Neue Rheinische Zeitung. Nr. 128. Köln, 28. Oktober 1848.meldete sich eine so große Anzahl Personen jeglichen Standes zur Theilnahme an diesem Vereine, daß man nach der Annahme und dem Unterschreiben der Statuten sogleich zur Wahl der Direktion schreiten konnte. Die Direktion besteht nach den vorher angenommenen Statuten aus fünf Mitglieder, dem Präsidenten, Sekretär, Einnehmer, Bibliothekar und dem Korrespondenten. Die Amtsführung derselben ist auf sechs Monate beschränkt. Zum Präsidenten ist einstimmig der ehrenwerthe Bürger Hr. Laczinski aus Koscielec gewählt. Die Direktion hat den Kreis in achtzehn Distrikte eingetheilt und für denselben einen Distriktskommissarius und einen Stellvertreter bestimmt. Dieser Verein hat auch die Wittwen unserer im letzten Kampfe gefallenen Brüder in seine Obhut genommen. Nachdem wir nun so unsern Verein gebildet, erfuhren wir das Projekt der Liga Polska. Da nun der Nationalverein des Kreises Inowraclaw fast denselben Zweck verfolgt, den sich die Liga Polska gesetzt, so hat er dieses Projekt mit der größten Freude aufgenommen und wird sich von heute ab als ein besonderer Kreisverein der Liga Polska betrachten. Die heilsame Liga Polska verbreitet sich also täglich immer mehr und es freut mich sehr, Sie in Kenntniß zu setzen, daß sich dieselbe wiederum in Goßlin, Wittkowo, in Wagrowiec und auch schon in Straßburg (Westpreußen) gebildet hat und überall mit großem Enthusiasmus begrüßt wurde. München, 22. Oktbr. Die gestrige Versammlung im Haslauer Saale, fast ausschließlich zusammengesetzt aus Mitgliedern der Landwehr und der verschiedenen Freikorps, ergab folgende von Dr. Hermann verfaßte Adresse an den König: "Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Die Tage des 16., 17. und 18. Oktober waren Zeugen frevelhafter Angriffe auf Leben und Eigenthum unserer Stadt. Niemals hat Baierns Metropole solchen Gräuel der Verwüstung geschaut, aber auch nie eine solche Schwäche und Rathlosigkeit jener Behörden, denen der Vollzug der Gesetze anvertraut ist. Das Gefühl der Unsicherheit ist allgemein. Majestät! Wir wollen rechtzeitige und kräftige, wie nicht minder humane Handhabung der Gesetze, damit wir für Leben und Eigenthum wahrhaften Schutz haben, und nicht nach Gefährdung dieser großen Güter noch der Herrschaft des Standrechts verfallen. Diejenigen Personen, denen in den verflossenen Tagen der Gefahr die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit Pflicht war, - die diese Pflicht in mehr als befremdender Weise versäumt haben, sind sofort zu entfernen und zur Rechenschaft zu ziehen. Aber auch für die Zukunft muß eine bessere Bürgschaft der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden. Wir wollen diese selbst übernehmen. Es kann kein Zweifel sein, daß sich der bisherige Verwaltungsorganismus zum Schutze unseres Lebens und Eigenthums, als unbrauchbar erwiesen hat. Wir verlangen deshalb, daß derChef der Sicherheitspolizei mit voller Verantwortlichkeit unabhängig gestellt, und der bewaffnete Schutz dessen, was uns neben dem Vaterlande das theuerste ist, unter allen Umständen dem sogleich frei zu wählenden Commandanten der Landwehr und Freicorps anvertraut werde. Der nächste Landtag muß unsern Stadtbehörden die Handhabung der Sicherheitspolizei zurückgeben, und ein Gesetz schaffen, wonach jede Gemeinde für allen Schaden haftbar ist, der aus Störungen der öffentlichen Ruhe entspringt. Es ist ein unabweisliches Bedürfniß, daß dem im Landtagsabschiede vom 23. Mai 1846 §. 8 Nr. 1 durch die Stände des Reichs gestellten Antrage unverweilt Folge gegeben werde. Für alle unsere Mitbürger aber, welche durch die traurige Katastrophe der jüngsten Tage zu Schaden kamen, fordern wir von der Staatsregierung sofortige volle Entschädigung, weil durch einigermaßen rechtzeitige Vorkehrungen von Seite ihrer Organe die schaudererregenden Angriffe auf Leben und Eigenthum ohne allen Zweifel hätten abgewendet werden können. Majestät! die Freiheit hat nichts gemein mit dem Verbrechen. Sie will Gesetze, gestützt auf die Ueberzeugung - auf den Willen der Bürger. Wo ihre Herrschaft waltet, da ist Freiheit - da ist unerschütterliche Achtung vor dem Gesetze und die Kraft, für dasselbe einzustehen. Wer diese Bürgschaft des Friedens schafft, dem wird das Volk die Krone der Liebe - die Geschichte den unverwelklichen Kranz ruhmvoller Vergeltung aufs Haupt setzen. München, 21. Oktober 1848." Karlsruhe, 12. October. Gestern ist der bekannte Sonnenwirth Thibaut in Ettlingen festgenommen und vorerst in das Gefängniß nach Durlach gebracht worden. Seine Verhaftung soll durch Mittheilungen von Lörrach aus veranlaßt worden sein. Schleswig, den 23. Oktober. Die Proklamationen resp. des Reichs-Commissarius Stedmann und der neuen so wie der provisorischen Regierung, alle drei von gestern datirt, sind an allen Straßenecken angeklebt und werden von zahlreichen Gruppen mit Begierde gelesen. Sie lauten also: 1. An die Einwohner der Herzogthümer Schleswig-Holstein. In Folge einer von Sr. kaiserl. Hoh. dem Erzherzog Reichsverweser ausgestellten Vollmacht hat die königl. preußische Regierung in Vertretung der deutschen Centralgewalt unter dem 26. August einen Waffenstillstands-Vertrag auf sieben Monate mit der königl. dänischen Regierung geschlossen und die deutsche National-Versammlung hat denselben genehmigt. Die deutsche Centralgewalt hat in Ausübung des ihr nach Art. 8 des Waffenstillstands-Vertrags zustehenden Rechtes mich zum Reichskommissarius ernannt, um von deutscher Seite vermittelnd über die Ausführung der Waffenstillstands-Bedingungen und über die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der deutschen, so wie der dänischen Bevölkerung zu wachen. Nach erfolgter Anerkennung der deutschen Centralgewalt durch die Krone Dänemark hat die königlich preußische Regierung mir diese Angelegenheit übergeben und die königlich dänische Regierung mich durch den Ihrerseits ernannten Commissarius. Kammerherrn Holger Christian v. Reedtz anerkennen lassen. Ich habe dieses Amt schon seit dem 20. v. M. angetreten, um die für die Herzogthümer Schleswig-Holstein wünschenswerthen, von der National-Versammlung vorbehaltenen, Veränderungen des Vertrags herbeiführen zu helfen und gedenke die bezeichneten Dienste getreu zu leisten, so lange die Regierung Sr. kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Reichsverwesers oder meine Pflicht als Mitglied der deutschen National-Versammlung mich nicht zurückruft. Ich habe heute in Gemeinschaft mit dem genannten königl. dänischen Commissarius, in der Person des Hrn. Grafen Theodor Reventlow, als Vorsitzender, Johann Friedrich Boysen, Josias Friedrich Ernst Baron v. Heintze, Adolph Bernhard Wilhelm Erdmann v. Moltke, Alexander Friedrich Wilhelm Preusser als Mitgliedern die neue gemeinsame Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein vertragsmäßig eingesetzt. Wenn ich meinerseits meine Pflicht zu erfüllen vermeine, so erwarte ich auch mit Bestimmtheit, daß die biederen Bewohner der Herzogthümere welche so viele Beweise ihres Rechtssinnes, ihrer Bürgertugend und Vaterlandsliebe gegeben haben, ihre Pflicht darin finden werden, der neuen gemeinsamen Regierung der Herzogthumer, welche im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark, in Seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig-Holstein, ihr Amt verwalten wird, mit Vertrauen entgegen zu kommen und willigen Gehorsam zu leisten. Die würdige, ruhige, gesetzliche Haltung der Bevölkerung wird einen dem Lande günstigen Friedensschluß wesentlich erleichtern. Den Erlassen der drei Männer Moltke, Johannsen, Hansen, welche in Sonderburg den 8. a. M. sich als Mitglieder einer Immediat-Commssion angekündigt haben, ist keine Folge zu leisten. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Stedmann, Reichs-Commissarius. 2. Schleswig-Holsteiner! Dem an uns ergangenen Rufe, während der Dauer des mit Dänemark abgeschlossenen, von der deutschen Reichsgewalt bestätigten Waffenstillstandes, die gemeinsame Regierung der Herzogthümer im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark in Ihrer Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein zu übernehmen, wobei Dero Machtvollkommenheit, unter Ausschluß der einstweilen ruhenden, gesetzgebenden Gewalt uns übertragen ist, sind wir mit Zustimmung der Landesversammlung gefolgt. So wie wir hiebei allein von dir innigsten Liebe zu urserm theuren Vaterlande geleitet worden sind, so werden wir auch unablässig bestrebt sein, innerhalb der durch die Waffenstillstands-Convention und deren Ratifikation gezogenen Gränzen das Wohl des Landes nach Kräften zu fördern. Bei der Schwierigkeit der Verhältnisse, unter welchen wir diese Regierung antreten, erblicken wir in dem Vertrauen der aus den Wahlen des Volkes hervorgegangenen Landesversammlung, in der durch vielfache Opfer bethätigten Vaterlandsliebe aller Bewohner des Landes und in der Anerkennung dieser Regierung von Seiten der betheiligten Mächte, eine sichere Gewähr für die Lösung der uns gestellten Aufgabe. Anerkannt als die für die Zeit des Waffenstillstandes allein rechtmäßige Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein, werden wir es als unsere heilige Pflicht ansehen, die unveräußerlichen Rechte des Landes nicht minder als die der Krone zu wahren, und für die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der dänisch, wie der deutsch redenden Bevölkerung Sorge zu tragen. Wir hegen den lebhaften Wunsch, die Verhältnisse des Landes baldmöglichst durch einen ehrenvollen Frieden gesichert zu sehen. Bis dahin wird unser Augenmerk darauf gerichtet sein, die Sicherheit, welche der Waffenstillstand auf längere Zeit gegen äußere Störungen in Aussicht stellt, unter steter Berücksichtigung der noch immer ungewissen Zukunft des Landes, für die Entwicklung der Kraft und des Wohlstandes desselben, fruchtbringend zu machen, und die Stockungen zu beseitigen, welche die Macht der Verhältnisse in der Verwaltung, in der Freiheit des Verkehrs, so wie in der Benutzung der gewohnten Erwerbsquellen theilweise herbeigeführt hat. Dabei werden wir es uns zur unabweichlichen Aufgabe machen, den inneren Frieden des Landes und die begonnene, freiere Entwicklung des öffentlichen Lebens, wie sie im Staatsgrundgesetze vorgezeichnet ist, durch eine kräftige Handhabung der öffentlichen Ordnung gegen unheilvolle Störungen sicher zu stellen. Unsere Bekanntmachung vom heutigen Tage ergiebt, in welchem Umfange wir die Aufrechthaltung der seit dem 17. März dieses Jahrs erlassenen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln, unbeschadet der Bedingungen eines künftigen Friedens, für unerläßlich erachtet haben. Schleswig-Holsteiner! An Euch ist es nun, durch besonnene Haltung und bereitwillige Unterstützung unserer Bestrebungen das begonnene Werk zu fördern, und der Regierung durch Euer Vertrauen auch im Innern Stärke zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu verleihen, welche sich ihr in den Weg stellen möchten. Flehet mit uns zu dem Allmächtigen, daß er beschütze unser theures Vaterland, daß er Kraft gebe uns und allen seinen Bewohnern in unserm einigen Bestreben für das allgemeine Beste. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Die zur gemeinsamen Regierung Schleswig-Holsteins Verordneten. Th. Reventlow. Boysen. Heintze. A. Moltke. Preusser. 3. Mitbürger. Sieben Monate sind verflossen, seitdem wir die Leitung der Staatsgeschäfte in unsere Hand genommen. Es war die Stimme des Gewissens, welcher wir folgten; wir wollten das Land vor dem Unglücke bewahren, eine Beute der Gesetzlosigkeit und äußerer Feinde zu werden; wir vertrauten der Begeisterung, welche alle edlen Gemüther im deutschen Vaterlande ergriffen hatte, der Begeisterung für Erringung staatsbürgerlicher Freiheit, für den Wiederaufbau der Macht und des Ruhmes unseres deutschen Volkes Theure Landsleute! Ihr habt uns treu zu Seite gestanden in den Tagen der Gefahr. Wir haben fest zu einander gehalten, haben einmüthig gehandelt, wie wir es vor dem ganzen deutschen Volke und eingedenk der Vorzeit unseres Landes verantworten können; wie wir es vertreten können als Männer, welchen die Achtung vor dem Gesetze unzertrennlich ist von der Liebe zur Freiheit. Das Ziel unseres Strebens war der Anstrengungen und Opfer würdig; sind wir auch nicht raschen Laufes an dasselbe gelangt, so halten wir doch die Zuversicht fest, daß wir es erreichen werden. Wir Schleswig-Holsteiner bauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, auf den Beistand Deutschlands und auf die Festigkeit unseres eignen Willens. Die provisorische Regierung ist ihrer Pflichten gegen das Land enthoben. Nach Anordnung der deutschen Reichsgewalt und im Einverständnisse mit der schleswig-holsteinischen Landesversammlung haben wir heute die uns anvertraute Gewalt in die Hände derjenigen Männer niedergelegt, welche kraft der geschlossenen Verträge bis weiter die Regierung des Landes führen werden. Indem wir in das Privatleben zurücktreten, danken wir Euch, Mitbürger, für die freudige und aufopfernde Unterstützung, welche Ihr der provisorischen Regierung gewährt habt. Schenkt den Männern, welche an unsere Stelle getreten sind, das Vertrauen, welches Ihr uns in so reichem Maaße bewiesen; unterstützt sie, wie Ihr uns unterstützt habt, in der Erfüllung ihrer schweren Pflichten, damit sie das von uns begonnene Werk der Vollendung entgegenführen können. Schleswig, den 22. Oct. 1848. Beseler. F. Reventlow. M. T. Schmidt, J. Bremer. Die in der Proklamation der neuen Regierung angekündigte Bekanntmachung über die beizubehaltenden Gesetze, Verordnungen u. s. w. wird erst morgen erscheinen, indem der Umfang derselben die Vollendung des Drucks bis jetzt nicht hat ermöglichen lassen. (- Es werden durch dieselbe - nach Angabe des Kieler Correspondenz-Blattes - das Staatsgrundgesetz sowohl wie alle übrigen Gesetze der provisorischen Regierung, bis auf einige wenige von geringer Erheblichkeit, anerkannt. -) Die neue Regierung ist sammt den Ministerien bereits heute auf dem Schlosse Gottorf, wo ihr Sitz sein wird, in voller Thätigkeit. Italien. * Die Nachricht von einem neuen allgemeinen Aufstande zu Mailand, die wir am Schlusse unseres gestrigen Blattes als vorläufig noch unverbürgt mittheilten, bedarf noch immer der nähern Bestätigung. Zwar haben zwei sardinische Journale, l'Avvenire und der Constituzionale subalpino, sie sich mit allen Details aus Alexandrien schreiben lassen, andere Blätter jedoch, namentlich die Turiner, schweigen bis jetzt noch davon. Nach den genannten beiden Zeitungen würde der Ausbruch am 18. Oktober stattgefunden haben. Radetzky, heißt es, hatte bereits einige der schönsten Paläste unterminiren lassen, und schickte sich eben an, es mit dem Dome auch so zu machen. Da, bei diesem Anblick, bemächtigt sich des Volkes eine gränzenlose Wuth; es wirft sich auf die Mineurs, es massakrirt sie, die Sturmglocke wird gezogen, und nach wenig Augenblicken steht die ganze Stadt unter den Waffen, ist ganz Mailand Ein allgemeines Schlachtfeld. So der Avvenire und der Constituzionale subalpino. Möchten wir morgen im Stande sein, ihre Mittheilungen zu bekräftigen und einen gewissen stolzen Volkssieg zur Kunde unserer Leser zu bringen! Wie dem übrigens auch sein möge, die Aufregung in ganz Italien dauert fort. Zu Parma, zu Verona, zu Modena, zu Lucca hört man nur den Einen Ruf: "Es lebe Italien! es lebe die Republik! Modena ist in Belagerungszustand gesetzt worden. * Turin, 20. Okt. Es geht hier das Gerücht, Karl Albert habe das Ende des Waffenstillstandes auf den 22. Oktober festgesetzt. In der Sitzung der Deputirtenkammer von gestern hat das Ministerium die folgenden Erklärungen gegeben. 1) Die Grundlagen der durch Frankreich und England vorgeschlagenen Unterhandlungen sind von Oestreich noch nicht angenommen worden, und nach zwei Monaten diplomatischer Diskussionen hat man sich noch nicht über den Ort geeinigt, wo der Kongreß stattfinden soll. 2) Man hat den Waffenstillstand nur von acht zu acht Tagen verlängert. 3) Wenn die Vermittlung fehlschlägt, so ist die Regierung weit entfernt, die Feindseligkeiten nicht wieder aufnehmen zu wollen. Sie behält sich nur das Urtheil über Zeit und Gelegenheit vor. Französische Republik. - Die "Democratie pacifique" vom 22. Oktober bringt unter der Ueberschrift: "Die Maske ist gefallen," folgenden Artikel: "Gestern Abend stürzte ein Mitglied des Klubs Rue de Poitiers ganz erregt und zerstört in ein Büreau der Nationalversammlung, wo eine gewisse Anzahl von Repräsentanten versammelt war, und ruft aus: "Endlich haben sie die Maske abgeworfen." Man umgibt den Mann, man fragt ihn aus. Er erzählt darauf folgende Details einer stürmischen Sitzung, die so eben in der Rue de Poitiers stattgefunden, und der er beigewohnt hatte. An der Tagesordnung war die Frage, ob die Nationalversammlung nach Votirung der Konstitution verlängert oder nicht verlängert werden sollte. Die Mehrzahl der Redner war für Verwerfung jeder Verlängerung. Thiers sprach in diesem Sinne; er beschwor den Sturm herauf. "Ich begreife die sonderbaren Gründe nicht, sagte er, die man zu Gunsten einer Verlängerung vorbringt. Es ist nothwendig, sagt man, es ist dringend, daß die Repräsentanten alle ihre Kräfte aufbieten, um auf die Departemente bei Gelegenheit der Wahl des Präsidenten der Republik, einzuwirken. Ich bin erstaunt über solche Argumente. Es ist Zeit, sich frei, klar zu erklären. Ich werde meine ganzen Gedanken sagen. Alles in Allem ist die Republik nur eine Regierungsform; sagt diese Form der Mehrheit der Nation nicht zu, so muß man sie ändern; es steht Frankreich frei, eine Regierungsform zu wählen, die ihm zusagt; die Wähler haben das Recht, das republikanische Regiment durch jedes andere Regiment zu ersetzen, wenn das ihre Meinung, ihr Wunsch ist. Nun wohl! Ich füge hinzu, daß es wichtig ist, daß den Wählern Gelegenheit geboten wird, sofort zu entscheiden. Es ist wichtig, daß diese Frage sobald als möglich gelöst werde." Thiers wurde bei diesen Worten mit Heftigkeit, mit Zorn interpellirt, apostraphirt. Der Tumult, die Aufregung wurden schrecklich, der Skandal war unbeschreiblich. Die Sitzung konnte nicht fortgesetzt werden; man trennte sich. - Zur Zeit, die läuft, machen sich die Könige keine Ehrensache daraus, ihre Schulden pünktlich zu zahlen. Der Ex-König Louis Philipp strich während 17 Jahren eine Civilliste von 12 Millionen ein. Er war überdem im Genusse eines Privatvermögens, wie es sonst nur indische Nabobs aufzuweisen haben. Nichtsdestoweniger richten so eben seine Gläubiger, Fabrikanten, Handelsleute, Künstler, Geschäftsführer - eine Petition an die Nationalversammlung, worin sie inständigst beantragen, der Gesetzvorschlag bezüglich der Liquidation der alten Civilliste, möge als dringlich von der Nationalversammlung zur Diskussion gebracht werden. - Der Pole Joseph Ordega zu Paris richtet an die "Reforme" ein Schreiben, worin er Aufschluß über die angeblich polnischen Regimenter gibt, die gegen Wien im Dienst der Kamarilla kämpfen. In den letztverflossenen Monaten nämlich hat die östreichische Regierung alle verabschiedete galizischen Soldaten unter die Fahne gerufen. Es sind dieselben, die 1846 gedungen wurden, um die Meuchelscenen in Galizien zu begehen. *) - Raspail hat einen Brief an seinen Instruktionsrichter Bertrand gerichtet, worin es unter anderm heißt: Ich habe Ihnen schon einmal schriftlich bemerkt, daß das Volk, Ihr Herr und der meinige, mir das Mandat anvertraut hat, es bei der Nationalversammlung zu repräsentiren und daß Jeder ein Verbrechen begeht, der mich verhindert, diese meine Mission zu erfüllen. Man begeht dies Verbrechen, indem man mich während der Sitzungen der Nationalversammlung im Gefängniß zurückhält. Ich verlange diesen Sitzungen beizuwohnen. Es steht der Kerkerjustiz frei, mich eskortiren zu lassen, damit ihre vergangene, gegenwärtige und zukünftige Beute ihr nicht entschlüpfe. Sie sagen, daß ich eines Attentats angeklagt bin! Durch wen? Durch einen Instruktionsrichter, der mein alter Feind ist. Aber 70,000 Bürger, die große Jury der Nation, haben durch ihre Wahl gegen diesen Richter entschieden. * Paris. Der "National" schreibt: "Das Journal von Bayonne versichert, daß die unglücklichen spanischen Deportirten, die sich während der Fahrt über's Meer revoltirt hatten und denen es gelang, völlig entblös't, die französische Küste zu gewinnen, nach Spanien auf Befehl unserer Regierung zurückgebracht worden sind. Es scheint, daß die Regierung, nachdem sie diese Auslieferung dekretirt hatte, sich wieder besann; aber ihre zweite Depesche kam zu spät an. Das Schiff, welches die Unglücklichen wegführte, befand sich schon auf dem Wege nach Santander." Die "Reforme" bemerkt hierzu: "Diese Auslieferung spanischer Republikaner an Narvaez, d. h. an den Tod, ist ein solches Verbrechen, daß die französische Regierung es nie rechtfertigen könnte. Es wäre dieß politischer Hochverrath, der den Anklagezustand derer, welche die Auslieferung angeordnet haben, nach sich ziehen würde." (Vergl. unsere gestrige Correspondenz aus Perpignan.) Paris, 25. Okt. (Neue Ministerkrisis.) Zu ihrem Verständniß mag folgende Erzählung dienen: Creton, einer der blässesten aber wüthendsten Glieder der Rue de Poitiers, schrie nach dem Junisiege trotz seiner schwachen Stimme am stärksten nach Rache gegen Alles, was irgendwie mit der Sozialisten- und Kommunistenbrut sympathisire. Um seinen Zweck zu erreichen und die eigentlichen Träger der Februar-Republik desto sicherer zu Boden zu rennen, stellte dieser Creton den Antrag, man solle alle Ausgaben der provisorischen Regierung und Exekutivkommission genau prüfen, dann werde man sehen, welcher Mißbrauch mit den Staatsgeldern getrieben worden sei, mit welcher Verschwendung Ledru-Rollin und Comp. im Staatsschatze gewüthet hätten und wie sehr sie verdienten, mit ihren geheimen Freunden im Donjon von Vincennes zusammengeworfen zu werden. Seit dem Juli und August, wo Creton und seine Mitverschworenen den kühnen Plan faßten, hat sich aber gar Manches geändert. Die Nationalversammlung verrieth eine heilige Scheu, den Cretouschen Antrag zu berühren. Da er aber einmal gestellt war, so mußte er natürlich erledigt werden. Goudchaux erklärte in der Debatte, daß man diese Prüfung dem Oberrechnungshofe überlassen solle; eine Prüfung durch die Nationalversammlung würde neuen Skandal hervorrufen und den Kredit von Neuem vertreiben u. s. w. Ledru-Rollin selbst hat indessen die Versammlung, die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben und bekämpfte somit den Minister, der seine Rechnungen erst mit dem ordentlichen Budget von 1848 also in 2 bis 3 Jahren vom Oberrechnungshofe, wie üblich, geprüft wissen wollte. Die Nationalversammlung gewährte dem Angeklagten diese Bitte und der Cretonsche Antrag ging trotz der Goudchauxschen Protestation durch. Das ärgerte den "honnetten Juden" dergestalt, daß er gestern nach dem Sitzungsschluß der eigentlichen Triebfeder des Cretonschen Antrages (dem Freihändler Leon Faucher) ins Gesicht rief: Nach einer solchen Beschimpfung möge der Teufel Finanzminister bleiben; er gehe seiner Wege; sein Entschluß stehe fest. Garnier Pages, Pagnerre, Duclerc und die sonstigen Nationalreste beschworen ihn, doch im gegenwärtigen kritischen Augenblicke ja nicht auf seinem Entschlusse zu beharren. Allein Goudchaux zog zornig seine schwarze Sammetmütze über die Ohren und ließ sich durchaus nicht besänftigen. - Die Rue de Poitiers macht zum Sturz Goudchauxs natürlich gute Miene. Sie intriguirt bereits für ihre Freunde Leon Faucher und Achilles Fould, zwei jüdische Freihändler im Interesse Englands, als Goudchauxs Nachfolger. Vergesse man nicht, daß die Finanzklemme unsere gefährlichste gesellschaftliche Wunde ist, darum ist die neue Ministerkrisis sehr wichtig. - Wir hören, daß das Kabinet auf Abberufung des östreichischen Gesandten, Hr. v. Thom, einer Metternichschen Kreatur, dringe. Endlich! - Marrast, der uns Alle zu seinen Atheniensern in weißen Glacehandschuhen machen wollte, wahrscheinlich um den monarchischen Hofluxus zu ersetzen, verlangte eine Gehaltserhöhung von monatlich 4- auf 10,000 Fr. Diese "Dotation" ist gestern verworfen worden. - Der Verfassungsausschuß bringt morgen das Spezialdekret zur Diskussion, das die Präsidentenwahl auf den 10. December ausschreibt. Dieses Spezialdekret besteht aus 7 Artikeln, welche meist von dem Wahlmodus handeln. Nur Artikel 6 scheint der Uebersetzung würdig: "Sogleich nach Prüfung der Wahlprotokolle und Installation des Gewählten, tritt derselbe in Ausübung aller Rechte als Präsident der Republik, die ihm die Verfassung zuschreibt, mit Ausnahme des Spezialrechts, das der Art. 57 der Verfassung feststellt. Dieser Art. 57 lautet: "Der Präsident der Republik kann, in dem gesetzlich für Veröffentlichung der Kammern festgestellten Zeitraum, eine nochmalige Berathung bereits gefaßter Beschlüsse, durch eine begründete Botschaft, beantragen." Diese Sorte von Vetoentziehung ist wichtig. *) Zum Ueberfluß bemerken wir noch, daß diese Soldaten keine Polen, sondern Ruthenen sind. Nachdem die polnischen Grundbesitzer in Galizien freiwillig auf die Feudallasten verzichtet, blieb der österreichischen Regierung kein andres Mittel zur Aufrechterhaltung des Zwiespalts in Galizien übrig, als die Ruthenen im Namen der Nationalität gegen die Polen aufzuhetzen. Die Ruthenen sprechen einen andern Dialekt, ihre Religion (die griechische) scheidet sie von den Polen und endlich bilden sie den eigentlichen Bauernstand. Anmerkung der Redaktion.
meldete sich eine so große Anzahl Personen jeglichen Standes zur Theilnahme an diesem Vereine, daß man nach der Annahme und dem Unterschreiben der Statuten sogleich zur Wahl der Direktion schreiten konnte. Die Direktion besteht nach den vorher angenommenen Statuten aus fünf Mitglieder, dem Präsidenten, Sekretär, Einnehmer, Bibliothekar und dem Korrespondenten. Die Amtsführung derselben ist auf sechs Monate beschränkt. Zum Präsidenten ist einstimmig der ehrenwerthe Bürger Hr. Laczinski aus Koscielec gewählt. Die Direktion hat den Kreis in achtzehn Distrikte eingetheilt und für denselben einen Distriktskommissarius und einen Stellvertreter bestimmt. Dieser Verein hat auch die Wittwen unserer im letzten Kampfe gefallenen Brüder in seine Obhut genommen. Nachdem wir nun so unsern Verein gebildet, erfuhren wir das Projekt der Liga Polska. Da nun der Nationalverein des Kreises Inowraclaw fast denselben Zweck verfolgt, den sich die Liga Polska gesetzt, so hat er dieses Projekt mit der größten Freude aufgenommen und wird sich von heute ab als ein besonderer Kreisverein der Liga Polska betrachten. Die heilsame Liga Polska verbreitet sich also täglich immer mehr und es freut mich sehr, Sie in Kenntniß zu setzen, daß sich dieselbe wiederum in Goßlin, Wittkowo, in Wagrowiec und auch schon in Straßburg (Westpreußen) gebildet hat und überall mit großem Enthusiasmus begrüßt wurde. München, 22. Oktbr. Die gestrige Versammlung im Haslauer Saale, fast ausschließlich zusammengesetzt aus Mitgliedern der Landwehr und der verschiedenen Freikorps, ergab folgende von Dr. Hermann verfaßte Adresse an den König: „Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Die Tage des 16., 17. und 18. Oktober waren Zeugen frevelhafter Angriffe auf Leben und Eigenthum unserer Stadt. Niemals hat Baierns Metropole solchen Gräuel der Verwüstung geschaut, aber auch nie eine solche Schwäche und Rathlosigkeit jener Behörden, denen der Vollzug der Gesetze anvertraut ist. Das Gefühl der Unsicherheit ist allgemein. Majestät! Wir wollen rechtzeitige und kräftige, wie nicht minder humane Handhabung der Gesetze, damit wir für Leben und Eigenthum wahrhaften Schutz haben, und nicht nach Gefährdung dieser großen Güter noch der Herrschaft des Standrechts verfallen. Diejenigen Personen, denen in den verflossenen Tagen der Gefahr die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit Pflicht war, ‒ die diese Pflicht in mehr als befremdender Weise versäumt haben, sind sofort zu entfernen und zur Rechenschaft zu ziehen. Aber auch für die Zukunft muß eine bessere Bürgschaft der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden. Wir wollen diese selbst übernehmen. Es kann kein Zweifel sein, daß sich der bisherige Verwaltungsorganismus zum Schutze unseres Lebens und Eigenthums, als unbrauchbar erwiesen hat. Wir verlangen deshalb, daß derChef der Sicherheitspolizei mit voller Verantwortlichkeit unabhängig gestellt, und der bewaffnete Schutz dessen, was uns neben dem Vaterlande das theuerste ist, unter allen Umständen dem sogleich frei zu wählenden Commandanten der Landwehr und Freicorps anvertraut werde. Der nächste Landtag muß unsern Stadtbehörden die Handhabung der Sicherheitspolizei zurückgeben, und ein Gesetz schaffen, wonach jede Gemeinde für allen Schaden haftbar ist, der aus Störungen der öffentlichen Ruhe entspringt. Es ist ein unabweisliches Bedürfniß, daß dem im Landtagsabschiede vom 23. Mai 1846 §. 8 Nr. 1 durch die Stände des Reichs gestellten Antrage unverweilt Folge gegeben werde. Für alle unsere Mitbürger aber, welche durch die traurige Katastrophe der jüngsten Tage zu Schaden kamen, fordern wir von der Staatsregierung sofortige volle Entschädigung, weil durch einigermaßen rechtzeitige Vorkehrungen von Seite ihrer Organe die schaudererregenden Angriffe auf Leben und Eigenthum ohne allen Zweifel hätten abgewendet werden können. Majestät! die Freiheit hat nichts gemein mit dem Verbrechen. Sie will Gesetze, gestützt auf die Ueberzeugung ‒ auf den Willen der Bürger. Wo ihre Herrschaft waltet, da ist Freiheit ‒ da ist unerschütterliche Achtung vor dem Gesetze und die Kraft, für dasselbe einzustehen. Wer diese Bürgschaft des Friedens schafft, dem wird das Volk die Krone der Liebe ‒ die Geschichte den unverwelklichen Kranz ruhmvoller Vergeltung aufs Haupt setzen. München, 21. Oktober 1848.“ Karlsruhe, 12. October. Gestern ist der bekannte Sonnenwirth Thibaut in Ettlingen festgenommen und vorerst in das Gefängniß nach Durlach gebracht worden. Seine Verhaftung soll durch Mittheilungen von Lörrach aus veranlaßt worden sein. Schleswig, den 23. Oktober. Die Proklamationen resp. des Reichs-Commissarius Stedmann und der neuen so wie der provisorischen Regierung, alle drei von gestern datirt, sind an allen Straßenecken angeklebt und werden von zahlreichen Gruppen mit Begierde gelesen. Sie lauten also: 1. An die Einwohner der Herzogthümer Schleswig-Holstein. In Folge einer von Sr. kaiserl. Hoh. dem Erzherzog Reichsverweser ausgestellten Vollmacht hat die königl. preußische Regierung in Vertretung der deutschen Centralgewalt unter dem 26. August einen Waffenstillstands-Vertrag auf sieben Monate mit der königl. dänischen Regierung geschlossen und die deutsche National-Versammlung hat denselben genehmigt. Die deutsche Centralgewalt hat in Ausübung des ihr nach Art. 8 des Waffenstillstands-Vertrags zustehenden Rechtes mich zum Reichskommissarius ernannt, um von deutscher Seite vermittelnd über die Ausführung der Waffenstillstands-Bedingungen und über die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der deutschen, so wie der dänischen Bevölkerung zu wachen. Nach erfolgter Anerkennung der deutschen Centralgewalt durch die Krone Dänemark hat die königlich preußische Regierung mir diese Angelegenheit übergeben und die königlich dänische Regierung mich durch den Ihrerseits ernannten Commissarius. Kammerherrn Holger Christian v. Reedtz anerkennen lassen. Ich habe dieses Amt schon seit dem 20. v. M. angetreten, um die für die Herzogthümer Schleswig-Holstein wünschenswerthen, von der National-Versammlung vorbehaltenen, Veränderungen des Vertrags herbeiführen zu helfen und gedenke die bezeichneten Dienste getreu zu leisten, so lange die Regierung Sr. kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Reichsverwesers oder meine Pflicht als Mitglied der deutschen National-Versammlung mich nicht zurückruft. Ich habe heute in Gemeinschaft mit dem genannten königl. dänischen Commissarius, in der Person des Hrn. Grafen Theodor Reventlow, als Vorsitzender, Johann Friedrich Boysen, Josias Friedrich Ernst Baron v. Heintze, Adolph Bernhard Wilhelm Erdmann v. Moltke, Alexander Friedrich Wilhelm Preusser als Mitgliedern die neue gemeinsame Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein vertragsmäßig eingesetzt. Wenn ich meinerseits meine Pflicht zu erfüllen vermeine, so erwarte ich auch mit Bestimmtheit, daß die biederen Bewohner der Herzogthümere welche so viele Beweise ihres Rechtssinnes, ihrer Bürgertugend und Vaterlandsliebe gegeben haben, ihre Pflicht darin finden werden, der neuen gemeinsamen Regierung der Herzogthumer, welche im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark, in Seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig-Holstein, ihr Amt verwalten wird, mit Vertrauen entgegen zu kommen und willigen Gehorsam zu leisten. Die würdige, ruhige, gesetzliche Haltung der Bevölkerung wird einen dem Lande günstigen Friedensschluß wesentlich erleichtern. Den Erlassen der drei Männer Moltke, Johannsen, Hansen, welche in Sonderburg den 8. a. M. sich als Mitglieder einer Immediat-Commssion angekündigt haben, ist keine Folge zu leisten. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Stedmann, Reichs-Commissarius. 2. Schleswig-Holsteiner! Dem an uns ergangenen Rufe, während der Dauer des mit Dänemark abgeschlossenen, von der deutschen Reichsgewalt bestätigten Waffenstillstandes, die gemeinsame Regierung der Herzogthümer im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark in Ihrer Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein zu übernehmen, wobei Dero Machtvollkommenheit, unter Ausschluß der einstweilen ruhenden, gesetzgebenden Gewalt uns übertragen ist, sind wir mit Zustimmung der Landesversammlung gefolgt. So wie wir hiebei allein von dir innigsten Liebe zu urserm theuren Vaterlande geleitet worden sind, so werden wir auch unablässig bestrebt sein, innerhalb der durch die Waffenstillstands-Convention und deren Ratifikation gezogenen Gränzen das Wohl des Landes nach Kräften zu fördern. Bei der Schwierigkeit der Verhältnisse, unter welchen wir diese Regierung antreten, erblicken wir in dem Vertrauen der aus den Wahlen des Volkes hervorgegangenen Landesversammlung, in der durch vielfache Opfer bethätigten Vaterlandsliebe aller Bewohner des Landes und in der Anerkennung dieser Regierung von Seiten der betheiligten Mächte, eine sichere Gewähr für die Lösung der uns gestellten Aufgabe. Anerkannt als die für die Zeit des Waffenstillstandes allein rechtmäßige Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein, werden wir es als unsere heilige Pflicht ansehen, die unveräußerlichen Rechte des Landes nicht minder als die der Krone zu wahren, und für die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der dänisch, wie der deutsch redenden Bevölkerung Sorge zu tragen. Wir hegen den lebhaften Wunsch, die Verhältnisse des Landes baldmöglichst durch einen ehrenvollen Frieden gesichert zu sehen. Bis dahin wird unser Augenmerk darauf gerichtet sein, die Sicherheit, welche der Waffenstillstand auf längere Zeit gegen äußere Störungen in Aussicht stellt, unter steter Berücksichtigung der noch immer ungewissen Zukunft des Landes, für die Entwicklung der Kraft und des Wohlstandes desselben, fruchtbringend zu machen, und die Stockungen zu beseitigen, welche die Macht der Verhältnisse in der Verwaltung, in der Freiheit des Verkehrs, so wie in der Benutzung der gewohnten Erwerbsquellen theilweise herbeigeführt hat. Dabei werden wir es uns zur unabweichlichen Aufgabe machen, den inneren Frieden des Landes und die begonnene, freiere Entwicklung des öffentlichen Lebens, wie sie im Staatsgrundgesetze vorgezeichnet ist, durch eine kräftige Handhabung der öffentlichen Ordnung gegen unheilvolle Störungen sicher zu stellen. Unsere Bekanntmachung vom heutigen Tage ergiebt, in welchem Umfange wir die Aufrechthaltung der seit dem 17. März dieses Jahrs erlassenen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln, unbeschadet der Bedingungen eines künftigen Friedens, für unerläßlich erachtet haben. Schleswig-Holsteiner! An Euch ist es nun, durch besonnene Haltung und bereitwillige Unterstützung unserer Bestrebungen das begonnene Werk zu fördern, und der Regierung durch Euer Vertrauen auch im Innern Stärke zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu verleihen, welche sich ihr in den Weg stellen möchten. Flehet mit uns zu dem Allmächtigen, daß er beschütze unser theures Vaterland, daß er Kraft gebe uns und allen seinen Bewohnern in unserm einigen Bestreben für das allgemeine Beste. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Die zur gemeinsamen Regierung Schleswig-Holsteins Verordneten. Th. Reventlow. Boysen. Heintze. A. Moltke. Preusser. 3. Mitbürger. Sieben Monate sind verflossen, seitdem wir die Leitung der Staatsgeschäfte in unsere Hand genommen. Es war die Stimme des Gewissens, welcher wir folgten; wir wollten das Land vor dem Unglücke bewahren, eine Beute der Gesetzlosigkeit und äußerer Feinde zu werden; wir vertrauten der Begeisterung, welche alle edlen Gemüther im deutschen Vaterlande ergriffen hatte, der Begeisterung für Erringung staatsbürgerlicher Freiheit, für den Wiederaufbau der Macht und des Ruhmes unseres deutschen Volkes Theure Landsleute! Ihr habt uns treu zu Seite gestanden in den Tagen der Gefahr. Wir haben fest zu einander gehalten, haben einmüthig gehandelt, wie wir es vor dem ganzen deutschen Volke und eingedenk der Vorzeit unseres Landes verantworten können; wie wir es vertreten können als Männer, welchen die Achtung vor dem Gesetze unzertrennlich ist von der Liebe zur Freiheit. Das Ziel unseres Strebens war der Anstrengungen und Opfer würdig; sind wir auch nicht raschen Laufes an dasselbe gelangt, so halten wir doch die Zuversicht fest, daß wir es erreichen werden. Wir Schleswig-Holsteiner bauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, auf den Beistand Deutschlands und auf die Festigkeit unseres eignen Willens. Die provisorische Regierung ist ihrer Pflichten gegen das Land enthoben. Nach Anordnung der deutschen Reichsgewalt und im Einverständnisse mit der schleswig-holsteinischen Landesversammlung haben wir heute die uns anvertraute Gewalt in die Hände derjenigen Männer niedergelegt, welche kraft der geschlossenen Verträge bis weiter die Regierung des Landes führen werden. Indem wir in das Privatleben zurücktreten, danken wir Euch, Mitbürger, für die freudige und aufopfernde Unterstützung, welche Ihr der provisorischen Regierung gewährt habt. Schenkt den Männern, welche an unsere Stelle getreten sind, das Vertrauen, welches Ihr uns in so reichem Maaße bewiesen; unterstützt sie, wie Ihr uns unterstützt habt, in der Erfüllung ihrer schweren Pflichten, damit sie das von uns begonnene Werk der Vollendung entgegenführen können. Schleswig, den 22. Oct. 1848. Beseler. F. Reventlow. M. T. Schmidt, J. Bremer. Die in der Proklamation der neuen Regierung angekündigte Bekanntmachung über die beizubehaltenden Gesetze, Verordnungen u. s. w. wird erst morgen erscheinen, indem der Umfang derselben die Vollendung des Drucks bis jetzt nicht hat ermöglichen lassen. (‒ Es werden durch dieselbe ‒ nach Angabe des Kieler Correspondenz-Blattes ‒ das Staatsgrundgesetz sowohl wie alle übrigen Gesetze der provisorischen Regierung, bis auf einige wenige von geringer Erheblichkeit, anerkannt. ‒) Die neue Regierung ist sammt den Ministerien bereits heute auf dem Schlosse Gottorf, wo ihr Sitz sein wird, in voller Thätigkeit. Italien. * Die Nachricht von einem neuen allgemeinen Aufstande zu Mailand, die wir am Schlusse unseres gestrigen Blattes als vorläufig noch unverbürgt mittheilten, bedarf noch immer der nähern Bestätigung. Zwar haben zwei sardinische Journale, l'Avvenire und der Constituzionale subalpino, sie sich mit allen Details aus Alexandrien schreiben lassen, andere Blätter jedoch, namentlich die Turiner, schweigen bis jetzt noch davon. Nach den genannten beiden Zeitungen würde der Ausbruch am 18. Oktober stattgefunden haben. Radetzky, heißt es, hatte bereits einige der schönsten Paläste unterminiren lassen, und schickte sich eben an, es mit dem Dome auch so zu machen. Da, bei diesem Anblick, bemächtigt sich des Volkes eine gränzenlose Wuth; es wirft sich auf die Mineurs, es massakrirt sie, die Sturmglocke wird gezogen, und nach wenig Augenblicken steht die ganze Stadt unter den Waffen, ist ganz Mailand Ein allgemeines Schlachtfeld. So der Avvenire und der Constituzionale subalpino. Möchten wir morgen im Stande sein, ihre Mittheilungen zu bekräftigen und einen gewissen stolzen Volkssieg zur Kunde unserer Leser zu bringen! Wie dem übrigens auch sein möge, die Aufregung in ganz Italien dauert fort. Zu Parma, zu Verona, zu Modena, zu Lucca hört man nur den Einen Ruf: „Es lebe Italien! es lebe die Republik! Modena ist in Belagerungszustand gesetzt worden. * Turin, 20. Okt. Es geht hier das Gerücht, Karl Albert habe das Ende des Waffenstillstandes auf den 22. Oktober festgesetzt. In der Sitzung der Deputirtenkammer von gestern hat das Ministerium die folgenden Erklärungen gegeben. 1) Die Grundlagen der durch Frankreich und England vorgeschlagenen Unterhandlungen sind von Oestreich noch nicht angenommen worden, und nach zwei Monaten diplomatischer Diskussionen hat man sich noch nicht über den Ort geeinigt, wo der Kongreß stattfinden soll. 2) Man hat den Waffenstillstand nur von acht zu acht Tagen verlängert. 3) Wenn die Vermittlung fehlschlägt, so ist die Regierung weit entfernt, die Feindseligkeiten nicht wieder aufnehmen zu wollen. Sie behält sich nur das Urtheil über Zeit und Gelegenheit vor. Französische Republik. ‒ Die „Democratie pacifique“ vom 22. Oktober bringt unter der Ueberschrift: „Die Maske ist gefallen,“ folgenden Artikel: „Gestern Abend stürzte ein Mitglied des Klubs Rue de Poitiers ganz erregt und zerstört in ein Büreau der Nationalversammlung, wo eine gewisse Anzahl von Repräsentanten versammelt war, und ruft aus: „Endlich haben sie die Maske abgeworfen.“ Man umgibt den Mann, man fragt ihn aus. Er erzählt darauf folgende Details einer stürmischen Sitzung, die so eben in der Rue de Poitiers stattgefunden, und der er beigewohnt hatte. An der Tagesordnung war die Frage, ob die Nationalversammlung nach Votirung der Konstitution verlängert oder nicht verlängert werden sollte. Die Mehrzahl der Redner war für Verwerfung jeder Verlängerung. Thiers sprach in diesem Sinne; er beschwor den Sturm herauf. „Ich begreife die sonderbaren Gründe nicht, sagte er, die man zu Gunsten einer Verlängerung vorbringt. Es ist nothwendig, sagt man, es ist dringend, daß die Repräsentanten alle ihre Kräfte aufbieten, um auf die Departemente bei Gelegenheit der Wahl des Präsidenten der Republik, einzuwirken. Ich bin erstaunt über solche Argumente. Es ist Zeit, sich frei, klar zu erklären. Ich werde meine ganzen Gedanken sagen. Alles in Allem ist die Republik nur eine Regierungsform; sagt diese Form der Mehrheit der Nation nicht zu, so muß man sie ändern; es steht Frankreich frei, eine Regierungsform zu wählen, die ihm zusagt; die Wähler haben das Recht, das republikanische Regiment durch jedes andere Regiment zu ersetzen, wenn das ihre Meinung, ihr Wunsch ist. Nun wohl! Ich füge hinzu, daß es wichtig ist, daß den Wählern Gelegenheit geboten wird, sofort zu entscheiden. Es ist wichtig, daß diese Frage sobald als möglich gelöst werde.“ Thiers wurde bei diesen Worten mit Heftigkeit, mit Zorn interpellirt, apostraphirt. Der Tumult, die Aufregung wurden schrecklich, der Skandal war unbeschreiblich. Die Sitzung konnte nicht fortgesetzt werden; man trennte sich. ‒ Zur Zeit, die läuft, machen sich die Könige keine Ehrensache daraus, ihre Schulden pünktlich zu zahlen. Der Ex-König Louis Philipp strich während 17 Jahren eine Civilliste von 12 Millionen ein. Er war überdem im Genusse eines Privatvermögens, wie es sonst nur indische Nabobs aufzuweisen haben. Nichtsdestoweniger richten so eben seine Gläubiger, Fabrikanten, Handelsleute, Künstler, Geschäftsführer ‒ eine Petition an die Nationalversammlung, worin sie inständigst beantragen, der Gesetzvorschlag bezüglich der Liquidation der alten Civilliste, möge als dringlich von der Nationalversammlung zur Diskussion gebracht werden. ‒ Der Pole Joseph Ordega zu Paris richtet an die „Reforme“ ein Schreiben, worin er Aufschluß über die angeblich polnischen Regimenter gibt, die gegen Wien im Dienst der Kamarilla kämpfen. In den letztverflossenen Monaten nämlich hat die östreichische Regierung alle verabschiedete galizischen Soldaten unter die Fahne gerufen. Es sind dieselben, die 1846 gedungen wurden, um die Meuchelscenen in Galizien zu begehen. *) ‒ Raspail hat einen Brief an seinen Instruktionsrichter Bertrand gerichtet, worin es unter anderm heißt: Ich habe Ihnen schon einmal schriftlich bemerkt, daß das Volk, Ihr Herr und der meinige, mir das Mandat anvertraut hat, es bei der Nationalversammlung zu repräsentiren und daß Jeder ein Verbrechen begeht, der mich verhindert, diese meine Mission zu erfüllen. Man begeht dies Verbrechen, indem man mich während der Sitzungen der Nationalversammlung im Gefängniß zurückhält. Ich verlange diesen Sitzungen beizuwohnen. Es steht der Kerkerjustiz frei, mich eskortiren zu lassen, damit ihre vergangene, gegenwärtige und zukünftige Beute ihr nicht entschlüpfe. Sie sagen, daß ich eines Attentats angeklagt bin! Durch wen? Durch einen Instruktionsrichter, der mein alter Feind ist. Aber 70,000 Bürger, die große Jury der Nation, haben durch ihre Wahl gegen diesen Richter entschieden. * Paris. Der „National“ schreibt: „Das Journal von Bayonne versichert, daß die unglücklichen spanischen Deportirten, die sich während der Fahrt über's Meer revoltirt hatten und denen es gelang, völlig entblös't, die französische Küste zu gewinnen, nach Spanien auf Befehl unserer Regierung zurückgebracht worden sind. Es scheint, daß die Regierung, nachdem sie diese Auslieferung dekretirt hatte, sich wieder besann; aber ihre zweite Depesche kam zu spät an. Das Schiff, welches die Unglücklichen wegführte, befand sich schon auf dem Wege nach Santander.“ Die „Reforme“ bemerkt hierzu: „Diese Auslieferung spanischer Republikaner an Narvaez, d. h. an den Tod, ist ein solches Verbrechen, daß die französische Regierung es nie rechtfertigen könnte. Es wäre dieß politischer Hochverrath, der den Anklagezustand derer, welche die Auslieferung angeordnet haben, nach sich ziehen würde.“ (Vergl. unsere gestrige Correspondenz aus Perpignan.) Paris, 25. Okt. (Neue Ministerkrisis.) Zu ihrem Verständniß mag folgende Erzählung dienen: Creton, einer der blässesten aber wüthendsten Glieder der Rue de Poitiers, schrie nach dem Junisiege trotz seiner schwachen Stimme am stärksten nach Rache gegen Alles, was irgendwie mit der Sozialisten- und Kommunistenbrut sympathisire. Um seinen Zweck zu erreichen und die eigentlichen Träger der Februar-Republik desto sicherer zu Boden zu rennen, stellte dieser Creton den Antrag, man solle alle Ausgaben der provisorischen Regierung und Exekutivkommission genau prüfen, dann werde man sehen, welcher Mißbrauch mit den Staatsgeldern getrieben worden sei, mit welcher Verschwendung Ledru-Rollin und Comp. im Staatsschatze gewüthet hätten und wie sehr sie verdienten, mit ihren geheimen Freunden im Donjon von Vincennes zusammengeworfen zu werden. Seit dem Juli und August, wo Creton und seine Mitverschworenen den kühnen Plan faßten, hat sich aber gar Manches geändert. Die Nationalversammlung verrieth eine heilige Scheu, den Cretouschen Antrag zu berühren. Da er aber einmal gestellt war, so mußte er natürlich erledigt werden. Goudchaux erklärte in der Debatte, daß man diese Prüfung dem Oberrechnungshofe überlassen solle; eine Prüfung durch die Nationalversammlung würde neuen Skandal hervorrufen und den Kredit von Neuem vertreiben u. s. w. Ledru-Rollin selbst hat indessen die Versammlung, die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben und bekämpfte somit den Minister, der seine Rechnungen erst mit dem ordentlichen Budget von 1848 also in 2 bis 3 Jahren vom Oberrechnungshofe, wie üblich, geprüft wissen wollte. Die Nationalversammlung gewährte dem Angeklagten diese Bitte und der Cretonsche Antrag ging trotz der Goudchauxschen Protestation durch. Das ärgerte den „honnetten Juden“ dergestalt, daß er gestern nach dem Sitzungsschluß der eigentlichen Triebfeder des Cretonschen Antrages (dem Freihändler Leon Faucher) ins Gesicht rief: Nach einer solchen Beschimpfung möge der Teufel Finanzminister bleiben; er gehe seiner Wege; sein Entschluß stehe fest. Garnier Pages, Pagnerre, Duclerc und die sonstigen Nationalreste beschworen ihn, doch im gegenwärtigen kritischen Augenblicke ja nicht auf seinem Entschlusse zu beharren. Allein Goudchaux zog zornig seine schwarze Sammetmütze über die Ohren und ließ sich durchaus nicht besänftigen. ‒ Die Rue de Poitiers macht zum Sturz Goudchauxs natürlich gute Miene. Sie intriguirt bereits für ihre Freunde Leon Faucher und Achilles Fould, zwei jüdische Freihändler im Interesse Englands, als Goudchauxs Nachfolger. Vergesse man nicht, daß die Finanzklemme unsere gefährlichste gesellschaftliche Wunde ist, darum ist die neue Ministerkrisis sehr wichtig. ‒ Wir hören, daß das Kabinet auf Abberufung des östreichischen Gesandten, Hr. v. Thom, einer Metternichschen Kreatur, dringe. Endlich! ‒ Marrast, der uns Alle zu seinen Atheniensern in weißen Glacehandschuhen machen wollte, wahrscheinlich um den monarchischen Hofluxus zu ersetzen, verlangte eine Gehaltserhöhung von monatlich 4- auf 10,000 Fr. Diese „Dotation“ ist gestern verworfen worden. ‒ Der Verfassungsausschuß bringt morgen das Spezialdekret zur Diskussion, das die Präsidentenwahl auf den 10. December ausschreibt. Dieses Spezialdekret besteht aus 7 Artikeln, welche meist von dem Wahlmodus handeln. Nur Artikel 6 scheint der Uebersetzung würdig: „Sogleich nach Prüfung der Wahlprotokolle und Installation des Gewählten, tritt derselbe in Ausübung aller Rechte als Präsident der Republik, die ihm die Verfassung zuschreibt, mit Ausnahme des Spezialrechts, das der Art. 57 der Verfassung feststellt. Dieser Art. 57 lautet: „Der Präsident der Republik kann, in dem gesetzlich für Veröffentlichung der Kammern festgestellten Zeitraum, eine nochmalige Berathung bereits gefaßter Beschlüsse, durch eine begründete Botschaft, beantragen.“ Diese Sorte von Vetoentziehung ist wichtig. *) Zum Ueberfluß bemerken wir noch, daß diese Soldaten keine Polen, sondern Ruthenen sind. Nachdem die polnischen Grundbesitzer in Galizien freiwillig auf die Feudallasten verzichtet, blieb der österreichischen Regierung kein andres Mittel zur Aufrechterhaltung des Zwiespalts in Galizien übrig, als die Ruthenen im Namen der Nationalität gegen die Polen aufzuhetzen. Die Ruthenen sprechen einen andern Dialekt, ihre Religion (die griechische) scheidet sie von den Polen und endlich bilden sie den eigentlichen Bauernstand. Anmerkung der Redaktion.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar128_010" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0645"/> meldete sich eine so große Anzahl Personen jeglichen Standes zur Theilnahme an diesem Vereine, daß man nach der Annahme und dem Unterschreiben der Statuten sogleich zur Wahl der Direktion schreiten konnte. Die Direktion besteht nach den vorher angenommenen Statuten aus fünf Mitglieder, dem Präsidenten, Sekretär, Einnehmer, Bibliothekar und dem Korrespondenten. Die Amtsführung derselben ist auf sechs Monate beschränkt. Zum Präsidenten ist einstimmig der ehrenwerthe Bürger Hr. Laczinski aus Koscielec gewählt. Die Direktion hat den Kreis in achtzehn Distrikte eingetheilt und für denselben einen Distriktskommissarius und einen Stellvertreter bestimmt. Dieser Verein hat auch die Wittwen unserer im letzten Kampfe gefallenen Brüder in seine Obhut genommen. Nachdem wir nun so unsern Verein gebildet, erfuhren wir das Projekt der Liga Polska. Da nun der Nationalverein des Kreises Inowraclaw fast denselben Zweck verfolgt, den sich die Liga Polska gesetzt, so hat er dieses Projekt mit der größten Freude aufgenommen und wird sich von heute ab als ein besonderer Kreisverein der Liga Polska betrachten. Die heilsame Liga Polska verbreitet sich also täglich immer mehr und es freut mich sehr, Sie in Kenntniß zu setzen, daß sich dieselbe wiederum in Goßlin, Wittkowo, in Wagrowiec und auch schon in Straßburg (Westpreußen) gebildet hat und überall mit großem Enthusiasmus begrüßt wurde.</p> <bibl>(A. O. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar128_011" type="jArticle"> <head>München, 22. Oktbr.</head> <p>Die gestrige Versammlung im Haslauer Saale, fast ausschließlich zusammengesetzt aus Mitgliedern der Landwehr und der verschiedenen Freikorps, ergab folgende von Dr. Hermann verfaßte Adresse an den König:</p> <p>„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Die Tage des 16., 17. und 18. Oktober waren Zeugen frevelhafter Angriffe auf Leben und Eigenthum unserer Stadt. Niemals hat Baierns Metropole solchen Gräuel der Verwüstung geschaut, aber auch nie eine solche Schwäche und Rathlosigkeit jener Behörden, denen der Vollzug der Gesetze anvertraut ist. Das Gefühl der Unsicherheit ist allgemein. Majestät! Wir wollen rechtzeitige und kräftige, wie nicht minder humane Handhabung der Gesetze, damit wir für Leben und Eigenthum wahrhaften Schutz haben, und nicht nach Gefährdung dieser großen Güter noch der Herrschaft des Standrechts verfallen. Diejenigen Personen, denen in den verflossenen Tagen der Gefahr die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit Pflicht war, ‒ die diese Pflicht in mehr als befremdender Weise versäumt haben, sind sofort zu entfernen und zur Rechenschaft zu ziehen. Aber auch für die Zukunft muß eine bessere Bürgschaft der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden. Wir wollen diese selbst übernehmen. Es kann kein Zweifel sein, daß sich der bisherige Verwaltungsorganismus zum Schutze unseres Lebens und Eigenthums, als unbrauchbar erwiesen hat. Wir verlangen deshalb, daß derChef der Sicherheitspolizei mit voller Verantwortlichkeit unabhängig gestellt, und der bewaffnete Schutz dessen, was uns neben dem Vaterlande das theuerste ist, unter allen Umständen dem sogleich frei zu wählenden Commandanten der Landwehr und Freicorps anvertraut werde. Der nächste Landtag muß unsern Stadtbehörden die Handhabung der Sicherheitspolizei zurückgeben, und ein Gesetz schaffen, wonach jede Gemeinde für allen Schaden haftbar ist, der aus Störungen der öffentlichen Ruhe entspringt. Es ist ein unabweisliches Bedürfniß, daß dem im Landtagsabschiede vom 23. Mai 1846 §. 8 Nr. 1 durch die Stände des Reichs gestellten Antrage unverweilt Folge gegeben werde. Für alle unsere Mitbürger aber, welche durch die traurige Katastrophe der jüngsten Tage zu Schaden kamen, fordern wir von der Staatsregierung sofortige volle Entschädigung, weil durch einigermaßen rechtzeitige Vorkehrungen von Seite ihrer Organe die schaudererregenden Angriffe auf Leben und Eigenthum ohne allen Zweifel hätten abgewendet werden können. Majestät! die Freiheit hat nichts gemein mit dem Verbrechen. Sie will Gesetze, gestützt auf die Ueberzeugung ‒ auf den Willen der Bürger. Wo ihre Herrschaft waltet, da ist Freiheit ‒ da ist unerschütterliche Achtung vor dem Gesetze und die Kraft, für dasselbe einzustehen. Wer diese Bürgschaft des Friedens schafft, dem wird das Volk die Krone der Liebe ‒ die Geschichte den unverwelklichen Kranz ruhmvoller Vergeltung aufs Haupt setzen.</p> <p>München, 21. Oktober 1848.“</p> </div> <div xml:id="ar128_012" type="jArticle"> <head>Karlsruhe, 12. October.</head> <p>Gestern ist der bekannte Sonnenwirth <hi rendition="#g">Thibaut</hi> in Ettlingen festgenommen und vorerst in das Gefängniß nach Durlach gebracht worden. Seine Verhaftung soll durch Mittheilungen von Lörrach aus veranlaßt worden sein.</p> </div> <div xml:id="ar128_013" type="jArticle"> <head>Schleswig, den 23. Oktober.</head> <p>Die Proklamationen resp. des Reichs-Commissarius Stedmann und der neuen so wie der provisorischen Regierung, alle drei von gestern datirt, sind an allen Straßenecken angeklebt und werden von zahlreichen Gruppen mit Begierde gelesen. Sie lauten also:</p> <p>1. An die Einwohner der Herzogthümer Schleswig-Holstein. In Folge einer von Sr. kaiserl. Hoh. dem Erzherzog Reichsverweser ausgestellten Vollmacht hat die königl. preußische Regierung in Vertretung der deutschen Centralgewalt unter dem 26. August einen Waffenstillstands-Vertrag auf sieben Monate mit der königl. dänischen Regierung geschlossen und die deutsche National-Versammlung hat denselben genehmigt. Die deutsche Centralgewalt hat in Ausübung des ihr nach Art. 8 des Waffenstillstands-Vertrags zustehenden Rechtes mich zum Reichskommissarius ernannt, um von deutscher Seite vermittelnd über die Ausführung der Waffenstillstands-Bedingungen und über die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der deutschen, so wie der dänischen Bevölkerung zu wachen. Nach erfolgter Anerkennung der deutschen Centralgewalt durch die Krone Dänemark hat die königlich preußische Regierung mir diese Angelegenheit übergeben und die königlich dänische Regierung mich durch den Ihrerseits ernannten Commissarius. Kammerherrn Holger Christian v. Reedtz anerkennen lassen. Ich habe dieses Amt schon seit dem 20. v. M. angetreten, um die für die Herzogthümer Schleswig-Holstein wünschenswerthen, von der National-Versammlung vorbehaltenen, Veränderungen des Vertrags herbeiführen zu helfen und gedenke die bezeichneten Dienste getreu zu leisten, so lange die Regierung Sr. kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Reichsverwesers oder meine Pflicht als Mitglied der deutschen National-Versammlung mich nicht zurückruft. Ich habe heute in Gemeinschaft mit dem genannten königl. dänischen Commissarius, in der Person des Hrn. Grafen Theodor Reventlow, als Vorsitzender, Johann Friedrich Boysen, Josias Friedrich Ernst Baron v. Heintze, Adolph Bernhard Wilhelm Erdmann v. Moltke, Alexander Friedrich Wilhelm Preusser als Mitgliedern die neue gemeinsame Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein vertragsmäßig eingesetzt. Wenn ich meinerseits meine Pflicht zu erfüllen vermeine, so erwarte ich auch mit Bestimmtheit, daß die biederen Bewohner der Herzogthümere welche so viele Beweise ihres Rechtssinnes, ihrer Bürgertugend und Vaterlandsliebe gegeben haben, ihre Pflicht darin finden werden, der neuen gemeinsamen Regierung der Herzogthumer, welche im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark, in Seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig-Holstein, ihr Amt verwalten wird, mit Vertrauen entgegen zu kommen und willigen Gehorsam zu leisten. Die würdige, ruhige, gesetzliche Haltung der Bevölkerung wird einen dem Lande günstigen Friedensschluß wesentlich erleichtern. Den Erlassen der drei Männer Moltke, Johannsen, Hansen, welche in Sonderburg den 8. a. M. sich als Mitglieder einer Immediat-Commssion angekündigt haben, ist keine Folge zu leisten. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Stedmann, Reichs-Commissarius.</p> <p>2. Schleswig-Holsteiner! Dem an uns ergangenen Rufe, während der Dauer des mit Dänemark abgeschlossenen, von der deutschen Reichsgewalt bestätigten Waffenstillstandes, die gemeinsame Regierung der Herzogthümer im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark in Ihrer Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein zu übernehmen, wobei Dero Machtvollkommenheit, unter Ausschluß der einstweilen ruhenden, gesetzgebenden Gewalt uns übertragen ist, sind wir mit Zustimmung der Landesversammlung gefolgt. So wie wir hiebei allein von dir innigsten Liebe zu urserm theuren Vaterlande geleitet worden sind, so werden wir auch unablässig bestrebt sein, innerhalb der durch die Waffenstillstands-Convention und deren Ratifikation gezogenen Gränzen das Wohl des Landes nach Kräften zu fördern. Bei der Schwierigkeit der Verhältnisse, unter welchen wir diese Regierung antreten, erblicken wir in dem Vertrauen der aus den Wahlen des Volkes hervorgegangenen Landesversammlung, in der durch vielfache Opfer bethätigten Vaterlandsliebe aller Bewohner des Landes und in der Anerkennung dieser Regierung von Seiten der betheiligten Mächte, eine sichere Gewähr für die Lösung der uns gestellten Aufgabe. Anerkannt als die für die Zeit des Waffenstillstandes allein rechtmäßige Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein, werden wir es als unsere heilige Pflicht ansehen, die unveräußerlichen Rechte des Landes nicht minder als die der Krone zu wahren, und für die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der dänisch, wie der deutsch redenden Bevölkerung Sorge zu tragen. Wir hegen den lebhaften Wunsch, die Verhältnisse des Landes baldmöglichst durch einen ehrenvollen Frieden gesichert zu sehen. Bis dahin wird unser Augenmerk darauf gerichtet sein, die Sicherheit, welche der Waffenstillstand auf längere Zeit gegen äußere Störungen in Aussicht stellt, unter steter Berücksichtigung der noch immer ungewissen Zukunft des Landes, für die Entwicklung der Kraft und des Wohlstandes desselben, fruchtbringend zu machen, und die Stockungen zu beseitigen, welche die Macht der Verhältnisse in der Verwaltung, in der Freiheit des Verkehrs, so wie in der Benutzung der gewohnten Erwerbsquellen theilweise herbeigeführt hat. Dabei werden wir es uns zur unabweichlichen Aufgabe machen, den inneren Frieden des Landes und die begonnene, freiere Entwicklung des öffentlichen Lebens, wie sie im Staatsgrundgesetze vorgezeichnet ist, durch eine kräftige Handhabung der öffentlichen Ordnung gegen unheilvolle Störungen sicher zu stellen. Unsere Bekanntmachung vom heutigen Tage ergiebt, in welchem Umfange wir die Aufrechthaltung der seit dem 17. März dieses Jahrs erlassenen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln, unbeschadet der Bedingungen eines künftigen Friedens, für unerläßlich erachtet haben. Schleswig-Holsteiner! An Euch ist es nun, durch besonnene Haltung und bereitwillige Unterstützung unserer Bestrebungen das begonnene Werk zu fördern, und der Regierung durch Euer Vertrauen auch im Innern Stärke zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu verleihen, welche sich ihr in den Weg stellen möchten. Flehet mit uns zu dem Allmächtigen, daß er beschütze unser theures Vaterland, daß er Kraft gebe uns und allen seinen Bewohnern in unserm einigen Bestreben für das allgemeine Beste. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Die zur gemeinsamen Regierung Schleswig-Holsteins Verordneten. Th. Reventlow. Boysen. Heintze. A. Moltke. Preusser.</p> <p>3. Mitbürger. Sieben Monate sind verflossen, seitdem wir die Leitung der Staatsgeschäfte in unsere Hand genommen. Es war die Stimme des Gewissens, welcher wir folgten; wir wollten das Land vor dem Unglücke bewahren, eine Beute der Gesetzlosigkeit und äußerer Feinde zu werden; wir vertrauten der Begeisterung, welche alle edlen Gemüther im deutschen Vaterlande ergriffen hatte, der Begeisterung für Erringung staatsbürgerlicher Freiheit, für den Wiederaufbau der Macht und des Ruhmes unseres deutschen Volkes Theure Landsleute! Ihr habt uns treu zu Seite gestanden in den Tagen der Gefahr. Wir haben fest zu einander gehalten, haben einmüthig gehandelt, wie wir es vor dem ganzen deutschen Volke und eingedenk der Vorzeit unseres Landes verantworten können; wie wir es vertreten können als Männer, welchen die Achtung vor dem Gesetze unzertrennlich ist von der Liebe zur Freiheit. Das Ziel unseres Strebens war der Anstrengungen und Opfer würdig; sind wir auch nicht raschen Laufes an dasselbe gelangt, so halten wir doch die Zuversicht fest, daß wir es erreichen werden. Wir Schleswig-Holsteiner bauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, auf den Beistand Deutschlands und auf die Festigkeit unseres eignen Willens.</p> <p>Die provisorische Regierung ist ihrer Pflichten gegen das Land enthoben. Nach Anordnung der deutschen Reichsgewalt und im Einverständnisse mit der schleswig-holsteinischen Landesversammlung haben wir heute die uns anvertraute Gewalt in die Hände derjenigen Männer niedergelegt, welche kraft der geschlossenen Verträge bis weiter die Regierung des Landes führen werden. Indem wir in das Privatleben zurücktreten, danken wir Euch, Mitbürger, für die freudige und aufopfernde Unterstützung, welche Ihr der provisorischen Regierung gewährt habt. Schenkt den Männern, welche an unsere Stelle getreten sind, das Vertrauen, welches Ihr uns in so reichem Maaße bewiesen; unterstützt sie, wie Ihr uns unterstützt habt, in der Erfüllung ihrer schweren Pflichten, damit sie das von uns begonnene Werk der Vollendung entgegenführen können. Schleswig, den 22. Oct. 1848. Beseler. F. Reventlow. M. T. Schmidt, J. Bremer.</p> <p>Die in der Proklamation der neuen Regierung angekündigte Bekanntmachung über die beizubehaltenden Gesetze, Verordnungen u. s. w. wird erst morgen erscheinen, indem der Umfang derselben die Vollendung des Drucks bis jetzt nicht hat ermöglichen lassen. (‒ Es werden durch dieselbe ‒ nach Angabe des Kieler Correspondenz-Blattes ‒ das Staatsgrundgesetz sowohl wie alle übrigen Gesetze der provisorischen Regierung, bis auf einige wenige von geringer Erheblichkeit, anerkannt. ‒) Die neue Regierung ist sammt den Ministerien bereits heute auf dem Schlosse Gottorf, wo ihr Sitz sein wird, in voller Thätigkeit.</p> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g">Italien.</hi> </head> <div xml:id="ar128_014" type="jArticle"> <bibl> <author>*</author> </bibl> <p>Die Nachricht von einem neuen allgemeinen Aufstande zu Mailand, die wir am Schlusse unseres gestrigen Blattes als vorläufig noch unverbürgt mittheilten, bedarf noch immer der nähern Bestätigung. Zwar haben zwei sardinische Journale, l'Avvenire und der Constituzionale subalpino, sie sich mit allen Details aus Alexandrien schreiben lassen, andere Blätter jedoch, namentlich die Turiner, schweigen bis jetzt noch davon. Nach den genannten beiden Zeitungen würde der Ausbruch am 18. Oktober stattgefunden haben. Radetzky, heißt es, hatte bereits einige der schönsten Paläste unterminiren lassen, und schickte sich eben an, es mit dem Dome auch so zu machen. Da, bei diesem Anblick, bemächtigt sich des Volkes eine gränzenlose Wuth; es wirft sich auf die Mineurs, es massakrirt sie, die Sturmglocke wird gezogen, und nach wenig Augenblicken steht die ganze Stadt unter den Waffen, ist ganz Mailand Ein allgemeines Schlachtfeld. So der Avvenire und der Constituzionale subalpino. Möchten wir morgen im Stande sein, ihre Mittheilungen zu bekräftigen und einen gewissen stolzen Volkssieg zur Kunde unserer Leser zu bringen!</p> <p>Wie dem übrigens auch sein möge, die Aufregung in ganz Italien dauert fort. Zu Parma, zu Verona, zu Modena, zu Lucca hört man nur den Einen Ruf: „Es lebe Italien! es lebe die Republik!</p> <p>Modena ist in Belagerungszustand gesetzt worden.</p> </div> <div xml:id="ar128_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 20. Okt.</head> <p>Es geht hier das Gerücht, Karl Albert habe das Ende des Waffenstillstandes auf den 22. Oktober festgesetzt.</p> <p>In der Sitzung der Deputirtenkammer von gestern hat das Ministerium die folgenden Erklärungen gegeben.</p> <p>1) Die Grundlagen der durch Frankreich und England vorgeschlagenen Unterhandlungen sind von Oestreich noch nicht angenommen worden, und nach zwei Monaten diplomatischer Diskussionen hat man sich noch nicht über den Ort geeinigt, wo der Kongreß stattfinden soll.</p> <p>2) Man hat den Waffenstillstand nur von acht zu acht Tagen verlängert.</p> <p>3) Wenn die Vermittlung fehlschlägt, so ist die Regierung weit entfernt, die Feindseligkeiten nicht wieder aufnehmen zu wollen. Sie behält sich nur das Urtheil über Zeit und Gelegenheit vor.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar128_016" type="jArticle"> <p>‒ Die „Democratie pacifique“ vom 22. Oktober bringt unter der Ueberschrift: „<hi rendition="#g">Die Maske ist gefallen,</hi>“ folgenden Artikel:</p> <p>„Gestern Abend stürzte ein Mitglied des Klubs Rue de Poitiers ganz erregt und zerstört in ein Büreau der Nationalversammlung, wo eine gewisse Anzahl von Repräsentanten versammelt war, und ruft aus: „Endlich haben sie die Maske abgeworfen.“ Man umgibt den Mann, man fragt ihn aus. Er erzählt darauf folgende Details einer stürmischen Sitzung, die so eben in der Rue de Poitiers stattgefunden, und der er beigewohnt hatte. An der Tagesordnung war die Frage, ob die Nationalversammlung nach Votirung der Konstitution verlängert oder nicht verlängert werden sollte. Die Mehrzahl der Redner war für Verwerfung jeder Verlängerung. <hi rendition="#g">Thiers</hi> sprach in diesem Sinne; er beschwor den Sturm herauf.</p> <p>„Ich begreife die sonderbaren Gründe nicht, sagte er, die man zu Gunsten einer Verlängerung vorbringt. Es ist nothwendig, sagt man, es ist dringend, daß die Repräsentanten alle ihre Kräfte aufbieten, um auf die Departemente bei Gelegenheit der Wahl des Präsidenten der Republik, einzuwirken. Ich bin erstaunt über solche Argumente. Es ist Zeit, sich frei, klar zu erklären. Ich werde meine ganzen Gedanken sagen. Alles in Allem ist die Republik nur eine Regierungsform; sagt diese Form der Mehrheit der Nation nicht zu, so muß man sie ändern; es steht Frankreich frei, eine Regierungsform zu wählen, die ihm zusagt; die Wähler haben das Recht, das republikanische Regiment durch jedes andere Regiment zu ersetzen, wenn das ihre Meinung, ihr Wunsch ist. Nun wohl! Ich füge hinzu, daß es wichtig ist, daß den Wählern Gelegenheit geboten wird, sofort zu entscheiden. Es ist wichtig, daß diese Frage sobald als möglich gelöst werde.“</p> <p>Thiers wurde bei diesen Worten mit Heftigkeit, mit Zorn interpellirt, apostraphirt. Der Tumult, die Aufregung wurden schrecklich, der Skandal war unbeschreiblich. Die Sitzung konnte nicht fortgesetzt werden; man trennte sich.</p> <p>‒ Zur Zeit, die läuft, machen sich die Könige keine Ehrensache daraus, ihre Schulden pünktlich zu zahlen. Der Ex-König Louis Philipp strich während 17 Jahren eine Civilliste von 12 Millionen ein. Er war überdem im Genusse eines Privatvermögens, wie es sonst nur indische Nabobs aufzuweisen haben. Nichtsdestoweniger richten so eben seine Gläubiger, Fabrikanten, Handelsleute, Künstler, Geschäftsführer ‒ eine Petition an die Nationalversammlung, worin sie inständigst beantragen, der Gesetzvorschlag bezüglich der Liquidation der alten Civilliste, möge als <hi rendition="#g">dringlich</hi> von der Nationalversammlung zur Diskussion gebracht werden.</p> <p>‒ Der Pole <hi rendition="#g">Joseph Ordega</hi> zu Paris richtet an die „<hi rendition="#g">Reforme</hi>“ ein Schreiben, worin er Aufschluß über die angeblich <hi rendition="#g">polnischen Regimenter</hi> gibt, die gegen Wien im Dienst der Kamarilla kämpfen. In den letztverflossenen Monaten nämlich hat die östreichische Regierung alle verabschiedete galizischen Soldaten unter die Fahne gerufen. Es sind dieselben, die 1846 gedungen wurden, um die Meuchelscenen in Galizien zu begehen. <note place="foot" n="*)"><p>Zum Ueberfluß bemerken wir noch, daß diese Soldaten keine <hi rendition="#g">Polen,</hi> sondern <hi rendition="#g">Ruthenen</hi> sind. Nachdem die polnischen Grundbesitzer in Galizien freiwillig auf die Feudallasten verzichtet, blieb der österreichischen Regierung kein andres Mittel zur Aufrechterhaltung des Zwiespalts in Galizien übrig, als die <hi rendition="#g">Ruthenen</hi> im Namen der <hi rendition="#g">Nationalität</hi> gegen die Polen aufzuhetzen. Die Ruthenen sprechen einen andern Dialekt, ihre Religion (die griechische) scheidet sie von den Polen und endlich bilden sie den eigentlichen Bauernstand.</p><p><hi rendition="#g">Anmerkung der Redaktion.</hi></p></note> </p> <p>‒ <hi rendition="#g">Raspail</hi> hat einen Brief an seinen Instruktionsrichter <hi rendition="#g">Bertrand</hi> gerichtet, worin es unter anderm heißt: Ich habe Ihnen schon einmal schriftlich bemerkt, daß das Volk, Ihr Herr und der meinige, mir das Mandat anvertraut hat, es bei der Nationalversammlung zu repräsentiren und daß Jeder ein Verbrechen begeht, der mich verhindert, diese meine Mission zu erfüllen. Man begeht dies Verbrechen, indem man mich während der Sitzungen der Nationalversammlung im Gefängniß zurückhält. Ich verlange diesen Sitzungen beizuwohnen. Es steht der Kerkerjustiz frei, mich eskortiren zu lassen, damit ihre vergangene, gegenwärtige und zukünftige Beute ihr nicht entschlüpfe. Sie sagen, daß ich eines Attentats angeklagt bin! Durch wen? Durch einen Instruktionsrichter, der mein alter Feind ist. Aber 70,000 Bürger, die große Jury der Nation, haben durch ihre Wahl gegen diesen Richter entschieden.</p> </div> <div xml:id="ar128_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Paris.</head> <p>Der „<hi rendition="#g">National</hi>“ schreibt: „Das Journal von Bayonne versichert, daß die unglücklichen spanischen Deportirten, die sich während der Fahrt über's Meer revoltirt hatten und denen es gelang, völlig entblös't, die französische Küste zu gewinnen, nach Spanien auf Befehl unserer Regierung zurückgebracht worden sind. Es scheint, daß die Regierung, nachdem sie diese Auslieferung dekretirt hatte, sich wieder besann; aber ihre zweite Depesche kam zu spät an. Das Schiff, welches die Unglücklichen wegführte, befand sich schon auf dem Wege nach Santander.“</p> <p>Die „<hi rendition="#g">Reforme</hi>“ bemerkt hierzu: „Diese Auslieferung spanischer Republikaner an Narvaez, d. h. an den Tod, ist ein solches Verbrechen, daß die französische Regierung es nie rechtfertigen könnte. Es wäre dieß politischer Hochverrath, der den Anklagezustand derer, welche die Auslieferung angeordnet haben, nach sich ziehen würde.“ (Vergl. unsere gestrige Correspondenz aus Perpignan.)</p> </div> <div xml:id="ar128_018" type="jArticle"> <head>Paris, 25. Okt.</head> <p><hi rendition="#g">(Neue Ministerkrisis.)</hi> Zu ihrem Verständniß mag folgende Erzählung dienen:</p> <p><hi rendition="#g">Creton,</hi> einer der blässesten aber wüthendsten Glieder der Rue de Poitiers, schrie nach dem Junisiege trotz seiner schwachen Stimme am stärksten nach Rache gegen Alles, was irgendwie mit der Sozialisten- und Kommunistenbrut sympathisire. Um seinen Zweck zu erreichen und die eigentlichen Träger der Februar-Republik desto sicherer zu Boden zu rennen, stellte dieser Creton den Antrag, man solle alle Ausgaben der provisorischen Regierung und Exekutivkommission genau prüfen, dann werde man sehen, welcher Mißbrauch mit den Staatsgeldern getrieben worden sei, mit welcher Verschwendung Ledru-Rollin und Comp. im Staatsschatze gewüthet hätten und wie sehr sie verdienten, mit ihren geheimen Freunden im Donjon von Vincennes zusammengeworfen zu werden.</p> <p>Seit dem Juli und August, wo Creton und seine Mitverschworenen den kühnen Plan faßten, hat sich aber gar Manches geändert. Die Nationalversammlung verrieth eine heilige Scheu, den Cretouschen Antrag zu berühren. Da er aber einmal gestellt war, so mußte er natürlich erledigt werden. Goudchaux erklärte in der Debatte, daß man diese Prüfung dem Oberrechnungshofe überlassen solle; eine Prüfung durch die Nationalversammlung würde neuen Skandal hervorrufen und den Kredit von Neuem vertreiben u. s. w.</p> <p>Ledru-Rollin selbst hat indessen die Versammlung, die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben und bekämpfte somit den Minister, der seine Rechnungen erst mit dem ordentlichen Budget von 1848 also in 2 bis 3 Jahren vom Oberrechnungshofe, wie üblich, geprüft wissen wollte. Die Nationalversammlung gewährte dem Angeklagten diese Bitte und der Cretonsche Antrag ging trotz der Goudchauxschen Protestation durch. Das ärgerte den „honnetten Juden“ dergestalt, daß er gestern nach dem Sitzungsschluß der eigentlichen Triebfeder des Cretonschen Antrages (dem Freihändler Leon Faucher) ins Gesicht rief: Nach einer solchen Beschimpfung möge der Teufel Finanzminister bleiben; er gehe seiner Wege; sein Entschluß stehe fest. Garnier Pages, Pagnerre, Duclerc und die sonstigen Nationalreste beschworen ihn, doch im gegenwärtigen kritischen Augenblicke ja nicht auf seinem Entschlusse zu beharren. Allein Goudchaux zog zornig seine schwarze Sammetmütze über die Ohren und ließ sich durchaus nicht besänftigen. ‒ Die Rue de Poitiers macht zum Sturz Goudchauxs natürlich gute Miene. Sie intriguirt bereits für ihre Freunde Leon Faucher und Achilles Fould, zwei jüdische Freihändler im Interesse Englands, als Goudchauxs Nachfolger. Vergesse man nicht, daß die Finanzklemme unsere gefährlichste gesellschaftliche Wunde ist, darum ist die neue Ministerkrisis sehr wichtig.</p> <p>‒ Wir hören, daß das Kabinet auf Abberufung des östreichischen Gesandten, Hr. v. Thom, einer Metternichschen Kreatur, dringe. Endlich!</p> <p>‒ Marrast, der uns Alle zu seinen Atheniensern in weißen Glacehandschuhen machen wollte, wahrscheinlich um den monarchischen Hofluxus zu ersetzen, verlangte eine Gehaltserhöhung von monatlich 4- auf 10,000 Fr. Diese „Dotation“ ist gestern verworfen worden.</p> <p>‒ Der Verfassungsausschuß bringt morgen das Spezialdekret zur Diskussion, das die Präsidentenwahl auf den 10. December ausschreibt. Dieses Spezialdekret besteht aus 7 Artikeln, welche meist von dem Wahlmodus handeln. Nur Artikel 6 scheint der Uebersetzung würdig: „Sogleich nach Prüfung der Wahlprotokolle und Installation des Gewählten, tritt derselbe in Ausübung aller Rechte als Präsident der Republik, die ihm die Verfassung zuschreibt, mit Ausnahme des Spezialrechts, das der Art. 57 der Verfassung feststellt.</p> <p>Dieser Art. 57 lautet: „Der Präsident der Republik kann, in dem gesetzlich für Veröffentlichung der Kammern festgestellten Zeitraum, eine nochmalige Berathung bereits gefaßter Beschlüsse, durch eine begründete Botschaft, beantragen.“</p> <p>Diese Sorte von Vetoentziehung ist wichtig.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0645/0003]
meldete sich eine so große Anzahl Personen jeglichen Standes zur Theilnahme an diesem Vereine, daß man nach der Annahme und dem Unterschreiben der Statuten sogleich zur Wahl der Direktion schreiten konnte. Die Direktion besteht nach den vorher angenommenen Statuten aus fünf Mitglieder, dem Präsidenten, Sekretär, Einnehmer, Bibliothekar und dem Korrespondenten. Die Amtsführung derselben ist auf sechs Monate beschränkt. Zum Präsidenten ist einstimmig der ehrenwerthe Bürger Hr. Laczinski aus Koscielec gewählt. Die Direktion hat den Kreis in achtzehn Distrikte eingetheilt und für denselben einen Distriktskommissarius und einen Stellvertreter bestimmt. Dieser Verein hat auch die Wittwen unserer im letzten Kampfe gefallenen Brüder in seine Obhut genommen. Nachdem wir nun so unsern Verein gebildet, erfuhren wir das Projekt der Liga Polska. Da nun der Nationalverein des Kreises Inowraclaw fast denselben Zweck verfolgt, den sich die Liga Polska gesetzt, so hat er dieses Projekt mit der größten Freude aufgenommen und wird sich von heute ab als ein besonderer Kreisverein der Liga Polska betrachten. Die heilsame Liga Polska verbreitet sich also täglich immer mehr und es freut mich sehr, Sie in Kenntniß zu setzen, daß sich dieselbe wiederum in Goßlin, Wittkowo, in Wagrowiec und auch schon in Straßburg (Westpreußen) gebildet hat und überall mit großem Enthusiasmus begrüßt wurde.
(A. O. Z.) München, 22. Oktbr. Die gestrige Versammlung im Haslauer Saale, fast ausschließlich zusammengesetzt aus Mitgliedern der Landwehr und der verschiedenen Freikorps, ergab folgende von Dr. Hermann verfaßte Adresse an den König:
„Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König! Allergnädigster König und Herr! Die Tage des 16., 17. und 18. Oktober waren Zeugen frevelhafter Angriffe auf Leben und Eigenthum unserer Stadt. Niemals hat Baierns Metropole solchen Gräuel der Verwüstung geschaut, aber auch nie eine solche Schwäche und Rathlosigkeit jener Behörden, denen der Vollzug der Gesetze anvertraut ist. Das Gefühl der Unsicherheit ist allgemein. Majestät! Wir wollen rechtzeitige und kräftige, wie nicht minder humane Handhabung der Gesetze, damit wir für Leben und Eigenthum wahrhaften Schutz haben, und nicht nach Gefährdung dieser großen Güter noch der Herrschaft des Standrechts verfallen. Diejenigen Personen, denen in den verflossenen Tagen der Gefahr die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit Pflicht war, ‒ die diese Pflicht in mehr als befremdender Weise versäumt haben, sind sofort zu entfernen und zur Rechenschaft zu ziehen. Aber auch für die Zukunft muß eine bessere Bürgschaft der öffentlichen Sicherheit geschaffen werden. Wir wollen diese selbst übernehmen. Es kann kein Zweifel sein, daß sich der bisherige Verwaltungsorganismus zum Schutze unseres Lebens und Eigenthums, als unbrauchbar erwiesen hat. Wir verlangen deshalb, daß derChef der Sicherheitspolizei mit voller Verantwortlichkeit unabhängig gestellt, und der bewaffnete Schutz dessen, was uns neben dem Vaterlande das theuerste ist, unter allen Umständen dem sogleich frei zu wählenden Commandanten der Landwehr und Freicorps anvertraut werde. Der nächste Landtag muß unsern Stadtbehörden die Handhabung der Sicherheitspolizei zurückgeben, und ein Gesetz schaffen, wonach jede Gemeinde für allen Schaden haftbar ist, der aus Störungen der öffentlichen Ruhe entspringt. Es ist ein unabweisliches Bedürfniß, daß dem im Landtagsabschiede vom 23. Mai 1846 §. 8 Nr. 1 durch die Stände des Reichs gestellten Antrage unverweilt Folge gegeben werde. Für alle unsere Mitbürger aber, welche durch die traurige Katastrophe der jüngsten Tage zu Schaden kamen, fordern wir von der Staatsregierung sofortige volle Entschädigung, weil durch einigermaßen rechtzeitige Vorkehrungen von Seite ihrer Organe die schaudererregenden Angriffe auf Leben und Eigenthum ohne allen Zweifel hätten abgewendet werden können. Majestät! die Freiheit hat nichts gemein mit dem Verbrechen. Sie will Gesetze, gestützt auf die Ueberzeugung ‒ auf den Willen der Bürger. Wo ihre Herrschaft waltet, da ist Freiheit ‒ da ist unerschütterliche Achtung vor dem Gesetze und die Kraft, für dasselbe einzustehen. Wer diese Bürgschaft des Friedens schafft, dem wird das Volk die Krone der Liebe ‒ die Geschichte den unverwelklichen Kranz ruhmvoller Vergeltung aufs Haupt setzen.
München, 21. Oktober 1848.“
Karlsruhe, 12. October. Gestern ist der bekannte Sonnenwirth Thibaut in Ettlingen festgenommen und vorerst in das Gefängniß nach Durlach gebracht worden. Seine Verhaftung soll durch Mittheilungen von Lörrach aus veranlaßt worden sein.
Schleswig, den 23. Oktober. Die Proklamationen resp. des Reichs-Commissarius Stedmann und der neuen so wie der provisorischen Regierung, alle drei von gestern datirt, sind an allen Straßenecken angeklebt und werden von zahlreichen Gruppen mit Begierde gelesen. Sie lauten also:
1. An die Einwohner der Herzogthümer Schleswig-Holstein. In Folge einer von Sr. kaiserl. Hoh. dem Erzherzog Reichsverweser ausgestellten Vollmacht hat die königl. preußische Regierung in Vertretung der deutschen Centralgewalt unter dem 26. August einen Waffenstillstands-Vertrag auf sieben Monate mit der königl. dänischen Regierung geschlossen und die deutsche National-Versammlung hat denselben genehmigt. Die deutsche Centralgewalt hat in Ausübung des ihr nach Art. 8 des Waffenstillstands-Vertrags zustehenden Rechtes mich zum Reichskommissarius ernannt, um von deutscher Seite vermittelnd über die Ausführung der Waffenstillstands-Bedingungen und über die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der deutschen, so wie der dänischen Bevölkerung zu wachen. Nach erfolgter Anerkennung der deutschen Centralgewalt durch die Krone Dänemark hat die königlich preußische Regierung mir diese Angelegenheit übergeben und die königlich dänische Regierung mich durch den Ihrerseits ernannten Commissarius. Kammerherrn Holger Christian v. Reedtz anerkennen lassen. Ich habe dieses Amt schon seit dem 20. v. M. angetreten, um die für die Herzogthümer Schleswig-Holstein wünschenswerthen, von der National-Versammlung vorbehaltenen, Veränderungen des Vertrags herbeiführen zu helfen und gedenke die bezeichneten Dienste getreu zu leisten, so lange die Regierung Sr. kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Reichsverwesers oder meine Pflicht als Mitglied der deutschen National-Versammlung mich nicht zurückruft. Ich habe heute in Gemeinschaft mit dem genannten königl. dänischen Commissarius, in der Person des Hrn. Grafen Theodor Reventlow, als Vorsitzender, Johann Friedrich Boysen, Josias Friedrich Ernst Baron v. Heintze, Adolph Bernhard Wilhelm Erdmann v. Moltke, Alexander Friedrich Wilhelm Preusser als Mitgliedern die neue gemeinsame Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein vertragsmäßig eingesetzt. Wenn ich meinerseits meine Pflicht zu erfüllen vermeine, so erwarte ich auch mit Bestimmtheit, daß die biederen Bewohner der Herzogthümere welche so viele Beweise ihres Rechtssinnes, ihrer Bürgertugend und Vaterlandsliebe gegeben haben, ihre Pflicht darin finden werden, der neuen gemeinsamen Regierung der Herzogthumer, welche im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark, in Seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig-Holstein, ihr Amt verwalten wird, mit Vertrauen entgegen zu kommen und willigen Gehorsam zu leisten. Die würdige, ruhige, gesetzliche Haltung der Bevölkerung wird einen dem Lande günstigen Friedensschluß wesentlich erleichtern. Den Erlassen der drei Männer Moltke, Johannsen, Hansen, welche in Sonderburg den 8. a. M. sich als Mitglieder einer Immediat-Commssion angekündigt haben, ist keine Folge zu leisten. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Stedmann, Reichs-Commissarius.
2. Schleswig-Holsteiner! Dem an uns ergangenen Rufe, während der Dauer des mit Dänemark abgeschlossenen, von der deutschen Reichsgewalt bestätigten Waffenstillstandes, die gemeinsame Regierung der Herzogthümer im Namen Sr. Maj. des Königs von Dänemark in Ihrer Eigenschaft als Herzog von Schleswig und Holstein zu übernehmen, wobei Dero Machtvollkommenheit, unter Ausschluß der einstweilen ruhenden, gesetzgebenden Gewalt uns übertragen ist, sind wir mit Zustimmung der Landesversammlung gefolgt. So wie wir hiebei allein von dir innigsten Liebe zu urserm theuren Vaterlande geleitet worden sind, so werden wir auch unablässig bestrebt sein, innerhalb der durch die Waffenstillstands-Convention und deren Ratifikation gezogenen Gränzen das Wohl des Landes nach Kräften zu fördern. Bei der Schwierigkeit der Verhältnisse, unter welchen wir diese Regierung antreten, erblicken wir in dem Vertrauen der aus den Wahlen des Volkes hervorgegangenen Landesversammlung, in der durch vielfache Opfer bethätigten Vaterlandsliebe aller Bewohner des Landes und in der Anerkennung dieser Regierung von Seiten der betheiligten Mächte, eine sichere Gewähr für die Lösung der uns gestellten Aufgabe. Anerkannt als die für die Zeit des Waffenstillstandes allein rechtmäßige Regierung der Herzogthümer Schleswig-Holstein, werden wir es als unsere heilige Pflicht ansehen, die unveräußerlichen Rechte des Landes nicht minder als die der Krone zu wahren, und für die unparteiische Anwendung der Gesetze zu Gunsten der dänisch, wie der deutsch redenden Bevölkerung Sorge zu tragen. Wir hegen den lebhaften Wunsch, die Verhältnisse des Landes baldmöglichst durch einen ehrenvollen Frieden gesichert zu sehen. Bis dahin wird unser Augenmerk darauf gerichtet sein, die Sicherheit, welche der Waffenstillstand auf längere Zeit gegen äußere Störungen in Aussicht stellt, unter steter Berücksichtigung der noch immer ungewissen Zukunft des Landes, für die Entwicklung der Kraft und des Wohlstandes desselben, fruchtbringend zu machen, und die Stockungen zu beseitigen, welche die Macht der Verhältnisse in der Verwaltung, in der Freiheit des Verkehrs, so wie in der Benutzung der gewohnten Erwerbsquellen theilweise herbeigeführt hat. Dabei werden wir es uns zur unabweichlichen Aufgabe machen, den inneren Frieden des Landes und die begonnene, freiere Entwicklung des öffentlichen Lebens, wie sie im Staatsgrundgesetze vorgezeichnet ist, durch eine kräftige Handhabung der öffentlichen Ordnung gegen unheilvolle Störungen sicher zu stellen. Unsere Bekanntmachung vom heutigen Tage ergiebt, in welchem Umfange wir die Aufrechthaltung der seit dem 17. März dieses Jahrs erlassenen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsmaaßregeln, unbeschadet der Bedingungen eines künftigen Friedens, für unerläßlich erachtet haben. Schleswig-Holsteiner! An Euch ist es nun, durch besonnene Haltung und bereitwillige Unterstützung unserer Bestrebungen das begonnene Werk zu fördern, und der Regierung durch Euer Vertrauen auch im Innern Stärke zur Ueberwindung der Schwierigkeiten zu verleihen, welche sich ihr in den Weg stellen möchten. Flehet mit uns zu dem Allmächtigen, daß er beschütze unser theures Vaterland, daß er Kraft gebe uns und allen seinen Bewohnern in unserm einigen Bestreben für das allgemeine Beste. Schleswig, den 22. Oktober 1848. Die zur gemeinsamen Regierung Schleswig-Holsteins Verordneten. Th. Reventlow. Boysen. Heintze. A. Moltke. Preusser.
3. Mitbürger. Sieben Monate sind verflossen, seitdem wir die Leitung der Staatsgeschäfte in unsere Hand genommen. Es war die Stimme des Gewissens, welcher wir folgten; wir wollten das Land vor dem Unglücke bewahren, eine Beute der Gesetzlosigkeit und äußerer Feinde zu werden; wir vertrauten der Begeisterung, welche alle edlen Gemüther im deutschen Vaterlande ergriffen hatte, der Begeisterung für Erringung staatsbürgerlicher Freiheit, für den Wiederaufbau der Macht und des Ruhmes unseres deutschen Volkes Theure Landsleute! Ihr habt uns treu zu Seite gestanden in den Tagen der Gefahr. Wir haben fest zu einander gehalten, haben einmüthig gehandelt, wie wir es vor dem ganzen deutschen Volke und eingedenk der Vorzeit unseres Landes verantworten können; wie wir es vertreten können als Männer, welchen die Achtung vor dem Gesetze unzertrennlich ist von der Liebe zur Freiheit. Das Ziel unseres Strebens war der Anstrengungen und Opfer würdig; sind wir auch nicht raschen Laufes an dasselbe gelangt, so halten wir doch die Zuversicht fest, daß wir es erreichen werden. Wir Schleswig-Holsteiner bauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, auf den Beistand Deutschlands und auf die Festigkeit unseres eignen Willens.
Die provisorische Regierung ist ihrer Pflichten gegen das Land enthoben. Nach Anordnung der deutschen Reichsgewalt und im Einverständnisse mit der schleswig-holsteinischen Landesversammlung haben wir heute die uns anvertraute Gewalt in die Hände derjenigen Männer niedergelegt, welche kraft der geschlossenen Verträge bis weiter die Regierung des Landes führen werden. Indem wir in das Privatleben zurücktreten, danken wir Euch, Mitbürger, für die freudige und aufopfernde Unterstützung, welche Ihr der provisorischen Regierung gewährt habt. Schenkt den Männern, welche an unsere Stelle getreten sind, das Vertrauen, welches Ihr uns in so reichem Maaße bewiesen; unterstützt sie, wie Ihr uns unterstützt habt, in der Erfüllung ihrer schweren Pflichten, damit sie das von uns begonnene Werk der Vollendung entgegenführen können. Schleswig, den 22. Oct. 1848. Beseler. F. Reventlow. M. T. Schmidt, J. Bremer.
Die in der Proklamation der neuen Regierung angekündigte Bekanntmachung über die beizubehaltenden Gesetze, Verordnungen u. s. w. wird erst morgen erscheinen, indem der Umfang derselben die Vollendung des Drucks bis jetzt nicht hat ermöglichen lassen. (‒ Es werden durch dieselbe ‒ nach Angabe des Kieler Correspondenz-Blattes ‒ das Staatsgrundgesetz sowohl wie alle übrigen Gesetze der provisorischen Regierung, bis auf einige wenige von geringer Erheblichkeit, anerkannt. ‒) Die neue Regierung ist sammt den Ministerien bereits heute auf dem Schlosse Gottorf, wo ihr Sitz sein wird, in voller Thätigkeit.
Italien. * Die Nachricht von einem neuen allgemeinen Aufstande zu Mailand, die wir am Schlusse unseres gestrigen Blattes als vorläufig noch unverbürgt mittheilten, bedarf noch immer der nähern Bestätigung. Zwar haben zwei sardinische Journale, l'Avvenire und der Constituzionale subalpino, sie sich mit allen Details aus Alexandrien schreiben lassen, andere Blätter jedoch, namentlich die Turiner, schweigen bis jetzt noch davon. Nach den genannten beiden Zeitungen würde der Ausbruch am 18. Oktober stattgefunden haben. Radetzky, heißt es, hatte bereits einige der schönsten Paläste unterminiren lassen, und schickte sich eben an, es mit dem Dome auch so zu machen. Da, bei diesem Anblick, bemächtigt sich des Volkes eine gränzenlose Wuth; es wirft sich auf die Mineurs, es massakrirt sie, die Sturmglocke wird gezogen, und nach wenig Augenblicken steht die ganze Stadt unter den Waffen, ist ganz Mailand Ein allgemeines Schlachtfeld. So der Avvenire und der Constituzionale subalpino. Möchten wir morgen im Stande sein, ihre Mittheilungen zu bekräftigen und einen gewissen stolzen Volkssieg zur Kunde unserer Leser zu bringen!
Wie dem übrigens auch sein möge, die Aufregung in ganz Italien dauert fort. Zu Parma, zu Verona, zu Modena, zu Lucca hört man nur den Einen Ruf: „Es lebe Italien! es lebe die Republik!
Modena ist in Belagerungszustand gesetzt worden.
* Turin, 20. Okt. Es geht hier das Gerücht, Karl Albert habe das Ende des Waffenstillstandes auf den 22. Oktober festgesetzt.
In der Sitzung der Deputirtenkammer von gestern hat das Ministerium die folgenden Erklärungen gegeben.
1) Die Grundlagen der durch Frankreich und England vorgeschlagenen Unterhandlungen sind von Oestreich noch nicht angenommen worden, und nach zwei Monaten diplomatischer Diskussionen hat man sich noch nicht über den Ort geeinigt, wo der Kongreß stattfinden soll.
2) Man hat den Waffenstillstand nur von acht zu acht Tagen verlängert.
3) Wenn die Vermittlung fehlschlägt, so ist die Regierung weit entfernt, die Feindseligkeiten nicht wieder aufnehmen zu wollen. Sie behält sich nur das Urtheil über Zeit und Gelegenheit vor.
Französische Republik. ‒ Die „Democratie pacifique“ vom 22. Oktober bringt unter der Ueberschrift: „Die Maske ist gefallen,“ folgenden Artikel:
„Gestern Abend stürzte ein Mitglied des Klubs Rue de Poitiers ganz erregt und zerstört in ein Büreau der Nationalversammlung, wo eine gewisse Anzahl von Repräsentanten versammelt war, und ruft aus: „Endlich haben sie die Maske abgeworfen.“ Man umgibt den Mann, man fragt ihn aus. Er erzählt darauf folgende Details einer stürmischen Sitzung, die so eben in der Rue de Poitiers stattgefunden, und der er beigewohnt hatte. An der Tagesordnung war die Frage, ob die Nationalversammlung nach Votirung der Konstitution verlängert oder nicht verlängert werden sollte. Die Mehrzahl der Redner war für Verwerfung jeder Verlängerung. Thiers sprach in diesem Sinne; er beschwor den Sturm herauf.
„Ich begreife die sonderbaren Gründe nicht, sagte er, die man zu Gunsten einer Verlängerung vorbringt. Es ist nothwendig, sagt man, es ist dringend, daß die Repräsentanten alle ihre Kräfte aufbieten, um auf die Departemente bei Gelegenheit der Wahl des Präsidenten der Republik, einzuwirken. Ich bin erstaunt über solche Argumente. Es ist Zeit, sich frei, klar zu erklären. Ich werde meine ganzen Gedanken sagen. Alles in Allem ist die Republik nur eine Regierungsform; sagt diese Form der Mehrheit der Nation nicht zu, so muß man sie ändern; es steht Frankreich frei, eine Regierungsform zu wählen, die ihm zusagt; die Wähler haben das Recht, das republikanische Regiment durch jedes andere Regiment zu ersetzen, wenn das ihre Meinung, ihr Wunsch ist. Nun wohl! Ich füge hinzu, daß es wichtig ist, daß den Wählern Gelegenheit geboten wird, sofort zu entscheiden. Es ist wichtig, daß diese Frage sobald als möglich gelöst werde.“
Thiers wurde bei diesen Worten mit Heftigkeit, mit Zorn interpellirt, apostraphirt. Der Tumult, die Aufregung wurden schrecklich, der Skandal war unbeschreiblich. Die Sitzung konnte nicht fortgesetzt werden; man trennte sich.
‒ Zur Zeit, die läuft, machen sich die Könige keine Ehrensache daraus, ihre Schulden pünktlich zu zahlen. Der Ex-König Louis Philipp strich während 17 Jahren eine Civilliste von 12 Millionen ein. Er war überdem im Genusse eines Privatvermögens, wie es sonst nur indische Nabobs aufzuweisen haben. Nichtsdestoweniger richten so eben seine Gläubiger, Fabrikanten, Handelsleute, Künstler, Geschäftsführer ‒ eine Petition an die Nationalversammlung, worin sie inständigst beantragen, der Gesetzvorschlag bezüglich der Liquidation der alten Civilliste, möge als dringlich von der Nationalversammlung zur Diskussion gebracht werden.
‒ Der Pole Joseph Ordega zu Paris richtet an die „Reforme“ ein Schreiben, worin er Aufschluß über die angeblich polnischen Regimenter gibt, die gegen Wien im Dienst der Kamarilla kämpfen. In den letztverflossenen Monaten nämlich hat die östreichische Regierung alle verabschiedete galizischen Soldaten unter die Fahne gerufen. Es sind dieselben, die 1846 gedungen wurden, um die Meuchelscenen in Galizien zu begehen. *)
‒ Raspail hat einen Brief an seinen Instruktionsrichter Bertrand gerichtet, worin es unter anderm heißt: Ich habe Ihnen schon einmal schriftlich bemerkt, daß das Volk, Ihr Herr und der meinige, mir das Mandat anvertraut hat, es bei der Nationalversammlung zu repräsentiren und daß Jeder ein Verbrechen begeht, der mich verhindert, diese meine Mission zu erfüllen. Man begeht dies Verbrechen, indem man mich während der Sitzungen der Nationalversammlung im Gefängniß zurückhält. Ich verlange diesen Sitzungen beizuwohnen. Es steht der Kerkerjustiz frei, mich eskortiren zu lassen, damit ihre vergangene, gegenwärtige und zukünftige Beute ihr nicht entschlüpfe. Sie sagen, daß ich eines Attentats angeklagt bin! Durch wen? Durch einen Instruktionsrichter, der mein alter Feind ist. Aber 70,000 Bürger, die große Jury der Nation, haben durch ihre Wahl gegen diesen Richter entschieden.
* Paris. Der „National“ schreibt: „Das Journal von Bayonne versichert, daß die unglücklichen spanischen Deportirten, die sich während der Fahrt über's Meer revoltirt hatten und denen es gelang, völlig entblös't, die französische Küste zu gewinnen, nach Spanien auf Befehl unserer Regierung zurückgebracht worden sind. Es scheint, daß die Regierung, nachdem sie diese Auslieferung dekretirt hatte, sich wieder besann; aber ihre zweite Depesche kam zu spät an. Das Schiff, welches die Unglücklichen wegführte, befand sich schon auf dem Wege nach Santander.“
Die „Reforme“ bemerkt hierzu: „Diese Auslieferung spanischer Republikaner an Narvaez, d. h. an den Tod, ist ein solches Verbrechen, daß die französische Regierung es nie rechtfertigen könnte. Es wäre dieß politischer Hochverrath, der den Anklagezustand derer, welche die Auslieferung angeordnet haben, nach sich ziehen würde.“ (Vergl. unsere gestrige Correspondenz aus Perpignan.)
Paris, 25. Okt. (Neue Ministerkrisis.) Zu ihrem Verständniß mag folgende Erzählung dienen:
Creton, einer der blässesten aber wüthendsten Glieder der Rue de Poitiers, schrie nach dem Junisiege trotz seiner schwachen Stimme am stärksten nach Rache gegen Alles, was irgendwie mit der Sozialisten- und Kommunistenbrut sympathisire. Um seinen Zweck zu erreichen und die eigentlichen Träger der Februar-Republik desto sicherer zu Boden zu rennen, stellte dieser Creton den Antrag, man solle alle Ausgaben der provisorischen Regierung und Exekutivkommission genau prüfen, dann werde man sehen, welcher Mißbrauch mit den Staatsgeldern getrieben worden sei, mit welcher Verschwendung Ledru-Rollin und Comp. im Staatsschatze gewüthet hätten und wie sehr sie verdienten, mit ihren geheimen Freunden im Donjon von Vincennes zusammengeworfen zu werden.
Seit dem Juli und August, wo Creton und seine Mitverschworenen den kühnen Plan faßten, hat sich aber gar Manches geändert. Die Nationalversammlung verrieth eine heilige Scheu, den Cretouschen Antrag zu berühren. Da er aber einmal gestellt war, so mußte er natürlich erledigt werden. Goudchaux erklärte in der Debatte, daß man diese Prüfung dem Oberrechnungshofe überlassen solle; eine Prüfung durch die Nationalversammlung würde neuen Skandal hervorrufen und den Kredit von Neuem vertreiben u. s. w.
Ledru-Rollin selbst hat indessen die Versammlung, die Sache nicht auf die lange Bank zu schieben und bekämpfte somit den Minister, der seine Rechnungen erst mit dem ordentlichen Budget von 1848 also in 2 bis 3 Jahren vom Oberrechnungshofe, wie üblich, geprüft wissen wollte. Die Nationalversammlung gewährte dem Angeklagten diese Bitte und der Cretonsche Antrag ging trotz der Goudchauxschen Protestation durch. Das ärgerte den „honnetten Juden“ dergestalt, daß er gestern nach dem Sitzungsschluß der eigentlichen Triebfeder des Cretonschen Antrages (dem Freihändler Leon Faucher) ins Gesicht rief: Nach einer solchen Beschimpfung möge der Teufel Finanzminister bleiben; er gehe seiner Wege; sein Entschluß stehe fest. Garnier Pages, Pagnerre, Duclerc und die sonstigen Nationalreste beschworen ihn, doch im gegenwärtigen kritischen Augenblicke ja nicht auf seinem Entschlusse zu beharren. Allein Goudchaux zog zornig seine schwarze Sammetmütze über die Ohren und ließ sich durchaus nicht besänftigen. ‒ Die Rue de Poitiers macht zum Sturz Goudchauxs natürlich gute Miene. Sie intriguirt bereits für ihre Freunde Leon Faucher und Achilles Fould, zwei jüdische Freihändler im Interesse Englands, als Goudchauxs Nachfolger. Vergesse man nicht, daß die Finanzklemme unsere gefährlichste gesellschaftliche Wunde ist, darum ist die neue Ministerkrisis sehr wichtig.
‒ Wir hören, daß das Kabinet auf Abberufung des östreichischen Gesandten, Hr. v. Thom, einer Metternichschen Kreatur, dringe. Endlich!
‒ Marrast, der uns Alle zu seinen Atheniensern in weißen Glacehandschuhen machen wollte, wahrscheinlich um den monarchischen Hofluxus zu ersetzen, verlangte eine Gehaltserhöhung von monatlich 4- auf 10,000 Fr. Diese „Dotation“ ist gestern verworfen worden.
‒ Der Verfassungsausschuß bringt morgen das Spezialdekret zur Diskussion, das die Präsidentenwahl auf den 10. December ausschreibt. Dieses Spezialdekret besteht aus 7 Artikeln, welche meist von dem Wahlmodus handeln. Nur Artikel 6 scheint der Uebersetzung würdig: „Sogleich nach Prüfung der Wahlprotokolle und Installation des Gewählten, tritt derselbe in Ausübung aller Rechte als Präsident der Republik, die ihm die Verfassung zuschreibt, mit Ausnahme des Spezialrechts, das der Art. 57 der Verfassung feststellt.
Dieser Art. 57 lautet: „Der Präsident der Republik kann, in dem gesetzlich für Veröffentlichung der Kammern festgestellten Zeitraum, eine nochmalige Berathung bereits gefaßter Beschlüsse, durch eine begründete Botschaft, beantragen.“
Diese Sorte von Vetoentziehung ist wichtig.
*) Zum Ueberfluß bemerken wir noch, daß diese Soldaten keine Polen, sondern Ruthenen sind. Nachdem die polnischen Grundbesitzer in Galizien freiwillig auf die Feudallasten verzichtet, blieb der österreichischen Regierung kein andres Mittel zur Aufrechterhaltung des Zwiespalts in Galizien übrig, als die Ruthenen im Namen der Nationalität gegen die Polen aufzuhetzen. Die Ruthenen sprechen einen andern Dialekt, ihre Religion (die griechische) scheidet sie von den Polen und endlich bilden sie den eigentlichen Bauernstand.
Anmerkung der Redaktion.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
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Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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