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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 143. Köln, 15. November 1848.

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Die "Alba" theilt einen konfidentiellen Brief Radetzki's an den Erzherzog Ludwig mit. Derselbe wurde, nebst andern Depeschen, bei Roveredo von den Insurgenten aufgefangen, und enthüllt (während er zugleich die gefährliche Lage des Generals offen zugiebt) die Absichten Oestreichs mit zu charakteristischer Schamlosigkeit, als daß wir uns die Genugthuung versagen möchten, ihn seiner ganzen Länge nach mitzutheilen:

k. k. Hoheit!

Bis zu diesem Augenblick kann ich Ihnen dafür stehen, daß auch nicht das Geringste vorliegt, was uns wegen unserer Herrschaft in diesen Provinzen beunruhigen könnte. Dennoch bestanden und bestehen immer noch mehr oder minder schwierige Verhältnisse, durch die wir erst hindurch müssen Trotz aller angewandten Vorsicht habe ich nicht verhindern können, daß die ungarischen Truppen in den Besitz einiger Nachrichten aus ihrer Heimath gekommen sind, und obgleich ich sie zu überreden suchte, daß in Folge des Sieges Ihres F. M. L. Jellachich die Ruhe in Ungarn vollkommen wiederhergestellt sei, so nimmt der Haß und das Mißtrauen zwischen Kroaten und Ungarn nichtsdestoweniger von Tag zu Tage zu. Ich habe diese Truppen trennen müssen.

Ueberdies ist die Insubordination der Ungarn bis zu dem Punkte gestiegen, daß viele von ihnen desertiren und öffentlich eine Sympathie für die italienische Sache darlegen, die den Interessen Ihrer Majestät im höchsten Grade verderblich werden könnte. Ich habe ihrer also ein Stücker zwanzig fusiliren lassen und außerdem eine ziemliche Anzahl bei Wasser und Brod ins Gefängniß geworfen. Ich muß indeß gestehen, daß diese Klugheitsmaßregeln nicht die gute Wirkung ausgeübt haben, welche ich von ihnen erwartete, und daß die Ungarn eine Verachtung meiner Autorität zu zeigen anfangen, welche mir fatal zu werden droht.

In der Hoffnung, diesen Geist der Insubordination zu zähmen und die besonders im Angesicht des Feindes, so überaus nothwendige Disciplin wiederherzustellen, habe ich einen Tagsbefehl erlassen, wovon ich die Abschrift beilege. Ich gestehe offen, daß, wenn ich in einem ganz andern Lande und in der Mitte einer ganz andern Bevölkerung mich befände, ich in einer tödtlichen Unruhe sein würde.

Aber diese Leute, anstatt alle möglichen Mittel aufzusuchen, um diejenigen, welche sie ihre Verfolger nennen und um jeden Preis einzuschüchtern verlangen, fortzujagen, denken nur daran, über ihre künftige Regierungsform zu discutiren, ohne zu erwägen, daß sie keine Regierung schaffen können, so lange Ihre k. k. Hoheit ihren legitimen Einfluß auf die Angelegenheiten der Halbinsel aufrecht erhalten wird. Ich habe natürlich Alles aufbieten müssen, um diese Discussionen neu in Gang zu bringen, und habe zu diesem Zweck reichlich alle mir zu Gebote stehenden Summen ausgetheilt. Ich habe außerdem zum Voraus bedeutende Steuern erhoben, mit deren Hülfe ich meine Armee unterhalte und die Zwietracht allenthalben, wohin meine Emissäre dringen können, aussäe: denn es ist nur gerecht, daß die Italiener die Kosten der Uneinigkeiten, in welchen es ihnen zu leben gefällt selbst tragen.

Auf diese Weise, während sie jene ihnen so theure Schwatzhaftigkeit in den Tag hinein benutzen, fürchte ich nicht, daß sie die Waffen gegen mich ergreifen werden. Auf diese Weise hoffe ich auch, daß der Enthusiamus, welcher vor einem Jahre der Familie Ihrer k. k. Hoheit so verderblich zu werden drohte, in kürzester Frist vollkommen erstickt sein wird.

Noch mehr: um eine weitere Ursache zur Entzweiung zwischen sie zu werfen, habe ich ihnen die Idee soufliren lassen, eine Centralgewalt zu etabliren, ähnlich derjenigen, von welcher sich Deutschland gegenwärtig heimgesucht sieht, welcher die hohe Konfrenz jedoch in ihrer Weisheit einen Zaum angelegt hat, indem sie einen Prinzen des kaiserlichen Hauses an ihre Spitze stellte.

Unterdessen wächst inmitten aller dieser Diskussionen mehr und mehr ein unversöhnlicher Haß. Neapels sind wir sicher; Toskana beunruhigt mich nicht; also bleibt nur noch Venedig, und auch Venedig wird endlich nothgedrungen unsrer Macht weichen müssen. Genna scheint sich mit Turin überworfen zu haben, und Karl Albert hat nur noch Scheinkräfte.

Dies das Wichtigste, was ich Ihrer k. k. Hoheit für den Augenblick zu melden hatte. Mit Hülfe der hohen Konferenz, hoffe ich, werden Sie Mittel finden, die Unterhandlungen mit Frankreich und England noch um einige Wochen, d. h. bis zum Eintreten des Winters, zu verlängern. Diese Jahreszeit scheint mir für die Ausführung meiner Plane die günstigste, und ich mache mich verbindlich, nicht nur diese Provinzen, sondern selbst ganz Italien vor dem nächsten Frühjahr noch zum legitimen Gehorsam zurückzuführen, dergestalt, daß die beiden vermittelnden Mächte nicht den geringsten Vorwand mehr haben, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen.

Mailand, 13. Okt. 1848.

Ich habe die Ehre etc. etc.

Radetzki, Feldm.

Französische Republik.
19 Paris, 11. Nov.

Sie erinnern sich des guten Rathes, den Raspail in dem "Dankschreiben an seine Wähler" den Pariser Demokraten gab: "Sucht eure volksfreundlichen Vereine über die Oberfläche von ganz Frankreich zu verbreiten, nicht nur unter dem Namen der Clubs (oder Clöbs und Cloubs), sondern unter dem von propagandistischen Wahlvereinen, damit zur richtigen Zeit Alles zur Wahl bereit ist." Die Thätigkeit der demokratischen Clubs und Wahlvereine, sowie die Anstrengungen der Provinzial-Presse, die ganze demokratische Partei zu Einer bestimmten Wahl zu bewegen, beweisen, daß diese Worte nicht auf harten Boden gefallen sind. In Paris ist der Verein in der Rue Grenelle St. Honore, von den ich Ihnen neulich schrieb, der bedeutendste; ein neuer in Wauxhalle (Faubourg St. Denis) hat sich bereits mit ihm in Rapport gesetzt, und Emissäre sind an alle größeren Clubs der Hauptdepartementalstädte ausgesandt. Nach der öffentlichen Aufforderung des parlamentarischen "Berges", die Kandidatur Ledru-Rollin's zu unterstützen, ist es nunmehr wahrscheinlich, daß man sich zu dieser Wahl vereinigen wird. Ledru-Rollin selbst ist im Elsaß und Lothringen in den Vereinen aufgetreten, wo er durch seine schonungslose Sprache gegen die jetzige Bourgeoisherrschaft die Arbeiter allgemein für sich gewonnen haben soll. Die ganze, kleine Departementalpresse in Lyon, den Ardennen, im Jura und im Norddepartement macht seit 8 Tagen unausgesetzt Chorus für seine Wahl. Auf den Banketten wird sein Name fast jedesmal, und meist unter großem Erfolg, zu Demonstrationen benutzt, wie dies am letzten Sonntag sogar in Macon, der Lamartine'schen Leimruthe, der Fall war. In Paris sind indeß die Sozialisten und avancirten Demokraten noch keineswegs über ihn entschlossen. Zwei Clubs haben bereits eine Anfrage an Barbes in das Fort von Vincennes geschickt, der jedoch die Kandidatur abgelehnt hat; die Freunde von Naspail und Cabet wollen ebenfalls bis jetzt von Ledru-Rollin noch nichts wissen. Wie aber immer in letzter Zeit das Verhalten Ledru-Rollin's zu diesen Parteien gewesen sein mag: jedenfalls ist soviel gewiß, daß mit seiner Einsetzung auch der Frechheit der deutschen "Reichs" Reaktion auf energische Weise ein Ende gemacht würde.

Vorgestern Abend besuchte ich wieder den Wahlverein in der Grenelle St. Honore, wo der Mediziner Bonnard (nicht Banard, wie Ihrem Korektor beliebt) präsidirt. Der Deputirte Dain war anwesend und forderte im Namen des "Berges" zur Unterstützung der Wahl Ledru-Rollin's auf. Beifall und Geschrei: "Vive la Montagne!" Nach ihm erschien ein Redner auf der Tribüne, um Ledru-Rollin im Namen der sozialistischen Partei anzugreifen. Die Arbeiter hörten ihn mit tiefer Stille an. Als jedoch zwei andere Redner den Angegriffenen in einer Weise vertheidigten, welche der Versammlung eine Mißbilligung des revolutionären Sozialismus schien, erhob sich auf den Galerien ein drohendes, für Ledru-Rollin unglückverkündendes Murren. Der Präsident Bonnard ermahnte, die Freiheit der Berathung zu achten, und die einheitliche Wahl der demokratischen Partei nicht zu gefährden; er selbst sei Mitglied des demokratischen Comite's für das Seine-Departement und werde mit diesem stimmen, "auch wenn" der Beschluß auf Ledru-Rollin fiele. Der Deputirte Dain sprach darauf noch eine halbe Stunde lang für Ledru-Rollin, indem er sehr geschickt die reaktionäre Majorität des ehemaligen gouvernement provisoire als das wahre Hinderniß schilderte, weshalb Ledru-Rollin nicht gleich nach dem Februar in revolutionärer Weise in die sozialen Verhältnisse eingegriffen habe. Der Ruf: "Vive la Montagne! Vive la Republique democratique et sociale! ertönte zugleich mit Ledru-Rollin's Namen. Zum Schluß kritisirte Bonnard wiederum in beißender Ironie die Kandidatur des "Prinzen" Bonaparte.

Paris, 12. Nov. Mittags.

Das Verfassungsfest ist ruhig abgelaufen. Kein Attentat, keine Pistolenschüsse, keine Höllenmaschine -- kurz nichts von All' dem, ist vorgefallen, was uns die Morgenblätter prophezeit hatten.

Hier ein Bericht in aller Kürze.

Um 6 Uhr Morgens rief die Trommel die Pariser Bürgerwehr nebst Bannmeile zusammen. Es ist eiskalt; ein starkes Schneegestöber macht das Wetter unerträglich. Gegen 8 Uhr rückt ein großer Theil der südwestlichen Bannmeile längs dem Seine-Ufer ein und stellt sich auf den Quais in Ordnung. Um 8 1/2 Uhr wurde der ganze Concordia- (nicht mehr Revolutions-) Platz von Linientruppen und Pariser Bürgerwehr vermischt, besetzt. Die Zime merleute und Tapezirer, die zu den Vorbereitungen kaum 3 Tag-Zeit hatten, legen noch die letzte Hand an ihr Werk inmitten des Aufmarschirens. Riesige Fahnen werden auf venetianische Säulen gezogen, reiche Drapperien in und vor der Kapelle ausgebreitet, vor welcher Marrast die Verfassung verlesen und der Erzbischof darin die Messe nebst Tedeum singen soll. Die Fahnen waren nicht die alten vom Fahnenfeste her, nur auf vier kolossalen neuen Stoffen prangten die Worte: "Verfassung von 1848." Jetzt füllten sich allmählig die beiden großen Schaubühnen, die rechts und links von der Kapelle längs der Gartenmauer der Tuilerien errichtet waren. Das fürchterliche Schneegestöber hatte selbst einige Damen nicht abgeschreckt, diese Bühne zu besteigen.

Um 9 Uhr verkündete ein allgemeiner Trommelwirbel die Annäherung der Nationalversammlung mit Marrast und Cavaignac an der Spitze. Alle Truppen präsentiren das Gewehr. Die Deputirten sind aber kaum die Hälfte an Zahl, alle tragen die rothe Rose und Schärpe. Kaum berühren sie die Conkordienbrücke, so erblickt man rechts, von der Madeleine her, den Erzbischof von Paris mit der ganzen Klerisei in seinem Gefolge. Beide Züge nähern sich den Estradegerüsten mit der Kapelle. Das Wetter wird immer ungestümer. Der Erzbischof mit Mütze und Stab schreitet indeß rüstig voran.

Marrast, der auf einer Art Plattform vor der Kapelle Platz genommen, beginnt hierauf, von den Quästoren umgeben, die Verfassung vorzulesen. Die Kälte machte seine Stimme zittern.

Marrast trug die unzertrennlichen Glacehandschuhe, -- ebenso unerläßlich für ihn als für den Konstabler Louis Bonaparte aus London.

Nachdem Marrast die Verlesung geendet, hört man durch den Wind einige schwache Stimmen rufen: Es lebe die Republik! welche der Moniteur natürlich in einem starken Beifallssturm ändern wird.

Der Erzbischof begann das Te Deum zu singen. Starke Chöre und Orchester begleiteten ihn. Doch hörte man wegen der schützenden Leinewand keine zehn Schritte weit.

Um 10 1/2 Uhr ist die religiöse Feier vorüber. Der Vorbeimarsch der Truppen beginnt, der beim Postschluß noch fortdauert.

So eben 12 1/2 Uhr kehren die letzten Legionen in ihre Quartiere zurück.

-- Das Cavaignac'sche Manifest hat im Allgemeinen einen sehr günstigen Eindruck auf die Börse gemacht.

-- Noch gestern Abend versammelten sich etwa 150 Deputirte, die einstimmig Cavaignac als Kandidaten zur Präsidentur proklamirten.

-- Aus Berlin schreibt man dem National unterm 9. Nov.: ".... Sie sehen, daß die zu Wien triumphirende Reaktion nicht müssig bleibt. Widersteht die Vereinbarer-Versammlung, so werden 43,000 Mann und 75 Geschütze, die in zwei Stunden in Berlin einrücken können, dem königlichen Willen schon den gehörigen Nachdruck zu verschaffen suchen. Nun bleibt aber zu wissen ubrig, ob die Bevölkerung und die Freunde der Demokratie den Humor haben werden, das Programm des Potsdamer Hofes anzunehmen. Ich für meinen Theil zweifle daran, und der Zustand der Gemüther, soweit ich ihn beurtheilen kann, läßt mich neue und große Ereignisse voraussehen."

-- Der bekannte polnische, halbverrückte Prophet Andreas Towianski, der in der Juniwuth arretirt wurde, ist freigelassen und in das Innere gewiesen worden.

-- Morgen, Montag, hat der Repräsentant du Peuple wegen einiger Artikel, die er im Juni publizirte, vor den Assisen zu erscheinen.

-- Morgen wird der Kongreß der demokratischen Departementalpresse, dessen Programm wir jüngst mittheilten, seine letzte Sitzung halten.

-- Die Regierung hat aus den La-Platastaaten Depeschen so ernster Natur erhalten, daß aus dem Marine-Ministerium der Befehl abgegangen ist, 2 Kriegsschiffe auszurüsten, welche starke Truppenabtheilungen aufnehmen und vor Montevideo führen werden.

-- In der bekannten Flitt'schen Reitbahn hält seit einigen Tagen ein demokratischer Klub seine Sitzungen. Früher hielten dort Nationalgarden eine Art Klub. Gestern Abend wollten sie ihr altes Lokal mit Gewalt wieder einnehmen. Da gab's einigen Lärm, der mit dem Siege der Demokraten endigte.

[Großbritannien]
Die Steuerverweigerung in England bei Gelegenheit der Reform-Bill im Jahre 1832.

(Schluß.)

Zur Entschädigung für den Entwichenen machte sich da das Volk an den Palast des Bischofs und anderer Torys, indem man die Wohnung des erstern, nebst den Gefängnissen und dem Zollhause in Brand steckte. In Bath, Coventry und Worcester geschahen ähnliche Unruhen. Vor allen Städten zeichneten sich aber stets London, Birmingham und Manchester durch die energische Weise aus, in der die dortigen Associationen für die Reform Bill thätig waren. In Birmingham hielt man z. B. ein Meeting, bei dem ungefähr 150,000 Menschen zugegen waren, und votirte eine Adresse an den König, in der man ihn ersuchte, so viele neue, liberale Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der alten, hartnäckigen Partei Wellington im Oberhause nöthig seien.

Das Parlament kam indeß nicht wieder vor dem 6. Dezember zusammen. An jenem Tage hielt aber der König eine sehr ernste Rede an die Lords und ersuchte sie, die Reformfrage rasch zu erledigen. Hierzu war durch [unleserliches Material] Verwerfung des ersten Vorschlages eine neue Bill nöthig, welche Lord John Russell denn auch am 12. desselben Monats ins Haus der Commons brachte, indem er den ursprünglichen Antrag durch einige Zusätze noch günstiger für die Reformer stellte. -- Diese neue Bill ging nun abermals durch sämmtliche Städte der Unterhausdebatte. Alle früheren Gegner, namentlich aber Sir Robert Peel, zeichneten sich aufs Neue durch ihre Hartnäckigkeit aus. Ihre Opposition war indeß machtlos gegen einen Vorschlag, der so sehr von der öffentlichen Meinung gebilligt wurde und die große Maßregel passirte deswegen auch schon am 19. März 1832 die dritte Lesung mit einer Majorität von 116 Stimmen.

Von Russell und Althorp zu den Lords gebracht, hatte die Bill jetzt auch hier ihre zweite Feuerprobe zu bestehen. Lord Harrowby und Lord Warncliffe, welche die Opposition bisher geleitet hatten, stimmten diesmal für die zweite Lesung und überließen es dem Herzoge von Wellington und dem Marquis von Londonderry, die hervorragendsten Gegner zu spielen. Die Freunde der Bill brachten noch einmal die ganze Geschichte der Reform-Agitation vor das Haus, indem sie zeigten, wie dieselbe seit der berühmten Yorkshire-Petition von 1782, mit einigen Unterbrechungen unaufhaltsam ihren Weg fortgegangen sei, -- wie die Liederlichkeit in der Finanzverwaltung zur Zeit des Krieges dem Lande eine Schuld von nicht viel weniger als 1000 Mill. Pfd. aufgebürdet habe und wie es durch die schlechte Vertretung der verschiedenen Klassen im Parlamente unmöglich geworden sei, das Erheben der Taxen und die zu machenden Anleihen durch diejenigen zu kontrolliren, welche die Schuld doch zu guter Letzt tragen, wie es falsch und widersinnig sei, heruntergekommenen Orten wie Grampound, Penryn, East Retford und Sarum noch immer das Wahrecht für ein oder gar zwei Parlamentsmitglieder zu lassen, während Orte wie Birmingham, Leeds und Manchester mit einer durch die Entwicklung der Industrie reich und mächtig gewordenen Bevölkerung, keinen Vertreter wählen dürften und zu welchen Maßregeln es endlich führen könne, wenn ungefähr 200 Pairs noch länger einer Bill zu wiederstehen wagten, welche das Volk und die Majorität des Unterhauses für sich habe.

Zur Abstimmung schreitend, fand man hierauf für die Minister nur eine absolute Majorität von 9 Stimmen. Die Bill wurde da zum zweiten Male gelesen, um nach den Ostertagen ins Comite zu gehen. Das Parlament blieb ajournirt bis zum 7. Mai.

Diesen Zwischenraum benutzten die Reformer zu einigen Meetings, die an Großartigkeit alles Bisherige übertrafen. Die Birminghamer veranlaßten eins der gewaltigsten, indem sie alle Gesellschaften der nächsten Grafschaften dazu einluden. Die Zahl der von der Norddivision anwesenden Leute wird allein auf 100,000 geschätzt; sie erstreckten sich über 4 Meilen und hatten 150 Banner und 11 Musikchöre. Ueber 200 Chöre waren gegenwärtig und etwa 700 Banner wehten über der ganzen versammelten Menge. Gegen Mittag wurde der Beginn der Versammlung durch den Lärm der Trompeten verkündigt und viele energische Redner erhoben sich dann, um eine Adresse an das Haus der Lords vorzuschlagen, in der man zum letzten Male vor fernerem Widerstande warnte und mit den revolutionärsten Maßregeln, mit der Ernennung einer Menge neuer Pairs, vor Allem aber mit der Verweigerung der Steuern drohte. Aehnliche Meetings hielt man in Liverpool, Manchester, Sheffield, Edinburgh, Glasgow, so wie im ganzen Süden Englands.

So war die Lage des Landes, als sich das Parlament am 2. Mai wieder versammelte und das Oberhaus wegen der Reform-Bill ins Comite ging. Nach einigen Debatten zeigte es sich, daß die Majorität der Lords der Bill zu widerstehen wagte. Earl Gry und der Lord-Kanzler eilten nach Windsor und baten um die Ernennung einer Anzahl neuer Pairs, oder im Falle der Verweigerung um ihre Entlassung. Der König nahm ihre Demission an!

Diese Nachricht erreichte Birmingham am 10. Mai, Morgens. Man hatte jetzt die Wahl zwischen dem Ergreifen der Waffen oder der Steuerverweigerung; man entschloß sich zu dem letztern und schon um Mittag sah man an allen Fenstern gedruckte Plakate mit den Worten: "Hier werden keine Taxen mehr bezahlt, ehe die Reform-Bill passirt ist." Manchester folgte dem Beispiel der Schwesterstadt. "Lieber Tod als Steuern!" las man an allen Straßenecken. Leeds blieb nicht zurück: "Die Steuern sind abgeschafft!" klang es aus jedem Munde und so klang es weiter durch ganz England und Schottland.

Die Einstimmigkeit, mit der dieser Beschluß gefaßt und ausgeführt wurde, brachte Schrecken in die ganze Verwaltung. Der König, anfangs der Reform zugethan, später aber durch die Lords aufs Neue zum Schwanken gebracht, stellte sich jetzt abermals auf die Seite des Volkes, indem er das Ministerium Grey-Russel ins Amt zurückrief und sich bereit erklärte, so viele neue Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der Partei Wellington-Londonderry im Hause der Lords nöthig seien.

Dies wirkte. Die Aristokratie kroch zu Kreuze. Als die Debatte im Oberhause wieder losging, erhoben sich ungefähr hundert Pairs, mit dem Herzog von Wellington an der Spitze, von ihren Bänken und die Bill passirte mit 106 gegen 22 Stimmen. Am 7. Aug. 1832 wurde sie Gesetz des Landes.

Für den demokratischen Central-Ausschuß in Berlin sind bei der Expedition dieser Zeitung eingegangen:

Von A. St. 1 Thlr. -- A. H. 5 Thlr. -- A. N. 15 Sgr. -- R. D. 1 Thlr -- J. B. ("Fluch und Verderben den blutdürstigen Tyrannen!") 5 Thlr. -- C--r (dito) 15 Sgr. -- Sch. (dito) 15 Sgr. -- R--th (dito) 1 Thlr. -- T (dito) 1 Thlr. -- R. N. (dito) 15 Sgr. -- R--d. (dito) 20 Sgr. -- K. U. 1 Thlr. -- von einem Belgier 5 Sgr. -- S--r. 5 Sgr. H. K. ("Tod den Henkersknechten der Tyrannen!!!") 1 Thlr. -- M. (dito) 10 Sgr. -- C. (für einen Galgenstrick!) 1 Thlr. -- H. (dito) 1 Thlr. -- C--th. 1 Thlr.

Zusammen 24 Thlr. 10 Sgr.

Ferner um 12 Uhr:

Von den Setzern der "Neuen Rheinischen Zeitung" 2 Thlr. mit dem Motto: "Die Throne gehn in Flammen auf, die Fürsten fliehn zum Meere!" -- F. 1 Thlr. -- P. 1 Thlr. -- S. 15 Sgr. -- Sch. 15 Sgr. -- B. 15 Sgr. -- M. 1 Thlr. -- J. W. 15 Sgr. -- H. 20 Sgr. -- S. 1 Thlr. -- Ungenannter 20 Sgr. -- G. 10 Sgr. -- N. 1 Thlr., zusammen 8 Thlr. 20 Sgr. Im Ganzen 33 Thlr.

Von der Expedition gestempelte Listen liegen zur Unterzeichnung offen bei:

A. Steintraßer, Perlenpfuhl;
Halin, Börse;
Hamspohn, Freischütz, Hochstraße;
Eiser, beim Eingange während der Volksversammlungen;
J. Obladen, Streitzeuggasse;
Resource, Gesellschaft, Sandkaul.

Wir fordern die Kölner Bürger hierdurch auf's dringendste auf, den Centralausschuss in Berlin durch Geldmittel sofort zu unterstützen, da ohne Geld es durchaus nicht möglich ist, auf kräftige Weise Parteizwecke zu verfolgen.

Wir nehmen Beiträge gerne entgegen.

Köln, den 14. November 1848.

Die Expedition der "Neuen Rheinischen Zeitung."

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Die „Alba“ theilt einen konfidentiellen Brief Radetzki's an den Erzherzog Ludwig mit. Derselbe wurde, nebst andern Depeschen, bei Roveredo von den Insurgenten aufgefangen, und enthüllt (während er zugleich die gefährliche Lage des Generals offen zugiebt) die Absichten Oestreichs mit zu charakteristischer Schamlosigkeit, als daß wir uns die Genugthuung versagen möchten, ihn seiner ganzen Länge nach mitzutheilen:

k. k. Hoheit!

Bis zu diesem Augenblick kann ich Ihnen dafür stehen, daß auch nicht das Geringste vorliegt, was uns wegen unserer Herrschaft in diesen Provinzen beunruhigen könnte. Dennoch bestanden und bestehen immer noch mehr oder minder schwierige Verhältnisse, durch die wir erst hindurch müssen Trotz aller angewandten Vorsicht habe ich nicht verhindern können, daß die ungarischen Truppen in den Besitz einiger Nachrichten aus ihrer Heimath gekommen sind, und obgleich ich sie zu überreden suchte, daß in Folge des Sieges Ihres F. M. L. Jellachich die Ruhe in Ungarn vollkommen wiederhergestellt sei, so nimmt der Haß und das Mißtrauen zwischen Kroaten und Ungarn nichtsdestoweniger von Tag zu Tage zu. Ich habe diese Truppen trennen müssen.

Ueberdies ist die Insubordination der Ungarn bis zu dem Punkte gestiegen, daß viele von ihnen desertiren und öffentlich eine Sympathie für die italienische Sache darlegen, die den Interessen Ihrer Majestät im höchsten Grade verderblich werden könnte. Ich habe ihrer also ein Stücker zwanzig fusiliren lassen und außerdem eine ziemliche Anzahl bei Wasser und Brod ins Gefängniß geworfen. Ich muß indeß gestehen, daß diese Klugheitsmaßregeln nicht die gute Wirkung ausgeübt haben, welche ich von ihnen erwartete, und daß die Ungarn eine Verachtung meiner Autorität zu zeigen anfangen, welche mir fatal zu werden droht.

In der Hoffnung, diesen Geist der Insubordination zu zähmen und die besonders im Angesicht des Feindes, so überaus nothwendige Disciplin wiederherzustellen, habe ich einen Tagsbefehl erlassen, wovon ich die Abschrift beilege. Ich gestehe offen, daß, wenn ich in einem ganz andern Lande und in der Mitte einer ganz andern Bevölkerung mich befände, ich in einer tödtlichen Unruhe sein würde.

Aber diese Leute, anstatt alle möglichen Mittel aufzusuchen, um diejenigen, welche sie ihre Verfolger nennen und um jeden Preis einzuschüchtern verlangen, fortzujagen, denken nur daran, über ihre künftige Regierungsform zu discutiren, ohne zu erwägen, daß sie keine Regierung schaffen können, so lange Ihre k. k. Hoheit ihren legitimen Einfluß auf die Angelegenheiten der Halbinsel aufrecht erhalten wird. Ich habe natürlich Alles aufbieten müssen, um diese Discussionen neu in Gang zu bringen, und habe zu diesem Zweck reichlich alle mir zu Gebote stehenden Summen ausgetheilt. Ich habe außerdem zum Voraus bedeutende Steuern erhoben, mit deren Hülfe ich meine Armee unterhalte und die Zwietracht allenthalben, wohin meine Emissäre dringen können, aussäe: denn es ist nur gerecht, daß die Italiener die Kosten der Uneinigkeiten, in welchen es ihnen zu leben gefällt selbst tragen.

Auf diese Weise, während sie jene ihnen so theure Schwatzhaftigkeit in den Tag hinein benutzen, fürchte ich nicht, daß sie die Waffen gegen mich ergreifen werden. Auf diese Weise hoffe ich auch, daß der Enthusiamus, welcher vor einem Jahre der Familie Ihrer k. k. Hoheit so verderblich zu werden drohte, in kürzester Frist vollkommen erstickt sein wird.

Noch mehr: um eine weitere Ursache zur Entzweiung zwischen sie zu werfen, habe ich ihnen die Idee soufliren lassen, eine Centralgewalt zu etabliren, ähnlich derjenigen, von welcher sich Deutschland gegenwärtig heimgesucht sieht, welcher die hohe Konfrenz jedoch in ihrer Weisheit einen Zaum angelegt hat, indem sie einen Prinzen des kaiserlichen Hauses an ihre Spitze stellte.

Unterdessen wächst inmitten aller dieser Diskussionen mehr und mehr ein unversöhnlicher Haß. Neapels sind wir sicher; Toskana beunruhigt mich nicht; also bleibt nur noch Venedig, und auch Venedig wird endlich nothgedrungen unsrer Macht weichen müssen. Genna scheint sich mit Turin überworfen zu haben, und Karl Albert hat nur noch Scheinkräfte.

Dies das Wichtigste, was ich Ihrer k. k. Hoheit für den Augenblick zu melden hatte. Mit Hülfe der hohen Konferenz, hoffe ich, werden Sie Mittel finden, die Unterhandlungen mit Frankreich und England noch um einige Wochen, d. h. bis zum Eintreten des Winters, zu verlängern. Diese Jahreszeit scheint mir für die Ausführung meiner Plane die günstigste, und ich mache mich verbindlich, nicht nur diese Provinzen, sondern selbst ganz Italien vor dem nächsten Frühjahr noch zum legitimen Gehorsam zurückzuführen, dergestalt, daß die beiden vermittelnden Mächte nicht den geringsten Vorwand mehr haben, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen.

Mailand, 13. Okt. 1848.

Ich habe die Ehre etc. etc.

Radetzki, Feldm.

Französische Republik.
19 Paris, 11. Nov.

Sie erinnern sich des guten Rathes, den Raspail in dem „Dankschreiben an seine Wähler“ den Pariser Demokraten gab: „Sucht eure volksfreundlichen Vereine über die Oberfläche von ganz Frankreich zu verbreiten, nicht nur unter dem Namen der Clubs (oder Clöbs und Cloubs), sondern unter dem von propagandistischen Wahlvereinen, damit zur richtigen Zeit Alles zur Wahl bereit ist.“ Die Thätigkeit der demokratischen Clubs und Wahlvereine, sowie die Anstrengungen der Provinzial-Presse, die ganze demokratische Partei zu Einer bestimmten Wahl zu bewegen, beweisen, daß diese Worte nicht auf harten Boden gefallen sind. In Paris ist der Verein in der Rue Grenelle St. Honoré, von den ich Ihnen neulich schrieb, der bedeutendste; ein neuer in Wauxhalle (Faubourg St. Denis) hat sich bereits mit ihm in Rapport gesetzt, und Emissäre sind an alle größeren Clubs der Hauptdepartementalstädte ausgesandt. Nach der öffentlichen Aufforderung des parlamentarischen „Berges“, die Kandidatur Ledru-Rollin's zu unterstützen, ist es nunmehr wahrscheinlich, daß man sich zu dieser Wahl vereinigen wird. Ledru-Rollin selbst ist im Elsaß und Lothringen in den Vereinen aufgetreten, wo er durch seine schonungslose Sprache gegen die jetzige Bourgeoisherrschaft die Arbeiter allgemein für sich gewonnen haben soll. Die ganze, kleine Departementalpresse in Lyon, den Ardennen, im Jura und im Norddepartement macht seit 8 Tagen unausgesetzt Chorus für seine Wahl. Auf den Banketten wird sein Name fast jedesmal, und meist unter großem Erfolg, zu Demonstrationen benutzt, wie dies am letzten Sonntag sogar in Macon, der Lamartine'schen Leimruthe, der Fall war. In Paris sind indeß die Sozialisten und avancirten Demokraten noch keineswegs über ihn entschlossen. Zwei Clubs haben bereits eine Anfrage an Barbes in das Fort von Vincennes geschickt, der jedoch die Kandidatur abgelehnt hat; die Freunde von Naspail und Cabet wollen ebenfalls bis jetzt von Ledru-Rollin noch nichts wissen. Wie aber immer in letzter Zeit das Verhalten Ledru-Rollin's zu diesen Parteien gewesen sein mag: jedenfalls ist soviel gewiß, daß mit seiner Einsetzung auch der Frechheit der deutschen „Reichs“ Reaktion auf energische Weise ein Ende gemacht würde.

Vorgestern Abend besuchte ich wieder den Wahlverein in der Grenelle St. Honoré, wo der Mediziner Bonnard (nicht Banard, wie Ihrem Korektor beliebt) präsidirt. Der Deputirte Dain war anwesend und forderte im Namen des „Berges“ zur Unterstützung der Wahl Ledru-Rollin's auf. Beifall und Geschrei: «Vive la Montagne!» Nach ihm erschien ein Redner auf der Tribüne, um Ledru-Rollin im Namen der sozialistischen Partei anzugreifen. Die Arbeiter hörten ihn mit tiefer Stille an. Als jedoch zwei andere Redner den Angegriffenen in einer Weise vertheidigten, welche der Versammlung eine Mißbilligung des revolutionären Sozialismus schien, erhob sich auf den Galerien ein drohendes, für Ledru-Rollin unglückverkündendes Murren. Der Präsident Bonnard ermahnte, die Freiheit der Berathung zu achten, und die einheitliche Wahl der demokratischen Partei nicht zu gefährden; er selbst sei Mitglied des demokratischen Comité's für das Seine-Departement und werde mit diesem stimmen, „auch wenn“ der Beschluß auf Ledru-Rollin fiele. Der Deputirte Dain sprach darauf noch eine halbe Stunde lang für Ledru-Rollin, indem er sehr geschickt die reaktionäre Majorität des ehemaligen gouvernement provisoire als das wahre Hinderniß schilderte, weshalb Ledru-Rollin nicht gleich nach dem Februar in revolutionärer Weise in die sozialen Verhältnisse eingegriffen habe. Der Ruf: «Vive la Montagne! Vive la Republique democratique et sociale! ertönte zugleich mit Ledru-Rollin's Namen. Zum Schluß kritisirte Bonnard wiederum in beißender Ironie die Kandidatur des „Prinzen“ Bonaparte.

Paris, 12. Nov. Mittags.

Das Verfassungsfest ist ruhig abgelaufen. Kein Attentat, keine Pistolenschüsse, keine Höllenmaschine — kurz nichts von All' dem, ist vorgefallen, was uns die Morgenblätter prophezeit hatten.

Hier ein Bericht in aller Kürze.

Um 6 Uhr Morgens rief die Trommel die Pariser Bürgerwehr nebst Bannmeile zusammen. Es ist eiskalt; ein starkes Schneegestöber macht das Wetter unerträglich. Gegen 8 Uhr rückt ein großer Theil der südwestlichen Bannmeile längs dem Seine-Ufer ein und stellt sich auf den Quais in Ordnung. Um 8 1/2 Uhr wurde der ganze Concordia- (nicht mehr Revolutions-) Platz von Linientruppen und Pariser Bürgerwehr vermischt, besetzt. Die Zime merleute und Tapezirer, die zu den Vorbereitungen kaum 3 Tag-Zeit hatten, legen noch die letzte Hand an ihr Werk inmitten des Aufmarschirens. Riesige Fahnen werden auf venetianische Säulen gezogen, reiche Drapperien in und vor der Kapelle ausgebreitet, vor welcher Marrast die Verfassung verlesen und der Erzbischof darin die Messe nebst Tedeum singen soll. Die Fahnen waren nicht die alten vom Fahnenfeste her, nur auf vier kolossalen neuen Stoffen prangten die Worte: „Verfassung von 1848.“ Jetzt füllten sich allmählig die beiden großen Schaubühnen, die rechts und links von der Kapelle längs der Gartenmauer der Tuilerien errichtet waren. Das fürchterliche Schneegestöber hatte selbst einige Damen nicht abgeschreckt, diese Bühne zu besteigen.

Um 9 Uhr verkündete ein allgemeiner Trommelwirbel die Annäherung der Nationalversammlung mit Marrast und Cavaignac an der Spitze. Alle Truppen präsentiren das Gewehr. Die Deputirten sind aber kaum die Hälfte an Zahl, alle tragen die rothe Rose und Schärpe. Kaum berühren sie die Conkordienbrücke, so erblickt man rechts, von der Madeleine her, den Erzbischof von Paris mit der ganzen Klerisei in seinem Gefolge. Beide Züge nähern sich den Estradegerüsten mit der Kapelle. Das Wetter wird immer ungestümer. Der Erzbischof mit Mütze und Stab schreitet indeß rüstig voran.

Marrast, der auf einer Art Plattform vor der Kapelle Platz genommen, beginnt hierauf, von den Quästoren umgeben, die Verfassung vorzulesen. Die Kälte machte seine Stimme zittern.

Marrast trug die unzertrennlichen Glacehandschuhe, — ebenso unerläßlich für ihn als für den Konstabler Louis Bonaparte aus London.

Nachdem Marrast die Verlesung geendet, hört man durch den Wind einige schwache Stimmen rufen: Es lebe die Republik! welche der Moniteur natürlich in einem starken Beifallssturm ändern wird.

Der Erzbischof begann das Te Deum zu singen. Starke Chöre und Orchester begleiteten ihn. Doch hörte man wegen der schützenden Leinewand keine zehn Schritte weit.

Um 10 1/2 Uhr ist die religiöse Feier vorüber. Der Vorbeimarsch der Truppen beginnt, der beim Postschluß noch fortdauert.

So eben 12 1/2 Uhr kehren die letzten Legionen in ihre Quartiere zurück.

— Das Cavaignac'sche Manifest hat im Allgemeinen einen sehr günstigen Eindruck auf die Börse gemacht.

— Noch gestern Abend versammelten sich etwa 150 Deputirte, die einstimmig Cavaignac als Kandidaten zur Präsidentur proklamirten.

— Aus Berlin schreibt man dem National unterm 9. Nov.: „.... Sie sehen, daß die zu Wien triumphirende Reaktion nicht müssig bleibt. Widersteht die Vereinbarer-Versammlung, so werden 43,000 Mann und 75 Geschütze, die in zwei Stunden in Berlin einrücken können, dem königlichen Willen schon den gehörigen Nachdruck zu verschaffen suchen. Nun bleibt aber zu wissen ubrig, ob die Bevölkerung und die Freunde der Demokratie den Humor haben werden, das Programm des Potsdamer Hofes anzunehmen. Ich für meinen Theil zweifle daran, und der Zustand der Gemüther, soweit ich ihn beurtheilen kann, läßt mich neue und große Ereignisse voraussehen.“

— Der bekannte polnische, halbverrückte Prophet Andreas Towianski, der in der Juniwuth arretirt wurde, ist freigelassen und in das Innere gewiesen worden.

— Morgen, Montag, hat der Repräsentant du Peuple wegen einiger Artikel, die er im Juni publizirte, vor den Assisen zu erscheinen.

— Morgen wird der Kongreß der demokratischen Departementalpresse, dessen Programm wir jüngst mittheilten, seine letzte Sitzung halten.

— Die Regierung hat aus den La-Platastaaten Depeschen so ernster Natur erhalten, daß aus dem Marine-Ministerium der Befehl abgegangen ist, 2 Kriegsschiffe auszurüsten, welche starke Truppenabtheilungen aufnehmen und vor Montevideo führen werden.

— In der bekannten Flitt'schen Reitbahn hält seit einigen Tagen ein demokratischer Klub seine Sitzungen. Früher hielten dort Nationalgarden eine Art Klub. Gestern Abend wollten sie ihr altes Lokal mit Gewalt wieder einnehmen. Da gab's einigen Lärm, der mit dem Siege der Demokraten endigte.

[Großbritannien]
Die Steuerverweigerung in England bei Gelegenheit der Reform-Bill im Jahre 1832.

(Schluß.)

Zur Entschädigung für den Entwichenen machte sich da das Volk an den Palast des Bischofs und anderer Torys, indem man die Wohnung des erstern, nebst den Gefängnissen und dem Zollhause in Brand steckte. In Bath, Coventry und Worcester geschahen ähnliche Unruhen. Vor allen Städten zeichneten sich aber stets London, Birmingham und Manchester durch die energische Weise aus, in der die dortigen Associationen für die Reform Bill thätig waren. In Birmingham hielt man z. B. ein Meeting, bei dem ungefähr 150,000 Menschen zugegen waren, und votirte eine Adresse an den König, in der man ihn ersuchte, so viele neue, liberale Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der alten, hartnäckigen Partei Wellington im Oberhause nöthig seien.

Das Parlament kam indeß nicht wieder vor dem 6. Dezember zusammen. An jenem Tage hielt aber der König eine sehr ernste Rede an die Lords und ersuchte sie, die Reformfrage rasch zu erledigen. Hierzu war durch [unleserliches Material] Verwerfung des ersten Vorschlages eine neue Bill nöthig, welche Lord John Russell denn auch am 12. desselben Monats ins Haus der Commons brachte, indem er den ursprünglichen Antrag durch einige Zusätze noch günstiger für die Reformer stellte. — Diese neue Bill ging nun abermals durch sämmtliche Städte der Unterhausdebatte. Alle früheren Gegner, namentlich aber Sir Robert Peel, zeichneten sich aufs Neue durch ihre Hartnäckigkeit aus. Ihre Opposition war indeß machtlos gegen einen Vorschlag, der so sehr von der öffentlichen Meinung gebilligt wurde und die große Maßregel passirte deswegen auch schon am 19. März 1832 die dritte Lesung mit einer Majorität von 116 Stimmen.

Von Russell und Althorp zu den Lords gebracht, hatte die Bill jetzt auch hier ihre zweite Feuerprobe zu bestehen. Lord Harrowby und Lord Warncliffe, welche die Opposition bisher geleitet hatten, stimmten diesmal für die zweite Lesung und überließen es dem Herzoge von Wellington und dem Marquis von Londonderry, die hervorragendsten Gegner zu spielen. Die Freunde der Bill brachten noch einmal die ganze Geschichte der Reform-Agitation vor das Haus, indem sie zeigten, wie dieselbe seit der berühmten Yorkshire-Petition von 1782, mit einigen Unterbrechungen unaufhaltsam ihren Weg fortgegangen sei, — wie die Liederlichkeit in der Finanzverwaltung zur Zeit des Krieges dem Lande eine Schuld von nicht viel weniger als 1000 Mill. Pfd. aufgebürdet habe und wie es durch die schlechte Vertretung der verschiedenen Klassen im Parlamente unmöglich geworden sei, das Erheben der Taxen und die zu machenden Anleihen durch diejenigen zu kontrolliren, welche die Schuld doch zu guter Letzt tragen, wie es falsch und widersinnig sei, heruntergekommenen Orten wie Grampound, Penryn, East Retford und Sarum noch immer das Wahrecht für ein oder gar zwei Parlamentsmitglieder zu lassen, während Orte wie Birmingham, Leeds und Manchester mit einer durch die Entwicklung der Industrie reich und mächtig gewordenen Bevölkerung, keinen Vertreter wählen dürften und zu welchen Maßregeln es endlich führen könne, wenn ungefähr 200 Pairs noch länger einer Bill zu wiederstehen wagten, welche das Volk und die Majorität des Unterhauses für sich habe.

Zur Abstimmung schreitend, fand man hierauf für die Minister nur eine absolute Majorität von 9 Stimmen. Die Bill wurde da zum zweiten Male gelesen, um nach den Ostertagen ins Comite zu gehen. Das Parlament blieb ajournirt bis zum 7. Mai.

Diesen Zwischenraum benutzten die Reformer zu einigen Meetings, die an Großartigkeit alles Bisherige übertrafen. Die Birminghamer veranlaßten eins der gewaltigsten, indem sie alle Gesellschaften der nächsten Grafschaften dazu einluden. Die Zahl der von der Norddivision anwesenden Leute wird allein auf 100,000 geschätzt; sie erstreckten sich über 4 Meilen und hatten 150 Banner und 11 Musikchöre. Ueber 200 Chöre waren gegenwärtig und etwa 700 Banner wehten über der ganzen versammelten Menge. Gegen Mittag wurde der Beginn der Versammlung durch den Lärm der Trompeten verkündigt und viele energische Redner erhoben sich dann, um eine Adresse an das Haus der Lords vorzuschlagen, in der man zum letzten Male vor fernerem Widerstande warnte und mit den revolutionärsten Maßregeln, mit der Ernennung einer Menge neuer Pairs, vor Allem aber mit der Verweigerung der Steuern drohte. Aehnliche Meetings hielt man in Liverpool, Manchester, Sheffield, Edinburgh, Glasgow, so wie im ganzen Süden Englands.

So war die Lage des Landes, als sich das Parlament am 2. Mai wieder versammelte und das Oberhaus wegen der Reform-Bill ins Comite ging. Nach einigen Debatten zeigte es sich, daß die Majorität der Lords der Bill zu widerstehen wagte. Earl Gry und der Lord-Kanzler eilten nach Windsor und baten um die Ernennung einer Anzahl neuer Pairs, oder im Falle der Verweigerung um ihre Entlassung. Der König nahm ihre Demission an!

Diese Nachricht erreichte Birmingham am 10. Mai, Morgens. Man hatte jetzt die Wahl zwischen dem Ergreifen der Waffen oder der Steuerverweigerung; man entschloß sich zu dem letztern und schon um Mittag sah man an allen Fenstern gedruckte Plakate mit den Worten: „Hier werden keine Taxen mehr bezahlt, ehe die Reform-Bill passirt ist.“ Manchester folgte dem Beispiel der Schwesterstadt. „Lieber Tod als Steuern!“ las man an allen Straßenecken. Leeds blieb nicht zurück: „Die Steuern sind abgeschafft!“ klang es aus jedem Munde und so klang es weiter durch ganz England und Schottland.

Die Einstimmigkeit, mit der dieser Beschluß gefaßt und ausgeführt wurde, brachte Schrecken in die ganze Verwaltung. Der König, anfangs der Reform zugethan, später aber durch die Lords aufs Neue zum Schwanken gebracht, stellte sich jetzt abermals auf die Seite des Volkes, indem er das Ministerium Grey-Russel ins Amt zurückrief und sich bereit erklärte, so viele neue Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der Partei Wellington-Londonderry im Hause der Lords nöthig seien.

Dies wirkte. Die Aristokratie kroch zu Kreuze. Als die Debatte im Oberhause wieder losging, erhoben sich ungefähr hundert Pairs, mit dem Herzog von Wellington an der Spitze, von ihren Bänken und die Bill passirte mit 106 gegen 22 Stimmen. Am 7. Aug. 1832 wurde sie Gesetz des Landes.

Für den demokratischen Central-Ausschuß in Berlin sind bei der Expedition dieser Zeitung eingegangen:

Von A. St. 1 Thlr. — A. H. 5 Thlr. — A. N. 15 Sgr. — R. D. 1 Thlr — J. B. („Fluch und Verderben den blutdürstigen Tyrannen!“) 5 Thlr. — C—r (dito) 15 Sgr. — Sch. (dito) 15 Sgr. — R—th (dito) 1 Thlr. — T (dito) 1 Thlr. — R. N. (dito) 15 Sgr. — R—d. (dito) 20 Sgr. — K. U. 1 Thlr. — von einem Belgier 5 Sgr. — S—r. 5 Sgr. H. K. („Tod den Henkersknechten der Tyrannen!!!“) 1 Thlr. — M. (dito) 10 Sgr. — C. (für einen Galgenstrick!) 1 Thlr. — H. (dito) 1 Thlr. — C—th. 1 Thlr.

Zusammen 24 Thlr. 10 Sgr.

Ferner um 12 Uhr:

Von den Setzern der „Neuen Rheinischen Zeitung“ 2 Thlr. mit dem Motto: „Die Throne gehn in Flammen auf, die Fürsten fliehn zum Meere!“ — F. 1 Thlr. — P. 1 Thlr. — S. 15 Sgr. — Sch. 15 Sgr. — B. 15 Sgr. — M. 1 Thlr. — J. W. 15 Sgr. — H. 20 Sgr. — S. 1 Thlr. — Ungenannter 20 Sgr. — G. 10 Sgr. — N. 1 Thlr., zusammen 8 Thlr. 20 Sgr. Im Ganzen 33 Thlr.

Von der Expedition gestempelte Listen liegen zur Unterzeichnung offen bei:

A. Steintraßer, Perlenpfuhl;
Halin, Börse;
Hamspohn, Freischütz, Hochstraße;
Eiser, beim Eingange während der Volksversammlungen;
J. Obladen, Streitzeuggasse;
Resource, Gesellschaft, Sandkaul.

Wir fordern die Kölner Bürger hierdurch auf's dringendste auf, den Centralausschuss in Berlin durch Geldmittel sofort zu unterstützen, da ohne Geld es durchaus nicht möglich ist, auf kräftige Weise Parteizwecke zu verfolgen.

Wir nehmen Beiträge gerne entgegen.

Köln, den 14. November 1848.

Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

<TEI>
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              <author>*</author>
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          <p>Die &#x201E;Alba&#x201C; theilt einen konfidentiellen Brief Radetzki's an den Erzherzog Ludwig mit. Derselbe wurde, nebst andern Depeschen, bei Roveredo von den Insurgenten aufgefangen, und enthüllt (während er zugleich die gefährliche Lage des Generals offen zugiebt) die Absichten Oestreichs mit zu charakteristischer Schamlosigkeit, als daß wir uns die Genugthuung versagen möchten, ihn seiner ganzen Länge nach mitzutheilen:</p>
          <p>k. k. Hoheit!</p>
          <p>Bis zu diesem Augenblick kann ich Ihnen dafür stehen, daß auch nicht das Geringste vorliegt, was uns wegen unserer Herrschaft in diesen Provinzen beunruhigen könnte. Dennoch bestanden und bestehen immer noch mehr oder minder schwierige Verhältnisse, durch die wir erst hindurch müssen Trotz aller angewandten Vorsicht habe ich nicht verhindern können, daß die ungarischen Truppen in den Besitz einiger Nachrichten aus ihrer Heimath gekommen sind, und obgleich ich sie zu überreden suchte, daß in Folge des Sieges Ihres F. M. L. Jellachich <hi rendition="#g">die Ruhe in Ungarn vollkommen wiederhergestellt sei,</hi> so nimmt der Haß und das Mißtrauen zwischen Kroaten und Ungarn nichtsdestoweniger von Tag zu Tage zu. Ich habe diese Truppen trennen müssen.</p>
          <p>Ueberdies ist die Insubordination der Ungarn bis zu dem Punkte gestiegen, daß viele von ihnen desertiren und öffentlich eine Sympathie <hi rendition="#g">für die italienische Sache</hi> darlegen, die den Interessen Ihrer Majestät im höchsten Grade verderblich werden könnte. <hi rendition="#g">Ich habe ihrer also ein Stücker zwanzig fusiliren lassen und außerdem eine ziemliche Anzahl bei Wasser und Brod ins Gefängniß geworfen</hi>. Ich muß indeß gestehen, daß diese Klugheitsmaßregeln nicht die gute Wirkung ausgeübt haben, welche ich von ihnen erwartete, und daß die Ungarn eine Verachtung meiner Autorität zu zeigen anfangen, welche mir fatal zu werden droht.</p>
          <p>In der Hoffnung, diesen Geist der Insubordination zu zähmen und die besonders im Angesicht des Feindes, so überaus nothwendige Disciplin wiederherzustellen, habe ich einen Tagsbefehl erlassen, wovon ich die Abschrift beilege. Ich gestehe offen, daß, wenn ich in einem ganz andern Lande und in der Mitte einer ganz andern Bevölkerung mich befände, ich in einer tödtlichen Unruhe sein würde.</p>
          <p>Aber diese Leute, anstatt alle möglichen Mittel aufzusuchen, um diejenigen, welche sie ihre Verfolger nennen und um jeden Preis einzuschüchtern verlangen, fortzujagen, denken nur daran, über ihre künftige Regierungsform zu discutiren, ohne zu erwägen, daß sie keine Regierung schaffen können, so lange Ihre k. k. Hoheit <hi rendition="#g">ihren legitimen Einfluß</hi> auf die Angelegenheiten der Halbinsel aufrecht erhalten wird. Ich habe natürlich Alles aufbieten müssen, um diese Discussionen neu in Gang zu bringen, und habe zu diesem Zweck reichlich alle mir zu Gebote stehenden Summen ausgetheilt. Ich habe außerdem zum Voraus bedeutende Steuern erhoben, mit deren Hülfe ich meine Armee unterhalte und die Zwietracht allenthalben, wohin meine Emissäre dringen können, aussäe: denn es ist nur gerecht, daß die Italiener die Kosten der Uneinigkeiten, in welchen es ihnen zu leben gefällt selbst tragen.</p>
          <p>Auf diese Weise, während sie jene ihnen so theure Schwatzhaftigkeit in den Tag hinein benutzen, fürchte ich nicht, daß sie die Waffen gegen mich ergreifen werden. Auf diese Weise hoffe ich auch, daß der Enthusiamus, welcher vor einem Jahre der Familie Ihrer k. k. Hoheit so verderblich zu werden drohte, in kürzester Frist vollkommen erstickt sein wird.</p>
          <p>Noch mehr: um eine weitere Ursache zur Entzweiung zwischen sie zu werfen, habe ich ihnen die Idee soufliren lassen, eine Centralgewalt zu etabliren, ähnlich derjenigen, von welcher sich Deutschland gegenwärtig heimgesucht sieht, welcher <hi rendition="#g">die hohe Konfrenz</hi> jedoch in ihrer Weisheit einen Zaum angelegt hat, indem sie <hi rendition="#g">einen Prinzen des kaiserlichen Hauses</hi> an ihre Spitze stellte.</p>
          <p>Unterdessen wächst inmitten aller dieser Diskussionen mehr und mehr ein unversöhnlicher Haß. Neapels sind wir sicher; Toskana beunruhigt mich nicht; also bleibt nur noch Venedig, und auch Venedig wird endlich nothgedrungen unsrer Macht weichen müssen. Genna scheint sich mit Turin überworfen zu haben, und Karl Albert hat nur noch Scheinkräfte.</p>
          <p>Dies das Wichtigste, was ich Ihrer k. k. Hoheit für den Augenblick zu melden hatte. Mit Hülfe <hi rendition="#g">der hohen Konferenz,</hi> hoffe ich, werden Sie Mittel finden, die Unterhandlungen mit Frankreich und England noch um <hi rendition="#g">einige Wochen</hi>, <hi rendition="#g">d. h. bis zum Eintreten des Winters</hi>, <hi rendition="#g">zu verlängern.</hi> Diese Jahreszeit scheint mir für die Ausführung meiner Plane die günstigste, und ich mache mich verbindlich, nicht nur diese Provinzen, <hi rendition="#g">sondern selbst ganz Italien</hi> vor dem nächsten Frühjahr noch zum legitimen Gehorsam zurückzuführen, dergestalt, daß die beiden vermittelnden Mächte nicht den geringsten Vorwand mehr haben, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen.</p>
          <p>Mailand, 13. Okt. 1848.</p>
          <p>Ich habe die Ehre etc. etc.</p>
          <p>Radetzki, Feldm.</p>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>19</author></bibl> Paris, 11. Nov.</head>
          <p>Sie erinnern sich des guten Rathes, den Raspail in dem &#x201E;Dankschreiben an seine Wähler&#x201C; den Pariser Demokraten gab: &#x201E;Sucht eure volksfreundlichen Vereine über die Oberfläche von ganz Frankreich zu verbreiten, nicht nur unter dem Namen der Clubs (oder Clöbs und Cloubs), sondern unter dem von propagandistischen Wahlvereinen, damit zur richtigen Zeit Alles zur Wahl bereit ist.&#x201C; Die Thätigkeit der demokratischen Clubs und Wahlvereine, sowie die Anstrengungen der Provinzial-Presse, die ganze demokratische Partei zu Einer bestimmten Wahl zu bewegen, beweisen, daß diese Worte nicht auf harten Boden gefallen sind. In Paris ist der Verein in der Rue Grenelle St. Honoré, von den ich Ihnen neulich schrieb, der bedeutendste; ein neuer in Wauxhalle (Faubourg St. Denis) hat sich bereits mit ihm in Rapport gesetzt, und Emissäre sind an alle größeren Clubs der Hauptdepartementalstädte ausgesandt. Nach der öffentlichen Aufforderung des parlamentarischen &#x201E;Berges&#x201C;, die Kandidatur Ledru-Rollin's zu unterstützen, ist es nunmehr wahrscheinlich, daß man sich zu dieser Wahl vereinigen wird. Ledru-Rollin selbst ist im Elsaß und Lothringen in den Vereinen aufgetreten, wo er durch seine schonungslose Sprache gegen die jetzige Bourgeoisherrschaft die Arbeiter allgemein für sich gewonnen haben soll. Die ganze, kleine Departementalpresse in Lyon, den Ardennen, im Jura und im Norddepartement macht seit 8 Tagen unausgesetzt Chorus für seine Wahl. Auf den Banketten wird sein Name fast jedesmal, und meist unter großem Erfolg, zu Demonstrationen benutzt, wie dies am letzten Sonntag sogar in Macon, der Lamartine'schen Leimruthe, der Fall war. In Paris sind indeß die Sozialisten und avancirten Demokraten noch keineswegs über ihn entschlossen. Zwei Clubs haben bereits eine Anfrage an Barbes in das Fort von Vincennes geschickt, der jedoch die Kandidatur abgelehnt hat; die Freunde von Naspail und Cabet wollen ebenfalls bis jetzt von Ledru-Rollin noch nichts wissen. Wie aber immer in letzter Zeit das Verhalten Ledru-Rollin's zu diesen Parteien gewesen sein mag: jedenfalls ist soviel gewiß, daß mit seiner Einsetzung auch der Frechheit der deutschen &#x201E;Reichs&#x201C; Reaktion auf energische Weise ein Ende gemacht würde.</p>
          <p>Vorgestern Abend besuchte ich wieder den Wahlverein in der Grenelle St. Honoré, wo der Mediziner Bonnard (nicht Banard, wie Ihrem Korektor beliebt) präsidirt. Der Deputirte Dain war anwesend und forderte im Namen des &#x201E;Berges&#x201C; zur Unterstützung der Wahl Ledru-Rollin's auf. Beifall und Geschrei: «Vive la Montagne!» Nach ihm erschien ein Redner auf der Tribüne, um Ledru-Rollin im Namen der sozialistischen Partei anzugreifen. Die Arbeiter hörten ihn mit tiefer Stille an. Als jedoch zwei andere Redner den Angegriffenen in einer Weise vertheidigten, welche der Versammlung eine Mißbilligung des revolutionären Sozialismus schien, erhob sich auf den Galerien ein drohendes, für Ledru-Rollin unglückverkündendes Murren. Der Präsident Bonnard ermahnte, die Freiheit der Berathung zu achten, und die einheitliche Wahl der demokratischen Partei nicht zu gefährden; er selbst sei Mitglied des demokratischen Comité's für das Seine-Departement und werde mit diesem stimmen, &#x201E;<hi rendition="#g">auch wenn</hi>&#x201C; der Beschluß auf Ledru-Rollin fiele. Der Deputirte Dain sprach darauf noch eine halbe Stunde lang für Ledru-Rollin, indem er sehr geschickt die reaktionäre Majorität des ehemaligen gouvernement provisoire als das wahre Hinderniß schilderte, weshalb Ledru-Rollin nicht gleich nach dem Februar in revolutionärer Weise in die sozialen Verhältnisse eingegriffen habe. Der Ruf: «Vive la Montagne! Vive la Republique democratique et sociale! ertönte zugleich mit Ledru-Rollin's Namen. Zum Schluß kritisirte Bonnard wiederum in beißender Ironie die Kandidatur des &#x201E;Prinzen&#x201C; Bonaparte.</p>
        </div>
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          <head>Paris, 12. Nov. Mittags.</head>
          <p>Das Verfassungsfest ist ruhig abgelaufen. Kein Attentat, keine Pistolenschüsse, keine Höllenmaschine &#x2014; kurz nichts von All' dem, ist vorgefallen, was uns die Morgenblätter prophezeit hatten.</p>
          <p>Hier ein Bericht in aller Kürze.</p>
          <p>Um 6 Uhr Morgens rief die Trommel die Pariser Bürgerwehr nebst Bannmeile zusammen. Es ist eiskalt; ein starkes Schneegestöber macht das Wetter unerträglich. Gegen 8 Uhr rückt ein großer Theil der südwestlichen Bannmeile längs dem Seine-Ufer ein und stellt sich auf den Quais in Ordnung. Um 8 1/2 Uhr wurde der ganze Concordia- (nicht mehr Revolutions-) Platz von Linientruppen und Pariser Bürgerwehr vermischt, besetzt. Die Zime merleute und Tapezirer, die zu den Vorbereitungen kaum 3 Tag-Zeit hatten, legen noch die letzte Hand an ihr Werk inmitten des Aufmarschirens. Riesige Fahnen werden auf venetianische Säulen gezogen, reiche Drapperien in und vor der Kapelle ausgebreitet, vor welcher Marrast die Verfassung verlesen und der Erzbischof darin die Messe nebst Tedeum singen soll. Die Fahnen waren nicht die alten vom Fahnenfeste her, nur auf vier kolossalen neuen Stoffen prangten die Worte: &#x201E;Verfassung von 1848.&#x201C; Jetzt füllten sich allmählig die beiden großen Schaubühnen, die rechts und links von der Kapelle längs der Gartenmauer der Tuilerien errichtet waren. Das fürchterliche Schneegestöber hatte selbst einige Damen nicht abgeschreckt, diese Bühne zu besteigen.</p>
          <p>Um 9 Uhr verkündete ein allgemeiner Trommelwirbel die Annäherung der Nationalversammlung mit Marrast und Cavaignac an der Spitze. Alle Truppen präsentiren das Gewehr. Die Deputirten sind aber kaum die Hälfte an Zahl, alle tragen die rothe Rose und Schärpe. Kaum berühren sie die Conkordienbrücke, so erblickt man rechts, von der Madeleine her, den Erzbischof von Paris mit der ganzen Klerisei in seinem Gefolge. Beide Züge nähern sich den Estradegerüsten mit der Kapelle. Das Wetter wird immer ungestümer. Der Erzbischof mit Mütze und Stab schreitet indeß rüstig voran.</p>
          <p>Marrast, der auf einer Art Plattform vor der Kapelle Platz genommen, beginnt hierauf, von den Quästoren umgeben, die Verfassung vorzulesen. Die Kälte machte seine Stimme zittern.</p>
          <p>Marrast trug die unzertrennlichen Glacehandschuhe, &#x2014; ebenso unerläßlich für ihn als für den Konstabler Louis Bonaparte aus London.</p>
          <p>Nachdem Marrast die Verlesung geendet, hört man durch den Wind einige schwache Stimmen rufen: Es lebe die Republik! welche der Moniteur natürlich in einem starken Beifallssturm ändern wird.</p>
          <p>Der Erzbischof begann das Te Deum zu singen. Starke Chöre und Orchester begleiteten ihn. Doch hörte man wegen der schützenden Leinewand keine zehn Schritte weit.</p>
          <p>Um 10 1/2 Uhr ist die religiöse Feier vorüber. Der Vorbeimarsch der Truppen beginnt, der beim Postschluß noch fortdauert.</p>
          <p>So eben 12 1/2 Uhr kehren die letzten Legionen in ihre Quartiere zurück.</p>
          <p>&#x2014; Das Cavaignac'sche Manifest hat im Allgemeinen einen sehr günstigen Eindruck auf die Börse gemacht.</p>
          <p>&#x2014; Noch gestern Abend versammelten sich etwa 150 Deputirte, die einstimmig Cavaignac als Kandidaten zur Präsidentur proklamirten.</p>
          <p>&#x2014; Aus Berlin schreibt man dem National unterm 9. Nov.: &#x201E;.... Sie sehen, daß die zu Wien triumphirende Reaktion nicht müssig bleibt. Widersteht die Vereinbarer-Versammlung, so werden 43,000 Mann und 75 Geschütze, die in zwei Stunden in Berlin einrücken können, dem königlichen Willen schon den gehörigen Nachdruck zu verschaffen suchen. Nun bleibt aber zu wissen ubrig, ob die Bevölkerung und die Freunde der Demokratie den Humor haben werden, das Programm des Potsdamer Hofes anzunehmen. Ich für meinen Theil zweifle daran, und der Zustand der Gemüther, soweit ich ihn beurtheilen kann, läßt mich neue und große Ereignisse voraussehen.&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; Der bekannte polnische, halbverrückte Prophet Andreas Towianski, der in der Juniwuth arretirt wurde, ist freigelassen und in das Innere gewiesen worden.</p>
          <p>&#x2014; Morgen, Montag, hat der Repräsentant du Peuple wegen einiger Artikel, die er im Juni publizirte, vor den Assisen zu erscheinen.</p>
          <p>&#x2014; Morgen wird der Kongreß der demokratischen Departementalpresse, dessen Programm wir jüngst mittheilten, seine letzte Sitzung halten.</p>
          <p>&#x2014; Die Regierung hat aus den La-Platastaaten Depeschen so ernster Natur erhalten, daß aus dem Marine-Ministerium der Befehl abgegangen ist, 2 Kriegsschiffe auszurüsten, welche starke Truppenabtheilungen aufnehmen und vor Montevideo führen werden.</p>
          <p>&#x2014; In der bekannten Flitt'schen Reitbahn hält seit einigen Tagen ein demokratischer Klub seine Sitzungen. Früher hielten dort Nationalgarden eine Art Klub. Gestern Abend wollten sie ihr altes Lokal mit Gewalt wieder einnehmen. Da gab's einigen Lärm, der mit dem Siege der Demokraten endigte.</p>
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        <head>[Großbritannien]</head>
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          <p>Zur Entschädigung für den Entwichenen machte sich da das Volk an den Palast des Bischofs und anderer Torys, indem man die Wohnung des erstern, nebst den Gefängnissen und dem Zollhause in Brand steckte. In Bath, Coventry und Worcester geschahen ähnliche Unruhen. Vor allen Städten zeichneten sich aber stets London, Birmingham und Manchester durch die energische Weise aus, in der die dortigen Associationen für die Reform Bill thätig waren. In Birmingham hielt man z. B. ein Meeting, bei dem ungefähr 150,000 Menschen zugegen waren, und votirte eine Adresse an den König, in der man ihn ersuchte, so viele neue, liberale Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der alten, hartnäckigen Partei Wellington im Oberhause nöthig seien.</p>
          <p>Das Parlament kam indeß nicht wieder vor dem 6. Dezember zusammen. An jenem Tage hielt aber der König eine sehr ernste Rede an die Lords und ersuchte sie, die Reformfrage rasch zu erledigen. Hierzu war durch <gap reason="illegible"/> Verwerfung des ersten Vorschlages eine neue Bill nöthig, welche Lord John Russell denn auch am 12. desselben Monats ins Haus der Commons brachte, indem er den ursprünglichen Antrag durch einige Zusätze noch günstiger für die Reformer stellte. &#x2014; Diese neue Bill ging nun abermals durch sämmtliche Städte der Unterhausdebatte. Alle früheren Gegner, namentlich aber Sir Robert Peel, zeichneten sich aufs Neue durch ihre Hartnäckigkeit aus. Ihre Opposition war indeß machtlos gegen einen Vorschlag, der so sehr von der öffentlichen Meinung gebilligt wurde und die große Maßregel passirte deswegen auch schon am 19. März 1832 die dritte Lesung mit einer Majorität von 116 Stimmen.</p>
          <p>Von Russell und Althorp zu den Lords gebracht, hatte die Bill jetzt auch hier ihre zweite Feuerprobe zu bestehen. Lord Harrowby und Lord Warncliffe, welche die Opposition bisher geleitet hatten, stimmten diesmal für die zweite Lesung und überließen es dem Herzoge von Wellington und dem Marquis von Londonderry, die hervorragendsten Gegner zu spielen. Die Freunde der Bill brachten noch einmal die ganze Geschichte der Reform-Agitation vor das Haus, indem sie zeigten, wie dieselbe seit der berühmten Yorkshire-Petition von 1782, mit einigen Unterbrechungen unaufhaltsam ihren Weg fortgegangen sei, &#x2014; wie die Liederlichkeit in der Finanzverwaltung zur Zeit des Krieges dem Lande eine Schuld von nicht viel weniger als 1000 Mill. Pfd. aufgebürdet habe und wie es durch die schlechte Vertretung der verschiedenen Klassen im Parlamente unmöglich geworden sei, das Erheben der Taxen und die zu machenden Anleihen durch diejenigen zu kontrolliren, welche die Schuld doch zu guter Letzt tragen, wie es falsch und widersinnig sei, heruntergekommenen Orten wie Grampound, Penryn, East Retford und Sarum noch immer das Wahrecht für ein oder gar zwei Parlamentsmitglieder zu lassen, während Orte wie Birmingham, Leeds und Manchester mit einer durch die Entwicklung der Industrie reich und mächtig gewordenen Bevölkerung, keinen Vertreter wählen dürften und zu welchen Maßregeln es endlich führen könne, wenn ungefähr 200 Pairs noch länger einer Bill zu wiederstehen wagten, welche das Volk und die Majorität des Unterhauses für sich habe.</p>
          <p>Zur Abstimmung schreitend, fand man hierauf für die Minister nur eine absolute Majorität von 9 Stimmen. Die Bill wurde da zum zweiten Male gelesen, um nach den Ostertagen ins Comite zu gehen. Das Parlament blieb ajournirt bis zum 7. Mai.</p>
          <p>Diesen Zwischenraum benutzten die Reformer zu einigen Meetings, die an Großartigkeit alles Bisherige übertrafen. Die Birminghamer veranlaßten eins der gewaltigsten, indem sie alle Gesellschaften der nächsten Grafschaften dazu einluden. Die Zahl der von der Norddivision anwesenden Leute wird allein auf 100,000 geschätzt; sie erstreckten sich über 4 Meilen und hatten 150 Banner und 11 Musikchöre. Ueber 200 Chöre waren gegenwärtig und etwa 700 Banner wehten über der ganzen versammelten Menge. Gegen Mittag wurde der Beginn der Versammlung durch den Lärm der Trompeten verkündigt und viele energische Redner erhoben sich dann, um eine Adresse an das Haus der Lords vorzuschlagen, in der man zum letzten Male vor fernerem Widerstande warnte und mit den revolutionärsten Maßregeln, mit der Ernennung einer Menge neuer Pairs, vor Allem aber mit der <hi rendition="#g">Verweigerung der Steuern</hi> drohte. Aehnliche Meetings hielt man in Liverpool, Manchester, Sheffield, Edinburgh, Glasgow, so wie im ganzen Süden Englands.</p>
          <p>So war die Lage des Landes, als sich das Parlament am 2. Mai wieder versammelte und das Oberhaus wegen der Reform-Bill ins Comite ging. Nach einigen Debatten zeigte es sich, daß die Majorität der Lords der Bill zu widerstehen wagte. Earl Gry und der Lord-Kanzler eilten nach Windsor und baten um die Ernennung einer Anzahl neuer Pairs, oder im Falle der Verweigerung um ihre Entlassung. Der König nahm ihre Demission an!</p>
          <p>Diese Nachricht erreichte Birmingham am 10. Mai, Morgens. Man hatte jetzt die Wahl zwischen dem Ergreifen der Waffen oder der Steuerverweigerung; man entschloß sich zu dem letztern und schon um Mittag sah man an allen Fenstern gedruckte Plakate mit den Worten: <hi rendition="#b">&#x201E;Hier werden keine Taxen mehr bezahlt, ehe die Reform-Bill passirt ist.&#x201C;</hi> Manchester folgte dem Beispiel der Schwesterstadt. <hi rendition="#b">&#x201E;Lieber Tod als Steuern!&#x201C;</hi> las man an allen Straßenecken. Leeds blieb nicht zurück: <hi rendition="#b">&#x201E;Die Steuern sind abgeschafft!&#x201C;</hi> klang es aus jedem Munde und so klang es weiter durch ganz England und Schottland.</p>
          <p>Die Einstimmigkeit, mit der dieser Beschluß gefaßt und ausgeführt wurde, brachte Schrecken in die ganze Verwaltung. Der König, anfangs der Reform zugethan, später aber durch die Lords aufs Neue zum Schwanken gebracht, stellte sich jetzt abermals auf die Seite des Volkes, indem er das Ministerium Grey-Russel ins Amt zurückrief und sich bereit erklärte, so viele neue Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der Partei Wellington-Londonderry im Hause der Lords nöthig seien.</p>
          <p>Dies wirkte. Die Aristokratie kroch zu Kreuze. Als die Debatte im Oberhause wieder losging, erhoben sich ungefähr hundert Pairs, mit dem Herzog von Wellington an der Spitze, von ihren Bänken und die Bill passirte mit 106 gegen 22 Stimmen. Am 7. Aug. 1832 wurde sie Gesetz des Landes.</p>
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          <head>Für den demokratischen Central-Ausschuß in Berlin sind bei der Expedition dieser Zeitung eingegangen:</head>
          <p>Von A. St. 1 Thlr. &#x2014; A. H. 5 Thlr. &#x2014; A. N. 15 Sgr. &#x2014; R. D. 1 Thlr &#x2014; J. B. (&#x201E;Fluch und Verderben den blutdürstigen Tyrannen!&#x201C;) 5 Thlr. &#x2014; C&#x2014;r (dito) 15 Sgr. &#x2014; Sch. (dito) 15 Sgr. &#x2014; R&#x2014;th (dito) 1 Thlr. &#x2014; T (dito) 1 Thlr. &#x2014; R. N. (dito) 15 Sgr. &#x2014; R&#x2014;d. (dito) 20 Sgr. &#x2014; K. U. 1 Thlr. &#x2014; von einem Belgier 5 Sgr. &#x2014; S&#x2014;r. 5 Sgr. H. K. (&#x201E;Tod den Henkersknechten der Tyrannen!!!&#x201C;) 1 Thlr. &#x2014; M. (dito) 10 Sgr. &#x2014; C. (für einen Galgenstrick!) 1 Thlr. &#x2014; H. (dito) 1 Thlr. &#x2014; C&#x2014;th. 1 Thlr.</p>
          <p>Zusammen 24 Thlr. 10 Sgr.</p>
          <p>Ferner um 12 Uhr:</p>
          <p>Von den Setzern der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; 2 Thlr. mit dem Motto: &#x201E;Die Throne gehn in Flammen auf, die Fürsten fliehn zum Meere!&#x201C; &#x2014; F. 1 Thlr. &#x2014; P. 1 Thlr. &#x2014; S. 15 Sgr. &#x2014; Sch. 15 Sgr. &#x2014; B. 15 Sgr. &#x2014; M. 1 Thlr. &#x2014; J. W. 15 Sgr. &#x2014; H. 20 Sgr. &#x2014; S. 1 Thlr. &#x2014; Ungenannter 20 Sgr. &#x2014; G. 10 Sgr. &#x2014; N. 1 Thlr., zusammen 8 Thlr. 20 Sgr. Im Ganzen 33 Thlr.</p>
          <p>Von der Expedition gestempelte Listen liegen zur Unterzeichnung offen bei:</p>
          <p rendition="#et">A. Steintraßer, Perlenpfuhl;<lb/>
Halin, Börse;<lb/>
Hamspohn, Freischütz, Hochstraße;<lb/>
Eiser, beim Eingange während der Volksversammlungen;<lb/>
J. Obladen, Streitzeuggasse;<lb/>
Resource, Gesellschaft, Sandkaul.</p>
          <p> <hi rendition="#b">Wir fordern die Kölner Bürger hierdurch auf's dringendste auf, den Centralausschuss in Berlin durch Geldmittel sofort zu unterstützen, da ohne Geld es durchaus nicht möglich ist, auf kräftige Weise Parteizwecke zu verfolgen.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#b">Wir nehmen Beiträge gerne entgegen.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#b">Köln, den 14. November 1848.</hi> </p>
          <p> <hi rendition="#b">Die Expedition der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung.&#x201C;</hi> </p>
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[0743/0003] * Die „Alba“ theilt einen konfidentiellen Brief Radetzki's an den Erzherzog Ludwig mit. Derselbe wurde, nebst andern Depeschen, bei Roveredo von den Insurgenten aufgefangen, und enthüllt (während er zugleich die gefährliche Lage des Generals offen zugiebt) die Absichten Oestreichs mit zu charakteristischer Schamlosigkeit, als daß wir uns die Genugthuung versagen möchten, ihn seiner ganzen Länge nach mitzutheilen: k. k. Hoheit! Bis zu diesem Augenblick kann ich Ihnen dafür stehen, daß auch nicht das Geringste vorliegt, was uns wegen unserer Herrschaft in diesen Provinzen beunruhigen könnte. Dennoch bestanden und bestehen immer noch mehr oder minder schwierige Verhältnisse, durch die wir erst hindurch müssen Trotz aller angewandten Vorsicht habe ich nicht verhindern können, daß die ungarischen Truppen in den Besitz einiger Nachrichten aus ihrer Heimath gekommen sind, und obgleich ich sie zu überreden suchte, daß in Folge des Sieges Ihres F. M. L. Jellachich die Ruhe in Ungarn vollkommen wiederhergestellt sei, so nimmt der Haß und das Mißtrauen zwischen Kroaten und Ungarn nichtsdestoweniger von Tag zu Tage zu. Ich habe diese Truppen trennen müssen. Ueberdies ist die Insubordination der Ungarn bis zu dem Punkte gestiegen, daß viele von ihnen desertiren und öffentlich eine Sympathie für die italienische Sache darlegen, die den Interessen Ihrer Majestät im höchsten Grade verderblich werden könnte. Ich habe ihrer also ein Stücker zwanzig fusiliren lassen und außerdem eine ziemliche Anzahl bei Wasser und Brod ins Gefängniß geworfen. Ich muß indeß gestehen, daß diese Klugheitsmaßregeln nicht die gute Wirkung ausgeübt haben, welche ich von ihnen erwartete, und daß die Ungarn eine Verachtung meiner Autorität zu zeigen anfangen, welche mir fatal zu werden droht. In der Hoffnung, diesen Geist der Insubordination zu zähmen und die besonders im Angesicht des Feindes, so überaus nothwendige Disciplin wiederherzustellen, habe ich einen Tagsbefehl erlassen, wovon ich die Abschrift beilege. Ich gestehe offen, daß, wenn ich in einem ganz andern Lande und in der Mitte einer ganz andern Bevölkerung mich befände, ich in einer tödtlichen Unruhe sein würde. Aber diese Leute, anstatt alle möglichen Mittel aufzusuchen, um diejenigen, welche sie ihre Verfolger nennen und um jeden Preis einzuschüchtern verlangen, fortzujagen, denken nur daran, über ihre künftige Regierungsform zu discutiren, ohne zu erwägen, daß sie keine Regierung schaffen können, so lange Ihre k. k. Hoheit ihren legitimen Einfluß auf die Angelegenheiten der Halbinsel aufrecht erhalten wird. Ich habe natürlich Alles aufbieten müssen, um diese Discussionen neu in Gang zu bringen, und habe zu diesem Zweck reichlich alle mir zu Gebote stehenden Summen ausgetheilt. Ich habe außerdem zum Voraus bedeutende Steuern erhoben, mit deren Hülfe ich meine Armee unterhalte und die Zwietracht allenthalben, wohin meine Emissäre dringen können, aussäe: denn es ist nur gerecht, daß die Italiener die Kosten der Uneinigkeiten, in welchen es ihnen zu leben gefällt selbst tragen. Auf diese Weise, während sie jene ihnen so theure Schwatzhaftigkeit in den Tag hinein benutzen, fürchte ich nicht, daß sie die Waffen gegen mich ergreifen werden. Auf diese Weise hoffe ich auch, daß der Enthusiamus, welcher vor einem Jahre der Familie Ihrer k. k. Hoheit so verderblich zu werden drohte, in kürzester Frist vollkommen erstickt sein wird. Noch mehr: um eine weitere Ursache zur Entzweiung zwischen sie zu werfen, habe ich ihnen die Idee soufliren lassen, eine Centralgewalt zu etabliren, ähnlich derjenigen, von welcher sich Deutschland gegenwärtig heimgesucht sieht, welcher die hohe Konfrenz jedoch in ihrer Weisheit einen Zaum angelegt hat, indem sie einen Prinzen des kaiserlichen Hauses an ihre Spitze stellte. Unterdessen wächst inmitten aller dieser Diskussionen mehr und mehr ein unversöhnlicher Haß. Neapels sind wir sicher; Toskana beunruhigt mich nicht; also bleibt nur noch Venedig, und auch Venedig wird endlich nothgedrungen unsrer Macht weichen müssen. Genna scheint sich mit Turin überworfen zu haben, und Karl Albert hat nur noch Scheinkräfte. Dies das Wichtigste, was ich Ihrer k. k. Hoheit für den Augenblick zu melden hatte. Mit Hülfe der hohen Konferenz, hoffe ich, werden Sie Mittel finden, die Unterhandlungen mit Frankreich und England noch um einige Wochen, d. h. bis zum Eintreten des Winters, zu verlängern. Diese Jahreszeit scheint mir für die Ausführung meiner Plane die günstigste, und ich mache mich verbindlich, nicht nur diese Provinzen, sondern selbst ganz Italien vor dem nächsten Frühjahr noch zum legitimen Gehorsam zurückzuführen, dergestalt, daß die beiden vermittelnden Mächte nicht den geringsten Vorwand mehr haben, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen. Mailand, 13. Okt. 1848. Ich habe die Ehre etc. etc. Radetzki, Feldm. Französische Republik. 19 Paris, 11. Nov. Sie erinnern sich des guten Rathes, den Raspail in dem „Dankschreiben an seine Wähler“ den Pariser Demokraten gab: „Sucht eure volksfreundlichen Vereine über die Oberfläche von ganz Frankreich zu verbreiten, nicht nur unter dem Namen der Clubs (oder Clöbs und Cloubs), sondern unter dem von propagandistischen Wahlvereinen, damit zur richtigen Zeit Alles zur Wahl bereit ist.“ Die Thätigkeit der demokratischen Clubs und Wahlvereine, sowie die Anstrengungen der Provinzial-Presse, die ganze demokratische Partei zu Einer bestimmten Wahl zu bewegen, beweisen, daß diese Worte nicht auf harten Boden gefallen sind. In Paris ist der Verein in der Rue Grenelle St. Honoré, von den ich Ihnen neulich schrieb, der bedeutendste; ein neuer in Wauxhalle (Faubourg St. Denis) hat sich bereits mit ihm in Rapport gesetzt, und Emissäre sind an alle größeren Clubs der Hauptdepartementalstädte ausgesandt. Nach der öffentlichen Aufforderung des parlamentarischen „Berges“, die Kandidatur Ledru-Rollin's zu unterstützen, ist es nunmehr wahrscheinlich, daß man sich zu dieser Wahl vereinigen wird. Ledru-Rollin selbst ist im Elsaß und Lothringen in den Vereinen aufgetreten, wo er durch seine schonungslose Sprache gegen die jetzige Bourgeoisherrschaft die Arbeiter allgemein für sich gewonnen haben soll. Die ganze, kleine Departementalpresse in Lyon, den Ardennen, im Jura und im Norddepartement macht seit 8 Tagen unausgesetzt Chorus für seine Wahl. Auf den Banketten wird sein Name fast jedesmal, und meist unter großem Erfolg, zu Demonstrationen benutzt, wie dies am letzten Sonntag sogar in Macon, der Lamartine'schen Leimruthe, der Fall war. In Paris sind indeß die Sozialisten und avancirten Demokraten noch keineswegs über ihn entschlossen. Zwei Clubs haben bereits eine Anfrage an Barbes in das Fort von Vincennes geschickt, der jedoch die Kandidatur abgelehnt hat; die Freunde von Naspail und Cabet wollen ebenfalls bis jetzt von Ledru-Rollin noch nichts wissen. Wie aber immer in letzter Zeit das Verhalten Ledru-Rollin's zu diesen Parteien gewesen sein mag: jedenfalls ist soviel gewiß, daß mit seiner Einsetzung auch der Frechheit der deutschen „Reichs“ Reaktion auf energische Weise ein Ende gemacht würde. Vorgestern Abend besuchte ich wieder den Wahlverein in der Grenelle St. Honoré, wo der Mediziner Bonnard (nicht Banard, wie Ihrem Korektor beliebt) präsidirt. Der Deputirte Dain war anwesend und forderte im Namen des „Berges“ zur Unterstützung der Wahl Ledru-Rollin's auf. Beifall und Geschrei: «Vive la Montagne!» Nach ihm erschien ein Redner auf der Tribüne, um Ledru-Rollin im Namen der sozialistischen Partei anzugreifen. Die Arbeiter hörten ihn mit tiefer Stille an. Als jedoch zwei andere Redner den Angegriffenen in einer Weise vertheidigten, welche der Versammlung eine Mißbilligung des revolutionären Sozialismus schien, erhob sich auf den Galerien ein drohendes, für Ledru-Rollin unglückverkündendes Murren. Der Präsident Bonnard ermahnte, die Freiheit der Berathung zu achten, und die einheitliche Wahl der demokratischen Partei nicht zu gefährden; er selbst sei Mitglied des demokratischen Comité's für das Seine-Departement und werde mit diesem stimmen, „auch wenn“ der Beschluß auf Ledru-Rollin fiele. Der Deputirte Dain sprach darauf noch eine halbe Stunde lang für Ledru-Rollin, indem er sehr geschickt die reaktionäre Majorität des ehemaligen gouvernement provisoire als das wahre Hinderniß schilderte, weshalb Ledru-Rollin nicht gleich nach dem Februar in revolutionärer Weise in die sozialen Verhältnisse eingegriffen habe. Der Ruf: «Vive la Montagne! Vive la Republique democratique et sociale! ertönte zugleich mit Ledru-Rollin's Namen. Zum Schluß kritisirte Bonnard wiederum in beißender Ironie die Kandidatur des „Prinzen“ Bonaparte. Paris, 12. Nov. Mittags. Das Verfassungsfest ist ruhig abgelaufen. Kein Attentat, keine Pistolenschüsse, keine Höllenmaschine — kurz nichts von All' dem, ist vorgefallen, was uns die Morgenblätter prophezeit hatten. Hier ein Bericht in aller Kürze. Um 6 Uhr Morgens rief die Trommel die Pariser Bürgerwehr nebst Bannmeile zusammen. Es ist eiskalt; ein starkes Schneegestöber macht das Wetter unerträglich. Gegen 8 Uhr rückt ein großer Theil der südwestlichen Bannmeile längs dem Seine-Ufer ein und stellt sich auf den Quais in Ordnung. Um 8 1/2 Uhr wurde der ganze Concordia- (nicht mehr Revolutions-) Platz von Linientruppen und Pariser Bürgerwehr vermischt, besetzt. Die Zime merleute und Tapezirer, die zu den Vorbereitungen kaum 3 Tag-Zeit hatten, legen noch die letzte Hand an ihr Werk inmitten des Aufmarschirens. Riesige Fahnen werden auf venetianische Säulen gezogen, reiche Drapperien in und vor der Kapelle ausgebreitet, vor welcher Marrast die Verfassung verlesen und der Erzbischof darin die Messe nebst Tedeum singen soll. Die Fahnen waren nicht die alten vom Fahnenfeste her, nur auf vier kolossalen neuen Stoffen prangten die Worte: „Verfassung von 1848.“ Jetzt füllten sich allmählig die beiden großen Schaubühnen, die rechts und links von der Kapelle längs der Gartenmauer der Tuilerien errichtet waren. Das fürchterliche Schneegestöber hatte selbst einige Damen nicht abgeschreckt, diese Bühne zu besteigen. Um 9 Uhr verkündete ein allgemeiner Trommelwirbel die Annäherung der Nationalversammlung mit Marrast und Cavaignac an der Spitze. Alle Truppen präsentiren das Gewehr. Die Deputirten sind aber kaum die Hälfte an Zahl, alle tragen die rothe Rose und Schärpe. Kaum berühren sie die Conkordienbrücke, so erblickt man rechts, von der Madeleine her, den Erzbischof von Paris mit der ganzen Klerisei in seinem Gefolge. Beide Züge nähern sich den Estradegerüsten mit der Kapelle. Das Wetter wird immer ungestümer. Der Erzbischof mit Mütze und Stab schreitet indeß rüstig voran. Marrast, der auf einer Art Plattform vor der Kapelle Platz genommen, beginnt hierauf, von den Quästoren umgeben, die Verfassung vorzulesen. Die Kälte machte seine Stimme zittern. Marrast trug die unzertrennlichen Glacehandschuhe, — ebenso unerläßlich für ihn als für den Konstabler Louis Bonaparte aus London. Nachdem Marrast die Verlesung geendet, hört man durch den Wind einige schwache Stimmen rufen: Es lebe die Republik! welche der Moniteur natürlich in einem starken Beifallssturm ändern wird. Der Erzbischof begann das Te Deum zu singen. Starke Chöre und Orchester begleiteten ihn. Doch hörte man wegen der schützenden Leinewand keine zehn Schritte weit. Um 10 1/2 Uhr ist die religiöse Feier vorüber. Der Vorbeimarsch der Truppen beginnt, der beim Postschluß noch fortdauert. So eben 12 1/2 Uhr kehren die letzten Legionen in ihre Quartiere zurück. — Das Cavaignac'sche Manifest hat im Allgemeinen einen sehr günstigen Eindruck auf die Börse gemacht. — Noch gestern Abend versammelten sich etwa 150 Deputirte, die einstimmig Cavaignac als Kandidaten zur Präsidentur proklamirten. — Aus Berlin schreibt man dem National unterm 9. Nov.: „.... Sie sehen, daß die zu Wien triumphirende Reaktion nicht müssig bleibt. Widersteht die Vereinbarer-Versammlung, so werden 43,000 Mann und 75 Geschütze, die in zwei Stunden in Berlin einrücken können, dem königlichen Willen schon den gehörigen Nachdruck zu verschaffen suchen. Nun bleibt aber zu wissen ubrig, ob die Bevölkerung und die Freunde der Demokratie den Humor haben werden, das Programm des Potsdamer Hofes anzunehmen. Ich für meinen Theil zweifle daran, und der Zustand der Gemüther, soweit ich ihn beurtheilen kann, läßt mich neue und große Ereignisse voraussehen.“ — Der bekannte polnische, halbverrückte Prophet Andreas Towianski, der in der Juniwuth arretirt wurde, ist freigelassen und in das Innere gewiesen worden. — Morgen, Montag, hat der Repräsentant du Peuple wegen einiger Artikel, die er im Juni publizirte, vor den Assisen zu erscheinen. — Morgen wird der Kongreß der demokratischen Departementalpresse, dessen Programm wir jüngst mittheilten, seine letzte Sitzung halten. — Die Regierung hat aus den La-Platastaaten Depeschen so ernster Natur erhalten, daß aus dem Marine-Ministerium der Befehl abgegangen ist, 2 Kriegsschiffe auszurüsten, welche starke Truppenabtheilungen aufnehmen und vor Montevideo führen werden. — In der bekannten Flitt'schen Reitbahn hält seit einigen Tagen ein demokratischer Klub seine Sitzungen. Früher hielten dort Nationalgarden eine Art Klub. Gestern Abend wollten sie ihr altes Lokal mit Gewalt wieder einnehmen. Da gab's einigen Lärm, der mit dem Siege der Demokraten endigte. [Großbritannien] Die Steuerverweigerung in England bei Gelegenheit der Reform-Bill im Jahre 1832. (Schluß.) Zur Entschädigung für den Entwichenen machte sich da das Volk an den Palast des Bischofs und anderer Torys, indem man die Wohnung des erstern, nebst den Gefängnissen und dem Zollhause in Brand steckte. In Bath, Coventry und Worcester geschahen ähnliche Unruhen. Vor allen Städten zeichneten sich aber stets London, Birmingham und Manchester durch die energische Weise aus, in der die dortigen Associationen für die Reform Bill thätig waren. In Birmingham hielt man z. B. ein Meeting, bei dem ungefähr 150,000 Menschen zugegen waren, und votirte eine Adresse an den König, in der man ihn ersuchte, so viele neue, liberale Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der alten, hartnäckigen Partei Wellington im Oberhause nöthig seien. Das Parlament kam indeß nicht wieder vor dem 6. Dezember zusammen. An jenem Tage hielt aber der König eine sehr ernste Rede an die Lords und ersuchte sie, die Reformfrage rasch zu erledigen. Hierzu war durch _ Verwerfung des ersten Vorschlages eine neue Bill nöthig, welche Lord John Russell denn auch am 12. desselben Monats ins Haus der Commons brachte, indem er den ursprünglichen Antrag durch einige Zusätze noch günstiger für die Reformer stellte. — Diese neue Bill ging nun abermals durch sämmtliche Städte der Unterhausdebatte. Alle früheren Gegner, namentlich aber Sir Robert Peel, zeichneten sich aufs Neue durch ihre Hartnäckigkeit aus. Ihre Opposition war indeß machtlos gegen einen Vorschlag, der so sehr von der öffentlichen Meinung gebilligt wurde und die große Maßregel passirte deswegen auch schon am 19. März 1832 die dritte Lesung mit einer Majorität von 116 Stimmen. Von Russell und Althorp zu den Lords gebracht, hatte die Bill jetzt auch hier ihre zweite Feuerprobe zu bestehen. Lord Harrowby und Lord Warncliffe, welche die Opposition bisher geleitet hatten, stimmten diesmal für die zweite Lesung und überließen es dem Herzoge von Wellington und dem Marquis von Londonderry, die hervorragendsten Gegner zu spielen. Die Freunde der Bill brachten noch einmal die ganze Geschichte der Reform-Agitation vor das Haus, indem sie zeigten, wie dieselbe seit der berühmten Yorkshire-Petition von 1782, mit einigen Unterbrechungen unaufhaltsam ihren Weg fortgegangen sei, — wie die Liederlichkeit in der Finanzverwaltung zur Zeit des Krieges dem Lande eine Schuld von nicht viel weniger als 1000 Mill. Pfd. aufgebürdet habe und wie es durch die schlechte Vertretung der verschiedenen Klassen im Parlamente unmöglich geworden sei, das Erheben der Taxen und die zu machenden Anleihen durch diejenigen zu kontrolliren, welche die Schuld doch zu guter Letzt tragen, wie es falsch und widersinnig sei, heruntergekommenen Orten wie Grampound, Penryn, East Retford und Sarum noch immer das Wahrecht für ein oder gar zwei Parlamentsmitglieder zu lassen, während Orte wie Birmingham, Leeds und Manchester mit einer durch die Entwicklung der Industrie reich und mächtig gewordenen Bevölkerung, keinen Vertreter wählen dürften und zu welchen Maßregeln es endlich führen könne, wenn ungefähr 200 Pairs noch länger einer Bill zu wiederstehen wagten, welche das Volk und die Majorität des Unterhauses für sich habe. Zur Abstimmung schreitend, fand man hierauf für die Minister nur eine absolute Majorität von 9 Stimmen. Die Bill wurde da zum zweiten Male gelesen, um nach den Ostertagen ins Comite zu gehen. Das Parlament blieb ajournirt bis zum 7. Mai. Diesen Zwischenraum benutzten die Reformer zu einigen Meetings, die an Großartigkeit alles Bisherige übertrafen. Die Birminghamer veranlaßten eins der gewaltigsten, indem sie alle Gesellschaften der nächsten Grafschaften dazu einluden. Die Zahl der von der Norddivision anwesenden Leute wird allein auf 100,000 geschätzt; sie erstreckten sich über 4 Meilen und hatten 150 Banner und 11 Musikchöre. Ueber 200 Chöre waren gegenwärtig und etwa 700 Banner wehten über der ganzen versammelten Menge. Gegen Mittag wurde der Beginn der Versammlung durch den Lärm der Trompeten verkündigt und viele energische Redner erhoben sich dann, um eine Adresse an das Haus der Lords vorzuschlagen, in der man zum letzten Male vor fernerem Widerstande warnte und mit den revolutionärsten Maßregeln, mit der Ernennung einer Menge neuer Pairs, vor Allem aber mit der Verweigerung der Steuern drohte. Aehnliche Meetings hielt man in Liverpool, Manchester, Sheffield, Edinburgh, Glasgow, so wie im ganzen Süden Englands. So war die Lage des Landes, als sich das Parlament am 2. Mai wieder versammelte und das Oberhaus wegen der Reform-Bill ins Comite ging. Nach einigen Debatten zeigte es sich, daß die Majorität der Lords der Bill zu widerstehen wagte. Earl Gry und der Lord-Kanzler eilten nach Windsor und baten um die Ernennung einer Anzahl neuer Pairs, oder im Falle der Verweigerung um ihre Entlassung. Der König nahm ihre Demission an! Diese Nachricht erreichte Birmingham am 10. Mai, Morgens. Man hatte jetzt die Wahl zwischen dem Ergreifen der Waffen oder der Steuerverweigerung; man entschloß sich zu dem letztern und schon um Mittag sah man an allen Fenstern gedruckte Plakate mit den Worten: „Hier werden keine Taxen mehr bezahlt, ehe die Reform-Bill passirt ist.“ Manchester folgte dem Beispiel der Schwesterstadt. „Lieber Tod als Steuern!“ las man an allen Straßenecken. Leeds blieb nicht zurück: „Die Steuern sind abgeschafft!“ klang es aus jedem Munde und so klang es weiter durch ganz England und Schottland. Die Einstimmigkeit, mit der dieser Beschluß gefaßt und ausgeführt wurde, brachte Schrecken in die ganze Verwaltung. Der König, anfangs der Reform zugethan, später aber durch die Lords aufs Neue zum Schwanken gebracht, stellte sich jetzt abermals auf die Seite des Volkes, indem er das Ministerium Grey-Russel ins Amt zurückrief und sich bereit erklärte, so viele neue Pairs zu ernennen, als zur Ueberstimmung der Partei Wellington-Londonderry im Hause der Lords nöthig seien. Dies wirkte. Die Aristokratie kroch zu Kreuze. Als die Debatte im Oberhause wieder losging, erhoben sich ungefähr hundert Pairs, mit dem Herzog von Wellington an der Spitze, von ihren Bänken und die Bill passirte mit 106 gegen 22 Stimmen. Am 7. Aug. 1832 wurde sie Gesetz des Landes. Für den demokratischen Central-Ausschuß in Berlin sind bei der Expedition dieser Zeitung eingegangen: Von A. St. 1 Thlr. — A. H. 5 Thlr. — A. N. 15 Sgr. — R. D. 1 Thlr — J. B. („Fluch und Verderben den blutdürstigen Tyrannen!“) 5 Thlr. — C—r (dito) 15 Sgr. — Sch. (dito) 15 Sgr. — R—th (dito) 1 Thlr. — T (dito) 1 Thlr. — R. N. (dito) 15 Sgr. — R—d. (dito) 20 Sgr. — K. U. 1 Thlr. — von einem Belgier 5 Sgr. — S—r. 5 Sgr. H. K. („Tod den Henkersknechten der Tyrannen!!!“) 1 Thlr. — M. (dito) 10 Sgr. — C. (für einen Galgenstrick!) 1 Thlr. — H. (dito) 1 Thlr. — C—th. 1 Thlr. Zusammen 24 Thlr. 10 Sgr. Ferner um 12 Uhr: Von den Setzern der „Neuen Rheinischen Zeitung“ 2 Thlr. mit dem Motto: „Die Throne gehn in Flammen auf, die Fürsten fliehn zum Meere!“ — F. 1 Thlr. — P. 1 Thlr. — S. 15 Sgr. — Sch. 15 Sgr. — B. 15 Sgr. — M. 1 Thlr. — J. W. 15 Sgr. — H. 20 Sgr. — S. 1 Thlr. — Ungenannter 20 Sgr. — G. 10 Sgr. — N. 1 Thlr., zusammen 8 Thlr. 20 Sgr. Im Ganzen 33 Thlr. Von der Expedition gestempelte Listen liegen zur Unterzeichnung offen bei: A. Steintraßer, Perlenpfuhl; Halin, Börse; Hamspohn, Freischütz, Hochstraße; Eiser, beim Eingange während der Volksversammlungen; J. Obladen, Streitzeuggasse; Resource, Gesellschaft, Sandkaul. Wir fordern die Kölner Bürger hierdurch auf's dringendste auf, den Centralausschuss in Berlin durch Geldmittel sofort zu unterstützen, da ohne Geld es durchaus nicht möglich ist, auf kräftige Weise Parteizwecke zu verfolgen. Wir nehmen Beiträge gerne entgegen. Köln, den 14. November 1848. Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 143. Köln, 15. November 1848, S. 0743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz143_1848/3>, abgerufen am 21.11.2024.