Neue Rheinische Zeitung. Nr. 142. Köln, 14. November 1848.liche Drohung, so bedient sich dasselbe seiner Waffen, um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu überwältigen §. 3. Wenn das Militär bei einer solchen Dienstleistung zur Ablegung der Waffen oder anderer zum Angriffe oder zum Widerstande geeigneter, oder so nst gefährlicher Werkzeuge auffordert, und es wird dieser Aufforderung nicht sofort Folge geleistet, oder es werden die abgelegten Waffen oder Werkzeuge wieder aufgenommen, so macht das Militär von seinen Waffen Gebrauch, um den ihm schuldigen Gehorsam zu erzwingen. §. 6. Jede Schildwache (die Ehrenposten mit eingerechnet) hat sich zum Schutze der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen nöthigenfalls der Waffen zu bedienen. Berlin, 10. November 1848. Kön. Gouvernement. Für den Gouverneur: (gez.) v. Thümen. Königl. Polizei-Präsidium. Generalmajor und Kommandant. v. Bardeleben. Berlin. Der Magistrat erließ folgende Bekanntmachung: "Wir bringen hiermit zur Kenntnißnahme unserer Mitbürger, daß wir in Folge eines in der vergangenen Nacht gefaßten Beschlusses heute Morgen eine Deputation an Se. Majestät abgeordnet haben, um unsere ehrerbietige Vorstellungen gegen die Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg anzubringen. Berlin, 10. Nov. Der Magistrat. 20 Berlin, 10. Nov. Lassen Sie mich die Ereignisse des Tages kurz berichten. Schon um 5 Uhr Morgens hielt die Nationalversammlung eine Sitzung, zur Entgegennahme der an den Präsidenten Unruh theils von Hrn. Brandenburg, theils von Rimpler eingelaufenen; höchst wichtigen Schreiben, die Ihnen wohl bereits bekannt sind. Noch in der Nacht hatte der Magistrat, diese vorsündfluthliche Behörde Berlins, nach Potsdam deputirt, um Sr. Maj. seine "ehrerbietigen" Vorstellungen zu machen. Diese Vorstellungen haben indeß, wie wir hören, Nichts gefruchtet. Die Bürgerwehr war wieder um das Schauspielhaus aufgestellt; ihr Kommando und Generalstab hatte jedoch beschlossen, den einrückenden Truppen keinen glwaltsamen Widerstand zuleisten. Die Aufstellung war also nichts, als eine Komödie. Schon gestern Abend waren mehrere Thorwachen zurückgezogen worden; ein Zeichen, daß es der Bourgeoisie schon gestern mit ihrem Widerstande nicht Ernst war. Aber noch mehr! Als den Kommunalbehörden heut die Anzeige vom Einmarsch der um die Stadt liegenden Truppen gemacht wurde, da beschloß das Bürgerwehrkommando den "passiven" Widerstand, soweit auszudehnen, daß es Patrouillen durch alle Straßen schickte, damit jeder Versuch seitens des Volkes, Barrikaden zu bauen, auf der Stelle vereitelt würde. Das ist unsere tapfere Bourgeoisie! Die Truppen sind nun heut Nachmittags nach 2 Uhr an mehreren Punkten in die Stadt gerückt. Das 2. Garderegiment marschirte zum Brandenburger Thore herein die Linden entlang nach dem Schlosse zu und postirte sich im Luftgarten, hat jedoch bis zu diesem Augenblicke das Schloß selbst noch nicht besetzt. Dem Regimente folgten mehrere Batterien Artillerie. Um dieselbe Zeit das kaiserl. Alex.-Reg. nach dem Gensdarmenmarkte, ebenso von mehreren Batterien Artillerie gefolgt und cernirte im Verein mit dem Garderegiment das von Bürgerwehr umgebene Schauspielhaus. Bei diesem Truppentheile befand sich auch jener Kartätschenheld, "der noch nie sein Wort gebrochen", der das Gras wachsen sieht und hörte. Wrangel konnte es nicht über sich bringen zu schweigen. Der Alte hielt eine Rede an die "guten Bürger", die er aufforderte, mit dem Militär Hand in Hand die Nationalversammlung auseinanderzutreiben. Höllisches Gelächter des versammelten Volkes. Als Hr. Rimpler ihm erklärte, er werde mit der Bürgerwehr nicht eher den Platz räumen, als bis die Sitzung der Nationalversammlung geschlossen sei, erwiederte Wrangel: "Auch ich werde bleiben, und sollte ich 8 Tage warten. Ich bin an's Bivouaikiren gewöhnt und die Truppen auch. Uebrigens kenne ich keine Nationalversammlung." Wieder Gelächter des Volks. - Endlich gegen 5 Uhr ward die Sitzung geschlossen. Unter nicht endenwollendam Hurrah der Volksmengverließen die Abgeordneten den Sitzungssaal. Jetzt zog die Bürgerwehr ab; bald folgte auch das Militär, das bei den Hauseigenthümern Quartier bezieht. Bis jetzt sind 15,000 Mann eine gerückt; wie sich der Polizeipräsident (v.) Bardeleben ausdrückt, zur Verwirklichung der königl. Verheißungen. Jeder Hauseigenthümer, welcher 1000 Thlr. Miethzins bezieht, erhält 4-5 Mann in's Quartier. Die Stimmung des Volks, obgleich eine sehr erregte, gab sich heut doch durchaus nicht im Toben und Schreien kund. Nur beim Einmarsch der Garden erhoben sich Fäuste und Stöcke gegen die Aristokraten, die aus ihren Palais den Garden mit weißen Tüchern zuwehten. Die ganze Bewegung ist bis zu diesem Augenblicke nichts als eine Bourgeois-Manifestation. Der Arbeiter hat sich bis jetzt wenig daran betheiligt. Der Brennpunkt des Ganzen ist leider immer noch die Nationalversammlung, von der sich wenig mehr, als vom Wiener Reichstag erwarten läßt. Man sagt, die Nationalversammelten hätten vor, wenn sie von hier durch die Bajonnette vertrieben würden, jeder in seinen Wahlkreis zu gehen, um dort die Steuerverweigerung zu organisiren. Plakate, worin das Vaterland in Gefahr erklärt wird und die Würfel fallen, sind in Masse an den Ecken. Auch Hr. Held läßt sich wieder hören; indem er dem Volke vorwirft, daß es seinen verläumderischen Gegnern so leicht geglaubt habe, brüstet er sich zugleich mit seiner Sehergabe, die Alles, wie es gekommen, vorausgesehen. Er erklärt, daß er in dieser Krise als Privatmann und guter Demokrat seine Pflicht thun werde; das Volk aber weist er an die demokratischen Volksredner, (die Blauen) als da sind die Brüder Benary, Arnold Ruge, Oppenheim, Mey, Ottensohn etc. - Der Magistrat zeigt an, daß die Truppen nicht durch die Kommunalbehörden requirirt seien, und Hr. Rimpler endlich ermahnt zur Ruhe. Unsere Bourgeoisie muß, wie man sieht, noch bittere Lehren empfangen, ehe sie klug wird; wenn sie es überhaupt je wird. Ein großer Theil der Bürgerwehr, vornemlich aber die Preußen sind erfreut über die Ereignisse des heutigen Tages. Sie jubeln schon an allen Ecken und Enden, ob des unter dem Schutze der Bajonnette wiederkehrenden "Vertrauens". Die Bourgeoisie ist für Nichts zu schlecht. Sie wird jede Niederträchtigkeit gegen die Freiheit mit Händeklatschen vollführen, wenn nur die Kurse an der Börse steigen. 20 Berlin, 11. Nov. Unsere Lage hat sich im Wesentlichen wenig geändert. Die einmarschirten Regimenter sind bei den Bürgern einquartirt, die Wachen von Militär besetzt und die Ordre vom 20. März 1837 über den Gebrauch der Waffe vom Gouvernement und Polizeipräsidium bekannt gemacht. Hr. Wrangel residirt im Schlosse, durch ein Spiel des Zufalls in denselben Zimmern, wo in den Märztagen die Verwundeten lagen. Wrangel möchte gern Windischgrätz spielen, findet aber vor der Hand gewiß zu seinem großen Aerger keine Veranlassung dazu. Die fliegenden Korps, die entschlossen waren, für die Noth von den Waffen Gebrauch zu machen, mußten ihre Schießwaffen visitiren lassen und erhielten von der Nationalversammlung Befehl, von jedem Gewaltschritte abzustehen. - Interessant von heut ist die Scene, als der Präsident der Nationalversammlung an dem verschlossenen Schauspielhause mit dem innenwachthabenden Offiziere durchs Schlüsselloch parlamentirte. Hr. v. Unruh erklärte, daß er nochmals gegen diesen Gewaltstreich "protestire", es übrigens unter seiner Würde halte, noch länger durchs Schlüsselloch zu sprechen. (Bravo, Bravo, Bravo!) In corpore und unter Vivats zogen nun die Deputirten nach der Aula der Universität; aber auch die Wissenschaft wollte eben so wenig wie die Kunst der Politik ihre Hand reichen. Die Deputirten mußten von der verschlossenen Aula abweichen und begaben sich nach dem Hotel de Russie. - Dieses etwa sind die hauptsächlichsten Vorgänge des heutigen Tage. - Die Straßen waren wieder ungewöhnlich belebt; die Soldaten trugen das Meiste zu dieser Belebung bei. - Die Aufregung, die das Gerücht von der Entwaffnung am heutigen Abende hervorgerufen hat, ist grenzenlos. - Das Kriminalgericht soll beschlossen haben, in diesem kritischen Momente keinen politischen Prozeß anhängig zu machen. 109 Düsseldorf, 12. Novbr. Auf die Ankunft der neuesten Berliner Nachrichten, fand gestern Abend sofort eine äußerst zahlreiche Volksversammlung in der Bockhalle Statt. Die Volksversammlung erklärte sich bis auf Weiteres für permanent und erließ folgende Adresse an die Berliner National-Versammlung die noch heute mit vielen tausend Unterschriften bedeckt wird. An die preußische National-Versammlung zu Berlin. Das Vaterland ist in Gefahr. Fünfzehn Millionen haben Ihnen die Wahrung ihrer mit Strömen von Blut errungenen Freiheit anvertraut. Fünfzehn Millionen erwarten, daß Sie kein Titelchen dieser Freiheit verloren gehen lassen werden, bis der letzte Tropfen unseres und Ihren Blutes verspritzt ist. In diesem Augenblicke, der uber die Geschichte Preußens entscheidet, und indem wir Ihnen die feurigste Anerkennung für die männliche Entschlossenheit aussprechen, die Sie bewiesen haben, mahnen wir Sie nochmals an die ungeheuere Verantwortlichkeit, die auf Ihnen lastet. In Ihre Hand ist es gegeben, das Vaterland zu retten. Indem wir auf die rauchenden Trümmern Wiens hinweisen, beschwören wir Sie, nicht gleichfalls aus einer falschen Mäßigung und Scheu den Fluch auf sich laden zu wollen, das Vaterland aus Schwäche verrathen zu haben. Die Krone hat sich über das Gesetz gestellt; sie steht außer dem Gesetze. Es ist Ihre Pflicht jetzt endlich den Kampf zu einem entscheidenden Ende zu führen, den Kampf mit einer treulosen und verrätherischen Macht, welche wie die Geschichte Deutschlands seit dem 18. März auf jedem Blatte gezeigt hat, nur den ihr geeigneten Augenblick erwartet, um räuberisch über die Freiheit des Volkes herzustürzen. Von dem Augenblicke an, der uns die neuesten Nachrichten brachte, erkennen wir keine andere Autorität und Behörde, kein anderes Gesetz mehr an, als den Willen der National-Versammlung. Auf Ihren Aufruf, auf einen Wink von Ihnen wird sich im ganzen Rheinlande der Landsturm erheben und nach Berlin eilen, um dort für die Freiheit zu siegen, oder sich für sie in Stücken hauen zu lassen. Ergreifen Sie den Augenblick, erlassen Sie den Aufruf, wir beschwören Sie, ehe es zu spät ist. Einer hohen National-Versammlung erwartungsvoll ergebene. Düsseldorf, den 14. November 1848. Frankfurt a. d. O., 10. Nov. In einer heut zusammenberufenen Bürgerwehr-Versammlung wurde der Antrag gemacht, eine etwa beabsichtigte Truppenbeförderung auf jede Weise zu verhindern, worauf der zeitige Kommandeur, General-Lieutenant von Pochhammer, sofort sein Kommando niederlegte. An seine Stelle wurde interimistisch Herr Assessor Pape gewählt. Eine Deputation begab sich zu dem kommandirenden General von Weyrach, und theilte ihm die Ansicht der Bürgerwehr mit, worauf derselbe erklärte, es sei ihm zwar kein solcher Befehl zugegangen, sollte es aber geschehen, so würde er sich schon Bahn zu machen wissen. Der Magistrat und die Stadtverordneten haben ebenfalls eine Adresse an den König beschlossen, worin die Schritte der Regierung als gefahrdrohend für das ganze Land und für die Freiheit geschildert werden. Eine andere Adresse an die Nationalversammlung hat heute über 2000 Unterschriften erhalten, und ist bereits abgegangen. Frankfurt a. d. O., 10. Nov. Die königliche Botschaft, welche am gestrigen Tage der Nationalversammlung ihre Vertagung und Verlegung nach Brandenburg ankündigte, hat hier, als Zeichen eines offenen Bruchs der Krone mit der Volksvertretung, die größte Aufregung hervorgerufen. Es zirkulirt bereits nachstehende Adresse an die Nationalversammlung: "Einverstanden mit dem Beschlusse, den die Hohe Nationalversammlung auf die königliche Botschaft wegen Ihrer Verlegung und Vertagung am 9. d. M. gefaßt hat, erklären wir hierdurch feierlichst, daß wir mit allen Kräften Ihren darin ausgesprochenen Willen zu unterstützen und Ihre Ehre, die die Ehre des ganzen Volkes ist, zu wahren bereit sind." Halle, 9. Nov. Gestern Abend haben wir einen kleinen Tumult gehabt, provocirt von Genossen des Preußenvereins. Mit Stocklaternen an der Spitze marschiren Landwehrmänner aus diesem Verein, aus dem goldenen Pflug, dem Sitzungslokale desselben, nach der Wohnung des Landwehrkommandeurs Alvensleben, singen da das Preußenlied und Heil dir im Siegerkranz, und beurkunden durch vielmalige Hochs, im Gegensatz zu der Haltung und den Beschlüssen einer letzthin abgehaltenen Landwehrmännerversammlung im Bahnhofe, ihre unbedingte Ergebenheit und Bereitwilligkeit, auch gegen "innere Feinde" sich gebrauchen lassen zu wollen. Den Schluß aber sollte eine Katzenmusik machen, dem Bürger Weißgerber, als Veranlasser dieser Versammlung, zugedacht; auf dem Wege dahin wurden sie aber von Lanziers und andern Demokraten empfangen; die Stadtlaternen verschwanden im Nu, und eine Schlägerei begann, in welcher Letztere das Feld behaupteten. Es wurde Generalmarsch geschlagen; indeß zerstreute sich doch die Masse und nur kleine Trupps blieben bis spät in die Nacht auf den Beinen. (D. A. Z.)Wien, 8. Nov. Der Verkehr gewinnt nach und nach an Lebhaftigkeit; der Postenlauf ist wieder in den regelmäßigen Gang gebracht; Briefe kommen und gehen unaufgehalten an die Orte ihrer Bestimmung, nur Zeitungen werden uns noch immer keine gebracht; ein Umstand, welcher besonders jenen fühlbar wird, welche ihre Mußestunden mit dem Lesen auswärtiger Zeitungen zubringen. Außer der Wiener Zeitung erscheinen bereits mit Bewilligung des Militär-Kommando's: die Presse - die Geißel und der österreichische Lloyd. - Ein neues konservativ-politisches Journal, herausgegeben von Herr Xyrin Endlich, wird uns am 10. d. M. durch das Erscheinen seiner ersten Nummer beglücken. Die Stimmung im Volke bleibt fortwährend düster; der frühere heitere lebenslustige Frohsinn der Wiener ist ganz verschwunden, und hat sich in einen ernsten, man möchte sagen spartanischen Charakter umgewandelt. Das Militär kampirt noch immer in der Stadt. Die Waffen haben sich aber bereits vermindert. Die Offiziere halten sich von den Bürgern streng abgesondert; aber auch von Letzteren wird ihre Gesellschaft vermieden. Das Aussehen der Jelachich'schen Truppen ist wirklich schauderhaft; wir konnten uns einen Theil der österreichischen Armee nicht in einem solchen Zustande denken. Die meisten dieser Soldaten tragen keine Wäsche und hüllen ihren Körper in Hosen mit einem Ueberwurf von Halina nach Art der bekannten in Deutschland herumziehenden sogenannten Rastelbinder. Bewaffnet sind sie gut. Jener Hauptmann, welcher am 6. Oktober die Wache im Hofkriegsraths-Gebäude hatte, wurde, weil er den Grafen Latour mit seiner Wache nicht schützte, sondern ihn der Wuth der aufgereizten Menge überließ, vor ein Kriegsgericht gestellt. Der gewesene kommandirende General Graf Auersperg hat seine Entlassung genommen, weil man ihm den Vorwurf machte, sein Einschreiten sei am 6. Oktober nicht energisch genug gewesen, um den Aufstand zu unterdrücken. Man spricht hier, der Kaiser gedenke sein Hoflager von Ollmütz nach Prag zu verlegen. Verschiedene Hofchargen, welche von hier im Laufe der letztern Tage nach Prag sich begeben, geben diesem Gerüchte einige Wahrscheinlichkeit. Es hat hier Jemand berechnet, daß sich in diesem Augenblicke zwei Drittheile der Bevölkerung des österreich'schen Kaiserstaates im Belagerungszustand versetzt befindet. Diese Annahme ist glaubwürdig, wenn man die große Ausdehnung Ungarn's und Italien's und die starke Bevölkerung zu Wien und zu Lemberg in's Auge faßt. In früherer Zeit wurde man von den Sicherheitsbehörden zur Vermeidung von Feuersgefahren hart bestraft, wenn man in den Straßen Wien's Taback oder Cigarren rauchte. Jetzt lodern hell auf die Wachtfeuer so nahe an den Hüusern und unter den Hausthoren, daß sie die Mauern schwärzen, aber Niemand denkt an eine Feuersgefahr. Wie sich doch die Zeiten so schnell ändern können. Das Belagerungs-Kommando hat gestattet, daß von heute an einige Linien zur freien Frequenz geöffnet werden können. Wir glauben aus allen diesen Zugeständnissen schließen zu können, daß der Belagerungszustand nicht gar zu lange währen dürfte. Das Kriegsministerium hat verfügt, daß die Demolirungsreverse bei Häuserbauten auf der Bastei in Wien gänzlich aufgehoben werden. Der Kaiser hat angeordnet, daß die kriegsrechtliche Behandlung der bei dem letzten Wiener Aufstande betheiligten Individuen aufzuhören habe und daß ein Jeder derselben der ordentlichen Kriminaluntersuchung zu übergeben ist. Dem gewesenen Nationalgarde-Ober-Kommandanten Messenhauser soll der Prozeß wegen Hochverrathes gemacht werden. Der Gemeinderath hat sich wegen möglichst schonender Behandlung für denselben an den Marschall verwendet. In Kremsier wurden die Lokalitäten zur Abhaltung des Reichstages bereits adoptirt. Das Schloß zu Kremsier hat gegen 160 vollständig möblirte Zimmer. Im Städtchen selbst ist auch kein Mangel an Wohnungen für die Reichstagsdeputirten. Von den Ministern sollen immer 3 in Kremsier anwesend sein. Man glaubt, das Verfassungswerk könne zu Kremsier in wenigen Wochen zu Stande gebracht werden. Aus der Umgebung Wien's werden viele durch die Dominien verhaftete Leute nach Wien gebracht, welche während der Unruhen in Wien bemüht waren, das Landvolk zum Landsturm zu bewegen. (A. O.-Z.)Wien, 8. November. Die Abgeordneten der Linken scheinen ihren Vorsatz, gegen Verlegung des Reichstages nach Kremsier noch weiter zu protestiren, aufgeben zu wollen, da sie sich dadurch unmöglich machen würden. - Man spricht heute vom Eintritt des Grafen Stadion in's Ministerium an Bach's Stelle. - Von heute an ist der Verkehr zwischen den vor den Linien gelegenen Ortschaften und Stadt und Vorstädten frei gegeben. - Gestern sind zahlreiche Raketenparks auf der Nordbahn nach Ungarn transportirt worden, die Truppen koncentriren sich bei Göding und es heißt, daß am 12. d. M. der Angriff beginnen soll. - In Südungarn ist Essegg in die Hände der Magyaren gefallen. - Der neu ernannte Gouverneur von Wien, F.-M.-L. v. Welden, wird zwischen heute und morgen erwartet, man fürchtet seine Strenge, die aus den Ereignissen vor Treviso und Palma nuova bekannt ist. - Auch Juwelen-, Gold- und Silberläden sind nun eröffnet; die größeren Plätze gleichen aber alle Feldlagern. Die nächtliche Beleuchtung durch die Bivouaksfeuer kömmt bei der mangelnden Gasbeleuchtung sehr zu Statten. - Minister Kraus ist gestern nach Ollmütz berufen worden, ein sicherer Beweis, daß er im Ministerium verbleibt. - Baron Anselm Rothschild weilt fortwährend in dem nahe gelegenen Penzing, wo er sich die ganze Zeit hindurch aufgehalten. Ein neues Anleihen steht wohl in ziemlich naher Aussicht. (A. O.-Z.)Wien, 8. November. Man erzählt allgemein von dem schlimmen Geiste der nächsten Orte der Umgebung Wiens: Gumpoldskirchen, Mödling, Brüh. Kaum der fünfte Theil der Waffen ward hier auf die erste und zweite Aufforderung abgeliefert. Gumpoldskirchen mußte drei Mal besucht werden. Erst als ein Husarenoberst mit Infanterie und einem Kästchen Raketen ankam und drohte die Mühle (Depot der verborgenen Waffen) anzuzünden, kamen alle Gewehre zum Vorschein. Wiederholte Mahnungen mußten an die Mödlinger ergehen, bis die Sereczaner anrückten und mit ihren Handscharen an die Fenster der Häuser klopften. Auf dieses Zeichen fing man an, die Gewehre und andere Waffen durch die Fenster hinauszureichen. Sehr zweideutig sollen sich die Beamten der Südbahn benommen haben. - Das Anrücken der Ungarn ward durch ungeheure Feuer auf dem Eichkogl, am Eisernen Thore etc. dem Landsturm angekündigt. Am Eisernen Thore wurde ein Bauer bei einem Feuer ertappt, welches 12 Klastern im Umfang hatte. (B. C.)Döbling, 5. November. Die Schlechtigkeit und Gemeinheit gehen schon auf dem breiten Stein. Aufhängen, erschießen, einfangen die Kerle, wird breitmäulig perorirt, wie im ehemaligen Polizeistaat, und in den sieben freien Monaten lernten die Leute noch nicht, daß Ideen nicht mit Kugel und Blei vernichtet werden. Einstweilen wird das Häscherhandwerk mit Beihülfe verbitterter Einwohner fortgetrieben, und die Zahl der Inhaftirten soll sich auf 3000 belaufen. In der innern Stadt fanden noch keine Quartierdurchsuchungen Statt, sondern blos jene Localitäten die angezeigt waren, wurden durchsucht; so hatten sich in Daums Elysium an 150 Personen versteckt, und an der Universität fand man nur proletariatsmäßig gekleidete Leute, deren Hände und Füße aber keine schwere Arbeit vermuthen ließen. Brünner Garden und steirische Schützen wurden mit den Waffen gefangen. Als mehre Arbeiter gebunden über die Straße escortirt wurden, klatschte man aus Fenstern und Thorflur; unwillig aber drehte sich der begleitende Offizier mit den Worten: Schämen Sie sich; denn die Burschen haben sich tapfer und unerschrocken, werth einer guten Sache gehalten. Ein Soldat weiß das selbst am besiegten Feinde zu achten; die Einwohner (Bourgeoisie) hingegen haben blos die Drohungen und den Uebermuth des bewaffneten Proletariats vor Augen. (C. Bl. a. B.)Mödling bei Wien, 5. Nov. Heute Nachts wurde der bekannte Wiener Reichstagsabgeordnete Pater Füster, der Abends hier angekommen war, um sich wahrscheinlich weiter zu begeben, von Seite des Militärs verhaftet. Derselbe war wohl mit einem Passirscheine versehen, allein es scheint, daß man zu seiner Festnehmung besondere Weisung hatte. Gleich bei seiner Ankunft in Mödling wurde ihm ein Corporal zu seiner Bewachung beigegeben und in der Nacht dann das Gasthaus, in welchem er abgestiegen war von Militär besetzt, worauf seine Verhaftung erfolgte. Sechs andere Reisende (Italiener) wurden, da sie zugleich mit Füster hier ankamen und in demselben Hause eingekehrt waren, anfangs ebenfalls angehalten, jedoch später wieder freigelassen. (Füster war bekanntlich der Revolutionsprediger der Aula.) Prerau, 8. November. Die Aussichten haben sich für die kaiserlich österreichische Regierung seit einigen Tagen wieder bedeutend verschlechtert. General Simonic ist am 4. wirklich bei Holicz im Trentschiner Komitat von einem ungarischen Corps total geschlagen worden und mit Hinterlassung sämmtlichen Geschützes und Gepäckes bei Göding über die mährische Grenze geflüchtet. Man hat ihm alle disponiblen Truppen aus Mähren zu Hülfe geschickt; da aber im schlesisch-mährischen Gebirge ein sehr bedeutender Bauernaufstand ausgebrochen ist, wohin ebenfalls, wie ich selbst gesehen, viele Truppen gesendet worden sind, so mag die Unterstützung für Simonic nicht hinlänglich gewesen sein, denn so- liche Drohung, so bedient sich dasselbe seiner Waffen, um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu überwältigen §. 3. Wenn das Militär bei einer solchen Dienstleistung zur Ablegung der Waffen oder anderer zum Angriffe oder zum Widerstande geeigneter, oder so nst gefährlicher Werkzeuge auffordert, und es wird dieser Aufforderung nicht sofort Folge geleistet, oder es werden die abgelegten Waffen oder Werkzeuge wieder aufgenommen, so macht das Militär von seinen Waffen Gebrauch, um den ihm schuldigen Gehorsam zu erzwingen. §. 6. Jede Schildwache (die Ehrenposten mit eingerechnet) hat sich zum Schutze der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen nöthigenfalls der Waffen zu bedienen. Berlin, 10. November 1848. Kön. Gouvernement. Für den Gouverneur: (gez.) v. Thümen. Königl. Polizei-Präsidium. Generalmajor und Kommandant. v. Bardeleben. Berlin. Der Magistrat erließ folgende Bekanntmachung: „Wir bringen hiermit zur Kenntnißnahme unserer Mitbürger, daß wir in Folge eines in der vergangenen Nacht gefaßten Beschlusses heute Morgen eine Deputation an Se. Majestät abgeordnet haben, um unsere ehrerbietige Vorstellungen gegen die Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg anzubringen. Berlin, 10. Nov. Der Magistrat. 20 Berlin, 10. Nov. Lassen Sie mich die Ereignisse des Tages kurz berichten. Schon um 5 Uhr Morgens hielt die Nationalversammlung eine Sitzung, zur Entgegennahme der an den Präsidenten Unruh theils von Hrn. Brandenburg, theils von Rimpler eingelaufenen; höchst wichtigen Schreiben, die Ihnen wohl bereits bekannt sind. Noch in der Nacht hatte der Magistrat, diese vorsündfluthliche Behörde Berlins, nach Potsdam deputirt, um Sr. Maj. seine „ehrerbietigen“ Vorstellungen zu machen. Diese Vorstellungen haben indeß, wie wir hören, Nichts gefruchtet. Die Bürgerwehr war wieder um das Schauspielhaus aufgestellt; ihr Kommando und Generalstab hatte jedoch beschlossen, den einrückenden Truppen keinen glwaltsamen Widerstand zuleisten. Die Aufstellung war also nichts, als eine Komödie. Schon gestern Abend waren mehrere Thorwachen zurückgezogen worden; ein Zeichen, daß es der Bourgeoisie schon gestern mit ihrem Widerstande nicht Ernst war. Aber noch mehr! Als den Kommunalbehörden heut die Anzeige vom Einmarsch der um die Stadt liegenden Truppen gemacht wurde, da beschloß das Bürgerwehrkommando den „passiven“ Widerstand, soweit auszudehnen, daß es Patrouillen durch alle Straßen schickte, damit jeder Versuch seitens des Volkes, Barrikaden zu bauen, auf der Stelle vereitelt würde. Das ist unsere tapfere Bourgeoisie! Die Truppen sind nun heut Nachmittags nach 2 Uhr an mehreren Punkten in die Stadt gerückt. Das 2. Garderegiment marschirte zum Brandenburger Thore herein die Linden entlang nach dem Schlosse zu und postirte sich im Luftgarten, hat jedoch bis zu diesem Augenblicke das Schloß selbst noch nicht besetzt. Dem Regimente folgten mehrere Batterien Artillerie. Um dieselbe Zeit das kaiserl. Alex.-Reg. nach dem Gensdarmenmarkte, ebenso von mehreren Batterien Artillerie gefolgt und cernirte im Verein mit dem Garderegiment das von Bürgerwehr umgebene Schauspielhaus. Bei diesem Truppentheile befand sich auch jener Kartätschenheld, „der noch nie sein Wort gebrochen“, der das Gras wachsen sieht und hörte. Wrangel konnte es nicht über sich bringen zu schweigen. Der Alte hielt eine Rede an die „guten Bürger“, die er aufforderte, mit dem Militär Hand in Hand die Nationalversammlung auseinanderzutreiben. Höllisches Gelächter des versammelten Volkes. Als Hr. Rimpler ihm erklärte, er werde mit der Bürgerwehr nicht eher den Platz räumen, als bis die Sitzung der Nationalversammlung geschlossen sei, erwiederte Wrangel: „Auch ich werde bleiben, und sollte ich 8 Tage warten. Ich bin an's Bivouaikiren gewöhnt und die Truppen auch. Uebrigens kenne ich keine Nationalversammlung.“ Wieder Gelächter des Volks. ‒ Endlich gegen 5 Uhr ward die Sitzung geschlossen. Unter nicht endenwollendam Hurrah der Volksmengverließen die Abgeordneten den Sitzungssaal. Jetzt zog die Bürgerwehr ab; bald folgte auch das Militär, das bei den Hauseigenthümern Quartier bezieht. Bis jetzt sind 15,000 Mann eine gerückt; wie sich der Polizeipräsident (v.) Bardeleben ausdrückt, zur Verwirklichung der königl. Verheißungen. Jeder Hauseigenthümer, welcher 1000 Thlr. Miethzins bezieht, erhält 4-5 Mann in's Quartier. Die Stimmung des Volks, obgleich eine sehr erregte, gab sich heut doch durchaus nicht im Toben und Schreien kund. Nur beim Einmarsch der Garden erhoben sich Fäuste und Stöcke gegen die Aristokraten, die aus ihren Palais den Garden mit weißen Tüchern zuwehten. Die ganze Bewegung ist bis zu diesem Augenblicke nichts als eine Bourgeois-Manifestation. Der Arbeiter hat sich bis jetzt wenig daran betheiligt. Der Brennpunkt des Ganzen ist leider immer noch die Nationalversammlung, von der sich wenig mehr, als vom Wiener Reichstag erwarten läßt. Man sagt, die Nationalversammelten hätten vor, wenn sie von hier durch die Bajonnette vertrieben würden, jeder in seinen Wahlkreis zu gehen, um dort die Steuerverweigerung zu organisiren. Plakate, worin das Vaterland in Gefahr erklärt wird und die Würfel fallen, sind in Masse an den Ecken. Auch Hr. Held läßt sich wieder hören; indem er dem Volke vorwirft, daß es seinen verläumderischen Gegnern so leicht geglaubt habe, brüstet er sich zugleich mit seiner Sehergabe, die Alles, wie es gekommen, vorausgesehen. Er erklärt, daß er in dieser Krise als Privatmann und guter Demokrat seine Pflicht thun werde; das Volk aber weist er an die demokratischen Volksredner, (die Blauen) als da sind die Brüder Benary, Arnold Ruge, Oppenheim, Mey, Ottensohn etc. ‒ Der Magistrat zeigt an, daß die Truppen nicht durch die Kommunalbehörden requirirt seien, und Hr. Rimpler endlich ermahnt zur Ruhe. Unsere Bourgeoisie muß, wie man sieht, noch bittere Lehren empfangen, ehe sie klug wird; wenn sie es überhaupt je wird. Ein großer Theil der Bürgerwehr, vornemlich aber die Preußen sind erfreut über die Ereignisse des heutigen Tages. Sie jubeln schon an allen Ecken und Enden, ob des unter dem Schutze der Bajonnette wiederkehrenden „Vertrauens“. Die Bourgeoisie ist für Nichts zu schlecht. Sie wird jede Niederträchtigkeit gegen die Freiheit mit Händeklatschen vollführen, wenn nur die Kurse an der Börse steigen. 20 Berlin, 11. Nov. Unsere Lage hat sich im Wesentlichen wenig geändert. Die einmarschirten Regimenter sind bei den Bürgern einquartirt, die Wachen von Militär besetzt und die Ordre vom 20. März 1837 über den Gebrauch der Waffe vom Gouvernement und Polizeipräsidium bekannt gemacht. Hr. Wrangel residirt im Schlosse, durch ein Spiel des Zufalls in denselben Zimmern, wo in den Märztagen die Verwundeten lagen. Wrangel möchte gern Windischgrätz spielen, findet aber vor der Hand gewiß zu seinem großen Aerger keine Veranlassung dazu. Die fliegenden Korps, die entschlossen waren, für die Noth von den Waffen Gebrauch zu machen, mußten ihre Schießwaffen visitiren lassen und erhielten von der Nationalversammlung Befehl, von jedem Gewaltschritte abzustehen. ‒ Interessant von heut ist die Scene, als der Präsident der Nationalversammlung an dem verschlossenen Schauspielhause mit dem innenwachthabenden Offiziere durchs Schlüsselloch parlamentirte. Hr. v. Unruh erklärte, daß er nochmals gegen diesen Gewaltstreich „protestire“, es übrigens unter seiner Würde halte, noch länger durchs Schlüsselloch zu sprechen. (Bravo, Bravo, Bravo!) In corpore und unter Vivats zogen nun die Deputirten nach der Aula der Universität; aber auch die Wissenschaft wollte eben so wenig wie die Kunst der Politik ihre Hand reichen. Die Deputirten mußten von der verschlossenen Aula abweichen und begaben sich nach dem Hotel de Russie. ‒ Dieses etwa sind die hauptsächlichsten Vorgänge des heutigen Tage. ‒ Die Straßen waren wieder ungewöhnlich belebt; die Soldaten trugen das Meiste zu dieser Belebung bei. ‒ Die Aufregung, die das Gerücht von der Entwaffnung am heutigen Abende hervorgerufen hat, ist grenzenlos. ‒ Das Kriminalgericht soll beschlossen haben, in diesem kritischen Momente keinen politischen Prozeß anhängig zu machen. 109 Düsseldorf, 12. Novbr. Auf die Ankunft der neuesten Berliner Nachrichten, fand gestern Abend sofort eine äußerst zahlreiche Volksversammlung in der Bockhalle Statt. Die Volksversammlung erklärte sich bis auf Weiteres für permanent und erließ folgende Adresse an die Berliner National-Versammlung die noch heute mit vielen tausend Unterschriften bedeckt wird. An die preußische National-Versammlung zu Berlin. Das Vaterland ist in Gefahr. Fünfzehn Millionen haben Ihnen die Wahrung ihrer mit Strömen von Blut errungenen Freiheit anvertraut. Fünfzehn Millionen erwarten, daß Sie kein Titelchen dieser Freiheit verloren gehen lassen werden, bis der letzte Tropfen unseres und Ihren Blutes verspritzt ist. In diesem Augenblicke, der uber die Geschichte Preußens entscheidet, und indem wir Ihnen die feurigste Anerkennung für die männliche Entschlossenheit aussprechen, die Sie bewiesen haben, mahnen wir Sie nochmals an die ungeheuere Verantwortlichkeit, die auf Ihnen lastet. In Ihre Hand ist es gegeben, das Vaterland zu retten. Indem wir auf die rauchenden Trümmern Wiens hinweisen, beschwören wir Sie, nicht gleichfalls aus einer falschen Mäßigung und Scheu den Fluch auf sich laden zu wollen, das Vaterland aus Schwäche verrathen zu haben. Die Krone hat sich über das Gesetz gestellt; sie steht außer dem Gesetze. Es ist Ihre Pflicht jetzt endlich den Kampf zu einem entscheidenden Ende zu führen, den Kampf mit einer treulosen und verrätherischen Macht, welche wie die Geschichte Deutschlands seit dem 18. März auf jedem Blatte gezeigt hat, nur den ihr geeigneten Augenblick erwartet, um räuberisch über die Freiheit des Volkes herzustürzen. Von dem Augenblicke an, der uns die neuesten Nachrichten brachte, erkennen wir keine andere Autorität und Behörde, kein anderes Gesetz mehr an, als den Willen der National-Versammlung. Auf Ihren Aufruf, auf einen Wink von Ihnen wird sich im ganzen Rheinlande der Landsturm erheben und nach Berlin eilen, um dort für die Freiheit zu siegen, oder sich für sie in Stücken hauen zu lassen. Ergreifen Sie den Augenblick, erlassen Sie den Aufruf, wir beschwören Sie, ehe es zu spät ist. Einer hohen National-Versammlung erwartungsvoll ergebene. Düsseldorf, den 14. November 1848. Frankfurt a. d. O., 10. Nov. In einer heut zusammenberufenen Bürgerwehr-Versammlung wurde der Antrag gemacht, eine etwa beabsichtigte Truppenbeförderung auf jede Weise zu verhindern, worauf der zeitige Kommandeur, General-Lieutenant von Pochhammer, sofort sein Kommando niederlegte. An seine Stelle wurde interimistisch Herr Assessor Pape gewählt. Eine Deputation begab sich zu dem kommandirenden General von Weyrach, und theilte ihm die Ansicht der Bürgerwehr mit, worauf derselbe erklärte, es sei ihm zwar kein solcher Befehl zugegangen, sollte es aber geschehen, so würde er sich schon Bahn zu machen wissen. Der Magistrat und die Stadtverordneten haben ebenfalls eine Adresse an den König beschlossen, worin die Schritte der Regierung als gefahrdrohend für das ganze Land und für die Freiheit geschildert werden. Eine andere Adresse an die Nationalversammlung hat heute über 2000 Unterschriften erhalten, und ist bereits abgegangen. Frankfurt a. d. O., 10. Nov. Die königliche Botschaft, welche am gestrigen Tage der Nationalversammlung ihre Vertagung und Verlegung nach Brandenburg ankündigte, hat hier, als Zeichen eines offenen Bruchs der Krone mit der Volksvertretung, die größte Aufregung hervorgerufen. Es zirkulirt bereits nachstehende Adresse an die Nationalversammlung: „Einverstanden mit dem Beschlusse, den die Hohe Nationalversammlung auf die königliche Botschaft wegen Ihrer Verlegung und Vertagung am 9. d. M. gefaßt hat, erklären wir hierdurch feierlichst, daß wir mit allen Kräften Ihren darin ausgesprochenen Willen zu unterstützen und Ihre Ehre, die die Ehre des ganzen Volkes ist, zu wahren bereit sind.“ Halle, 9. Nov. Gestern Abend haben wir einen kleinen Tumult gehabt, provocirt von Genossen des Preußenvereins. Mit Stocklaternen an der Spitze marschiren Landwehrmänner aus diesem Verein, aus dem goldenen Pflug, dem Sitzungslokale desselben, nach der Wohnung des Landwehrkommandeurs Alvensleben, singen da das Preußenlied und Heil dir im Siegerkranz, und beurkunden durch vielmalige Hochs, im Gegensatz zu der Haltung und den Beschlüssen einer letzthin abgehaltenen Landwehrmännerversammlung im Bahnhofe, ihre unbedingte Ergebenheit und Bereitwilligkeit, auch gegen „innere Feinde“ sich gebrauchen lassen zu wollen. Den Schluß aber sollte eine Katzenmusik machen, dem Bürger Weißgerber, als Veranlasser dieser Versammlung, zugedacht; auf dem Wege dahin wurden sie aber von Lanziers und andern Demokraten empfangen; die Stadtlaternen verschwanden im Nu, und eine Schlägerei begann, in welcher Letztere das Feld behaupteten. Es wurde Generalmarsch geschlagen; indeß zerstreute sich doch die Masse und nur kleine Trupps blieben bis spät in die Nacht auf den Beinen. (D. A. Z.)Wien, 8. Nov. Der Verkehr gewinnt nach und nach an Lebhaftigkeit; der Postenlauf ist wieder in den regelmäßigen Gang gebracht; Briefe kommen und gehen unaufgehalten an die Orte ihrer Bestimmung, nur Zeitungen werden uns noch immer keine gebracht; ein Umstand, welcher besonders jenen fühlbar wird, welche ihre Mußestunden mit dem Lesen auswärtiger Zeitungen zubringen. Außer der Wiener Zeitung erscheinen bereits mit Bewilligung des Militär-Kommando's: die Presse ‒ die Geißel und der österreichische Lloyd. ‒ Ein neues konservativ-politisches Journal, herausgegeben von Herr Xyrin Endlich, wird uns am 10. d. M. durch das Erscheinen seiner ersten Nummer beglücken. Die Stimmung im Volke bleibt fortwährend düster; der frühere heitere lebenslustige Frohsinn der Wiener ist ganz verschwunden, und hat sich in einen ernsten, man möchte sagen spartanischen Charakter umgewandelt. Das Militär kampirt noch immer in der Stadt. Die Waffen haben sich aber bereits vermindert. Die Offiziere halten sich von den Bürgern streng abgesondert; aber auch von Letzteren wird ihre Gesellschaft vermieden. Das Aussehen der Jelachich'schen Truppen ist wirklich schauderhaft; wir konnten uns einen Theil der österreichischen Armee nicht in einem solchen Zustande denken. Die meisten dieser Soldaten tragen keine Wäsche und hüllen ihren Körper in Hosen mit einem Ueberwurf von Halina nach Art der bekannten in Deutschland herumziehenden sogenannten Rastelbinder. Bewaffnet sind sie gut. Jener Hauptmann, welcher am 6. Oktober die Wache im Hofkriegsraths-Gebäude hatte, wurde, weil er den Grafen Latour mit seiner Wache nicht schützte, sondern ihn der Wuth der aufgereizten Menge überließ, vor ein Kriegsgericht gestellt. Der gewesene kommandirende General Graf Auersperg hat seine Entlassung genommen, weil man ihm den Vorwurf machte, sein Einschreiten sei am 6. Oktober nicht energisch genug gewesen, um den Aufstand zu unterdrücken. Man spricht hier, der Kaiser gedenke sein Hoflager von Ollmütz nach Prag zu verlegen. Verschiedene Hofchargen, welche von hier im Laufe der letztern Tage nach Prag sich begeben, geben diesem Gerüchte einige Wahrscheinlichkeit. Es hat hier Jemand berechnet, daß sich in diesem Augenblicke zwei Drittheile der Bevölkerung des österreich'schen Kaiserstaates im Belagerungszustand versetzt befindet. Diese Annahme ist glaubwürdig, wenn man die große Ausdehnung Ungarn's und Italien's und die starke Bevölkerung zu Wien und zu Lemberg in's Auge faßt. In früherer Zeit wurde man von den Sicherheitsbehörden zur Vermeidung von Feuersgefahren hart bestraft, wenn man in den Straßen Wien's Taback oder Cigarren rauchte. Jetzt lodern hell auf die Wachtfeuer so nahe an den Hüusern und unter den Hausthoren, daß sie die Mauern schwärzen, aber Niemand denkt an eine Feuersgefahr. Wie sich doch die Zeiten so schnell ändern können. Das Belagerungs-Kommando hat gestattet, daß von heute an einige Linien zur freien Frequenz geöffnet werden können. Wir glauben aus allen diesen Zugeständnissen schließen zu können, daß der Belagerungszustand nicht gar zu lange währen dürfte. Das Kriegsministerium hat verfügt, daß die Demolirungsreverse bei Häuserbauten auf der Bastei in Wien gänzlich aufgehoben werden. Der Kaiser hat angeordnet, daß die kriegsrechtliche Behandlung der bei dem letzten Wiener Aufstande betheiligten Individuen aufzuhören habe und daß ein Jeder derselben der ordentlichen Kriminaluntersuchung zu übergeben ist. Dem gewesenen Nationalgarde-Ober-Kommandanten Messenhauser soll der Prozeß wegen Hochverrathes gemacht werden. Der Gemeinderath hat sich wegen möglichst schonender Behandlung für denselben an den Marschall verwendet. In Kremsier wurden die Lokalitäten zur Abhaltung des Reichstages bereits adoptirt. Das Schloß zu Kremsier hat gegen 160 vollständig möblirte Zimmer. Im Städtchen selbst ist auch kein Mangel an Wohnungen für die Reichstagsdeputirten. Von den Ministern sollen immer 3 in Kremsier anwesend sein. Man glaubt, das Verfassungswerk könne zu Kremsier in wenigen Wochen zu Stande gebracht werden. Aus der Umgebung Wien's werden viele durch die Dominien verhaftete Leute nach Wien gebracht, welche während der Unruhen in Wien bemüht waren, das Landvolk zum Landsturm zu bewegen. (A. O.-Z.)Wien, 8. November. Die Abgeordneten der Linken scheinen ihren Vorsatz, gegen Verlegung des Reichstages nach Kremsier noch weiter zu protestiren, aufgeben zu wollen, da sie sich dadurch unmöglich machen würden. ‒ Man spricht heute vom Eintritt des Grafen Stadion in's Ministerium an Bach's Stelle. ‒ Von heute an ist der Verkehr zwischen den vor den Linien gelegenen Ortschaften und Stadt und Vorstädten frei gegeben. ‒ Gestern sind zahlreiche Raketenparks auf der Nordbahn nach Ungarn transportirt worden, die Truppen koncentriren sich bei Göding und es heißt, daß am 12. d. M. der Angriff beginnen soll. ‒ In Südungarn ist Essegg in die Hände der Magyaren gefallen. ‒ Der neu ernannte Gouverneur von Wien, F.-M.-L. v. Welden, wird zwischen heute und morgen erwartet, man fürchtet seine Strenge, die aus den Ereignissen vor Treviso und Palma nuova bekannt ist. ‒ Auch Juwelen-, Gold- und Silberläden sind nun eröffnet; die größeren Plätze gleichen aber alle Feldlagern. Die nächtliche Beleuchtung durch die Bivouaksfeuer kömmt bei der mangelnden Gasbeleuchtung sehr zu Statten. ‒ Minister Kraus ist gestern nach Ollmütz berufen worden, ein sicherer Beweis, daß er im Ministerium verbleibt. ‒ Baron Anselm Rothschild weilt fortwährend in dem nahe gelegenen Penzing, wo er sich die ganze Zeit hindurch aufgehalten. Ein neues Anleihen steht wohl in ziemlich naher Aussicht. (A. O.-Z.)Wien, 8. November. Man erzählt allgemein von dem schlimmen Geiste der nächsten Orte der Umgebung Wiens: Gumpoldskirchen, Mödling, Brüh. Kaum der fünfte Theil der Waffen ward hier auf die erste und zweite Aufforderung abgeliefert. Gumpoldskirchen mußte drei Mal besucht werden. Erst als ein Husarenoberst mit Infanterie und einem Kästchen Raketen ankam und drohte die Mühle (Depot der verborgenen Waffen) anzuzünden, kamen alle Gewehre zum Vorschein. Wiederholte Mahnungen mußten an die Mödlinger ergehen, bis die Sereczaner anrückten und mit ihren Handscharen an die Fenster der Häuser klopften. Auf dieses Zeichen fing man an, die Gewehre und andere Waffen durch die Fenster hinauszureichen. Sehr zweideutig sollen sich die Beamten der Südbahn benommen haben. ‒ Das Anrücken der Ungarn ward durch ungeheure Feuer auf dem Eichkogl, am Eisernen Thore etc. dem Landsturm angekündigt. Am Eisernen Thore wurde ein Bauer bei einem Feuer ertappt, welches 12 Klastern im Umfang hatte. (B. C.)Döbling, 5. November. Die Schlechtigkeit und Gemeinheit gehen schon auf dem breiten Stein. Aufhängen, erschießen, einfangen die Kerle, wird breitmäulig perorirt, wie im ehemaligen Polizeistaat, und in den sieben freien Monaten lernten die Leute noch nicht, daß Ideen nicht mit Kugel und Blei vernichtet werden. Einstweilen wird das Häscherhandwerk mit Beihülfe verbitterter Einwohner fortgetrieben, und die Zahl der Inhaftirten soll sich auf 3000 belaufen. In der innern Stadt fanden noch keine Quartierdurchsuchungen Statt, sondern blos jene Localitäten die angezeigt waren, wurden durchsucht; so hatten sich in Daums Elysium an 150 Personen versteckt, und an der Universität fand man nur proletariatsmäßig gekleidete Leute, deren Hände und Füße aber keine schwere Arbeit vermuthen ließen. Brünner Garden und steirische Schützen wurden mit den Waffen gefangen. Als mehre Arbeiter gebunden über die Straße escortirt wurden, klatschte man aus Fenstern und Thorflur; unwillig aber drehte sich der begleitende Offizier mit den Worten: Schämen Sie sich; denn die Burschen haben sich tapfer und unerschrocken, werth einer guten Sache gehalten. Ein Soldat weiß das selbst am besiegten Feinde zu achten; die Einwohner (Bourgeoisie) hingegen haben blos die Drohungen und den Uebermuth des bewaffneten Proletariats vor Augen. (C. Bl. a. B.)Mödling bei Wien, 5. Nov. Heute Nachts wurde der bekannte Wiener Reichstagsabgeordnete Pater Füster, der Abends hier angekommen war, um sich wahrscheinlich weiter zu begeben, von Seite des Militärs verhaftet. Derselbe war wohl mit einem Passirscheine versehen, allein es scheint, daß man zu seiner Festnehmung besondere Weisung hatte. Gleich bei seiner Ankunft in Mödling wurde ihm ein Corporal zu seiner Bewachung beigegeben und in der Nacht dann das Gasthaus, in welchem er abgestiegen war von Militär besetzt, worauf seine Verhaftung erfolgte. Sechs andere Reisende (Italiener) wurden, da sie zugleich mit Füster hier ankamen und in demselben Hause eingekehrt waren, anfangs ebenfalls angehalten, jedoch später wieder freigelassen. (Füster war bekanntlich der Revolutionsprediger der Aula.) Prerau, 8. November. Die Aussichten haben sich für die kaiserlich österreichische Regierung seit einigen Tagen wieder bedeutend verschlechtert. General Simonic ist am 4. wirklich bei Holicz im Trentschiner Komitat von einem ungarischen Corps total geschlagen worden und mit Hinterlassung sämmtlichen Geschützes und Gepäckes bei Göding über die mährische Grenze geflüchtet. Man hat ihm alle disponiblen Truppen aus Mähren zu Hülfe geschickt; da aber im schlesisch-mährischen Gebirge ein sehr bedeutender Bauernaufstand ausgebrochen ist, wohin ebenfalls, wie ich selbst gesehen, viele Truppen gesendet worden sind, so mag die Unterstützung für Simonic nicht hinlänglich gewesen sein, denn so- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar142_012" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="0735"/> liche Drohung, so bedient sich dasselbe seiner Waffen, um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu überwältigen</p> <p>§. 3. Wenn das Militär bei einer solchen Dienstleistung zur Ablegung der Waffen oder anderer zum Angriffe oder zum Widerstande geeigneter, oder so nst gefährlicher Werkzeuge auffordert, und es wird dieser Aufforderung nicht sofort Folge geleistet, oder es werden die abgelegten Waffen oder Werkzeuge wieder aufgenommen, so macht das Militär von seinen Waffen Gebrauch, um den ihm schuldigen Gehorsam zu erzwingen.</p> <p>§. 6. Jede Schildwache (die Ehrenposten mit eingerechnet) hat sich zum Schutze der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen nöthigenfalls der Waffen zu bedienen.</p> <p>Berlin, 10. November 1848.</p> <p>Kön. Gouvernement. Für den Gouverneur:</p> <p>(gez.) v. <hi rendition="#g">Thümen.</hi> Königl. Polizei-Präsidium.</p> <p>Generalmajor und Kommandant. v. <hi rendition="#g">Bardeleben.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar142_013" type="jArticle"> <head>Berlin.</head> <p>Der Magistrat erließ folgende Bekanntmachung:</p> <p>„Wir bringen hiermit zur Kenntnißnahme unserer Mitbürger, daß wir in Folge eines in der vergangenen Nacht gefaßten Beschlusses heute Morgen eine Deputation an Se. Majestät abgeordnet haben, um unsere ehrerbietige Vorstellungen gegen die Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg anzubringen.</p> <p>Berlin, 10. Nov. Der Magistrat.</p> </div> <div xml:id="ar142_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>20</author></bibl> Berlin, 10. Nov.</head> <p>Lassen Sie mich die Ereignisse des Tages kurz berichten. Schon um 5 Uhr Morgens hielt die Nationalversammlung eine Sitzung, zur Entgegennahme der an den Präsidenten Unruh theils von Hrn. Brandenburg, theils von Rimpler eingelaufenen; höchst wichtigen Schreiben, die Ihnen wohl bereits bekannt sind. Noch in der Nacht hatte der Magistrat, diese vorsündfluthliche Behörde Berlins, nach Potsdam deputirt, um Sr. Maj. seine „ehrerbietigen“ Vorstellungen zu machen. Diese Vorstellungen haben indeß, wie wir hören, Nichts gefruchtet.</p> <p>Die Bürgerwehr war wieder um das Schauspielhaus aufgestellt; ihr Kommando und Generalstab hatte jedoch beschlossen, den einrückenden Truppen keinen glwaltsamen Widerstand zuleisten. Die Aufstellung war also nichts, als eine Komödie. Schon gestern Abend waren mehrere Thorwachen zurückgezogen worden; ein Zeichen, daß es der Bourgeoisie schon gestern mit ihrem Widerstande nicht Ernst war. Aber noch mehr! Als den Kommunalbehörden heut die Anzeige vom Einmarsch der um die Stadt liegenden Truppen gemacht wurde, da beschloß das Bürgerwehrkommando den „passiven“ Widerstand, soweit auszudehnen, daß es Patrouillen durch alle Straßen schickte, damit jeder Versuch seitens des Volkes, Barrikaden zu bauen, auf der Stelle vereitelt würde. Das ist unsere tapfere Bourgeoisie!</p> <p>Die Truppen sind nun heut Nachmittags nach 2 Uhr an mehreren Punkten in die Stadt gerückt. Das 2. Garderegiment marschirte zum Brandenburger Thore herein die Linden entlang nach dem Schlosse zu und postirte sich im Luftgarten, hat jedoch bis zu diesem Augenblicke das Schloß selbst noch nicht besetzt. Dem Regimente folgten mehrere Batterien Artillerie. Um dieselbe Zeit das kaiserl. Alex.-Reg. nach dem Gensdarmenmarkte, ebenso von mehreren Batterien Artillerie gefolgt und cernirte im Verein mit dem Garderegiment das von Bürgerwehr umgebene Schauspielhaus. Bei diesem Truppentheile befand sich auch jener Kartätschenheld, „der noch nie sein Wort gebrochen“, der das Gras wachsen sieht und hörte. Wrangel konnte es nicht über sich bringen zu schweigen. Der Alte hielt eine Rede an die „guten Bürger“, die er aufforderte, mit dem Militär Hand in Hand die Nationalversammlung auseinanderzutreiben. Höllisches Gelächter des versammelten Volkes. Als Hr. Rimpler ihm erklärte, er werde mit der Bürgerwehr nicht eher den Platz räumen, als bis die Sitzung der Nationalversammlung geschlossen sei, erwiederte Wrangel: „Auch ich werde bleiben, und sollte ich 8 Tage warten. Ich bin an's Bivouaikiren gewöhnt und die Truppen auch. Uebrigens kenne ich keine Nationalversammlung.“ Wieder Gelächter des Volks. ‒ Endlich gegen 5 Uhr ward die Sitzung geschlossen. Unter nicht endenwollendam Hurrah der Volksmengverließen die Abgeordneten den Sitzungssaal. Jetzt zog die Bürgerwehr ab; bald folgte auch das Militär, das bei den Hauseigenthümern Quartier bezieht. Bis jetzt sind 15,000 Mann eine gerückt; wie sich der Polizeipräsident (v.) Bardeleben ausdrückt, <hi rendition="#g">zur Verwirklichung der königl. Verheißungen.</hi> Jeder Hauseigenthümer, welcher 1000 Thlr. Miethzins bezieht, erhält 4-5 Mann in's Quartier.</p> <p>Die Stimmung des Volks, obgleich eine sehr erregte, gab sich heut doch durchaus nicht im Toben und Schreien kund. Nur beim Einmarsch der Garden erhoben sich Fäuste und Stöcke gegen die Aristokraten, die aus ihren Palais den Garden mit weißen Tüchern zuwehten. Die ganze Bewegung ist bis zu diesem Augenblicke nichts als eine Bourgeois-Manifestation. Der Arbeiter hat sich bis jetzt wenig daran betheiligt. Der Brennpunkt des Ganzen ist leider immer noch die Nationalversammlung, von der sich wenig mehr, als vom Wiener Reichstag erwarten läßt. Man sagt, die Nationalversammelten hätten vor, wenn sie von hier durch die Bajonnette vertrieben würden, jeder in seinen Wahlkreis zu gehen, um dort die Steuerverweigerung zu organisiren.</p> <p>Plakate, worin das Vaterland in Gefahr erklärt wird und die Würfel fallen, sind in Masse an den Ecken. Auch Hr. Held läßt sich wieder hören; indem er dem Volke vorwirft, daß es seinen verläumderischen Gegnern so leicht geglaubt habe, brüstet er sich zugleich mit seiner Sehergabe, die Alles, wie es gekommen, vorausgesehen. Er erklärt, daß er in dieser Krise als <hi rendition="#g">Privatmann</hi> und guter Demokrat seine Pflicht thun werde; das Volk aber weist er an die demokratischen Volksredner, (die Blauen) als da sind die Brüder Benary, Arnold Ruge, Oppenheim, Mey, Ottensohn etc. ‒ Der Magistrat zeigt an, daß die Truppen nicht durch die Kommunalbehörden requirirt seien, und Hr. Rimpler endlich ermahnt zur Ruhe.</p> <p>Unsere Bourgeoisie muß, wie man sieht, noch bittere Lehren empfangen, ehe sie klug wird; wenn sie es überhaupt je wird. Ein großer Theil der Bürgerwehr, vornemlich aber die Preußen sind erfreut über die Ereignisse des heutigen Tages. Sie jubeln schon an allen Ecken und Enden, ob des unter dem Schutze der Bajonnette wiederkehrenden „Vertrauens“. Die Bourgeoisie ist für Nichts zu schlecht. Sie wird jede Niederträchtigkeit gegen die Freiheit mit Händeklatschen vollführen, wenn nur die Kurse an der Börse steigen.</p> </div> <div xml:id="ar142_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>20</author></bibl> Berlin, 11. Nov.</head> <p>Unsere Lage hat sich im Wesentlichen wenig geändert. Die einmarschirten Regimenter sind bei den Bürgern einquartirt, die Wachen von Militär besetzt und die Ordre vom 20. März 1837 über den Gebrauch der Waffe vom Gouvernement und Polizeipräsidium bekannt gemacht. Hr. Wrangel residirt im Schlosse, durch ein Spiel des Zufalls in denselben Zimmern, wo in den Märztagen die Verwundeten lagen. Wrangel möchte gern Windischgrätz spielen, findet aber vor der Hand gewiß zu seinem großen Aerger keine Veranlassung dazu. Die fliegenden Korps, die entschlossen waren, für die Noth von den Waffen Gebrauch zu machen, mußten ihre Schießwaffen visitiren lassen und erhielten von der Nationalversammlung Befehl, von jedem Gewaltschritte abzustehen. ‒ Interessant von heut ist die Scene, als der Präsident der Nationalversammlung an dem verschlossenen Schauspielhause mit dem innenwachthabenden Offiziere <hi rendition="#g">durchs Schlüsselloch</hi> parlamentirte. Hr. v. Unruh erklärte, daß er nochmals gegen diesen Gewaltstreich „<hi rendition="#g">protestire</hi>“, es übrigens unter seiner Würde halte, noch länger durchs Schlüsselloch zu sprechen. (Bravo, Bravo, Bravo!) In corpore und unter Vivats zogen nun die Deputirten nach der Aula der Universität; aber auch die Wissenschaft wollte eben so wenig wie die Kunst der Politik ihre Hand reichen. Die Deputirten mußten von der verschlossenen Aula abweichen und begaben sich nach dem Hotel de Russie. ‒ Dieses etwa sind die hauptsächlichsten Vorgänge des heutigen Tage. ‒ Die Straßen waren wieder ungewöhnlich belebt; die Soldaten trugen das Meiste zu dieser Belebung bei. ‒ Die Aufregung, die das Gerücht von der Entwaffnung am heutigen Abende hervorgerufen hat, ist grenzenlos. ‒ Das Kriminalgericht soll beschlossen haben, in diesem kritischen Momente keinen politischen Prozeß anhängig zu machen.</p> </div> <div xml:id="ar142_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>109</author></bibl> Düsseldorf, 12. Novbr.</head> <p>Auf die Ankunft der neuesten Berliner Nachrichten, fand gestern Abend sofort eine äußerst zahlreiche Volksversammlung in der Bockhalle Statt. Die Volksversammlung erklärte sich bis auf Weiteres für permanent und erließ folgende Adresse an die Berliner National-Versammlung die noch heute mit vielen tausend Unterschriften bedeckt wird.</p> <p>An die preußische National-Versammlung zu Berlin.</p> <p>Das Vaterland ist in Gefahr. Fünfzehn Millionen haben Ihnen die Wahrung ihrer mit Strömen von Blut errungenen Freiheit anvertraut. Fünfzehn Millionen erwarten, daß Sie kein Titelchen dieser Freiheit verloren gehen lassen werden, bis der letzte Tropfen unseres und Ihren Blutes verspritzt ist. In diesem Augenblicke, der uber die Geschichte Preußens entscheidet, und indem wir Ihnen die feurigste Anerkennung für die männliche Entschlossenheit aussprechen, die Sie bewiesen haben, mahnen wir Sie nochmals an die ungeheuere Verantwortlichkeit, die auf Ihnen lastet. In Ihre Hand ist es gegeben, das Vaterland zu retten. Indem wir auf die rauchenden Trümmern Wiens hinweisen, beschwören wir Sie, nicht gleichfalls aus einer falschen Mäßigung und Scheu den Fluch auf sich laden zu wollen, das Vaterland aus Schwäche verrathen zu haben. Die Krone hat sich über das Gesetz gestellt; sie steht außer dem Gesetze. Es ist Ihre Pflicht jetzt endlich den Kampf zu einem entscheidenden Ende zu führen, den Kampf mit einer treulosen und verrätherischen Macht, welche wie die Geschichte Deutschlands seit dem 18. März auf jedem Blatte gezeigt hat, nur den ihr geeigneten Augenblick erwartet, um räuberisch über die Freiheit des Volkes herzustürzen. Von dem Augenblicke an, der uns die neuesten Nachrichten brachte, erkennen wir keine andere Autorität und Behörde, kein anderes Gesetz mehr an, als den Willen der National-Versammlung.</p> <p>Auf Ihren Aufruf, auf einen Wink von Ihnen wird sich im ganzen Rheinlande der Landsturm erheben und nach Berlin eilen, um dort für die Freiheit zu siegen, oder sich für sie in Stücken hauen zu lassen. Ergreifen Sie den Augenblick, erlassen Sie den Aufruf, wir beschwören Sie, ehe es zu spät ist.</p> <p>Einer hohen National-Versammlung erwartungsvoll ergebene.</p> <p>Düsseldorf, den 14. November 1848.</p> </div> <div xml:id="ar142_017" type="jArticle"> <head>Frankfurt a. d. O., 10. Nov.</head> <p>In einer heut zusammenberufenen Bürgerwehr-Versammlung wurde der Antrag gemacht, eine etwa beabsichtigte Truppenbeförderung auf jede Weise zu verhindern, worauf der zeitige Kommandeur, General-Lieutenant von Pochhammer, sofort sein Kommando niederlegte. An seine Stelle wurde interimistisch Herr Assessor Pape gewählt. Eine Deputation begab sich zu dem kommandirenden General von Weyrach, und theilte ihm die Ansicht der Bürgerwehr mit, worauf derselbe erklärte, es sei ihm zwar kein solcher Befehl zugegangen, sollte es aber geschehen, so würde er sich schon Bahn zu machen wissen. Der Magistrat und die Stadtverordneten haben ebenfalls eine Adresse an den König beschlossen, worin die Schritte der Regierung als gefahrdrohend für das ganze Land und für die Freiheit geschildert werden. Eine andere Adresse an die Nationalversammlung hat heute über 2000 Unterschriften erhalten, und ist bereits abgegangen.</p> </div> <div xml:id="ar142_018" type="jArticle"> <head>Frankfurt a. d. O., 10. Nov.</head> <p>Die königliche Botschaft, welche am gestrigen Tage der Nationalversammlung ihre Vertagung und Verlegung nach Brandenburg ankündigte, hat hier, als Zeichen eines offenen Bruchs der Krone mit der Volksvertretung, die größte Aufregung hervorgerufen. Es zirkulirt bereits nachstehende Adresse an die Nationalversammlung:</p> <p>„Einverstanden mit dem Beschlusse, den die Hohe Nationalversammlung auf die königliche Botschaft wegen Ihrer Verlegung und Vertagung am 9. d. M. gefaßt hat, erklären wir hierdurch feierlichst, daß wir mit allen Kräften Ihren darin ausgesprochenen Willen zu unterstützen und Ihre Ehre, die die Ehre des ganzen Volkes ist, zu wahren bereit sind.“</p> </div> <div xml:id="ar142_019" type="jArticle"> <head>Halle, 9. Nov.</head> <p>Gestern Abend haben wir einen kleinen <hi rendition="#g">Tumult</hi> gehabt, provocirt von Genossen des Preußenvereins. Mit Stocklaternen an der Spitze marschiren Landwehrmänner aus diesem Verein, aus dem goldenen Pflug, dem Sitzungslokale desselben, nach der Wohnung des Landwehrkommandeurs Alvensleben, singen da das Preußenlied und Heil dir im Siegerkranz, und beurkunden durch vielmalige Hochs, im Gegensatz zu der Haltung und den Beschlüssen einer letzthin abgehaltenen Landwehrmännerversammlung im Bahnhofe, ihre unbedingte Ergebenheit und Bereitwilligkeit, auch gegen „innere Feinde“ sich gebrauchen lassen zu wollen. Den Schluß aber sollte eine Katzenmusik machen, dem Bürger Weißgerber, als Veranlasser dieser Versammlung, zugedacht; auf dem Wege dahin wurden sie aber von Lanziers und andern Demokraten empfangen; die Stadtlaternen verschwanden im Nu, und eine Schlägerei begann, in welcher Letztere das Feld behaupteten. Es wurde Generalmarsch geschlagen; indeß zerstreute sich doch die Masse und nur kleine Trupps blieben bis spät in die Nacht auf den Beinen.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar142_020" type="jArticle"> <head>Wien, 8. Nov.</head> <p>Der Verkehr gewinnt nach und nach an Lebhaftigkeit; der Postenlauf ist wieder in den regelmäßigen Gang gebracht; Briefe kommen und gehen unaufgehalten an die Orte ihrer Bestimmung, nur Zeitungen werden uns noch immer keine gebracht; ein Umstand, welcher besonders jenen fühlbar wird, welche ihre Mußestunden mit dem Lesen auswärtiger Zeitungen zubringen. Außer der Wiener Zeitung erscheinen bereits mit Bewilligung des Militär-Kommando's: die Presse ‒ die Geißel und der österreichische Lloyd. ‒ Ein neues konservativ-politisches Journal, herausgegeben von Herr Xyrin Endlich, wird uns am 10. d. M. durch das Erscheinen seiner ersten Nummer beglücken.</p> <p>Die Stimmung im Volke bleibt fortwährend düster; der frühere heitere lebenslustige Frohsinn der Wiener ist ganz verschwunden, und hat sich in einen ernsten, man möchte sagen spartanischen Charakter umgewandelt. Das Militär kampirt noch immer in der Stadt. Die Waffen haben sich aber bereits vermindert. Die Offiziere halten sich von den Bürgern streng abgesondert; aber auch von Letzteren wird ihre Gesellschaft vermieden. Das Aussehen der Jelachich'schen Truppen ist wirklich schauderhaft; wir konnten uns einen Theil der österreichischen Armee nicht in einem solchen Zustande denken. Die meisten dieser Soldaten tragen keine Wäsche und hüllen ihren Körper in Hosen mit einem Ueberwurf von Halina nach Art der bekannten in Deutschland herumziehenden sogenannten Rastelbinder. Bewaffnet sind sie gut.</p> <p>Jener Hauptmann, welcher am 6. Oktober die Wache im Hofkriegsraths-Gebäude hatte, wurde, weil er den Grafen Latour mit seiner Wache nicht schützte, sondern ihn der Wuth der aufgereizten Menge überließ, vor ein Kriegsgericht gestellt.</p> <p>Der gewesene kommandirende General Graf Auersperg hat seine Entlassung genommen, weil man ihm den Vorwurf machte, sein Einschreiten sei am 6. Oktober nicht energisch genug gewesen, um den Aufstand zu unterdrücken.</p> <p>Man spricht hier, der Kaiser gedenke sein Hoflager von Ollmütz nach Prag zu verlegen. Verschiedene Hofchargen, welche von hier im Laufe der letztern Tage nach Prag sich begeben, geben diesem Gerüchte einige Wahrscheinlichkeit.</p> <p>Es hat hier Jemand berechnet, daß sich in diesem Augenblicke zwei Drittheile der Bevölkerung des österreich'schen Kaiserstaates im Belagerungszustand versetzt befindet. Diese Annahme ist glaubwürdig, wenn man die große Ausdehnung Ungarn's und Italien's und die starke Bevölkerung zu Wien und zu Lemberg in's Auge faßt.</p> <p>In früherer Zeit wurde man von den Sicherheitsbehörden zur Vermeidung von Feuersgefahren hart bestraft, wenn man in den Straßen Wien's Taback oder Cigarren rauchte. Jetzt lodern hell auf die Wachtfeuer so nahe an den Hüusern und unter den Hausthoren, daß sie die Mauern schwärzen, aber Niemand denkt an eine Feuersgefahr. Wie sich doch die Zeiten so schnell ändern können.</p> <p>Das Belagerungs-Kommando hat gestattet, daß von heute an einige Linien zur freien Frequenz geöffnet werden können. Wir glauben aus allen diesen Zugeständnissen schließen zu können, daß der Belagerungszustand nicht gar zu lange währen dürfte.</p> <p>Das Kriegsministerium hat verfügt, daß die Demolirungsreverse bei Häuserbauten auf der Bastei in Wien gänzlich aufgehoben werden.</p> <p>Der Kaiser hat angeordnet, daß die kriegsrechtliche Behandlung der bei dem letzten Wiener Aufstande betheiligten Individuen aufzuhören habe und daß ein Jeder derselben der ordentlichen Kriminaluntersuchung zu übergeben ist.</p> <p>Dem gewesenen Nationalgarde-Ober-Kommandanten Messenhauser soll der Prozeß wegen Hochverrathes gemacht werden. Der Gemeinderath hat sich wegen möglichst schonender Behandlung für denselben an den Marschall verwendet.</p> <p>In Kremsier wurden die Lokalitäten zur Abhaltung des Reichstages bereits adoptirt. Das Schloß zu Kremsier hat gegen 160 vollständig möblirte Zimmer. Im Städtchen selbst ist auch kein Mangel an Wohnungen für die Reichstagsdeputirten. Von den Ministern sollen immer 3 in Kremsier anwesend sein. Man glaubt, das Verfassungswerk könne zu Kremsier in wenigen Wochen zu Stande gebracht werden.</p> <p>Aus der Umgebung Wien's werden viele durch die Dominien verhaftete Leute nach Wien gebracht, welche während der Unruhen in Wien bemüht waren, das Landvolk zum Landsturm zu bewegen.</p> <bibl>(A. O.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar142_021" type="jArticle"> <head>Wien, 8. November.</head> <p>Die Abgeordneten der Linken scheinen ihren Vorsatz, gegen Verlegung des Reichstages nach Kremsier noch weiter zu protestiren, aufgeben zu wollen, da sie sich dadurch unmöglich machen würden. ‒ Man spricht heute vom Eintritt des Grafen Stadion in's Ministerium an Bach's Stelle. ‒ Von heute an ist der Verkehr zwischen den vor den Linien gelegenen Ortschaften und Stadt und Vorstädten frei gegeben. ‒ Gestern sind zahlreiche Raketenparks auf der Nordbahn nach Ungarn transportirt worden, die Truppen koncentriren sich bei Göding und es heißt, daß am 12. d. M. der Angriff beginnen soll. ‒ In Südungarn ist Essegg in die Hände der Magyaren gefallen. ‒ Der neu ernannte Gouverneur von Wien, F.-M.-L. v. Welden, wird zwischen heute und morgen erwartet, man fürchtet seine Strenge, die aus den Ereignissen vor Treviso und Palma nuova bekannt ist. ‒ Auch Juwelen-, Gold- und Silberläden sind nun eröffnet; die größeren Plätze gleichen aber alle Feldlagern. Die nächtliche Beleuchtung durch die Bivouaksfeuer kömmt bei der mangelnden Gasbeleuchtung sehr zu Statten. ‒ Minister Kraus ist gestern nach Ollmütz berufen worden, ein sicherer Beweis, daß er im Ministerium verbleibt. ‒ Baron Anselm Rothschild weilt fortwährend in dem nahe gelegenen Penzing, wo er sich die ganze Zeit hindurch aufgehalten. Ein neues Anleihen steht wohl in ziemlich naher Aussicht.</p> <bibl>(A. O.-Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar142_022" type="jArticle"> <head>Wien, 8. November.</head> <p>Man erzählt allgemein von dem schlimmen Geiste der nächsten Orte der Umgebung Wiens: Gumpoldskirchen, Mödling, Brüh. Kaum der fünfte Theil der Waffen ward hier auf die erste und zweite Aufforderung abgeliefert. Gumpoldskirchen mußte drei Mal besucht werden. Erst als ein Husarenoberst mit Infanterie und einem Kästchen Raketen ankam und drohte die Mühle (Depot der verborgenen Waffen) anzuzünden, kamen alle Gewehre zum Vorschein. Wiederholte Mahnungen mußten an die Mödlinger ergehen, bis die Sereczaner anrückten und mit ihren Handscharen an die Fenster der Häuser klopften. Auf dieses Zeichen fing man an, die Gewehre und andere Waffen durch die Fenster hinauszureichen. Sehr zweideutig sollen sich die Beamten der Südbahn benommen haben. ‒ Das Anrücken der Ungarn ward durch ungeheure Feuer auf dem Eichkogl, am Eisernen Thore etc. dem Landsturm angekündigt. Am Eisernen Thore wurde ein Bauer bei einem Feuer ertappt, welches 12 Klastern im Umfang hatte.</p> <bibl>(B. C.)</bibl> </div> <div xml:id="ar142_023" type="jArticle"> <head>Döbling, 5. November.</head> <p>Die Schlechtigkeit und Gemeinheit gehen schon auf dem breiten Stein. Aufhängen, erschießen, einfangen die Kerle, wird breitmäulig perorirt, wie im ehemaligen Polizeistaat, und in den sieben freien Monaten lernten die Leute noch nicht, daß Ideen nicht mit Kugel und Blei vernichtet werden.</p> <p>Einstweilen wird das Häscherhandwerk mit Beihülfe verbitterter Einwohner fortgetrieben, und die Zahl der Inhaftirten soll sich auf 3000 belaufen. In der innern Stadt fanden noch keine Quartierdurchsuchungen Statt, sondern blos jene Localitäten die angezeigt waren, wurden durchsucht; so hatten sich in Daums Elysium an 150 Personen versteckt, und an der Universität fand man nur proletariatsmäßig gekleidete Leute, deren Hände und Füße aber keine schwere Arbeit vermuthen ließen. Brünner Garden und steirische Schützen wurden mit den Waffen gefangen. Als mehre Arbeiter gebunden über die Straße escortirt wurden, klatschte man aus Fenstern und Thorflur; unwillig aber drehte sich der begleitende Offizier mit den Worten: Schämen Sie sich; denn die Burschen haben sich tapfer und unerschrocken, werth einer guten Sache gehalten. Ein Soldat weiß das selbst am besiegten Feinde zu achten; die Einwohner (Bourgeoisie) hingegen haben blos die Drohungen und den Uebermuth des bewaffneten Proletariats vor Augen.</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> <div xml:id="ar142_024" type="jArticle"> <head>Mödling bei Wien, 5. Nov.</head> <p>Heute Nachts wurde der bekannte Wiener Reichstagsabgeordnete Pater <hi rendition="#g">Füster,</hi> der Abends hier angekommen war, um sich wahrscheinlich weiter zu begeben, von Seite des Militärs verhaftet. Derselbe war wohl mit einem Passirscheine versehen, allein es scheint, daß man zu seiner Festnehmung <hi rendition="#g">besondere</hi> Weisung hatte. Gleich bei seiner Ankunft in Mödling wurde ihm ein Corporal zu seiner Bewachung beigegeben und in der Nacht dann das Gasthaus, in welchem er abgestiegen war von Militär besetzt, worauf seine Verhaftung erfolgte. Sechs andere Reisende (Italiener) wurden, da sie zugleich mit <hi rendition="#g">Füster</hi> hier ankamen und in demselben Hause eingekehrt waren, anfangs ebenfalls angehalten, jedoch später wieder freigelassen. (Füster war bekanntlich der Revolutionsprediger der Aula.)</p> </div> <div xml:id="ar142_025" type="jArticle"> <head>Prerau, 8. November.</head> <p>Die Aussichten haben sich für die kaiserlich österreichische Regierung seit einigen Tagen wieder bedeutend verschlechtert. General Simonic ist am 4. wirklich bei Holicz im Trentschiner Komitat von einem ungarischen Corps total geschlagen worden und mit Hinterlassung sämmtlichen Geschützes und Gepäckes bei Göding über die mährische Grenze geflüchtet. Man hat ihm alle disponiblen Truppen aus Mähren zu Hülfe geschickt; da aber im schlesisch-mährischen Gebirge ein sehr bedeutender Bauernaufstand ausgebrochen ist, wohin ebenfalls, wie ich selbst gesehen, viele Truppen gesendet worden sind, so mag die Unterstützung für Simonic nicht hinlänglich gewesen sein, denn so- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0735/0003]
liche Drohung, so bedient sich dasselbe seiner Waffen, um den Angriff abzuwehren und den Widerstand zu überwältigen
§. 3. Wenn das Militär bei einer solchen Dienstleistung zur Ablegung der Waffen oder anderer zum Angriffe oder zum Widerstande geeigneter, oder so nst gefährlicher Werkzeuge auffordert, und es wird dieser Aufforderung nicht sofort Folge geleistet, oder es werden die abgelegten Waffen oder Werkzeuge wieder aufgenommen, so macht das Militär von seinen Waffen Gebrauch, um den ihm schuldigen Gehorsam zu erzwingen.
§. 6. Jede Schildwache (die Ehrenposten mit eingerechnet) hat sich zum Schutze der ihrer Bewachung anvertrauten Personen oder Sachen nöthigenfalls der Waffen zu bedienen.
Berlin, 10. November 1848.
Kön. Gouvernement. Für den Gouverneur:
(gez.) v. Thümen. Königl. Polizei-Präsidium.
Generalmajor und Kommandant. v. Bardeleben.
Berlin. Der Magistrat erließ folgende Bekanntmachung:
„Wir bringen hiermit zur Kenntnißnahme unserer Mitbürger, daß wir in Folge eines in der vergangenen Nacht gefaßten Beschlusses heute Morgen eine Deputation an Se. Majestät abgeordnet haben, um unsere ehrerbietige Vorstellungen gegen die Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg anzubringen.
Berlin, 10. Nov. Der Magistrat.
20 Berlin, 10. Nov. Lassen Sie mich die Ereignisse des Tages kurz berichten. Schon um 5 Uhr Morgens hielt die Nationalversammlung eine Sitzung, zur Entgegennahme der an den Präsidenten Unruh theils von Hrn. Brandenburg, theils von Rimpler eingelaufenen; höchst wichtigen Schreiben, die Ihnen wohl bereits bekannt sind. Noch in der Nacht hatte der Magistrat, diese vorsündfluthliche Behörde Berlins, nach Potsdam deputirt, um Sr. Maj. seine „ehrerbietigen“ Vorstellungen zu machen. Diese Vorstellungen haben indeß, wie wir hören, Nichts gefruchtet.
Die Bürgerwehr war wieder um das Schauspielhaus aufgestellt; ihr Kommando und Generalstab hatte jedoch beschlossen, den einrückenden Truppen keinen glwaltsamen Widerstand zuleisten. Die Aufstellung war also nichts, als eine Komödie. Schon gestern Abend waren mehrere Thorwachen zurückgezogen worden; ein Zeichen, daß es der Bourgeoisie schon gestern mit ihrem Widerstande nicht Ernst war. Aber noch mehr! Als den Kommunalbehörden heut die Anzeige vom Einmarsch der um die Stadt liegenden Truppen gemacht wurde, da beschloß das Bürgerwehrkommando den „passiven“ Widerstand, soweit auszudehnen, daß es Patrouillen durch alle Straßen schickte, damit jeder Versuch seitens des Volkes, Barrikaden zu bauen, auf der Stelle vereitelt würde. Das ist unsere tapfere Bourgeoisie!
Die Truppen sind nun heut Nachmittags nach 2 Uhr an mehreren Punkten in die Stadt gerückt. Das 2. Garderegiment marschirte zum Brandenburger Thore herein die Linden entlang nach dem Schlosse zu und postirte sich im Luftgarten, hat jedoch bis zu diesem Augenblicke das Schloß selbst noch nicht besetzt. Dem Regimente folgten mehrere Batterien Artillerie. Um dieselbe Zeit das kaiserl. Alex.-Reg. nach dem Gensdarmenmarkte, ebenso von mehreren Batterien Artillerie gefolgt und cernirte im Verein mit dem Garderegiment das von Bürgerwehr umgebene Schauspielhaus. Bei diesem Truppentheile befand sich auch jener Kartätschenheld, „der noch nie sein Wort gebrochen“, der das Gras wachsen sieht und hörte. Wrangel konnte es nicht über sich bringen zu schweigen. Der Alte hielt eine Rede an die „guten Bürger“, die er aufforderte, mit dem Militär Hand in Hand die Nationalversammlung auseinanderzutreiben. Höllisches Gelächter des versammelten Volkes. Als Hr. Rimpler ihm erklärte, er werde mit der Bürgerwehr nicht eher den Platz räumen, als bis die Sitzung der Nationalversammlung geschlossen sei, erwiederte Wrangel: „Auch ich werde bleiben, und sollte ich 8 Tage warten. Ich bin an's Bivouaikiren gewöhnt und die Truppen auch. Uebrigens kenne ich keine Nationalversammlung.“ Wieder Gelächter des Volks. ‒ Endlich gegen 5 Uhr ward die Sitzung geschlossen. Unter nicht endenwollendam Hurrah der Volksmengverließen die Abgeordneten den Sitzungssaal. Jetzt zog die Bürgerwehr ab; bald folgte auch das Militär, das bei den Hauseigenthümern Quartier bezieht. Bis jetzt sind 15,000 Mann eine gerückt; wie sich der Polizeipräsident (v.) Bardeleben ausdrückt, zur Verwirklichung der königl. Verheißungen. Jeder Hauseigenthümer, welcher 1000 Thlr. Miethzins bezieht, erhält 4-5 Mann in's Quartier.
Die Stimmung des Volks, obgleich eine sehr erregte, gab sich heut doch durchaus nicht im Toben und Schreien kund. Nur beim Einmarsch der Garden erhoben sich Fäuste und Stöcke gegen die Aristokraten, die aus ihren Palais den Garden mit weißen Tüchern zuwehten. Die ganze Bewegung ist bis zu diesem Augenblicke nichts als eine Bourgeois-Manifestation. Der Arbeiter hat sich bis jetzt wenig daran betheiligt. Der Brennpunkt des Ganzen ist leider immer noch die Nationalversammlung, von der sich wenig mehr, als vom Wiener Reichstag erwarten läßt. Man sagt, die Nationalversammelten hätten vor, wenn sie von hier durch die Bajonnette vertrieben würden, jeder in seinen Wahlkreis zu gehen, um dort die Steuerverweigerung zu organisiren.
Plakate, worin das Vaterland in Gefahr erklärt wird und die Würfel fallen, sind in Masse an den Ecken. Auch Hr. Held läßt sich wieder hören; indem er dem Volke vorwirft, daß es seinen verläumderischen Gegnern so leicht geglaubt habe, brüstet er sich zugleich mit seiner Sehergabe, die Alles, wie es gekommen, vorausgesehen. Er erklärt, daß er in dieser Krise als Privatmann und guter Demokrat seine Pflicht thun werde; das Volk aber weist er an die demokratischen Volksredner, (die Blauen) als da sind die Brüder Benary, Arnold Ruge, Oppenheim, Mey, Ottensohn etc. ‒ Der Magistrat zeigt an, daß die Truppen nicht durch die Kommunalbehörden requirirt seien, und Hr. Rimpler endlich ermahnt zur Ruhe.
Unsere Bourgeoisie muß, wie man sieht, noch bittere Lehren empfangen, ehe sie klug wird; wenn sie es überhaupt je wird. Ein großer Theil der Bürgerwehr, vornemlich aber die Preußen sind erfreut über die Ereignisse des heutigen Tages. Sie jubeln schon an allen Ecken und Enden, ob des unter dem Schutze der Bajonnette wiederkehrenden „Vertrauens“. Die Bourgeoisie ist für Nichts zu schlecht. Sie wird jede Niederträchtigkeit gegen die Freiheit mit Händeklatschen vollführen, wenn nur die Kurse an der Börse steigen.
20 Berlin, 11. Nov. Unsere Lage hat sich im Wesentlichen wenig geändert. Die einmarschirten Regimenter sind bei den Bürgern einquartirt, die Wachen von Militär besetzt und die Ordre vom 20. März 1837 über den Gebrauch der Waffe vom Gouvernement und Polizeipräsidium bekannt gemacht. Hr. Wrangel residirt im Schlosse, durch ein Spiel des Zufalls in denselben Zimmern, wo in den Märztagen die Verwundeten lagen. Wrangel möchte gern Windischgrätz spielen, findet aber vor der Hand gewiß zu seinem großen Aerger keine Veranlassung dazu. Die fliegenden Korps, die entschlossen waren, für die Noth von den Waffen Gebrauch zu machen, mußten ihre Schießwaffen visitiren lassen und erhielten von der Nationalversammlung Befehl, von jedem Gewaltschritte abzustehen. ‒ Interessant von heut ist die Scene, als der Präsident der Nationalversammlung an dem verschlossenen Schauspielhause mit dem innenwachthabenden Offiziere durchs Schlüsselloch parlamentirte. Hr. v. Unruh erklärte, daß er nochmals gegen diesen Gewaltstreich „protestire“, es übrigens unter seiner Würde halte, noch länger durchs Schlüsselloch zu sprechen. (Bravo, Bravo, Bravo!) In corpore und unter Vivats zogen nun die Deputirten nach der Aula der Universität; aber auch die Wissenschaft wollte eben so wenig wie die Kunst der Politik ihre Hand reichen. Die Deputirten mußten von der verschlossenen Aula abweichen und begaben sich nach dem Hotel de Russie. ‒ Dieses etwa sind die hauptsächlichsten Vorgänge des heutigen Tage. ‒ Die Straßen waren wieder ungewöhnlich belebt; die Soldaten trugen das Meiste zu dieser Belebung bei. ‒ Die Aufregung, die das Gerücht von der Entwaffnung am heutigen Abende hervorgerufen hat, ist grenzenlos. ‒ Das Kriminalgericht soll beschlossen haben, in diesem kritischen Momente keinen politischen Prozeß anhängig zu machen.
109 Düsseldorf, 12. Novbr. Auf die Ankunft der neuesten Berliner Nachrichten, fand gestern Abend sofort eine äußerst zahlreiche Volksversammlung in der Bockhalle Statt. Die Volksversammlung erklärte sich bis auf Weiteres für permanent und erließ folgende Adresse an die Berliner National-Versammlung die noch heute mit vielen tausend Unterschriften bedeckt wird.
An die preußische National-Versammlung zu Berlin.
Das Vaterland ist in Gefahr. Fünfzehn Millionen haben Ihnen die Wahrung ihrer mit Strömen von Blut errungenen Freiheit anvertraut. Fünfzehn Millionen erwarten, daß Sie kein Titelchen dieser Freiheit verloren gehen lassen werden, bis der letzte Tropfen unseres und Ihren Blutes verspritzt ist. In diesem Augenblicke, der uber die Geschichte Preußens entscheidet, und indem wir Ihnen die feurigste Anerkennung für die männliche Entschlossenheit aussprechen, die Sie bewiesen haben, mahnen wir Sie nochmals an die ungeheuere Verantwortlichkeit, die auf Ihnen lastet. In Ihre Hand ist es gegeben, das Vaterland zu retten. Indem wir auf die rauchenden Trümmern Wiens hinweisen, beschwören wir Sie, nicht gleichfalls aus einer falschen Mäßigung und Scheu den Fluch auf sich laden zu wollen, das Vaterland aus Schwäche verrathen zu haben. Die Krone hat sich über das Gesetz gestellt; sie steht außer dem Gesetze. Es ist Ihre Pflicht jetzt endlich den Kampf zu einem entscheidenden Ende zu führen, den Kampf mit einer treulosen und verrätherischen Macht, welche wie die Geschichte Deutschlands seit dem 18. März auf jedem Blatte gezeigt hat, nur den ihr geeigneten Augenblick erwartet, um räuberisch über die Freiheit des Volkes herzustürzen. Von dem Augenblicke an, der uns die neuesten Nachrichten brachte, erkennen wir keine andere Autorität und Behörde, kein anderes Gesetz mehr an, als den Willen der National-Versammlung.
Auf Ihren Aufruf, auf einen Wink von Ihnen wird sich im ganzen Rheinlande der Landsturm erheben und nach Berlin eilen, um dort für die Freiheit zu siegen, oder sich für sie in Stücken hauen zu lassen. Ergreifen Sie den Augenblick, erlassen Sie den Aufruf, wir beschwören Sie, ehe es zu spät ist.
Einer hohen National-Versammlung erwartungsvoll ergebene.
Düsseldorf, den 14. November 1848.
Frankfurt a. d. O., 10. Nov. In einer heut zusammenberufenen Bürgerwehr-Versammlung wurde der Antrag gemacht, eine etwa beabsichtigte Truppenbeförderung auf jede Weise zu verhindern, worauf der zeitige Kommandeur, General-Lieutenant von Pochhammer, sofort sein Kommando niederlegte. An seine Stelle wurde interimistisch Herr Assessor Pape gewählt. Eine Deputation begab sich zu dem kommandirenden General von Weyrach, und theilte ihm die Ansicht der Bürgerwehr mit, worauf derselbe erklärte, es sei ihm zwar kein solcher Befehl zugegangen, sollte es aber geschehen, so würde er sich schon Bahn zu machen wissen. Der Magistrat und die Stadtverordneten haben ebenfalls eine Adresse an den König beschlossen, worin die Schritte der Regierung als gefahrdrohend für das ganze Land und für die Freiheit geschildert werden. Eine andere Adresse an die Nationalversammlung hat heute über 2000 Unterschriften erhalten, und ist bereits abgegangen.
Frankfurt a. d. O., 10. Nov. Die königliche Botschaft, welche am gestrigen Tage der Nationalversammlung ihre Vertagung und Verlegung nach Brandenburg ankündigte, hat hier, als Zeichen eines offenen Bruchs der Krone mit der Volksvertretung, die größte Aufregung hervorgerufen. Es zirkulirt bereits nachstehende Adresse an die Nationalversammlung:
„Einverstanden mit dem Beschlusse, den die Hohe Nationalversammlung auf die königliche Botschaft wegen Ihrer Verlegung und Vertagung am 9. d. M. gefaßt hat, erklären wir hierdurch feierlichst, daß wir mit allen Kräften Ihren darin ausgesprochenen Willen zu unterstützen und Ihre Ehre, die die Ehre des ganzen Volkes ist, zu wahren bereit sind.“
Halle, 9. Nov. Gestern Abend haben wir einen kleinen Tumult gehabt, provocirt von Genossen des Preußenvereins. Mit Stocklaternen an der Spitze marschiren Landwehrmänner aus diesem Verein, aus dem goldenen Pflug, dem Sitzungslokale desselben, nach der Wohnung des Landwehrkommandeurs Alvensleben, singen da das Preußenlied und Heil dir im Siegerkranz, und beurkunden durch vielmalige Hochs, im Gegensatz zu der Haltung und den Beschlüssen einer letzthin abgehaltenen Landwehrmännerversammlung im Bahnhofe, ihre unbedingte Ergebenheit und Bereitwilligkeit, auch gegen „innere Feinde“ sich gebrauchen lassen zu wollen. Den Schluß aber sollte eine Katzenmusik machen, dem Bürger Weißgerber, als Veranlasser dieser Versammlung, zugedacht; auf dem Wege dahin wurden sie aber von Lanziers und andern Demokraten empfangen; die Stadtlaternen verschwanden im Nu, und eine Schlägerei begann, in welcher Letztere das Feld behaupteten. Es wurde Generalmarsch geschlagen; indeß zerstreute sich doch die Masse und nur kleine Trupps blieben bis spät in die Nacht auf den Beinen.
(D. A. Z.) Wien, 8. Nov. Der Verkehr gewinnt nach und nach an Lebhaftigkeit; der Postenlauf ist wieder in den regelmäßigen Gang gebracht; Briefe kommen und gehen unaufgehalten an die Orte ihrer Bestimmung, nur Zeitungen werden uns noch immer keine gebracht; ein Umstand, welcher besonders jenen fühlbar wird, welche ihre Mußestunden mit dem Lesen auswärtiger Zeitungen zubringen. Außer der Wiener Zeitung erscheinen bereits mit Bewilligung des Militär-Kommando's: die Presse ‒ die Geißel und der österreichische Lloyd. ‒ Ein neues konservativ-politisches Journal, herausgegeben von Herr Xyrin Endlich, wird uns am 10. d. M. durch das Erscheinen seiner ersten Nummer beglücken.
Die Stimmung im Volke bleibt fortwährend düster; der frühere heitere lebenslustige Frohsinn der Wiener ist ganz verschwunden, und hat sich in einen ernsten, man möchte sagen spartanischen Charakter umgewandelt. Das Militär kampirt noch immer in der Stadt. Die Waffen haben sich aber bereits vermindert. Die Offiziere halten sich von den Bürgern streng abgesondert; aber auch von Letzteren wird ihre Gesellschaft vermieden. Das Aussehen der Jelachich'schen Truppen ist wirklich schauderhaft; wir konnten uns einen Theil der österreichischen Armee nicht in einem solchen Zustande denken. Die meisten dieser Soldaten tragen keine Wäsche und hüllen ihren Körper in Hosen mit einem Ueberwurf von Halina nach Art der bekannten in Deutschland herumziehenden sogenannten Rastelbinder. Bewaffnet sind sie gut.
Jener Hauptmann, welcher am 6. Oktober die Wache im Hofkriegsraths-Gebäude hatte, wurde, weil er den Grafen Latour mit seiner Wache nicht schützte, sondern ihn der Wuth der aufgereizten Menge überließ, vor ein Kriegsgericht gestellt.
Der gewesene kommandirende General Graf Auersperg hat seine Entlassung genommen, weil man ihm den Vorwurf machte, sein Einschreiten sei am 6. Oktober nicht energisch genug gewesen, um den Aufstand zu unterdrücken.
Man spricht hier, der Kaiser gedenke sein Hoflager von Ollmütz nach Prag zu verlegen. Verschiedene Hofchargen, welche von hier im Laufe der letztern Tage nach Prag sich begeben, geben diesem Gerüchte einige Wahrscheinlichkeit.
Es hat hier Jemand berechnet, daß sich in diesem Augenblicke zwei Drittheile der Bevölkerung des österreich'schen Kaiserstaates im Belagerungszustand versetzt befindet. Diese Annahme ist glaubwürdig, wenn man die große Ausdehnung Ungarn's und Italien's und die starke Bevölkerung zu Wien und zu Lemberg in's Auge faßt.
In früherer Zeit wurde man von den Sicherheitsbehörden zur Vermeidung von Feuersgefahren hart bestraft, wenn man in den Straßen Wien's Taback oder Cigarren rauchte. Jetzt lodern hell auf die Wachtfeuer so nahe an den Hüusern und unter den Hausthoren, daß sie die Mauern schwärzen, aber Niemand denkt an eine Feuersgefahr. Wie sich doch die Zeiten so schnell ändern können.
Das Belagerungs-Kommando hat gestattet, daß von heute an einige Linien zur freien Frequenz geöffnet werden können. Wir glauben aus allen diesen Zugeständnissen schließen zu können, daß der Belagerungszustand nicht gar zu lange währen dürfte.
Das Kriegsministerium hat verfügt, daß die Demolirungsreverse bei Häuserbauten auf der Bastei in Wien gänzlich aufgehoben werden.
Der Kaiser hat angeordnet, daß die kriegsrechtliche Behandlung der bei dem letzten Wiener Aufstande betheiligten Individuen aufzuhören habe und daß ein Jeder derselben der ordentlichen Kriminaluntersuchung zu übergeben ist.
Dem gewesenen Nationalgarde-Ober-Kommandanten Messenhauser soll der Prozeß wegen Hochverrathes gemacht werden. Der Gemeinderath hat sich wegen möglichst schonender Behandlung für denselben an den Marschall verwendet.
In Kremsier wurden die Lokalitäten zur Abhaltung des Reichstages bereits adoptirt. Das Schloß zu Kremsier hat gegen 160 vollständig möblirte Zimmer. Im Städtchen selbst ist auch kein Mangel an Wohnungen für die Reichstagsdeputirten. Von den Ministern sollen immer 3 in Kremsier anwesend sein. Man glaubt, das Verfassungswerk könne zu Kremsier in wenigen Wochen zu Stande gebracht werden.
Aus der Umgebung Wien's werden viele durch die Dominien verhaftete Leute nach Wien gebracht, welche während der Unruhen in Wien bemüht waren, das Landvolk zum Landsturm zu bewegen.
(A. O.-Z.) Wien, 8. November. Die Abgeordneten der Linken scheinen ihren Vorsatz, gegen Verlegung des Reichstages nach Kremsier noch weiter zu protestiren, aufgeben zu wollen, da sie sich dadurch unmöglich machen würden. ‒ Man spricht heute vom Eintritt des Grafen Stadion in's Ministerium an Bach's Stelle. ‒ Von heute an ist der Verkehr zwischen den vor den Linien gelegenen Ortschaften und Stadt und Vorstädten frei gegeben. ‒ Gestern sind zahlreiche Raketenparks auf der Nordbahn nach Ungarn transportirt worden, die Truppen koncentriren sich bei Göding und es heißt, daß am 12. d. M. der Angriff beginnen soll. ‒ In Südungarn ist Essegg in die Hände der Magyaren gefallen. ‒ Der neu ernannte Gouverneur von Wien, F.-M.-L. v. Welden, wird zwischen heute und morgen erwartet, man fürchtet seine Strenge, die aus den Ereignissen vor Treviso und Palma nuova bekannt ist. ‒ Auch Juwelen-, Gold- und Silberläden sind nun eröffnet; die größeren Plätze gleichen aber alle Feldlagern. Die nächtliche Beleuchtung durch die Bivouaksfeuer kömmt bei der mangelnden Gasbeleuchtung sehr zu Statten. ‒ Minister Kraus ist gestern nach Ollmütz berufen worden, ein sicherer Beweis, daß er im Ministerium verbleibt. ‒ Baron Anselm Rothschild weilt fortwährend in dem nahe gelegenen Penzing, wo er sich die ganze Zeit hindurch aufgehalten. Ein neues Anleihen steht wohl in ziemlich naher Aussicht.
(A. O.-Z.) Wien, 8. November. Man erzählt allgemein von dem schlimmen Geiste der nächsten Orte der Umgebung Wiens: Gumpoldskirchen, Mödling, Brüh. Kaum der fünfte Theil der Waffen ward hier auf die erste und zweite Aufforderung abgeliefert. Gumpoldskirchen mußte drei Mal besucht werden. Erst als ein Husarenoberst mit Infanterie und einem Kästchen Raketen ankam und drohte die Mühle (Depot der verborgenen Waffen) anzuzünden, kamen alle Gewehre zum Vorschein. Wiederholte Mahnungen mußten an die Mödlinger ergehen, bis die Sereczaner anrückten und mit ihren Handscharen an die Fenster der Häuser klopften. Auf dieses Zeichen fing man an, die Gewehre und andere Waffen durch die Fenster hinauszureichen. Sehr zweideutig sollen sich die Beamten der Südbahn benommen haben. ‒ Das Anrücken der Ungarn ward durch ungeheure Feuer auf dem Eichkogl, am Eisernen Thore etc. dem Landsturm angekündigt. Am Eisernen Thore wurde ein Bauer bei einem Feuer ertappt, welches 12 Klastern im Umfang hatte.
(B. C.) Döbling, 5. November. Die Schlechtigkeit und Gemeinheit gehen schon auf dem breiten Stein. Aufhängen, erschießen, einfangen die Kerle, wird breitmäulig perorirt, wie im ehemaligen Polizeistaat, und in den sieben freien Monaten lernten die Leute noch nicht, daß Ideen nicht mit Kugel und Blei vernichtet werden.
Einstweilen wird das Häscherhandwerk mit Beihülfe verbitterter Einwohner fortgetrieben, und die Zahl der Inhaftirten soll sich auf 3000 belaufen. In der innern Stadt fanden noch keine Quartierdurchsuchungen Statt, sondern blos jene Localitäten die angezeigt waren, wurden durchsucht; so hatten sich in Daums Elysium an 150 Personen versteckt, und an der Universität fand man nur proletariatsmäßig gekleidete Leute, deren Hände und Füße aber keine schwere Arbeit vermuthen ließen. Brünner Garden und steirische Schützen wurden mit den Waffen gefangen. Als mehre Arbeiter gebunden über die Straße escortirt wurden, klatschte man aus Fenstern und Thorflur; unwillig aber drehte sich der begleitende Offizier mit den Worten: Schämen Sie sich; denn die Burschen haben sich tapfer und unerschrocken, werth einer guten Sache gehalten. Ein Soldat weiß das selbst am besiegten Feinde zu achten; die Einwohner (Bourgeoisie) hingegen haben blos die Drohungen und den Uebermuth des bewaffneten Proletariats vor Augen.
(C. Bl. a. B.) Mödling bei Wien, 5. Nov. Heute Nachts wurde der bekannte Wiener Reichstagsabgeordnete Pater Füster, der Abends hier angekommen war, um sich wahrscheinlich weiter zu begeben, von Seite des Militärs verhaftet. Derselbe war wohl mit einem Passirscheine versehen, allein es scheint, daß man zu seiner Festnehmung besondere Weisung hatte. Gleich bei seiner Ankunft in Mödling wurde ihm ein Corporal zu seiner Bewachung beigegeben und in der Nacht dann das Gasthaus, in welchem er abgestiegen war von Militär besetzt, worauf seine Verhaftung erfolgte. Sechs andere Reisende (Italiener) wurden, da sie zugleich mit Füster hier ankamen und in demselben Hause eingekehrt waren, anfangs ebenfalls angehalten, jedoch später wieder freigelassen. (Füster war bekanntlich der Revolutionsprediger der Aula.)
Prerau, 8. November. Die Aussichten haben sich für die kaiserlich österreichische Regierung seit einigen Tagen wieder bedeutend verschlechtert. General Simonic ist am 4. wirklich bei Holicz im Trentschiner Komitat von einem ungarischen Corps total geschlagen worden und mit Hinterlassung sämmtlichen Geschützes und Gepäckes bei Göding über die mährische Grenze geflüchtet. Man hat ihm alle disponiblen Truppen aus Mähren zu Hülfe geschickt; da aber im schlesisch-mährischen Gebirge ein sehr bedeutender Bauernaufstand ausgebrochen ist, wohin ebenfalls, wie ich selbst gesehen, viele Truppen gesendet worden sind, so mag die Unterstützung für Simonic nicht hinlänglich gewesen sein, denn so-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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