Neue Rheinische Zeitung. Nr. 116. Köln, 14. Oktober 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 116 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Samstag, 14. Oktober 1848. Deutschland. 109 Düsseldorf, 12. Okt. Die Bestrebungen der demokratischen Partei, die unnatürliche Kluft zwischen Volk und Militär, die man auf alle Weise künstlich aufrecht u halten sich bemüht, hinwegzuschaffen, haben, wie anderwärts, so auch hier den erfreulichsten Fortgang. Letzten Freitag waren an 200 Soldaten in der Sitzung des demokratischen Vereins gegenwärtig. Sonntags hielt der Volksklub eine Volksversammlung in Gerresheim ab. Auch hier hatte das Militär sich äußerst zahlreich eingefunden. Bei der Rückkehr nach Düsseldorf waren es Husaren, welche unter endlosem Zuruf des Volkes die rothe Fahne vor dem Zuge voraustrugen. Ueberhaupt sind die letzten Tage Düsseldorfs ziemlich bewegte gewesen. Die Veranlassung bildete die Aufkündigung der städtischen Arbeiten von Seiten der Stadt. Nach den Märztagen hatte die städtische Behörde um die hiesigen brodlosen Arbeiter zu beschäftigen, Arbeiten auf der s. g. Golzheimer Insel vornehmen lassen. Man weiß, daß das philantropische Interesse unserer Bourgeoisie für die arbeitenden Klassen zu- und abzunehmen pflegt, je nachdem die Reaktion Niederlagen oder Triumphe feiert. So ist es denn leicht erklärlich, daß nach den letzten Vorgängen in Köln und der scheinbaren Kräftigung unseres gegenwärtigen Ministeriums in Berlin vorigen Sonnabend die Einstellung der Arbeiten von Seiten der Stadt aus Geldmangel wieder angekündigt wurde. An 600 Arbeiter und mehr werden dadurch brodlos. Diese Maßregel erscheint um so härter, als ohnehin des herannahenden Winters wegen in einer Zeit von 3-4 Wochen die Arbeiten hätten eingestellt werden müssen. Eine Deputation der Arbeiter zog am Montag, unter Vortragung ihrer Fahne, vor das Rathhaus, um gegen die Arbeitseinstellung zu protestiren. Der in Eile versammelte Gemeinderath beschied die Arbeiter, bis zum andern Tage zu warten, wo er in gesetzlich zusammenberufener Sitzung Beschlüsse fassen wolle. Die Arbeiter erklärten richtig den in Aussicht gestellten Beschluß abwarten zu wollen. Am Abend wurde die Bürgerwehr alarmirt, ohne daß indeß irgend ernstliche Unruhen eingetreten wären. Der Gemeinderath beschloß nun per Woche 80 bis 100 Mann abwechselnd beschäftigen zu wollen. Natürlich reicht dieser Beschluß bei der so großen Zahl der brodlos Gewordenen durchaus nicht hin, die Noth der Arbeiter zu hindern. Diese forderten daher in äußerst ruhigen und legal gehaltenen Plakaten, in welchen sie das "Recht auf Arbeit" als Prinzip aufstellten, die Bürger Düsseldorf's auf, durch freiwillige Beiträge die Stadt in den Stand zu setzen, die öffentlichen Arbeiten in demselben Maaße wie bisher wieder fortsetzen zu lassen. Heute geht eine Kommission der Arbeiter mit den betreffenden Subscriptionslisten in der Stadt einher. Dieser so ruhigen und anerkennungswerthen Haltung der Arbeiter gegenüber mußte es um so befremdlicher erscheinen, daß heute eine vom Beigeordneten der Stadt, Dietze, dem Polizeiinspektor Zeller und dem Chef der Bürgerwehr, Lorenz Claasen, unterzeichnete Verfügung erging, in welcher exceptionelle Maßregeln getroffen worden, zu denen keinerlei Grund vorlag. So war verordnet, es sollte im Falle der Alarmirung der Bürgerwehr jeder bewaffnete oder unbewaffnete Mann, der sich nicht sofort legitimiren könne, vorläufig angehalten, die mittleren Geschoße der Häuser beleuchtet etc. etc. werden. Leicht hätte diese unbegreifliche Proklamation ernstliche Unruhen provociren dürfen. Besonders hat sich durch dieselbe der Chef der Bürgerwehr in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. An sich ein dem Fortschritte geneigter Mann ist es von ihm äußerst zu bedauern, daß er aus einem gänzlichen Mangel an Selbstständigkeit sich als eine Puppe in den Händen unserer Beamten gebrauchen läßt. Amerika. Die "Europa" langte in Liverpool an, mit Berichten von New-York vom 27. September. Die damit eingetroffenen Nachrichten sind namentlich in kommerzieller Hinsicht von Wichtigkeit. Das fortwährend günstige Wetter läßt nämlich die Baumwoll-Erndte noch günstiger ausfallen, als man seither dachte. Man nimmt an, daß die Total-Produktion von 2,600,000 bis zu 2,700,000 sein wird, was schon unter gewöhnlichen Umständen einen niedrigen Durchschnittspreis garantiren würde. Bei dem durch die Vorfälle des europäischen Kontinents verringerten Konsumo, wird dies doppelt der Fall sein. Das Wichtigste der politischen Nachrichten besteht noch immer in der bevorstehenden Präsidentschaftswahl. General Taylon scheint fortwährend die meiste Chance zu haben, um so mehr, da Henry Clay sich ganz zurückgezogen hat. Die Freunde des General Caß scheinen weniger sanguin zu sein. Am 7. November wird die Wahl statt haben. Die Nachrichten von Mexiko sind unbedeutend. Herrera hat Ordre gegeben, daß alle Bürger von dem an die Vereinigten Staaten abgetreteten Landstrich, kostenfrei nach jedem Orte der Republik übersiedelt werden können. Die Berichte von San Francisco in Californien sind dagegen von mehr Interesse, denn es handelt sich darin um nichts weniger als um die bereits mit der letzten oft erwähnte Goldwäsche des Sacremento Flusses. Der Economist hatte darüber schon damals eine Korrespondenz aus New-York, die wir aber nicht als verbürgt mittheilen wollten, da wir sie mehr für ein Spiel der Phantasie Bruder Jonathans hielten. Da wir sie aber jetzt bestätigt finden, so wollen wir die Sache nicht länger verschweigen. Der Economist berichtet nämlich, daß man seit Kurzem in dem Sande des Sacremento Flusses eine fast unglaubliche Menge Gold vorgefunden habe und zwar in Körnern die manchmal eine Unze schwer seien. Man versicherte, die Menge dieses Goldes sei so reichlich, und die Distrikte, in denen es sich finde, seien so ausgedehnt, daß die ganze amerikanische Population von Californien nach den Ufern jenes Flusses aufgebrochen sei. Weiber und Kinder hätten ihre Wohnungen verlassen. Soldaten, Matrosen, Beamte, kurz alles stürze hinaus um Gold zu waschen und man zahle enorme Preise für jedes bei diesem Geschäfte nöthige Instrument. Diese Berichte werden jetzt wiederholt. Die ganze Stadt San Francisco soll von ihren Einwohnern verlassen sein; alle Dienstboten sind davon gelaufen. Die Zeitungen konnten nicht mehr erscheinen und alles wälzte sich dem Eldorado entgegen. Trotz diesen wiederholten Nachrichten glauben indeß selbst amerikanische Blätter, die Sache noch nicht ganz verbürgen zu können. Schweiz. * Bern, 8. October. In der Antwort, die der Vorort auf die bekannte Note des deutschen Reichsverwesers erlassen, beschwert sich derselbe Eingangs darüber, daß die Note vorher in öffentlichen Blättern publizirt worden sei, und vermißt in der diplomatischen Sprache die gewohnte Ruhe. Das Aktenstück trage zu unverkennbar die "Spuren augenblicklicher Gereiztheit". Dann bezieht sich der Vorort auf seine dem Abgeordneten des "weiland deutschen Bundestages" unter dem 3. August zugestellte Note, und sagt, daß es unrichtig sei, daß die deutschen Flüchtlinge sich auf Schweizer Boden zu einem Freischaarenzuge organisirt hätten; im schlimmsten Falle seien dergleichen Machinationen im Geheimen getrieben worden; und der Vorort müsse sich daher gegen dergleichen Beschuldigungen, "durch welche der Ehrenhaftigkeit und Wahrheitsliebe schweizerischer Kantonalregierungen auf ebenso wegwerfende wie beleidigende Weise zu nahe getreten wird" auf das Feierlichste verwahren. Was die Bemerkungen über die Presse betreffe, so bemerkt der Vorort, daß in der Schweiz Preßfreiheit herrsche, und er sich in Bezug auf Uebergriffe lediglich an die Preßgesetze halte; die Nachbarstaaten besäßen ja "hinlängliche Mittel, auf Wegen der Polizei gegen solche Produkte der Presse einzuschreiten, welche mit ihrem Regierungssystem, oder gar mit ihrer politischen Existenz als unvereinbar erscheinen mögen". Die Freischärler hätten unbewaffnet die Schweiz verlassen; auf deutschem Boden, in Lörrach sei Alles vorbereitet gewesen, und es habe dort nur des Erscheinens von Struve bedurft, um den Aufstand offen zu Tage zu bringen. Der Vorfall stehe eher vielmehr mit dem Aufstande in Frankfurt im Zusammenhange, wie auch die in Lörrach erlassene Proklamation beweise, welche in unbestimmten Ausdrücken auf die bekannten Vorgänge in Frankfurt hinweise. Wenn in einem Lande wie Deutschland, sagt die Note des Vororts weiter, wo unzählige Volksversammlungen ihre Sympathien für die Republik kundgeben, wo wegen dieser Sympathien die Hauptstadt einer Provinz in Belagerungszustand erklärt worden ist, wo bald eine Fürstin flüchten muß, bald ein Fürst sein Land zu verlassen gezwungen wird, das Mißbehagen zur offenen That umschlage, so wäre es lächerlich, diese Vorgänge auf Rechnung eines Nachbarstaates zu setzen, dem man Dank wissen müsse, daß von ihm die Lohe nicht weiter angeschürt worden sei. Was das Verlangen nach "Untersuchung" betreffe, so verlange dazu der Vorort zuvor die "fachbezüglichen nähern Nachweisungen", indem er sich auf "vage und ganz allgemein gehaltene Berichte" nicht einlassen könne. Was aber das Verlangen nach "Entwaffnung der Flüchtlinge und Entfernung derselben von der deutschen Grenze betreffe," so sei diesem Ansinnen so weit schon entsprochen, als es mit der Humanität vereinbar sei, und den Flüchtlingen, welche an dem zweiten Aufstande Theil genommen, von den betreffenden Kantonalbehörden das Asylrecht entzogen worden. Der Vorort nimmt inzwischen von diesem Vorfalle Veranlassung auf die Verabsäumung aller Vorsichtsmaßregeln von Seiten der badischen Regierung aufmerksam zu machen, eine Thatsache, welche der eidgen. Vorort dem "öffentlichen Urtheile, welches dieselbe, bei wiedergewonnener Fassung, nach ihrem ganzen Werthe zu würdigen wissen wird," unterstellt. "Nur ungern berührt der eidgen. Vorort den Schluß der Note, welche in drohendem Tone die Anwendung weiterer Maßregeln von Seiten der deutschen Centralgewalt in Aussicht stellt;" und erklärt dann, daß dieses nur beiden Ländern zum Schaden gereichen würde, wobei sie aber die weitere Erklärung nicht zurückhalten wolle, "daß das schweizerische Volk mit seinen Regierungen, die der Ausdruck seines freithätigrn Willens sind, vollkommen einig gehe. Schließlich anerkennt die schweizerische Nation das Recht, daß jedes Volk seinen Haushalt nach eigenem Ermessen ordnen könne; "ihre Glückwünsche begleiten jeden Staat, dem es gelingt, im Geiste der Freiheit und des Fortschrittes zu einem höhern politischen Dasein sich zu entwickeln;" "die Schweiz würde jegliche Zumuthung abzuweisen im Stande sein, welche mit der Ehre der uralten Eidgenossenschaft und mit der Würde eines freien und selbständigen Volkes im Widerspruche steht." Italien. Die Nachrichten aus Neapel reichen bis zum 1. Oktober. Definitive Instruktionen des französischen und englischen Gouvernements waren noch nicht eingetroffen; man erwartete dieselben aber von Stunde zu Stunde. In Neapel herrschte vollkommene Ruhe. In Messina und in allen andern sicilianischen Häfen wurde der Waffenstillstand streng beobachtet. Ein Wort an das deutsche Volk. Jede Revolution, welche vom Gebiete der That hinübergleitet auf den Boden der Diskussion, zehrt sich auf und wird von derjenigen Macht, welche durch die Revolution gestürzt werden sollte, mit den Mitteln der Intrigue, der Bestechung, des Zogerns und Hinhaltens, mit einem Worte durch das Spiel politischer Betrügerei ausgebeutet und zu Grunde gerichtet. Aufgabe eines jeden Volkes, welches sich erhebt, aus der tiefen Erniedrigung, aus der Knechtschaft und Unterdrückung, ist es, die feindliche Macht, unter deren Druck es geschmachtet und gelitten hat, und gegen welche es sich erhebt, vollständig zu zerbrechen, provisorisch die Grundlagen des neuen Freiheitsbaues zu legen und erst, wenn die Revolution siegreich ihre Fahne wehen sieht über der zerbrochenen tyrannischen Gewalt, erst dann kann die Berathung des neuen Staatsorganismus beginnen; das Alte muß so gründlich vernichtet sein, daß eine Wiederkehr nicht möglich wird, dann erst kann der junge Freiheitsbau vollendet werden. Ewig wahr ziehen diese Sätze durch die Geschichte aller Revolutionen, und alle Revolutionen gegen die menschenentwürdigende Herrschaft eines Einzelnen, gegen die Monarchie, gingen unter, wenn das Volk, statt die Revolution mit allen revolutionären Mitteln zu vollenden, sich auf das Verhandeln und Unterhandeln, auf lange Reden und bodenlose Schwätzerei einließ Mit der Monarchie ist kein Vertrag möglich. Gegen fürstliche Tyrannei gibt es nur das einzige Mittel, völlige Vernichtung der Monarchie. Diese durch Erfahrung von Jahrtausenden erpobten Axiome standen mir, klar vor der Seele im politischen Leben, sie traten in Riesengestalten vor mich, als Frankreich, welches alle Formen der Monarchie, von der Despote des XIV. Ludwigs bis zu der gauielspielerischen Betrügerei der konstitutionellen Monarchie durchlebt hat, sich erhob und das Königthum stürzte. Welchen Antheil ich an der Bewegung, an der Erhebung Süddeutschlands genommen, wie ich sie mit aller Begeisterung, Ruhelosigkeit und Energie, deren ich nach meiner geringen Kraft fähig bin, gefördert, getrieben und nur in ihr gelebt habe, das ist Vielen bekannt; es galt jetzt den alten Lügenstaat einzureißen und den wahren Volksstaat erstehen zu lassen; es galt jetzt den Gedanken, der Tag und Nacht mein Begleiter war, zur Thatsache werden zu lassen. Wie einst For und Wilkes an der Stelle des papiernen Bittens und Forderns die Petition des lebendigens Menschenstromes setzen, so war noch, ehe die französische Revolution ausgebrochen, mein Plan, dies Mittel in Bewegung zu setzen, und ich drohte den Ministern in der Ständeversammlung damit, als der damalige Justizminister Trefurt widerstritt, daß mein gestelltes Verlangen ein "Verlangen des Volkes" sei. Der 24. Februar zuckte elektrisch durch unser unglückliches niedergeworfenes Volk; die Bewegung brach los, es verlangte klare Rechtsbriefe, die revolutionäre Kraft und Begeisterung strömten aus der Tiefe auf, die 38fache Zersplitterung hinderte die Gesammtentfaltung und die Benützung der in 38 Staaten arbeitenden revolutionären Kraft; jedes Land und Ländchen arbeitete für seine eigne Rechnung, die zitternden Fürsten, ihre gegliederte Diplomatie und Büreaukratie waren, wenn auch zurückgedrängt, eingeschüchtert, immerhin noch organisiert, und daß sie hinter dem Hütchen ihre Verbindung um so enger knüpften, konnte man als gewiß voraussetzen, denn es galt ihrer Existenz; die Selbsterhaltung mußte sie dazu treiben. Das Volk fühlte selber diesen Zustand der Zersplitterung seiner Revolutionsarbeit, es verlangte nach einem Sammelpunkt. Einen solchen Sammelpunkt, in welchem die 38fach gespaltene revolutionäre Kraft förderirt über das Ganze der 38 Staaten zu wirken im Stande war, konnte nur eine revolutionäre Versammlung abgeben, welche nur kraft revolutionären Willens, ohne allen Anstrich einer Fußung auf den Gesetzen der alten Staatsform, zusammen trat Diese Versammlung war das Vorparlament, dieses mußte permanent bleiben; man konnte in dasselbe fort und fort neue Kräfte berufen, diese Versammlung mußte das Steuer in die Hand nehmen, sie mußte provisorische Dekrete erlassen und die Grundlagen legen. Aber sie mußte um letzteres zu können, permanent bleiben; und blieb sie beisammen, so mußte sie mit jedem Tage energischer vorwärts gehen, denn sie stand auf keinem andern Boden, als dem der Revolution; was sie geschaffen und vollbracht, konnte sie als Erbe einem konstituirenden Konvente übergeben, der aus der Volkswahl hervorging. Ich sah es klar, daß die Revolution nur gerettet, rasch und energisch vollendet werden könne durch die Permanenz und stellte den Antrag - er fiel, nur Waffengewalt konnte jetzt noch entscheiden. Das war meine feste Meinung. Ich bin es überzeugt, daß Fürsten und Diplomaten aufathmeten, als sie sahen, daß die Permanenz verworfen worden war, und die Revolution auf das Feld der loyalen Schwätzereien verwiesen werden sollte, sie hatten Zeit gewonnen, und Alle, welche gegen die Permanenz auftraten oder stimmten, haben die Revolution, haben das Volk verrathen! Jetzt galt es, die Revolution durch die Revolution zu retten, wir erhoben uns in Baden. Die Erkenntniß der Faulheit der üblen Zustände war in Baden, war in Deutschland vorhanden; das Volk hatte in Versammlungen und Einigungen dieses laut erklärt, es hatte zur That aufgefordert, es gehörte nichts als der Muth der That zu dem Muthe des Wortes, es gehörte Aufopferungsfähigkeit dazu, und eine Erhebung in Masse hätte ohne Schwertstreich die Revolution zum Siege geführt, das stehende Heer, dessen Disziplin gänzlich dahin war, wäre bei einem Aufstande in Masse dem Volke nicht entgegengetreten, und wäre dann unter flatternden Fahnen der Republikaner die Wahl zur konwtuirenden Versammlung des deutschen Volkes vorgenommen worden, ein Nationalkonvent voll großartiger Energie und schöpferischer Kraft hätte im Bündniß mit Frankreich Europa neu gestaltet. Wir standen auf - wir unterlagen, weil bei dem Volke der Muth der That nicht dem Muth des Wortes gleich kam. "Wir wollen das Parlament abwarten!" Nun, ihr habt euer Parlament! seid ihr frei? seid ihr glücklich? Ihr habt den Vertröstern auf das Parlament mehr Gehör geschenkt, als denen, welche mit dem Schwerte auszogen und euch voraussagten, fast wörtlich voraussagten, was das Parlament euch bringen werde, und - seid ihr frei? seit ihr glücklich? - Als die Erhebung für die deutsche Republik aber unterlegen war, da wurden die Besiegten geschmäht und gehöhnt. Viele schimpften dem fast- und marklosen Fünfzigerausschuß und dem Parlamente zulieb. Bald sah das Volk ein, daß seine Errungenschaft sich in nichts auflösen würde, und ich habe in fast jedem meiner leitenden Artikel des Volksfreundes die Lage der Dinge und was die Zukunft bringen werde, dargelegt und vorausgesagt. Was that das Volk? Sorgte es für seine Bewaffnung, schaarte es sich auf seinen Sammelplätzen mit der Entschlossenheit zu handeln? Ihr klagt über Reaktion! Was ist Reaktion? Reaktion ist nichts anderes, als die Entfaltung der Thätigkeit der friedlichen politischen Partei. Ist eine Reaktion möglich, wenn das Volk wach und thätig ist? Nimmermehr! Wer über Reaktion klagt, der klagt nur über seine eigene Feigheit und Unthätigkeit, stellt sich selbst ein Armuthszeugniß aus. Der geworfene Feind kann sich nicht erheben, wenn ich selbst ihm keine Muße, keine Zeit lasse, sich zu sammeln. Während wir, die wir mit dem Schwerte aufgestanden, im Stich gelassen, und an den Strand geworfen waren, mit tiefem, verzehrendem Schmerze, mit dem herösten Grolle und heißem Ingrimme über die Gränze nach den waldigen Bergen, nach den schönen Thälern des Vaterlandes, das uns ausgestoßen hatte, blickten, und harrten der Thatkraft des Volkes, welches das Schiff des Volksstaats wieder flott machen und seine geächteten Söhne an Bord nehmen sollte, während wir in den aus dem tiefsten Herzen entströmten Zurufen, Ansprachen, Proklamationen neu appellirten an die Begeisterung, an die Schaam, was ist geschehen? - Die Menschen machen die Ereignisse, sie fallen nicht vom Himmel; hilf dir selbst, so wird dir Gott helfen; helfen kann nur die gewaltige That, die revolutionäre Volksthat, nicht das Hoffen und Harren, nicht papierene Adressen und Petitionen nicht Festschmäuse und Toaste, nicht das Singen von Heckerliedern und andern Gesängen. Mit bitterem Schmerze um Volk, Vaterland und Freiheit, habe ich seit Monden am Strande der Verbannung gelegen, und zurückgeblickt auf ein bewegtes, thätiges, arbeitsames öffentliches Leben, auf den Strom der Revolution, auf welchem ich mit am Ruder gesessen; sehnsüchtig geharrt auf den Tag, der aus dem verzehrenden Siechthum des Exils mich rufe und Bahn eröffne schöpferischer Wirksamkeit für die deutsche Republik. Ich muß ein Feld der schöpferischen Wirksamkeit der Thätigkeit bauen, ich kann nicht müßig liegen, versiechen, verkümmern; ich kann nicht zehren und glücklich sein in der Feier meines Namens, ich bin von jeher ein Feind von Personalhuldigungen gewesen, das Volk soll sich nicht an Namen hängen, es soll sich begeistern, erglühen für die That der Befreiung, es soll handeln, handeln, dann können auch die Geächteten wieder unter euch treten, wieder mitarbeiten zur Errichtung des Freistaats, zur Gründung der deutschen Republik. Wer aber die Hände in den Schooß legt, oder bei Wein und Schmaus nur die Faust macht und droht "wart' nur, wenn die Verbannten kommen", der hat seine Schuldigkeit nicht gethan, im Gegentheil, er beweiset damit, daß er ein großes Maul aber ein kleines Herz habe, denn er weiß recht wohl, daß ein einziger Mann, daß ein Häuflein verbannter Männer allein ihm die Republik nicht bringen können, daß das Volk sie sich nehmen muß; daß der Freiheitsdrang sich thatsächlich kund geben und es uns zeigen muß wie es ernstlich will, und so uns eine Gasse bahnen, auf daß wir wieder mitkämpfen und ringen, einreißen und bauen können. Eine bessere Musik als die Hoch's und Vivats, als die Lieder und Trinksprüche ist das Klirren der Waffen für die Freiheit entschlossener Männer, ist das grollende Murren und das wilde Rufen einer versammelten, zur Durchsetzung ihres Rechtes entschlossenen Menge. Eure Tyrannen haben das Zittern noch nicht verlernt, verlernet ihr das Handeln nicht! Aber ebenmäßig zum Ueberdrusse, wie zum Schmerze wirkt es, wenn man Statt der Handlung nur großprahlerisches Maulen wahrnehmen und in der Erwartung, thätig wirken zu können, eben so getäuscht wird, als es mit den Akklamationen, Deputationen, Versicherungen und Aufforderungen im Frühjahr vor dem Aufstande der Fall war. "Raum ihr Herr'n dem Flügelschlag freier Männerseelen!" Die öffentlichen Blätter sagen euch, ich habe vor, eine Reise zu dem großten und freiesten der Völker zu machen, welches im Begriffe steht, die nur alle vier Jahre wiederkehrende, das ganze Volk in Bewegung setzende Handlung der Präsidentenwahl vorzunehmen. Die öffentlichen Blätter haben wahr geredet, und ohne mein Vorwissen hat der zweite in Rheinfelden wohnende Redakteur des "Volksfreundes" einen Artikel in dem gedachten Blatte abdrucken lassen, welcher einen Zweifel an meinem Vorhaben erwecken könnte. Ja, ich will eine Reise unternehmen zu jenem gewaltigen Bürgervolke, welches den Völkern der alten Welt zuerst das Licht der Freiheit angezündet und der republikanischen Freiheit die Weltherrschaft sichern wird, ich will nicht in verzehrender Unthätigkeit oder eitler Projektenmacherei an den Gränzen Teutschlands müßig liegen, und zerrütten an Geist und Leib, kein verkommender oder verkommener Flüchtling sein oder werden. Ich will mit eigenen Augen sehen und erforschen die Einrichtung jenes größten und freiesten der Völker, ich will und hoffe dorten thätig sein und wirken zu können für das Land, aus welchem wir republikanische Flüchtlinge ausgestoßen liegen im Exil. Erhebt sich Deutschlands Volk zur republikanischen That, gedenkt es seiner Söhne, welche zuerst ausgezogen sind für die deutsche Republik, dann noch, will es ihre Kraft benützen, schnell ist der Ocean durchsucht, zwei Wochen reichen hin, und die Verbannten können unter euch sein, und neu gestärkt durch das Leben unter jenen tapfern Männern der Vereinigten Staaten, reich an Erfahrungen durch eigene Anschauung jenes großen Staatsverbandes von 30 Republiken, neue Kraft dem Vaterlande zubringen. Schaart euch um die Männer, welche das Panner der Volkssouveränetät hoch und bei demselben treue Wache halten, um die Männer der äußersten Linken zu Frankfurt a. M., schließt euch in Rath und That fest an die tapfern Führer der republikanischen Schilderhebung, ihre Namen seien euch feste Gedenksäulen, von ihnen werdet ihr meine Nachrichten, Berichte und briefliche Mittheilungen über die Erlebnisse in der Union erfahren. Beilage zu Nr. 116 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Samstag, 14. Oktober 1848. Deutschland. 109 Düsseldorf, 12. Okt. Die Bestrebungen der demokratischen Partei, die unnatürliche Kluft zwischen Volk und Militär, die man auf alle Weise künstlich aufrecht u halten sich bemüht, hinwegzuschaffen, haben, wie anderwärts, so auch hier den erfreulichsten Fortgang. Letzten Freitag waren an 200 Soldaten in der Sitzung des demokratischen Vereins gegenwärtig. Sonntags hielt der Volksklub eine Volksversammlung in Gerresheim ab. Auch hier hatte das Militär sich äußerst zahlreich eingefunden. Bei der Rückkehr nach Düsseldorf waren es Husaren, welche unter endlosem Zuruf des Volkes die rothe Fahne vor dem Zuge voraustrugen. Ueberhaupt sind die letzten Tage Düsseldorfs ziemlich bewegte gewesen. Die Veranlassung bildete die Aufkündigung der städtischen Arbeiten von Seiten der Stadt. Nach den Märztagen hatte die städtische Behörde um die hiesigen brodlosen Arbeiter zu beschäftigen, Arbeiten auf der s. g. Golzheimer Insel vornehmen lassen. Man weiß, daß das philantropische Interesse unserer Bourgeoisie für die arbeitenden Klassen zu- und abzunehmen pflegt, je nachdem die Reaktion Niederlagen oder Triumphe feiert. So ist es denn leicht erklärlich, daß nach den letzten Vorgängen in Köln und der scheinbaren Kräftigung unseres gegenwärtigen Ministeriums in Berlin vorigen Sonnabend die Einstellung der Arbeiten von Seiten der Stadt aus Geldmangel wieder angekündigt wurde. An 600 Arbeiter und mehr werden dadurch brodlos. Diese Maßregel erscheint um so härter, als ohnehin des herannahenden Winters wegen in einer Zeit von 3-4 Wochen die Arbeiten hätten eingestellt werden müssen. Eine Deputation der Arbeiter zog am Montag, unter Vortragung ihrer Fahne, vor das Rathhaus, um gegen die Arbeitseinstellung zu protestiren. Der in Eile versammelte Gemeinderath beschied die Arbeiter, bis zum andern Tage zu warten, wo er in gesetzlich zusammenberufener Sitzung Beschlüsse fassen wolle. Die Arbeiter erklärten richtig den in Aussicht gestellten Beschluß abwarten zu wollen. Am Abend wurde die Bürgerwehr alarmirt, ohne daß indeß irgend ernstliche Unruhen eingetreten wären. Der Gemeinderath beschloß nun per Woche 80 bis 100 Mann abwechselnd beschäftigen zu wollen. Natürlich reicht dieser Beschluß bei der so großen Zahl der brodlos Gewordenen durchaus nicht hin, die Noth der Arbeiter zu hindern. Diese forderten daher in äußerst ruhigen und legal gehaltenen Plakaten, in welchen sie das „Recht auf Arbeit“ als Prinzip aufstellten, die Bürger Düsseldorf's auf, durch freiwillige Beiträge die Stadt in den Stand zu setzen, die öffentlichen Arbeiten in demselben Maaße wie bisher wieder fortsetzen zu lassen. Heute geht eine Kommission der Arbeiter mit den betreffenden Subscriptionslisten in der Stadt einher. Dieser so ruhigen und anerkennungswerthen Haltung der Arbeiter gegenüber mußte es um so befremdlicher erscheinen, daß heute eine vom Beigeordneten der Stadt, Dietze, dem Polizeiinspektor Zeller und dem Chef der Bürgerwehr, Lorenz Claasen, unterzeichnete Verfügung erging, in welcher exceptionelle Maßregeln getroffen worden, zu denen keinerlei Grund vorlag. So war verordnet, es sollte im Falle der Alarmirung der Bürgerwehr jeder bewaffnete oder unbewaffnete Mann, der sich nicht sofort legitimiren könne, vorläufig angehalten, die mittleren Geschoße der Häuser beleuchtet etc. etc. werden. Leicht hätte diese unbegreifliche Proklamation ernstliche Unruhen provociren dürfen. Besonders hat sich durch dieselbe der Chef der Bürgerwehr in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. An sich ein dem Fortschritte geneigter Mann ist es von ihm äußerst zu bedauern, daß er aus einem gänzlichen Mangel an Selbstständigkeit sich als eine Puppe in den Händen unserer Beamten gebrauchen läßt. Amerika. Die „Europa“ langte in Liverpool an, mit Berichten von New-York vom 27. September. Die damit eingetroffenen Nachrichten sind namentlich in kommerzieller Hinsicht von Wichtigkeit. Das fortwährend günstige Wetter läßt nämlich die Baumwoll-Erndte noch günstiger ausfallen, als man seither dachte. Man nimmt an, daß die Total-Produktion von 2,600,000 bis zu 2,700,000 sein wird, was schon unter gewöhnlichen Umständen einen niedrigen Durchschnittspreis garantiren würde. Bei dem durch die Vorfälle des europäischen Kontinents verringerten Konsumo, wird dies doppelt der Fall sein. Das Wichtigste der politischen Nachrichten besteht noch immer in der bevorstehenden Präsidentschaftswahl. General Taylon scheint fortwährend die meiste Chance zu haben, um so mehr, da Henry Clay sich ganz zurückgezogen hat. Die Freunde des General Caß scheinen weniger sanguin zu sein. Am 7. November wird die Wahl statt haben. Die Nachrichten von Mexiko sind unbedeutend. Herrera hat Ordre gegeben, daß alle Bürger von dem an die Vereinigten Staaten abgetreteten Landstrich, kostenfrei nach jedem Orte der Republik übersiedelt werden können. Die Berichte von San Francisco in Californien sind dagegen von mehr Interesse, denn es handelt sich darin um nichts weniger als um die bereits mit der letzten oft erwähnte Goldwäsche des Sacremento Flusses. Der Economist hatte darüber schon damals eine Korrespondenz aus New-York, die wir aber nicht als verbürgt mittheilen wollten, da wir sie mehr für ein Spiel der Phantasie Bruder Jonathans hielten. Da wir sie aber jetzt bestätigt finden, so wollen wir die Sache nicht länger verschweigen. Der Economist berichtet nämlich, daß man seit Kurzem in dem Sande des Sacremento Flusses eine fast unglaubliche Menge Gold vorgefunden habe und zwar in Körnern die manchmal eine Unze schwer seien. Man versicherte, die Menge dieses Goldes sei so reichlich, und die Distrikte, in denen es sich finde, seien so ausgedehnt, daß die ganze amerikanische Population von Californien nach den Ufern jenes Flusses aufgebrochen sei. Weiber und Kinder hätten ihre Wohnungen verlassen. Soldaten, Matrosen, Beamte, kurz alles stürze hinaus um Gold zu waschen und man zahle enorme Preise für jedes bei diesem Geschäfte nöthige Instrument. Diese Berichte werden jetzt wiederholt. Die ganze Stadt San Francisco soll von ihren Einwohnern verlassen sein; alle Dienstboten sind davon gelaufen. Die Zeitungen konnten nicht mehr erscheinen und alles wälzte sich dem Eldorado entgegen. Trotz diesen wiederholten Nachrichten glauben indeß selbst amerikanische Blätter, die Sache noch nicht ganz verbürgen zu können. Schweiz. * Bern, 8. October. In der Antwort, die der Vorort auf die bekannte Note des deutschen Reichsverwesers erlassen, beschwert sich derselbe Eingangs darüber, daß die Note vorher in öffentlichen Blättern publizirt worden sei, und vermißt in der diplomatischen Sprache die gewohnte Ruhe. Das Aktenstück trage zu unverkennbar die „Spuren augenblicklicher Gereiztheit“. Dann bezieht sich der Vorort auf seine dem Abgeordneten des „weiland deutschen Bundestages“ unter dem 3. August zugestellte Note, und sagt, daß es unrichtig sei, daß die deutschen Flüchtlinge sich auf Schweizer Boden zu einem Freischaarenzuge organisirt hätten; im schlimmsten Falle seien dergleichen Machinationen im Geheimen getrieben worden; und der Vorort müsse sich daher gegen dergleichen Beschuldigungen, „durch welche der Ehrenhaftigkeit und Wahrheitsliebe schweizerischer Kantonalregierungen auf ebenso wegwerfende wie beleidigende Weise zu nahe getreten wird“ auf das Feierlichste verwahren. Was die Bemerkungen über die Presse betreffe, so bemerkt der Vorort, daß in der Schweiz Preßfreiheit herrsche, und er sich in Bezug auf Uebergriffe lediglich an die Preßgesetze halte; die Nachbarstaaten besäßen ja „hinlängliche Mittel, auf Wegen der Polizei gegen solche Produkte der Presse einzuschreiten, welche mit ihrem Regierungssystem, oder gar mit ihrer politischen Existenz als unvereinbar erscheinen mögen“. Die Freischärler hätten unbewaffnet die Schweiz verlassen; auf deutschem Boden, in Lörrach sei Alles vorbereitet gewesen, und es habe dort nur des Erscheinens von Struve bedurft, um den Aufstand offen zu Tage zu bringen. Der Vorfall stehe eher vielmehr mit dem Aufstande in Frankfurt im Zusammenhange, wie auch die in Lörrach erlassene Proklamation beweise, welche in unbestimmten Ausdrücken auf die bekannten Vorgänge in Frankfurt hinweise. Wenn in einem Lande wie Deutschland, sagt die Note des Vororts weiter, wo unzählige Volksversammlungen ihre Sympathien für die Republik kundgeben, wo wegen dieser Sympathien die Hauptstadt einer Provinz in Belagerungszustand erklärt worden ist, wo bald eine Fürstin flüchten muß, bald ein Fürst sein Land zu verlassen gezwungen wird, das Mißbehagen zur offenen That umschlage, so wäre es lächerlich, diese Vorgänge auf Rechnung eines Nachbarstaates zu setzen, dem man Dank wissen müsse, daß von ihm die Lohe nicht weiter angeschürt worden sei. Was das Verlangen nach „Untersuchung“ betreffe, so verlange dazu der Vorort zuvor die „fachbezüglichen nähern Nachweisungen“, indem er sich auf „vage und ganz allgemein gehaltene Berichte“ nicht einlassen könne. Was aber das Verlangen nach „Entwaffnung der Flüchtlinge und Entfernung derselben von der deutschen Grenze betreffe,“ so sei diesem Ansinnen so weit schon entsprochen, als es mit der Humanität vereinbar sei, und den Flüchtlingen, welche an dem zweiten Aufstande Theil genommen, von den betreffenden Kantonalbehörden das Asylrecht entzogen worden. Der Vorort nimmt inzwischen von diesem Vorfalle Veranlassung auf die Verabsäumung aller Vorsichtsmaßregeln von Seiten der badischen Regierung aufmerksam zu machen, eine Thatsache, welche der eidgen. Vorort dem „öffentlichen Urtheile, welches dieselbe, bei wiedergewonnener Fassung, nach ihrem ganzen Werthe zu würdigen wissen wird,“ unterstellt. „Nur ungern berührt der eidgen. Vorort den Schluß der Note, welche in drohendem Tone die Anwendung weiterer Maßregeln von Seiten der deutschen Centralgewalt in Aussicht stellt;“ und erklärt dann, daß dieses nur beiden Ländern zum Schaden gereichen würde, wobei sie aber die weitere Erklärung nicht zurückhalten wolle, „daß das schweizerische Volk mit seinen Regierungen, die der Ausdruck seines freithätigrn Willens sind, vollkommen einig gehe. Schließlich anerkennt die schweizerische Nation das Recht, daß jedes Volk seinen Haushalt nach eigenem Ermessen ordnen könne; „ihre Glückwünsche begleiten jeden Staat, dem es gelingt, im Geiste der Freiheit und des Fortschrittes zu einem höhern politischen Dasein sich zu entwickeln;“ „die Schweiz würde jegliche Zumuthung abzuweisen im Stande sein, welche mit der Ehre der uralten Eidgenossenschaft und mit der Würde eines freien und selbständigen Volkes im Widerspruche steht.“ Italien. Die Nachrichten aus Neapel reichen bis zum 1. Oktober. Definitive Instruktionen des französischen und englischen Gouvernements waren noch nicht eingetroffen; man erwartete dieselben aber von Stunde zu Stunde. In Neapel herrschte vollkommene Ruhe. In Messina und in allen andern sicilianischen Häfen wurde der Waffenstillstand streng beobachtet. Ein Wort an das deutsche Volk. Jede Revolution, welche vom Gebiete der That hinübergleitet auf den Boden der Diskussion, zehrt sich auf und wird von derjenigen Macht, welche durch die Revolution gestürzt werden sollte, mit den Mitteln der Intrigue, der Bestechung, des Zogerns und Hinhaltens, mit einem Worte durch das Spiel politischer Betrügerei ausgebeutet und zu Grunde gerichtet. Aufgabe eines jeden Volkes, welches sich erhebt, aus der tiefen Erniedrigung, aus der Knechtschaft und Unterdrückung, ist es, die feindliche Macht, unter deren Druck es geschmachtet und gelitten hat, und gegen welche es sich erhebt, vollständig zu zerbrechen, provisorisch die Grundlagen des neuen Freiheitsbaues zu legen und erst, wenn die Revolution siegreich ihre Fahne wehen sieht über der zerbrochenen tyrannischen Gewalt, erst dann kann die Berathung des neuen Staatsorganismus beginnen; das Alte muß so gründlich vernichtet sein, daß eine Wiederkehr nicht möglich wird, dann erst kann der junge Freiheitsbau vollendet werden. Ewig wahr ziehen diese Sätze durch die Geschichte aller Revolutionen, und alle Revolutionen gegen die menschenentwürdigende Herrschaft eines Einzelnen, gegen die Monarchie, gingen unter, wenn das Volk, statt die Revolution mit allen revolutionären Mitteln zu vollenden, sich auf das Verhandeln und Unterhandeln, auf lange Reden und bodenlose Schwätzerei einließ Mit der Monarchie ist kein Vertrag möglich. Gegen fürstliche Tyrannei gibt es nur das einzige Mittel, völlige Vernichtung der Monarchie. Diese durch Erfahrung von Jahrtausenden erpobten Axiome standen mir, klar vor der Seele im politischen Leben, sie traten in Riesengestalten vor mich, als Frankreich, welches alle Formen der Monarchie, von der Despote des XIV. Ludwigs bis zu der gauielspielerischen Betrügerei der konstitutionellen Monarchie durchlebt hat, sich erhob und das Königthum stürzte. Welchen Antheil ich an der Bewegung, an der Erhebung Süddeutschlands genommen, wie ich sie mit aller Begeisterung, Ruhelosigkeit und Energie, deren ich nach meiner geringen Kraft fähig bin, gefördert, getrieben und nur in ihr gelebt habe, das ist Vielen bekannt; es galt jetzt den alten Lügenstaat einzureißen und den wahren Volksstaat erstehen zu lassen; es galt jetzt den Gedanken, der Tag und Nacht mein Begleiter war, zur Thatsache werden zu lassen. Wie einst For und Wilkes an der Stelle des papiernen Bittens und Forderns die Petition des lebendigens Menschenstromes setzen, so war noch, ehe die französische Revolution ausgebrochen, mein Plan, dies Mittel in Bewegung zu setzen, und ich drohte den Ministern in der Ständeversammlung damit, als der damalige Justizminister Trefurt widerstritt, daß mein gestelltes Verlangen ein „Verlangen des Volkes“ sei. Der 24. Februar zuckte elektrisch durch unser unglückliches niedergeworfenes Volk; die Bewegung brach los, es verlangte klare Rechtsbriefe, die revolutionäre Kraft und Begeisterung strömten aus der Tiefe auf, die 38fache Zersplitterung hinderte die Gesammtentfaltung und die Benützung der in 38 Staaten arbeitenden revolutionären Kraft; jedes Land und Ländchen arbeitete für seine eigne Rechnung, die zitternden Fürsten, ihre gegliederte Diplomatie und Büreaukratie waren, wenn auch zurückgedrängt, eingeschüchtert, immerhin noch organisiert, und daß sie hinter dem Hütchen ihre Verbindung um so enger knüpften, konnte man als gewiß voraussetzen, denn es galt ihrer Existenz; die Selbsterhaltung mußte sie dazu treiben. Das Volk fühlte selber diesen Zustand der Zersplitterung seiner Revolutionsarbeit, es verlangte nach einem Sammelpunkt. Einen solchen Sammelpunkt, in welchem die 38fach gespaltene revolutionäre Kraft förderirt über das Ganze der 38 Staaten zu wirken im Stande war, konnte nur eine revolutionäre Versammlung abgeben, welche nur kraft revolutionären Willens, ohne allen Anstrich einer Fußung auf den Gesetzen der alten Staatsform, zusammen trat Diese Versammlung war das Vorparlament, dieses mußte permanent bleiben; man konnte in dasselbe fort und fort neue Kräfte berufen, diese Versammlung mußte das Steuer in die Hand nehmen, sie mußte provisorische Dekrete erlassen und die Grundlagen legen. Aber sie mußte um letzteres zu können, permanent bleiben; und blieb sie beisammen, so mußte sie mit jedem Tage energischer vorwärts gehen, denn sie stand auf keinem andern Boden, als dem der Revolution; was sie geschaffen und vollbracht, konnte sie als Erbe einem konstituirenden Konvente übergeben, der aus der Volkswahl hervorging. Ich sah es klar, daß die Revolution nur gerettet, rasch und energisch vollendet werden könne durch die Permanenz und stellte den Antrag ‒ er fiel, nur Waffengewalt konnte jetzt noch entscheiden. Das war meine feste Meinung. Ich bin es überzeugt, daß Fürsten und Diplomaten aufathmeten, als sie sahen, daß die Permanenz verworfen worden war, und die Revolution auf das Feld der loyalen Schwätzereien verwiesen werden sollte, sie hatten Zeit gewonnen, und Alle, welche gegen die Permanenz auftraten oder stimmten, haben die Revolution, haben das Volk verrathen! Jetzt galt es, die Revolution durch die Revolution zu retten, wir erhoben uns in Baden. Die Erkenntniß der Faulheit der üblen Zustände war in Baden, war in Deutschland vorhanden; das Volk hatte in Versammlungen und Einigungen dieses laut erklärt, es hatte zur That aufgefordert, es gehörte nichts als der Muth der That zu dem Muthe des Wortes, es gehörte Aufopferungsfähigkeit dazu, und eine Erhebung in Masse hätte ohne Schwertstreich die Revolution zum Siege geführt, das stehende Heer, dessen Disziplin gänzlich dahin war, wäre bei einem Aufstande in Masse dem Volke nicht entgegengetreten, und wäre dann unter flatternden Fahnen der Republikaner die Wahl zur konwtuirenden Versammlung des deutschen Volkes vorgenommen worden, ein Nationalkonvent voll großartiger Energie und schöpferischer Kraft hätte im Bündniß mit Frankreich Europa neu gestaltet. Wir standen auf ‒ wir unterlagen, weil bei dem Volke der Muth der That nicht dem Muth des Wortes gleich kam. „Wir wollen das Parlament abwarten!“ Nun, ihr habt euer Parlament! seid ihr frei? seid ihr glücklich? Ihr habt den Vertröstern auf das Parlament mehr Gehör geschenkt, als denen, welche mit dem Schwerte auszogen und euch voraussagten, fast wörtlich voraussagten, was das Parlament euch bringen werde, und ‒ seid ihr frei? seit ihr glücklich? ‒ Als die Erhebung für die deutsche Republik aber unterlegen war, da wurden die Besiegten geschmäht und gehöhnt. Viele schimpften dem fast- und marklosen Fünfzigerausschuß und dem Parlamente zulieb. Bald sah das Volk ein, daß seine Errungenschaft sich in nichts auflösen würde, und ich habe in fast jedem meiner leitenden Artikel des Volksfreundes die Lage der Dinge und was die Zukunft bringen werde, dargelegt und vorausgesagt. Was that das Volk? Sorgte es für seine Bewaffnung, schaarte es sich auf seinen Sammelplätzen mit der Entschlossenheit zu handeln? Ihr klagt über Reaktion! Was ist Reaktion? Reaktion ist nichts anderes, als die Entfaltung der Thätigkeit der friedlichen politischen Partei. Ist eine Reaktion möglich, wenn das Volk wach und thätig ist? Nimmermehr! Wer über Reaktion klagt, der klagt nur über seine eigene Feigheit und Unthätigkeit, stellt sich selbst ein Armuthszeugniß aus. Der geworfene Feind kann sich nicht erheben, wenn ich selbst ihm keine Muße, keine Zeit lasse, sich zu sammeln. Während wir, die wir mit dem Schwerte aufgestanden, im Stich gelassen, und an den Strand geworfen waren, mit tiefem, verzehrendem Schmerze, mit dem herösten Grolle und heißem Ingrimme über die Gränze nach den waldigen Bergen, nach den schönen Thälern des Vaterlandes, das uns ausgestoßen hatte, blickten, und harrten der Thatkraft des Volkes, welches das Schiff des Volksstaats wieder flott machen und seine geächteten Söhne an Bord nehmen sollte, während wir in den aus dem tiefsten Herzen entströmten Zurufen, Ansprachen, Proklamationen neu appellirten an die Begeisterung, an die Schaam, was ist geschehen? ‒ Die Menschen machen die Ereignisse, sie fallen nicht vom Himmel; hilf dir selbst, so wird dir Gott helfen; helfen kann nur die gewaltige That, die revolutionäre Volksthat, nicht das Hoffen und Harren, nicht papierene Adressen und Petitionen nicht Festschmäuse und Toaste, nicht das Singen von Heckerliedern und andern Gesängen. Mit bitterem Schmerze um Volk, Vaterland und Freiheit, habe ich seit Monden am Strande der Verbannung gelegen, und zurückgeblickt auf ein bewegtes, thätiges, arbeitsames öffentliches Leben, auf den Strom der Revolution, auf welchem ich mit am Ruder gesessen; sehnsüchtig geharrt auf den Tag, der aus dem verzehrenden Siechthum des Exils mich rufe und Bahn eröffne schöpferischer Wirksamkeit für die deutsche Republik. Ich muß ein Feld der schöpferischen Wirksamkeit der Thätigkeit bauen, ich kann nicht müßig liegen, versiechen, verkümmern; ich kann nicht zehren und glücklich sein in der Feier meines Namens, ich bin von jeher ein Feind von Personalhuldigungen gewesen, das Volk soll sich nicht an Namen hängen, es soll sich begeistern, erglühen für die That der Befreiung, es soll handeln, handeln, dann können auch die Geächteten wieder unter euch treten, wieder mitarbeiten zur Errichtung des Freistaats, zur Gründung der deutschen Republik. Wer aber die Hände in den Schooß legt, oder bei Wein und Schmaus nur die Faust macht und droht „wart' nur, wenn die Verbannten kommen“, der hat seine Schuldigkeit nicht gethan, im Gegentheil, er beweiset damit, daß er ein großes Maul aber ein kleines Herz habe, denn er weiß recht wohl, daß ein einziger Mann, daß ein Häuflein verbannter Männer allein ihm die Republik nicht bringen können, daß das Volk sie sich nehmen muß; daß der Freiheitsdrang sich thatsächlich kund geben und es uns zeigen muß wie es ernstlich will, und so uns eine Gasse bahnen, auf daß wir wieder mitkämpfen und ringen, einreißen und bauen können. Eine bessere Musik als die Hoch's und Vivats, als die Lieder und Trinksprüche ist das Klirren der Waffen für die Freiheit entschlossener Männer, ist das grollende Murren und das wilde Rufen einer versammelten, zur Durchsetzung ihres Rechtes entschlossenen Menge. Eure Tyrannen haben das Zittern noch nicht verlernt, verlernet ihr das Handeln nicht! Aber ebenmäßig zum Ueberdrusse, wie zum Schmerze wirkt es, wenn man Statt der Handlung nur großprahlerisches Maulen wahrnehmen und in der Erwartung, thätig wirken zu können, eben so getäuscht wird, als es mit den Akklamationen, Deputationen, Versicherungen und Aufforderungen im Frühjahr vor dem Aufstande der Fall war. „Raum ihr Herr'n dem Flügelschlag freier Männerseelen!“ Die öffentlichen Blätter sagen euch, ich habe vor, eine Reise zu dem großten und freiesten der Völker zu machen, welches im Begriffe steht, die nur alle vier Jahre wiederkehrende, das ganze Volk in Bewegung setzende Handlung der Präsidentenwahl vorzunehmen. Die öffentlichen Blätter haben wahr geredet, und ohne mein Vorwissen hat der zweite in Rheinfelden wohnende Redakteur des „Volksfreundes“ einen Artikel in dem gedachten Blatte abdrucken lassen, welcher einen Zweifel an meinem Vorhaben erwecken könnte. Ja, ich will eine Reise unternehmen zu jenem gewaltigen Bürgervolke, welches den Völkern der alten Welt zuerst das Licht der Freiheit angezündet und der republikanischen Freiheit die Weltherrschaft sichern wird, ich will nicht in verzehrender Unthätigkeit oder eitler Projektenmacherei an den Gränzen Teutschlands müßig liegen, und zerrütten an Geist und Leib, kein verkommender oder verkommener Flüchtling sein oder werden. Ich will mit eigenen Augen sehen und erforschen die Einrichtung jenes größten und freiesten der Völker, ich will und hoffe dorten thätig sein und wirken zu können für das Land, aus welchem wir republikanische Flüchtlinge ausgestoßen liegen im Exil. Erhebt sich Deutschlands Volk zur republikanischen That, gedenkt es seiner Söhne, welche zuerst ausgezogen sind für die deutsche Republik, dann noch, will es ihre Kraft benützen, schnell ist der Ocean durchsucht, zwei Wochen reichen hin, und die Verbannten können unter euch sein, und neu gestärkt durch das Leben unter jenen tapfern Männern der Vereinigten Staaten, reich an Erfahrungen durch eigene Anschauung jenes großen Staatsverbandes von 30 Republiken, neue Kraft dem Vaterlande zubringen. Schaart euch um die Männer, welche das Panner der Volkssouveränetät hoch und bei demselben treue Wache halten, um die Männer der äußersten Linken zu Frankfurt a. M., schließt euch in Rath und That fest an die tapfern Führer der republikanischen Schilderhebung, ihre Namen seien euch feste Gedenksäulen, von ihnen werdet ihr meine Nachrichten, Berichte und briefliche Mittheilungen über die Erlebnisse in der Union erfahren. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0581"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 116 der Neuen Rheinischen Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Samstag, 14. Oktober 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar116b_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>109</author></bibl> Düsseldorf, 12. Okt.</head> <p>Die Bestrebungen der demokratischen Partei, die unnatürliche Kluft zwischen Volk und Militär, die man auf alle Weise künstlich aufrecht u halten sich bemüht, hinwegzuschaffen, haben, wie anderwärts, so auch hier den erfreulichsten Fortgang. Letzten Freitag waren an 200 Soldaten in der Sitzung des demokratischen Vereins gegenwärtig. Sonntags hielt der Volksklub eine Volksversammlung in Gerresheim ab. Auch hier hatte das Militär sich äußerst zahlreich eingefunden. Bei der Rückkehr nach Düsseldorf waren es Husaren, welche unter endlosem Zuruf des Volkes die rothe Fahne vor dem Zuge voraustrugen. Ueberhaupt sind die letzten Tage Düsseldorfs ziemlich bewegte gewesen. Die Veranlassung bildete die Aufkündigung der städtischen Arbeiten von Seiten der Stadt. Nach den Märztagen hatte die städtische Behörde um die hiesigen brodlosen Arbeiter zu beschäftigen, Arbeiten auf der s. g. Golzheimer Insel vornehmen lassen. Man weiß, daß das philantropische Interesse unserer Bourgeoisie für die arbeitenden Klassen zu- und abzunehmen pflegt, je nachdem die Reaktion Niederlagen oder Triumphe feiert. So ist es denn leicht erklärlich, daß nach den letzten Vorgängen in Köln und der scheinbaren Kräftigung unseres gegenwärtigen Ministeriums in Berlin vorigen Sonnabend die Einstellung der Arbeiten von Seiten der Stadt aus Geldmangel wieder angekündigt wurde. An 600 Arbeiter und mehr werden dadurch brodlos. Diese Maßregel erscheint um so härter, als ohnehin des herannahenden Winters wegen in einer Zeit von 3-4 Wochen die Arbeiten hätten eingestellt werden müssen. Eine Deputation der Arbeiter zog am Montag, unter Vortragung ihrer Fahne, vor das Rathhaus, um gegen die Arbeitseinstellung zu protestiren. Der in Eile versammelte Gemeinderath beschied die Arbeiter, bis zum andern Tage zu warten, wo er in gesetzlich zusammenberufener Sitzung Beschlüsse fassen wolle. Die Arbeiter erklärten richtig den in Aussicht gestellten Beschluß abwarten zu wollen. Am Abend wurde die Bürgerwehr alarmirt, ohne daß indeß irgend ernstliche Unruhen eingetreten wären. Der Gemeinderath beschloß nun per Woche 80 bis 100 Mann abwechselnd beschäftigen zu wollen. Natürlich reicht dieser Beschluß bei der so großen Zahl der brodlos Gewordenen durchaus nicht hin, die Noth der Arbeiter zu hindern. Diese forderten daher in äußerst ruhigen und legal gehaltenen Plakaten, in welchen sie das „Recht auf Arbeit“ als Prinzip aufstellten, die Bürger Düsseldorf's auf, durch freiwillige Beiträge die Stadt in den Stand zu setzen, die öffentlichen Arbeiten in demselben Maaße wie bisher wieder fortsetzen zu lassen. Heute geht eine Kommission der Arbeiter mit den betreffenden Subscriptionslisten in der Stadt einher. Dieser so ruhigen und anerkennungswerthen Haltung der Arbeiter gegenüber mußte es um so befremdlicher erscheinen, daß heute eine vom Beigeordneten der Stadt, Dietze, dem Polizeiinspektor Zeller und dem Chef der Bürgerwehr, Lorenz Claasen, unterzeichnete Verfügung erging, in welcher exceptionelle Maßregeln getroffen worden, zu denen keinerlei Grund vorlag. So war verordnet, es sollte im Falle der Alarmirung der Bürgerwehr jeder bewaffnete oder unbewaffnete Mann, der sich nicht sofort legitimiren könne, vorläufig angehalten, die mittleren Geschoße der Häuser beleuchtet etc. etc. werden. Leicht hätte diese unbegreifliche Proklamation ernstliche Unruhen provociren dürfen. Besonders hat sich durch dieselbe der Chef der Bürgerwehr in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. An sich ein dem Fortschritte geneigter Mann ist es von ihm äußerst zu bedauern, daß er aus einem gänzlichen Mangel an Selbstständigkeit sich als eine Puppe in den Händen unserer Beamten gebrauchen läßt.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amerika.</head> <div xml:id="ar116b_002" type="jArticle"> <p>Die „Europa“ langte in Liverpool an, mit Berichten von New-York vom 27. September. Die damit eingetroffenen Nachrichten sind namentlich in kommerzieller Hinsicht von Wichtigkeit. Das fortwährend günstige Wetter läßt nämlich die Baumwoll-Erndte noch günstiger ausfallen, als man seither dachte. Man nimmt an, daß die Total-Produktion von 2,600,000 bis zu 2,700,000 sein wird, was schon unter gewöhnlichen Umständen einen niedrigen Durchschnittspreis garantiren würde. Bei dem durch die Vorfälle des europäischen Kontinents verringerten Konsumo, wird dies doppelt der Fall sein.</p> <p>Das Wichtigste der politischen Nachrichten besteht noch immer in der bevorstehenden Präsidentschaftswahl.</p> <p>General Taylon scheint fortwährend die meiste Chance zu haben, um so mehr, da Henry Clay sich ganz zurückgezogen hat. Die Freunde des General Caß scheinen weniger sanguin zu sein. Am 7. November wird die Wahl statt haben.</p> <p>Die Nachrichten von Mexiko sind unbedeutend. Herrera hat Ordre gegeben, daß alle Bürger von dem an die Vereinigten Staaten abgetreteten Landstrich, kostenfrei nach jedem Orte der Republik übersiedelt werden können.</p> <p>Die Berichte von San Francisco in Californien sind dagegen von mehr Interesse, denn es handelt sich darin um nichts weniger als um die bereits mit der letzten oft erwähnte Goldwäsche des Sacremento Flusses. Der Economist hatte darüber schon damals eine Korrespondenz aus New-York, die wir aber nicht als verbürgt mittheilen wollten, da wir sie mehr für ein Spiel der Phantasie Bruder Jonathans hielten. Da wir sie aber jetzt bestätigt finden, so wollen wir die Sache nicht länger verschweigen. Der Economist berichtet nämlich, daß man seit Kurzem in dem Sande des Sacremento Flusses eine fast unglaubliche Menge Gold vorgefunden habe und zwar in Körnern die manchmal eine Unze schwer seien. Man versicherte, die Menge dieses Goldes sei so reichlich, und die Distrikte, in denen es sich finde, seien so ausgedehnt, daß die ganze amerikanische Population von Californien nach den Ufern jenes Flusses aufgebrochen sei. Weiber und Kinder hätten ihre Wohnungen verlassen. Soldaten, Matrosen, Beamte, kurz alles stürze hinaus um Gold zu waschen und man zahle enorme Preise für jedes bei diesem Geschäfte nöthige Instrument.</p> <p>Diese Berichte werden jetzt wiederholt. Die ganze Stadt San Francisco soll von ihren Einwohnern verlassen sein; alle Dienstboten sind davon gelaufen. Die Zeitungen konnten nicht mehr erscheinen und alles wälzte sich dem Eldorado entgegen.</p> <p>Trotz diesen wiederholten Nachrichten glauben indeß selbst amerikanische Blätter, die Sache noch nicht ganz verbürgen zu können.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar116b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Bern, 8. October.</head> <p>In der Antwort, die der Vorort auf die bekannte Note des deutschen Reichsverwesers erlassen, beschwert sich derselbe Eingangs darüber, daß die Note vorher in öffentlichen Blättern publizirt worden sei, und vermißt in der diplomatischen Sprache die gewohnte Ruhe. Das Aktenstück trage zu unverkennbar die „Spuren augenblicklicher Gereiztheit“. Dann bezieht sich der Vorort auf seine dem Abgeordneten des „weiland deutschen Bundestages“ unter dem 3. August zugestellte Note, und sagt, daß es unrichtig sei, daß die deutschen Flüchtlinge sich auf Schweizer Boden zu einem Freischaarenzuge organisirt hätten; im schlimmsten Falle seien dergleichen Machinationen im Geheimen getrieben worden; und der Vorort müsse sich daher gegen dergleichen Beschuldigungen, „durch welche der Ehrenhaftigkeit und Wahrheitsliebe schweizerischer Kantonalregierungen auf ebenso wegwerfende wie beleidigende Weise zu nahe getreten wird“ auf das Feierlichste verwahren. Was die Bemerkungen über die Presse betreffe, so bemerkt der Vorort, daß in der Schweiz Preßfreiheit herrsche, und er sich in Bezug auf Uebergriffe lediglich an die Preßgesetze halte; die Nachbarstaaten besäßen ja „hinlängliche Mittel, auf Wegen der Polizei gegen solche Produkte der Presse einzuschreiten, welche mit ihrem Regierungssystem, oder gar <hi rendition="#g">mit ihrer politischen Existenz als unvereinbar</hi> erscheinen mögen“. Die Freischärler hätten unbewaffnet die Schweiz verlassen; auf deutschem Boden, in Lörrach sei Alles vorbereitet gewesen, und es habe dort nur des Erscheinens von Struve bedurft, um den Aufstand offen zu Tage zu bringen. Der Vorfall stehe eher vielmehr mit dem Aufstande in Frankfurt im Zusammenhange, wie auch die in Lörrach erlassene Proklamation beweise, welche in unbestimmten Ausdrücken auf die bekannten Vorgänge in Frankfurt hinweise.</p> <p>Wenn in einem Lande wie Deutschland, sagt die Note des Vororts weiter, wo unzählige Volksversammlungen ihre Sympathien für die Republik kundgeben, wo wegen dieser Sympathien die Hauptstadt einer Provinz in Belagerungszustand erklärt worden ist, wo bald eine Fürstin flüchten muß, bald ein Fürst sein Land zu verlassen gezwungen wird, das Mißbehagen zur offenen That umschlage, so wäre es lächerlich, diese Vorgänge auf Rechnung eines Nachbarstaates zu setzen, dem man Dank wissen müsse, daß von ihm die Lohe nicht weiter angeschürt worden sei.</p> <p>Was das Verlangen nach „Untersuchung“ betreffe, so verlange dazu der Vorort zuvor die „fachbezüglichen nähern Nachweisungen“, indem er sich auf „vage und ganz allgemein gehaltene Berichte“ nicht einlassen könne. Was aber das Verlangen nach „Entwaffnung der Flüchtlinge und Entfernung derselben von der deutschen Grenze betreffe,“ so sei diesem Ansinnen so weit schon entsprochen, als es mit der Humanität vereinbar sei, und den Flüchtlingen, welche an dem zweiten Aufstande Theil genommen, von den betreffenden Kantonalbehörden das Asylrecht entzogen worden.</p> <p>Der Vorort nimmt inzwischen von diesem Vorfalle Veranlassung auf die Verabsäumung aller Vorsichtsmaßregeln von Seiten der badischen Regierung aufmerksam zu machen, eine Thatsache, welche der eidgen. Vorort dem „öffentlichen Urtheile, welches dieselbe, bei wiedergewonnener Fassung, nach ihrem ganzen Werthe zu würdigen wissen wird,“ unterstellt.</p> <p>„Nur ungern berührt der eidgen. Vorort den Schluß der Note, welche in drohendem Tone die Anwendung weiterer Maßregeln von Seiten der deutschen Centralgewalt in Aussicht stellt;“ und erklärt dann, daß dieses nur beiden Ländern zum Schaden gereichen würde, wobei sie aber die weitere Erklärung nicht zurückhalten wolle, „daß <hi rendition="#g">das schweizerische Volk</hi> mit seinen Regierungen, die der Ausdruck seines freithätigrn Willens sind, vollkommen einig gehe.</p> <p>Schließlich anerkennt die schweizerische Nation das Recht, daß jedes Volk seinen Haushalt nach eigenem Ermessen ordnen könne; „<hi rendition="#g">ihre Glückwünsche begleiten jeden Staat, dem es gelingt, im Geiste der Freiheit und des Fortschrittes zu einem höhern politischen Dasein sich zu entwickeln;</hi>“ „die Schweiz würde jegliche Zumuthung abzuweisen im Stande sein, welche mit der Ehre der uralten Eidgenossenschaft und mit der Würde eines freien und selbständigen Volkes im Widerspruche steht.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar116b_004" type="jArticle"> <p>Die Nachrichten aus Neapel reichen bis zum 1. Oktober. Definitive Instruktionen des französischen und englischen Gouvernements waren noch nicht eingetroffen; man erwartete dieselben aber von Stunde zu Stunde. In Neapel herrschte vollkommene Ruhe. In Messina und in allen andern sicilianischen Häfen wurde der Waffenstillstand streng beobachtet.</p> </div> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar116b_005" type="jArticle"> <head>Ein Wort an das deutsche Volk.</head> <p>Jede Revolution, welche vom Gebiete der That hinübergleitet auf den Boden der Diskussion, zehrt sich auf und wird von derjenigen Macht, welche durch die Revolution gestürzt werden sollte, mit den Mitteln der Intrigue, der Bestechung, des Zogerns und Hinhaltens, mit einem Worte durch das Spiel politischer Betrügerei ausgebeutet und zu Grunde gerichtet.</p> <p>Aufgabe eines jeden Volkes, welches sich erhebt, aus der tiefen Erniedrigung, aus der Knechtschaft und Unterdrückung, ist es, die feindliche Macht, unter deren Druck es geschmachtet und gelitten hat, und gegen welche es sich erhebt, vollständig zu zerbrechen, provisorisch die Grundlagen des neuen Freiheitsbaues zu legen und erst, wenn die Revolution siegreich ihre Fahne wehen sieht über der zerbrochenen tyrannischen Gewalt, erst dann kann die Berathung des neuen Staatsorganismus beginnen; das Alte muß so gründlich vernichtet sein, daß eine Wiederkehr nicht möglich wird, dann erst kann der junge Freiheitsbau vollendet werden.</p> <p>Ewig wahr ziehen diese Sätze durch die Geschichte aller Revolutionen, und alle Revolutionen gegen die menschenentwürdigende Herrschaft eines Einzelnen, gegen die Monarchie, gingen unter, wenn das Volk, statt die Revolution mit allen revolutionären Mitteln zu vollenden, sich auf das Verhandeln und Unterhandeln, auf lange Reden und bodenlose Schwätzerei einließ Mit der Monarchie ist kein Vertrag möglich. Gegen fürstliche Tyrannei gibt es nur das einzige Mittel, völlige Vernichtung der Monarchie.</p> <p>Diese durch Erfahrung von Jahrtausenden erpobten Axiome standen mir, klar vor der Seele im politischen Leben, sie traten in Riesengestalten vor mich, als Frankreich, welches alle Formen der Monarchie, von der Despote des XIV. Ludwigs bis zu der gauielspielerischen Betrügerei der konstitutionellen Monarchie durchlebt hat, sich erhob und das Königthum stürzte. Welchen Antheil ich an der Bewegung, an der Erhebung Süddeutschlands genommen, wie ich sie mit aller Begeisterung, Ruhelosigkeit und Energie, deren ich nach meiner geringen Kraft fähig bin, gefördert, getrieben und nur in ihr gelebt habe, das ist Vielen bekannt; es galt jetzt den alten Lügenstaat einzureißen und den wahren Volksstaat erstehen zu lassen; es galt jetzt den Gedanken, der Tag und Nacht mein Begleiter war, zur Thatsache werden zu lassen.</p> <p>Wie einst For und Wilkes an der Stelle des papiernen Bittens und Forderns die Petition des lebendigens Menschenstromes setzen, so war noch, ehe die französische Revolution ausgebrochen, mein Plan, dies Mittel in Bewegung zu setzen, und ich drohte den Ministern in der Ständeversammlung damit, als der damalige Justizminister Trefurt widerstritt, daß mein gestelltes Verlangen ein „Verlangen des Volkes“ sei.</p> <p>Der 24. Februar zuckte elektrisch durch unser unglückliches niedergeworfenes Volk; die Bewegung brach los, es verlangte klare Rechtsbriefe, die revolutionäre Kraft und Begeisterung strömten aus der Tiefe auf, die 38fache Zersplitterung hinderte die Gesammtentfaltung und die Benützung der in 38 Staaten arbeitenden revolutionären Kraft; jedes Land und Ländchen arbeitete für seine eigne Rechnung, die zitternden Fürsten, ihre gegliederte Diplomatie und Büreaukratie waren, wenn auch zurückgedrängt, eingeschüchtert, immerhin noch organisiert, und daß sie hinter dem Hütchen ihre Verbindung um so enger knüpften, konnte man als gewiß voraussetzen, denn es galt ihrer Existenz; die Selbsterhaltung mußte sie dazu treiben.</p> <p>Das Volk fühlte selber diesen Zustand der Zersplitterung seiner Revolutionsarbeit, es verlangte nach einem Sammelpunkt. Einen solchen Sammelpunkt, in welchem die 38fach gespaltene revolutionäre Kraft förderirt über das Ganze der 38 Staaten zu wirken im Stande war, konnte nur eine revolutionäre Versammlung abgeben, welche nur kraft revolutionären Willens, ohne allen Anstrich einer Fußung auf den Gesetzen der alten Staatsform, zusammen trat Diese Versammlung war das Vorparlament, dieses mußte permanent bleiben; man konnte in dasselbe fort und fort neue Kräfte berufen, diese Versammlung mußte das Steuer in die Hand nehmen, sie mußte provisorische Dekrete erlassen und die Grundlagen legen. Aber sie mußte um letzteres zu können, permanent bleiben; und blieb sie beisammen, so mußte sie mit jedem Tage energischer vorwärts gehen, denn sie stand auf keinem andern Boden, als dem der Revolution; was sie geschaffen und vollbracht, konnte sie als Erbe einem konstituirenden Konvente übergeben, der aus der Volkswahl hervorging. Ich sah es klar, daß die Revolution nur gerettet, rasch und energisch vollendet werden könne durch die Permanenz und stellte den Antrag ‒ er fiel, nur Waffengewalt konnte jetzt noch entscheiden. Das war meine feste Meinung. Ich bin es überzeugt, daß Fürsten und Diplomaten aufathmeten, als sie sahen, daß die Permanenz verworfen worden war, und die Revolution auf das Feld der loyalen Schwätzereien verwiesen werden sollte, sie hatten Zeit gewonnen, und Alle, welche gegen die Permanenz auftraten oder stimmten, haben die Revolution, haben das Volk verrathen! Jetzt galt es, die Revolution durch die Revolution zu retten, wir erhoben uns in Baden. Die Erkenntniß der Faulheit der üblen Zustände war in Baden, war in Deutschland vorhanden; das Volk hatte in Versammlungen und Einigungen dieses laut erklärt, es hatte zur That aufgefordert, es gehörte nichts als der Muth der That zu dem Muthe des Wortes, es gehörte Aufopferungsfähigkeit dazu, und eine Erhebung in Masse hätte ohne Schwertstreich die Revolution zum Siege geführt, das stehende Heer, dessen Disziplin gänzlich dahin war, wäre bei einem Aufstande in Masse dem Volke nicht entgegengetreten, und wäre dann unter flatternden Fahnen der Republikaner die Wahl zur konwtuirenden Versammlung des deutschen Volkes vorgenommen worden, ein Nationalkonvent voll großartiger Energie und schöpferischer Kraft hätte im Bündniß mit Frankreich Europa neu gestaltet.</p> <p>Wir standen auf ‒ wir unterlagen, weil bei dem Volke der Muth der That nicht dem Muth des Wortes gleich kam.</p> <p>„Wir wollen das Parlament abwarten!“</p> <p>Nun, ihr habt euer Parlament! seid ihr frei? seid ihr glücklich? Ihr habt den Vertröstern auf das Parlament mehr Gehör geschenkt, als denen, welche mit dem Schwerte auszogen und euch voraussagten, fast wörtlich voraussagten, was das Parlament euch bringen werde, und ‒ seid ihr frei? seit ihr glücklich? ‒</p> <p>Als die Erhebung für die deutsche Republik aber unterlegen war, da wurden die Besiegten geschmäht und gehöhnt. Viele schimpften dem fast- und marklosen Fünfzigerausschuß und dem Parlamente zulieb. Bald sah das Volk ein, daß seine Errungenschaft sich in nichts auflösen würde, und ich habe in fast jedem meiner leitenden Artikel des Volksfreundes die Lage der Dinge und was die Zukunft bringen werde, dargelegt und vorausgesagt. Was that das Volk? Sorgte es für seine Bewaffnung, schaarte es sich auf seinen Sammelplätzen mit der Entschlossenheit zu handeln? Ihr klagt über Reaktion! Was ist Reaktion? Reaktion ist nichts anderes, als die Entfaltung der Thätigkeit der friedlichen politischen Partei. Ist eine Reaktion möglich, wenn das Volk wach und thätig ist? Nimmermehr! Wer über Reaktion klagt, der klagt nur über seine eigene Feigheit und Unthätigkeit, stellt sich selbst ein Armuthszeugniß aus. Der geworfene Feind kann sich nicht erheben, wenn ich selbst ihm keine Muße, keine Zeit lasse, sich zu sammeln. Während wir, die wir mit dem Schwerte aufgestanden, im Stich gelassen, und an den Strand geworfen waren, mit tiefem, verzehrendem Schmerze, mit dem herösten Grolle und heißem Ingrimme über die Gränze nach den waldigen Bergen, nach den schönen Thälern des Vaterlandes, das uns ausgestoßen hatte, blickten, und harrten der Thatkraft des Volkes, welches das Schiff des Volksstaats wieder flott machen und seine geächteten Söhne an Bord nehmen sollte, während wir in den aus dem tiefsten Herzen entströmten Zurufen, Ansprachen, Proklamationen neu appellirten an die Begeisterung, an die Schaam, was ist geschehen? ‒ Die Menschen machen die Ereignisse, sie fallen nicht vom Himmel; hilf dir selbst, so wird dir Gott helfen; helfen kann nur die gewaltige That, die revolutionäre Volksthat, nicht das Hoffen und Harren, nicht papierene Adressen und Petitionen nicht Festschmäuse und Toaste, nicht das Singen von Heckerliedern und andern Gesängen. Mit bitterem Schmerze um Volk, Vaterland und Freiheit, habe ich seit Monden am Strande der Verbannung gelegen, und zurückgeblickt auf ein bewegtes, thätiges, arbeitsames öffentliches Leben, auf den Strom der Revolution, auf welchem ich mit am Ruder gesessen; sehnsüchtig geharrt auf den Tag, der aus dem verzehrenden Siechthum des Exils mich rufe und Bahn eröffne schöpferischer Wirksamkeit für die deutsche Republik. Ich muß ein Feld der schöpferischen Wirksamkeit der Thätigkeit bauen, ich kann nicht müßig liegen, versiechen, verkümmern; ich kann nicht zehren und glücklich sein in der Feier meines Namens, ich bin von jeher ein Feind von Personalhuldigungen gewesen, das Volk soll sich nicht an Namen hängen, es soll sich begeistern, erglühen für die That der Befreiung, es soll handeln, handeln, dann können auch die Geächteten wieder unter euch treten, wieder mitarbeiten zur Errichtung des Freistaats, zur Gründung der deutschen Republik. Wer aber die Hände in den Schooß legt, oder bei Wein und Schmaus nur die Faust macht und droht „wart' nur, wenn die Verbannten kommen“, der hat seine Schuldigkeit nicht gethan, im Gegentheil, er beweiset damit, daß er ein großes Maul aber ein kleines Herz habe, denn er weiß recht wohl, daß ein einziger Mann, daß ein Häuflein verbannter Männer allein ihm die Republik nicht bringen können, daß das Volk sie sich nehmen muß; daß der Freiheitsdrang sich thatsächlich kund geben und es uns zeigen muß wie es ernstlich will, und so uns eine Gasse bahnen, auf daß wir wieder mitkämpfen und ringen, einreißen und bauen können. Eine bessere Musik als die Hoch's und Vivats, als die Lieder und Trinksprüche ist das Klirren der Waffen für die Freiheit entschlossener Männer, ist das grollende Murren und das wilde Rufen einer versammelten, zur Durchsetzung ihres Rechtes entschlossenen Menge. Eure Tyrannen haben das Zittern noch nicht verlernt, verlernet ihr das Handeln nicht!</p> <p>Aber ebenmäßig zum Ueberdrusse, wie zum Schmerze wirkt es, wenn man Statt der Handlung nur großprahlerisches Maulen wahrnehmen und in der Erwartung, thätig wirken zu können, eben so getäuscht wird, als es mit den Akklamationen, Deputationen, Versicherungen und Aufforderungen im Frühjahr vor dem Aufstande der Fall war. „Raum ihr Herr'n dem Flügelschlag freier Männerseelen!“</p> <p>Die öffentlichen Blätter sagen euch, ich habe vor, eine Reise zu dem großten und freiesten der Völker zu machen, welches im Begriffe steht, die nur alle vier Jahre wiederkehrende, das ganze Volk in Bewegung setzende Handlung der Präsidentenwahl vorzunehmen. Die öffentlichen Blätter haben wahr geredet, und ohne mein Vorwissen hat der zweite in Rheinfelden wohnende Redakteur des „Volksfreundes“ einen Artikel in dem gedachten Blatte abdrucken lassen, welcher einen Zweifel an meinem Vorhaben erwecken könnte.</p> <p>Ja, ich will eine Reise unternehmen zu jenem gewaltigen Bürgervolke, welches den Völkern der alten Welt zuerst das Licht der Freiheit angezündet und der republikanischen Freiheit die Weltherrschaft sichern wird, ich will nicht in verzehrender Unthätigkeit oder eitler Projektenmacherei an den Gränzen Teutschlands müßig liegen, und zerrütten an Geist und Leib, kein verkommender oder verkommener Flüchtling sein oder werden. Ich will mit eigenen Augen sehen und erforschen die Einrichtung jenes größten und freiesten der Völker, ich will und hoffe dorten thätig sein und wirken zu können für das Land, aus welchem wir republikanische Flüchtlinge ausgestoßen liegen im Exil. Erhebt sich Deutschlands Volk zur republikanischen That, gedenkt es seiner Söhne, welche zuerst ausgezogen sind für die deutsche Republik, dann noch, will es ihre Kraft benützen, schnell ist der Ocean durchsucht, zwei Wochen reichen hin, und die Verbannten können unter euch sein, und neu gestärkt durch das Leben unter jenen tapfern Männern der Vereinigten Staaten, reich an Erfahrungen durch eigene Anschauung jenes großen Staatsverbandes von 30 Republiken, neue Kraft dem Vaterlande zubringen.</p> <p>Schaart euch um die Männer, welche das Panner der Volkssouveränetät hoch und bei demselben treue Wache halten, um die Männer der äußersten Linken zu Frankfurt a. M., schließt euch in Rath und That fest an die tapfern Führer der republikanischen Schilderhebung, ihre Namen seien euch feste Gedenksäulen, von ihnen werdet ihr meine Nachrichten, Berichte und briefliche Mittheilungen über die Erlebnisse in der Union erfahren.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0581/0001]
Beilage zu Nr. 116 der Neuen Rheinischen Zeitung Organ der Demokratie. Samstag, 14. Oktober 1848. Deutschland. 109 Düsseldorf, 12. Okt. Die Bestrebungen der demokratischen Partei, die unnatürliche Kluft zwischen Volk und Militär, die man auf alle Weise künstlich aufrecht u halten sich bemüht, hinwegzuschaffen, haben, wie anderwärts, so auch hier den erfreulichsten Fortgang. Letzten Freitag waren an 200 Soldaten in der Sitzung des demokratischen Vereins gegenwärtig. Sonntags hielt der Volksklub eine Volksversammlung in Gerresheim ab. Auch hier hatte das Militär sich äußerst zahlreich eingefunden. Bei der Rückkehr nach Düsseldorf waren es Husaren, welche unter endlosem Zuruf des Volkes die rothe Fahne vor dem Zuge voraustrugen. Ueberhaupt sind die letzten Tage Düsseldorfs ziemlich bewegte gewesen. Die Veranlassung bildete die Aufkündigung der städtischen Arbeiten von Seiten der Stadt. Nach den Märztagen hatte die städtische Behörde um die hiesigen brodlosen Arbeiter zu beschäftigen, Arbeiten auf der s. g. Golzheimer Insel vornehmen lassen. Man weiß, daß das philantropische Interesse unserer Bourgeoisie für die arbeitenden Klassen zu- und abzunehmen pflegt, je nachdem die Reaktion Niederlagen oder Triumphe feiert. So ist es denn leicht erklärlich, daß nach den letzten Vorgängen in Köln und der scheinbaren Kräftigung unseres gegenwärtigen Ministeriums in Berlin vorigen Sonnabend die Einstellung der Arbeiten von Seiten der Stadt aus Geldmangel wieder angekündigt wurde. An 600 Arbeiter und mehr werden dadurch brodlos. Diese Maßregel erscheint um so härter, als ohnehin des herannahenden Winters wegen in einer Zeit von 3-4 Wochen die Arbeiten hätten eingestellt werden müssen. Eine Deputation der Arbeiter zog am Montag, unter Vortragung ihrer Fahne, vor das Rathhaus, um gegen die Arbeitseinstellung zu protestiren. Der in Eile versammelte Gemeinderath beschied die Arbeiter, bis zum andern Tage zu warten, wo er in gesetzlich zusammenberufener Sitzung Beschlüsse fassen wolle. Die Arbeiter erklärten richtig den in Aussicht gestellten Beschluß abwarten zu wollen. Am Abend wurde die Bürgerwehr alarmirt, ohne daß indeß irgend ernstliche Unruhen eingetreten wären. Der Gemeinderath beschloß nun per Woche 80 bis 100 Mann abwechselnd beschäftigen zu wollen. Natürlich reicht dieser Beschluß bei der so großen Zahl der brodlos Gewordenen durchaus nicht hin, die Noth der Arbeiter zu hindern. Diese forderten daher in äußerst ruhigen und legal gehaltenen Plakaten, in welchen sie das „Recht auf Arbeit“ als Prinzip aufstellten, die Bürger Düsseldorf's auf, durch freiwillige Beiträge die Stadt in den Stand zu setzen, die öffentlichen Arbeiten in demselben Maaße wie bisher wieder fortsetzen zu lassen. Heute geht eine Kommission der Arbeiter mit den betreffenden Subscriptionslisten in der Stadt einher. Dieser so ruhigen und anerkennungswerthen Haltung der Arbeiter gegenüber mußte es um so befremdlicher erscheinen, daß heute eine vom Beigeordneten der Stadt, Dietze, dem Polizeiinspektor Zeller und dem Chef der Bürgerwehr, Lorenz Claasen, unterzeichnete Verfügung erging, in welcher exceptionelle Maßregeln getroffen worden, zu denen keinerlei Grund vorlag. So war verordnet, es sollte im Falle der Alarmirung der Bürgerwehr jeder bewaffnete oder unbewaffnete Mann, der sich nicht sofort legitimiren könne, vorläufig angehalten, die mittleren Geschoße der Häuser beleuchtet etc. etc. werden. Leicht hätte diese unbegreifliche Proklamation ernstliche Unruhen provociren dürfen. Besonders hat sich durch dieselbe der Chef der Bürgerwehr in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. An sich ein dem Fortschritte geneigter Mann ist es von ihm äußerst zu bedauern, daß er aus einem gänzlichen Mangel an Selbstständigkeit sich als eine Puppe in den Händen unserer Beamten gebrauchen läßt.
Amerika. Die „Europa“ langte in Liverpool an, mit Berichten von New-York vom 27. September. Die damit eingetroffenen Nachrichten sind namentlich in kommerzieller Hinsicht von Wichtigkeit. Das fortwährend günstige Wetter läßt nämlich die Baumwoll-Erndte noch günstiger ausfallen, als man seither dachte. Man nimmt an, daß die Total-Produktion von 2,600,000 bis zu 2,700,000 sein wird, was schon unter gewöhnlichen Umständen einen niedrigen Durchschnittspreis garantiren würde. Bei dem durch die Vorfälle des europäischen Kontinents verringerten Konsumo, wird dies doppelt der Fall sein.
Das Wichtigste der politischen Nachrichten besteht noch immer in der bevorstehenden Präsidentschaftswahl.
General Taylon scheint fortwährend die meiste Chance zu haben, um so mehr, da Henry Clay sich ganz zurückgezogen hat. Die Freunde des General Caß scheinen weniger sanguin zu sein. Am 7. November wird die Wahl statt haben.
Die Nachrichten von Mexiko sind unbedeutend. Herrera hat Ordre gegeben, daß alle Bürger von dem an die Vereinigten Staaten abgetreteten Landstrich, kostenfrei nach jedem Orte der Republik übersiedelt werden können.
Die Berichte von San Francisco in Californien sind dagegen von mehr Interesse, denn es handelt sich darin um nichts weniger als um die bereits mit der letzten oft erwähnte Goldwäsche des Sacremento Flusses. Der Economist hatte darüber schon damals eine Korrespondenz aus New-York, die wir aber nicht als verbürgt mittheilen wollten, da wir sie mehr für ein Spiel der Phantasie Bruder Jonathans hielten. Da wir sie aber jetzt bestätigt finden, so wollen wir die Sache nicht länger verschweigen. Der Economist berichtet nämlich, daß man seit Kurzem in dem Sande des Sacremento Flusses eine fast unglaubliche Menge Gold vorgefunden habe und zwar in Körnern die manchmal eine Unze schwer seien. Man versicherte, die Menge dieses Goldes sei so reichlich, und die Distrikte, in denen es sich finde, seien so ausgedehnt, daß die ganze amerikanische Population von Californien nach den Ufern jenes Flusses aufgebrochen sei. Weiber und Kinder hätten ihre Wohnungen verlassen. Soldaten, Matrosen, Beamte, kurz alles stürze hinaus um Gold zu waschen und man zahle enorme Preise für jedes bei diesem Geschäfte nöthige Instrument.
Diese Berichte werden jetzt wiederholt. Die ganze Stadt San Francisco soll von ihren Einwohnern verlassen sein; alle Dienstboten sind davon gelaufen. Die Zeitungen konnten nicht mehr erscheinen und alles wälzte sich dem Eldorado entgegen.
Trotz diesen wiederholten Nachrichten glauben indeß selbst amerikanische Blätter, die Sache noch nicht ganz verbürgen zu können.
Schweiz. * Bern, 8. October. In der Antwort, die der Vorort auf die bekannte Note des deutschen Reichsverwesers erlassen, beschwert sich derselbe Eingangs darüber, daß die Note vorher in öffentlichen Blättern publizirt worden sei, und vermißt in der diplomatischen Sprache die gewohnte Ruhe. Das Aktenstück trage zu unverkennbar die „Spuren augenblicklicher Gereiztheit“. Dann bezieht sich der Vorort auf seine dem Abgeordneten des „weiland deutschen Bundestages“ unter dem 3. August zugestellte Note, und sagt, daß es unrichtig sei, daß die deutschen Flüchtlinge sich auf Schweizer Boden zu einem Freischaarenzuge organisirt hätten; im schlimmsten Falle seien dergleichen Machinationen im Geheimen getrieben worden; und der Vorort müsse sich daher gegen dergleichen Beschuldigungen, „durch welche der Ehrenhaftigkeit und Wahrheitsliebe schweizerischer Kantonalregierungen auf ebenso wegwerfende wie beleidigende Weise zu nahe getreten wird“ auf das Feierlichste verwahren. Was die Bemerkungen über die Presse betreffe, so bemerkt der Vorort, daß in der Schweiz Preßfreiheit herrsche, und er sich in Bezug auf Uebergriffe lediglich an die Preßgesetze halte; die Nachbarstaaten besäßen ja „hinlängliche Mittel, auf Wegen der Polizei gegen solche Produkte der Presse einzuschreiten, welche mit ihrem Regierungssystem, oder gar mit ihrer politischen Existenz als unvereinbar erscheinen mögen“. Die Freischärler hätten unbewaffnet die Schweiz verlassen; auf deutschem Boden, in Lörrach sei Alles vorbereitet gewesen, und es habe dort nur des Erscheinens von Struve bedurft, um den Aufstand offen zu Tage zu bringen. Der Vorfall stehe eher vielmehr mit dem Aufstande in Frankfurt im Zusammenhange, wie auch die in Lörrach erlassene Proklamation beweise, welche in unbestimmten Ausdrücken auf die bekannten Vorgänge in Frankfurt hinweise.
Wenn in einem Lande wie Deutschland, sagt die Note des Vororts weiter, wo unzählige Volksversammlungen ihre Sympathien für die Republik kundgeben, wo wegen dieser Sympathien die Hauptstadt einer Provinz in Belagerungszustand erklärt worden ist, wo bald eine Fürstin flüchten muß, bald ein Fürst sein Land zu verlassen gezwungen wird, das Mißbehagen zur offenen That umschlage, so wäre es lächerlich, diese Vorgänge auf Rechnung eines Nachbarstaates zu setzen, dem man Dank wissen müsse, daß von ihm die Lohe nicht weiter angeschürt worden sei.
Was das Verlangen nach „Untersuchung“ betreffe, so verlange dazu der Vorort zuvor die „fachbezüglichen nähern Nachweisungen“, indem er sich auf „vage und ganz allgemein gehaltene Berichte“ nicht einlassen könne. Was aber das Verlangen nach „Entwaffnung der Flüchtlinge und Entfernung derselben von der deutschen Grenze betreffe,“ so sei diesem Ansinnen so weit schon entsprochen, als es mit der Humanität vereinbar sei, und den Flüchtlingen, welche an dem zweiten Aufstande Theil genommen, von den betreffenden Kantonalbehörden das Asylrecht entzogen worden.
Der Vorort nimmt inzwischen von diesem Vorfalle Veranlassung auf die Verabsäumung aller Vorsichtsmaßregeln von Seiten der badischen Regierung aufmerksam zu machen, eine Thatsache, welche der eidgen. Vorort dem „öffentlichen Urtheile, welches dieselbe, bei wiedergewonnener Fassung, nach ihrem ganzen Werthe zu würdigen wissen wird,“ unterstellt.
„Nur ungern berührt der eidgen. Vorort den Schluß der Note, welche in drohendem Tone die Anwendung weiterer Maßregeln von Seiten der deutschen Centralgewalt in Aussicht stellt;“ und erklärt dann, daß dieses nur beiden Ländern zum Schaden gereichen würde, wobei sie aber die weitere Erklärung nicht zurückhalten wolle, „daß das schweizerische Volk mit seinen Regierungen, die der Ausdruck seines freithätigrn Willens sind, vollkommen einig gehe.
Schließlich anerkennt die schweizerische Nation das Recht, daß jedes Volk seinen Haushalt nach eigenem Ermessen ordnen könne; „ihre Glückwünsche begleiten jeden Staat, dem es gelingt, im Geiste der Freiheit und des Fortschrittes zu einem höhern politischen Dasein sich zu entwickeln;“ „die Schweiz würde jegliche Zumuthung abzuweisen im Stande sein, welche mit der Ehre der uralten Eidgenossenschaft und mit der Würde eines freien und selbständigen Volkes im Widerspruche steht.“
Italien. Die Nachrichten aus Neapel reichen bis zum 1. Oktober. Definitive Instruktionen des französischen und englischen Gouvernements waren noch nicht eingetroffen; man erwartete dieselben aber von Stunde zu Stunde. In Neapel herrschte vollkommene Ruhe. In Messina und in allen andern sicilianischen Häfen wurde der Waffenstillstand streng beobachtet.
Ein Wort an das deutsche Volk. Jede Revolution, welche vom Gebiete der That hinübergleitet auf den Boden der Diskussion, zehrt sich auf und wird von derjenigen Macht, welche durch die Revolution gestürzt werden sollte, mit den Mitteln der Intrigue, der Bestechung, des Zogerns und Hinhaltens, mit einem Worte durch das Spiel politischer Betrügerei ausgebeutet und zu Grunde gerichtet.
Aufgabe eines jeden Volkes, welches sich erhebt, aus der tiefen Erniedrigung, aus der Knechtschaft und Unterdrückung, ist es, die feindliche Macht, unter deren Druck es geschmachtet und gelitten hat, und gegen welche es sich erhebt, vollständig zu zerbrechen, provisorisch die Grundlagen des neuen Freiheitsbaues zu legen und erst, wenn die Revolution siegreich ihre Fahne wehen sieht über der zerbrochenen tyrannischen Gewalt, erst dann kann die Berathung des neuen Staatsorganismus beginnen; das Alte muß so gründlich vernichtet sein, daß eine Wiederkehr nicht möglich wird, dann erst kann der junge Freiheitsbau vollendet werden.
Ewig wahr ziehen diese Sätze durch die Geschichte aller Revolutionen, und alle Revolutionen gegen die menschenentwürdigende Herrschaft eines Einzelnen, gegen die Monarchie, gingen unter, wenn das Volk, statt die Revolution mit allen revolutionären Mitteln zu vollenden, sich auf das Verhandeln und Unterhandeln, auf lange Reden und bodenlose Schwätzerei einließ Mit der Monarchie ist kein Vertrag möglich. Gegen fürstliche Tyrannei gibt es nur das einzige Mittel, völlige Vernichtung der Monarchie.
Diese durch Erfahrung von Jahrtausenden erpobten Axiome standen mir, klar vor der Seele im politischen Leben, sie traten in Riesengestalten vor mich, als Frankreich, welches alle Formen der Monarchie, von der Despote des XIV. Ludwigs bis zu der gauielspielerischen Betrügerei der konstitutionellen Monarchie durchlebt hat, sich erhob und das Königthum stürzte. Welchen Antheil ich an der Bewegung, an der Erhebung Süddeutschlands genommen, wie ich sie mit aller Begeisterung, Ruhelosigkeit und Energie, deren ich nach meiner geringen Kraft fähig bin, gefördert, getrieben und nur in ihr gelebt habe, das ist Vielen bekannt; es galt jetzt den alten Lügenstaat einzureißen und den wahren Volksstaat erstehen zu lassen; es galt jetzt den Gedanken, der Tag und Nacht mein Begleiter war, zur Thatsache werden zu lassen.
Wie einst For und Wilkes an der Stelle des papiernen Bittens und Forderns die Petition des lebendigens Menschenstromes setzen, so war noch, ehe die französische Revolution ausgebrochen, mein Plan, dies Mittel in Bewegung zu setzen, und ich drohte den Ministern in der Ständeversammlung damit, als der damalige Justizminister Trefurt widerstritt, daß mein gestelltes Verlangen ein „Verlangen des Volkes“ sei.
Der 24. Februar zuckte elektrisch durch unser unglückliches niedergeworfenes Volk; die Bewegung brach los, es verlangte klare Rechtsbriefe, die revolutionäre Kraft und Begeisterung strömten aus der Tiefe auf, die 38fache Zersplitterung hinderte die Gesammtentfaltung und die Benützung der in 38 Staaten arbeitenden revolutionären Kraft; jedes Land und Ländchen arbeitete für seine eigne Rechnung, die zitternden Fürsten, ihre gegliederte Diplomatie und Büreaukratie waren, wenn auch zurückgedrängt, eingeschüchtert, immerhin noch organisiert, und daß sie hinter dem Hütchen ihre Verbindung um so enger knüpften, konnte man als gewiß voraussetzen, denn es galt ihrer Existenz; die Selbsterhaltung mußte sie dazu treiben.
Das Volk fühlte selber diesen Zustand der Zersplitterung seiner Revolutionsarbeit, es verlangte nach einem Sammelpunkt. Einen solchen Sammelpunkt, in welchem die 38fach gespaltene revolutionäre Kraft förderirt über das Ganze der 38 Staaten zu wirken im Stande war, konnte nur eine revolutionäre Versammlung abgeben, welche nur kraft revolutionären Willens, ohne allen Anstrich einer Fußung auf den Gesetzen der alten Staatsform, zusammen trat Diese Versammlung war das Vorparlament, dieses mußte permanent bleiben; man konnte in dasselbe fort und fort neue Kräfte berufen, diese Versammlung mußte das Steuer in die Hand nehmen, sie mußte provisorische Dekrete erlassen und die Grundlagen legen. Aber sie mußte um letzteres zu können, permanent bleiben; und blieb sie beisammen, so mußte sie mit jedem Tage energischer vorwärts gehen, denn sie stand auf keinem andern Boden, als dem der Revolution; was sie geschaffen und vollbracht, konnte sie als Erbe einem konstituirenden Konvente übergeben, der aus der Volkswahl hervorging. Ich sah es klar, daß die Revolution nur gerettet, rasch und energisch vollendet werden könne durch die Permanenz und stellte den Antrag ‒ er fiel, nur Waffengewalt konnte jetzt noch entscheiden. Das war meine feste Meinung. Ich bin es überzeugt, daß Fürsten und Diplomaten aufathmeten, als sie sahen, daß die Permanenz verworfen worden war, und die Revolution auf das Feld der loyalen Schwätzereien verwiesen werden sollte, sie hatten Zeit gewonnen, und Alle, welche gegen die Permanenz auftraten oder stimmten, haben die Revolution, haben das Volk verrathen! Jetzt galt es, die Revolution durch die Revolution zu retten, wir erhoben uns in Baden. Die Erkenntniß der Faulheit der üblen Zustände war in Baden, war in Deutschland vorhanden; das Volk hatte in Versammlungen und Einigungen dieses laut erklärt, es hatte zur That aufgefordert, es gehörte nichts als der Muth der That zu dem Muthe des Wortes, es gehörte Aufopferungsfähigkeit dazu, und eine Erhebung in Masse hätte ohne Schwertstreich die Revolution zum Siege geführt, das stehende Heer, dessen Disziplin gänzlich dahin war, wäre bei einem Aufstande in Masse dem Volke nicht entgegengetreten, und wäre dann unter flatternden Fahnen der Republikaner die Wahl zur konwtuirenden Versammlung des deutschen Volkes vorgenommen worden, ein Nationalkonvent voll großartiger Energie und schöpferischer Kraft hätte im Bündniß mit Frankreich Europa neu gestaltet.
Wir standen auf ‒ wir unterlagen, weil bei dem Volke der Muth der That nicht dem Muth des Wortes gleich kam.
„Wir wollen das Parlament abwarten!“
Nun, ihr habt euer Parlament! seid ihr frei? seid ihr glücklich? Ihr habt den Vertröstern auf das Parlament mehr Gehör geschenkt, als denen, welche mit dem Schwerte auszogen und euch voraussagten, fast wörtlich voraussagten, was das Parlament euch bringen werde, und ‒ seid ihr frei? seit ihr glücklich? ‒
Als die Erhebung für die deutsche Republik aber unterlegen war, da wurden die Besiegten geschmäht und gehöhnt. Viele schimpften dem fast- und marklosen Fünfzigerausschuß und dem Parlamente zulieb. Bald sah das Volk ein, daß seine Errungenschaft sich in nichts auflösen würde, und ich habe in fast jedem meiner leitenden Artikel des Volksfreundes die Lage der Dinge und was die Zukunft bringen werde, dargelegt und vorausgesagt. Was that das Volk? Sorgte es für seine Bewaffnung, schaarte es sich auf seinen Sammelplätzen mit der Entschlossenheit zu handeln? Ihr klagt über Reaktion! Was ist Reaktion? Reaktion ist nichts anderes, als die Entfaltung der Thätigkeit der friedlichen politischen Partei. Ist eine Reaktion möglich, wenn das Volk wach und thätig ist? Nimmermehr! Wer über Reaktion klagt, der klagt nur über seine eigene Feigheit und Unthätigkeit, stellt sich selbst ein Armuthszeugniß aus. Der geworfene Feind kann sich nicht erheben, wenn ich selbst ihm keine Muße, keine Zeit lasse, sich zu sammeln. Während wir, die wir mit dem Schwerte aufgestanden, im Stich gelassen, und an den Strand geworfen waren, mit tiefem, verzehrendem Schmerze, mit dem herösten Grolle und heißem Ingrimme über die Gränze nach den waldigen Bergen, nach den schönen Thälern des Vaterlandes, das uns ausgestoßen hatte, blickten, und harrten der Thatkraft des Volkes, welches das Schiff des Volksstaats wieder flott machen und seine geächteten Söhne an Bord nehmen sollte, während wir in den aus dem tiefsten Herzen entströmten Zurufen, Ansprachen, Proklamationen neu appellirten an die Begeisterung, an die Schaam, was ist geschehen? ‒ Die Menschen machen die Ereignisse, sie fallen nicht vom Himmel; hilf dir selbst, so wird dir Gott helfen; helfen kann nur die gewaltige That, die revolutionäre Volksthat, nicht das Hoffen und Harren, nicht papierene Adressen und Petitionen nicht Festschmäuse und Toaste, nicht das Singen von Heckerliedern und andern Gesängen. Mit bitterem Schmerze um Volk, Vaterland und Freiheit, habe ich seit Monden am Strande der Verbannung gelegen, und zurückgeblickt auf ein bewegtes, thätiges, arbeitsames öffentliches Leben, auf den Strom der Revolution, auf welchem ich mit am Ruder gesessen; sehnsüchtig geharrt auf den Tag, der aus dem verzehrenden Siechthum des Exils mich rufe und Bahn eröffne schöpferischer Wirksamkeit für die deutsche Republik. Ich muß ein Feld der schöpferischen Wirksamkeit der Thätigkeit bauen, ich kann nicht müßig liegen, versiechen, verkümmern; ich kann nicht zehren und glücklich sein in der Feier meines Namens, ich bin von jeher ein Feind von Personalhuldigungen gewesen, das Volk soll sich nicht an Namen hängen, es soll sich begeistern, erglühen für die That der Befreiung, es soll handeln, handeln, dann können auch die Geächteten wieder unter euch treten, wieder mitarbeiten zur Errichtung des Freistaats, zur Gründung der deutschen Republik. Wer aber die Hände in den Schooß legt, oder bei Wein und Schmaus nur die Faust macht und droht „wart' nur, wenn die Verbannten kommen“, der hat seine Schuldigkeit nicht gethan, im Gegentheil, er beweiset damit, daß er ein großes Maul aber ein kleines Herz habe, denn er weiß recht wohl, daß ein einziger Mann, daß ein Häuflein verbannter Männer allein ihm die Republik nicht bringen können, daß das Volk sie sich nehmen muß; daß der Freiheitsdrang sich thatsächlich kund geben und es uns zeigen muß wie es ernstlich will, und so uns eine Gasse bahnen, auf daß wir wieder mitkämpfen und ringen, einreißen und bauen können. Eine bessere Musik als die Hoch's und Vivats, als die Lieder und Trinksprüche ist das Klirren der Waffen für die Freiheit entschlossener Männer, ist das grollende Murren und das wilde Rufen einer versammelten, zur Durchsetzung ihres Rechtes entschlossenen Menge. Eure Tyrannen haben das Zittern noch nicht verlernt, verlernet ihr das Handeln nicht!
Aber ebenmäßig zum Ueberdrusse, wie zum Schmerze wirkt es, wenn man Statt der Handlung nur großprahlerisches Maulen wahrnehmen und in der Erwartung, thätig wirken zu können, eben so getäuscht wird, als es mit den Akklamationen, Deputationen, Versicherungen und Aufforderungen im Frühjahr vor dem Aufstande der Fall war. „Raum ihr Herr'n dem Flügelschlag freier Männerseelen!“
Die öffentlichen Blätter sagen euch, ich habe vor, eine Reise zu dem großten und freiesten der Völker zu machen, welches im Begriffe steht, die nur alle vier Jahre wiederkehrende, das ganze Volk in Bewegung setzende Handlung der Präsidentenwahl vorzunehmen. Die öffentlichen Blätter haben wahr geredet, und ohne mein Vorwissen hat der zweite in Rheinfelden wohnende Redakteur des „Volksfreundes“ einen Artikel in dem gedachten Blatte abdrucken lassen, welcher einen Zweifel an meinem Vorhaben erwecken könnte.
Ja, ich will eine Reise unternehmen zu jenem gewaltigen Bürgervolke, welches den Völkern der alten Welt zuerst das Licht der Freiheit angezündet und der republikanischen Freiheit die Weltherrschaft sichern wird, ich will nicht in verzehrender Unthätigkeit oder eitler Projektenmacherei an den Gränzen Teutschlands müßig liegen, und zerrütten an Geist und Leib, kein verkommender oder verkommener Flüchtling sein oder werden. Ich will mit eigenen Augen sehen und erforschen die Einrichtung jenes größten und freiesten der Völker, ich will und hoffe dorten thätig sein und wirken zu können für das Land, aus welchem wir republikanische Flüchtlinge ausgestoßen liegen im Exil. Erhebt sich Deutschlands Volk zur republikanischen That, gedenkt es seiner Söhne, welche zuerst ausgezogen sind für die deutsche Republik, dann noch, will es ihre Kraft benützen, schnell ist der Ocean durchsucht, zwei Wochen reichen hin, und die Verbannten können unter euch sein, und neu gestärkt durch das Leben unter jenen tapfern Männern der Vereinigten Staaten, reich an Erfahrungen durch eigene Anschauung jenes großen Staatsverbandes von 30 Republiken, neue Kraft dem Vaterlande zubringen.
Schaart euch um die Männer, welche das Panner der Volkssouveränetät hoch und bei demselben treue Wache halten, um die Männer der äußersten Linken zu Frankfurt a. M., schließt euch in Rath und That fest an die tapfern Führer der republikanischen Schilderhebung, ihre Namen seien euch feste Gedenksäulen, von ihnen werdet ihr meine Nachrichten, Berichte und briefliche Mittheilungen über die Erlebnisse in der Union erfahren.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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