Neue Rheinische Zeitung. Nr. 146. Köln, 18. November 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 146. Köln, Samstag den 18. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der "Neuen Rheinischen Zeitung" zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf. Köln, 16. November 1848. Die Expedition der "N. Rh. Ztg." Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die "Kölnische Deputation" zu Berlin. -- K. Schapper.) Mülheim. (Adresse an die National-Versammlung.) Malmedy (dito.) Xanten. (dito.) Bensberg. (dito.) Mayen. (dito) Wesel. (dito.) Neuß. (dito.) Paderborn. (dito.) Münster. (An das Volk Westphalens.) Düsseldorf. (Die Gesellschaft "Verein") Cleve. (Stimmung. -- Das "Wochenblatt.") Berlin. (Vermischtes. -- National-Versammlung -- Nachrichten. -- Die Stadtverordneten. -- Wrangel. -- Dr. Große. -- Bürger und Soldaten. -- Buhl, May, Stein. -- Erklärung des 5 und 14 Bürgerwehrbataillons.) Karlsruhe. (Die "Karlsruher Zeitung" und die "Berliner Vorfälle.") Italien. (Die Turiner Kammer. -- Pellegrini zu Genua verhaftet. -- Neuestes aus Rom, Padua und Neapel.) Französische Republik Paris. (Das Constitutionsfest. -- Vermischtes. -- National-Versammlung. -- Cavaignac.) Deutschland. * Köln, 17. Novbr. Die beiden Gemeinderäthe, Klein und Classen, welche im Auftrage der Verwaltung (Köln hat gegenwärtig keine Vertretung in Berlin) und auf den Wunsch mehrerer Mitglieder des Gemeinderathes am Sonntag Abend nach Berlin reisten, um den im Gemeinderath gefaßten Beschluß dem Präsidenten der Nationalversammlung zu überbringen, sind zurückgekehrt und theilen uns Folgendes mit: Am Dienstag Morgen 9 Uhr hatten wir Audienz bei dem Präsidenten der Vereinbarungs-Versammlung, Herrn v. Unruh, welchen wir von einem Kreise von Deputirten aus allen Fraktionen der Kammer umgeben fanden. Nachdem wir uns unseres Auftrages durch Ueberreichung der Adresse des Gemeinderathes, sowie einer Adresse der Volksversammlung im Eiser'schen Saale mit 7000 Unterschriften entledigt hatten, sprach der Präsident ungefähr Folgendes: Rede des Herrn von Unruh an die Kölnische Deputation: "Es freut mich, daß auch die Stadt Köln unserem Beschlusse beistimmt; aus vielen Städten, Stettin, Magdeburg, Brandenburg, Breslau, Halberstadt etc., sind uns bereits die Zustimmungserklärungen zugekommen, und da durfte ich nicht zweifeln, daß Köln, und überhaupt die Rheinprovinz, welche durch ihre freieren Institutionen schon früher einen Vorsprung in politischer Bildung vor den übrigen Provinzen erlangt hatte, das Verhalten der Nationalversammlung billigen würde; wir sind den Weg gegangen, den uns Pflicht und Gewissen zur Wahrung der uns anvertrauten Volksrechte angewiesen, und das wird das Volk anerkennen. Sagen Sie Ihren Mitbürgern, Sie möchten es nicht als Parteisache betrachten; alle Parteien müßten verschmolzen sein, es sei Sache aller Parteien, Sache des ganzen Volkes, dessen Rechte und Freiheiten ernstlich bedroht seien. * Köln, 17. November. Karl Schapper wurde vorgestern aus der Untersuchungshaft entlassen. Er begab sich sofort in die Volksversammlung im Eiser'schen Saale, wo seine Freilassung mit lauter Beifallsbezeugung begrüßt wurde. * Mülheim an der Ruhr, 14. November. Hohe Nationalversammlung! Durch den am 9 d. Mts. gefaßten Beschluß, daß die Krone nicht befugt sey, "Die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, verlegen oder aufzuheben," hat sich die National-Versammlung für das ganze Volk verdient gemacht. Wir geben einer hohen National-Versammlung unsre völlige Zustimmung zu diesem gefaßten Beschluße zu erkennen. Wir versprechen und geloben zugleich durch Alle uns zu Gebote stehenden Mittel, demselben Geltung zu verschaffen. Von dem hiesigen demokratischen Verein ist schon am 12 d. Mts. eine ähnliche Adresse abgegangen. * Xanten, 14. Nov. Die Bürger von Xanten haben in diesem für das Vaterland so verhängnißvollen Augenblicke der Nationalversammlung in Berlin in einer Adresse die entschiedenste Zustimmung zu den in den Tagen des 8. und 9. d. M. von der Hohen Versammlung gefaßten Beschlüsse ausgesprochen und mit Energie gegen die, die Rechte der Nationalversammlung und die Rechte und Freiheiten des Volkes angreifenden und verletzenden Regierungsakte protestirt. Die hochherzige Nationalversammlung, die in ergreifender Größe und Erhabenheit in diesen Tagen Angesichts der Gewalt tagte, darf des begeisterten Beifalls jedes Vaterlandsfreundes sicher sein und mit Muth wird die ganze Nation ihrer Nationalversammlung zur Seite stehen! * Malmedy, 14. Novembre. A l'Assemblee nationale a Berlin. L'attitude digne, calme et energique que les nobles representants de la nation ont su garder dans ces jours funestes, ou les libertes conquises couraient les plus grands dangers, a penetre les soussignes, habitants a Malmedy, de l'admiration la plus vive et de la reconnaissance la plus profonde. En se hatant d'offrir a l' Assemblee nationale l' hommoge de ces Seutiments, les Sonssignes ont l'[unleserliches Material] honneur de lui donner en meme temps les assurances de leur respectueuse et inviolable fidelite. Malmedy, 14. Novembre 1848. * Mayen, 14. November. Folgende Adresse mit mehr als 400 Unterschriften bedeckt, ging heute an die Nationalversammlung nach Berlin ab: Hohe Nationalversammlung! Ein Gefühl der innigsten Freude durchdrang uns bei der Nachricht, daß eine hohe Versammlung den Befehl Ihrer Vertagung und Verlegung mit Entschiedenheit zurückgewiesen hat und sich mit großer Majorität unauflösbar erklärte. Wir Unterzeichnete fühlen uns durch eine so würdige Haltung zu innigstem Danke verpflichtet und hegen die volle Zuversicht, daß Sie sich in der festen Verfolgung der betretenen Bahn durch ein Ministerium Brandenburg-Manteuffel nicht beirren lassen werden. Mögen Sie die Versicherung hinnehmen, daß wir, sollte es die Reaction zum Aeußersten kommen lassen, bereit sind, für unsere gerechte Sache Gut und Blut zu lassen. * Wesel, 15. Novbr. Gestern wurde hier von einer sehr zahlreichen Volksversammlung folgende Adresse an die Nationalversammlung beschlossen: Hohe National-Versammlung! Die unterzeichneten Bürger von Wesel erklären: in Erwägung, daß nach §. 13 des Wahlgesetzes vom 8 April d. J. "die auf Grund dieses Gesetzes zusammentretende Versammlung dazu berufen ist, die künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen und die seitherigen reichsständischen Befugnisse in Bezug auf die Bewilligung von Steuern und Staatsanleihen für die Dauer ihrer Versammlung interimistisch auszuüben" -- daß sie dem am 9. d. M. von der Versammlung gefaßten Beschluß: "der Krone nicht das Recht zuzugestehen, die Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen" ihre volle Zustimmung geben und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken werden, denselben aufrecht zu halten. Wesel, den 14. November 1848. Mit welcher unerhörten Schaamlosigkeit die Reactionäre hier jetzt ihr Unwesen treiben, dieß geht aus folgenden, im sogenannten constitutionellen Vereine gestellten Anträgen hervor: 1) Eine Dankadresse an Windischgrätz! 2) An den Minister Brandenburg! * Neuß, 13. November. Herr Dr. Rottels! Die öffentlichen Blätter nennen Sie mit unter der Gott Lob! kleinen Zahl derjenigen Volksvertreter, welche am 9. cur. in Folge des Auftretens des Ministeriums Brandenburg es für gut befanden, ohne Weiteres den Saal zu verlassen, und wir finden Sie sogar unter den Unterzeichnern jenes Manifestes, worin von der Minorität die willkührliche Vertagung und Verlegung der Versammlung vertheidigt und gutgeheißen wird. In der Sitzung vom 2. c, wo es sich darum handelte, eine Deputation an den König zu senden, um ihn über die bedrohliche Lage des Landes und die Stimmung der National-Versammlung aufzuklären, haben Sie schon den in unseren Augen nicht zu rechtfertigenden Schritt gethan, sich aus der Versammlung zu entfernen, ohne Ihre Stimme für oder gegen den damals zu fassenden wichtigen Beschluß abzugeben. Wir fragen Sie, wie wollen Sie solche Schritte, solches Benehmen uns, Ihren Wählern gegenüber, rechtfertigen? Wie können Sie es verantworten, daß Sie die Wahlmänner vor Ihrer Wahl im hiesigen öffentlichen Blatte so sehr getäuscht haben! Sie erklärten sich damals als den größten Feind des Absolutismus und der Bureaukratie, weil gerade Sie durch dieselben so sehr gelitten, und nun treten Sie als Vertheidiger derselben auf?! -- Ja, wir fragen Sie, in welches Licht stellen Sie sich der Welt gegenüber, die von jedem Manne von Charakter, wie viel mehr von einem Volksvertreter, einen Ausspruch in dem einen oder andern Sinne erwarten mußte? -- Sie aber scheinen nicht einmal den Muth Ihrer Meinung zu haben -- abgesehen von den Gesinnungen, aus denen diese Meinung hervorgeht. Diese Gesinnungen, Herr Dr. Rottels, wir erklären es Ihnen hiermit laut, sind nicht die unsrigen. Wir verlangen eine Vertretung und gewissenhafte Wahrung unserer Interessen; Sie aber scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Rechte des Volks den absolutistischen Eingriffen der Gewalt Preis zu geben, ja nur die Interessen der Krone zu vertreten. Bereits gestern ging von hier eine mit vielen hundert Unterschriften bedeckte Adresse, wovon hierbei Abschrift folgt, an die Berliner Versammlung ab, worin ein großer Theil der Bürgerschaft der Versammlung die wärmste Anerkennung für ihr mannhaftes Auftreten zollt, und sie zum Beharren auf [Fortsetzung] Blum. Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen; Ein Kind mit breiter, offner Stirn, ein Kind von heller Lunge, Ein prächtig Proletarierkind, ein derber Küferjunge. Er schrie, daß in der Werkstatt rings des Vaters Tonnen hallten; Die Mutter hat mit Lächeln ihn an ihre Brust gehalten; An ihrer Brust, auf ihrem Arm hat sie ihn eingesungen: -- Es ist zu Köln das Wiegenlied des Knaben hell erklungen. Und heut in diesem selben Köln zum Wehn des Winterwindes Und zu der Orgel Brausen schallt das Grablied dieses Kindes. Nicht singt die Ueberlebende, die Mutter, es dem Sohne: Das ganze schmerzbewegte Köln singt es mit festem Tone. Es spricht: Du, deren Schoos ihn trug, bleib still auf deiner Kammer! Vor deinem Gott, du graues Haupt, ausströme deinen Jammer! Auch ich bin seine Mutter, Weib! Ich und noch Eine Hohe -- Ich und die Revolution, die grimme, lichterlohe! Bleib du daheim mit deinem Schmerz! Wir wahren seine Ehre -- Des Robert Requiem singt Köln, das revolutionäre! So redet Köln! Und Orgelsturm entquillt dem Kirchenchore, Es stehn die Säulen des Altars umhüllt mit Trauerflore, Die Kerzen werfen matten Schein, die Weihrauchwolken ziehen, Und tausend Augen werden naß bei Neukomms Melodien. So ehrt die treue Vaterstadt des Tonnenbinders Knaben -- Ihn, den die Schergen der Gewalt zu Wien gemordet haben! Ihn, der sich seinen Lebensweg, den steilen und den rauhen, Auf bis zu Frankfurts Parlament mit starker Hand gehauen! (Dort auch, was er allstündlich war, ein Wackrer, kein Verräther!) -- Was greift ihr zu den Schwertern nicht, ihr Singer und ihr Beter? Was werdet ihr Posaunen nicht, ihr eh'rnen Orgeltuben, Den jüngsten Tag ins Ohr zu schrein den Henkern und den Buben? Den Henkern, die ihn hingestreckt auf der Brigittenaue -- Auf festen Knieen lag er da im ersten Morgenthaue! Dann sank er hin -- hin in sein Blut -- lautlos! -- heut vor acht Tagen! Zwei Kugeln haben ihm die Brust, eine das Haupt zerschlagen! Ja, ruhig hat man ihn gemacht: -- er liegt in seiner Truhe! So schall' ihm denn ein Requiem, ein Lied der ew'gen Ruhe! Ruh' ihm, der uns die Unruh' hat als Erbtheil hinterlassen: -- Mir, als ich heut im Tempel stand in den bewegten Massen, Mir war's, als hört ich durch den Sturm der Töne ein Geraune: Du, rechte mit der Stunde nicht! die Orgel wird Posaune! Es werden, die du singen siehst, das Schwert in Händen tragen -- Denn Nichts als Kampf und wieder Kampf entringt sich diesen Tagen! Ein Requiem ist Rache nicht, ein Requiem nicht Sühne -- Bald aber steht die Rächerin auf schwarzbehangner Bühne! Die dunkelrothe Rächerin! Mit Blut bespritzt und Zähren, Wird sie und soll und muß sie sich in Permanenz erklären! Dann wird ein ander Requiem den todten Opfern klingen -- Du rufst sie nicht, die Rächerin, doch wird die Zeit sie bringen! Der Andern Greuel rufen sie! So wird es sich vollenden -- Weh' Allen, denen schuldlos Blut klebt an den Henkerhänden! Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen! Acht Tage sind's, da lag zu Wien ein blut'ger Mann im Sande -- Heut scholl ihm Neukomms Requiem zu Köln am Rheinesstrande. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 146. Köln, Samstag den 18. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der „Neuen Rheinischen Zeitung“ zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf. Köln, 16. November 1848. Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“ Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die „Kölnische Deputation“ zu Berlin. — K. Schapper.) Mülheim. (Adresse an die National-Versammlung.) Malmedy (dito.) Xanten. (dito.) Bensberg. (dito.) Mayen. (dito) Wesel. (dito.) Neuß. (dito.) Paderborn. (dito.) Münster. (An das Volk Westphalens.) Düsseldorf. (Die Gesellschaft „Verein“) Cleve. (Stimmung. — Das „Wochenblatt.“) Berlin. (Vermischtes. — National-Versammlung — Nachrichten. — Die Stadtverordneten. — Wrangel. — Dr. Große. — Bürger und Soldaten. — Buhl, May, Stein. — Erklärung des 5 und 14 Bürgerwehrbataillons.) Karlsruhe. (Die „Karlsruher Zeitung“ und die „Berliner Vorfälle.“) Italien. (Die Turiner Kammer. — Pellegrini zu Genua verhaftet. — Neuestes aus Rom, Padua und Neapel.) Französische Republik Paris. (Das Constitutionsfest. — Vermischtes. — National-Versammlung. — Cavaignac.) Deutschland. * Köln, 17. Novbr. Die beiden Gemeinderäthe, Klein und Classen, welche im Auftrage der Verwaltung (Köln hat gegenwärtig keine Vertretung in Berlin) und auf den Wunsch mehrerer Mitglieder des Gemeinderathes am Sonntag Abend nach Berlin reisten, um den im Gemeinderath gefaßten Beschluß dem Präsidenten der Nationalversammlung zu überbringen, sind zurückgekehrt und theilen uns Folgendes mit: Am Dienstag Morgen 9 Uhr hatten wir Audienz bei dem Präsidenten der Vereinbarungs-Versammlung, Herrn v. Unruh, welchen wir von einem Kreise von Deputirten aus allen Fraktionen der Kammer umgeben fanden. Nachdem wir uns unseres Auftrages durch Ueberreichung der Adresse des Gemeinderathes, sowie einer Adresse der Volksversammlung im Eiser'schen Saale mit 7000 Unterschriften entledigt hatten, sprach der Präsident ungefähr Folgendes: Rede des Herrn von Unruh an die Kölnische Deputation: „Es freut mich, daß auch die Stadt Köln unserem Beschlusse beistimmt; aus vielen Städten, Stettin, Magdeburg, Brandenburg, Breslau, Halberstadt etc., sind uns bereits die Zustimmungserklärungen zugekommen, und da durfte ich nicht zweifeln, daß Köln, und überhaupt die Rheinprovinz, welche durch ihre freieren Institutionen schon früher einen Vorsprung in politischer Bildung vor den übrigen Provinzen erlangt hatte, das Verhalten der Nationalversammlung billigen würde; wir sind den Weg gegangen, den uns Pflicht und Gewissen zur Wahrung der uns anvertrauten Volksrechte angewiesen, und das wird das Volk anerkennen. Sagen Sie Ihren Mitbürgern, Sie möchten es nicht als Parteisache betrachten; alle Parteien müßten verschmolzen sein, es sei Sache aller Parteien, Sache des ganzen Volkes, dessen Rechte und Freiheiten ernstlich bedroht seien. * Köln, 17. November. Karl Schapper wurde vorgestern aus der Untersuchungshaft entlassen. Er begab sich sofort in die Volksversammlung im Eiser'schen Saale, wo seine Freilassung mit lauter Beifallsbezeugung begrüßt wurde. * Mülheim an der Ruhr, 14. November. Hohe Nationalversammlung! Durch den am 9 d. Mts. gefaßten Beschluß, daß die Krone nicht befugt sey, „Die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, verlegen oder aufzuheben,“ hat sich die National-Versammlung für das ganze Volk verdient gemacht. Wir geben einer hohen National-Versammlung unsre völlige Zustimmung zu diesem gefaßten Beschluße zu erkennen. Wir versprechen und geloben zugleich durch Alle uns zu Gebote stehenden Mittel, demselben Geltung zu verschaffen. Von dem hiesigen demokratischen Verein ist schon am 12 d. Mts. eine ähnliche Adresse abgegangen. * Xanten, 14. Nov. Die Bürger von Xanten haben in diesem für das Vaterland so verhängnißvollen Augenblicke der Nationalversammlung in Berlin in einer Adresse die entschiedenste Zustimmung zu den in den Tagen des 8. und 9. d. M. von der Hohen Versammlung gefaßten Beschlüsse ausgesprochen und mit Energie gegen die, die Rechte der Nationalversammlung und die Rechte und Freiheiten des Volkes angreifenden und verletzenden Regierungsakte protestirt. Die hochherzige Nationalversammlung, die in ergreifender Größe und Erhabenheit in diesen Tagen Angesichts der Gewalt tagte, darf des begeisterten Beifalls jedes Vaterlandsfreundes sicher sein und mit Muth wird die ganze Nation ihrer Nationalversammlung zur Seite stehen! * Malmédy, 14. Novembre. A l'Assemblée nationale à Berlin. L'attitude digne, calme et énergique que les nobles représentants de la nation ont su garder dans ces jours funestes, ou les libertés conquises couraient les plus grands dangers, a pénétré les soussignés, habitants a Malmédy, de l'admiration la plus vive et de la reconnaissance la plus profonde. En se hâtant d'offrir à l' Assemblée nationale l' hommoge de ces Seutiments, les Sonssignés ont l'[unleserliches Material] honneur de lui donner en mème temps les assurances de leur respectueuse et inviolable fidélité. Malmédy, 14. Novembre 1848. * Mayen, 14. November. Folgende Adresse mit mehr als 400 Unterschriften bedeckt, ging heute an die Nationalversammlung nach Berlin ab: Hohe Nationalversammlung! Ein Gefühl der innigsten Freude durchdrang uns bei der Nachricht, daß eine hohe Versammlung den Befehl Ihrer Vertagung und Verlegung mit Entschiedenheit zurückgewiesen hat und sich mit großer Majorität unauflösbar erklärte. Wir Unterzeichnete fühlen uns durch eine so würdige Haltung zu innigstem Danke verpflichtet und hegen die volle Zuversicht, daß Sie sich in der festen Verfolgung der betretenen Bahn durch ein Ministerium Brandenburg-Manteuffel nicht beirren lassen werden. Mögen Sie die Versicherung hinnehmen, daß wir, sollte es die Reaction zum Aeußersten kommen lassen, bereit sind, für unsere gerechte Sache Gut und Blut zu lassen. * Wesel, 15. Novbr. Gestern wurde hier von einer sehr zahlreichen Volksversammlung folgende Adresse an die Nationalversammlung beschlossen: Hohe National-Versammlung! Die unterzeichneten Bürger von Wesel erklären: in Erwägung, daß nach §. 13 des Wahlgesetzes vom 8 April d. J. „die auf Grund dieses Gesetzes zusammentretende Versammlung dazu berufen ist, die künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen und die seitherigen reichsständischen Befugnisse in Bezug auf die Bewilligung von Steuern und Staatsanleihen für die Dauer ihrer Versammlung interimistisch auszuüben“ — daß sie dem am 9. d. M. von der Versammlung gefaßten Beschluß: „der Krone nicht das Recht zuzugestehen, die Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen“ ihre volle Zustimmung geben und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken werden, denselben aufrecht zu halten. Wesel, den 14. November 1848. Mit welcher unerhörten Schaamlosigkeit die Reactionäre hier jetzt ihr Unwesen treiben, dieß geht aus folgenden, im sogenannten constitutionellen Vereine gestellten Anträgen hervor: 1) Eine Dankadresse an Windischgrätz! 2) An den Minister Brandenburg! * Neuß, 13. November. Herr Dr. Rottels! Die öffentlichen Blätter nennen Sie mit unter der Gott Lob! kleinen Zahl derjenigen Volksvertreter, welche am 9. cur. in Folge des Auftretens des Ministeriums Brandenburg es für gut befanden, ohne Weiteres den Saal zu verlassen, und wir finden Sie sogar unter den Unterzeichnern jenes Manifestes, worin von der Minorität die willkührliche Vertagung und Verlegung der Versammlung vertheidigt und gutgeheißen wird. In der Sitzung vom 2. c, wo es sich darum handelte, eine Deputation an den König zu senden, um ihn über die bedrohliche Lage des Landes und die Stimmung der National-Versammlung aufzuklären, haben Sie schon den in unseren Augen nicht zu rechtfertigenden Schritt gethan, sich aus der Versammlung zu entfernen, ohne Ihre Stimme für oder gegen den damals zu fassenden wichtigen Beschluß abzugeben. Wir fragen Sie, wie wollen Sie solche Schritte, solches Benehmen uns, Ihren Wählern gegenüber, rechtfertigen? Wie können Sie es verantworten, daß Sie die Wahlmänner vor Ihrer Wahl im hiesigen öffentlichen Blatte so sehr getäuscht haben! Sie erklärten sich damals als den größten Feind des Absolutismus und der Bureaukratie, weil gerade Sie durch dieselben so sehr gelitten, und nun treten Sie als Vertheidiger derselben auf?! — Ja, wir fragen Sie, in welches Licht stellen Sie sich der Welt gegenüber, die von jedem Manne von Charakter, wie viel mehr von einem Volksvertreter, einen Ausspruch in dem einen oder andern Sinne erwarten mußte? — Sie aber scheinen nicht einmal den Muth Ihrer Meinung zu haben — abgesehen von den Gesinnungen, aus denen diese Meinung hervorgeht. Diese Gesinnungen, Herr Dr. Rottels, wir erklären es Ihnen hiermit laut, sind nicht die unsrigen. Wir verlangen eine Vertretung und gewissenhafte Wahrung unserer Interessen; Sie aber scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Rechte des Volks den absolutistischen Eingriffen der Gewalt Preis zu geben, ja nur die Interessen der Krone zu vertreten. Bereits gestern ging von hier eine mit vielen hundert Unterschriften bedeckte Adresse, wovon hierbei Abschrift folgt, an die Berliner Versammlung ab, worin ein großer Theil der Bürgerschaft der Versammlung die wärmste Anerkennung für ihr mannhaftes Auftreten zollt, und sie zum Beharren auf [Fortsetzung] Blum. Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen; Ein Kind mit breiter, offner Stirn, ein Kind von heller Lunge, Ein prächtig Proletarierkind, ein derber Küferjunge. Er schrie, daß in der Werkstatt rings des Vaters Tonnen hallten; Die Mutter hat mit Lächeln ihn an ihre Brust gehalten; An ihrer Brust, auf ihrem Arm hat sie ihn eingesungen: — Es ist zu Köln das Wiegenlied des Knaben hell erklungen. Und heut in diesem selben Köln zum Wehn des Winterwindes Und zu der Orgel Brausen schallt das Grablied dieses Kindes. Nicht singt die Ueberlebende, die Mutter, es dem Sohne: Das ganze schmerzbewegte Köln singt es mit festem Tone. Es spricht: Du, deren Schoos ihn trug, bleib still auf deiner Kammer! Vor deinem Gott, du graues Haupt, ausströme deinen Jammer! Auch ich bin seine Mutter, Weib! Ich und noch Eine Hohe — Ich und die Revolution, die grimme, lichterlohe! Bleib du daheim mit deinem Schmerz! Wir wahren seine Ehre — Des Robert Requiem singt Köln, das revolutionäre! So redet Köln! Und Orgelsturm entquillt dem Kirchenchore, Es stehn die Säulen des Altars umhüllt mit Trauerflore, Die Kerzen werfen matten Schein, die Weihrauchwolken ziehen, Und tausend Augen werden naß bei Neukomms Melodien. So ehrt die treue Vaterstadt des Tonnenbinders Knaben — Ihn, den die Schergen der Gewalt zu Wien gemordet haben! Ihn, der sich seinen Lebensweg, den steilen und den rauhen, Auf bis zu Frankfurts Parlament mit starker Hand gehauen! (Dort auch, was er allstündlich war, ein Wackrer, kein Verräther!) — Was greift ihr zu den Schwertern nicht, ihr Singer und ihr Beter? Was werdet ihr Posaunen nicht, ihr eh'rnen Orgeltuben, Den jüngsten Tag ins Ohr zu schrein den Henkern und den Buben? Den Henkern, die ihn hingestreckt auf der Brigittenaue — Auf festen Knieen lag er da im ersten Morgenthaue! Dann sank er hin — hin in sein Blut — lautlos! — heut vor acht Tagen! Zwei Kugeln haben ihm die Brust, eine das Haupt zerschlagen! Ja, ruhig hat man ihn gemacht: — er liegt in seiner Truhe! 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Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen! Acht Tage sind's, da lag zu Wien ein blut'ger Mann im Sande — Heut scholl ihm Neukomms Requiem zu Köln am Rheinesstrande. <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0759"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 146. Köln, Samstag den 18. November. 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Den auswärtigen Freunden der „Neuen Rheinischen Zeitung“ zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf.</p> <p>Köln, 16. November 1848. <hi rendition="#b">Die Expedition der „N. Rh. 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Sagen Sie Ihren Mitbürgern, Sie möchten es nicht als Parteisache betrachten; alle Parteien müßten verschmolzen sein, es sei Sache aller Parteien, Sache des ganzen Volkes, dessen Rechte und Freiheiten ernstlich bedroht seien.<lb/> Sagen Sie auch Ihren Mitbürgern, daß zu der von Ihnen belobten einigen, würdigen Haltung der Kammer die Mäßigung aller Parteien in der Nationalversammlung, namentlich die Mäßigung der Linken vieles beigetragen habe. Wir bieten Alles auf, um einen blutigen Konflikt zu vermeiden, um durch die gewaltige moralische Kraft des passiven Widerstandes eines ganzen Volkes unsere Rechte zu vertheidigen, ob es aber möglich sein wird, einen Zusammenstoß zu vermeiden, wer vermag es zu sagen, da unsere Gegner alles aufbieten, ihn herbeizuführen, und durch die strengsten Maßregeln das gereizte Volk zum Aeußersten bringen.<lb/> Ich danke der Stadt Köln im Namen der Nationalversammlung für den Dank, den Sie uns votirt haben; wenn die Provinzen festhalten an ihrem Mittelpunkte, an uns, an ihrem guten Recht — so wird uns hoffentlich der Sieg werden! Nun, meine Herren, (uns die Hände drückend) leben Sie wohl! Es ist vielleicht das letzte Mal, daß wir uns sehen; es ist bis zum Aeußersten gekommen — Alles steht auf dem Spiel!</p> </div> <div xml:id="ar146_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 17. November.</head> <p><hi rendition="#g">Karl Schapper</hi> wurde vorgestern aus der Untersuchungshaft entlassen. Er begab sich sofort in die Volksversammlung im Eiser'schen Saale, wo seine Freilassung mit lauter Beifallsbezeugung begrüßt wurde.</p> </div> <div xml:id="ar146_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Mülheim an der Ruhr, 14. November.</head> <p>Hohe Nationalversammlung!</p> <p>Durch den am 9 d. Mts. gefaßten Beschluß, daß die Krone nicht befugt sey,</p> <p rendition="#et">„Die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, verlegen oder aufzuheben,“</p> <p>hat sich die National-Versammlung für das ganze Volk verdient gemacht. Wir geben einer hohen National-Versammlung unsre völlige Zustimmung zu diesem gefaßten Beschluße zu erkennen. Wir versprechen und geloben zugleich durch Alle uns zu Gebote stehenden Mittel, demselben Geltung zu verschaffen.</p> <p>Von dem hiesigen demokratischen Verein ist schon am 12 d. 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Novembre.</head> <p> <hi rendition="#g">A l'Assemblée nationale à Berlin.</hi> </p> <p>L'attitude digne, calme et énergique que les nobles représentants de la nation ont su garder dans ces jours funestes, ou les libertés conquises couraient les plus grands dangers, a pénétré les soussignés, habitants a Malmédy, de l'admiration la plus vive et de la reconnaissance la plus profonde. En se hâtant d'offrir à l' Assemblée nationale l' hommoge de ces Seutiments, les Sonssignés ont l'<gap reason="illegible"/> honneur de lui donner en mème temps les assurances de leur respectueuse et inviolable fidélité.</p> <p>Malmédy, 14. Novembre 1848.</p> </div> <div xml:id="ar146_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl>Mayen, 14. November.</head> <p>Folgende Adresse mit mehr als 400 Unterschriften bedeckt, ging heute an die Nationalversammlung nach Berlin ab:</p> <p> <hi rendition="#g">Hohe Nationalversammlung!</hi> </p> <p>Ein Gefühl der innigsten Freude durchdrang uns bei der Nachricht, daß eine hohe Versammlung den Befehl Ihrer Vertagung und Verlegung mit Entschiedenheit zurückgewiesen hat und sich mit großer Majorität unauflösbar erklärte.</p> <p>Wir Unterzeichnete fühlen uns durch eine so würdige Haltung zu innigstem Danke verpflichtet und hegen die volle Zuversicht, daß Sie sich in der festen Verfolgung der betretenen Bahn durch ein Ministerium Brandenburg-Manteuffel nicht beirren lassen werden. Mögen Sie die Versicherung hinnehmen, daß wir, sollte es die Reaction zum Aeußersten kommen lassen, bereit sind, für unsere gerechte Sache Gut und Blut zu lassen.</p> </div> <div xml:id="ar146_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wesel, 15. Novbr.</head> <p>Gestern wurde hier von einer sehr zahlreichen Volksversammlung folgende Adresse an die Nationalversammlung beschlossen:</p> <p>Hohe National-Versammlung!</p> <p>Die unterzeichneten Bürger von Wesel erklären:</p> <p rendition="#et">in Erwägung, daß nach §. 13 des Wahlgesetzes vom 8 April d. J. „die auf Grund dieses Gesetzes zusammentretende Versammlung dazu berufen ist, die künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen und die seitherigen reichsständischen Befugnisse in Bezug auf die Bewilligung von Steuern und Staatsanleihen für die Dauer ihrer Versammlung interimistisch auszuüben“ —</p> <p>daß sie dem am 9. d. M. von der Versammlung gefaßten Beschluß:</p> <p rendition="#et">„der Krone nicht das Recht zuzugestehen, die Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen“</p> <p>ihre volle Zustimmung geben und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken werden, denselben aufrecht zu halten.</p> <p>Wesel, den 14. November 1848.</p> <p>Mit welcher unerhörten Schaamlosigkeit die Reactionäre hier jetzt ihr Unwesen treiben, dieß geht aus folgenden, im sogenannten constitutionellen Vereine gestellten Anträgen hervor:</p> <p>1) Eine Dankadresse an <hi rendition="#g">Windischgrätz</hi>!</p> <p>2) An den Minister <hi rendition="#g">Brandenburg!</hi> </p> </div> <div xml:id="ar146_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neuß, 13. November.</head> <p><hi rendition="#g">Herr</hi> Dr. <hi rendition="#g">Rottels!</hi> </p> <p>Die öffentlichen Blätter nennen Sie mit unter der Gott Lob! kleinen Zahl derjenigen Volksvertreter, welche am 9. cur. in Folge des Auftretens des Ministeriums Brandenburg es für gut befanden, ohne Weiteres den Saal zu verlassen, und wir finden Sie sogar unter den Unterzeichnern jenes Manifestes, worin von der Minorität die willkührliche Vertagung und Verlegung der Versammlung vertheidigt und gutgeheißen wird.</p> <p>In der Sitzung vom 2. c, wo es sich darum handelte, eine Deputation an den König zu senden, um ihn über die bedrohliche Lage des Landes und die Stimmung der National-Versammlung aufzuklären, haben Sie schon den in unseren Augen nicht zu rechtfertigenden Schritt gethan, sich aus der Versammlung zu entfernen, ohne Ihre Stimme für oder gegen den damals zu fassenden wichtigen Beschluß abzugeben.</p> <p>Wir fragen Sie, wie wollen Sie solche Schritte, solches Benehmen uns, Ihren Wählern gegenüber, rechtfertigen? Wie können Sie es verantworten, daß Sie die Wahlmänner vor Ihrer Wahl im hiesigen öffentlichen Blatte so sehr getäuscht haben! Sie erklärten sich damals als den größten Feind des Absolutismus und der Bureaukratie, weil gerade Sie durch dieselben so sehr gelitten, und nun treten Sie als Vertheidiger derselben auf?! —</p> <p>Ja, wir fragen Sie, in welches Licht stellen Sie sich der Welt gegenüber, die von jedem Manne von Charakter, wie viel mehr von einem Volksvertreter, einen Ausspruch in dem einen oder andern Sinne erwarten mußte? — Sie aber scheinen nicht einmal den Muth Ihrer Meinung zu haben — abgesehen von den Gesinnungen, aus denen diese Meinung hervorgeht. Diese Gesinnungen, Herr Dr. <hi rendition="#g">Rottels</hi>, wir erklären es Ihnen hiermit laut, sind nicht die unsrigen. Wir verlangen eine Vertretung und gewissenhafte Wahrung unserer Interessen; Sie aber scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Rechte des Volks den absolutistischen Eingriffen der Gewalt Preis zu geben, ja nur die Interessen der Krone zu vertreten.</p> <p>Bereits gestern ging von hier eine mit vielen hundert Unterschriften bedeckte Adresse, wovon hierbei Abschrift folgt, an die Berliner Versammlung ab, worin ein großer Theil der Bürgerschaft der Versammlung die wärmste Anerkennung für ihr mannhaftes Auftreten zollt, und sie zum Beharren auf <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <lg type="poem"> <head>Blum.</head> <lg n="1"> <l>Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen</l><lb/> <l>Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen;</l><lb/> <l>Ein Kind mit breiter, offner Stirn, ein Kind von heller Lunge,</l><lb/> <l>Ein prächtig Proletarierkind, ein derber Küferjunge.</l><lb/> <l>Er schrie, daß in der Werkstatt rings des Vaters Tonnen hallten;</l><lb/> <l>Die Mutter hat mit Lächeln ihn an ihre Brust gehalten;</l><lb/> <l>An ihrer Brust, auf ihrem Arm hat sie ihn eingesungen: —</l><lb/> <l>Es ist zu Köln das Wiegenlied des Knaben hell erklungen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und heut in diesem selben Köln zum Wehn des Winterwindes</l><lb/> <l>Und zu der Orgel Brausen schallt das Grablied dieses Kindes.</l><lb/> <l>Nicht singt die Ueberlebende, die Mutter, es dem Sohne:</l><lb/> <l>Das ganze schmerzbewegte Köln singt es mit festem Tone.</l><lb/> <l>Es spricht: Du, deren Schoos ihn trug, bleib still auf deiner Kammer!</l><lb/> <l>Vor deinem Gott, du graues Haupt, ausströme deinen Jammer!</l><lb/> <l>Auch ich bin seine Mutter, Weib! Ich und noch Eine Hohe —</l><lb/> <l>Ich und die Revolution, die grimme, lichterlohe!</l><lb/> <l>Bleib du daheim mit deinem Schmerz! Wir wahren seine Ehre —</l><lb/> <l>Des Robert Requiem singt Köln, das revolutionäre!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>So redet Köln! Und Orgelsturm entquillt dem Kirchenchore,</l><lb/> <l>Es stehn die Säulen des Altars umhüllt mit Trauerflore,</l><lb/> <l>Die Kerzen werfen matten Schein, die Weihrauchwolken ziehen,</l><lb/> <l>Und tausend Augen werden naß bei Neukomms Melodien.</l><lb/> <l>So ehrt die treue Vaterstadt des Tonnenbinders Knaben —</l><lb/> <l>Ihn, den die Schergen der Gewalt zu Wien gemordet haben!</l><lb/> <l>Ihn, der sich seinen Lebensweg, den steilen und den rauhen,</l><lb/> <l>Auf bis zu Frankfurts Parlament mit starker Hand gehauen!</l><lb/> <l>(Dort auch, was er allstündlich war, ein Wackrer, kein Verräther!) —</l><lb/> <l>Was greift ihr zu den Schwertern nicht, ihr Singer und ihr Beter?</l><lb/> <l>Was werdet ihr Posaunen nicht, ihr eh'rnen Orgeltuben,</l><lb/> <l>Den jüngsten Tag ins Ohr zu schrein den Henkern und den Buben?</l><lb/> <l>Den Henkern, die ihn hingestreckt auf der Brigittenaue —</l><lb/> <l>Auf festen Knieen lag er da im ersten Morgenthaue!</l><lb/> <l>Dann sank er hin — hin in sein Blut — lautlos! — heut vor acht Tagen!</l><lb/> <l>Zwei Kugeln haben ihm die Brust, eine das Haupt zerschlagen!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ja, <hi rendition="#g">ruhig</hi> hat man ihn gemacht: — er liegt in seiner Truhe!</l><lb/> <l>So schall' ihm denn ein Requiem, ein Lied der ew'gen Ruhe!</l><lb/> <l>Ruh' ihm, der uns die Unruh' hat als Erbtheil hinterlassen: —</l><lb/> <l>Mir, als ich heut im Tempel stand in den bewegten Massen,</l><lb/> <l>Mir war's, als hört ich durch den Sturm der Töne ein Geraune:</l><lb/> <l>Du, rechte mit der Stunde nicht! die Orgel <hi rendition="#g">wird</hi> Posaune!</l><lb/> <l>Es <hi rendition="#g">werden,</hi> die du singen siehst, das Schwert in Händen tragen —</l><lb/> <l>Denn Nichts als Kampf und wieder Kampf entringt sich diesen Tagen!</l><lb/> <l>Ein Requiem ist Rache nicht, ein Requiem nicht Sühne —</l><lb/> <l>Bald aber steht die Rächerin auf schwarzbehangner Bühne!</l><lb/> <l>Die dunkelrothe Rächerin! Mit Blut bespritzt und Zähren,</l><lb/> <l>Wird sie und soll und muß sie sich in Permanenz erklären!</l><lb/> <l>Dann wird ein ander Requiem den todten Opfern klingen —</l><lb/> <l>Du rufst sie nicht, die Rächerin, doch wird die Zeit sie bringen!</l><lb/> <l>Der Andern Greuel rufen sie! So wird es sich vollenden —</l><lb/> <l>Weh' Allen, denen schuldlos Blut klebt an den Henkerhänden!</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen</l><lb/> <l>Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen!</l><lb/> <l>Acht Tage sind's, da lag zu Wien ein blut'ger Mann im Sande —</l><lb/> <l>Heut scholl ihm Neukomms Requiem zu Köln am Rheinesstrande.</l><lb/> </lg> <byline>16. November. F. <hi rendition="#g">Freiligrath</hi>.</byline><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [0759/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 146. Köln, Samstag den 18. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der „Neuen Rheinischen Zeitung“ zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf.
Köln, 16. November 1848. Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die „Kölnische Deputation“ zu Berlin. — K. Schapper.) Mülheim. (Adresse an die National-Versammlung.) Malmedy (dito.) Xanten. (dito.) Bensberg. (dito.) Mayen. (dito) Wesel. (dito.) Neuß. (dito.) Paderborn. (dito.) Münster. (An das Volk Westphalens.) Düsseldorf. (Die Gesellschaft „Verein“) Cleve. (Stimmung. — Das „Wochenblatt.“) Berlin. (Vermischtes. — National-Versammlung — Nachrichten. — Die Stadtverordneten. — Wrangel. — Dr. Große. — Bürger und Soldaten. — Buhl, May, Stein. — Erklärung des 5 und 14 Bürgerwehrbataillons.) Karlsruhe. (Die „Karlsruher Zeitung“ und die „Berliner Vorfälle.“)
Italien. (Die Turiner Kammer. — Pellegrini zu Genua verhaftet. — Neuestes aus Rom, Padua und Neapel.)
Französische Republik Paris. (Das Constitutionsfest. — Vermischtes. — National-Versammlung. — Cavaignac.)
Deutschland. * Köln, 17. Novbr. Die beiden Gemeinderäthe, Klein und Classen, welche im Auftrage der Verwaltung (Köln hat gegenwärtig keine Vertretung in Berlin) und auf den Wunsch mehrerer Mitglieder des Gemeinderathes am Sonntag Abend nach Berlin reisten, um den im Gemeinderath gefaßten Beschluß dem Präsidenten der Nationalversammlung zu überbringen, sind zurückgekehrt und theilen uns Folgendes mit:
Am Dienstag Morgen 9 Uhr hatten wir Audienz bei dem Präsidenten der Vereinbarungs-Versammlung, Herrn v. Unruh, welchen wir von einem Kreise von Deputirten aus allen Fraktionen der Kammer umgeben fanden. Nachdem wir uns unseres Auftrages durch Ueberreichung der Adresse des Gemeinderathes, sowie einer Adresse der Volksversammlung im Eiser'schen Saale mit 7000 Unterschriften entledigt hatten, sprach der Präsident ungefähr Folgendes:
Rede des Herrn von Unruh an die Kölnische Deputation:
„Es freut mich, daß auch die Stadt Köln unserem Beschlusse beistimmt; aus vielen Städten, Stettin, Magdeburg, Brandenburg, Breslau, Halberstadt etc., sind uns bereits die Zustimmungserklärungen zugekommen, und da durfte ich nicht zweifeln, daß Köln, und überhaupt die Rheinprovinz, welche durch ihre freieren Institutionen schon früher einen Vorsprung in politischer Bildung vor den übrigen Provinzen erlangt hatte, das Verhalten der Nationalversammlung billigen würde; wir sind den Weg gegangen, den uns Pflicht und Gewissen zur Wahrung der uns anvertrauten Volksrechte angewiesen, und das wird das Volk anerkennen. Sagen Sie Ihren Mitbürgern, Sie möchten es nicht als Parteisache betrachten; alle Parteien müßten verschmolzen sein, es sei Sache aller Parteien, Sache des ganzen Volkes, dessen Rechte und Freiheiten ernstlich bedroht seien.
Sagen Sie auch Ihren Mitbürgern, daß zu der von Ihnen belobten einigen, würdigen Haltung der Kammer die Mäßigung aller Parteien in der Nationalversammlung, namentlich die Mäßigung der Linken vieles beigetragen habe. Wir bieten Alles auf, um einen blutigen Konflikt zu vermeiden, um durch die gewaltige moralische Kraft des passiven Widerstandes eines ganzen Volkes unsere Rechte zu vertheidigen, ob es aber möglich sein wird, einen Zusammenstoß zu vermeiden, wer vermag es zu sagen, da unsere Gegner alles aufbieten, ihn herbeizuführen, und durch die strengsten Maßregeln das gereizte Volk zum Aeußersten bringen.
Ich danke der Stadt Köln im Namen der Nationalversammlung für den Dank, den Sie uns votirt haben; wenn die Provinzen festhalten an ihrem Mittelpunkte, an uns, an ihrem guten Recht — so wird uns hoffentlich der Sieg werden! Nun, meine Herren, (uns die Hände drückend) leben Sie wohl! Es ist vielleicht das letzte Mal, daß wir uns sehen; es ist bis zum Aeußersten gekommen — Alles steht auf dem Spiel!
* Köln, 17. November. Karl Schapper wurde vorgestern aus der Untersuchungshaft entlassen. Er begab sich sofort in die Volksversammlung im Eiser'schen Saale, wo seine Freilassung mit lauter Beifallsbezeugung begrüßt wurde.
* Mülheim an der Ruhr, 14. November. Hohe Nationalversammlung!
Durch den am 9 d. Mts. gefaßten Beschluß, daß die Krone nicht befugt sey,
„Die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, verlegen oder aufzuheben,“
hat sich die National-Versammlung für das ganze Volk verdient gemacht. Wir geben einer hohen National-Versammlung unsre völlige Zustimmung zu diesem gefaßten Beschluße zu erkennen. Wir versprechen und geloben zugleich durch Alle uns zu Gebote stehenden Mittel, demselben Geltung zu verschaffen.
Von dem hiesigen demokratischen Verein ist schon am 12 d. Mts. eine ähnliche Adresse abgegangen.
* Xanten, 14. Nov. Die Bürger von Xanten haben in diesem für das Vaterland so verhängnißvollen Augenblicke der Nationalversammlung in Berlin in einer Adresse die entschiedenste Zustimmung zu den in den Tagen des 8. und 9. d. M. von der Hohen Versammlung gefaßten Beschlüsse ausgesprochen und mit Energie gegen die, die Rechte der Nationalversammlung und die Rechte und Freiheiten des Volkes angreifenden und verletzenden Regierungsakte protestirt. Die hochherzige Nationalversammlung, die in ergreifender Größe und Erhabenheit in diesen Tagen Angesichts der Gewalt tagte, darf des begeisterten Beifalls jedes Vaterlandsfreundes sicher sein und mit Muth wird die ganze Nation ihrer Nationalversammlung zur Seite stehen!
* Malmédy, 14. Novembre. A l'Assemblée nationale à Berlin.
L'attitude digne, calme et énergique que les nobles représentants de la nation ont su garder dans ces jours funestes, ou les libertés conquises couraient les plus grands dangers, a pénétré les soussignés, habitants a Malmédy, de l'admiration la plus vive et de la reconnaissance la plus profonde. En se hâtant d'offrir à l' Assemblée nationale l' hommoge de ces Seutiments, les Sonssignés ont l'_ honneur de lui donner en mème temps les assurances de leur respectueuse et inviolable fidélité.
Malmédy, 14. Novembre 1848.
* Mayen, 14. November. Folgende Adresse mit mehr als 400 Unterschriften bedeckt, ging heute an die Nationalversammlung nach Berlin ab:
Hohe Nationalversammlung!
Ein Gefühl der innigsten Freude durchdrang uns bei der Nachricht, daß eine hohe Versammlung den Befehl Ihrer Vertagung und Verlegung mit Entschiedenheit zurückgewiesen hat und sich mit großer Majorität unauflösbar erklärte.
Wir Unterzeichnete fühlen uns durch eine so würdige Haltung zu innigstem Danke verpflichtet und hegen die volle Zuversicht, daß Sie sich in der festen Verfolgung der betretenen Bahn durch ein Ministerium Brandenburg-Manteuffel nicht beirren lassen werden. Mögen Sie die Versicherung hinnehmen, daß wir, sollte es die Reaction zum Aeußersten kommen lassen, bereit sind, für unsere gerechte Sache Gut und Blut zu lassen.
* Wesel, 15. Novbr. Gestern wurde hier von einer sehr zahlreichen Volksversammlung folgende Adresse an die Nationalversammlung beschlossen:
Hohe National-Versammlung!
Die unterzeichneten Bürger von Wesel erklären:
in Erwägung, daß nach §. 13 des Wahlgesetzes vom 8 April d. J. „die auf Grund dieses Gesetzes zusammentretende Versammlung dazu berufen ist, die künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der Krone festzustellen und die seitherigen reichsständischen Befugnisse in Bezug auf die Bewilligung von Steuern und Staatsanleihen für die Dauer ihrer Versammlung interimistisch auszuüben“ —
daß sie dem am 9. d. M. von der Versammlung gefaßten Beschluß:
„der Krone nicht das Recht zuzugestehen, die Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen“
ihre volle Zustimmung geben und mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken werden, denselben aufrecht zu halten.
Wesel, den 14. November 1848.
Mit welcher unerhörten Schaamlosigkeit die Reactionäre hier jetzt ihr Unwesen treiben, dieß geht aus folgenden, im sogenannten constitutionellen Vereine gestellten Anträgen hervor:
1) Eine Dankadresse an Windischgrätz!
2) An den Minister Brandenburg!
* Neuß, 13. November. Herr Dr. Rottels!
Die öffentlichen Blätter nennen Sie mit unter der Gott Lob! kleinen Zahl derjenigen Volksvertreter, welche am 9. cur. in Folge des Auftretens des Ministeriums Brandenburg es für gut befanden, ohne Weiteres den Saal zu verlassen, und wir finden Sie sogar unter den Unterzeichnern jenes Manifestes, worin von der Minorität die willkührliche Vertagung und Verlegung der Versammlung vertheidigt und gutgeheißen wird.
In der Sitzung vom 2. c, wo es sich darum handelte, eine Deputation an den König zu senden, um ihn über die bedrohliche Lage des Landes und die Stimmung der National-Versammlung aufzuklären, haben Sie schon den in unseren Augen nicht zu rechtfertigenden Schritt gethan, sich aus der Versammlung zu entfernen, ohne Ihre Stimme für oder gegen den damals zu fassenden wichtigen Beschluß abzugeben.
Wir fragen Sie, wie wollen Sie solche Schritte, solches Benehmen uns, Ihren Wählern gegenüber, rechtfertigen? Wie können Sie es verantworten, daß Sie die Wahlmänner vor Ihrer Wahl im hiesigen öffentlichen Blatte so sehr getäuscht haben! Sie erklärten sich damals als den größten Feind des Absolutismus und der Bureaukratie, weil gerade Sie durch dieselben so sehr gelitten, und nun treten Sie als Vertheidiger derselben auf?! —
Ja, wir fragen Sie, in welches Licht stellen Sie sich der Welt gegenüber, die von jedem Manne von Charakter, wie viel mehr von einem Volksvertreter, einen Ausspruch in dem einen oder andern Sinne erwarten mußte? — Sie aber scheinen nicht einmal den Muth Ihrer Meinung zu haben — abgesehen von den Gesinnungen, aus denen diese Meinung hervorgeht. Diese Gesinnungen, Herr Dr. Rottels, wir erklären es Ihnen hiermit laut, sind nicht die unsrigen. Wir verlangen eine Vertretung und gewissenhafte Wahrung unserer Interessen; Sie aber scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Rechte des Volks den absolutistischen Eingriffen der Gewalt Preis zu geben, ja nur die Interessen der Krone zu vertreten.
Bereits gestern ging von hier eine mit vielen hundert Unterschriften bedeckte Adresse, wovon hierbei Abschrift folgt, an die Berliner Versammlung ab, worin ein großer Theil der Bürgerschaft der Versammlung die wärmste Anerkennung für ihr mannhaftes Auftreten zollt, und sie zum Beharren auf [Fortsetzung]
Blum. Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen
Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen;
Ein Kind mit breiter, offner Stirn, ein Kind von heller Lunge,
Ein prächtig Proletarierkind, ein derber Küferjunge.
Er schrie, daß in der Werkstatt rings des Vaters Tonnen hallten;
Die Mutter hat mit Lächeln ihn an ihre Brust gehalten;
An ihrer Brust, auf ihrem Arm hat sie ihn eingesungen: —
Es ist zu Köln das Wiegenlied des Knaben hell erklungen.
Und heut in diesem selben Köln zum Wehn des Winterwindes
Und zu der Orgel Brausen schallt das Grablied dieses Kindes.
Nicht singt die Ueberlebende, die Mutter, es dem Sohne:
Das ganze schmerzbewegte Köln singt es mit festem Tone.
Es spricht: Du, deren Schoos ihn trug, bleib still auf deiner Kammer!
Vor deinem Gott, du graues Haupt, ausströme deinen Jammer!
Auch ich bin seine Mutter, Weib! Ich und noch Eine Hohe —
Ich und die Revolution, die grimme, lichterlohe!
Bleib du daheim mit deinem Schmerz! Wir wahren seine Ehre —
Des Robert Requiem singt Köln, das revolutionäre!
So redet Köln! Und Orgelsturm entquillt dem Kirchenchore,
Es stehn die Säulen des Altars umhüllt mit Trauerflore,
Die Kerzen werfen matten Schein, die Weihrauchwolken ziehen,
Und tausend Augen werden naß bei Neukomms Melodien.
So ehrt die treue Vaterstadt des Tonnenbinders Knaben —
Ihn, den die Schergen der Gewalt zu Wien gemordet haben!
Ihn, der sich seinen Lebensweg, den steilen und den rauhen,
Auf bis zu Frankfurts Parlament mit starker Hand gehauen!
(Dort auch, was er allstündlich war, ein Wackrer, kein Verräther!) —
Was greift ihr zu den Schwertern nicht, ihr Singer und ihr Beter?
Was werdet ihr Posaunen nicht, ihr eh'rnen Orgeltuben,
Den jüngsten Tag ins Ohr zu schrein den Henkern und den Buben?
Den Henkern, die ihn hingestreckt auf der Brigittenaue —
Auf festen Knieen lag er da im ersten Morgenthaue!
Dann sank er hin — hin in sein Blut — lautlos! — heut vor acht Tagen!
Zwei Kugeln haben ihm die Brust, eine das Haupt zerschlagen!
Ja, ruhig hat man ihn gemacht: — er liegt in seiner Truhe!
So schall' ihm denn ein Requiem, ein Lied der ew'gen Ruhe!
Ruh' ihm, der uns die Unruh' hat als Erbtheil hinterlassen: —
Mir, als ich heut im Tempel stand in den bewegten Massen,
Mir war's, als hört ich durch den Sturm der Töne ein Geraune:
Du, rechte mit der Stunde nicht! die Orgel wird Posaune!
Es werden, die du singen siehst, das Schwert in Händen tragen —
Denn Nichts als Kampf und wieder Kampf entringt sich diesen Tagen!
Ein Requiem ist Rache nicht, ein Requiem nicht Sühne —
Bald aber steht die Rächerin auf schwarzbehangner Bühne!
Die dunkelrothe Rächerin! Mit Blut bespritzt und Zähren,
Wird sie und soll und muß sie sich in Permanenz erklären!
Dann wird ein ander Requiem den todten Opfern klingen —
Du rufst sie nicht, die Rächerin, doch wird die Zeit sie bringen!
Der Andern Greuel rufen sie! So wird es sich vollenden —
Weh' Allen, denen schuldlos Blut klebt an den Henkerhänden!
Vor zwei und vierzig Jahren war's, da hat mit Macht geschrieen
Ein siebentägig Kölner Kind auf seiner Mutter Knieen!
Acht Tage sind's, da lag zu Wien ein blut'ger Mann im Sande —
Heut scholl ihm Neukomms Requiem zu Köln am Rheinesstrande.
16. November. F. Freiligrath.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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