 12. Oktober 1848. Beilage.Zwei Tage nachher war die Juni-Insurrektion ausgebrochen: der General Cavaignac war im Besitz der Diktatur und der Redakteur en chef der Presse büßte im Abgrund eines Gefängnisses der Conciergerie das unverzeihliche Unrecht das, was kam, vorhergesehen zu haben, zu einer Zeit, wo es noch möglich war, einem solchen Kampf zuvorzukommen. Wer war Kriegsminister den 22. Juni? Der General Cavaignac. Also eins von beiden. Am 22. Juni bestand die Pariser Garison aus 25,392 Mann, entsprechend den offiziellen Ausweisungen, die der Untersuchungskommission übergeben wurden, oder diese offiziellen Ausweisungen waren Lügen. Mit 25,000 Mann Linientruppen nebst der Mobilgarde, nebst der Nationalgarde, - wie konnte General Cavaignac ohne Widerstand die Barrikaden am 23. Juni aufwerfen lassen? Die Wahrheit muß endlich ans Tageslicht. Die Zeit ist gekommen. Von Seiten des Generals Cavaignac fand entweder schuldvolle Nachlässigkeit Statt oder aber noch schuldvollere Berechnung. Es ist gewiß, daß man am 23. Juni die Insurrektion verhindern konnte durch Entfaltung einer imposanten Militärmacht am 21. oder 22. Juni. Es ist gewiß, daß man ruhig der Organisation und Ausbreitung der Insurrektion zuschaute. Es ist gewiß, daß wenn man die Insurrektion begünstigen wollte, um so die Diktatur nöthig zu machen, man nicht anders noch besser verfahren konnte. Es ist gewiß, daß der Vorschlag, Paris in Belagerungszustand zu erklären und die Diktatur dem General Cavaignac anzuvertrauen, von Pascal Duprat ausging, der der Bediente Cavaignac's war und zum Lohn eine diplomatische Mission nach Oestreich erhielt. Es ist gewiß, daß das Votum der Nationalversammlung von Bastide erschlichen wurde, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der sich also ausdrückte: "Bürger, im Namen des Vaterlandes, ich flehe euch an, eure Berathungen zu beendigen und sobald als möglich zu stimmen; in einer Stunde vielleicht wird das Hotel de Ville genommen sein. Man zeigt es mir in diesem Augenblicke an." Es ist gewiß, daß der erste Angriff auf die Insurgenten nicht von den unter das Kommando des General Cavaignac gestellten Truppen ausging, sondern von der Nationalgarde. Es ist gewiß, daß in diesen blutigen Tagen General Cavaignac nicht der war, der am meisten mit seiner Person zahlte. Es ist gewiß, daß der erste Akt des General Cavaignac, nachdem man ihn mit der Diktatur bekleidet, darin bestand, die individuelle Freiheit und die Preßfreiheit tödtlich zu schlagen. Es ist gewiß, daß nach Vorlage zweier Dekrete, das eine über die Kaution der Journale, das andere über die Preßvergehen, - Dekrete, die am 21. August votirt wurden - man gar keine Rücksicht auf diese Dekrete nahm. Journale wurden ungesetzlich, willkürlich unterdrückt, ohne Rücksicht auf die Würde der Nationalversammlung, auf die Freiheit der Presse, auf die legitimsten Eigenthumsrechte. Endlich kann nicht bestritten werden, daß der General Cavaignac am 2. September sich folgendermaßen ausdrückte vor der Nationalversammlung: "Ich rufe der Versammlung ins Gedächtniß, daß mein Vater im Convent saß und daß ich glücklich und stolz bin, der Sohn eines solchen Mannes zu sein." Was nicht geläugnet worden ist, was nicht geläugnet werden kann, ist, daß der Mann des Convents, dessen Sohn zu sein Cavaignac sich rühmt, folgende Briefe geschrieben hat: Montadour, 14. April 1794. Wir haben ungefähr 80 ehemalige Adlige oder Seigneurs verhaften lassen: wir werden die Verhaftungen fortsetzen bis der letzte dieser unversöhnlichen Feinde der Freiheit in Ketten liegt. Die außerordentliche Kommission, die wir zu Bayonne geschaffen haben, ist uns Schritt für Schritt gefolgt; eine Guillotine wurde mitgeführt und sofort aufgestellt; schon haben 6 Anführer mit ihren Köpfen bezahlt. Die bekannten Aristokraten sind verfolgt, verhaftet und ihre Güter confiscirt. Jeder Tag sieht einige ihrer Köpfe vom Schaffot niederrollen. Wir wiederholen es, es ist Zeit die Verhaftung aller Exadeligen, aller Exseigneurs, aller fanatischen Priester zu verordnen. So lange noch Einer von ihnen auf dem Lande der Freiheit bleiben wird, wird er gegen es conspiriren." Bagul, 29. April 1794. "DieUngeheuer! Sie alle werden untergehen, und bald wird das Land der Freiheit von den Sklaven gereinigt sein, die Könige verlangen." Nun wohl! Wir fragen ganz Frankreich, welche Garantieen bietet General Cavaignac, sobald er zum Präsidenten der Republik erwählt ist, daß er nicht in dieselbe Excesse fallen wird, die es unklug wäre, nicht vorher zu sehen! Welche Garantien hat er der Ordnung geboten? Kriegsminister hat er den Junisturm unter seinen Augen sich bilden lassen, bis ein Meer von Blut ihm die Diktatur entgegen trug. Welche Garantien hat er der Freiheit geboten? Diktator behandelte er sie als rebellische Sklavin. Welche Garantien hat er dem Eigenthum geboten? Ueber alle Gesetze sich erhebend, hat er es mit Füßen getreten. Welche Garantien hat er Frankreich gegeben? Durch die Wahl seiner traurigen Minister hat er gezeigt, was von seinem Takt und seinem politischen Urtheil zu erwarten ist. Welche Garantien hat er der Arbeit gegeben? Durch die Verlängerung des Belagerungszustandes, dieses doppelten Geständnisses der Schwäche der Regierung und der unterirdischen Gefahren der Gesellschaft, unterhält er die öffentliche Wirrniß, verhindert er den Kredit wiederzuerstehn und folglich die Arbeit sich wieder zu beleben. Die Verlängerung des Belagerungszustandes über den Kriegszustand hinaus, die Aufrechterhaltung dieses außerordentlichen Regimes während der Diskussion und des Votums der Konstitution, sind Thatsachen, welche einen genauen Maßstab für die Wurfweite des Geistes des Generals Cavaignac geben. Wen will der in den Herren Marrast und Bastide inkorporirte "National" durchaus zum Präsidenten der Republik für 4 Jahre machen? Wen? Einen General, der für die Ordnung und Sicherheit in Paris nur unter folgenden Bedingungen haften will: Belagerungszustand für ewige Zeiten; 80,000 Mann Truppen, bivouakirend wie in Algier; Batterien, die bereit sind, überall loszufeuern; permanente Kriegsgerichte; Transportation vertheidigungsloser Bürger, die jeder richterlichen Garantie entbehren; Unterdrückung der Preßfreiheit; Verachtung der individuellen Freiheit; Vertagung aller Lebensfragen und Verletzung aller Prinzipien. Wenn Cavaignac sich so aufgeführt hat, ehe er zum Präsidenten der Republik ernannt war, was hätte er nicht gethan, wäre er zum Präsidenten ernannt gewesen? Welchen Exzeß hätte man nicht zu befürchten gehabt? Wo ist der Akt der Willkühr, wovor er sich gescheut hätte?" Vergleicht man mit diesem Artikel der "Presse" das Votum der Nationalversammlung, die wider Cavaignac's Willen die Ernennung des Präsidenten der Republik durch die Nation, statt durch sich selbst beschlossen hat, so begreift man, daß Cavaignac den Anhängern der rothen Republik sich in die Arme werfen oder zum bewaffneten Lakaien von Thiers herabsinken muß. Aber auch der Sieg der rothen Republik wird seinen Sturz herbeiführen. Die ganze nüchterne Mittelmäßigkeit der Bourgoisie ist in ihrem Helden Cavaignac verkörpert, und mittelmäßig, wie seine Diktatur wird sein Untergang sein. Paris, 9. Oktbr. Der Abendmoniteur erklärt das von mehren Journalen verbreitete Gerücht für erlogen, daß die Regierung sechs in Folge der Frankfurter Ereignisse nach Straßburg geflüchtete Deutsche ihren respektiven Behörden ausgeliefert habe. Nationalversammlung. Sitzung vom 9. Oktober. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke recht zahlreich besetzt. Clement Thomas, vor der Tagesordnung, beklagt sich daß ihn Taschereau, Herausgeber der berüchtigten Revue Retrospektiv, am Sonnabend ungebührlich unterbrochen und unter Anderm gesagt habe: Antwortet doch nicht auf solche Ausfälle und Grobheiten! Tascherau verweist den ehemaligen Generalissimus der hiesigen Bürgerwehr auf den Moniteur und gesteht nur zu, gerufen zu haben: Antwortet doch nicht auf dergleichen Anschuldigungen. Das Protokoll wird angenommen und man schreitet zur Tagesordnung, Kapitel V der Verfassungsdebatte. Marrast Präsident: die Versammlung verwarf in ihrer letzten Sitzung den Grundsatz der Anträge, den Präsidenten der Republik durch die Nationalversammlung wählen zu lassen. Wir können also zu einer andern Reihe von Anträgen übergehen, welche verlangen, daß der Präsident zwar durch's Volk, aber im zweiten Grade gewählt werde. Mastimer-Ternaux und Lacrosse wünschen zu diesem Zweck den Artikel 43 der Verfassung dahin geändert: "Der Präsident der Republik wird durch geheime Abstimmung von Wahlversammlungen in den Departementshauptstädten gewählt, welche aus Abgeordneten der Urwahlzirkel (auf 2000 Einwohner ein Abgeordneter) zu bilden sind. Die Abgeordneten sind nach Artikel 30 der gegenwärtigen Verfassung zu bestimmen. Sie können kein Imperativmandat erhalten und empfangen dieselben Taggelder wie die Jury. Der Antrag wird verworfen. Paul Sevaistre schlagt vor, der Präsident der Republik solle aus einer Liste von 10 Kandidaten, welche die meisten Stimmen vom Volk erhalten, dann von der Nationalversammlung mit absolutem Mehr gewählt werden. Verworfen. Larabit verlangt, daß der Präsident der Republik vom Volk mit 2/3 statt aus absolutem Stimmenmehr gewählt werde. Verworfen. Marrast: Somit bringe ich den Artikel 43 zur Abstimmung, wie ihn der Verfassungsausschuß entworfen. Hiernach lautet er: "Der Präsident der Republik ist durch geheime Abstimmung und mit absolutem Mehr aller Wähler der französischen Departements und Algeriens zu wählen." Die Linke schreit mit Macht: Zettelabstimmung! Dies geschieht. Es stimmen 757 Glieder. Dafür, 627 dagegen 130. (Sensation.) Artikel 44 § 1 von Spedition der Wahlprotokolle handelnd und von keinem Nebenantrage beschwert, wird ohne weiteres angenommen. Der zweite Absatz (§ 2) der also lautet: "Vereinigt kein Kandidat mehr als die Hälfte oder sind die im Artikel 42 festgestellten Bedingungen nicht erfüllt, so wählt dier Nationalversammlung den Präsident unter denjenigen 5 Kandidaten, die die meisten Stimmen zählen." Mehrere Glieder schlagen den Zusatz vor "und wenigstens 3 (andere 2) Millionen Stimmen zählen." Wird verworfen und die Ausschußfassung angenommen. Artikel 42 (welcher reservirt worden war) kam nun zur Berathung. Er lautet: "Der Präsident muß Franzose, 30 Jahre alt sein und darf nie die Eigenschaft eines Franzosen verloren haben." Hierüber entspinnt sich eine sehr stürmische Debatte. Deville trägt auf Ausschluß aller Sprösslinge früherer französischer Herrscher an. (4 Uhr.) Nationalversammlung, Sitzung vom 9. Oktober (Schluß). Sein (Deville's) Antrag lautet: "Die Präsidentschaft darf keinem Oberoffizier, noch einnm direkten oder kollateralen Gliede der Familien verliehen werden, die über Frankreich regierten." Deville ist ein alter Haudegen und erheiterte die Versammlung schon häufig durch seine brüske und freie Rede. Ein gebildetes Volk, sagt er, darf sich von keinem Soldaten beherrschen lassen. Die Geschichte unterstütze seinen Antrag auf jeder Seite. Ehrgeiz, Zuchtliebe und hierarchischer Geschmack (Tumult) seien Eigenschaften, die sich mit einem weisen Staatsoberhaupt schlecht vertrugen. Frankreich hätte schon einmal eine rothe Republik gehabt, seit 35 Jahren besitze es aber eine weiße, die in den letzten Zugen liege, und die der rothen Republik, welche aus 35 Millionen Franzosen bestehe, den Todeskampf liefern wolle. (G.lächter) Keine Säbelherrschaft, kein ewiges Belagerungsgesetz, keine ewigen Preßfesseln (Unterbrechungen). Ich weiß wohl, daß wir keine 26-jährigen Journale an der Spitze haben, aber es wäre unvorsichtig, einen andern jungen Mann zum Präsidenten zu wählen. (Stimme: Man wird Sie an die Spitze des Staats stellen!) Dieser Hieb traf mich nicht! (Gelächter). Der Redner warnt vor der rothen Republik; die nicht so krank sei als man glaube und sieht große Katastrophen in nächster Zukunft (Lärm). Degoussee protestirt in einigen Worten gegen die barocken Vergleiche zwischen rother und weißer Republik. Antony Thowat trägt an "kein Glied irgend einer Familie, die über Frankreich herrschte, kann zum Präsidenten der Republik erwählt werden." Napoleon Bonaparte (Jerome's Sohn) sagt: Ich hatte die Absicht, einige Worte gegen das Amendement zu sprechen. Da ich jedoch erfuhr, daß die Kommission oder der Verfassungsausschuß schon den Antrag verworfen, so überlasse ich es ihren Gliedern, unsere Vertheidigung zu übernehmen. Woirhaye, Glied des Verfassungsausschusses, erhebt sich in der That und spricht zu Gunsten der Napoleoniden. Eine königliche Geburt sei in der That eine schlechte republikanische Erziehung. Doch mit dem Namen Napoleon sei dieß eine andere Sache. Napoleon sei ein Volksmann, er gelte beim Volk als Vertreter seiner Interessen und es sei unvorsichtig, einen Bannfluch gegen dessen Sprößling rücksichtlich der Präsidentenwahl auszusprechen etc. Lacaze,Legitimist, hält eine lange Leichenrede gegen das Amendement Ein Ausschluß der Bonapartisten wurde ihm nur zum Fußschemel (Piedestal) neuer Herrschergerüste dienen. Man müsse sich auf den gesunden Sinn des Volkes verlassen. Cocquerel, (Pfarrer), spricht in demselben Sinne. (Man ruft von allen Seiten: Zum Schluß!) Louis Napoleon Bonaparte steigt von seinem Platze, dem Berge links, und begibt sich auf die Bühne. Bürger! beginnt er unter allgemeinem Stillschweigen, Ich trete nicht auf, um das Amendement zu bekämpfen. Ich fühle mich schon glücklich genug, in der Mitte meiner Mitbürger zu sein, um einen anderen Ehrgeiz zu besitzen. In meinem Namen will ich daher nicht gegen die Verleumdungen reklamiren, sowie gegen den Titel eines Pratendenten, den man mir fortwährend vorwirft (contre toutes la calomnies et les titres de pretendant qui ma sont sans cesse opposee) Aber ich nehme im Namen von 400,000 Wahlbürgern das Wort, die mir die Ehre erwiesen, mich zu erwählen, um die Benennung eines Prätendenten hiermit zu verleugnen (desavouer). (Stimmen: Sehr gut. Sehr gut. Große Aufregung im ganzen Saale. Antony Thouret will seinen Antrag retten. Wird aber kaum gehört. Der Antrag wird verworfen. Ebenso alle übrigen Anträge derselben Gattung. Art. 42 ist somit endlich angenommen. Art. 45 (Art. 44 ist bereits erledigt) handelt von der Dauer des Amts des Präsidenten und stellt dieselbe auf 4 Jahre fest. Kerdrel trägt darauf an, daß man ihn zwei Mal hintereinander wählen könne. Er wird aber nicht gehört und endlich von der Bühne getrommelt. Er ist sehr ärgerlich und protestirt durch den Tumult. Art. 45 wird angenommen und die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. Großbritannien. * London, 9. Oktober. Wir erhalten aus sehr guter Quelle die Nachricht, daß die Feindseligkeiten in Nord-Italien wieder beginnen werden. Wir hören, daß ein Agent des Königs von Sardinien von einigen Tagen hier anlangte, um 100,000 Gewehre zu kaufen, und zwar Perkussions-Gewehre, wenn das Quantum gleich geliefert werden kann. Wenn die gewünschte Anzahl nicht in Birmingham vorräthig ist, so nimmt man an, daß Lord Palmerston das Fehlende aus den Vorräthen des Tower ersetzen wird. (The Standard.) * Clonmel. Irland 7. Oktober. Smith O'Brien, das Haupt der letzten irischen Insurrektion, ist von der Jury für schuldig erkannt worden und zwar in fünf Punkten der Anklage. Von dem sechsten sprach man ihn frei. Die Jury gab dieses Verdikt mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß man das Leben des Gefangenen schonen möge. * London, 9. October. Lord Brougham scheint der Meinung zu sein, daß die jetzige Stimmung in England einige Aehnlichkeit mit der von 1789 und 1793 hat. Der edle Lord fand diese Aehnlichkeit in manchen Punkten, aber er fand, daß die jetzige Zeit noch keinen Burke besitzt und da entschloß sich Lord Brougham der Burke des neunzehnten Jahrhunderts zu werden und Lord Henry schrieb einen Brief über die französische Revolution. - - Der Standard, der spezielle Freund Sr. Lordschaft, begrüßt diesen Brief natürlich mit wahrem Frohlocken und behauptet, daß der Burke'sche Brief höchstens den Vorzug der Originalität vor dem Briefe Lord Henry's habe. Wir müssen gestehen, wir dachten, der alte Standard würde vorsichtiger mit seinen Schmeicheleien sein. Jeder weiß zwar, daß der edle Lord beim Schreiben seiner Epistel im Stillen an seinen berühmten Vorgänger dachte, - aber dies mit aller Naivetät öffentlich auszuplündern: nein, das ist beleidigend, das ist verletzend. Lord Brougham machte es sich von jeher zur Pflicht, originell zu sein. Ging er nicht zuerst mit einer graumelirten Hose in's Parlament? Hat er nicht die schönste Nase in ganz England? Hielt er nicht eine siebenstündige Rede? Wollte er nicht neulich noch französischer Citoyen werden? Wenn Lord Brougham kein Original ist, so ist es Niemand. Mit dem Briefe über die Revolution hat Se. Lordschaft aber, wie gesagt, dies Mal fehl geschossen. Der Zufall hat es gewollt, daß sogar die besten Freunde schon auf den ersten Blick die Copie herausfanden; der Brougham'sche Brief ist kein Burke'scher. Der edle Lord wird sagen, daß er eine verkannte schöne Seele ist; vor allen Dingen wird er sich aber jetzt einzureden suchen, daß die heutigen Zustände Englands doch in etwa von denen von 1790 verschieden sind - und in dem letztern Punkte könnte Lord Henry Recht haben. Damals ein William Pitt, heute ein Lord John Russell! William Pitt, der Sohn des Earl von Chatham, im zwei und zwanzigsten Jahre Premier von England, bewundert von aller Welt, rasch, energisch, thatenlustig, kühn und vor allen Dingen verschwenderisch - und Lord John Russell dagegen: ein kleiner verschlissener Mann; Premier, weil es die Laune der Partei so will; mehr verachtet als gefürchtet, langsam, vorsichtig und vor allen Dingen im höchsten Grade genirt in allen seinen Depensen. Damals, im Parlament zwei streng geschiedene Parteien; stark die eine durch ihre Zahl; größer vielleicht die andere durch ihre Talente. Auf der einen Seite Pitt mit dem Troß seiner Anhänger, die ihm auf Kommando gehorchten und auf der andern For, Sheridan und eben Burke bis zu dem Augenblick, wo er sich unter Thränen von seiner Partei trennte. - Heute dagegen ein Oberhaus, welches kaum mehr der Rede werth ist und ein Unterhaus, in dem die Parteien so sehr zersplittert sind, daß wir Whigs mit Tory's und Tory's mit Whigs stimmen sehen, wie es gerade die Umstände des Augenblicks mit sich bringen. Damals eine Aristokratie, die in der fernern Entwicklung der französischen Revolution ihren eigenen Sturz sah und heute ein Adel, der sich längst dabei beruhigt hat, daß er gestürzt ist und dem es gar nicht mehr auffällt, wenn man den Sohn eines Baumwollspinners von Rom herüberholt, damit er dem Vaterlande ein Ministerium gebe. Damals endlich eine Mittelklasse, die im Besitz jener großen Erfindungen eines Natt, eines Arkwright, eines Cartwright, zuerst mit tausend Verhältnissen der letzten Vergangenheit bricht, um unter dem Schutz der Kanonen der englischen Marine, die Märkte der halben Welt zu einem Tummelplatz ihrer industriellen Bestrebungen zu erobern und heute eine Bourgeoisie, die Alles erreicht hat, was sie erreichen wollte und die nur darüber aus ist, das zu conserviren, das zusammen zu halten, was ihr bei dem geringsten Tumult in den nächsten Ländern Europas oder in den fernsten Strecken asiatischer Besitzungen gefährdet und verloren scheinen muß. Wahrlich, ein Burke traf ein interessanteres Publikum, er traf erregbare Gemüther, als er mit seinen Briefen und Reden, das Land zu einem Kriege mit der jungen französischen Republik zu entflammen suchte; er traf eine glücklichere Zeit als der originelle Brougham, der eine heruntergekommene Aristokratie und eine satte furchtsame Mittelklasse findet, die sich wenig um die schönen Worte eines edlen Lords kümmert, wenn sie nicht von dem allernächsten, praktischen Nutzen sind. Die einzige Klasse, die Lord Henry so ziemlich in derselben Lage findet wie einst Burke, es ist die Klasse der Arbeiter, die, trotzdem daß sie heute tausendmal entwickelter und kompakter ist als damals, doch in diesem Augenblicke gerade so zu Boden geschmettert ist, wie einst zu den Zeiten Pitt's. Unstät wie damals ein Major Cartwright von Ort zu Ort irrte und ein Reformer nach dem andern das Land seiner Heimath für immer zu verlassen gezwungen war, so füllen auch jetzt die verurtheilten Chartisten die Kerker Londons oder schwanken zu Schiffe dem fernen Australien zu. Doch was liegt ihnen an den stylistischen Uebungen eines Lord Brougham? Sie wissen trotz ihrer momentanen Niederlage, daß ein Brougham einem Burke folgen konnte, daß aber mit einem Lord Henry auch jene Race ausstirbt, die sich vergebens gegen jene Umwälzungen sträubt, die so sicher über England hereinbrechen werden, wie sie eben erst den Kontinent von Grund aus emporwühlten. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Anzeigen. Schifffahrts-Anzeige. Köln, 11. Oktober 1848. Angekommen: Kapt. Berns von Amsterdam mit 4140 Ctr. Kapt. Schneider von Rotterdam mit 4262 Ctr. Kapt. Kamps von Rotterdam mit 4630 Ctr. In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich W. Pesch. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr C. Königsfeld. Nach Andernach und Neuwied A. Boecking und M. Pera. Nach Koblenz, der Mosel und Saar. L. Tillmann. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar A. Castor. Nach Mainz A. Dorweiler. Nach dem Niedermain Fr. Gerling. Nach dem Mittel- und Obermain Seb. Seelig. Nach Worms und Mannheim Wwe. C. Müller. Nach Heilbronn G. A. Klee. Nach Kannstadt und Stuttgart L. Hermann. Ferner nach Rotterdam Kapt. Coesen Köln Nr. 15. Rheinhöhe am 11. Okt. 4' 9". Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffers Brögmann Gebrauchte Dachziegeln und Laien werden zu kaufen gesucht, die Expedition sagt wo. Mit dem ersten Oktober begann das neue Quartal von der Porta-Westphalica. Ein Blatt für Wahrheit, Recht und Gemeinwohl. Nebst einer Zugabe "Volks-Zeitung." Was die Zeitungen auf der breitesten Grundlage besprechen, wird in unserer "Volks-Zeitung" nach Art der bekannten Hildburghauser Dorfzeitung "kurz und bündig", mitgetheilt. Bestellungen werden von den Postämtern angenommen. Der Preis ist pro Quartal nur 15 Sgr. Minden im September 1848. Der Verleger F. Eßmann. Der Gerant: Korff. Zwei Tage nachher war die Juni-Insurrektion ausgebrochen: der General Cavaignac war im Besitz der Diktatur und der Redakteur en chef der Presse büßte im Abgrund eines Gefängnisses der Conciergerie das unverzeihliche Unrecht das, was kam, vorhergesehen zu haben, zu einer Zeit, wo es noch möglich war, einem solchen Kampf zuvorzukommen. Wer war Kriegsminister den 22. Juni? Der General Cavaignac. Also eins von beiden. Am 22. Juni bestand die Pariser Garison aus 25,392 Mann, entsprechend den offiziellen Ausweisungen, die der Untersuchungskommission übergeben wurden, oder diese offiziellen Ausweisungen waren Lügen. Mit 25,000 Mann Linientruppen nebst der Mobilgarde, nebst der Nationalgarde, ‒ wie konnte General Cavaignac ohne Widerstand die Barrikaden am 23. Juni aufwerfen lassen? Die Wahrheit muß endlich ans Tageslicht. Die Zeit ist gekommen. Von Seiten des Generals Cavaignac fand entweder schuldvolle Nachlässigkeit Statt oder aber noch schuldvollere Berechnung. Es ist gewiß, daß man am 23. Juni die Insurrektion verhindern konnte durch Entfaltung einer imposanten Militärmacht am 21. oder 22. Juni. Es ist gewiß, daß man ruhig der Organisation und Ausbreitung der Insurrektion zuschaute. Es ist gewiß, daß wenn man die Insurrektion begünstigen wollte, um so die Diktatur nöthig zu machen, man nicht anders noch besser verfahren konnte. Es ist gewiß, daß der Vorschlag, Paris in Belagerungszustand zu erklären und die Diktatur dem General Cavaignac anzuvertrauen, von Pascal Duprat ausging, der der Bediente Cavaignac's war und zum Lohn eine diplomatische Mission nach Oestreich erhielt. Es ist gewiß, daß das Votum der Nationalversammlung von Bastide erschlichen wurde, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der sich also ausdrückte: „Bürger, im Namen des Vaterlandes, ich flehe euch an, eure Berathungen zu beendigen und sobald als möglich zu stimmen; in einer Stunde vielleicht wird das Hotel de Ville genommen sein. Man zeigt es mir in diesem Augenblicke an.“ Es ist gewiß, daß der erste Angriff auf die Insurgenten nicht von den unter das Kommando des General Cavaignac gestellten Truppen ausging, sondern von der Nationalgarde. Es ist gewiß, daß in diesen blutigen Tagen General Cavaignac nicht der war, der am meisten mit seiner Person zahlte. Es ist gewiß, daß der erste Akt des General Cavaignac, nachdem man ihn mit der Diktatur bekleidet, darin bestand, die individuelle Freiheit und die Preßfreiheit tödtlich zu schlagen. Es ist gewiß, daß nach Vorlage zweier Dekrete, das eine über die Kaution der Journale, das andere über die Preßvergehen, ‒ Dekrete, die am 21. August votirt wurden ‒ man gar keine Rücksicht auf diese Dekrete nahm. Journale wurden ungesetzlich, willkürlich unterdrückt, ohne Rücksicht auf die Würde der Nationalversammlung, auf die Freiheit der Presse, auf die legitimsten Eigenthumsrechte. Endlich kann nicht bestritten werden, daß der General Cavaignac am 2. September sich folgendermaßen ausdrückte vor der Nationalversammlung: „Ich rufe der Versammlung ins Gedächtniß, daß mein Vater im Convent saß und daß ich glücklich und stolz bin, der Sohn eines solchen Mannes zu sein.“ Was nicht geläugnet worden ist, was nicht geläugnet werden kann, ist, daß der Mann des Convents, dessen Sohn zu sein Cavaignac sich rühmt, folgende Briefe geschrieben hat: Montadour, 14. April 1794. Wir haben ungefähr 80 ehemalige Adlige oder Seigneurs verhaften lassen: wir werden die Verhaftungen fortsetzen bis der letzte dieser unversöhnlichen Feinde der Freiheit in Ketten liegt. Die außerordentliche Kommission, die wir zu Bayonne geschaffen haben, ist uns Schritt für Schritt gefolgt; eine Guillotine wurde mitgeführt und sofort aufgestellt; schon haben 6 Anführer mit ihren Köpfen bezahlt. Die bekannten Aristokraten sind verfolgt, verhaftet und ihre Güter confiscirt. Jeder Tag sieht einige ihrer Köpfe vom Schaffot niederrollen. Wir wiederholen es, es ist Zeit die Verhaftung aller Exadeligen, aller Exseigneurs, aller fanatischen Priester zu verordnen. So lange noch Einer von ihnen auf dem Lande der Freiheit bleiben wird, wird er gegen es conspiriren.“ Bagul, 29. April 1794. „DieUngeheuer! Sie alle werden untergehen, und bald wird das Land der Freiheit von den Sklaven gereinigt sein, die Könige verlangen.“ Nun wohl! Wir fragen ganz Frankreich, welche Garantieen bietet General Cavaignac, sobald er zum Präsidenten der Republik erwählt ist, daß er nicht in dieselbe Excesse fallen wird, die es unklug wäre, nicht vorher zu sehen! Welche Garantien hat er der Ordnung geboten? Kriegsminister hat er den Junisturm unter seinen Augen sich bilden lassen, bis ein Meer von Blut ihm die Diktatur entgegen trug. Welche Garantien hat er der Freiheit geboten? Diktator behandelte er sie als rebellische Sklavin. Welche Garantien hat er dem Eigenthum geboten? Ueber alle Gesetze sich erhebend, hat er es mit Füßen getreten. Welche Garantien hat er Frankreich gegeben? Durch die Wahl seiner traurigen Minister hat er gezeigt, was von seinem Takt und seinem politischen Urtheil zu erwarten ist. Welche Garantien hat er der Arbeit gegeben? Durch die Verlängerung des Belagerungszustandes, dieses doppelten Geständnisses der Schwäche der Regierung und der unterirdischen Gefahren der Gesellschaft, unterhält er die öffentliche Wirrniß, verhindert er den Kredit wiederzuerstehn und folglich die Arbeit sich wieder zu beleben. Die Verlängerung des Belagerungszustandes über den Kriegszustand hinaus, die Aufrechterhaltung dieses außerordentlichen Regimes während der Diskussion und des Votums der Konstitution, sind Thatsachen, welche einen genauen Maßstab für die Wurfweite des Geistes des Generals Cavaignac geben. Wen will der in den Herren Marrast und Bastide inkorporirte „National“ durchaus zum Präsidenten der Republik für 4 Jahre machen? Wen? Einen General, der für die Ordnung und Sicherheit in Paris nur unter folgenden Bedingungen haften will: Belagerungszustand für ewige Zeiten; 80,000 Mann Truppen, bivouakirend wie in Algier; Batterien, die bereit sind, überall loszufeuern; permanente Kriegsgerichte; Transportation vertheidigungsloser Bürger, die jeder richterlichen Garantie entbehren; Unterdrückung der Preßfreiheit; Verachtung der individuellen Freiheit; Vertagung aller Lebensfragen und Verletzung aller Prinzipien. Wenn Cavaignac sich so aufgeführt hat, ehe er zum Präsidenten der Republik ernannt war, was hätte er nicht gethan, wäre er zum Präsidenten ernannt gewesen? Welchen Exzeß hätte man nicht zu befürchten gehabt? Wo ist der Akt der Willkühr, wovor er sich gescheut hätte?“ Vergleicht man mit diesem Artikel der „Presse“ das Votum der Nationalversammlung, die wider Cavaignac's Willen die Ernennung des Präsidenten der Republik durch die Nation, statt durch sich selbst beschlossen hat, so begreift man, daß Cavaignac den Anhängern der rothen Republik sich in die Arme werfen oder zum bewaffneten Lakaien von Thiers herabsinken muß. Aber auch der Sieg der rothen Republik wird seinen Sturz herbeiführen. Die ganze nüchterne Mittelmäßigkeit der Bourgoisie ist in ihrem Helden Cavaignac verkörpert, und mittelmäßig, wie seine Diktatur wird sein Untergang sein. Paris, 9. Oktbr. Der Abendmoniteur erklärt das von mehren Journalen verbreitete Gerücht für erlogen, daß die Regierung sechs in Folge der Frankfurter Ereignisse nach Straßburg geflüchtete Deutsche ihren respektiven Behörden ausgeliefert habe. Nationalversammlung. Sitzung vom 9. Oktober. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke recht zahlreich besetzt. Clement Thomas, vor der Tagesordnung, beklagt sich daß ihn Taschereau, Herausgeber der berüchtigten Revue Retrospektiv, am Sonnabend ungebührlich unterbrochen und unter Anderm gesagt habe: Antwortet doch nicht auf solche Ausfälle und Grobheiten! Tascherau verweist den ehemaligen Generalissimus der hiesigen Bürgerwehr auf den Moniteur und gesteht nur zu, gerufen zu haben: Antwortet doch nicht auf dergleichen Anschuldigungen. Das Protokoll wird angenommen und man schreitet zur Tagesordnung, Kapitel V der Verfassungsdebatte. Marrast Präsident: die Versammlung verwarf in ihrer letzten Sitzung den Grundsatz der Anträge, den Präsidenten der Republik durch die Nationalversammlung wählen zu lassen. Wir können also zu einer andern Reihe von Anträgen übergehen, welche verlangen, daß der Präsident zwar durch's Volk, aber im zweiten Grade gewählt werde. Mastimer-Ternaux und Lacrosse wünschen zu diesem Zweck den Artikel 43 der Verfassung dahin geändert: „Der Präsident der Republik wird durch geheime Abstimmung von Wahlversammlungen in den Departementshauptstädten gewählt, welche aus Abgeordneten der Urwahlzirkel (auf 2000 Einwohner ein Abgeordneter) zu bilden sind. Die Abgeordneten sind nach Artikel 30 der gegenwärtigen Verfassung zu bestimmen. Sie können kein Imperativmandat erhalten und empfangen dieselben Taggelder wie die Jury. Der Antrag wird verworfen. Paul Sevaistre schlagt vor, der Präsident der Republik solle aus einer Liste von 10 Kandidaten, welche die meisten Stimmen vom Volk erhalten, dann von der Nationalversammlung mit absolutem Mehr gewählt werden. Verworfen. Larabit verlangt, daß der Präsident der Republik vom Volk mit 2/3 statt aus absolutem Stimmenmehr gewählt werde. Verworfen. Marrast: Somit bringe ich den Artikel 43 zur Abstimmung, wie ihn der Verfassungsausschuß entworfen. Hiernach lautet er: „Der Präsident der Republik ist durch geheime Abstimmung und mit absolutem Mehr aller Wähler der französischen Departements und Algeriens zu wählen.“ Die Linke schreit mit Macht: Zettelabstimmung! Dies geschieht. Es stimmen 757 Glieder. Dafür, 627 dagegen 130. (Sensation.) Artikel 44 § 1 von Spedition der Wahlprotokolle handelnd und von keinem Nebenantrage beschwert, wird ohne weiteres angenommen. Der zweite Absatz (§ 2) der also lautet: „Vereinigt kein Kandidat mehr als die Hälfte oder sind die im Artikel 42 festgestellten Bedingungen nicht erfüllt, so wählt dier Nationalversammlung den Präsident unter denjenigen 5 Kandidaten, die die meisten Stimmen zählen.“ Mehrere Glieder schlagen den Zusatz vor „und wenigstens 3 (andere 2) Millionen Stimmen zählen.“ Wird verworfen und die Ausschußfassung angenommen. Artikel 42 (welcher reservirt worden war) kam nun zur Berathung. Er lautet: „Der Präsident muß Franzose, 30 Jahre alt sein und darf nie die Eigenschaft eines Franzosen verloren haben.“ Hierüber entspinnt sich eine sehr stürmische Debatte. Deville trägt auf Ausschluß aller Sprösslinge früherer französischer Herrscher an. (4 Uhr.) Nationalversammlung, Sitzung vom 9. Oktober (Schluß). Sein (Deville's) Antrag lautet: „Die Präsidentschaft darf keinem Oberoffizier, noch einnm direkten oder kollateralen Gliede der Familien verliehen werden, die über Frankreich regierten.“ Deville ist ein alter Haudegen und erheiterte die Versammlung schon häufig durch seine brüske und freie Rede. Ein gebildetes Volk, sagt er, darf sich von keinem Soldaten beherrschen lassen. Die Geschichte unterstütze seinen Antrag auf jeder Seite. Ehrgeiz, Zuchtliebe und hierarchischer Geschmack (Tumult) seien Eigenschaften, die sich mit einem weisen Staatsoberhaupt schlecht vertrugen. Frankreich hätte schon einmal eine rothe Republik gehabt, seit 35 Jahren besitze es aber eine weiße, die in den letzten Zugen liege, und die der rothen Republik, welche aus 35 Millionen Franzosen bestehe, den Todeskampf liefern wolle. (G.lächter) Keine Säbelherrschaft, kein ewiges Belagerungsgesetz, keine ewigen Preßfesseln (Unterbrechungen). Ich weiß wohl, daß wir keine 26-jährigen Journale an der Spitze haben, aber es wäre unvorsichtig, einen andern jungen Mann zum Präsidenten zu wählen. (Stimme: Man wird Sie an die Spitze des Staats stellen!) Dieser Hieb traf mich nicht! (Gelächter). Der Redner warnt vor der rothen Republik; die nicht so krank sei als man glaube und sieht große Katastrophen in nächster Zukunft (Lärm). Degoussée protestirt in einigen Worten gegen die barocken Vergleiche zwischen rother und weißer Republik. Antony Thowat trägt an „kein Glied irgend einer Familie, die über Frankreich herrschte, kann zum Präsidenten der Republik erwählt werden.“ Napoleon Bonaparte (Jerome's Sohn) sagt: Ich hatte die Absicht, einige Worte gegen das Amendement zu sprechen. Da ich jedoch erfuhr, daß die Kommission oder der Verfassungsausschuß schon den Antrag verworfen, so überlasse ich es ihren Gliedern, unsere Vertheidigung zu übernehmen. Woirhaye, Glied des Verfassungsausschusses, erhebt sich in der That und spricht zu Gunsten der Napoleoniden. Eine königliche Geburt sei in der That eine schlechte republikanische Erziehung. Doch mit dem Namen Napoleon sei dieß eine andere Sache. Napoleon sei ein Volksmann, er gelte beim Volk als Vertreter seiner Interessen und es sei unvorsichtig, einen Bannfluch gegen dessen Sprößling rücksichtlich der Präsidentenwahl auszusprechen etc. Lacaze,Legitimist, hält eine lange Leichenrede gegen das Amendement Ein Ausschluß der Bonapartisten wurde ihm nur zum Fußschemel (Piedestal) neuer Herrschergerüste dienen. Man müsse sich auf den gesunden Sinn des Volkes verlassen. Cocquerel, (Pfarrer), spricht in demselben Sinne. (Man ruft von allen Seiten: Zum Schluß!) Louis Napoleon Bonaparte steigt von seinem Platze, dem Berge links, und begibt sich auf die Bühne. Bürger! beginnt er unter allgemeinem Stillschweigen, Ich trete nicht auf, um das Amendement zu bekämpfen. Ich fühle mich schon glücklich genug, in der Mitte meiner Mitbürger zu sein, um einen anderen Ehrgeiz zu besitzen. In meinem Namen will ich daher nicht gegen die Verleumdungen reklamiren, sowie gegen den Titel eines Pratendenten, den man mir fortwährend vorwirft (contre toutes la calomnies et les titres de prétendant qui ma sont sans cesse opposée) Aber ich nehme im Namen von 400,000 Wahlbürgern das Wort, die mir die Ehre erwiesen, mich zu erwählen, um die Benennung eines Prätendenten hiermit zu verleugnen (desavouer). (Stimmen: Sehr gut. Sehr gut. Große Aufregung im ganzen Saale. Antony Thouret will seinen Antrag retten. Wird aber kaum gehört. Der Antrag wird verworfen. Ebenso alle übrigen Anträge derselben Gattung. Art. 42 ist somit endlich angenommen. Art. 45 (Art. 44 ist bereits erledigt) handelt von der Dauer des Amts des Präsidenten und stellt dieselbe auf 4 Jahre fest. Kerdrel trägt darauf an, daß man ihn zwei Mal hintereinander wählen könne. Er wird aber nicht gehört und endlich von der Bühne getrommelt. Er ist sehr ärgerlich und protestirt durch den Tumult. Art. 45 wird angenommen und die Sitzung um 6 Uhr geschlossen. Großbritannien. * London, 9. Oktober. Wir erhalten aus sehr guter Quelle die Nachricht, daß die Feindseligkeiten in Nord-Italien wieder beginnen werden. Wir hören, daß ein Agent des Königs von Sardinien von einigen Tagen hier anlangte, um 100,000 Gewehre zu kaufen, und zwar Perkussions-Gewehre, wenn das Quantum gleich geliefert werden kann. Wenn die gewünschte Anzahl nicht in Birmingham vorräthig ist, so nimmt man an, daß Lord Palmerston das Fehlende aus den Vorräthen des Tower ersetzen wird. (The Standard.) * Clonmel. Irland 7. Oktober. Smith O'Brien, das Haupt der letzten irischen Insurrektion, ist von der Jury für schuldig erkannt worden und zwar in fünf Punkten der Anklage. Von dem sechsten sprach man ihn frei. Die Jury gab dieses Verdikt mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß man das Leben des Gefangenen schonen möge. * London, 9. October. Lord Brougham scheint der Meinung zu sein, daß die jetzige Stimmung in England einige Aehnlichkeit mit der von 1789 und 1793 hat. Der edle Lord fand diese Aehnlichkeit in manchen Punkten, aber er fand, daß die jetzige Zeit noch keinen Burke besitzt und da entschloß sich Lord Brougham der Burke des neunzehnten Jahrhunderts zu werden und Lord Henry schrieb einen Brief über die französische Revolution. ‒ ‒ Der Standard, der spezielle Freund Sr. Lordschaft, begrüßt diesen Brief natürlich mit wahrem Frohlocken und behauptet, daß der Burke'sche Brief höchstens den Vorzug der Originalität vor dem Briefe Lord Henry's habe. Wir müssen gestehen, wir dachten, der alte Standard würde vorsichtiger mit seinen Schmeicheleien sein. Jeder weiß zwar, daß der edle Lord beim Schreiben seiner Epistel im Stillen an seinen berühmten Vorgänger dachte, ‒ aber dies mit aller Naivetät öffentlich auszuplündern: nein, das ist beleidigend, das ist verletzend. Lord Brougham machte es sich von jeher zur Pflicht, originell zu sein. Ging er nicht zuerst mit einer graumelirten Hose in's Parlament? Hat er nicht die schönste Nase in ganz England? Hielt er nicht eine siebenstündige Rede? Wollte er nicht neulich noch französischer Citoyen werden? Wenn Lord Brougham kein Original ist, so ist es Niemand. Mit dem Briefe über die Revolution hat Se. Lordschaft aber, wie gesagt, dies Mal fehl geschossen. Der Zufall hat es gewollt, daß sogar die besten Freunde schon auf den ersten Blick die Copie herausfanden; der Brougham'sche Brief ist kein Burke'scher. Der edle Lord wird sagen, daß er eine verkannte schöne Seele ist; vor allen Dingen wird er sich aber jetzt einzureden suchen, daß die heutigen Zustände Englands doch in etwa von denen von 1790 verschieden sind ‒ und in dem letztern Punkte könnte Lord Henry Recht haben. Damals ein William Pitt, heute ein Lord John Russell! William Pitt, der Sohn des Earl von Chatham, im zwei und zwanzigsten Jahre Premier von England, bewundert von aller Welt, rasch, energisch, thatenlustig, kühn und vor allen Dingen verschwenderisch ‒ und Lord John Russell dagegen: ein kleiner verschlissener Mann; Premier, weil es die Laune der Partei so will; mehr verachtet als gefürchtet, langsam, vorsichtig und vor allen Dingen im höchsten Grade genirt in allen seinen Depensen. Damals, im Parlament zwei streng geschiedene Parteien; stark die eine durch ihre Zahl; größer vielleicht die andere durch ihre Talente. Auf der einen Seite Pitt mit dem Troß seiner Anhänger, die ihm auf Kommando gehorchten und auf der andern For, Sheridan und eben Burke bis zu dem Augenblick, wo er sich unter Thränen von seiner Partei trennte. ‒ Heute dagegen ein Oberhaus, welches kaum mehr der Rede werth ist und ein Unterhaus, in dem die Parteien so sehr zersplittert sind, daß wir Whigs mit Tory's und Tory's mit Whigs stimmen sehen, wie es gerade die Umstände des Augenblicks mit sich bringen. Damals eine Aristokratie, die in der fernern Entwicklung der französischen Revolution ihren eigenen Sturz sah und heute ein Adel, der sich längst dabei beruhigt hat, daß er gestürzt ist und dem es gar nicht mehr auffällt, wenn man den Sohn eines Baumwollspinners von Rom herüberholt, damit er dem Vaterlande ein Ministerium gebe. Damals endlich eine Mittelklasse, die im Besitz jener großen Erfindungen eines Natt, eines Arkwright, eines Cartwright, zuerst mit tausend Verhältnissen der letzten Vergangenheit bricht, um unter dem Schutz der Kanonen der englischen Marine, die Märkte der halben Welt zu einem Tummelplatz ihrer industriellen Bestrebungen zu erobern und heute eine Bourgeoisie, die Alles erreicht hat, was sie erreichen wollte und die nur darüber aus ist, das zu conserviren, das zusammen zu halten, was ihr bei dem geringsten Tumult in den nächsten Ländern Europas oder in den fernsten Strecken asiatischer Besitzungen gefährdet und verloren scheinen muß. Wahrlich, ein Burke traf ein interessanteres Publikum, er traf erregbare Gemüther, als er mit seinen Briefen und Reden, das Land zu einem Kriege mit der jungen französischen Republik zu entflammen suchte; er traf eine glücklichere Zeit als der originelle Brougham, der eine heruntergekommene Aristokratie und eine satte furchtsame Mittelklasse findet, die sich wenig um die schönen Worte eines edlen Lords kümmert, wenn sie nicht von dem allernächsten, praktischen Nutzen sind. Die einzige Klasse, die Lord Henry so ziemlich in derselben Lage findet wie einst Burke, es ist die Klasse der Arbeiter, die, trotzdem daß sie heute tausendmal entwickelter und kompakter ist als damals, doch in diesem Augenblicke gerade so zu Boden geschmettert ist, wie einst zu den Zeiten Pitt's. Unstät wie damals ein Major Cartwright von Ort zu Ort irrte und ein Reformer nach dem andern das Land seiner Heimath für immer zu verlassen gezwungen war, so füllen auch jetzt die verurtheilten Chartisten die Kerker Londons oder schwanken zu Schiffe dem fernen Australien zu. Doch was liegt ihnen an den stylistischen Uebungen eines Lord Brougham? Sie wissen trotz ihrer momentanen Niederlage, daß ein Brougham einem Burke folgen konnte, daß aber mit einem Lord Henry auch jene Race ausstirbt, die sich vergebens gegen jene Umwälzungen sträubt, die so sicher über England hereinbrechen werden, wie sie eben erst den Kontinent von Grund aus emporwühlten. Handels-Nachrichten. [irrelevantes Material] Anzeigen. Schifffahrts-Anzeige. Köln, 11. Oktober 1848. Angekommen: Kapt. Berns von Amsterdam mit 4140 Ctr. Kapt. Schneider von Rotterdam mit 4262 Ctr. Kapt. Kamps von Rotterdam mit 4630 Ctr. In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich W. Pesch. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr C. Königsfeld. Nach Andernach und Neuwied A. Boecking und M. Pera. Nach Koblenz, der Mosel und Saar. L. Tillmann. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar A. Castor. Nach Mainz A. Dorweiler. Nach dem Niedermain Fr. Gerling. Nach dem Mittel- und Obermain Seb. Seelig. Nach Worms und Mannheim Wwe. C. Müller. Nach Heilbronn G. A. Klee. Nach Kannstadt und Stuttgart L. Hermann. Ferner nach Rotterdam Kapt. Coesen Köln Nr. 15. Rheinhöhe am 11. Okt. 4′ 9″. Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffers Brögmann Gebrauchte Dachziegeln und Laien werden zu kaufen gesucht, die Expedition sagt wo. Mit dem ersten Oktober begann das neue Quartal von der Porta-Westphalica. Ein Blatt für Wahrheit, Recht und Gemeinwohl. Nebst einer Zugabe „Volks-Zeitung.“ Was die Zeitungen auf der breitesten Grundlage besprechen, wird in unserer „Volks-Zeitung“ nach Art der bekannten Hildburghauser Dorfzeitung „kurz und bündig“, mitgetheilt. Bestellungen werden von den Postämtern angenommen. Der Preis ist pro Quartal nur 15 Sgr. Minden im September 1848. Der Verleger F. Eßmann. Der Gerant: Korff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar114b_009" type="jArticle"> <pb facs="#f0002" n="0572"/> <p>Zwei Tage nachher war die Juni-Insurrektion ausgebrochen: der General Cavaignac war im Besitz der Diktatur und der Redakteur en chef der Presse büßte im Abgrund eines Gefängnisses der Conciergerie das unverzeihliche Unrecht das, was kam, vorhergesehen zu haben, zu einer Zeit, wo es noch möglich war, einem solchen Kampf zuvorzukommen.</p> <p>Wer war Kriegsminister den 22. Juni? Der General Cavaignac. Also eins von beiden. Am 22. Juni bestand die Pariser Garison aus 25,392 Mann, entsprechend den offiziellen Ausweisungen, die der Untersuchungskommission übergeben wurden, oder diese offiziellen Ausweisungen waren Lügen. Mit 25,000 Mann Linientruppen nebst der Mobilgarde, nebst der Nationalgarde, ‒ wie konnte General Cavaignac ohne Widerstand die Barrikaden am 23. Juni aufwerfen lassen?</p> <p>Die Wahrheit muß endlich ans Tageslicht. Die Zeit ist gekommen. Von Seiten des Generals Cavaignac fand entweder schuldvolle Nachlässigkeit Statt oder aber noch schuldvollere Berechnung. Es ist gewiß, daß man am 23. Juni die Insurrektion verhindern konnte durch Entfaltung einer imposanten Militärmacht am 21. oder 22. Juni. Es ist gewiß, daß man ruhig der Organisation und Ausbreitung der Insurrektion zuschaute. Es ist gewiß, daß wenn man die Insurrektion begünstigen wollte, um so die Diktatur nöthig zu machen, man nicht anders noch besser verfahren konnte. Es ist gewiß, daß der Vorschlag, Paris in Belagerungszustand zu erklären und die Diktatur dem General Cavaignac anzuvertrauen, von Pascal Duprat ausging, der der Bediente Cavaignac's war und zum Lohn eine diplomatische Mission nach Oestreich erhielt. Es ist gewiß, daß das Votum der Nationalversammlung von Bastide erschlichen wurde, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der sich also ausdrückte: „Bürger, im Namen des Vaterlandes, ich flehe euch an, eure Berathungen zu beendigen und sobald als möglich zu stimmen; in einer Stunde vielleicht wird das Hotel de Ville genommen sein. Man zeigt es mir in diesem Augenblicke an.“</p> <p>Es ist gewiß, daß der erste Angriff auf die Insurgenten nicht von den unter das Kommando des General Cavaignac gestellten Truppen ausging, sondern von der Nationalgarde. Es ist gewiß, daß in diesen blutigen Tagen General Cavaignac nicht der war, der am meisten mit seiner Person zahlte. Es ist gewiß, daß der erste Akt des General Cavaignac, nachdem man ihn mit der Diktatur bekleidet, darin bestand, die individuelle Freiheit und die Preßfreiheit tödtlich zu schlagen. Es ist gewiß, daß nach Vorlage zweier Dekrete, das eine über die Kaution der Journale, das andere über die Preßvergehen, ‒ Dekrete, die am 21. August votirt wurden ‒ man gar keine Rücksicht auf diese Dekrete nahm. Journale wurden ungesetzlich, willkürlich unterdrückt, ohne Rücksicht auf die Würde der Nationalversammlung, auf die Freiheit der Presse, auf die legitimsten Eigenthumsrechte.</p> <p>Endlich kann nicht bestritten werden, daß der General Cavaignac am 2. September sich folgendermaßen ausdrückte vor der Nationalversammlung: „Ich rufe der Versammlung ins Gedächtniß, daß mein Vater im Convent saß und daß ich <hi rendition="#g">glücklich</hi> und stolz bin, der Sohn eines solchen Mannes zu sein.“ Was nicht geläugnet worden ist, was nicht geläugnet werden kann, ist, daß der Mann des Convents, dessen Sohn zu sein Cavaignac sich rühmt, folgende Briefe geschrieben hat:</p> <p><hi rendition="#g">Montadour,</hi> 14. April 1794. Wir haben ungefähr 80 ehemalige Adlige oder Seigneurs verhaften lassen: wir werden die Verhaftungen fortsetzen bis der letzte dieser unversöhnlichen Feinde der Freiheit in Ketten liegt. Die außerordentliche Kommission, die wir zu Bayonne geschaffen haben, ist uns Schritt für Schritt gefolgt; eine Guillotine wurde mitgeführt und sofort aufgestellt; schon haben 6 Anführer mit ihren Köpfen bezahlt. Die bekannten Aristokraten sind verfolgt, verhaftet und ihre Güter confiscirt. Jeder Tag sieht einige ihrer Köpfe vom Schaffot niederrollen. Wir wiederholen es, es ist Zeit die Verhaftung aller Exadeligen, aller Exseigneurs, aller fanatischen Priester zu verordnen. So lange noch Einer von ihnen auf dem Lande der Freiheit bleiben wird, wird er gegen es conspiriren.“</p> <p><hi rendition="#g">Bagul,</hi> 29. April 1794. „DieUngeheuer! Sie alle werden untergehen, und bald wird das Land der Freiheit von den Sklaven gereinigt sein, die Könige verlangen.“</p> <p>Nun wohl! Wir fragen ganz Frankreich, welche Garantieen bietet General Cavaignac, sobald er zum Präsidenten der Republik erwählt ist, daß er nicht in dieselbe Excesse fallen wird, die es unklug wäre, nicht vorher zu sehen!</p> <p>Welche Garantien hat er der Ordnung geboten? Kriegsminister hat er den Junisturm unter seinen Augen sich bilden lassen, bis ein Meer von Blut ihm die Diktatur entgegen trug. Welche Garantien hat er der Freiheit geboten? Diktator behandelte er sie als rebellische Sklavin. Welche Garantien hat er dem Eigenthum geboten? Ueber alle Gesetze sich erhebend, hat er es mit Füßen getreten. Welche Garantien hat er Frankreich gegeben? Durch die Wahl seiner traurigen Minister hat er gezeigt, was von seinem Takt und seinem politischen Urtheil zu erwarten ist. Welche Garantien hat er der Arbeit gegeben? Durch die Verlängerung des Belagerungszustandes, dieses doppelten Geständnisses der Schwäche der Regierung und der unterirdischen Gefahren der Gesellschaft, unterhält er die öffentliche Wirrniß, verhindert er den Kredit wiederzuerstehn und folglich die Arbeit sich wieder zu beleben. Die Verlängerung des Belagerungszustandes über den Kriegszustand hinaus, die Aufrechterhaltung dieses außerordentlichen Regimes während der Diskussion und des Votums der Konstitution, sind Thatsachen, welche einen genauen Maßstab für die Wurfweite des Geistes des Generals Cavaignac geben.</p> <p>Wen will der in den Herren Marrast und Bastide inkorporirte „National“ durchaus zum Präsidenten der Republik für 4 Jahre machen? Wen? Einen General, der für die Ordnung und Sicherheit in Paris nur unter folgenden Bedingungen haften will: Belagerungszustand für ewige Zeiten; 80,000 Mann Truppen, bivouakirend wie in Algier; Batterien, die bereit sind, überall loszufeuern; permanente Kriegsgerichte; Transportation vertheidigungsloser Bürger, die jeder richterlichen Garantie entbehren; Unterdrückung der Preßfreiheit; Verachtung der individuellen Freiheit; Vertagung aller Lebensfragen und Verletzung aller Prinzipien.</p> <p>Wenn Cavaignac sich so aufgeführt hat, ehe er zum Präsidenten der Republik ernannt war, was hätte er nicht gethan, wäre er zum Präsidenten ernannt gewesen? Welchen Exzeß hätte man nicht zu befürchten gehabt? Wo ist der Akt der Willkühr, wovor er sich gescheut hätte?“</p> <p>Vergleicht man mit diesem Artikel der „Presse“ das Votum der Nationalversammlung, die wider Cavaignac's Willen die Ernennung des Präsidenten der Republik durch die Nation, statt durch sich selbst beschlossen hat, so begreift man, daß Cavaignac den Anhängern der rothen Republik sich in die Arme werfen oder zum bewaffneten Lakaien von Thiers herabsinken muß. Aber auch der Sieg der rothen Republik wird seinen Sturz herbeiführen. Die ganze nüchterne Mittelmäßigkeit der Bourgoisie ist in ihrem Helden Cavaignac verkörpert, und mittelmäßig, wie seine Diktatur wird sein Untergang sein.</p> </div> <div xml:id="ar114b_011" type="jArticle"> <head>Paris, 9. Oktbr.</head> <p>Der Abendmoniteur erklärt das von mehren Journalen verbreitete Gerücht für erlogen, daß die Regierung sechs in Folge der Frankfurter Ereignisse nach Straßburg geflüchtete Deutsche ihren respektiven Behörden ausgeliefert habe.</p> <p>Nationalversammlung. Sitzung vom 9. Oktober. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke recht zahlreich besetzt.</p> <p>Clement Thomas, vor der Tagesordnung, beklagt sich daß ihn Taschereau, Herausgeber der berüchtigten Revue Retrospektiv, am Sonnabend ungebührlich unterbrochen und unter Anderm gesagt habe: Antwortet doch nicht auf solche Ausfälle und Grobheiten!</p> <p>Tascherau verweist den ehemaligen Generalissimus der hiesigen Bürgerwehr auf den Moniteur und gesteht nur zu, gerufen zu haben: Antwortet doch nicht auf dergleichen Anschuldigungen.</p> <p>Das Protokoll wird angenommen und man schreitet zur Tagesordnung, Kapitel V der Verfassungsdebatte.</p> <p>Marrast Präsident: die Versammlung verwarf in ihrer letzten Sitzung den Grundsatz der Anträge, den Präsidenten der Republik durch die Nationalversammlung wählen zu lassen. Wir können also zu einer andern Reihe von Anträgen übergehen, welche verlangen, daß der Präsident zwar durch's Volk, aber im zweiten Grade gewählt werde.</p> <p>Mastimer-Ternaux und Lacrosse wünschen zu diesem Zweck den Artikel 43 der Verfassung dahin geändert:</p> <p>„Der Präsident der Republik wird durch geheime Abstimmung von Wahlversammlungen in den Departementshauptstädten gewählt, welche aus Abgeordneten der Urwahlzirkel (auf 2000 Einwohner ein Abgeordneter) zu bilden sind. Die Abgeordneten sind nach Artikel 30 der gegenwärtigen Verfassung zu bestimmen. Sie können kein Imperativmandat erhalten und empfangen dieselben Taggelder wie die Jury.</p> <p>Der Antrag wird verworfen.</p> <p>Paul Sevaistre schlagt vor, der Präsident der Republik solle aus einer Liste von 10 Kandidaten, welche die meisten Stimmen vom Volk erhalten, dann von der Nationalversammlung mit absolutem Mehr gewählt werden.</p> <p>Verworfen.</p> <p>Larabit verlangt, daß der Präsident der Republik vom Volk mit 2/3 statt aus absolutem Stimmenmehr gewählt werde. Verworfen.</p> <p>Marrast: Somit bringe ich den Artikel 43 zur Abstimmung, wie ihn der Verfassungsausschuß entworfen. Hiernach lautet er:</p> <p>„Der Präsident der Republik ist durch geheime Abstimmung und mit absolutem Mehr aller Wähler der französischen Departements und Algeriens zu wählen.“</p> <p>Die Linke schreit mit Macht: Zettelabstimmung! Dies geschieht. Es stimmen 757 Glieder. Dafür, 627 dagegen 130. (Sensation.)</p> <p>Artikel 44 § 1 von Spedition der Wahlprotokolle handelnd und von keinem Nebenantrage beschwert, wird ohne weiteres angenommen. Der zweite Absatz (§ 2) der also lautet: „Vereinigt kein Kandidat mehr als die Hälfte oder sind die im Artikel 42 festgestellten Bedingungen nicht erfüllt, so wählt dier Nationalversammlung den Präsident unter denjenigen 5 Kandidaten, die die meisten Stimmen zählen.“ Mehrere Glieder schlagen den Zusatz vor „und wenigstens 3 (andere 2) Millionen Stimmen zählen.“</p> <p>Wird verworfen und die Ausschußfassung angenommen.</p> <p>Artikel 42 (welcher reservirt worden war) kam nun zur Berathung. Er lautet: „Der Präsident muß Franzose, 30 Jahre alt sein und darf nie die Eigenschaft eines Franzosen verloren haben.“</p> <p>Hierüber entspinnt sich eine sehr stürmische Debatte. Deville trägt auf Ausschluß aller Sprösslinge früherer französischer Herrscher an. (4 Uhr.)</p> <p>Nationalversammlung, Sitzung vom 9. Oktober (Schluß).</p> <p>Sein (Deville's) Antrag lautet: „Die Präsidentschaft darf keinem Oberoffizier, noch einnm direkten oder kollateralen Gliede der Familien verliehen werden, die über Frankreich regierten.“ Deville ist ein alter Haudegen und erheiterte die Versammlung schon häufig durch seine brüske und freie Rede. Ein gebildetes Volk, sagt er, darf sich von keinem Soldaten beherrschen lassen. Die Geschichte unterstütze seinen Antrag auf jeder Seite. Ehrgeiz, Zuchtliebe und hierarchischer Geschmack (Tumult) seien Eigenschaften, die sich mit einem weisen Staatsoberhaupt schlecht vertrugen. Frankreich hätte schon einmal eine rothe Republik gehabt, seit 35 Jahren besitze es aber eine weiße, die in den letzten Zugen liege, und die der rothen Republik, welche aus 35 Millionen Franzosen bestehe, den Todeskampf liefern wolle. (G.lächter) Keine Säbelherrschaft, kein ewiges Belagerungsgesetz, keine ewigen Preßfesseln (Unterbrechungen). Ich weiß wohl, daß wir keine 26-jährigen Journale an der Spitze haben, aber es wäre unvorsichtig, einen andern jungen Mann zum Präsidenten zu wählen. (<hi rendition="#g">Stimme:</hi> Man wird Sie an die Spitze des Staats stellen!) Dieser Hieb traf mich nicht! (Gelächter). Der Redner warnt vor der rothen Republik; die nicht so krank sei als man glaube und sieht große Katastrophen in nächster Zukunft (Lärm).</p> <p><hi rendition="#g">Degoussée</hi> protestirt in einigen Worten gegen die barocken Vergleiche zwischen rother und weißer Republik.</p> <p><hi rendition="#g">Antony Thowat</hi> trägt an „kein Glied irgend einer Familie, die über Frankreich herrschte, kann zum Präsidenten der Republik erwählt werden.“</p> <p><hi rendition="#g">Napoleon Bonaparte</hi> (Jerome's Sohn) sagt: Ich hatte die Absicht, einige Worte gegen das Amendement zu sprechen. Da ich jedoch erfuhr, daß die Kommission oder der Verfassungsausschuß schon den Antrag verworfen, so überlasse ich es ihren Gliedern, unsere Vertheidigung zu übernehmen.</p> <p><hi rendition="#g">Woirhaye,</hi> Glied des Verfassungsausschusses, erhebt sich in der That und spricht zu Gunsten der Napoleoniden. Eine königliche Geburt sei in der That eine schlechte republikanische Erziehung. Doch mit dem Namen Napoleon sei dieß eine andere Sache. Napoleon sei ein Volksmann, er gelte beim Volk als Vertreter seiner Interessen und es sei unvorsichtig, einen Bannfluch gegen dessen Sprößling rücksichtlich der Präsidentenwahl auszusprechen etc.</p> <p><hi rendition="#g">Lacaze,</hi>Legitimist, hält eine lange Leichenrede gegen das Amendement Ein Ausschluß der Bonapartisten wurde ihm nur zum Fußschemel (Piedestal) neuer Herrschergerüste dienen. Man müsse sich auf den gesunden Sinn des Volkes verlassen.</p> <p><hi rendition="#g">Cocquerel,</hi> (Pfarrer), spricht in demselben Sinne. (Man ruft von allen Seiten: Zum Schluß!)</p> <p><hi rendition="#g">Louis Napoleon Bonaparte</hi> steigt von seinem Platze, dem Berge links, und begibt sich auf die Bühne.</p> <p>Bürger! beginnt er unter allgemeinem Stillschweigen, Ich trete nicht auf, um das Amendement zu bekämpfen. Ich fühle mich schon glücklich genug, in der Mitte meiner Mitbürger zu sein, um einen anderen Ehrgeiz zu besitzen. In meinem Namen will ich daher nicht gegen die Verleumdungen reklamiren, sowie gegen den Titel eines Pratendenten, den man mir fortwährend vorwirft (contre toutes la calomnies et les titres de prétendant qui ma sont sans cesse opposée) Aber ich nehme im Namen von 400,000 Wahlbürgern das Wort, die mir die Ehre erwiesen, mich zu erwählen, um die Benennung eines Prätendenten hiermit zu verleugnen (desavouer). (Stimmen: Sehr gut. Sehr gut. Große Aufregung im ganzen Saale.</p> <p><hi rendition="#g">Antony Thouret</hi> will seinen Antrag retten. Wird aber kaum gehört.</p> <p>Der Antrag wird verworfen. Ebenso alle übrigen Anträge derselben Gattung.</p> <p>Art. 42 ist somit endlich angenommen.</p> <p>Art. 45 (Art. 44 ist bereits erledigt) handelt von der Dauer des Amts des Präsidenten und stellt dieselbe auf 4 Jahre fest.</p> <p><hi rendition="#g">Kerdrel</hi> trägt darauf an, daß man ihn zwei Mal hintereinander wählen könne. Er wird aber nicht gehört und endlich von der Bühne getrommelt. Er ist sehr ärgerlich und protestirt durch den Tumult.</p> <p>Art. 45 wird angenommen und die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar114b_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 9. Oktober.</head> <p>Wir erhalten aus sehr guter Quelle die Nachricht, daß die Feindseligkeiten in Nord-Italien wieder beginnen werden. 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October.</head> <p>Lord Brougham scheint der Meinung zu sein, daß die jetzige Stimmung in England einige Aehnlichkeit mit der von 1789 und 1793 hat. Der edle Lord fand diese Aehnlichkeit in manchen Punkten, aber er fand, daß die jetzige Zeit noch keinen Burke besitzt und da entschloß sich Lord Brougham der Burke des neunzehnten Jahrhunderts zu werden und Lord Henry schrieb einen Brief über die französische Revolution. ‒ ‒</p> <p>Der Standard, der spezielle Freund Sr. Lordschaft, begrüßt diesen Brief natürlich mit wahrem Frohlocken und behauptet, daß der Burke'sche Brief höchstens den Vorzug der Originalität vor dem Briefe Lord Henry's habe.</p> <p>Wir müssen gestehen, wir dachten, der alte Standard würde vorsichtiger mit seinen Schmeicheleien sein. Jeder weiß zwar, daß der edle Lord beim Schreiben seiner Epistel im Stillen an seinen berühmten Vorgänger dachte, ‒ aber dies mit aller Naivetät öffentlich auszuplündern: nein, das ist beleidigend, das ist verletzend.</p> <p>Lord Brougham machte es sich von jeher zur Pflicht, originell zu sein. Ging er nicht zuerst mit einer graumelirten Hose in's Parlament? Hat er nicht die schönste Nase in ganz England? Hielt er nicht eine siebenstündige Rede? Wollte er nicht neulich noch französischer Citoyen werden?</p> <p>Wenn Lord Brougham kein Original ist, so ist es Niemand.</p> <p>Mit dem Briefe über die Revolution hat Se. Lordschaft aber, wie gesagt, dies Mal fehl geschossen. Der Zufall hat es gewollt, daß sogar die besten Freunde schon auf den ersten Blick die Copie herausfanden; der Brougham'sche Brief ist kein Burke'scher.</p> <p>Der edle Lord wird sagen, daß er eine verkannte schöne Seele ist; vor allen Dingen wird er sich aber jetzt einzureden suchen, daß die heutigen Zustände Englands doch in etwa von denen von 1790 verschieden sind ‒ und in dem letztern Punkte könnte Lord Henry Recht haben.</p> <p>Damals ein William Pitt, heute ein Lord John Russell! William Pitt, der Sohn des Earl von Chatham, im zwei und zwanzigsten Jahre Premier von England, bewundert von aller Welt, rasch, energisch, thatenlustig, kühn und vor allen Dingen verschwenderisch ‒ und Lord John Russell dagegen: ein kleiner verschlissener Mann; Premier, weil es die Laune der Partei so will; mehr verachtet als gefürchtet, langsam, vorsichtig und vor allen Dingen im höchsten Grade genirt in allen seinen Depensen.</p> <p>Damals, im Parlament zwei streng geschiedene Parteien; stark die eine durch ihre Zahl; größer vielleicht die andere durch ihre Talente. Auf der einen Seite Pitt mit dem Troß seiner Anhänger, die ihm auf Kommando gehorchten und auf der andern For, Sheridan und eben Burke bis zu dem Augenblick, wo er sich unter Thränen von seiner Partei trennte. ‒ Heute dagegen ein Oberhaus, welches kaum mehr der Rede werth ist und ein Unterhaus, in dem die Parteien so sehr zersplittert sind, daß wir Whigs mit Tory's und Tory's mit Whigs stimmen sehen, wie es gerade die Umstände des Augenblicks mit sich bringen.</p> <p>Damals eine Aristokratie, die in der fernern Entwicklung der französischen Revolution ihren eigenen Sturz sah und heute ein Adel, der sich längst dabei beruhigt hat, daß er gestürzt ist und dem es gar nicht mehr auffällt, wenn man den Sohn eines Baumwollspinners von Rom herüberholt, damit er dem Vaterlande ein Ministerium gebe.</p> <p>Damals endlich eine Mittelklasse, die im Besitz jener großen Erfindungen eines Natt, eines Arkwright, eines Cartwright, zuerst mit tausend Verhältnissen der letzten Vergangenheit bricht, um unter dem Schutz der Kanonen der englischen Marine, die Märkte der halben Welt zu einem Tummelplatz ihrer industriellen Bestrebungen zu erobern und heute eine Bourgeoisie, die Alles erreicht hat, was sie erreichen wollte und die nur darüber aus ist, das zu conserviren, das zusammen zu halten, was ihr bei dem geringsten Tumult in den nächsten Ländern Europas oder in den fernsten Strecken asiatischer Besitzungen gefährdet und verloren scheinen muß.</p> <p>Wahrlich, ein Burke traf ein interessanteres Publikum, er traf erregbare Gemüther, als er mit seinen Briefen und Reden, das Land zu einem Kriege mit der jungen französischen Republik zu entflammen suchte; er traf eine glücklichere Zeit als der originelle Brougham, der eine heruntergekommene Aristokratie und eine satte furchtsame Mittelklasse findet, die sich wenig um die schönen Worte eines edlen Lords kümmert, wenn sie nicht von dem allernächsten, praktischen Nutzen sind.</p> <p>Die einzige Klasse, die Lord Henry so ziemlich in derselben Lage findet wie einst Burke, es ist die Klasse der Arbeiter, die, trotzdem daß sie heute tausendmal entwickelter und kompakter ist als damals, doch in diesem Augenblicke gerade so zu Boden geschmettert ist, wie einst zu den Zeiten Pitt's.</p> <p>Unstät wie damals ein Major Cartwright von Ort zu Ort irrte und ein Reformer nach dem andern das Land seiner Heimath für immer zu verlassen gezwungen war, so füllen auch jetzt die verurtheilten Chartisten die Kerker Londons oder schwanken zu Schiffe dem fernen Australien zu. Doch was liegt ihnen an den stylistischen Uebungen eines Lord Brougham? Sie wissen trotz ihrer momentanen Niederlage, daß ein Brougham einem Burke folgen konnte, daß aber mit einem Lord Henry auch jene Race ausstirbt, die sich vergebens gegen jene Umwälzungen sträubt, die so sicher über England hereinbrechen werden, wie sie eben erst den Kontinent von Grund aus emporwühlten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handels-Nachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="jAnnouncements" n="1"> <div type="jAn"> <p> <hi rendition="#b">Anzeigen.</hi> </p> <p> <hi rendition="#b">Schifffahrts-Anzeige.</hi> </p> <p>Köln, 11. Oktober 1848.</p> <p><hi rendition="#g">Angekommen:</hi> Kapt. Berns von Amsterdam mit 4140 Ctr. Kapt. Schneider von Rotterdam mit 4262 Ctr. Kapt. Kamps von Rotterdam mit 4630 Ctr.</p> <p>In <hi rendition="#g">Ladung:</hi> Nach Ruhrort bis Emmerich W. Pesch. Nach Düsseldorf bis Mülheim an der Ruhr C. Königsfeld. Nach Andernach und Neuwied A. Boecking und M. Pera. Nach Koblenz, der Mosel und Saar. L. Tillmann. Nach der Mosel, nach Trier und der Saar A. Castor. Nach Mainz A. Dorweiler. Nach dem Niedermain Fr. Gerling. Nach dem Mittel- und Obermain Seb. Seelig. Nach Worms und Mannheim Wwe. C. Müller. Nach Heilbronn G. A. Klee. Nach Kannstadt und Stuttgart L. Hermann.</p> <p>Ferner nach Rotterdam Kapt. Coesen Köln Nr. 15.<lb/> nach Amsterdam Kapt. Kalfs Köln Nr. 2.</p> <p>Rheinhöhe am 11. Okt. 4′ 9″.</p> <p>Zur Anfertigung der Auszüge liegt offen die Deklaration des Schiffers Brögmann</p> </div> <div type="jAn"> <p><hi rendition="#b">Gebrauchte Dachziegeln und Laien</hi> werden zu kaufen gesucht, die Expedition sagt wo.</p> </div> <div type="jAn"> <p>Mit dem ersten Oktober begann das neue Quartal von der <hi rendition="#b">Porta-Westphalica.</hi> </p> <p>Ein Blatt für Wahrheit, Recht und Gemeinwohl. Nebst einer Zugabe „Volks-Zeitung.“</p> <p>Was die Zeitungen auf der breitesten Grundlage besprechen, wird in unserer „Volks-Zeitung“ nach Art der bekannten Hildburghauser Dorfzeitung „<hi rendition="#g">kurz</hi> und <hi rendition="#g">bündig</hi>“, mitgetheilt.</p> <p>Bestellungen werden von den Postämtern angenommen.</p> <p>Der Preis ist pro Quartal nur 15 Sgr.</p> <p><hi rendition="#g">Minden</hi> im September 1848.</p> <div type="imprint"> <p>Der Verleger <hi rendition="#b">F. Eßmann.</hi> </p> <p>Der Gerant: <hi rendition="#g">Korff.</hi><lb/> Druck von J. W. Dietz, unter Hutmacher 17.</p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0572/0002]
Zwei Tage nachher war die Juni-Insurrektion ausgebrochen: der General Cavaignac war im Besitz der Diktatur und der Redakteur en chef der Presse büßte im Abgrund eines Gefängnisses der Conciergerie das unverzeihliche Unrecht das, was kam, vorhergesehen zu haben, zu einer Zeit, wo es noch möglich war, einem solchen Kampf zuvorzukommen.
Wer war Kriegsminister den 22. Juni? Der General Cavaignac. Also eins von beiden. Am 22. Juni bestand die Pariser Garison aus 25,392 Mann, entsprechend den offiziellen Ausweisungen, die der Untersuchungskommission übergeben wurden, oder diese offiziellen Ausweisungen waren Lügen. Mit 25,000 Mann Linientruppen nebst der Mobilgarde, nebst der Nationalgarde, ‒ wie konnte General Cavaignac ohne Widerstand die Barrikaden am 23. Juni aufwerfen lassen?
Die Wahrheit muß endlich ans Tageslicht. Die Zeit ist gekommen. Von Seiten des Generals Cavaignac fand entweder schuldvolle Nachlässigkeit Statt oder aber noch schuldvollere Berechnung. Es ist gewiß, daß man am 23. Juni die Insurrektion verhindern konnte durch Entfaltung einer imposanten Militärmacht am 21. oder 22. Juni. Es ist gewiß, daß man ruhig der Organisation und Ausbreitung der Insurrektion zuschaute. Es ist gewiß, daß wenn man die Insurrektion begünstigen wollte, um so die Diktatur nöthig zu machen, man nicht anders noch besser verfahren konnte. Es ist gewiß, daß der Vorschlag, Paris in Belagerungszustand zu erklären und die Diktatur dem General Cavaignac anzuvertrauen, von Pascal Duprat ausging, der der Bediente Cavaignac's war und zum Lohn eine diplomatische Mission nach Oestreich erhielt. Es ist gewiß, daß das Votum der Nationalversammlung von Bastide erschlichen wurde, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, der sich also ausdrückte: „Bürger, im Namen des Vaterlandes, ich flehe euch an, eure Berathungen zu beendigen und sobald als möglich zu stimmen; in einer Stunde vielleicht wird das Hotel de Ville genommen sein. Man zeigt es mir in diesem Augenblicke an.“
Es ist gewiß, daß der erste Angriff auf die Insurgenten nicht von den unter das Kommando des General Cavaignac gestellten Truppen ausging, sondern von der Nationalgarde. Es ist gewiß, daß in diesen blutigen Tagen General Cavaignac nicht der war, der am meisten mit seiner Person zahlte. Es ist gewiß, daß der erste Akt des General Cavaignac, nachdem man ihn mit der Diktatur bekleidet, darin bestand, die individuelle Freiheit und die Preßfreiheit tödtlich zu schlagen. Es ist gewiß, daß nach Vorlage zweier Dekrete, das eine über die Kaution der Journale, das andere über die Preßvergehen, ‒ Dekrete, die am 21. August votirt wurden ‒ man gar keine Rücksicht auf diese Dekrete nahm. Journale wurden ungesetzlich, willkürlich unterdrückt, ohne Rücksicht auf die Würde der Nationalversammlung, auf die Freiheit der Presse, auf die legitimsten Eigenthumsrechte.
Endlich kann nicht bestritten werden, daß der General Cavaignac am 2. September sich folgendermaßen ausdrückte vor der Nationalversammlung: „Ich rufe der Versammlung ins Gedächtniß, daß mein Vater im Convent saß und daß ich glücklich und stolz bin, der Sohn eines solchen Mannes zu sein.“ Was nicht geläugnet worden ist, was nicht geläugnet werden kann, ist, daß der Mann des Convents, dessen Sohn zu sein Cavaignac sich rühmt, folgende Briefe geschrieben hat:
Montadour, 14. April 1794. Wir haben ungefähr 80 ehemalige Adlige oder Seigneurs verhaften lassen: wir werden die Verhaftungen fortsetzen bis der letzte dieser unversöhnlichen Feinde der Freiheit in Ketten liegt. Die außerordentliche Kommission, die wir zu Bayonne geschaffen haben, ist uns Schritt für Schritt gefolgt; eine Guillotine wurde mitgeführt und sofort aufgestellt; schon haben 6 Anführer mit ihren Köpfen bezahlt. Die bekannten Aristokraten sind verfolgt, verhaftet und ihre Güter confiscirt. Jeder Tag sieht einige ihrer Köpfe vom Schaffot niederrollen. Wir wiederholen es, es ist Zeit die Verhaftung aller Exadeligen, aller Exseigneurs, aller fanatischen Priester zu verordnen. So lange noch Einer von ihnen auf dem Lande der Freiheit bleiben wird, wird er gegen es conspiriren.“
Bagul, 29. April 1794. „DieUngeheuer! Sie alle werden untergehen, und bald wird das Land der Freiheit von den Sklaven gereinigt sein, die Könige verlangen.“
Nun wohl! Wir fragen ganz Frankreich, welche Garantieen bietet General Cavaignac, sobald er zum Präsidenten der Republik erwählt ist, daß er nicht in dieselbe Excesse fallen wird, die es unklug wäre, nicht vorher zu sehen!
Welche Garantien hat er der Ordnung geboten? Kriegsminister hat er den Junisturm unter seinen Augen sich bilden lassen, bis ein Meer von Blut ihm die Diktatur entgegen trug. Welche Garantien hat er der Freiheit geboten? Diktator behandelte er sie als rebellische Sklavin. Welche Garantien hat er dem Eigenthum geboten? Ueber alle Gesetze sich erhebend, hat er es mit Füßen getreten. Welche Garantien hat er Frankreich gegeben? Durch die Wahl seiner traurigen Minister hat er gezeigt, was von seinem Takt und seinem politischen Urtheil zu erwarten ist. Welche Garantien hat er der Arbeit gegeben? Durch die Verlängerung des Belagerungszustandes, dieses doppelten Geständnisses der Schwäche der Regierung und der unterirdischen Gefahren der Gesellschaft, unterhält er die öffentliche Wirrniß, verhindert er den Kredit wiederzuerstehn und folglich die Arbeit sich wieder zu beleben. Die Verlängerung des Belagerungszustandes über den Kriegszustand hinaus, die Aufrechterhaltung dieses außerordentlichen Regimes während der Diskussion und des Votums der Konstitution, sind Thatsachen, welche einen genauen Maßstab für die Wurfweite des Geistes des Generals Cavaignac geben.
Wen will der in den Herren Marrast und Bastide inkorporirte „National“ durchaus zum Präsidenten der Republik für 4 Jahre machen? Wen? Einen General, der für die Ordnung und Sicherheit in Paris nur unter folgenden Bedingungen haften will: Belagerungszustand für ewige Zeiten; 80,000 Mann Truppen, bivouakirend wie in Algier; Batterien, die bereit sind, überall loszufeuern; permanente Kriegsgerichte; Transportation vertheidigungsloser Bürger, die jeder richterlichen Garantie entbehren; Unterdrückung der Preßfreiheit; Verachtung der individuellen Freiheit; Vertagung aller Lebensfragen und Verletzung aller Prinzipien.
Wenn Cavaignac sich so aufgeführt hat, ehe er zum Präsidenten der Republik ernannt war, was hätte er nicht gethan, wäre er zum Präsidenten ernannt gewesen? Welchen Exzeß hätte man nicht zu befürchten gehabt? Wo ist der Akt der Willkühr, wovor er sich gescheut hätte?“
Vergleicht man mit diesem Artikel der „Presse“ das Votum der Nationalversammlung, die wider Cavaignac's Willen die Ernennung des Präsidenten der Republik durch die Nation, statt durch sich selbst beschlossen hat, so begreift man, daß Cavaignac den Anhängern der rothen Republik sich in die Arme werfen oder zum bewaffneten Lakaien von Thiers herabsinken muß. Aber auch der Sieg der rothen Republik wird seinen Sturz herbeiführen. Die ganze nüchterne Mittelmäßigkeit der Bourgoisie ist in ihrem Helden Cavaignac verkörpert, und mittelmäßig, wie seine Diktatur wird sein Untergang sein.
Paris, 9. Oktbr. Der Abendmoniteur erklärt das von mehren Journalen verbreitete Gerücht für erlogen, daß die Regierung sechs in Folge der Frankfurter Ereignisse nach Straßburg geflüchtete Deutsche ihren respektiven Behörden ausgeliefert habe.
Nationalversammlung. Sitzung vom 9. Oktober. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Die Bänke recht zahlreich besetzt.
Clement Thomas, vor der Tagesordnung, beklagt sich daß ihn Taschereau, Herausgeber der berüchtigten Revue Retrospektiv, am Sonnabend ungebührlich unterbrochen und unter Anderm gesagt habe: Antwortet doch nicht auf solche Ausfälle und Grobheiten!
Tascherau verweist den ehemaligen Generalissimus der hiesigen Bürgerwehr auf den Moniteur und gesteht nur zu, gerufen zu haben: Antwortet doch nicht auf dergleichen Anschuldigungen.
Das Protokoll wird angenommen und man schreitet zur Tagesordnung, Kapitel V der Verfassungsdebatte.
Marrast Präsident: die Versammlung verwarf in ihrer letzten Sitzung den Grundsatz der Anträge, den Präsidenten der Republik durch die Nationalversammlung wählen zu lassen. Wir können also zu einer andern Reihe von Anträgen übergehen, welche verlangen, daß der Präsident zwar durch's Volk, aber im zweiten Grade gewählt werde.
Mastimer-Ternaux und Lacrosse wünschen zu diesem Zweck den Artikel 43 der Verfassung dahin geändert:
„Der Präsident der Republik wird durch geheime Abstimmung von Wahlversammlungen in den Departementshauptstädten gewählt, welche aus Abgeordneten der Urwahlzirkel (auf 2000 Einwohner ein Abgeordneter) zu bilden sind. Die Abgeordneten sind nach Artikel 30 der gegenwärtigen Verfassung zu bestimmen. Sie können kein Imperativmandat erhalten und empfangen dieselben Taggelder wie die Jury.
Der Antrag wird verworfen.
Paul Sevaistre schlagt vor, der Präsident der Republik solle aus einer Liste von 10 Kandidaten, welche die meisten Stimmen vom Volk erhalten, dann von der Nationalversammlung mit absolutem Mehr gewählt werden.
Verworfen.
Larabit verlangt, daß der Präsident der Republik vom Volk mit 2/3 statt aus absolutem Stimmenmehr gewählt werde. Verworfen.
Marrast: Somit bringe ich den Artikel 43 zur Abstimmung, wie ihn der Verfassungsausschuß entworfen. Hiernach lautet er:
„Der Präsident der Republik ist durch geheime Abstimmung und mit absolutem Mehr aller Wähler der französischen Departements und Algeriens zu wählen.“
Die Linke schreit mit Macht: Zettelabstimmung! Dies geschieht. Es stimmen 757 Glieder. Dafür, 627 dagegen 130. (Sensation.)
Artikel 44 § 1 von Spedition der Wahlprotokolle handelnd und von keinem Nebenantrage beschwert, wird ohne weiteres angenommen. Der zweite Absatz (§ 2) der also lautet: „Vereinigt kein Kandidat mehr als die Hälfte oder sind die im Artikel 42 festgestellten Bedingungen nicht erfüllt, so wählt dier Nationalversammlung den Präsident unter denjenigen 5 Kandidaten, die die meisten Stimmen zählen.“ Mehrere Glieder schlagen den Zusatz vor „und wenigstens 3 (andere 2) Millionen Stimmen zählen.“
Wird verworfen und die Ausschußfassung angenommen.
Artikel 42 (welcher reservirt worden war) kam nun zur Berathung. Er lautet: „Der Präsident muß Franzose, 30 Jahre alt sein und darf nie die Eigenschaft eines Franzosen verloren haben.“
Hierüber entspinnt sich eine sehr stürmische Debatte. Deville trägt auf Ausschluß aller Sprösslinge früherer französischer Herrscher an. (4 Uhr.)
Nationalversammlung, Sitzung vom 9. Oktober (Schluß).
Sein (Deville's) Antrag lautet: „Die Präsidentschaft darf keinem Oberoffizier, noch einnm direkten oder kollateralen Gliede der Familien verliehen werden, die über Frankreich regierten.“ Deville ist ein alter Haudegen und erheiterte die Versammlung schon häufig durch seine brüske und freie Rede. Ein gebildetes Volk, sagt er, darf sich von keinem Soldaten beherrschen lassen. Die Geschichte unterstütze seinen Antrag auf jeder Seite. Ehrgeiz, Zuchtliebe und hierarchischer Geschmack (Tumult) seien Eigenschaften, die sich mit einem weisen Staatsoberhaupt schlecht vertrugen. Frankreich hätte schon einmal eine rothe Republik gehabt, seit 35 Jahren besitze es aber eine weiße, die in den letzten Zugen liege, und die der rothen Republik, welche aus 35 Millionen Franzosen bestehe, den Todeskampf liefern wolle. (G.lächter) Keine Säbelherrschaft, kein ewiges Belagerungsgesetz, keine ewigen Preßfesseln (Unterbrechungen). Ich weiß wohl, daß wir keine 26-jährigen Journale an der Spitze haben, aber es wäre unvorsichtig, einen andern jungen Mann zum Präsidenten zu wählen. (Stimme: Man wird Sie an die Spitze des Staats stellen!) Dieser Hieb traf mich nicht! (Gelächter). Der Redner warnt vor der rothen Republik; die nicht so krank sei als man glaube und sieht große Katastrophen in nächster Zukunft (Lärm).
Degoussée protestirt in einigen Worten gegen die barocken Vergleiche zwischen rother und weißer Republik.
Antony Thowat trägt an „kein Glied irgend einer Familie, die über Frankreich herrschte, kann zum Präsidenten der Republik erwählt werden.“
Napoleon Bonaparte (Jerome's Sohn) sagt: Ich hatte die Absicht, einige Worte gegen das Amendement zu sprechen. Da ich jedoch erfuhr, daß die Kommission oder der Verfassungsausschuß schon den Antrag verworfen, so überlasse ich es ihren Gliedern, unsere Vertheidigung zu übernehmen.
Woirhaye, Glied des Verfassungsausschusses, erhebt sich in der That und spricht zu Gunsten der Napoleoniden. Eine königliche Geburt sei in der That eine schlechte republikanische Erziehung. Doch mit dem Namen Napoleon sei dieß eine andere Sache. Napoleon sei ein Volksmann, er gelte beim Volk als Vertreter seiner Interessen und es sei unvorsichtig, einen Bannfluch gegen dessen Sprößling rücksichtlich der Präsidentenwahl auszusprechen etc.
Lacaze,Legitimist, hält eine lange Leichenrede gegen das Amendement Ein Ausschluß der Bonapartisten wurde ihm nur zum Fußschemel (Piedestal) neuer Herrschergerüste dienen. Man müsse sich auf den gesunden Sinn des Volkes verlassen.
Cocquerel, (Pfarrer), spricht in demselben Sinne. (Man ruft von allen Seiten: Zum Schluß!)
Louis Napoleon Bonaparte steigt von seinem Platze, dem Berge links, und begibt sich auf die Bühne.
Bürger! beginnt er unter allgemeinem Stillschweigen, Ich trete nicht auf, um das Amendement zu bekämpfen. Ich fühle mich schon glücklich genug, in der Mitte meiner Mitbürger zu sein, um einen anderen Ehrgeiz zu besitzen. In meinem Namen will ich daher nicht gegen die Verleumdungen reklamiren, sowie gegen den Titel eines Pratendenten, den man mir fortwährend vorwirft (contre toutes la calomnies et les titres de prétendant qui ma sont sans cesse opposée) Aber ich nehme im Namen von 400,000 Wahlbürgern das Wort, die mir die Ehre erwiesen, mich zu erwählen, um die Benennung eines Prätendenten hiermit zu verleugnen (desavouer). (Stimmen: Sehr gut. Sehr gut. Große Aufregung im ganzen Saale.
Antony Thouret will seinen Antrag retten. Wird aber kaum gehört.
Der Antrag wird verworfen. Ebenso alle übrigen Anträge derselben Gattung.
Art. 42 ist somit endlich angenommen.
Art. 45 (Art. 44 ist bereits erledigt) handelt von der Dauer des Amts des Präsidenten und stellt dieselbe auf 4 Jahre fest.
Kerdrel trägt darauf an, daß man ihn zwei Mal hintereinander wählen könne. Er wird aber nicht gehört und endlich von der Bühne getrommelt. Er ist sehr ärgerlich und protestirt durch den Tumult.
Art. 45 wird angenommen und die Sitzung um 6 Uhr geschlossen.
Großbritannien. * London, 9. Oktober. Wir erhalten aus sehr guter Quelle die Nachricht, daß die Feindseligkeiten in Nord-Italien wieder beginnen werden. Wir hören, daß ein Agent des Königs von Sardinien von einigen Tagen hier anlangte, um 100,000 Gewehre zu kaufen, und zwar Perkussions-Gewehre, wenn das Quantum gleich geliefert werden kann.
Wenn die gewünschte Anzahl nicht in Birmingham vorräthig ist, so nimmt man an, daß Lord Palmerston das Fehlende aus den Vorräthen des Tower ersetzen wird.
(The Standard.) * Clonmel. Irland 7. Oktober. Smith O'Brien, das Haupt der letzten irischen Insurrektion, ist von der Jury für schuldig erkannt worden und zwar in fünf Punkten der Anklage. Von dem sechsten sprach man ihn frei. Die Jury gab dieses Verdikt mit der ausdrücklichen Bemerkung, daß man das Leben des Gefangenen schonen möge.
* London, 9. October. Lord Brougham scheint der Meinung zu sein, daß die jetzige Stimmung in England einige Aehnlichkeit mit der von 1789 und 1793 hat. Der edle Lord fand diese Aehnlichkeit in manchen Punkten, aber er fand, daß die jetzige Zeit noch keinen Burke besitzt und da entschloß sich Lord Brougham der Burke des neunzehnten Jahrhunderts zu werden und Lord Henry schrieb einen Brief über die französische Revolution. ‒ ‒
Der Standard, der spezielle Freund Sr. Lordschaft, begrüßt diesen Brief natürlich mit wahrem Frohlocken und behauptet, daß der Burke'sche Brief höchstens den Vorzug der Originalität vor dem Briefe Lord Henry's habe.
Wir müssen gestehen, wir dachten, der alte Standard würde vorsichtiger mit seinen Schmeicheleien sein. Jeder weiß zwar, daß der edle Lord beim Schreiben seiner Epistel im Stillen an seinen berühmten Vorgänger dachte, ‒ aber dies mit aller Naivetät öffentlich auszuplündern: nein, das ist beleidigend, das ist verletzend.
Lord Brougham machte es sich von jeher zur Pflicht, originell zu sein. Ging er nicht zuerst mit einer graumelirten Hose in's Parlament? Hat er nicht die schönste Nase in ganz England? Hielt er nicht eine siebenstündige Rede? Wollte er nicht neulich noch französischer Citoyen werden?
Wenn Lord Brougham kein Original ist, so ist es Niemand.
Mit dem Briefe über die Revolution hat Se. Lordschaft aber, wie gesagt, dies Mal fehl geschossen. Der Zufall hat es gewollt, daß sogar die besten Freunde schon auf den ersten Blick die Copie herausfanden; der Brougham'sche Brief ist kein Burke'scher.
Der edle Lord wird sagen, daß er eine verkannte schöne Seele ist; vor allen Dingen wird er sich aber jetzt einzureden suchen, daß die heutigen Zustände Englands doch in etwa von denen von 1790 verschieden sind ‒ und in dem letztern Punkte könnte Lord Henry Recht haben.
Damals ein William Pitt, heute ein Lord John Russell! William Pitt, der Sohn des Earl von Chatham, im zwei und zwanzigsten Jahre Premier von England, bewundert von aller Welt, rasch, energisch, thatenlustig, kühn und vor allen Dingen verschwenderisch ‒ und Lord John Russell dagegen: ein kleiner verschlissener Mann; Premier, weil es die Laune der Partei so will; mehr verachtet als gefürchtet, langsam, vorsichtig und vor allen Dingen im höchsten Grade genirt in allen seinen Depensen.
Damals, im Parlament zwei streng geschiedene Parteien; stark die eine durch ihre Zahl; größer vielleicht die andere durch ihre Talente. Auf der einen Seite Pitt mit dem Troß seiner Anhänger, die ihm auf Kommando gehorchten und auf der andern For, Sheridan und eben Burke bis zu dem Augenblick, wo er sich unter Thränen von seiner Partei trennte. ‒ Heute dagegen ein Oberhaus, welches kaum mehr der Rede werth ist und ein Unterhaus, in dem die Parteien so sehr zersplittert sind, daß wir Whigs mit Tory's und Tory's mit Whigs stimmen sehen, wie es gerade die Umstände des Augenblicks mit sich bringen.
Damals eine Aristokratie, die in der fernern Entwicklung der französischen Revolution ihren eigenen Sturz sah und heute ein Adel, der sich längst dabei beruhigt hat, daß er gestürzt ist und dem es gar nicht mehr auffällt, wenn man den Sohn eines Baumwollspinners von Rom herüberholt, damit er dem Vaterlande ein Ministerium gebe.
Damals endlich eine Mittelklasse, die im Besitz jener großen Erfindungen eines Natt, eines Arkwright, eines Cartwright, zuerst mit tausend Verhältnissen der letzten Vergangenheit bricht, um unter dem Schutz der Kanonen der englischen Marine, die Märkte der halben Welt zu einem Tummelplatz ihrer industriellen Bestrebungen zu erobern und heute eine Bourgeoisie, die Alles erreicht hat, was sie erreichen wollte und die nur darüber aus ist, das zu conserviren, das zusammen zu halten, was ihr bei dem geringsten Tumult in den nächsten Ländern Europas oder in den fernsten Strecken asiatischer Besitzungen gefährdet und verloren scheinen muß.
Wahrlich, ein Burke traf ein interessanteres Publikum, er traf erregbare Gemüther, als er mit seinen Briefen und Reden, das Land zu einem Kriege mit der jungen französischen Republik zu entflammen suchte; er traf eine glücklichere Zeit als der originelle Brougham, der eine heruntergekommene Aristokratie und eine satte furchtsame Mittelklasse findet, die sich wenig um die schönen Worte eines edlen Lords kümmert, wenn sie nicht von dem allernächsten, praktischen Nutzen sind.
Die einzige Klasse, die Lord Henry so ziemlich in derselben Lage findet wie einst Burke, es ist die Klasse der Arbeiter, die, trotzdem daß sie heute tausendmal entwickelter und kompakter ist als damals, doch in diesem Augenblicke gerade so zu Boden geschmettert ist, wie einst zu den Zeiten Pitt's.
Unstät wie damals ein Major Cartwright von Ort zu Ort irrte und ein Reformer nach dem andern das Land seiner Heimath für immer zu verlassen gezwungen war, so füllen auch jetzt die verurtheilten Chartisten die Kerker Londons oder schwanken zu Schiffe dem fernen Australien zu. Doch was liegt ihnen an den stylistischen Uebungen eines Lord Brougham? Sie wissen trotz ihrer momentanen Niederlage, daß ein Brougham einem Burke folgen konnte, daß aber mit einem Lord Henry auch jene Race ausstirbt, die sich vergebens gegen jene Umwälzungen sträubt, die so sicher über England hereinbrechen werden, wie sie eben erst den Kontinent von Grund aus emporwühlten.
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Köln, 11. Oktober 1848.
Angekommen: Kapt. Berns von Amsterdam mit 4140 Ctr. Kapt. Schneider von Rotterdam mit 4262 Ctr. Kapt. Kamps von Rotterdam mit 4630 Ctr.
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