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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 148. Köln, 21. November 1848. Zweite Ausgabe.

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Zeitung unterdrückt, um die darin enthaltene Ungerechtigkeit im Lande nicht bekannt werden zu lassen.

Ich bemerke ferner, daß alle jene gefährlichen, ungerechten und gleißnerischen Bekanntmachungen, welche die Regierung seit Sonntag Abend erlassen hat, immer Abends erfolgt sind, damit das Land einen Tag länger damit in Unbekanntschaft bleibe, und damit die Zeitungen sie nicht sofort in den Morgenblättern des nächsten Tages aufnehmen konnten. Man kann wenigstens keine andere Absicht dabei annehmen, daß die Plakate der jetzigen Gewalthaber immer Abends an den Bäumen und Ecken angeklebt worden sind, wo es also unmöglich war, sie vor dem andern Tage zu lesen.

Dies m. H. sind die neuen Umstände, welche seit Sonnabend über unsere Stadt und Versammlung hereingebrochen sind, und ich glaube, sie sind so furchtbar und extrem, daß uns nunmehr kein anderes Mittel übrig bleibt, als zum Aeußersten zu greifen. Was ich am Sonntag für meine Person für nicht zeitgemäß hielt, dem muß ich heute mit vollem Herzen beistimmen und ich wünsche, daß die ganze Versammlung den Antrag der Kommission billigen möge. Ich gebe zu, daß diese Maßregel viele Unschuldige treffen wird, daß manche Stadt auf einige Zeit in ihren Einnahmsquellen geschmälert wird; mancher arme Beamte wird leiden müssen, aber diese Uebelstände sind Kleinigkeiten gegen die ungeheuere Ungerechtigkeit und Schmach, gegen das Unglück, welches über das ganze Land verhängt ist, und in Bezug darauf dürfen wir vor dieser extremen Maßregel jetzt nicht mehr zurückschrecken. Ich bin vollständig überzeugt, daß der gesunde Sinn der Bevölkerung, trotzdem, daß die Steuern verweigert werden, keinen Anstand nehmen wird, diese kleinen Uebel zu lindern, namentlich den Beamten, die ohne Verschulden dadurch leiden, in ihrer Noth zu helfen. Auch die Städte werden hoffentlich nicht zu schwer dadurch leiden, da in Bezug auf die Ausfälle in ihren Einnahmen, die sie durch diese Maßregel erleiden, wie schon die Kommission bemerkt hat, von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung erwartet werden kann, daß das Verweigerte nachgezahlt werde. Ich bemerke ausdrücklich, daß die Fassung des Kommissionsberichtes dahin geht, daß die Steuern an sich nicht völlig erlassen sein, sondern daß nur die Entrichtung derselben während der Dauer des jetzigen hochverrätherischen Ministeriums suspendirt sein solle, so daß also später, wenn die Versammlung es anders beschließt, die Nachzahlung vollständig erfolgen kann, wie man dies auch von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung nicht anders erwarten darf. (Bravo!)

Nach dieser Rede des Abgeordneten Kirchmann erhob die Versammlung nach kurzer Diskussion den folgenden Antrag der Abgeordneten Schulze-Delitzsch, Schorbaum, Blöm, Phillips einstimmig zum Beschlusse:

Daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange, als die Nationalversammlung nicht ungestört in Berlin ihre Berathungen fortzusetzen vermag; und tritt dieser Beschluß mit dem Ablauf des 17. Novbr. 1848 in Kraft und Wirksamkeit.

* Berlin, 19. Nov.

Aus Berlin geht uns folgendes klassische Schreiben (sammt Ortographie) leider anonym zu:

"Eine solche gemeene erbährmlichte Zeihtung als die Ihrigte habe ich noch nicht geleesen, die Lüge sind so offenbar, das Sie Ekell erregen, namentlich aus Berlin, Ihre Parteih erfühlt uns mit Abscheu und verachtung, Alle wohlgesinte d. h. die Ungeheure Mehrzahl wehndet sich mit Abscheu und Wiederwillen von einer solchen schändlichen Partei denen nichts heilig ist, in Berlin hat diese Partei nur ganz geringen Anhang, und daß nur von ganz schlechten Subjecten, genößen wir doch in aller Folge solcher tiefen Ruhe wie gegenwärtig, dann sind wir ganz zufrieden, und wollen gern der Rheinprovinz die Schurken gönnen, die durch Umsturz und Schreckenherrschaft die Annarchie vorbereiten, und die Pöbelherschaft einführen möchten, um dabei im Trüben zu fischen. Pfui über Euch schufte." Berlin den 19 Nov.

* Wien, 16. Novbr.

"Pulver und Blei" wüthen fort. Heute morgen 8 Uhr ist auch Messenhauser erschossen worden, nachdem noch gestern Abend eine Extralocomotive mit dem dringenden Begnadigungsgesuche hier anwesender Reichstags-Abgeordneten nach Ollmütz abgegangen war. Eine zahllose Menschenmenge hatte sich im Stadtgraben beim neuen Thor, dem Orte der Exekution, eingefunden. Messenhauser erschien zu Fuß, umgeben von einer sehr starken Militärabtheilung, welche sofort ein Quarre formirte. Nach einer, dem ferner stehenden Publikum unverständlichen Anrede an seine Henker legte der Verurtheilte die eine Hand auf's Herz, die andere steckte er in die Tasche und kommandirte dann selbst, stehend und mit unverbundenen Augen: Feuer! Er stürzte rücklings nieder; von sechs Kugeln hatten drei getroffen. Ein Held lag verröchelnd im Sande. -- Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!

24 Düsseldorf, 19. Nov.

Gestern war der Exminister und Oberpräsident der Rheinprovinz Hr. Eichmann hier anwesend, um mit der Regierung und Hrn. General Drigalsky über die Entwaffnung der Bürgerwehr zu berathen. Die Berathung ist, wie zu erwarten stand, resultatlos geblieben, da sich kein Grund auffinden ließ, der den beabsichtigten Gewaltstreich auch nur im Entferntesten hätte rechtfertigen können. Abends gegen 11 Uhr geruhten Se. Excellenz eine Katzenmusik entgegenzunehmen.

Eine ähnliche Ehre, nur noch feierlicher und großartiger, wurde am 16. d. Hrn. Kühlwetter zu Theil, als er uns auf kurze Zeit mit seinem Besuche beglückte. In seiner Bescheidenheit wollte der Treffliche sich bei seiner Ankunft seinen frühern Mitbürgern entziehen, wurde jedoch auf dem Bahnhof erkannt, und mußte nun bongre malgre die berühmte Lichtwer'sche Fabel: "Thier und Menschen schlafen feste etc. etc." eine glänzende zweite Auflage erleben lassen.

Der Kommandeur unserer Garnison, Monsieur le Chevalier Drigalsky sans peur et sans reproche, hat seit gestern die Kaserne zu seiner gewöhnlichen Schlafstelle genommen. In seiner Wohnung muß es ihm nicht mehr geheuer sein.

Der Geist der hiesigen Einwohnerschaft bleibt vortrefflich. Die Parade der Bürgerwehr heute Morgen war in der That grandios. 3000 Mann, alle bewaffnet (wenn auch viele nur mit Beilen, Sensen etc. etc.), alle voll Muth und Begeisterung! Die Soldaten besuchen en masse die Volksversammlungen, und fraternisiren bei jeder Gelegenheit mit den Bürgern.

Brück im Kreise Mülheim am Rhein.

Auch hier wird gegen das Auftreten des Ministerium Brandenburg-Manteuffel entschieden protestirt und eine Dankadresse an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgehen.

Hamm, 18. Nov.

Man beabsichtigt auf dem höchsten Punkte des Haarstrangs im sogenannte Schelk, wo früher ein berühmter Galgen stand, wieder einen zu errichten, und wie das beim Militär in ähnlicher Weise geschieht, unsere aus der Nationalversammlung zu Berlin desertirten Volksvertreter in effigie daran zu heften. Es werden die bezüglichen Wahlmänner ersucht, dieselbe auf irgend eine gut gegerbte Thierhaut in Lebensgröße konterfeien zu lassen, und die Schandbilder wohl verpackt dem Wasenmeister, Thierarzt und Scharfrichter Hirsch in Unna einzureichen.

* Wesel, den 18. Novbr.

In seiner gestrigen Sitzung (der ersten öffentlichen) hat der Gemeinderath folgende zwei Adressen beschlossen:

1) An die National-Versammlung zu Bertin. Der Gemeinderath der Stadt Wesel erklärt sich mit der von der hohen National-Versammlung in dem gegenwärtigen traurigen Conflikt mit der Krone am 9. d. M. gefaßten Beschluß: "der Krone das Recht nicht zuzugestehen, die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen" -- vollkommen einverstanden und bittet dieselbe, auf dem von ihr betretenen Wege, die Freiheiten und Rechte des Volkes zu wahren, zu beharren und sich der Zustimmung der unterzeichneten Vertreter der Stadt Wesel versichert zu halten.
2) An den Vice-Präsidenten Plönnis.

Hochgeehrter Herr!

Mit inniger Genugthuung und wahrhaft erhebender Freude haben die unterzeichneten Gemeindeverordneten und Bürger Wesels den Bericht über Ihr männlich festes Benehmen als Vice-Präsident der National-Versammlung am 14. d. M. im Saale des Schützenhauses zu Berlin gelesen. Wer die Ehre und Würde der Volksvertretung gegen den Andrang der Gewalt auf so entschiedene Weise zu wahren weiß, der hat sich den Dank des Vaterlandes verdient, und sich einen Platz in der Geschichte, in der Erinnerung der Nachwelt an die große Zeit unserer staatlichen Entwicklung gesichert.

Wir sind stolz darauf, Bürger der Stadt zu sein, in welcher Sie geboren sind und Ihre Jugend verlebt haben: deswegen erlauben Sie uns, die Gefuhle der vollsten Anerkennung Ihnen auszusprechen als einen Tribut unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Wesel, den 17. November 1848.

Der Gemeinderath der Stadt.

Kochem, 18. November.

Mitbürger!

das Vaterland ist in Gefahr, es ruft euch zu seiner Rettung auf.

Wer hätte geglaubt, als im März unsere Brüder in Berlin sich erhoben, und unsere Freiheit erkämpften, wer hätte geglaubt, damals, daß man diese Errungenschaft dem Volke nach einem halben Jahre wieder entreißen wolle?

Wer hätte dieses geglaubt, als es jene Beamten- und Adelspartei sich bange verstecken, oder den neuen Freiheitsbestrebungen mit übergroßem Eifer anschließen sah? Wer hätte dies damals geglaubt?

Doch diese Reaktionspartei ist aus ihren Höhlen hervorgebrochen, sie hat ihre Schafpelze ausgezogen und wüthet jetzt wieder gegen das Volk! Gegen das Volk, das zu großmuthig war, um jenes Gewurm zu vernichten, das das Opfer des Fürsten umlagert und den gerechten Klagen des Volkes den Eingang verschließt! Gegen das Volk, dessen Blut und Mark jene Schmarotzerthiere aussaugen.

Höre Volk, staune und helfe!

Als die Revolution uns das Recht gegeben, Vertreter nach Berlin zu wählen, hatten wir das Mittel, unsere uns von Gott gegebenen aber bis dahin mit Füßen getretene Rechte, wieder zur Anerkennung zu bringen.

Diese Abgesandten des Volkes arbeiten mit wahrer Menschenliebe für dasselbe und schon waren wir auf dem Punkte, eine freisinnige Gemeindeverfassung, wobei die Gemeinden ihre Beamten selbst wählen und ihr Vermögen selbst verwalten sollten, zu erhalten; wir hatten fur die nächste Zukunft eine Steuerreform zu erwarten, die dem armen gedrückten Manne die jetzt schwer auf ihm liegende Steuerlast vermindern sollte, und jetzt wird unsere National-Versammlung in Berlin zu vernichten gesucht.

General Brandenburg, gegen dessen Ernennung zum Minister die National-Versammlung kurz vorher schon protestirt unter den Volksvertretern, kundigt sich als Premierminister an und erklärt im Namen des Königs:

"Die National-Versammlung habe ihre Berathungen sofort einzustellen und am 27. d. M. sich in der Stadt Brandenburg wieder einzufinden."

Die Versammlung beschließt hierauf, diesem Befehle nicht nachzukommen, erklärt diejenigen verantwortlichen Beamten, die dem Könige zu diesem Schritte gerathen, für unfähig, der Regierung vorzustehen, vielmehr hatten dieselben sich schwerer Pflichtverletzungen gegen die Krone, das Volk und die Versammlung schuldig gemacht.

Das Volk von Berlin benimmt sich bei dieser Sache groß und nachahmungswürdig; es hat erklärt, die National-Versammlung gegen jede Gewaltthat zu schützen; und die Bürgergarde umstellte sofort das Haus worin die Versammlung ihre Sitzungen hält; sie erklärt die Beschlüsse der National-Versammlung mit Gut und Blut bis zum letzten Augenblicke schützen und ausführen zu wollen.

Da rücken auf einmal 50,000 Mann Soldaten mit 200 Kanonen in die Stadt ein, sie umstellen die Bürgerwehr, und der General Wrangel erklärt, er werde jeden Abgeordneten hinaus aber keinen mehr hinein lassen.

Bürger! Man will unsere Vertreter mit Bajonetten und Kanonen auseinanderjagen, man hat offen mit dem Volke gebrochen, und jetzt entbrennt der Kampf des Volkes gegen seine Unterdrucker!

Berlin ist in diesem Augenblicke von einer ungeheuren Truppenmasse umgeben und ihm droht das Schicksal Wiens!

Kennt ihr das Schicksal Wiens?

O es ist schrecklich jenes Blutbad, sie sind entsetzlich jene Schandthaten, sie sind furchterlich jene Baebarreien, verübt an einem Volke, das im Kampfe für seine Freiheit unterlegen, verübt mit der Trunkenheit des Mörders von einer grausamen Soldateska!

Aber sollten unsere Soldaten, unsere Brüder, sich zu Freiheitsmördern gebrauchen lassen?

O, das wäre entsetzlich trostlos!

Bürger, ruft es euren Söhnen im Heere zu, nicht zur Unterdrückung der heiligen Freiheit, den Arm zu leihen, sondern dem Volke seine ihm vom Himmel gegebenen heiligen Rechte vertheidigen zu helfen!

Landwehr! rufe deinen Brüdern vom stehenden Heere zu, daß du auf des Volkes Seite für dessen heilige Rechte kämpfst!

Bürger! Setzen wir unser ganzes Vertrauen in die National-Versammlung!

Hört den Nothschrei des Vaterlandes und unterstützt mit Leib und Leben die Befehle der National-Versammlung, und wir werden unsere lange unterdrückte Freiheit erringen.

Der Vorstand des demokratischen Vereins.

Adam Pauly. Franz Pauly. Caspar Schmitz. Himmen. Peretti.

Italien.

Die Sizilianer werden, wie es heißt, allmählig unmuthig darüber, daß der Herzog von Genua ihre Krone weder bestimmt angenommen, noch bestimmt ausgeschlagen hat. Sie sollen beabsichtigen ihn, wenn er sich nicht bald entschieden erklärt, einfach fallen zu lassen und sich zur Republik zu konstituiren, was freilich wegen der Verhältnisse zu Frankreich einem indirekten Bruch Siziliens mit England gleichkommen würde.

Aus Neapel, wo jüngst alle toskaner Blätter mit Einschluß der offiziellen verboten sind, erfährt man, daß ein Theil der Abruzzen und Apuliens in permanenter Revolution, die Hauptstadt Neapel aber in Belagerungszustand erklärt ist.

(A. Z.)
** Florenz. 9. Nov.

Während in ganz Europa die Contre revolution Schritt vor Schritt siegreich vordringt, feiert in dem kleinen Toskana die Demokratie ihre glänzendsten Triumphe. Das Ministerium Guerrazzi-Montanelli, getragen von der Livorneser und Florentiner Demokratie, bleibt seinem Ursprung, der auf den Barrikaden von Livorno zu suchen ist, vollständig treu. Es hat die Kammer aufgelöst und wird in den Wahlen, die noch in diesem Monat stattfinden, eine bessere Stütze finden, als in den alten, unter längst hinter uns liegenden Verhältnissen gewählten Deputirten. Es hat vorgestern ein Cirkulär an die toskanischen Gesandten bei den übrigen italienischen Regierungen erlassen, das sein Manifest für seine italienische Politik ist. Man vergleiche dies Dokument mit der lahmen, schwankenden, unsichern und in letzter Instanz stets volksfeindlichen Handlungsweise der deutschen Regierungen in Sachen der deutschen Einheit, und man wird gestehen, daß sie unendlich weit hinter der demokratischen Entschiedenheit zurückstehen, mit der das toskanische Ministerium die Einheit Italiens fordert. Man vergleiche diese kurze, logische, schlagende Schreibart mit dem pomphaften Bombast, mit dem andere italienische Regierungen nur zu oft die Inhaltslosigkeit oder Zweideutigkeit ihrer Erlasse umhüllen, und man wird, besonders in diesem Lande des erhabenen Styls, doppelte Achtung vor dem Takt und Verstand Guerrazi's, der das Cirkular verfaßt hat, haben müssen. Das Cirkular lautet:

1) Vor der lombardischen Insurrektion gingen die italienischen Regierungen, als reformatorische und konstitutionelle, stets vom Prinzip des göttlichen Rechts aus und fanden die Grundlage ihrer Legitimität in den Wienerr Verträgen.

2) Die lombardische Insurrektion proklamirte durch die That das Prinzip der Volkssouveränetät und die italienischen Regierungen acceptirten es, indem sie sich am Unabhängigkeitskriege betheiligten.

3) Die piemontesische Regierung that noch mehr. Als der Anschluß der an Piemont gefallenen Provinzen vorgeschlagen wurde, wünschte sie, daß die Entscheidung von der Abstimmung des Volkes abhinge und es wurden Listen eröffnet, in denen Jeder ohne Ausnahme berufen wurde, seine Stimme abzugeben. Außer dem Prinzip der Volkssouveränetät wurde also das Prinzip der Ausübung dieser Souveränetät durch das allgemeine Stimmrecht sanktionirt.

4) Diese zwei Prinzipien sind durch die mächtige Zustimmung der savoischen Fürsten unwiderruflich dem öffentlichen Recht Italiens einverleibt.

5) Die Constituante ist die Anwendung eben dieser Prinzipien zur wirklichen Herstellung (edificazione) der Nationalität. Wollen wir stark sein, so müssen wir konsequent sein; haben wir die Wohlthaten der Insurrektion acceptirt, so müssen wir auch ihren Konsequenzen uns unterwerfen.

6) Die Constituante allein kann den Regierungen Kraft geben und sie gegen die Uebergriffe der Parteien schützen.

7) Ein Staatenbund, der nicht aus einer wahren und wirklichen nationalen Constituante hervorgegangen, würde unzureichend sein. Nachdem das Prinzip von Gottes Gnaden aufgegeben, welches die Individualität jedes italienischen Staats unantastbar macht, muß jede Institution, die man der Nation geben will, von der Nation bewilligt sein, um Legitimität zu erlangen. Sonst hätte die demokratische Partei das Recht, ihr die Zustimmung zu verweigern, und die Regierungen könnten diese Zustimmung logischer Weise nicht fordern, ohne mit der größten Gefahr für sich selbst, zu den alten Prinzipien zurückzukehren.

8) Damit die Beschlüsse der Constituante der Art seien, daß keine Partei, wie wenig sie auch in ihren Wünschen befriedigt sei, ihnen die Zustimmung versagen könne, muß die Wahl der Deputirten so geschehen, daß sie allen Zweifel an ihrer Kompetenz, die Nation zu vertreten, ausschließt. Dies aber wäre nicht der Fall, wenn sie entweder allein von den Fürsten, oder von den Parlamenten erwählt würden.

9) Von einem blos von den Fürsten ernannten Kongresse würde man sagen, er sei von seinem Ursprung an nicht im Interesse der Völker eingesetzt worden.

10) Ein aus den gesetzgebenden Parlamenten hervorgegangener Kongreß würde zwei schwache Seiten haben.

a) Die Parlamente würden ihr Mandat überschreiten, da sie eingesetzt sind, um für jeden Einzelstaat Gesetze zu machen, nicht aber um die konstituirenden Gewalten der ganzen Nation zu schaffen.

b)Die demokratische Partei, welche die Repräsentation der einzelnen Staaten für unvollständig erklärt, weil sie nicht auf das allgemeine Stimmrecht begründet, würde diesen Mangel um so mehr in der Vertretungder Nation wiederfinden.

11) Das allgemeine Stimmrecht, wie es in Frankreich ausgeübt wird, ist das einzige Mittel, eine Constituante zu schaffen, in der die Nation sich repräsentirt fühlt. Dies System hat seine Gefahren, aber die Gefahren, die jedes andereWahlsystem mit sich führt, sind viel größer.

12) Die italienische Constituante wird zwei Stadien haben; das erste vor, das zweite nach der Vertreibung der Fremden. Alle Fragen der innern Organisation der Nation dürfen erst im zweiten Stadium erledigt werden, da zu ihrer Lösung die Stimme des ganzen italienischen Volkes nöthig ist, während ein großer Theil desselben, so lange er unter der fremden Knechtschaft seufzt, seine Vertreter nicht wird erwählen können. In diesem ersten Stadium hat die Constituante sich mit allen Fragen zu beschäftigen, welche direkt oder indirekt auf die Erlangung der Unabhängigkeit Bezug haben. Sie wird jene Zersplitterung der Kräfte verhüten, welche die Hauptursache des unglücklichen Ausgangs des letzten Feldzugs war. Zu diesem Zweck wird die Constituante ihre Wirksamkeit beginnen können, sobald zwei italienische Staaten sich über ihre Berufung verständigt haben.

13) Die Regierung des Großherzogs ladet daher alle italienischen Regierungen ein, ihre Ansichten über folgende drei Punkte vorzulegen:

a) Ob sie einverstanden sind, die italienische Constituante einzuberufen, um zunächst für die Bedürfnisse der Unabhängigkeitskrieger zu sorgen.

b) Ob sie glauben, daß die Deputirten durch allgemeines Stimmrecht zu wählen sind, wie Toskana dies zu thun vorhat.

c) Ob sie einverstanden sind, daß die Fragen der innern Organisation sämmtlich bis zur Verjagung der Fremden vertagt werden, ohne daß es darum der initiatorischen Constituante benommen sei, die Elemente derselben zur leichteren definitiven Lösung vorzubereiten.

d) Sobald wir einige Adhesionen erhalten haben, werden wir sofort zur Wahl der Deputirten auf den angebenen Grundlagen schreiten.

14) Wir veröffentlichen sogleich dies Cirkular, weil in Sachen von solcher Wichtigkeit es nicht gestattet ist, das Geheimniß zu bewahren. Wenn unser Vorschlag, wie wir überzeugt sind, den Bedürfnissen der Nation entspricht, so ist es billig, daß die Nation wisse, von welcher Seite der Anstoß, von welcher die Hindernisse seiner Ausführung kommen. Wir vertrauen den Vorschlag nicht den Waffen, sondern der öffentlichen Meinung, und hoffen, daß dieselbe moralische Gewalt, die die italienischen Regierungen zuerst zu den Reformen, dann zu den Konstitutionen, dann zum Unabhängigkeitskriege trieb, sie auch zu einer Konstituante, dem einzigen Mittel gegen den uns bedrohenden Bürgerkrieg, treiben wird.

15) Sie, Hr. Gesandter, werden allen Ihren Eifer aufbieten, damit diese Ansichten der toskanischen Regierung günstig von der Regierung aufgenommen werden, bei der sie akkreditirt sind.

Florenz, 7. November 1848.

(gez.) G. Montanelli. F. D. Guerrazzi. M. D'Ayala. G. Mazzoni. P. A. Adami.

Der Enthusiasmus des Volkes über dies Aktenstück, in dem zuerst eine der Diplomatie von 1848 würdige Sprache geführt wird, ist namenlos. Eben so namenlos wird aber auch die Ueberlegenheit der übrigen italienischen Regierungen sein. Aber Guerazzi hat Recht: die öffentliche Meinung wird sie schon weiter treiben, wird sie zwingen, wohl oder übel der italienischen Konstituante sich anzuschließen.

* Aus Piacenza erfährt man, daß der östreichische Kommandant die Gräben um die Stadt wieder mit Wasser füllen lassen wollte, um die Desertion der allnächtlich ausreißenden Ungarn zu verhindern. Zum Glück haben sich die Gräben als nicht wasserdicht erwiesen; das Wasser fließt ab, sobald es hereingelassen worden ist, und die Soldaten rutschen nach wie vor an Stricken über die Stadtmauern in's Freie.

Zu Bologna hat die päpstliche Regierung der Garibaldischen Legion den Eintritt auf das Gebiet des Kirchenstaats untersagt, indem sie gleichzeitig ein Korps von 400 Schweizern und Dragonern an die Gränze beorderte, um ihrer Weisung nöthigenfalls mit den Waffen Nachdruck zu geben. In Bologna hat diese Maßregel allgemeine Unzufriedenheit erregt.

Zeitung unterdrückt, um die darin enthaltene Ungerechtigkeit im Lande nicht bekannt werden zu lassen.

Ich bemerke ferner, daß alle jene gefährlichen, ungerechten und gleißnerischen Bekanntmachungen, welche die Regierung seit Sonntag Abend erlassen hat, immer Abends erfolgt sind, damit das Land einen Tag länger damit in Unbekanntschaft bleibe, und damit die Zeitungen sie nicht sofort in den Morgenblättern des nächsten Tages aufnehmen konnten. Man kann wenigstens keine andere Absicht dabei annehmen, daß die Plakate der jetzigen Gewalthaber immer Abends an den Bäumen und Ecken angeklebt worden sind, wo es also unmöglich war, sie vor dem andern Tage zu lesen.

Dies m. H. sind die neuen Umstände, welche seit Sonnabend über unsere Stadt und Versammlung hereingebrochen sind, und ich glaube, sie sind so furchtbar und extrem, daß uns nunmehr kein anderes Mittel übrig bleibt, als zum Aeußersten zu greifen. Was ich am Sonntag für meine Person für nicht zeitgemäß hielt, dem muß ich heute mit vollem Herzen beistimmen und ich wünsche, daß die ganze Versammlung den Antrag der Kommission billigen möge. Ich gebe zu, daß diese Maßregel viele Unschuldige treffen wird, daß manche Stadt auf einige Zeit in ihren Einnahmsquellen geschmälert wird; mancher arme Beamte wird leiden müssen, aber diese Uebelstände sind Kleinigkeiten gegen die ungeheuere Ungerechtigkeit und Schmach, gegen das Unglück, welches über das ganze Land verhängt ist, und in Bezug darauf dürfen wir vor dieser extremen Maßregel jetzt nicht mehr zurückschrecken. Ich bin vollständig überzeugt, daß der gesunde Sinn der Bevölkerung, trotzdem, daß die Steuern verweigert werden, keinen Anstand nehmen wird, diese kleinen Uebel zu lindern, namentlich den Beamten, die ohne Verschulden dadurch leiden, in ihrer Noth zu helfen. Auch die Städte werden hoffentlich nicht zu schwer dadurch leiden, da in Bezug auf die Ausfälle in ihren Einnahmen, die sie durch diese Maßregel erleiden, wie schon die Kommission bemerkt hat, von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung erwartet werden kann, daß das Verweigerte nachgezahlt werde. Ich bemerke ausdrücklich, daß die Fassung des Kommissionsberichtes dahin geht, daß die Steuern an sich nicht völlig erlassen sein, sondern daß nur die Entrichtung derselben während der Dauer des jetzigen hochverrätherischen Ministeriums suspendirt sein solle, so daß also später, wenn die Versammlung es anders beschließt, die Nachzahlung vollständig erfolgen kann, wie man dies auch von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung nicht anders erwarten darf. (Bravo!)

Nach dieser Rede des Abgeordneten Kirchmann erhob die Versammlung nach kurzer Diskussion den folgenden Antrag der Abgeordneten Schulze-Delitzsch, Schorbaum, Blöm, Phillips einstimmig zum Beschlusse:

Daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange, als die Nationalversammlung nicht ungestört in Berlin ihre Berathungen fortzusetzen vermag; und tritt dieser Beschluß mit dem Ablauf des 17. Novbr. 1848 in Kraft und Wirksamkeit.

* Berlin, 19. Nov.

Aus Berlin geht uns folgendes klassische Schreiben (sammt Ortographie) leider anonym zu:

„Eine solche gemeene erbährmlichte Zeihtung als die Ihrigte habe ich noch nicht geleesen, die Lüge sind so offenbar, das Sie Ekell erregen, namentlich aus Berlin, Ihre Parteih erfühlt uns mit Abscheu und verachtung, Alle wohlgesinte d. h. die Ungeheure Mehrzahl wehndet sich mit Abscheu und Wiederwillen von einer solchen schändlichen Partei denen nichts heilig ist, in Berlin hat diese Partei nur ganz geringen Anhang, und daß nur von ganz schlechten Subjecten, genößen wir doch in aller Folge solcher tiefen Ruhe wie gegenwärtig, dann sind wir ganz zufrieden, und wollen gern der Rheinprovinz die Schurken gönnen, die durch Umsturz und Schreckenherrschaft die Annarchie vorbereiten, und die Pöbelherschaft einführen möchten, um dabei im Trüben zu fischen. Pfui über Euch schufte.“ Berlin den 19 Nov.

* Wien, 16. Novbr.

„Pulver und Blei“ wüthen fort. Heute morgen 8 Uhr ist auch Messenhauser erschossen worden, nachdem noch gestern Abend eine Extralocomotive mit dem dringenden Begnadigungsgesuche hier anwesender Reichstags-Abgeordneten nach Ollmütz abgegangen war. Eine zahllose Menschenmenge hatte sich im Stadtgraben beim neuen Thor, dem Orte der Exekution, eingefunden. Messenhauser erschien zu Fuß, umgeben von einer sehr starken Militärabtheilung, welche sofort ein Quarre formirte. Nach einer, dem ferner stehenden Publikum unverständlichen Anrede an seine Henker legte der Verurtheilte die eine Hand auf's Herz, die andere steckte er in die Tasche und kommandirte dann selbst, stehend und mit unverbundenen Augen: Feuer! Er stürzte rücklings nieder; von sechs Kugeln hatten drei getroffen. Ein Held lag verröchelnd im Sande. — Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!

24 Düsseldorf, 19. Nov.

Gestern war der Exminister und Oberpräsident der Rheinprovinz Hr. Eichmann hier anwesend, um mit der Regierung und Hrn. General Drigalsky über die Entwaffnung der Bürgerwehr zu berathen. Die Berathung ist, wie zu erwarten stand, resultatlos geblieben, da sich kein Grund auffinden ließ, der den beabsichtigten Gewaltstreich auch nur im Entferntesten hätte rechtfertigen können. Abends gegen 11 Uhr geruhten Se. Excellenz eine Katzenmusik entgegenzunehmen.

Eine ähnliche Ehre, nur noch feierlicher und großartiger, wurde am 16. d. Hrn. Kühlwetter zu Theil, als er uns auf kurze Zeit mit seinem Besuche beglückte. In seiner Bescheidenheit wollte der Treffliche sich bei seiner Ankunft seinen frühern Mitbürgern entziehen, wurde jedoch auf dem Bahnhof erkannt, und mußte nun bongré malgré die berühmte Lichtwer'sche Fabel: „Thier und Menschen schlafen feste etc. etc.“ eine glänzende zweite Auflage erleben lassen.

Der Kommandeur unserer Garnison, Monsieur le Chevalier Drigalsky sans peur et sans reproche, hat seit gestern die Kaserne zu seiner gewöhnlichen Schlafstelle genommen. In seiner Wohnung muß es ihm nicht mehr geheuer sein.

Der Geist der hiesigen Einwohnerschaft bleibt vortrefflich. Die Parade der Bürgerwehr heute Morgen war in der That grandios. 3000 Mann, alle bewaffnet (wenn auch viele nur mit Beilen, Sensen etc. etc.), alle voll Muth und Begeisterung! Die Soldaten besuchen en masse die Volksversammlungen, und fraternisiren bei jeder Gelegenheit mit den Bürgern.

Brück im Kreise Mülheim am Rhein.

Auch hier wird gegen das Auftreten des Ministerium Brandenburg-Manteuffel entschieden protestirt und eine Dankadresse an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgehen.

Hamm, 18. Nov.

Man beabsichtigt auf dem höchsten Punkte des Haarstrangs im sogenannte Schelk, wo früher ein berühmter Galgen stand, wieder einen zu errichten, und wie das beim Militär in ähnlicher Weise geschieht, unsere aus der Nationalversammlung zu Berlin desertirten Volksvertreter in effigie daran zu heften. Es werden die bezüglichen Wahlmänner ersucht, dieselbe auf irgend eine gut gegerbte Thierhaut in Lebensgröße konterfeien zu lassen, und die Schandbilder wohl verpackt dem Wasenmeister, Thierarzt und Scharfrichter Hirsch in Unna einzureichen.

* Wesel, den 18. Novbr.

In seiner gestrigen Sitzung (der ersten öffentlichen) hat der Gemeinderath folgende zwei Adressen beschlossen:

1) An die National-Versammlung zu Bertin. Der Gemeinderath der Stadt Wesel erklärt sich mit der von der hohen National-Versammlung in dem gegenwärtigen traurigen Conflikt mit der Krone am 9. d. M. gefaßten Beschluß: „der Krone das Recht nicht zuzugestehen, die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen“ — vollkommen einverstanden und bittet dieselbe, auf dem von ihr betretenen Wege, die Freiheiten und Rechte des Volkes zu wahren, zu beharren und sich der Zustimmung der unterzeichneten Vertreter der Stadt Wesel versichert zu halten.
2) An den Vice-Präsidenten Plönnis.

Hochgeehrter Herr!

Mit inniger Genugthuung und wahrhaft erhebender Freude haben die unterzeichneten Gemeindeverordneten und Bürger Wesels den Bericht über Ihr männlich festes Benehmen als Vice-Präsident der National-Versammlung am 14. d. M. im Saale des Schützenhauses zu Berlin gelesen. Wer die Ehre und Würde der Volksvertretung gegen den Andrang der Gewalt auf so entschiedene Weise zu wahren weiß, der hat sich den Dank des Vaterlandes verdient, und sich einen Platz in der Geschichte, in der Erinnerung der Nachwelt an die große Zeit unserer staatlichen Entwicklung gesichert.

Wir sind stolz darauf, Bürger der Stadt zu sein, in welcher Sie geboren sind und Ihre Jugend verlebt haben: deswegen erlauben Sie uns, die Gefuhle der vollsten Anerkennung Ihnen auszusprechen als einen Tribut unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Wesel, den 17. November 1848.

Der Gemeinderath der Stadt.

Kochem, 18. November.

Mitbürger!

das Vaterland ist in Gefahr, es ruft euch zu seiner Rettung auf.

Wer hätte geglaubt, als im März unsere Brüder in Berlin sich erhoben, und unsere Freiheit erkämpften, wer hätte geglaubt, damals, daß man diese Errungenschaft dem Volke nach einem halben Jahre wieder entreißen wolle?

Wer hätte dieses geglaubt, als es jene Beamten- und Adelspartei sich bange verstecken, oder den neuen Freiheitsbestrebungen mit übergroßem Eifer anschließen sah? Wer hätte dies damals geglaubt?

Doch diese Reaktionspartei ist aus ihren Höhlen hervorgebrochen, sie hat ihre Schafpelze ausgezogen und wüthet jetzt wieder gegen das Volk! Gegen das Volk, das zu großmuthig war, um jenes Gewurm zu vernichten, das das Opfer des Fürsten umlagert und den gerechten Klagen des Volkes den Eingang verschließt! Gegen das Volk, dessen Blut und Mark jene Schmarotzerthiere aussaugen.

Höre Volk, staune und helfe!

Als die Revolution uns das Recht gegeben, Vertreter nach Berlin zu wählen, hatten wir das Mittel, unsere uns von Gott gegebenen aber bis dahin mit Füßen getretene Rechte, wieder zur Anerkennung zu bringen.

Diese Abgesandten des Volkes arbeiten mit wahrer Menschenliebe für dasselbe und schon waren wir auf dem Punkte, eine freisinnige Gemeindeverfassung, wobei die Gemeinden ihre Beamten selbst wählen und ihr Vermögen selbst verwalten sollten, zu erhalten; wir hatten fur die nächste Zukunft eine Steuerreform zu erwarten, die dem armen gedrückten Manne die jetzt schwer auf ihm liegende Steuerlast vermindern sollte, und jetzt wird unsere National-Versammlung in Berlin zu vernichten gesucht.

General Brandenburg, gegen dessen Ernennung zum Minister die National-Versammlung kurz vorher schon protestirt unter den Volksvertretern, kundigt sich als Premierminister an und erklärt im Namen des Königs:

„Die National-Versammlung habe ihre Berathungen sofort einzustellen und am 27. d. M. sich in der Stadt Brandenburg wieder einzufinden.“

Die Versammlung beschließt hierauf, diesem Befehle nicht nachzukommen, erklärt diejenigen verantwortlichen Beamten, die dem Könige zu diesem Schritte gerathen, für unfähig, der Regierung vorzustehen, vielmehr hatten dieselben sich schwerer Pflichtverletzungen gegen die Krone, das Volk und die Versammlung schuldig gemacht.

Das Volk von Berlin benimmt sich bei dieser Sache groß und nachahmungswürdig; es hat erklärt, die National-Versammlung gegen jede Gewaltthat zu schützen; und die Bürgergarde umstellte sofort das Haus worin die Versammlung ihre Sitzungen hält; sie erklärt die Beschlüsse der National-Versammlung mit Gut und Blut bis zum letzten Augenblicke schützen und ausführen zu wollen.

Da rücken auf einmal 50,000 Mann Soldaten mit 200 Kanonen in die Stadt ein, sie umstellen die Bürgerwehr, und der General Wrangel erklärt, er werde jeden Abgeordneten hinaus aber keinen mehr hinein lassen.

Bürger! Man will unsere Vertreter mit Bajonetten und Kanonen auseinanderjagen, man hat offen mit dem Volke gebrochen, und jetzt entbrennt der Kampf des Volkes gegen seine Unterdrucker!

Berlin ist in diesem Augenblicke von einer ungeheuren Truppenmasse umgeben und ihm droht das Schicksal Wiens!

Kennt ihr das Schicksal Wiens?

O es ist schrecklich jenes Blutbad, sie sind entsetzlich jene Schandthaten, sie sind furchterlich jene Baebarreien, verübt an einem Volke, das im Kampfe für seine Freiheit unterlegen, verübt mit der Trunkenheit des Mörders von einer grausamen Soldateska!

Aber sollten unsere Soldaten, unsere Brüder, sich zu Freiheitsmördern gebrauchen lassen?

O, das wäre entsetzlich trostlos!

Bürger, ruft es euren Söhnen im Heere zu, nicht zur Unterdrückung der heiligen Freiheit, den Arm zu leihen, sondern dem Volke seine ihm vom Himmel gegebenen heiligen Rechte vertheidigen zu helfen!

Landwehr! rufe deinen Brüdern vom stehenden Heere zu, daß du auf des Volkes Seite für dessen heilige Rechte kämpfst!

Bürger! Setzen wir unser ganzes Vertrauen in die National-Versammlung!

Hört den Nothschrei des Vaterlandes und unterstützt mit Leib und Leben die Befehle der National-Versammlung, und wir werden unsere lange unterdrückte Freiheit erringen.

Der Vorstand des demokratischen Vereins.

Adam Pauly. Franz Pauly. Caspar Schmitz. Himmen. Peretti.

Italien.

Die Sizilianer werden, wie es heißt, allmählig unmuthig darüber, daß der Herzog von Genua ihre Krone weder bestimmt angenommen, noch bestimmt ausgeschlagen hat. Sie sollen beabsichtigen ihn, wenn er sich nicht bald entschieden erklärt, einfach fallen zu lassen und sich zur Republik zu konstituiren, was freilich wegen der Verhältnisse zu Frankreich einem indirekten Bruch Siziliens mit England gleichkommen würde.

Aus Neapel, wo jüngst alle toskaner Blätter mit Einschluß der offiziellen verboten sind, erfährt man, daß ein Theil der Abruzzen und Apuliens in permanenter Revolution, die Hauptstadt Neapel aber in Belagerungszustand erklärt ist.

(A. Z.)
** Florenz. 9. Nov.

Während in ganz Europa die Contre revolution Schritt vor Schritt siegreich vordringt, feiert in dem kleinen Toskana die Demokratie ihre glänzendsten Triumphe. Das Ministerium Guerrazzi-Montanelli, getragen von der Livorneser und Florentiner Demokratie, bleibt seinem Ursprung, der auf den Barrikaden von Livorno zu suchen ist, vollständig treu. Es hat die Kammer aufgelöst und wird in den Wahlen, die noch in diesem Monat stattfinden, eine bessere Stütze finden, als in den alten, unter längst hinter uns liegenden Verhältnissen gewählten Deputirten. Es hat vorgestern ein Cirkulär an die toskanischen Gesandten bei den übrigen italienischen Regierungen erlassen, das sein Manifest für seine italienische Politik ist. Man vergleiche dies Dokument mit der lahmen, schwankenden, unsichern und in letzter Instanz stets volksfeindlichen Handlungsweise der deutschen Regierungen in Sachen der deutschen Einheit, und man wird gestehen, daß sie unendlich weit hinter der demokratischen Entschiedenheit zurückstehen, mit der das toskanische Ministerium die Einheit Italiens fordert. Man vergleiche diese kurze, logische, schlagende Schreibart mit dem pomphaften Bombast, mit dem andere italienische Regierungen nur zu oft die Inhaltslosigkeit oder Zweideutigkeit ihrer Erlasse umhüllen, und man wird, besonders in diesem Lande des erhabenen Styls, doppelte Achtung vor dem Takt und Verstand Guerrazi's, der das Cirkular verfaßt hat, haben müssen. Das Cirkular lautet:

1) Vor der lombardischen Insurrektion gingen die italienischen Regierungen, als reformatorische und konstitutionelle, stets vom Prinzip des göttlichen Rechts aus und fanden die Grundlage ihrer Legitimität in den Wienerr Verträgen.

2) Die lombardische Insurrektion proklamirte durch die That das Prinzip der Volkssouveränetät und die italienischen Regierungen acceptirten es, indem sie sich am Unabhängigkeitskriege betheiligten.

3) Die piemontesische Regierung that noch mehr. Als der Anschluß der an Piemont gefallenen Provinzen vorgeschlagen wurde, wünschte sie, daß die Entscheidung von der Abstimmung des Volkes abhinge und es wurden Listen eröffnet, in denen Jeder ohne Ausnahme berufen wurde, seine Stimme abzugeben. Außer dem Prinzip der Volkssouveränetät wurde also das Prinzip der Ausübung dieser Souveränetät durch das allgemeine Stimmrecht sanktionirt.

4) Diese zwei Prinzipien sind durch die mächtige Zustimmung der savoischen Fürsten unwiderruflich dem öffentlichen Recht Italiens einverleibt.

5) Die Constituante ist die Anwendung eben dieser Prinzipien zur wirklichen Herstellung (edificazione) der Nationalität. Wollen wir stark sein, so müssen wir konsequent sein; haben wir die Wohlthaten der Insurrektion acceptirt, so müssen wir auch ihren Konsequenzen uns unterwerfen.

6) Die Constituante allein kann den Regierungen Kraft geben und sie gegen die Uebergriffe der Parteien schützen.

7) Ein Staatenbund, der nicht aus einer wahren und wirklichen nationalen Constituante hervorgegangen, würde unzureichend sein. Nachdem das Prinzip von Gottes Gnaden aufgegeben, welches die Individualität jedes italienischen Staats unantastbar macht, muß jede Institution, die man der Nation geben will, von der Nation bewilligt sein, um Legitimität zu erlangen. Sonst hätte die demokratische Partei das Recht, ihr die Zustimmung zu verweigern, und die Regierungen könnten diese Zustimmung logischer Weise nicht fordern, ohne mit der größten Gefahr für sich selbst, zu den alten Prinzipien zurückzukehren.

8) Damit die Beschlüsse der Constituante der Art seien, daß keine Partei, wie wenig sie auch in ihren Wünschen befriedigt sei, ihnen die Zustimmung versagen könne, muß die Wahl der Deputirten so geschehen, daß sie allen Zweifel an ihrer Kompetenz, die Nation zu vertreten, ausschließt. Dies aber wäre nicht der Fall, wenn sie entweder allein von den Fürsten, oder von den Parlamenten erwählt würden.

9) Von einem blos von den Fürsten ernannten Kongresse würde man sagen, er sei von seinem Ursprung an nicht im Interesse der Völker eingesetzt worden.

10) Ein aus den gesetzgebenden Parlamenten hervorgegangener Kongreß würde zwei schwache Seiten haben.

a) Die Parlamente würden ihr Mandat überschreiten, da sie eingesetzt sind, um für jeden Einzelstaat Gesetze zu machen, nicht aber um die konstituirenden Gewalten der ganzen Nation zu schaffen.

b)Die demokratische Partei, welche die Repräsentation der einzelnen Staaten für unvollständig erklärt, weil sie nicht auf das allgemeine Stimmrecht begründet, würde diesen Mangel um so mehr in der Vertretungder Nation wiederfinden.

11) Das allgemeine Stimmrecht, wie es in Frankreich ausgeübt wird, ist das einzige Mittel, eine Constituante zu schaffen, in der die Nation sich repräsentirt fühlt. Dies System hat seine Gefahren, aber die Gefahren, die jedes andereWahlsystem mit sich führt, sind viel größer.

12) Die italienische Constituante wird zwei Stadien haben; das erste vor, das zweite nach der Vertreibung der Fremden. Alle Fragen der innern Organisation der Nation dürfen erst im zweiten Stadium erledigt werden, da zu ihrer Lösung die Stimme des ganzen italienischen Volkes nöthig ist, während ein großer Theil desselben, so lange er unter der fremden Knechtschaft seufzt, seine Vertreter nicht wird erwählen können. In diesem ersten Stadium hat die Constituante sich mit allen Fragen zu beschäftigen, welche direkt oder indirekt auf die Erlangung der Unabhängigkeit Bezug haben. Sie wird jene Zersplitterung der Kräfte verhüten, welche die Hauptursache des unglücklichen Ausgangs des letzten Feldzugs war. Zu diesem Zweck wird die Constituante ihre Wirksamkeit beginnen können, sobald zwei italienische Staaten sich über ihre Berufung verständigt haben.

13) Die Regierung des Großherzogs ladet daher alle italienischen Regierungen ein, ihre Ansichten über folgende drei Punkte vorzulegen:

a) Ob sie einverstanden sind, die italienische Constituante einzuberufen, um zunächst für die Bedürfnisse der Unabhängigkeitskrieger zu sorgen.

b) Ob sie glauben, daß die Deputirten durch allgemeines Stimmrecht zu wählen sind, wie Toskana dies zu thun vorhat.

c) Ob sie einverstanden sind, daß die Fragen der innern Organisation sämmtlich bis zur Verjagung der Fremden vertagt werden, ohne daß es darum der initiatorischen Constituante benommen sei, die Elemente derselben zur leichteren definitiven Lösung vorzubereiten.

d) Sobald wir einige Adhesionen erhalten haben, werden wir sofort zur Wahl der Deputirten auf den angebenen Grundlagen schreiten.

14) Wir veröffentlichen sogleich dies Cirkular, weil in Sachen von solcher Wichtigkeit es nicht gestattet ist, das Geheimniß zu bewahren. Wenn unser Vorschlag, wie wir überzeugt sind, den Bedürfnissen der Nation entspricht, so ist es billig, daß die Nation wisse, von welcher Seite der Anstoß, von welcher die Hindernisse seiner Ausführung kommen. Wir vertrauen den Vorschlag nicht den Waffen, sondern der öffentlichen Meinung, und hoffen, daß dieselbe moralische Gewalt, die die italienischen Regierungen zuerst zu den Reformen, dann zu den Konstitutionen, dann zum Unabhängigkeitskriege trieb, sie auch zu einer Konstituante, dem einzigen Mittel gegen den uns bedrohenden Bürgerkrieg, treiben wird.

15) Sie, Hr. Gesandter, werden allen Ihren Eifer aufbieten, damit diese Ansichten der toskanischen Regierung günstig von der Regierung aufgenommen werden, bei der sie akkreditirt sind.

Florenz, 7. November 1848.

(gez.) G. Montanelli. F. D. Guerrazzi. M. D'Ayala. G. Mazzoni. P. A. Adami.

Der Enthusiasmus des Volkes über dies Aktenstück, in dem zuerst eine der Diplomatie von 1848 würdige Sprache geführt wird, ist namenlos. Eben so namenlos wird aber auch die Ueberlegenheit der übrigen italienischen Regierungen sein. Aber Guerazzi hat Recht: die öffentliche Meinung wird sie schon weiter treiben, wird sie zwingen, wohl oder übel der italienischen Konstituante sich anzuschließen.

* Aus Piacenza erfährt man, daß der östreichische Kommandant die Gräben um die Stadt wieder mit Wasser füllen lassen wollte, um die Desertion der allnächtlich ausreißenden Ungarn zu verhindern. Zum Glück haben sich die Gräben als nicht wasserdicht erwiesen; das Wasser fließt ab, sobald es hereingelassen worden ist, und die Soldaten rutschen nach wie vor an Stricken über die Stadtmauern in's Freie.

Zu Bologna hat die päpstliche Regierung der Garibaldischen Legion den Eintritt auf das Gebiet des Kirchenstaats untersagt, indem sie gleichzeitig ein Korps von 400 Schweizern und Dragonern an die Gränze beorderte, um ihrer Weisung nöthigenfalls mit den Waffen Nachdruck zu geben. In Bologna hat diese Maßregel allgemeine Unzufriedenheit erregt.

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0003" n="0779"/>
Zeitung unterdrückt, um die darin enthaltene Ungerechtigkeit im Lande nicht bekannt werden zu lassen.</p>
          <p>Ich bemerke ferner, daß alle jene gefährlichen, ungerechten und gleißnerischen Bekanntmachungen, welche die Regierung seit Sonntag Abend erlassen hat, immer Abends erfolgt sind, damit das Land einen Tag länger damit in Unbekanntschaft bleibe, und damit die Zeitungen sie nicht sofort in den Morgenblättern des nächsten Tages aufnehmen konnten. Man kann wenigstens keine andere Absicht dabei annehmen, daß die Plakate der jetzigen Gewalthaber immer Abends an den Bäumen und Ecken angeklebt worden sind, wo es also unmöglich war, sie vor dem andern Tage zu lesen.</p>
          <p>Dies m. H. sind die neuen Umstände, welche seit Sonnabend über unsere Stadt und Versammlung hereingebrochen sind, und ich glaube, sie sind so furchtbar und extrem, daß uns nunmehr kein anderes Mittel übrig bleibt, als zum Aeußersten zu greifen. Was ich am Sonntag für meine Person für nicht zeitgemäß hielt, dem muß ich heute mit vollem Herzen beistimmen und ich wünsche, daß die ganze Versammlung den Antrag der Kommission billigen möge. Ich gebe zu, daß diese Maßregel viele Unschuldige treffen wird, daß manche Stadt auf einige Zeit in ihren Einnahmsquellen geschmälert wird; mancher arme Beamte wird leiden müssen, aber diese Uebelstände sind Kleinigkeiten gegen die ungeheuere Ungerechtigkeit und Schmach, gegen das Unglück, welches über das ganze Land verhängt ist, und in Bezug darauf dürfen wir vor dieser extremen Maßregel jetzt nicht mehr zurückschrecken. Ich bin vollständig überzeugt, daß der gesunde Sinn der Bevölkerung, trotzdem, daß die Steuern verweigert werden, keinen Anstand nehmen wird, diese kleinen Uebel zu lindern, namentlich den Beamten, die ohne Verschulden dadurch leiden, in ihrer Noth zu helfen. Auch die Städte werden hoffentlich nicht zu schwer dadurch leiden, da in Bezug auf die Ausfälle in ihren Einnahmen, die sie durch diese Maßregel erleiden, wie schon die Kommission bemerkt hat, von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung erwartet werden kann, daß das Verweigerte nachgezahlt werde. Ich bemerke ausdrücklich, daß die Fassung des Kommissionsberichtes dahin geht, daß die Steuern an sich nicht völlig erlassen sein, sondern daß nur die Entrichtung derselben während der Dauer des jetzigen hochverrätherischen Ministeriums suspendirt sein solle, so daß also später, wenn die Versammlung es anders beschließt, die Nachzahlung vollständig erfolgen kann, wie man dies auch von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung nicht anders erwarten darf. (Bravo!)</p>
          <p>Nach dieser Rede des Abgeordneten <hi rendition="#g">Kirchmann</hi> erhob die Versammlung nach kurzer Diskussion den folgenden Antrag der Abgeordneten <hi rendition="#g">Schulze-Delitzsch, Schorbaum, Blöm, Phillips</hi> einstimmig zum Beschlusse:</p>
          <p rendition="#et">Daß das Ministerium <hi rendition="#g">Brandenburg</hi> nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange, als die Nationalversammlung nicht ungestört in Berlin ihre Berathungen fortzusetzen vermag; und tritt dieser Beschluß mit dem Ablauf des 17. Novbr. 1848 in Kraft und Wirksamkeit.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl>Berlin, 19. Nov.</head>
          <p>Aus Berlin geht uns folgendes klassische Schreiben (sammt Ortographie) leider anonym zu:</p>
          <p>&#x201E;Eine solche gemeene erbährmlichte Zeihtung als die Ihrigte habe ich noch nicht geleesen, die Lüge sind so offenbar, das Sie Ekell erregen, namentlich aus Berlin, Ihre Parteih erfühlt uns mit Abscheu und verachtung, Alle wohlgesinte d. h. die Ungeheure Mehrzahl wehndet sich mit Abscheu und Wiederwillen von einer solchen schändlichen Partei denen nichts heilig ist, in Berlin hat diese Partei nur ganz geringen Anhang, und daß nur von ganz schlechten Subjecten, genößen wir doch in aller Folge solcher tiefen Ruhe wie gegenwärtig, dann sind wir ganz zufrieden, und wollen gern der Rheinprovinz die Schurken gönnen, die durch Umsturz und Schreckenherrschaft die Annarchie vorbereiten, und die Pöbelherschaft einführen möchten, um dabei im Trüben zu fischen. Pfui über Euch schufte.&#x201C; Berlin den 19 Nov.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl>Wien, 16. Novbr.</head>
          <p>&#x201E;Pulver und Blei&#x201C; wüthen fort. <hi rendition="#g">Heute morgen 8 Uhr ist auch Messenhauser erschossen worden</hi>, nachdem noch gestern Abend eine Extralocomotive mit dem dringenden Begnadigungsgesuche hier anwesender Reichstags-Abgeordneten nach Ollmütz abgegangen war. Eine zahllose Menschenmenge hatte sich im Stadtgraben beim neuen Thor, dem Orte der Exekution, eingefunden. Messenhauser erschien zu Fuß, umgeben von einer sehr starken Militärabtheilung, welche sofort ein Quarre formirte. Nach einer, dem ferner stehenden Publikum unverständlichen Anrede an seine Henker legte der Verurtheilte die eine Hand auf's Herz, die andere steckte er in die Tasche und kommandirte dann selbst, stehend und mit unverbundenen Augen: <hi rendition="#g">Feuer</hi>! Er stürzte rücklings nieder; von sechs Kugeln hatten drei getroffen. Ein Held lag verröchelnd im Sande. &#x2014; <hi rendition="#i">Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor!</hi> </p>
        </div>
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          <head><bibl><author>24</author></bibl>Düsseldorf, 19. Nov.</head>
          <p>Gestern war der Exminister und Oberpräsident der Rheinprovinz Hr. Eichmann hier anwesend, um mit der Regierung und Hrn. General Drigalsky über die Entwaffnung der Bürgerwehr zu berathen. Die Berathung ist, wie zu erwarten stand, resultatlos geblieben, da sich kein Grund auffinden ließ, der den beabsichtigten Gewaltstreich auch nur im Entferntesten hätte rechtfertigen können. Abends gegen 11 Uhr geruhten Se. Excellenz eine Katzenmusik entgegenzunehmen.</p>
          <p>Eine ähnliche Ehre, nur noch feierlicher und großartiger, wurde am 16. d. Hrn. Kühlwetter zu Theil, als er uns auf kurze Zeit mit seinem Besuche beglückte. In seiner Bescheidenheit wollte der Treffliche sich bei seiner Ankunft seinen frühern Mitbürgern entziehen, wurde jedoch auf dem Bahnhof erkannt, und mußte nun bongré malgré die berühmte Lichtwer'sche Fabel: &#x201E;Thier und Menschen schlafen feste etc. etc.&#x201C; eine glänzende zweite Auflage erleben lassen.</p>
          <p>Der Kommandeur unserer Garnison, Monsieur le Chevalier Drigalsky sans peur et sans reproche, hat seit gestern die Kaserne zu seiner gewöhnlichen Schlafstelle genommen. In seiner Wohnung muß es ihm nicht mehr geheuer sein.</p>
          <p>Der Geist der hiesigen Einwohnerschaft bleibt vortrefflich. Die Parade der Bürgerwehr heute Morgen war in der That grandios. 3000 Mann, alle bewaffnet (wenn auch viele nur mit Beilen, Sensen etc. etc.), alle voll Muth und Begeisterung! Die Soldaten besuchen en masse die Volksversammlungen, und fraternisiren bei jeder Gelegenheit mit den Bürgern.</p>
        </div>
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          <head>Brück im Kreise Mülheim am Rhein.</head>
          <p>Auch hier wird gegen das Auftreten des Ministerium Brandenburg-Manteuffel entschieden protestirt und eine Dankadresse an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgehen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar148-2_013" type="jArticle">
          <head>Hamm, 18. Nov.</head>
          <p>Man beabsichtigt auf dem höchsten Punkte des Haarstrangs im sogenannte Schelk, wo früher ein berühmter Galgen stand, wieder einen zu errichten, und wie das beim Militär in ähnlicher Weise geschieht, unsere aus der Nationalversammlung zu Berlin desertirten Volksvertreter in effigie daran zu heften. Es werden die bezüglichen Wahlmänner ersucht, dieselbe auf irgend eine gut gegerbte Thierhaut in Lebensgröße konterfeien zu lassen, und die Schandbilder wohl verpackt dem Wasenmeister, Thierarzt und Scharfrichter Hirsch in Unna einzureichen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar148-2_014" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl>Wesel, den 18. Novbr.</head>
          <p>In seiner gestrigen Sitzung (der ersten öffentlichen) hat der Gemeinderath folgende zwei Adressen beschlossen:</p>
          <p rendition="#et">1) An die National-Versammlung zu Bertin. Der Gemeinderath der Stadt Wesel erklärt sich mit der von der hohen National-Versammlung in dem gegenwärtigen traurigen Conflikt mit der Krone am 9. d. M. gefaßten Beschluß: &#x201E;der Krone das Recht nicht zuzugestehen, die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen&#x201C; &#x2014; vollkommen einverstanden und bittet dieselbe, auf dem von ihr betretenen Wege, die Freiheiten und Rechte des Volkes zu wahren, zu beharren und sich der Zustimmung der unterzeichneten Vertreter der Stadt Wesel versichert zu halten.<lb/>
2) An den Vice-Präsidenten <hi rendition="#g">Plönnis</hi>.</p>
          <p>Hochgeehrter Herr!</p>
          <p>Mit inniger Genugthuung und wahrhaft erhebender Freude haben die unterzeichneten Gemeindeverordneten und Bürger Wesels den Bericht über Ihr männlich festes Benehmen als Vice-Präsident der National-Versammlung am 14. d. M. im Saale des Schützenhauses zu Berlin gelesen. Wer die Ehre und Würde der Volksvertretung gegen den Andrang der Gewalt auf so entschiedene Weise zu wahren weiß, der hat sich den Dank des Vaterlandes verdient, und sich einen Platz in der Geschichte, in der Erinnerung der Nachwelt an die große Zeit unserer staatlichen Entwicklung gesichert.</p>
          <p>Wir sind stolz darauf, Bürger der Stadt zu sein, in welcher Sie geboren sind und Ihre Jugend verlebt haben: deswegen erlauben Sie uns, die Gefuhle der vollsten Anerkennung Ihnen auszusprechen als einen Tribut unserer ausgezeichneten Hochachtung.</p>
          <p>Wesel, den 17. November 1848.</p>
          <p>Der Gemeinderath der Stadt.</p>
        </div>
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          <head>Kochem, 18. November.</head>
          <p> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Mitbürger!</hi> </hi> </p>
          <p>das Vaterland ist in <hi rendition="#g">Gefahr</hi>, es ruft euch zu seiner Rettung auf.</p>
          <p>Wer hätte geglaubt, als im März unsere Brüder in Berlin sich erhoben, und unsere Freiheit erkämpften, wer hätte geglaubt, damals, daß man diese Errungenschaft dem Volke nach einem halben Jahre wieder entreißen wolle? </p>
          <p>Wer hätte dieses geglaubt, als es jene Beamten- und Adelspartei sich bange verstecken, oder den neuen Freiheitsbestrebungen mit übergroßem Eifer anschließen sah? Wer hätte dies damals geglaubt?</p>
          <p>Doch diese Reaktionspartei ist aus ihren Höhlen hervorgebrochen, sie hat ihre Schafpelze ausgezogen und wüthet jetzt wieder gegen das Volk! Gegen das Volk, das zu großmuthig war, um jenes Gewurm zu vernichten, das das Opfer des Fürsten umlagert und den gerechten Klagen des Volkes den Eingang verschließt! Gegen das Volk, dessen Blut und Mark jene Schmarotzerthiere aussaugen.</p>
          <p>Höre Volk, staune und helfe!</p>
          <p>Als die Revolution uns das Recht gegeben, Vertreter nach Berlin zu wählen, hatten wir das Mittel, unsere uns von Gott gegebenen aber bis dahin mit Füßen getretene Rechte, wieder zur Anerkennung zu bringen.</p>
          <p>Diese Abgesandten des Volkes arbeiten mit wahrer Menschenliebe für dasselbe und schon waren wir auf dem Punkte, eine freisinnige Gemeindeverfassung, wobei die Gemeinden ihre Beamten selbst wählen und ihr Vermögen selbst verwalten sollten, zu erhalten; wir hatten fur die nächste Zukunft eine Steuerreform zu erwarten, die dem armen gedrückten Manne die jetzt schwer auf ihm liegende Steuerlast vermindern sollte, und jetzt wird unsere <hi rendition="#b">National-Versammlung in Berlin zu vernichten gesucht.</hi> </p>
          <p>General Brandenburg, gegen dessen Ernennung zum Minister die National-Versammlung kurz vorher schon protestirt unter den Volksvertretern, kundigt sich als Premierminister an und erklärt im Namen des Königs:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die National-Versammlung habe ihre Berathungen sofort einzustellen und am 27. d. M. sich in der Stadt Brandenburg wieder einzufinden.&#x201C;</p>
          <p>Die Versammlung beschließt hierauf, diesem Befehle nicht nachzukommen, erklärt diejenigen verantwortlichen Beamten, die dem Könige zu diesem Schritte gerathen, für unfähig, der Regierung vorzustehen, vielmehr hatten dieselben sich schwerer Pflichtverletzungen gegen die Krone, das Volk und die Versammlung schuldig gemacht.</p>
          <p>Das Volk von Berlin benimmt sich bei dieser Sache groß und nachahmungswürdig; es hat erklärt, die National-Versammlung gegen jede Gewaltthat zu schützen; und die Bürgergarde umstellte sofort das Haus worin die Versammlung ihre Sitzungen hält; sie erklärt die Beschlüsse der National-Versammlung mit Gut und Blut bis zum letzten Augenblicke schützen und ausführen zu wollen.</p>
          <p>Da rücken auf einmal 50,000 Mann Soldaten mit 200 Kanonen in die Stadt ein, sie umstellen die Bürgerwehr, und der General Wrangel erklärt, er werde jeden Abgeordneten hinaus aber keinen mehr hinein lassen.</p>
          <p>Bürger! Man will unsere Vertreter mit Bajonetten und Kanonen auseinanderjagen, man hat offen mit dem Volke gebrochen, und jetzt entbrennt der Kampf des Volkes gegen seine Unterdrucker!</p>
          <p>Berlin ist in diesem Augenblicke von einer ungeheuren Truppenmasse umgeben und ihm droht das Schicksal Wiens!</p>
          <p>Kennt ihr das Schicksal Wiens?</p>
          <p>O es ist schrecklich jenes Blutbad, sie sind entsetzlich jene Schandthaten, sie sind furchterlich jene Baebarreien, verübt an einem Volke, das im Kampfe für seine Freiheit unterlegen, verübt mit der Trunkenheit des Mörders von einer grausamen Soldateska!</p>
          <p>Aber sollten unsere Soldaten, unsere Brüder, sich zu Freiheitsmördern gebrauchen lassen?</p>
          <p>O, das wäre entsetzlich trostlos!</p>
          <p>Bürger, ruft es euren Söhnen im Heere zu, nicht zur Unterdrückung der heiligen Freiheit, den Arm zu leihen, sondern dem Volke seine ihm vom Himmel gegebenen heiligen Rechte vertheidigen zu helfen!</p>
          <p>Landwehr! rufe deinen Brüdern vom stehenden Heere zu, daß du auf des Volkes Seite für dessen heilige Rechte kämpfst!</p>
          <p>Bürger! Setzen wir unser ganzes Vertrauen in die National-Versammlung!</p>
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          <p>Der Vorstand des demokratischen Vereins.</p>
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          <p>Aus <hi rendition="#g">Neapel,</hi> wo jüngst alle toskaner Blätter mit Einschluß der offiziellen verboten sind, erfährt man, daß ein Theil der Abruzzen und Apuliens in permanenter Revolution, die Hauptstadt Neapel aber in Belagerungszustand erklärt ist.</p>
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          <p>1) Vor der lombardischen Insurrektion gingen die italienischen Regierungen, als reformatorische und konstitutionelle, stets vom Prinzip des <hi rendition="#g">göttlichen Rechts</hi> aus und fanden die Grundlage ihrer Legitimität in den <hi rendition="#g">Wienerr Verträgen</hi>.</p>
          <p>2) Die lombardische Insurrektion proklamirte durch die That das Prinzip der Volkssouveränetät und die italienischen Regierungen acceptirten es, indem sie sich am Unabhängigkeitskriege betheiligten.</p>
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          <p>4) Diese zwei Prinzipien sind durch die mächtige Zustimmung der savoischen Fürsten unwiderruflich dem öffentlichen Recht Italiens einverleibt.</p>
          <p>5) Die Constituante ist die Anwendung eben dieser Prinzipien zur wirklichen Herstellung (edificazione) der Nationalität. Wollen wir stark sein, so müssen wir konsequent sein; haben wir die Wohlthaten der Insurrektion acceptirt, so müssen wir auch ihren Konsequenzen uns unterwerfen.</p>
          <p>6) Die Constituante allein kann den Regierungen Kraft geben und sie gegen die Uebergriffe der Parteien schützen.</p>
          <p>7) Ein Staatenbund, der nicht aus einer wahren und wirklichen nationalen Constituante hervorgegangen, würde unzureichend sein. Nachdem das Prinzip von Gottes Gnaden aufgegeben, welches die Individualität jedes italienischen Staats unantastbar macht, muß jede Institution, die man der Nation geben will, von der Nation bewilligt sein, um Legitimität zu erlangen. Sonst hätte die demokratische Partei das Recht, ihr die Zustimmung zu verweigern, und die Regierungen könnten diese Zustimmung logischer Weise nicht fordern, ohne mit der größten Gefahr für sich selbst, zu den alten Prinzipien zurückzukehren.</p>
          <p>8) Damit die Beschlüsse der Constituante der Art seien, daß keine Partei, wie wenig sie auch in ihren Wünschen befriedigt sei, ihnen die Zustimmung versagen könne, muß die Wahl der Deputirten so geschehen, daß sie allen Zweifel an ihrer Kompetenz, die Nation zu vertreten, ausschließt. Dies aber wäre nicht der Fall, wenn sie entweder allein von den Fürsten, oder von den Parlamenten erwählt würden.</p>
          <p>9) Von einem blos von den Fürsten ernannten Kongresse würde man sagen, er sei von seinem Ursprung an nicht im Interesse der Völker eingesetzt worden.</p>
          <p>10) Ein aus den gesetzgebenden Parlamenten hervorgegangener Kongreß würde zwei schwache Seiten haben.</p>
          <p>a) Die Parlamente würden ihr Mandat überschreiten, da sie eingesetzt sind, um für jeden Einzelstaat Gesetze zu machen, nicht aber um die konstituirenden Gewalten der ganzen Nation zu schaffen.</p>
          <p>b)Die demokratische Partei, welche die Repräsentation der einzelnen Staaten für unvollständig erklärt, weil sie nicht auf das allgemeine Stimmrecht begründet, würde diesen Mangel um so mehr in der Vertretungder Nation wiederfinden.</p>
          <p>11) Das allgemeine Stimmrecht, wie es in Frankreich ausgeübt wird, ist das einzige Mittel, eine Constituante zu schaffen, in der die Nation sich repräsentirt fühlt. Dies System hat seine Gefahren, aber die Gefahren, die <hi rendition="#g">jedes andere</hi>Wahlsystem mit sich führt, <hi rendition="#g">sind viel größer</hi>.</p>
          <p>12) Die italienische Constituante wird zwei Stadien haben; das erste vor, das zweite nach der <hi rendition="#g">Vertreibung der Fremden</hi>. Alle Fragen der innern Organisation der Nation dürfen erst im zweiten Stadium erledigt werden, da zu ihrer Lösung die Stimme des ganzen italienischen Volkes nöthig ist, während ein großer Theil desselben, so lange er unter der fremden Knechtschaft seufzt, seine Vertreter nicht wird erwählen können. In diesem ersten Stadium hat die Constituante sich mit allen Fragen zu beschäftigen, welche direkt oder indirekt auf die Erlangung der Unabhängigkeit Bezug haben. Sie wird jene Zersplitterung der Kräfte verhüten, welche die Hauptursache des unglücklichen Ausgangs des letzten Feldzugs war. Zu diesem Zweck wird die Constituante ihre Wirksamkeit beginnen können, sobald zwei italienische Staaten sich über ihre Berufung verständigt haben.</p>
          <p>13) Die Regierung des Großherzogs ladet daher alle italienischen Regierungen ein, ihre Ansichten über folgende drei Punkte vorzulegen:</p>
          <p>a) Ob sie einverstanden sind, die italienische Constituante einzuberufen, um zunächst für die Bedürfnisse der Unabhängigkeitskrieger zu sorgen.</p>
          <p>b) Ob sie glauben, daß die Deputirten durch allgemeines Stimmrecht zu wählen sind, wie Toskana dies zu thun vorhat.</p>
          <p>c) Ob sie einverstanden sind, daß die Fragen der innern Organisation sämmtlich bis zur Verjagung der Fremden vertagt werden, ohne daß es darum der initiatorischen Constituante benommen sei, die Elemente derselben zur leichteren definitiven Lösung vorzubereiten.</p>
          <p>d) Sobald wir einige Adhesionen erhalten haben, werden wir sofort zur Wahl der Deputirten auf den angebenen Grundlagen schreiten.</p>
          <p>14) Wir veröffentlichen sogleich dies Cirkular, weil in Sachen von solcher Wichtigkeit es nicht gestattet ist, das Geheimniß zu bewahren. Wenn unser Vorschlag, wie wir überzeugt sind, den Bedürfnissen der Nation entspricht, so ist es billig, daß die Nation wisse, von welcher Seite der Anstoß, von welcher die Hindernisse seiner Ausführung kommen. Wir vertrauen den Vorschlag nicht den Waffen, sondern der öffentlichen Meinung, und hoffen, daß dieselbe moralische Gewalt, die die italienischen Regierungen zuerst zu den Reformen, dann zu den Konstitutionen, dann zum Unabhängigkeitskriege trieb, sie auch zu einer Konstituante, dem einzigen Mittel gegen den uns bedrohenden Bürgerkrieg, treiben wird.</p>
          <p>15) Sie, Hr. Gesandter, werden allen Ihren Eifer aufbieten, damit diese Ansichten der toskanischen Regierung günstig von der Regierung aufgenommen werden, bei der sie akkreditirt sind.</p>
          <p>Florenz, 7. November 1848.</p>
          <p>(gez.) G. Montanelli. F. D. Guerrazzi. M. D'Ayala. G. Mazzoni. P. A. Adami.</p>
          <p>Der Enthusiasmus des Volkes über dies Aktenstück, in dem zuerst eine der Diplomatie von 1848 würdige Sprache geführt wird, ist namenlos. Eben so namenlos wird aber auch die Ueberlegenheit der übrigen italienischen Regierungen sein. Aber Guerazzi hat Recht: die öffentliche Meinung wird sie schon weiter treiben, wird sie zwingen, wohl oder übel der italienischen Konstituante sich anzuschließen.</p>
          <p><bibl><author>*</author></bibl>Aus Piacenza erfährt man, daß der östreichische Kommandant die Gräben um die Stadt wieder mit Wasser füllen lassen wollte, um die Desertion der allnächtlich ausreißenden Ungarn zu verhindern. Zum Glück haben sich die Gräben als nicht wasserdicht erwiesen; das Wasser fließt ab, sobald es hereingelassen worden ist, und die Soldaten rutschen nach wie vor an Stricken über die Stadtmauern in's Freie. </p>
          <p>Zu Bologna hat die päpstliche Regierung der Garibaldischen Legion den Eintritt auf das Gebiet des Kirchenstaats untersagt, indem sie gleichzeitig ein Korps von 400 Schweizern und Dragonern an die Gränze beorderte, um ihrer Weisung nöthigenfalls mit den Waffen Nachdruck zu geben. In Bologna hat diese Maßregel allgemeine Unzufriedenheit erregt.</p>
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</TEI>
[0779/0003] Zeitung unterdrückt, um die darin enthaltene Ungerechtigkeit im Lande nicht bekannt werden zu lassen. Ich bemerke ferner, daß alle jene gefährlichen, ungerechten und gleißnerischen Bekanntmachungen, welche die Regierung seit Sonntag Abend erlassen hat, immer Abends erfolgt sind, damit das Land einen Tag länger damit in Unbekanntschaft bleibe, und damit die Zeitungen sie nicht sofort in den Morgenblättern des nächsten Tages aufnehmen konnten. Man kann wenigstens keine andere Absicht dabei annehmen, daß die Plakate der jetzigen Gewalthaber immer Abends an den Bäumen und Ecken angeklebt worden sind, wo es also unmöglich war, sie vor dem andern Tage zu lesen. Dies m. H. sind die neuen Umstände, welche seit Sonnabend über unsere Stadt und Versammlung hereingebrochen sind, und ich glaube, sie sind so furchtbar und extrem, daß uns nunmehr kein anderes Mittel übrig bleibt, als zum Aeußersten zu greifen. Was ich am Sonntag für meine Person für nicht zeitgemäß hielt, dem muß ich heute mit vollem Herzen beistimmen und ich wünsche, daß die ganze Versammlung den Antrag der Kommission billigen möge. Ich gebe zu, daß diese Maßregel viele Unschuldige treffen wird, daß manche Stadt auf einige Zeit in ihren Einnahmsquellen geschmälert wird; mancher arme Beamte wird leiden müssen, aber diese Uebelstände sind Kleinigkeiten gegen die ungeheuere Ungerechtigkeit und Schmach, gegen das Unglück, welches über das ganze Land verhängt ist, und in Bezug darauf dürfen wir vor dieser extremen Maßregel jetzt nicht mehr zurückschrecken. Ich bin vollständig überzeugt, daß der gesunde Sinn der Bevölkerung, trotzdem, daß die Steuern verweigert werden, keinen Anstand nehmen wird, diese kleinen Uebel zu lindern, namentlich den Beamten, die ohne Verschulden dadurch leiden, in ihrer Noth zu helfen. Auch die Städte werden hoffentlich nicht zu schwer dadurch leiden, da in Bezug auf die Ausfälle in ihren Einnahmen, die sie durch diese Maßregel erleiden, wie schon die Kommission bemerkt hat, von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung erwartet werden kann, daß das Verweigerte nachgezahlt werde. Ich bemerke ausdrücklich, daß die Fassung des Kommissionsberichtes dahin geht, daß die Steuern an sich nicht völlig erlassen sein, sondern daß nur die Entrichtung derselben während der Dauer des jetzigen hochverrätherischen Ministeriums suspendirt sein solle, so daß also später, wenn die Versammlung es anders beschließt, die Nachzahlung vollständig erfolgen kann, wie man dies auch von dem patriotischen Sinn der Bevölkerung nicht anders erwarten darf. (Bravo!) Nach dieser Rede des Abgeordneten Kirchmann erhob die Versammlung nach kurzer Diskussion den folgenden Antrag der Abgeordneten Schulze-Delitzsch, Schorbaum, Blöm, Phillips einstimmig zum Beschlusse: Daß das Ministerium Brandenburg nicht berechtigt sei, über die Staatsgelder zu verfügen und die Steuern zu erheben, so lange, als die Nationalversammlung nicht ungestört in Berlin ihre Berathungen fortzusetzen vermag; und tritt dieser Beschluß mit dem Ablauf des 17. Novbr. 1848 in Kraft und Wirksamkeit. * Berlin, 19. Nov. Aus Berlin geht uns folgendes klassische Schreiben (sammt Ortographie) leider anonym zu: „Eine solche gemeene erbährmlichte Zeihtung als die Ihrigte habe ich noch nicht geleesen, die Lüge sind so offenbar, das Sie Ekell erregen, namentlich aus Berlin, Ihre Parteih erfühlt uns mit Abscheu und verachtung, Alle wohlgesinte d. h. die Ungeheure Mehrzahl wehndet sich mit Abscheu und Wiederwillen von einer solchen schändlichen Partei denen nichts heilig ist, in Berlin hat diese Partei nur ganz geringen Anhang, und daß nur von ganz schlechten Subjecten, genößen wir doch in aller Folge solcher tiefen Ruhe wie gegenwärtig, dann sind wir ganz zufrieden, und wollen gern der Rheinprovinz die Schurken gönnen, die durch Umsturz und Schreckenherrschaft die Annarchie vorbereiten, und die Pöbelherschaft einführen möchten, um dabei im Trüben zu fischen. Pfui über Euch schufte.“ Berlin den 19 Nov. * Wien, 16. Novbr. „Pulver und Blei“ wüthen fort. Heute morgen 8 Uhr ist auch Messenhauser erschossen worden, nachdem noch gestern Abend eine Extralocomotive mit dem dringenden Begnadigungsgesuche hier anwesender Reichstags-Abgeordneten nach Ollmütz abgegangen war. Eine zahllose Menschenmenge hatte sich im Stadtgraben beim neuen Thor, dem Orte der Exekution, eingefunden. Messenhauser erschien zu Fuß, umgeben von einer sehr starken Militärabtheilung, welche sofort ein Quarre formirte. Nach einer, dem ferner stehenden Publikum unverständlichen Anrede an seine Henker legte der Verurtheilte die eine Hand auf's Herz, die andere steckte er in die Tasche und kommandirte dann selbst, stehend und mit unverbundenen Augen: Feuer! Er stürzte rücklings nieder; von sechs Kugeln hatten drei getroffen. Ein Held lag verröchelnd im Sande. — Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor! 24 Düsseldorf, 19. Nov. Gestern war der Exminister und Oberpräsident der Rheinprovinz Hr. Eichmann hier anwesend, um mit der Regierung und Hrn. General Drigalsky über die Entwaffnung der Bürgerwehr zu berathen. Die Berathung ist, wie zu erwarten stand, resultatlos geblieben, da sich kein Grund auffinden ließ, der den beabsichtigten Gewaltstreich auch nur im Entferntesten hätte rechtfertigen können. Abends gegen 11 Uhr geruhten Se. Excellenz eine Katzenmusik entgegenzunehmen. Eine ähnliche Ehre, nur noch feierlicher und großartiger, wurde am 16. d. Hrn. Kühlwetter zu Theil, als er uns auf kurze Zeit mit seinem Besuche beglückte. In seiner Bescheidenheit wollte der Treffliche sich bei seiner Ankunft seinen frühern Mitbürgern entziehen, wurde jedoch auf dem Bahnhof erkannt, und mußte nun bongré malgré die berühmte Lichtwer'sche Fabel: „Thier und Menschen schlafen feste etc. etc.“ eine glänzende zweite Auflage erleben lassen. Der Kommandeur unserer Garnison, Monsieur le Chevalier Drigalsky sans peur et sans reproche, hat seit gestern die Kaserne zu seiner gewöhnlichen Schlafstelle genommen. In seiner Wohnung muß es ihm nicht mehr geheuer sein. Der Geist der hiesigen Einwohnerschaft bleibt vortrefflich. Die Parade der Bürgerwehr heute Morgen war in der That grandios. 3000 Mann, alle bewaffnet (wenn auch viele nur mit Beilen, Sensen etc. etc.), alle voll Muth und Begeisterung! Die Soldaten besuchen en masse die Volksversammlungen, und fraternisiren bei jeder Gelegenheit mit den Bürgern. Brück im Kreise Mülheim am Rhein. Auch hier wird gegen das Auftreten des Ministerium Brandenburg-Manteuffel entschieden protestirt und eine Dankadresse an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgehen. Hamm, 18. Nov. Man beabsichtigt auf dem höchsten Punkte des Haarstrangs im sogenannte Schelk, wo früher ein berühmter Galgen stand, wieder einen zu errichten, und wie das beim Militär in ähnlicher Weise geschieht, unsere aus der Nationalversammlung zu Berlin desertirten Volksvertreter in effigie daran zu heften. Es werden die bezüglichen Wahlmänner ersucht, dieselbe auf irgend eine gut gegerbte Thierhaut in Lebensgröße konterfeien zu lassen, und die Schandbilder wohl verpackt dem Wasenmeister, Thierarzt und Scharfrichter Hirsch in Unna einzureichen. * Wesel, den 18. Novbr. In seiner gestrigen Sitzung (der ersten öffentlichen) hat der Gemeinderath folgende zwei Adressen beschlossen: 1) An die National-Versammlung zu Bertin. Der Gemeinderath der Stadt Wesel erklärt sich mit der von der hohen National-Versammlung in dem gegenwärtigen traurigen Conflikt mit der Krone am 9. d. M. gefaßten Beschluß: „der Krone das Recht nicht zuzugestehen, die National-Versammlung wider ihren Willen zu vertagen, zu verlegen oder aufzulösen“ — vollkommen einverstanden und bittet dieselbe, auf dem von ihr betretenen Wege, die Freiheiten und Rechte des Volkes zu wahren, zu beharren und sich der Zustimmung der unterzeichneten Vertreter der Stadt Wesel versichert zu halten. 2) An den Vice-Präsidenten Plönnis. Hochgeehrter Herr! Mit inniger Genugthuung und wahrhaft erhebender Freude haben die unterzeichneten Gemeindeverordneten und Bürger Wesels den Bericht über Ihr männlich festes Benehmen als Vice-Präsident der National-Versammlung am 14. d. M. im Saale des Schützenhauses zu Berlin gelesen. Wer die Ehre und Würde der Volksvertretung gegen den Andrang der Gewalt auf so entschiedene Weise zu wahren weiß, der hat sich den Dank des Vaterlandes verdient, und sich einen Platz in der Geschichte, in der Erinnerung der Nachwelt an die große Zeit unserer staatlichen Entwicklung gesichert. Wir sind stolz darauf, Bürger der Stadt zu sein, in welcher Sie geboren sind und Ihre Jugend verlebt haben: deswegen erlauben Sie uns, die Gefuhle der vollsten Anerkennung Ihnen auszusprechen als einen Tribut unserer ausgezeichneten Hochachtung. Wesel, den 17. November 1848. Der Gemeinderath der Stadt. Kochem, 18. November. Mitbürger! das Vaterland ist in Gefahr, es ruft euch zu seiner Rettung auf. Wer hätte geglaubt, als im März unsere Brüder in Berlin sich erhoben, und unsere Freiheit erkämpften, wer hätte geglaubt, damals, daß man diese Errungenschaft dem Volke nach einem halben Jahre wieder entreißen wolle? Wer hätte dieses geglaubt, als es jene Beamten- und Adelspartei sich bange verstecken, oder den neuen Freiheitsbestrebungen mit übergroßem Eifer anschließen sah? Wer hätte dies damals geglaubt? Doch diese Reaktionspartei ist aus ihren Höhlen hervorgebrochen, sie hat ihre Schafpelze ausgezogen und wüthet jetzt wieder gegen das Volk! Gegen das Volk, das zu großmuthig war, um jenes Gewurm zu vernichten, das das Opfer des Fürsten umlagert und den gerechten Klagen des Volkes den Eingang verschließt! Gegen das Volk, dessen Blut und Mark jene Schmarotzerthiere aussaugen. Höre Volk, staune und helfe! Als die Revolution uns das Recht gegeben, Vertreter nach Berlin zu wählen, hatten wir das Mittel, unsere uns von Gott gegebenen aber bis dahin mit Füßen getretene Rechte, wieder zur Anerkennung zu bringen. Diese Abgesandten des Volkes arbeiten mit wahrer Menschenliebe für dasselbe und schon waren wir auf dem Punkte, eine freisinnige Gemeindeverfassung, wobei die Gemeinden ihre Beamten selbst wählen und ihr Vermögen selbst verwalten sollten, zu erhalten; wir hatten fur die nächste Zukunft eine Steuerreform zu erwarten, die dem armen gedrückten Manne die jetzt schwer auf ihm liegende Steuerlast vermindern sollte, und jetzt wird unsere National-Versammlung in Berlin zu vernichten gesucht. General Brandenburg, gegen dessen Ernennung zum Minister die National-Versammlung kurz vorher schon protestirt unter den Volksvertretern, kundigt sich als Premierminister an und erklärt im Namen des Königs: „Die National-Versammlung habe ihre Berathungen sofort einzustellen und am 27. d. M. sich in der Stadt Brandenburg wieder einzufinden.“ Die Versammlung beschließt hierauf, diesem Befehle nicht nachzukommen, erklärt diejenigen verantwortlichen Beamten, die dem Könige zu diesem Schritte gerathen, für unfähig, der Regierung vorzustehen, vielmehr hatten dieselben sich schwerer Pflichtverletzungen gegen die Krone, das Volk und die Versammlung schuldig gemacht. Das Volk von Berlin benimmt sich bei dieser Sache groß und nachahmungswürdig; es hat erklärt, die National-Versammlung gegen jede Gewaltthat zu schützen; und die Bürgergarde umstellte sofort das Haus worin die Versammlung ihre Sitzungen hält; sie erklärt die Beschlüsse der National-Versammlung mit Gut und Blut bis zum letzten Augenblicke schützen und ausführen zu wollen. Da rücken auf einmal 50,000 Mann Soldaten mit 200 Kanonen in die Stadt ein, sie umstellen die Bürgerwehr, und der General Wrangel erklärt, er werde jeden Abgeordneten hinaus aber keinen mehr hinein lassen. Bürger! Man will unsere Vertreter mit Bajonetten und Kanonen auseinanderjagen, man hat offen mit dem Volke gebrochen, und jetzt entbrennt der Kampf des Volkes gegen seine Unterdrucker! Berlin ist in diesem Augenblicke von einer ungeheuren Truppenmasse umgeben und ihm droht das Schicksal Wiens! Kennt ihr das Schicksal Wiens? O es ist schrecklich jenes Blutbad, sie sind entsetzlich jene Schandthaten, sie sind furchterlich jene Baebarreien, verübt an einem Volke, das im Kampfe für seine Freiheit unterlegen, verübt mit der Trunkenheit des Mörders von einer grausamen Soldateska! Aber sollten unsere Soldaten, unsere Brüder, sich zu Freiheitsmördern gebrauchen lassen? O, das wäre entsetzlich trostlos! Bürger, ruft es euren Söhnen im Heere zu, nicht zur Unterdrückung der heiligen Freiheit, den Arm zu leihen, sondern dem Volke seine ihm vom Himmel gegebenen heiligen Rechte vertheidigen zu helfen! Landwehr! rufe deinen Brüdern vom stehenden Heere zu, daß du auf des Volkes Seite für dessen heilige Rechte kämpfst! Bürger! Setzen wir unser ganzes Vertrauen in die National-Versammlung! Hört den Nothschrei des Vaterlandes und unterstützt mit Leib und Leben die Befehle der National-Versammlung, und wir werden unsere lange unterdrückte Freiheit erringen. Der Vorstand des demokratischen Vereins. Adam Pauly. Franz Pauly. Caspar Schmitz. Himmen. Peretti. Italien. Die Sizilianer werden, wie es heißt, allmählig unmuthig darüber, daß der Herzog von Genua ihre Krone weder bestimmt angenommen, noch bestimmt ausgeschlagen hat. Sie sollen beabsichtigen ihn, wenn er sich nicht bald entschieden erklärt, einfach fallen zu lassen und sich zur Republik zu konstituiren, was freilich wegen der Verhältnisse zu Frankreich einem indirekten Bruch Siziliens mit England gleichkommen würde. Aus Neapel, wo jüngst alle toskaner Blätter mit Einschluß der offiziellen verboten sind, erfährt man, daß ein Theil der Abruzzen und Apuliens in permanenter Revolution, die Hauptstadt Neapel aber in Belagerungszustand erklärt ist. (A. Z.) ** Florenz. 9. Nov. Während in ganz Europa die Contre revolution Schritt vor Schritt siegreich vordringt, feiert in dem kleinen Toskana die Demokratie ihre glänzendsten Triumphe. Das Ministerium Guerrazzi-Montanelli, getragen von der Livorneser und Florentiner Demokratie, bleibt seinem Ursprung, der auf den Barrikaden von Livorno zu suchen ist, vollständig treu. Es hat die Kammer aufgelöst und wird in den Wahlen, die noch in diesem Monat stattfinden, eine bessere Stütze finden, als in den alten, unter längst hinter uns liegenden Verhältnissen gewählten Deputirten. Es hat vorgestern ein Cirkulär an die toskanischen Gesandten bei den übrigen italienischen Regierungen erlassen, das sein Manifest für seine italienische Politik ist. Man vergleiche dies Dokument mit der lahmen, schwankenden, unsichern und in letzter Instanz stets volksfeindlichen Handlungsweise der deutschen Regierungen in Sachen der deutschen Einheit, und man wird gestehen, daß sie unendlich weit hinter der demokratischen Entschiedenheit zurückstehen, mit der das toskanische Ministerium die Einheit Italiens fordert. Man vergleiche diese kurze, logische, schlagende Schreibart mit dem pomphaften Bombast, mit dem andere italienische Regierungen nur zu oft die Inhaltslosigkeit oder Zweideutigkeit ihrer Erlasse umhüllen, und man wird, besonders in diesem Lande des erhabenen Styls, doppelte Achtung vor dem Takt und Verstand Guerrazi's, der das Cirkular verfaßt hat, haben müssen. Das Cirkular lautet: 1) Vor der lombardischen Insurrektion gingen die italienischen Regierungen, als reformatorische und konstitutionelle, stets vom Prinzip des göttlichen Rechts aus und fanden die Grundlage ihrer Legitimität in den Wienerr Verträgen. 2) Die lombardische Insurrektion proklamirte durch die That das Prinzip der Volkssouveränetät und die italienischen Regierungen acceptirten es, indem sie sich am Unabhängigkeitskriege betheiligten. 3) Die piemontesische Regierung that noch mehr. Als der Anschluß der an Piemont gefallenen Provinzen vorgeschlagen wurde, wünschte sie, daß die Entscheidung von der Abstimmung des Volkes abhinge und es wurden Listen eröffnet, in denen Jeder ohne Ausnahme berufen wurde, seine Stimme abzugeben. Außer dem Prinzip der Volkssouveränetät wurde also das Prinzip der Ausübung dieser Souveränetät durch das allgemeine Stimmrecht sanktionirt. 4) Diese zwei Prinzipien sind durch die mächtige Zustimmung der savoischen Fürsten unwiderruflich dem öffentlichen Recht Italiens einverleibt. 5) Die Constituante ist die Anwendung eben dieser Prinzipien zur wirklichen Herstellung (edificazione) der Nationalität. Wollen wir stark sein, so müssen wir konsequent sein; haben wir die Wohlthaten der Insurrektion acceptirt, so müssen wir auch ihren Konsequenzen uns unterwerfen. 6) Die Constituante allein kann den Regierungen Kraft geben und sie gegen die Uebergriffe der Parteien schützen. 7) Ein Staatenbund, der nicht aus einer wahren und wirklichen nationalen Constituante hervorgegangen, würde unzureichend sein. Nachdem das Prinzip von Gottes Gnaden aufgegeben, welches die Individualität jedes italienischen Staats unantastbar macht, muß jede Institution, die man der Nation geben will, von der Nation bewilligt sein, um Legitimität zu erlangen. Sonst hätte die demokratische Partei das Recht, ihr die Zustimmung zu verweigern, und die Regierungen könnten diese Zustimmung logischer Weise nicht fordern, ohne mit der größten Gefahr für sich selbst, zu den alten Prinzipien zurückzukehren. 8) Damit die Beschlüsse der Constituante der Art seien, daß keine Partei, wie wenig sie auch in ihren Wünschen befriedigt sei, ihnen die Zustimmung versagen könne, muß die Wahl der Deputirten so geschehen, daß sie allen Zweifel an ihrer Kompetenz, die Nation zu vertreten, ausschließt. Dies aber wäre nicht der Fall, wenn sie entweder allein von den Fürsten, oder von den Parlamenten erwählt würden. 9) Von einem blos von den Fürsten ernannten Kongresse würde man sagen, er sei von seinem Ursprung an nicht im Interesse der Völker eingesetzt worden. 10) Ein aus den gesetzgebenden Parlamenten hervorgegangener Kongreß würde zwei schwache Seiten haben. a) Die Parlamente würden ihr Mandat überschreiten, da sie eingesetzt sind, um für jeden Einzelstaat Gesetze zu machen, nicht aber um die konstituirenden Gewalten der ganzen Nation zu schaffen. b)Die demokratische Partei, welche die Repräsentation der einzelnen Staaten für unvollständig erklärt, weil sie nicht auf das allgemeine Stimmrecht begründet, würde diesen Mangel um so mehr in der Vertretungder Nation wiederfinden. 11) Das allgemeine Stimmrecht, wie es in Frankreich ausgeübt wird, ist das einzige Mittel, eine Constituante zu schaffen, in der die Nation sich repräsentirt fühlt. Dies System hat seine Gefahren, aber die Gefahren, die jedes andereWahlsystem mit sich führt, sind viel größer. 12) Die italienische Constituante wird zwei Stadien haben; das erste vor, das zweite nach der Vertreibung der Fremden. Alle Fragen der innern Organisation der Nation dürfen erst im zweiten Stadium erledigt werden, da zu ihrer Lösung die Stimme des ganzen italienischen Volkes nöthig ist, während ein großer Theil desselben, so lange er unter der fremden Knechtschaft seufzt, seine Vertreter nicht wird erwählen können. In diesem ersten Stadium hat die Constituante sich mit allen Fragen zu beschäftigen, welche direkt oder indirekt auf die Erlangung der Unabhängigkeit Bezug haben. Sie wird jene Zersplitterung der Kräfte verhüten, welche die Hauptursache des unglücklichen Ausgangs des letzten Feldzugs war. Zu diesem Zweck wird die Constituante ihre Wirksamkeit beginnen können, sobald zwei italienische Staaten sich über ihre Berufung verständigt haben. 13) Die Regierung des Großherzogs ladet daher alle italienischen Regierungen ein, ihre Ansichten über folgende drei Punkte vorzulegen: a) Ob sie einverstanden sind, die italienische Constituante einzuberufen, um zunächst für die Bedürfnisse der Unabhängigkeitskrieger zu sorgen. b) Ob sie glauben, daß die Deputirten durch allgemeines Stimmrecht zu wählen sind, wie Toskana dies zu thun vorhat. c) Ob sie einverstanden sind, daß die Fragen der innern Organisation sämmtlich bis zur Verjagung der Fremden vertagt werden, ohne daß es darum der initiatorischen Constituante benommen sei, die Elemente derselben zur leichteren definitiven Lösung vorzubereiten. d) Sobald wir einige Adhesionen erhalten haben, werden wir sofort zur Wahl der Deputirten auf den angebenen Grundlagen schreiten. 14) Wir veröffentlichen sogleich dies Cirkular, weil in Sachen von solcher Wichtigkeit es nicht gestattet ist, das Geheimniß zu bewahren. Wenn unser Vorschlag, wie wir überzeugt sind, den Bedürfnissen der Nation entspricht, so ist es billig, daß die Nation wisse, von welcher Seite der Anstoß, von welcher die Hindernisse seiner Ausführung kommen. Wir vertrauen den Vorschlag nicht den Waffen, sondern der öffentlichen Meinung, und hoffen, daß dieselbe moralische Gewalt, die die italienischen Regierungen zuerst zu den Reformen, dann zu den Konstitutionen, dann zum Unabhängigkeitskriege trieb, sie auch zu einer Konstituante, dem einzigen Mittel gegen den uns bedrohenden Bürgerkrieg, treiben wird. 15) Sie, Hr. Gesandter, werden allen Ihren Eifer aufbieten, damit diese Ansichten der toskanischen Regierung günstig von der Regierung aufgenommen werden, bei der sie akkreditirt sind. Florenz, 7. November 1848. (gez.) G. Montanelli. F. D. Guerrazzi. M. D'Ayala. G. Mazzoni. P. A. Adami. Der Enthusiasmus des Volkes über dies Aktenstück, in dem zuerst eine der Diplomatie von 1848 würdige Sprache geführt wird, ist namenlos. Eben so namenlos wird aber auch die Ueberlegenheit der übrigen italienischen Regierungen sein. Aber Guerazzi hat Recht: die öffentliche Meinung wird sie schon weiter treiben, wird sie zwingen, wohl oder übel der italienischen Konstituante sich anzuschließen. * Aus Piacenza erfährt man, daß der östreichische Kommandant die Gräben um die Stadt wieder mit Wasser füllen lassen wollte, um die Desertion der allnächtlich ausreißenden Ungarn zu verhindern. Zum Glück haben sich die Gräben als nicht wasserdicht erwiesen; das Wasser fließt ab, sobald es hereingelassen worden ist, und die Soldaten rutschen nach wie vor an Stricken über die Stadtmauern in's Freie. Zu Bologna hat die päpstliche Regierung der Garibaldischen Legion den Eintritt auf das Gebiet des Kirchenstaats untersagt, indem sie gleichzeitig ein Korps von 400 Schweizern und Dragonern an die Gränze beorderte, um ihrer Weisung nöthigenfalls mit den Waffen Nachdruck zu geben. In Bologna hat diese Maßregel allgemeine Unzufriedenheit erregt.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 148. Köln, 21. November 1848. Zweite Ausgabe, S. 0779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz148ii_1848/3>, abgerufen am 21.11.2024.