Neue Rheinische Zeitung. Nr. 151. Köln, 24. November 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 151 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 24. November 1848. Uebersicht. Franz. Republik. Paris. (Promulgation der Verfassung in den Provinzen. -- Mehemed Ali. -- Finanzgerüchte. -- Louis Bonaparte. -- Marrast. -- Verschiedenes. -- National-Versammlung vom 21. Nov.) Schweiz. Lugano. Bern. (Verschiedenes). Dänemark. Kopenhagen. (Das neue Ministerium). Portugal. (Verschiedenes). Französische Republik. Paris, 21. Nov. Sind wir gut unterrichtet, so wären der Regierung mehrere Depeschen zugegangen, welche ihr anzeigen, daß die Promulgation der neuen Verfassung in mehreren Städten durch den Ruf: Es lebe der neue Kaiser! Nieder mit der Bourgeois-Republik! u. s. w. unterbrochen worden. Ueber Marseille ist der Regierung gestern Abend die Nachricht zugekommen, daß der Vicekönig von Egypten, Mehmed Ali, gestorben ist. Einige Morgenblätter behaupten, es sei vielmehr sein Sohn, Ibrahim Pascha, gestorben. Man erwartet heute oder morgen nähere Berichte über dieses übrigens längst vorhergesehene Ereigniß. Ibrahim mag vielleicht ebenfalls krank sein, daher das Mißverständniß. -- In der Finanzwelt geht das Gerücht, die Nordbahn werde die 12 Millionen Franken, welche sie dem Staate von den ihm schuldigen 57 Millionen Franken 1849 zahlen soll, wahrscheinlich nicht bezahlen können. Dies hieße aber den Nationalbankerott erklären, darum werden Herr Rothschild und die hohe Bank wohl Rath schaffen. -- Von Louis Bonaparte ist eine von ihm schon früher ausgearbeitete Broschüre: "Geschichte der Kanone in den modernen Armeen," im Buchhandel angekündet. Die "Reform" frägt: will uns dieser Mensch etwa einen 18. Brumaire systematisch einbläuen? (Rede Ledru Rollins auf dem Bankett am 19. Nov. im Chateau rouge, dem der ganze Klub beiwohnte: "Bürger! Lassen Sie uns auf die Universaldemokratie anstoßen (Beifall). Möchte Ihr Beifall in der ganzen Welt wiederhallen, damit die große Wahrheit in Aller Herzen dringe: die Morgenröthe der Volksregierungen d. h. wahrhaft demokratisch-sozialer Freistaaten bricht heran! Ja, sie bricht heran und mit ihr die Abschaffung des Elendes, die Rehabilitation des Proletariats. Die demokratisch-soziale Republik wird die Verbrüderung aller Menschen, die einzige Religion die es auf Erden geben soll, verwirklichen; sie wird alle Sekten lösen und alle Völker in eine einzige große Familie verbinden. Damit diese Morgenröthe zur baldigen Tageshelle werde, ist vor allen Dingen Einigkeit unter den Demokraten nöthig: von der Einigkeit der franz. Demokraten hängt zunächst das Schicksal der Welt ab. Sehen wir nicht, sowie die franz. Demokratie nur um eine Schritt stillsteht oder zurückweicht, erhebt sich die Reaktion und gefährdet die Entwicklung der Völker auf lange. Man prüfe die Geschichte der letzten acht Monate: Das Volk jagt den Elenden weg, der es gewagt hatte, seine Rechte mit Füßen zu treten. Auf den Barrikaden wählt es sich eine neue Regierung. Diese Regierung stellt ihre Grundsätze in einem Manifest vor der ganzen Welt dar. Sie Alle kennen diese Grundsätze. Wollten sie erobern? Nein. Die franz. Republik führt keine Kriege um einige Meilen Landes. Aber sie verhieß allen Völkern Unterstützung, welche gleich ihr die Ketten der Sklaverei brechen und sich eine vernünftige und naturgemäße Regierungsform geben wollten. Befreiung Italiens und Bruderbund mit Deutschland, so lauteten die Anträge und Beschlüsse der provisorischen Regierung im Schoße der Nationalversammlung. Wie hat sich das Alles geändert, seitdem die Reaktion sich des Regierungsruders bemächtigte und die Demokratie stillstand? An der spanischen Gränze liefert die franz. Regierung die edelsten Söhne, welche bei uns Asyl suchen, an den Soldatenchef Narvaez, der sie wie Hunde erschießen läßt (Tobender Beifall). Italien erhob schlug sich wie die Helden des Alterthums in Mailand und verjagte die Oestreicher. Entschlossene Handlung von Seiten der franz. Republik und die ganze Halbinsel wäre frei gewesen. Statt dessen bebt man zurück und nimmt zu Protokollen seine Zuflucht, jetzt seufzt Italien wieder unter dem Joch seiner Unterdrücker. Radetzki brandschatzt und keine Stimme erhebt sich in Frankreich (Tiefer Eindruck in der Versammlung). Die Donaufürstenthümer pflegten stets geheime Verbindungen mit Frankretch, wir brauchen jene Freunde gegen die Eroberungssucht Rußlands. Was thut Rußland? Es wirft 80,000 Mann in jene Gegenden, saugt sie aus und wir wagen nicht einmal ihm zuzurufen: Hinaus aus diesen Provinzen! Berlin erhebt sich kaum vier Wochen nach uns, und statt es in seinen Kampf gegen das Königthum zu unterstützen, paktisirt man mit ihm und läßt es stark genug, um jetzt die Nationalversammlung zu sprengen. Doch, hört es, Berliner, ist auch das französische Kabinet nicht mit Euch, so habt Ihr doch das französische Volk für Euch! (Beifall.) Wien erhebt sich und auch dort kämpft das Volk heldenmüthig gegen den starrsten Absolutismus ... Es unterliegt aber, und unsere Armee von 60,000 Mann sieht von den Alpen herab ruhig zu, wie sich die Wiener verbluten! Furchtbare Erinnerung: ein Mann der Freiheit, dessen Hand ich zu drücken die Ehre hatte, fällt als Opfer der Rache eines Windischgrätz; es lebe Blum, es lebe seine Gattin und Kinder. (Der ganze Saal schreit: Rache für Blum! Es lebe Deutschland! Es leben die Wiener und Berliner!) O, Blum! möge sich dein Geist bei diesem Beifallssturm erhoben fühlen: der Gedanke an deinen Tod wird allen Deutschen das Schwert in die Hände geben, womit sie alle ihre Unterdrücker vertilgen werden. (Anhaltender Beifall)." Der Redner setzt unter immer steigendem Interesse seine Rundschau aller Ereignisse in- und außerhalb der Republik fort und beschwört noch einmal alle Demokraten, sich zu einigen, damit die Universal-Demokratie recht bald in's Leben trete. Das Bankett dauerte von 3 1/2 Uhr bis 8 Uhr Abends. Cavaignac hatte viele Truppen dahin beordert. Der ganze "Berg" war anwesend. -- Bei einem Verleger der Rue du Cherche Midi ist die erste Lieferung einer Bildergalerie der vorzüglichsten Junikämpfer erschienen. -- Seit vorgestern wird ein neues kleines hochrothes Blatt, "die Natterzunge", ausgerufen. Bastide, Thiers, Marrast, Louis Napoleon, Genoude u. A. werden darin tüchtig gegeißelt. Doch ist die Sprache ziemlich anständig. -- Proudhon's "Peuple" erscheint vom 23. d. an täglich. Es ist ihm gelungen, die Kaution zu vervollständigen. -- In Paris bildet sich in diesem Augenblick unter Anführung der Chefs der verschiedenen sozialistischen Schulen sowie unter dem Schutze einer großen Zahl von Eigenthümern und Handelsleuten der Kern einer kolossalen Verbrüderung unter dem Namen: "Soziale Conföderation," deren Zweck unbedingte Abschaffung des Elendes und die es durchsetzen will, daß in alle europäische Verfassungen das Recht auf Arbeit eingeschrieben werde. Dieser großartige Verband würde seine Thätigkeit nicht blos auf Paris und das Gebiet der französischen Republik erstrecken, sondern auch auf alle Länder Europas ausdehnen, wo die Sozialisten bereits Verzweigungen haben. Diese Conföderation wird im nächsten Frühjahr einen europäischen Kongreß eröffnen, in welchem endlich einmal einige Einigkeit in die sozialistischen Dogmen gebracht werden soll. Jede industrielle und wissenschaftliche Klasse würde einen Vertreter herschicken. Das Proudhon'sche Blatt "La Peuple" verspricht nächstens seinen Lesern die Statuten dieser Conföderation mitzutheilen. -- Die Nadelstiche, denen Marrast seit seiner Thronbesteigung unaufhörlich ausgesetzt ist, veranlassen ihn endlich heute, folgenden Brief an die Urheberin all' dieser Stiche, "Gazette de France," zu richten: Paris, 19. Nov, 1848. Herr Redakteur. Ihr Journal sammelt mit einer wahrhaft erstaunenswerthen Gewissenhaftigkeit all' die sonderbaren Gerüchte, die über mich mündlich oder schriftlich ausgesprengt werden. Bald setze ich mich auf den Stuhl Ludwigs XIV. im Hoftheater zu Versailles; bald wohne ich in den ehemaligen königl. Forsten einem Treibjagen bei und heute lese ich in Ihrem Blatte, daß ich den Vortritt vor den Gesandschaften verlangt, daß ich einen Schreibtisch von Gold und Perlmutter aus einem Schlosse in mein Präsidentschaftshotel hätte bringen lassen etc. Ich will diesem albernen Geschwätz nicht die Ehre erweisen, es als Verläumdung zu erklären, ebensowenig will ich Ihnen selbst die Ehre erweisen, anzunehmen, daß Sie ein Wort davon glauben. Es liegt also auf der Hand, daß Sie mich nur angreifen wollten; aber es scheint mir, als hätte ich Ihnen doch nicht so ganz unbekannt sein sollen, um mich die Rolle eines lächerlichen Narren spielen zu lassen. Wenn Ihnen meine Vergangenheit wirklich das Recht dazu gab, so war es Ihrerseits allzugütig, mich dies nicht schon in dem Augenblick fühlen zu lassen, wo ich noch die Feder führte. Setzen Sie also, ich bitte Sie, doch ein wenig gesunden Sinn und guten Geschmack bei einem ehemaligen Mitbruder voraus, dessen Ideen, Sitten und Gefühle weder die Zeit noch die Revolutionen geändert haben. Ihr Mitbürger (gez.) A. Marrast. National-Versammlung. Sitzung vom 21. November. Anfang 1 1/2 Uhr. Vizepräsident Lacrosse ersetzt den Präsidenten Marrast. Lacrosse: Ich ersuche die Versammlung, jetzt das Scrutin wieder zu beginnen, das gestern Abend über Artikel 1 des Gesetzentwurfs des Finanzausschusses rücksichtlich der Entschädigungen der Sparkassen und Schatzbonsträger eröffnet wurde, aber annullirt werden mußte. Victor Grandin: Ist denn die Versammlung jetzt beschlußfähig? Ich schlage vor, eine zweite Urne auf die Bühne zu stellen und das Scrutin so lange offen zu lassen, bis die Versammlung beschlußfähig. Lacrosse: Das wäre ein neuer Modus, der nicht reglementsmäßig; ich kann darum auf ihn nicht eingehen. Uebrigens scheint mir und dem Bureau die Versammlung beschlußfähig Die Wärter schreiten zur Abstimmung, welche folgendes Resultat giebt: Zahl der Stimmenden 511. Für den 1. Artikel des Finanzausschusses (welcher den Cours der Renten ändert) 405 Dagegen 106. § 1 des Artikels 1 des Dekrets, dessen Wortlaut wir gestern mittheilten, ist somit angenommen, d. h. die Sparkassen und Schatzbonsrentencourse sind auf 71 Fr. 10 Ct. (für die 5pCt.) und 46 Fr. 40 Ct. (für die 3pCt.) festgestellt und die Differenzen sollen ausgeglichen werden Dieser Gegenstand ist wichtig, denn er birgt den Nationalbankerott in seinem Bauche. Es handelt sich, wie die Debats diesen Morgen sehr speziell nachweisen, um die Bagatelle von 600 Millionen Fr. Hier unterbricht Cavaignac die Debatte. Er steigt auf die Bühne. Cavaignac (tiefe Stille): Bürger! beginnt er, Niemandeen unter Ihnen ist es ein Geheimniß, daß derjenige Ihrer Kollegen, welchem Sie die Vollziehungsgewalt übertragen, seit mehreren Monaten und namentlich in letzter Zeit Gegenstand der heftigsten Angriffe und Verläumdungen ist. Ich weiß wohl, daß mich das Amt, das Sie mir übertrugen, zum Dulden und Ertragen bestimmt. Aber letztere wurden in den letzten Tagen so heftig, daß ich die Versammlung damit beschäftigen muß. Ich war stets gewohnt, der Luge offen entgegen zu treten, wenn sie sich ohne Maske mir gegenüber zeigte. Damit nun die von meinen Kollegen (Barthelemy, Garnier-Pages, Paguerre, Lamartine etc.) gemachten Enthüllungen ganz an das Tageslicht gezogen und erörtert werden konnten, bitte ich Sie, den nächsten Donnerstag als Tag zur diesfälligen Diskussion festzusetzen Nach dieser Einleitung tritt der General in eine Beleuchtung der bekannten Erklärung des Lamartinschen Klubs und berührt die Vorwürfe, die ihn wegen der Propagandathätigkeit für seine Präsidentenwahl treffen. Garnier-Pages erklärt sich gegen einige Aeußerungen. Der General hat gesagt, er habe bisher geschwiegen, um seinen Freund (Lamartine) zu schonen. Wir verlangen, daß er spreche, damit man sehe, daß wir stets loyal waren. Joly: Lamartine muß anwesend sein. Ich beantrage Vertagung bis zu seiner Rückkehr. A. Rousseau und Ledru-Rollin nehmen das Wort Letzterer verlangt, daß auch Marie, Justizminister, zugezogen werde. (Ja, ja! Nein!) Die Versammlung beschließt, dieser parlamentarischen Schlacht den Sonnabend zu widmen und kehrt zur Tagesordnung zurück. Eine unbeschreibliche Aufregung herrscht noch im Saale. Es gelingt der Schelle des Präsidenten nur mit Mühe, die zur Diskussion nöthige Stille herzustellen. Die Versammlung nimmt nach einer Pause die Debatte über den § 2 des Artikels 1 des neuen Dekrets über die Schatzbons und Sparkassenbüchelchen-Reluition wieder auf. Dieser Paragraph lautet: "Die Differenz der bisherigen Börsencourse der 5pCt. Rente wird vom 7. Juli 1848 an gerechnet und vom 1. Januar 1850 an, ausgezahlt." Goudchaux hatte eine Aenderung vorgeschlagen, zieht sie aber zurück. Der Paragraph und demnächst der ganze Artikel 1 geht endlich durch. Eben so die Artikel 2, 3, 4 und 5, die lediglich von der Umwandlungsform handeln. Charamaule trägt darauf an, daß die Vergütung der erlittenen Verluste nur den Inhabern jener Fonds zu Gute kommen soll, welche sie in jener Epoche wirklich besaßen. Trouve Chauvel, Finanzminister, so wie der Berichterstatter des Finanzausschusses, erklären diese Ermittelung für unmöglich. Mauguin unterstützt den Antrag Deeselbe wird zu Abstimmung gebracht und angenommen. (Sensation.) Artikel 6 verfügt die Gründung eines Amortisationsfonds. Wird angenommen. Das Gesammtgesetz kommt nun zur Abstimmung und wird durch Aufstehen und Sitzenbleiben angenommen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Schweiz. ** Bern, 20. Novbr. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Lugano, 18. Nov. Die Spannung zwischen den Tessinern und den hiesigen Bundestruppen nimmt täglich zu. In der That aber benehmen sich auch unsere lieben Eidgenossen fast als ob sie in einem eroberten Lande wären. Wieder ein paar neue Thatsachen. Ein italienischer Flüchtling, der nach Piemont übertreten wollte, wurde vom eidgenössischen Gränzposten zurückgewiesen. Er beklagte sich in einem Wirthshause gegen einen Tessineser und sagte unter andern, es scheine. daß die Eidgenossen den Kanton ebenso unterjochen wollten wie Radetzki die Lombardei. Der Tessiner fand die Sache nicht ganz so schlimm und beruhigte den Italiener, gestand aber zu gleicher Zeit, daß er keine große Sympathie für die Art empfinde, mit der die Bundesbehörden in Tessin auftreten. Ein eidgenössischer Offizier, der zugegen war, ging hinaus, kam aber nach einiger Zeit mit einem Piket Soldaten wieder und wollte den Italiener verhaften. Da dieser aber schon fortgegangen, arretirte er den Tessiner, ließ ihn die Nacht in einem kalten Zimmer zubringen und den Morgen (die Sache trug sich in Mendrisio, an der Südspitze des Kantons zu) durch zwei Schützen nach Lugano, 3 Meilen weit, transportiren, ohne auf die Vorstellungen der Ortsbehörden zu hören. Hier angekommen, wurde der Gefangene natürlich sogleich wieder entlassen. -- Ferner: Ein von hier abreisender italienischer Flüchtling schickte einem seiner hiesigen Freunde einen versiegelten Tornister mit darauf geschnalltem Säbel zum Aufbewahren zu. Als der Träger vor dem Regierungspalast vorbeikam, wurde er von zwei eidgenössischen Unteroffizieren angehalten und gezwungen, die Sachen in der Wachtstube zu deponiren. Der Empfänger der Sachen wandte sich an die Militärbehörden und erhielt nach einigen Tagen die betreffenden Gegenstände durch einen Soldaten zugeschickt. Aber wie! Die Siegel und Bänder des Tornisters waren zerrissen, der Inhalt durchsucht. Ob die Militärbehörden, ob die Herren von der Wachstube die Urheber dieser Verletzung waren, ist nicht bekannt. Die Hauptursache des schlechten Vernehmens zwischen Soldaten und Tessinern liegt aber nicht in dem Benehmen der Soldaten, in ihrem häufigen fraternisiren mit den ebenfalls deutschredenden östreichischen Truppen an der Gränze, das den Tessinern höchst widerwärtig sein mußte, in ihrer deutschen Grobheit und Unhöflichkeit, sie liegt in der schiefen Stellung, welche sie hier einnehmen. In der That sind sie weniger gegen die Oestreicher als gegen die Tessiner hergeschickt; die Mission die ihnen die eidg. Repräsentanten gegeben haben, gleicht weit weniger einem Schutz der schweiz. Neutralität gegen Radetzki als einer militärischen Okkupation und einer Polizei in seinem Dienste. Und was sollen vollends jetzt die neuen Sendungen von fast 3 Bataillonen, was die strengen Befehle des Vororts zur Ausweisung aller ital. Flüchtlinge, wo die Tessiner Regierung bereits alle Theilnehmer an dem Einfalle von Vall' Intelvi ausgewiesen und in Folge hiervon fast alle Flüchtlinge freiwillig weggezogen waren, noch ehe dieser Beschluß gefaßt war? In der That, man muß der Tessiner Regierung Recht geben, wenn sie gegen solche Maßregeln an die neuen Bundesbehörden appellirt, wo sie freilich wohl kein geneigteres Ohr finden wird. Dänemark. * Kopenhagen, 18. Nov. Das Zustandekommen das neuen Ministeriums ist heute dem Reichstage vom Grafen A. W. Moltke offiziell mitgetheilt worden. Es besteht aus Graf A. W. Moltke, Präsident und Minister des Auswärtigen ad interim.; Bardenfleth, Justiz; Graf Sponneck, Finanzen; Madvig, Kultus; Bang, Inneres; Zahrtmann, Marine ad interim.; Hansen, Krieg; Professor Claussen, Minister ohne Portefeuille. Portugal. * Lissabon, 11. Nov. Nach Allem, was man hier hört und beobachtet, wird binnen Kurzem eine neue Ministerkrisis eintreten. In dem jetzigen Ministerium ist Zwiespalt. Die Parteien Saldanha und Cabral stehen einander schon ziemlich gegenüber. Letztere wird allem Anschein nach die Oberhand behalten. [Leserbriefe] Frankfurt a. M., 22. November, Morgens. So eben erscheint folgender Aufruf: An das deutsche Volk! Deutsche! In ernster Stunde für unser Vaterland spreche ich zu Euch; höret meine Worte mit Vertrauen! Eine beklagenswerthe Spaltung ist eingetreten zwischen der Krone und den Volksvertretern Preußens. In weiten Kreisen hat das deutsche Volk Partei genommen in diesem Streite; es hat es gethan in ruhiger und gesetzmäßiger Haltung. Aber auch die Stimme der Leidenschaft ertönt, und sie entzündet neue Leidenschaft. Ein Theil der preußischen Volksvertreter hat beschlossen, daß die Erhebung der Steuern einzustellen sei. Die Bande des Staatslebens sind dadurch gelockert, die bürgerliche Gesellschaft ist tief erschüttert, Preuß,n und mit ihm ganz Deutschland stehen auf der Schwelle des Bürgerkrieges. Preußen! Die zu Frankfurt versammelten Vertreter des deutschen Volkes haben in so verhängnißvollem Augenblicke das ausgleichende Wort des Friedens gesprochen. Die Reichsversammlung hat verlangt, daß Preußens König sich mit Männern umgebe, welche das Vertrauen des Landes genießen. Sie hat die Euch gewährten und verheißenen Rechte und Freiheiten feierlich verbürgt; sie hat Euch gegen jeden Versuch einer Beeinträchtigung derselben ihren Schutz zugesagt. Sie hat aber zugleich den auf die Einstellung der Steuererhebung gerichteten Beschluß der preußischen Volksvertreter für nichtig erklärt. Preußen! Die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für Alle! Deutsche! In voller Uebereinstimmung mit der Reichsversammlung werde ich handeln. Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, welcher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und Freiheiten des preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unverkümmert bleiben, wie allen unsern deutschen Brüdern. Ich rechne auf Euch, Preußen; Ihr werdet mir beistehen; Ihr werdet jede Ungesetzlichkeit, jede Gewaltthat meiden und Euch der Freiheit werth zeigen. Haltet den Frieden, ich werde ihn wahren. Deutsche! Auf Euch Alle rechne ich. Steht Ihr zu mir, wie ich zu Euch stehe! Das längst ersehnte Ziel, nach dem wir streben, ist näher gerückt, bald wird das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und unser schönes Vaterland wird in Einheit und Freiheit groß und mächtig sein! Frankfurt, den 21. Nuvember 1848. Der Reichsverweser: Erzherzog Johann. Die Reichsminister: Schmerling. Peucker. Duckwitz. Beckerath. R. Mohl. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
Beilage zu Nr. 151 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 24. November 1848. Uebersicht. Franz. Republik. Paris. (Promulgation der Verfassung in den Provinzen. — Mehemed Ali. — Finanzgerüchte. — Louis Bonaparte. — Marrast. — Verschiedenes. — National-Versammlung vom 21. Nov.) Schweiz. Lugano. Bern. (Verschiedenes). Dänemark. Kopenhagen. (Das neue Ministerium). Portugal. (Verschiedenes). Französische Republik. Paris, 21. Nov. Sind wir gut unterrichtet, so wären der Regierung mehrere Depeschen zugegangen, welche ihr anzeigen, daß die Promulgation der neuen Verfassung in mehreren Städten durch den Ruf: Es lebe der neue Kaiser! Nieder mit der Bourgeois-Republik! u. s. w. unterbrochen worden. Ueber Marseille ist der Regierung gestern Abend die Nachricht zugekommen, daß der Vicekönig von Egypten, Mehmed Ali, gestorben ist. Einige Morgenblätter behaupten, es sei vielmehr sein Sohn, Ibrahim Pascha, gestorben. Man erwartet heute oder morgen nähere Berichte über dieses übrigens längst vorhergesehene Ereigniß. Ibrahim mag vielleicht ebenfalls krank sein, daher das Mißverständniß. — In der Finanzwelt geht das Gerücht, die Nordbahn werde die 12 Millionen Franken, welche sie dem Staate von den ihm schuldigen 57 Millionen Franken 1849 zahlen soll, wahrscheinlich nicht bezahlen können. Dies hieße aber den Nationalbankerott erklären, darum werden Herr Rothschild und die hohe Bank wohl Rath schaffen. — Von Louis Bonaparte ist eine von ihm schon früher ausgearbeitete Broschüre: „Geschichte der Kanone in den modernen Armeen,“ im Buchhandel angekündet. Die „Reform“ frägt: will uns dieser Mensch etwa einen 18. Brumaire systematisch einbläuen? (Rede Ledru Rollins auf dem Bankett am 19. Nov. im Chateau rouge, dem der ganze Klub beiwohnte: „Bürger! Lassen Sie uns auf die Universaldemokratie anstoßen (Beifall). Möchte Ihr Beifall in der ganzen Welt wiederhallen, damit die große Wahrheit in Aller Herzen dringe: die Morgenröthe der Volksregierungen d. h. wahrhaft demokratisch-sozialer Freistaaten bricht heran! Ja, sie bricht heran und mit ihr die Abschaffung des Elendes, die Rehabilitation des Proletariats. Die demokratisch-soziale Republik wird die Verbrüderung aller Menschen, die einzige Religion die es auf Erden geben soll, verwirklichen; sie wird alle Sekten lösen und alle Völker in eine einzige große Familie verbinden. Damit diese Morgenröthe zur baldigen Tageshelle werde, ist vor allen Dingen Einigkeit unter den Demokraten nöthig: von der Einigkeit der franz. Demokraten hängt zunächst das Schicksal der Welt ab. Sehen wir nicht, sowie die franz. Demokratie nur um eine Schritt stillsteht oder zurückweicht, erhebt sich die Reaktion und gefährdet die Entwicklung der Völker auf lange. Man prüfe die Geschichte der letzten acht Monate: Das Volk jagt den Elenden weg, der es gewagt hatte, seine Rechte mit Füßen zu treten. Auf den Barrikaden wählt es sich eine neue Regierung. Diese Regierung stellt ihre Grundsätze in einem Manifest vor der ganzen Welt dar. Sie Alle kennen diese Grundsätze. Wollten sie erobern? Nein. Die franz. Republik führt keine Kriege um einige Meilen Landes. Aber sie verhieß allen Völkern Unterstützung, welche gleich ihr die Ketten der Sklaverei brechen und sich eine vernünftige und naturgemäße Regierungsform geben wollten. Befreiung Italiens und Bruderbund mit Deutschland, so lauteten die Anträge und Beschlüsse der provisorischen Regierung im Schoße der Nationalversammlung. Wie hat sich das Alles geändert, seitdem die Reaktion sich des Regierungsruders bemächtigte und die Demokratie stillstand? An der spanischen Gränze liefert die franz. Regierung die edelsten Söhne, welche bei uns Asyl suchen, an den Soldatenchef Narvaez, der sie wie Hunde erschießen läßt (Tobender Beifall). Italien erhob schlug sich wie die Helden des Alterthums in Mailand und verjagte die Oestreicher. Entschlossene Handlung von Seiten der franz. Republik und die ganze Halbinsel wäre frei gewesen. Statt dessen bebt man zurück und nimmt zu Protokollen seine Zuflucht, jetzt seufzt Italien wieder unter dem Joch seiner Unterdrücker. Radetzki brandschatzt und keine Stimme erhebt sich in Frankreich (Tiefer Eindruck in der Versammlung). Die Donaufürstenthümer pflegten stets geheime Verbindungen mit Frankretch, wir brauchen jene Freunde gegen die Eroberungssucht Rußlands. Was thut Rußland? Es wirft 80,000 Mann in jene Gegenden, saugt sie aus und wir wagen nicht einmal ihm zuzurufen: Hinaus aus diesen Provinzen! Berlin erhebt sich kaum vier Wochen nach uns, und statt es in seinen Kampf gegen das Königthum zu unterstützen, paktisirt man mit ihm und läßt es stark genug, um jetzt die Nationalversammlung zu sprengen. Doch, hört es, Berliner, ist auch das französische Kabinet nicht mit Euch, so habt Ihr doch das französische Volk für Euch! (Beifall.) Wien erhebt sich und auch dort kämpft das Volk heldenmüthig gegen den starrsten Absolutismus … Es unterliegt aber, und unsere Armee von 60,000 Mann sieht von den Alpen herab ruhig zu, wie sich die Wiener verbluten! Furchtbare Erinnerung: ein Mann der Freiheit, dessen Hand ich zu drücken die Ehre hatte, fällt als Opfer der Rache eines Windischgrätz; es lebe Blum, es lebe seine Gattin und Kinder. (Der ganze Saal schreit: Rache für Blum! Es lebe Deutschland! Es leben die Wiener und Berliner!) O, Blum! möge sich dein Geist bei diesem Beifallssturm erhoben fühlen: der Gedanke an deinen Tod wird allen Deutschen das Schwert in die Hände geben, womit sie alle ihre Unterdrücker vertilgen werden. (Anhaltender Beifall).“ Der Redner setzt unter immer steigendem Interesse seine Rundschau aller Ereignisse in- und außerhalb der Republik fort und beschwört noch einmal alle Demokraten, sich zu einigen, damit die Universal-Demokratie recht bald in's Leben trete. Das Bankett dauerte von 3 1/2 Uhr bis 8 Uhr Abends. Cavaignac hatte viele Truppen dahin beordert. Der ganze „Berg“ war anwesend. — Bei einem Verleger der Rue du Cherche Midi ist die erste Lieferung einer Bildergalerie der vorzüglichsten Junikämpfer erschienen. — Seit vorgestern wird ein neues kleines hochrothes Blatt, „die Natterzunge“, ausgerufen. Bastide, Thiers, Marrast, Louis Napoleon, Genoude u. A. werden darin tüchtig gegeißelt. Doch ist die Sprache ziemlich anständig. — Proudhon's „Peuple“ erscheint vom 23. d. an täglich. Es ist ihm gelungen, die Kaution zu vervollständigen. — In Paris bildet sich in diesem Augenblick unter Anführung der Chefs der verschiedenen sozialistischen Schulen sowie unter dem Schutze einer großen Zahl von Eigenthümern und Handelsleuten der Kern einer kolossalen Verbrüderung unter dem Namen: „Soziale Conföderation,“ deren Zweck unbedingte Abschaffung des Elendes und die es durchsetzen will, daß in alle europäische Verfassungen das Recht auf Arbeit eingeschrieben werde. Dieser großartige Verband würde seine Thätigkeit nicht blos auf Paris und das Gebiet der französischen Republik erstrecken, sondern auch auf alle Länder Europas ausdehnen, wo die Sozialisten bereits Verzweigungen haben. Diese Conföderation wird im nächsten Frühjahr einen europäischen Kongreß eröffnen, in welchem endlich einmal einige Einigkeit in die sozialistischen Dogmen gebracht werden soll. Jede industrielle und wissenschaftliche Klasse würde einen Vertreter herschicken. Das Proudhon'sche Blatt „La Peuple“ verspricht nächstens seinen Lesern die Statuten dieser Conföderation mitzutheilen. — Die Nadelstiche, denen Marrast seit seiner Thronbesteigung unaufhörlich ausgesetzt ist, veranlassen ihn endlich heute, folgenden Brief an die Urheberin all' dieser Stiche, „Gazette de France,“ zu richten: Paris, 19. Nov, 1848. Herr Redakteur. Ihr Journal sammelt mit einer wahrhaft erstaunenswerthen Gewissenhaftigkeit all' die sonderbaren Gerüchte, die über mich mündlich oder schriftlich ausgesprengt werden. Bald setze ich mich auf den Stuhl Ludwigs XIV. im Hoftheater zu Versailles; bald wohne ich in den ehemaligen königl. Forsten einem Treibjagen bei und heute lese ich in Ihrem Blatte, daß ich den Vortritt vor den Gesandschaften verlangt, daß ich einen Schreibtisch von Gold und Perlmutter aus einem Schlosse in mein Präsidentschaftshotel hätte bringen lassen etc. Ich will diesem albernen Geschwätz nicht die Ehre erweisen, es als Verläumdung zu erklären, ebensowenig will ich Ihnen selbst die Ehre erweisen, anzunehmen, daß Sie ein Wort davon glauben. Es liegt also auf der Hand, daß Sie mich nur angreifen wollten; aber es scheint mir, als hätte ich Ihnen doch nicht so ganz unbekannt sein sollen, um mich die Rolle eines lächerlichen Narren spielen zu lassen. Wenn Ihnen meine Vergangenheit wirklich das Recht dazu gab, so war es Ihrerseits allzugütig, mich dies nicht schon in dem Augenblick fühlen zu lassen, wo ich noch die Feder führte. Setzen Sie also, ich bitte Sie, doch ein wenig gesunden Sinn und guten Geschmack bei einem ehemaligen Mitbruder voraus, dessen Ideen, Sitten und Gefühle weder die Zeit noch die Revolutionen geändert haben. Ihr Mitbürger (gez.) A. Marrast. National-Versammlung. Sitzung vom 21. November. Anfang 1 1/2 Uhr. Vizepräsident Lacrosse ersetzt den Präsidenten Marrast. Lacrosse: Ich ersuche die Versammlung, jetzt das Scrutin wieder zu beginnen, das gestern Abend über Artikel 1 des Gesetzentwurfs des Finanzausschusses rücksichtlich der Entschädigungen der Sparkassen und Schatzbonsträger eröffnet wurde, aber annullirt werden mußte. Victor Grandin: Ist denn die Versammlung jetzt beschlußfähig? Ich schlage vor, eine zweite Urne auf die Bühne zu stellen und das Scrutin so lange offen zu lassen, bis die Versammlung beschlußfähig. Lacrosse: Das wäre ein neuer Modus, der nicht reglementsmäßig; ich kann darum auf ihn nicht eingehen. Uebrigens scheint mir und dem Bureau die Versammlung beschlußfähig Die Wärter schreiten zur Abstimmung, welche folgendes Resultat giebt: Zahl der Stimmenden 511. Für den 1. Artikel des Finanzausschusses (welcher den Cours der Renten ändert) 405 Dagegen 106. § 1 des Artikels 1 des Dekrets, dessen Wortlaut wir gestern mittheilten, ist somit angenommen, d. h. die Sparkassen und Schatzbonsrentencourse sind auf 71 Fr. 10 Ct. (für die 5pCt.) und 46 Fr. 40 Ct. (für die 3pCt.) festgestellt und die Differenzen sollen ausgeglichen werden Dieser Gegenstand ist wichtig, denn er birgt den Nationalbankerott in seinem Bauche. Es handelt sich, wie die Debats diesen Morgen sehr speziell nachweisen, um die Bagatelle von 600 Millionen Fr. Hier unterbricht Cavaignac die Debatte. Er steigt auf die Bühne. Cavaignac (tiefe Stille): Bürger! beginnt er, Niemandeen unter Ihnen ist es ein Geheimniß, daß derjenige Ihrer Kollegen, welchem Sie die Vollziehungsgewalt übertragen, seit mehreren Monaten und namentlich in letzter Zeit Gegenstand der heftigsten Angriffe und Verläumdungen ist. Ich weiß wohl, daß mich das Amt, das Sie mir übertrugen, zum Dulden und Ertragen bestimmt. Aber letztere wurden in den letzten Tagen so heftig, daß ich die Versammlung damit beschäftigen muß. Ich war stets gewohnt, der Luge offen entgegen zu treten, wenn sie sich ohne Maske mir gegenüber zeigte. Damit nun die von meinen Kollegen (Barthelemy, Garnier-Pages, Paguerre, Lamartine etc.) gemachten Enthüllungen ganz an das Tageslicht gezogen und erörtert werden konnten, bitte ich Sie, den nächsten Donnerstag als Tag zur diesfälligen Diskussion festzusetzen Nach dieser Einleitung tritt der General in eine Beleuchtung der bekannten Erklärung des Lamartinschen Klubs und berührt die Vorwürfe, die ihn wegen der Propagandathätigkeit für seine Präsidentenwahl treffen. Garnier-Pages erklärt sich gegen einige Aeußerungen. Der General hat gesagt, er habe bisher geschwiegen, um seinen Freund (Lamartine) zu schonen. Wir verlangen, daß er spreche, damit man sehe, daß wir stets loyal waren. Joly: Lamartine muß anwesend sein. Ich beantrage Vertagung bis zu seiner Rückkehr. A. Rousseau und Ledru-Rollin nehmen das Wort Letzterer verlangt, daß auch Marie, Justizminister, zugezogen werde. (Ja, ja! Nein!) Die Versammlung beschließt, dieser parlamentarischen Schlacht den Sonnabend zu widmen und kehrt zur Tagesordnung zurück. Eine unbeschreibliche Aufregung herrscht noch im Saale. Es gelingt der Schelle des Präsidenten nur mit Mühe, die zur Diskussion nöthige Stille herzustellen. Die Versammlung nimmt nach einer Pause die Debatte über den § 2 des Artikels 1 des neuen Dekrets über die Schatzbons und Sparkassenbüchelchen-Reluition wieder auf. Dieser Paragraph lautet: „Die Differenz der bisherigen Börsencourse der 5pCt. Rente wird vom 7. Juli 1848 an gerechnet und vom 1. Januar 1850 an, ausgezahlt.“ Goudchaux hatte eine Aenderung vorgeschlagen, zieht sie aber zurück. Der Paragraph und demnächst der ganze Artikel 1 geht endlich durch. Eben so die Artikel 2, 3, 4 und 5, die lediglich von der Umwandlungsform handeln. Charamaule trägt darauf an, daß die Vergütung der erlittenen Verluste nur den Inhabern jener Fonds zu Gute kommen soll, welche sie in jener Epoche wirklich besaßen. Trouve Chauvel, Finanzminister, so wie der Berichterstatter des Finanzausschusses, erklären diese Ermittelung für unmöglich. Mauguin unterstützt den Antrag Deeselbe wird zu Abstimmung gebracht und angenommen. (Sensation.) Artikel 6 verfügt die Gründung eines Amortisationsfonds. Wird angenommen. Das Gesammtgesetz kommt nun zur Abstimmung und wird durch Aufstehen und Sitzenbleiben angenommen. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Schweiz. ** Bern, 20. Novbr. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Lugano, 18. Nov. Die Spannung zwischen den Tessinern und den hiesigen Bundestruppen nimmt täglich zu. In der That aber benehmen sich auch unsere lieben Eidgenossen fast als ob sie in einem eroberten Lande wären. Wieder ein paar neue Thatsachen. Ein italienischer Flüchtling, der nach Piemont übertreten wollte, wurde vom eidgenössischen Gränzposten zurückgewiesen. Er beklagte sich in einem Wirthshause gegen einen Tessineser und sagte unter andern, es scheine. daß die Eidgenossen den Kanton ebenso unterjochen wollten wie Radetzki die Lombardei. Der Tessiner fand die Sache nicht ganz so schlimm und beruhigte den Italiener, gestand aber zu gleicher Zeit, daß er keine große Sympathie für die Art empfinde, mit der die Bundesbehörden in Tessin auftreten. Ein eidgenössischer Offizier, der zugegen war, ging hinaus, kam aber nach einiger Zeit mit einem Piket Soldaten wieder und wollte den Italiener verhaften. Da dieser aber schon fortgegangen, arretirte er den Tessiner, ließ ihn die Nacht in einem kalten Zimmer zubringen und den Morgen (die Sache trug sich in Mendrisio, an der Südspitze des Kantons zu) durch zwei Schützen nach Lugano, 3 Meilen weit, transportiren, ohne auf die Vorstellungen der Ortsbehörden zu hören. Hier angekommen, wurde der Gefangene natürlich sogleich wieder entlassen. — Ferner: Ein von hier abreisender italienischer Flüchtling schickte einem seiner hiesigen Freunde einen versiegelten Tornister mit darauf geschnalltem Säbel zum Aufbewahren zu. Als der Träger vor dem Regierungspalast vorbeikam, wurde er von zwei eidgenössischen Unteroffizieren angehalten und gezwungen, die Sachen in der Wachtstube zu deponiren. Der Empfänger der Sachen wandte sich an die Militärbehörden und erhielt nach einigen Tagen die betreffenden Gegenstände durch einen Soldaten zugeschickt. Aber wie! Die Siegel und Bänder des Tornisters waren zerrissen, der Inhalt durchsucht. Ob die Militärbehörden, ob die Herren von der Wachstube die Urheber dieser Verletzung waren, ist nicht bekannt. Die Hauptursache des schlechten Vernehmens zwischen Soldaten und Tessinern liegt aber nicht in dem Benehmen der Soldaten, in ihrem häufigen fraternisiren mit den ebenfalls deutschredenden östreichischen Truppen an der Gränze, das den Tessinern höchst widerwärtig sein mußte, in ihrer deutschen Grobheit und Unhöflichkeit, sie liegt in der schiefen Stellung, welche sie hier einnehmen. In der That sind sie weniger gegen die Oestreicher als gegen die Tessiner hergeschickt; die Mission die ihnen die eidg. Repräsentanten gegeben haben, gleicht weit weniger einem Schutz der schweiz. Neutralität gegen Radetzki als einer militärischen Okkupation und einer Polizei in seinem Dienste. Und was sollen vollends jetzt die neuen Sendungen von fast 3 Bataillonen, was die strengen Befehle des Vororts zur Ausweisung aller ital. Flüchtlinge, wo die Tessiner Regierung bereits alle Theilnehmer an dem Einfalle von Vall' Intelvi ausgewiesen und in Folge hiervon fast alle Flüchtlinge freiwillig weggezogen waren, noch ehe dieser Beschluß gefaßt war? In der That, man muß der Tessiner Regierung Recht geben, wenn sie gegen solche Maßregeln an die neuen Bundesbehörden appellirt, wo sie freilich wohl kein geneigteres Ohr finden wird. Dänemark. * Kopenhagen, 18. Nov. Das Zustandekommen das neuen Ministeriums ist heute dem Reichstage vom Grafen A. W. Moltke offiziell mitgetheilt worden. Es besteht aus Graf A. W. Moltke, Präsident und Minister des Auswärtigen ad interim.; Bardenfleth, Justiz; Graf Sponneck, Finanzen; Madvig, Kultus; Bang, Inneres; Zahrtmann, Marine ad interim.; Hansen, Krieg; Professor Claussen, Minister ohne Portefeuille. Portugal. * Lissabon, 11. Nov. Nach Allem, was man hier hört und beobachtet, wird binnen Kurzem eine neue Ministerkrisis eintreten. In dem jetzigen Ministerium ist Zwiespalt. Die Parteien Saldanha und Cabral stehen einander schon ziemlich gegenüber. Letztere wird allem Anschein nach die Oberhand behalten. [Leserbriefe] Frankfurt a. M., 22. November, Morgens. So eben erscheint folgender Aufruf: An das deutsche Volk! Deutsche! In ernster Stunde für unser Vaterland spreche ich zu Euch; höret meine Worte mit Vertrauen! Eine beklagenswerthe Spaltung ist eingetreten zwischen der Krone und den Volksvertretern Preußens. In weiten Kreisen hat das deutsche Volk Partei genommen in diesem Streite; es hat es gethan in ruhiger und gesetzmäßiger Haltung. Aber auch die Stimme der Leidenschaft ertönt, und sie entzündet neue Leidenschaft. Ein Theil der preußischen Volksvertreter hat beschlossen, daß die Erhebung der Steuern einzustellen sei. Die Bande des Staatslebens sind dadurch gelockert, die bürgerliche Gesellschaft ist tief erschüttert, Preuß,n und mit ihm ganz Deutschland stehen auf der Schwelle des Bürgerkrieges. Preußen! Die zu Frankfurt versammelten Vertreter des deutschen Volkes haben in so verhängnißvollem Augenblicke das ausgleichende Wort des Friedens gesprochen. Die Reichsversammlung hat verlangt, daß Preußens König sich mit Männern umgebe, welche das Vertrauen des Landes genießen. Sie hat die Euch gewährten und verheißenen Rechte und Freiheiten feierlich verbürgt; sie hat Euch gegen jeden Versuch einer Beeinträchtigung derselben ihren Schutz zugesagt. Sie hat aber zugleich den auf die Einstellung der Steuererhebung gerichteten Beschluß der preußischen Volksvertreter für nichtig erklärt. Preußen! Die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für Alle! Deutsche! In voller Uebereinstimmung mit der Reichsversammlung werde ich handeln. Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, welcher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und Freiheiten des preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unverkümmert bleiben, wie allen unsern deutschen Brüdern. Ich rechne auf Euch, Preußen; Ihr werdet mir beistehen; Ihr werdet jede Ungesetzlichkeit, jede Gewaltthat meiden und Euch der Freiheit werth zeigen. Haltet den Frieden, ich werde ihn wahren. Deutsche! Auf Euch Alle rechne ich. Steht Ihr zu mir, wie ich zu Euch stehe! Das längst ersehnte Ziel, nach dem wir streben, ist näher gerückt, bald wird das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und unser schönes Vaterland wird in Einheit und Freiheit groß und mächtig sein! Frankfurt, den 21. Nuvember 1848. Der Reichsverweser: Erzherzog Johann. Die Reichsminister: Schmerling. Peucker. Duckwitz. Beckerath. R. Mohl. Handelsnachrichten. [irrelevantes Material]
<TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0795"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 151 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Freitag 24. November 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. (Promulgation der Verfassung in den Provinzen. — Mehemed Ali. — Finanzgerüchte. — Louis Bonaparte. — Marrast. — Verschiedenes. — National-Versammlung vom 21. Nov.)</p> <p><hi rendition="#g">Schweiz</hi>. Lugano. Bern. (Verschiedenes).</p> <p><hi rendition="#g">Dänemark</hi>. Kopenhagen. (Das neue Ministerium).</p> <p><hi rendition="#g">Portugal</hi>. (Verschiedenes).</p> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar151b_001" type="jArticle"> <head>Paris, 21. Nov.</head> <p>Sind wir gut unterrichtet, so wären der Regierung mehrere Depeschen zugegangen, welche ihr anzeigen, daß die Promulgation der neuen Verfassung in mehreren Städten durch den Ruf: Es lebe der neue Kaiser! Nieder mit der Bourgeois-Republik! u. s. w. unterbrochen worden.</p> <p>Ueber Marseille ist der Regierung gestern Abend die Nachricht zugekommen, daß der Vicekönig von Egypten, Mehmed Ali, gestorben ist. Einige Morgenblätter behaupten, es sei vielmehr sein Sohn, Ibrahim Pascha, gestorben. Man erwartet heute oder morgen nähere Berichte über dieses übrigens längst vorhergesehene Ereigniß. Ibrahim mag vielleicht ebenfalls krank sein, daher das Mißverständniß.</p> <p>— In der Finanzwelt geht das Gerücht, die Nordbahn werde die 12 Millionen Franken, welche sie dem Staate von den ihm schuldigen 57 Millionen Franken 1849 zahlen soll, wahrscheinlich nicht bezahlen können. Dies hieße aber den Nationalbankerott erklären, darum werden Herr Rothschild und die hohe Bank wohl Rath schaffen.</p> <p>— Von Louis Bonaparte ist eine von ihm schon früher ausgearbeitete Broschüre: „Geschichte der Kanone in den modernen Armeen,“ im Buchhandel angekündet. Die „Reform“ frägt: will uns dieser Mensch etwa einen 18. Brumaire systematisch einbläuen?</p> <p>(<hi rendition="#g">Rede Ledru Rollins</hi> auf dem Bankett am 19. Nov. im Chateau rouge, dem der ganze Klub beiwohnte:</p> <p>„Bürger! Lassen Sie uns auf die <hi rendition="#g">Universaldemokratie</hi> anstoßen (Beifall). Möchte Ihr Beifall in der ganzen Welt wiederhallen, damit die große Wahrheit in Aller Herzen dringe: die Morgenröthe der Volksregierungen d. h. wahrhaft demokratisch-sozialer Freistaaten bricht heran! Ja, sie bricht heran und mit ihr die Abschaffung des Elendes, die Rehabilitation des Proletariats. Die demokratisch-soziale Republik wird die Verbrüderung aller Menschen, die einzige Religion die es auf Erden geben soll, verwirklichen; sie wird alle Sekten lösen und alle Völker in eine einzige große Familie verbinden. Damit diese Morgenröthe zur baldigen Tageshelle werde, ist vor allen Dingen Einigkeit unter den Demokraten nöthig: von der Einigkeit der franz. Demokraten hängt zunächst das Schicksal der Welt ab. Sehen wir nicht, sowie die franz. Demokratie nur um eine Schritt stillsteht oder zurückweicht, erhebt sich die Reaktion und gefährdet die Entwicklung der Völker auf lange. Man prüfe die Geschichte der letzten acht Monate: Das Volk jagt den Elenden weg, der es gewagt hatte, seine Rechte mit Füßen zu treten. Auf den Barrikaden wählt es sich eine neue Regierung. Diese Regierung stellt ihre Grundsätze in einem Manifest vor der ganzen Welt dar. Sie Alle kennen diese Grundsätze. Wollten sie erobern? Nein. Die franz. Republik führt keine Kriege um einige Meilen Landes. Aber sie verhieß allen Völkern Unterstützung, welche gleich ihr die Ketten der Sklaverei brechen und sich eine vernünftige und naturgemäße Regierungsform geben wollten. Befreiung Italiens und Bruderbund mit Deutschland, so lauteten die Anträge und Beschlüsse der provisorischen Regierung im Schoße der Nationalversammlung. Wie hat sich das Alles geändert, seitdem die Reaktion sich des Regierungsruders bemächtigte und die Demokratie stillstand? An der spanischen Gränze liefert die franz. Regierung die edelsten Söhne, welche bei uns Asyl suchen, an den Soldatenchef Narvaez, der sie wie Hunde erschießen läßt (Tobender Beifall). Italien erhob schlug sich wie die Helden des Alterthums in Mailand und verjagte die Oestreicher. Entschlossene Handlung von Seiten der franz. Republik und die ganze Halbinsel wäre frei gewesen. Statt dessen bebt man zurück und nimmt zu Protokollen seine Zuflucht, jetzt seufzt Italien wieder unter dem Joch seiner Unterdrücker. Radetzki brandschatzt und keine Stimme erhebt sich in Frankreich (Tiefer Eindruck in der Versammlung). Die Donaufürstenthümer pflegten stets geheime Verbindungen mit Frankretch, wir brauchen jene Freunde gegen die Eroberungssucht Rußlands. Was thut Rußland? Es wirft 80,000 Mann in jene Gegenden, saugt sie aus und wir wagen nicht einmal ihm zuzurufen: Hinaus aus diesen Provinzen! Berlin erhebt sich kaum vier Wochen nach uns, und statt es in seinen Kampf gegen das Königthum zu unterstützen, paktisirt man mit ihm und läßt es stark genug, um jetzt die Nationalversammlung zu sprengen.</p> <p>Doch, hört es, Berliner, ist auch das französische Kabinet nicht mit Euch, so habt Ihr doch das französische Volk für Euch! (Beifall.) Wien erhebt sich und auch dort kämpft das Volk heldenmüthig gegen den starrsten Absolutismus … Es unterliegt aber, und unsere Armee von 60,000 Mann sieht von den Alpen herab ruhig zu, wie sich die Wiener verbluten! Furchtbare Erinnerung: ein Mann der Freiheit, dessen Hand ich zu drücken die Ehre hatte, fällt als Opfer der Rache eines Windischgrätz; es lebe Blum, es lebe seine Gattin und Kinder. (Der ganze Saal schreit: Rache für Blum! Es lebe Deutschland! Es leben die Wiener und Berliner!) O, Blum! möge sich dein Geist bei diesem Beifallssturm erhoben fühlen: der Gedanke an deinen Tod wird allen Deutschen das Schwert in die Hände geben, womit sie alle ihre Unterdrücker vertilgen werden. (Anhaltender Beifall).“</p> <p>Der Redner setzt unter immer steigendem Interesse seine Rundschau aller Ereignisse in- und außerhalb der Republik fort und beschwört noch einmal alle Demokraten, sich zu einigen, damit die Universal-Demokratie recht bald in's Leben trete.</p> <p>Das Bankett dauerte von 3 1/2 Uhr bis 8 Uhr Abends. Cavaignac hatte viele Truppen dahin beordert. Der ganze „Berg“ war anwesend.</p> <p>— Bei einem Verleger der Rue du Cherche Midi ist die erste Lieferung einer Bildergalerie der vorzüglichsten Junikämpfer erschienen.</p> <p>— Seit vorgestern wird ein neues kleines hochrothes Blatt, „die Natterzunge“, ausgerufen. Bastide, Thiers, Marrast, Louis Napoleon, Genoude u. A. werden darin tüchtig gegeißelt. Doch ist die Sprache ziemlich anständig.</p> <p>— Proudhon's „Peuple“ erscheint vom 23. d. an täglich. Es ist ihm gelungen, die Kaution zu vervollständigen.</p> <p>— In Paris bildet sich in diesem Augenblick unter Anführung der Chefs der verschiedenen sozialistischen Schulen sowie unter dem Schutze einer großen Zahl von Eigenthümern und Handelsleuten der Kern einer kolossalen Verbrüderung unter dem Namen: „Soziale Conföderation,“ deren Zweck unbedingte Abschaffung des Elendes und die es durchsetzen will, daß in alle europäische Verfassungen das Recht auf Arbeit eingeschrieben werde. Dieser großartige Verband würde seine Thätigkeit nicht blos auf Paris und das Gebiet der französischen Republik erstrecken, sondern auch auf alle Länder Europas ausdehnen, wo die Sozialisten bereits Verzweigungen haben. Diese Conföderation wird im nächsten Frühjahr einen europäischen Kongreß eröffnen, in welchem endlich einmal einige Einigkeit in die sozialistischen Dogmen gebracht werden soll. Jede industrielle und wissenschaftliche Klasse würde einen Vertreter herschicken. Das Proudhon'sche Blatt „La Peuple“ verspricht nächstens seinen Lesern die Statuten dieser Conföderation mitzutheilen.</p> <p>— Die Nadelstiche, denen Marrast seit seiner Thronbesteigung unaufhörlich ausgesetzt ist, veranlassen ihn endlich heute, folgenden Brief an die Urheberin all' dieser Stiche, „Gazette de France,“ zu richten:</p> <p>Paris, 19. Nov, 1848.</p> <p>Herr Redakteur. Ihr Journal sammelt mit einer wahrhaft erstaunenswerthen Gewissenhaftigkeit all' die sonderbaren Gerüchte, die über mich mündlich oder schriftlich ausgesprengt werden. Bald setze ich mich auf den Stuhl Ludwigs XIV. im Hoftheater zu Versailles; bald wohne ich in den ehemaligen königl. Forsten einem Treibjagen bei und heute lese ich in Ihrem Blatte, daß ich den Vortritt vor den Gesandschaften verlangt, daß ich einen Schreibtisch von Gold und Perlmutter aus einem Schlosse in mein Präsidentschaftshotel hätte bringen lassen etc.</p> <p>Ich will diesem albernen Geschwätz nicht die Ehre erweisen, es als Verläumdung zu erklären, ebensowenig will ich Ihnen selbst die Ehre erweisen, anzunehmen, daß Sie ein Wort davon glauben. Es liegt also auf der Hand, daß Sie mich nur angreifen wollten; aber es scheint mir, als hätte ich Ihnen doch nicht so ganz unbekannt sein sollen, um mich die Rolle eines lächerlichen Narren spielen zu lassen. Wenn Ihnen meine Vergangenheit wirklich das Recht dazu gab, so war es Ihrerseits allzugütig, mich dies nicht schon in dem Augenblick fühlen zu lassen, wo ich noch die Feder führte. Setzen Sie also, ich bitte Sie, doch ein wenig gesunden Sinn und guten Geschmack bei einem ehemaligen Mitbruder voraus, dessen Ideen, Sitten und Gefühle weder die Zeit noch die Revolutionen geändert haben.</p> <p>Ihr Mitbürger</p> <p>(gez.) A. <hi rendition="#g">Marrast</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 21. November. Anfang 1 1/2 Uhr. Vizepräsident Lacrosse ersetzt den Präsidenten Marrast.</p> <p><hi rendition="#g">Lacrosse</hi>: Ich ersuche die Versammlung, jetzt das Scrutin wieder zu beginnen, das gestern Abend über Artikel 1 des Gesetzentwurfs des Finanzausschusses rücksichtlich der Entschädigungen der Sparkassen und Schatzbonsträger eröffnet wurde, aber annullirt werden mußte.</p> <p><hi rendition="#g">Victor Grandin</hi>: Ist denn die Versammlung jetzt beschlußfähig? Ich schlage vor, eine zweite Urne auf die Bühne zu stellen und das Scrutin so lange offen zu lassen, bis die Versammlung beschlußfähig.</p> <p><hi rendition="#g">Lacrosse</hi>: Das wäre ein neuer Modus, der nicht reglementsmäßig; ich kann darum auf ihn nicht eingehen. Uebrigens scheint mir und dem Bureau die Versammlung beschlußfähig</p> <p>Die Wärter schreiten zur Abstimmung, welche folgendes Resultat giebt:</p> <p>Zahl der Stimmenden 511. Für den 1. Artikel des Finanzausschusses (welcher den Cours der Renten ändert) 405 Dagegen 106.</p> <p>§ 1 des Artikels 1 des Dekrets, dessen Wortlaut wir gestern mittheilten, ist somit angenommen, d. h. die Sparkassen und Schatzbonsrentencourse sind auf 71 Fr. 10 Ct. (für die 5pCt.) und 46 Fr. 40 Ct. (für die 3pCt.) festgestellt und die Differenzen sollen ausgeglichen werden</p> <p>Dieser Gegenstand ist wichtig, denn er birgt den Nationalbankerott in seinem Bauche. Es handelt sich, wie die Debats diesen Morgen sehr speziell nachweisen, um die Bagatelle von 600 Millionen Fr.</p> <p>Hier unterbricht Cavaignac die Debatte. Er steigt auf die Bühne.</p> <p><hi rendition="#g">Cavaignac</hi> (tiefe Stille): Bürger! beginnt er, Niemandeen unter Ihnen ist es ein Geheimniß, daß derjenige Ihrer Kollegen, welchem Sie die Vollziehungsgewalt übertragen, seit mehreren Monaten und namentlich in letzter Zeit Gegenstand der heftigsten Angriffe und Verläumdungen ist. Ich weiß wohl, daß mich das Amt, das Sie mir übertrugen, zum Dulden und Ertragen bestimmt. Aber letztere wurden in den letzten Tagen so heftig, daß ich die Versammlung damit beschäftigen muß. Ich war stets gewohnt, der Luge offen entgegen zu treten, wenn sie sich ohne Maske mir gegenüber zeigte. Damit nun die von meinen Kollegen (Barthelemy, Garnier-Pages, Paguerre, Lamartine etc.) gemachten Enthüllungen ganz an das Tageslicht gezogen und erörtert werden konnten, bitte ich Sie, den nächsten Donnerstag als Tag zur diesfälligen Diskussion festzusetzen</p> <p>Nach dieser Einleitung tritt der General in eine Beleuchtung der bekannten Erklärung des Lamartinschen Klubs und berührt die Vorwürfe, die ihn wegen der Propagandathätigkeit für seine Präsidentenwahl treffen.</p> <p><hi rendition="#g">Garnier-Pages</hi> erklärt sich gegen einige Aeußerungen. Der General hat gesagt, er habe bisher geschwiegen, um seinen Freund (Lamartine) zu schonen. Wir verlangen, daß er spreche, damit man sehe, daß wir stets loyal waren.</p> <p><hi rendition="#g">Joly</hi>: Lamartine muß anwesend sein. Ich beantrage Vertagung bis zu seiner Rückkehr.</p> <p>A. Rousseau und Ledru-Rollin nehmen das Wort Letzterer verlangt, daß auch Marie, Justizminister, zugezogen werde. (Ja, ja! Nein!)</p> <p>Die Versammlung beschließt, dieser parlamentarischen Schlacht den Sonnabend zu widmen und kehrt zur Tagesordnung zurück.</p> <p>Eine unbeschreibliche Aufregung herrscht noch im Saale. Es gelingt der Schelle des Präsidenten nur mit Mühe, die zur Diskussion nöthige Stille herzustellen.</p> <p>Die Versammlung nimmt nach einer Pause die Debatte über den § 2 des Artikels 1 des neuen Dekrets über die Schatzbons und Sparkassenbüchelchen-Reluition wieder auf.</p> <p>Dieser Paragraph lautet:</p> <p rendition="#et">„Die Differenz der bisherigen Börsencourse der 5pCt. Rente wird vom 7. Juli 1848 an gerechnet und vom 1. Januar 1850 an, ausgezahlt.“</p> <p><hi rendition="#g">Goudchaux</hi> hatte eine Aenderung vorgeschlagen, zieht sie aber zurück.</p> <p>Der Paragraph und demnächst der ganze Artikel 1 geht endlich durch.</p> <p>Eben so die Artikel 2, 3, 4 und 5, die lediglich von der Umwandlungsform handeln.</p> <p><hi rendition="#g">Charamaule</hi> trägt darauf an, daß die Vergütung der erlittenen Verluste nur den Inhabern jener Fonds zu Gute kommen soll, welche sie in jener Epoche wirklich besaßen.</p> <p><hi rendition="#g">Trouve Chauvel</hi>, Finanzminister, so wie der Berichterstatter des Finanzausschusses, erklären diese Ermittelung für unmöglich.</p> <p><hi rendition="#g">Mauguin</hi> unterstützt den Antrag</p> <p>Deeselbe wird zu Abstimmung gebracht und angenommen. (Sensation.)</p> <p>Artikel 6 verfügt die Gründung eines Amortisationsfonds.</p> <p>Wird angenommen.</p> <p>Das Gesammtgesetz kommt nun zur Abstimmung und wird durch Aufstehen und Sitzenbleiben angenommen.</p> <p>Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar151b_002_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Verschiedenes, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <head><bibl><author>**</author></bibl> Bern, 20. Novbr.</head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar151b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Lugano, 18. Nov.</head> <p>Die Spannung zwischen den Tessinern und den hiesigen Bundestruppen nimmt täglich zu. In der That aber benehmen sich auch unsere lieben Eidgenossen fast als ob sie in einem eroberten Lande wären. Wieder ein paar neue Thatsachen. Ein italienischer Flüchtling, der nach Piemont übertreten wollte, wurde vom eidgenössischen Gränzposten zurückgewiesen. Er beklagte sich in einem Wirthshause gegen einen Tessineser und sagte unter andern, es scheine. daß die Eidgenossen den Kanton ebenso unterjochen wollten wie Radetzki die Lombardei. Der Tessiner fand die Sache nicht ganz so schlimm und beruhigte den Italiener, gestand aber zu gleicher Zeit, daß er keine große Sympathie für die Art empfinde, mit der die Bundesbehörden in Tessin auftreten. Ein eidgenössischer Offizier, der zugegen war, ging hinaus, kam aber nach einiger Zeit mit einem Piket Soldaten wieder und wollte den Italiener verhaften. Da dieser aber schon fortgegangen, arretirte er den Tessiner, ließ ihn die Nacht in einem kalten Zimmer zubringen und den Morgen (die Sache trug sich in Mendrisio, an der Südspitze des Kantons zu) durch zwei Schützen nach Lugano, 3 Meilen weit, transportiren, ohne auf die Vorstellungen der Ortsbehörden zu hören. Hier angekommen, wurde der Gefangene natürlich sogleich wieder entlassen. — Ferner: Ein von hier abreisender italienischer Flüchtling schickte einem seiner hiesigen Freunde einen versiegelten Tornister mit darauf geschnalltem Säbel zum Aufbewahren zu. Als der Träger vor dem Regierungspalast vorbeikam, wurde er von zwei eidgenössischen Unteroffizieren angehalten und gezwungen, die Sachen in der Wachtstube zu deponiren. Der Empfänger der Sachen wandte sich an die Militärbehörden und erhielt nach einigen Tagen die betreffenden Gegenstände durch einen Soldaten zugeschickt. Aber wie! Die Siegel und Bänder des Tornisters waren zerrissen, der Inhalt durchsucht. Ob die Militärbehörden, ob die Herren von der Wachstube die Urheber dieser Verletzung waren, ist nicht bekannt.</p> <p>Die Hauptursache des schlechten Vernehmens zwischen Soldaten und Tessinern liegt aber nicht in dem Benehmen der Soldaten, in ihrem häufigen fraternisiren mit den ebenfalls deutschredenden östreichischen Truppen an der Gränze, das den Tessinern höchst widerwärtig sein mußte, in ihrer deutschen Grobheit und Unhöflichkeit, sie liegt in der schiefen Stellung, welche sie hier einnehmen. In der That sind sie weniger gegen die Oestreicher als gegen die Tessiner hergeschickt; die Mission die ihnen die eidg. Repräsentanten gegeben haben, gleicht weit weniger einem Schutz der schweiz. Neutralität gegen Radetzki als einer militärischen Okkupation und einer Polizei in seinem Dienste. Und was sollen vollends jetzt die neuen Sendungen von fast 3 Bataillonen, was die strengen Befehle des Vororts zur Ausweisung <hi rendition="#g">aller</hi> ital. Flüchtlinge, wo die Tessiner Regierung bereits alle Theilnehmer an dem Einfalle von Vall' Intelvi ausgewiesen und in Folge hiervon fast <hi rendition="#g">alle</hi> Flüchtlinge freiwillig weggezogen waren, noch ehe dieser Beschluß gefaßt war? In der That, man muß der Tessiner Regierung Recht geben, wenn sie gegen solche Maßregeln an die neuen Bundesbehörden appellirt, wo sie freilich wohl kein geneigteres Ohr finden wird.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Dänemark.</head> <div xml:id="ar151b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Kopenhagen, 18. Nov.</head> <p>Das Zustandekommen das neuen Ministeriums ist heute dem Reichstage vom Grafen A. W. Moltke offiziell mitgetheilt worden. Es besteht aus Graf A. W. Moltke, Präsident und Minister des Auswärtigen ad interim.; Bardenfleth, Justiz; Graf Sponneck, Finanzen; Madvig, Kultus; Bang, Inneres; Zahrtmann, Marine ad interim.; Hansen, Krieg; Professor Claussen, Minister ohne Portefeuille.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Portugal.</head> <div xml:id="ar151b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Lissabon, 11. Nov.</head> <p>Nach Allem, was man hier hört und beobachtet, wird binnen Kurzem eine neue Ministerkrisis eintreten. In dem jetzigen Ministerium ist Zwiespalt. Die Parteien Saldanha und Cabral stehen einander schon ziemlich gegenüber. Letztere wird allem Anschein nach die Oberhand behalten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>[Leserbriefe]</head> <div xml:id="ar151b_006" type="jArticle"> <head>Frankfurt a. M., 22. November, Morgens.</head> <p>So eben erscheint folgender Aufruf:</p> <p><hi rendition="#g">An das deutsche Volk</hi>!</p> <p>Deutsche! In ernster Stunde für unser Vaterland spreche ich zu Euch; höret meine Worte mit Vertrauen!</p> <p>Eine beklagenswerthe Spaltung ist eingetreten zwischen der Krone und den Volksvertretern Preußens. In weiten Kreisen hat das deutsche Volk Partei genommen in diesem Streite; es hat es gethan in ruhiger und gesetzmäßiger Haltung. Aber auch die Stimme der Leidenschaft ertönt, und sie entzündet neue Leidenschaft. Ein Theil der preußischen Volksvertreter hat beschlossen, daß die Erhebung der Steuern einzustellen sei. Die Bande des Staatslebens sind dadurch gelockert, die bürgerliche Gesellschaft ist tief erschüttert, Preuß,n und mit ihm ganz Deutschland stehen auf der Schwelle des Bürgerkrieges.</p> <p>Preußen! Die zu Frankfurt versammelten Vertreter des deutschen Volkes haben in so verhängnißvollem Augenblicke das ausgleichende Wort des Friedens gesprochen. Die Reichsversammlung hat verlangt, daß Preußens König sich mit Männern umgebe, welche das Vertrauen des Landes genießen. Sie hat die Euch gewährten und verheißenen Rechte und Freiheiten feierlich verbürgt; sie hat Euch gegen jeden Versuch einer Beeinträchtigung derselben ihren Schutz zugesagt. Sie hat aber zugleich den auf die Einstellung der Steuererhebung gerichteten Beschluß der preußischen Volksvertreter für nichtig erklärt.</p> <p>Preußen! Die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für Alle!</p> <p>Deutsche! In voller Uebereinstimmung mit der Reichsversammlung werde ich handeln. Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, welcher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und Freiheiten des preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unverkümmert bleiben, wie allen unsern deutschen Brüdern.</p> <p>Ich rechne auf Euch, Preußen; Ihr werdet mir beistehen; Ihr werdet jede Ungesetzlichkeit, jede Gewaltthat meiden und Euch der Freiheit werth zeigen. Haltet den Frieden, ich werde ihn wahren.</p> <p>Deutsche! Auf Euch Alle rechne ich. Steht Ihr zu mir, wie ich zu Euch stehe! Das längst ersehnte Ziel, nach dem wir streben, ist näher gerückt, bald wird das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und unser schönes Vaterland wird in Einheit und Freiheit groß und mächtig sein!</p> <p>Frankfurt, den 21. Nuvember 1848.</p> <p><hi rendition="#g">Der Reichsverweser: Erzherzog Johann</hi>.</p> <p><hi rendition="#g">Die Reichsminister:</hi> Schmerling. Peucker. Duckwitz. Beckerath. R. Mohl.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Handelsnachrichten.</head> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [0795/0001]
Beilage zu Nr. 151 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 24. November 1848. Uebersicht. Franz. Republik. Paris. (Promulgation der Verfassung in den Provinzen. — Mehemed Ali. — Finanzgerüchte. — Louis Bonaparte. — Marrast. — Verschiedenes. — National-Versammlung vom 21. Nov.)
Schweiz. Lugano. Bern. (Verschiedenes).
Dänemark. Kopenhagen. (Das neue Ministerium).
Portugal. (Verschiedenes).
Französische Republik. Paris, 21. Nov. Sind wir gut unterrichtet, so wären der Regierung mehrere Depeschen zugegangen, welche ihr anzeigen, daß die Promulgation der neuen Verfassung in mehreren Städten durch den Ruf: Es lebe der neue Kaiser! Nieder mit der Bourgeois-Republik! u. s. w. unterbrochen worden.
Ueber Marseille ist der Regierung gestern Abend die Nachricht zugekommen, daß der Vicekönig von Egypten, Mehmed Ali, gestorben ist. Einige Morgenblätter behaupten, es sei vielmehr sein Sohn, Ibrahim Pascha, gestorben. Man erwartet heute oder morgen nähere Berichte über dieses übrigens längst vorhergesehene Ereigniß. Ibrahim mag vielleicht ebenfalls krank sein, daher das Mißverständniß.
— In der Finanzwelt geht das Gerücht, die Nordbahn werde die 12 Millionen Franken, welche sie dem Staate von den ihm schuldigen 57 Millionen Franken 1849 zahlen soll, wahrscheinlich nicht bezahlen können. Dies hieße aber den Nationalbankerott erklären, darum werden Herr Rothschild und die hohe Bank wohl Rath schaffen.
— Von Louis Bonaparte ist eine von ihm schon früher ausgearbeitete Broschüre: „Geschichte der Kanone in den modernen Armeen,“ im Buchhandel angekündet. Die „Reform“ frägt: will uns dieser Mensch etwa einen 18. Brumaire systematisch einbläuen?
(Rede Ledru Rollins auf dem Bankett am 19. Nov. im Chateau rouge, dem der ganze Klub beiwohnte:
„Bürger! Lassen Sie uns auf die Universaldemokratie anstoßen (Beifall). Möchte Ihr Beifall in der ganzen Welt wiederhallen, damit die große Wahrheit in Aller Herzen dringe: die Morgenröthe der Volksregierungen d. h. wahrhaft demokratisch-sozialer Freistaaten bricht heran! Ja, sie bricht heran und mit ihr die Abschaffung des Elendes, die Rehabilitation des Proletariats. Die demokratisch-soziale Republik wird die Verbrüderung aller Menschen, die einzige Religion die es auf Erden geben soll, verwirklichen; sie wird alle Sekten lösen und alle Völker in eine einzige große Familie verbinden. Damit diese Morgenröthe zur baldigen Tageshelle werde, ist vor allen Dingen Einigkeit unter den Demokraten nöthig: von der Einigkeit der franz. Demokraten hängt zunächst das Schicksal der Welt ab. Sehen wir nicht, sowie die franz. Demokratie nur um eine Schritt stillsteht oder zurückweicht, erhebt sich die Reaktion und gefährdet die Entwicklung der Völker auf lange. Man prüfe die Geschichte der letzten acht Monate: Das Volk jagt den Elenden weg, der es gewagt hatte, seine Rechte mit Füßen zu treten. Auf den Barrikaden wählt es sich eine neue Regierung. Diese Regierung stellt ihre Grundsätze in einem Manifest vor der ganzen Welt dar. Sie Alle kennen diese Grundsätze. Wollten sie erobern? Nein. Die franz. Republik führt keine Kriege um einige Meilen Landes. Aber sie verhieß allen Völkern Unterstützung, welche gleich ihr die Ketten der Sklaverei brechen und sich eine vernünftige und naturgemäße Regierungsform geben wollten. Befreiung Italiens und Bruderbund mit Deutschland, so lauteten die Anträge und Beschlüsse der provisorischen Regierung im Schoße der Nationalversammlung. Wie hat sich das Alles geändert, seitdem die Reaktion sich des Regierungsruders bemächtigte und die Demokratie stillstand? An der spanischen Gränze liefert die franz. Regierung die edelsten Söhne, welche bei uns Asyl suchen, an den Soldatenchef Narvaez, der sie wie Hunde erschießen läßt (Tobender Beifall). Italien erhob schlug sich wie die Helden des Alterthums in Mailand und verjagte die Oestreicher. Entschlossene Handlung von Seiten der franz. Republik und die ganze Halbinsel wäre frei gewesen. Statt dessen bebt man zurück und nimmt zu Protokollen seine Zuflucht, jetzt seufzt Italien wieder unter dem Joch seiner Unterdrücker. Radetzki brandschatzt und keine Stimme erhebt sich in Frankreich (Tiefer Eindruck in der Versammlung). Die Donaufürstenthümer pflegten stets geheime Verbindungen mit Frankretch, wir brauchen jene Freunde gegen die Eroberungssucht Rußlands. Was thut Rußland? Es wirft 80,000 Mann in jene Gegenden, saugt sie aus und wir wagen nicht einmal ihm zuzurufen: Hinaus aus diesen Provinzen! Berlin erhebt sich kaum vier Wochen nach uns, und statt es in seinen Kampf gegen das Königthum zu unterstützen, paktisirt man mit ihm und läßt es stark genug, um jetzt die Nationalversammlung zu sprengen.
Doch, hört es, Berliner, ist auch das französische Kabinet nicht mit Euch, so habt Ihr doch das französische Volk für Euch! (Beifall.) Wien erhebt sich und auch dort kämpft das Volk heldenmüthig gegen den starrsten Absolutismus … Es unterliegt aber, und unsere Armee von 60,000 Mann sieht von den Alpen herab ruhig zu, wie sich die Wiener verbluten! Furchtbare Erinnerung: ein Mann der Freiheit, dessen Hand ich zu drücken die Ehre hatte, fällt als Opfer der Rache eines Windischgrätz; es lebe Blum, es lebe seine Gattin und Kinder. (Der ganze Saal schreit: Rache für Blum! Es lebe Deutschland! Es leben die Wiener und Berliner!) O, Blum! möge sich dein Geist bei diesem Beifallssturm erhoben fühlen: der Gedanke an deinen Tod wird allen Deutschen das Schwert in die Hände geben, womit sie alle ihre Unterdrücker vertilgen werden. (Anhaltender Beifall).“
Der Redner setzt unter immer steigendem Interesse seine Rundschau aller Ereignisse in- und außerhalb der Republik fort und beschwört noch einmal alle Demokraten, sich zu einigen, damit die Universal-Demokratie recht bald in's Leben trete.
Das Bankett dauerte von 3 1/2 Uhr bis 8 Uhr Abends. Cavaignac hatte viele Truppen dahin beordert. Der ganze „Berg“ war anwesend.
— Bei einem Verleger der Rue du Cherche Midi ist die erste Lieferung einer Bildergalerie der vorzüglichsten Junikämpfer erschienen.
— Seit vorgestern wird ein neues kleines hochrothes Blatt, „die Natterzunge“, ausgerufen. Bastide, Thiers, Marrast, Louis Napoleon, Genoude u. A. werden darin tüchtig gegeißelt. Doch ist die Sprache ziemlich anständig.
— Proudhon's „Peuple“ erscheint vom 23. d. an täglich. Es ist ihm gelungen, die Kaution zu vervollständigen.
— In Paris bildet sich in diesem Augenblick unter Anführung der Chefs der verschiedenen sozialistischen Schulen sowie unter dem Schutze einer großen Zahl von Eigenthümern und Handelsleuten der Kern einer kolossalen Verbrüderung unter dem Namen: „Soziale Conföderation,“ deren Zweck unbedingte Abschaffung des Elendes und die es durchsetzen will, daß in alle europäische Verfassungen das Recht auf Arbeit eingeschrieben werde. Dieser großartige Verband würde seine Thätigkeit nicht blos auf Paris und das Gebiet der französischen Republik erstrecken, sondern auch auf alle Länder Europas ausdehnen, wo die Sozialisten bereits Verzweigungen haben. Diese Conföderation wird im nächsten Frühjahr einen europäischen Kongreß eröffnen, in welchem endlich einmal einige Einigkeit in die sozialistischen Dogmen gebracht werden soll. Jede industrielle und wissenschaftliche Klasse würde einen Vertreter herschicken. Das Proudhon'sche Blatt „La Peuple“ verspricht nächstens seinen Lesern die Statuten dieser Conföderation mitzutheilen.
— Die Nadelstiche, denen Marrast seit seiner Thronbesteigung unaufhörlich ausgesetzt ist, veranlassen ihn endlich heute, folgenden Brief an die Urheberin all' dieser Stiche, „Gazette de France,“ zu richten:
Paris, 19. Nov, 1848.
Herr Redakteur. Ihr Journal sammelt mit einer wahrhaft erstaunenswerthen Gewissenhaftigkeit all' die sonderbaren Gerüchte, die über mich mündlich oder schriftlich ausgesprengt werden. Bald setze ich mich auf den Stuhl Ludwigs XIV. im Hoftheater zu Versailles; bald wohne ich in den ehemaligen königl. Forsten einem Treibjagen bei und heute lese ich in Ihrem Blatte, daß ich den Vortritt vor den Gesandschaften verlangt, daß ich einen Schreibtisch von Gold und Perlmutter aus einem Schlosse in mein Präsidentschaftshotel hätte bringen lassen etc.
Ich will diesem albernen Geschwätz nicht die Ehre erweisen, es als Verläumdung zu erklären, ebensowenig will ich Ihnen selbst die Ehre erweisen, anzunehmen, daß Sie ein Wort davon glauben. Es liegt also auf der Hand, daß Sie mich nur angreifen wollten; aber es scheint mir, als hätte ich Ihnen doch nicht so ganz unbekannt sein sollen, um mich die Rolle eines lächerlichen Narren spielen zu lassen. Wenn Ihnen meine Vergangenheit wirklich das Recht dazu gab, so war es Ihrerseits allzugütig, mich dies nicht schon in dem Augenblick fühlen zu lassen, wo ich noch die Feder führte. Setzen Sie also, ich bitte Sie, doch ein wenig gesunden Sinn und guten Geschmack bei einem ehemaligen Mitbruder voraus, dessen Ideen, Sitten und Gefühle weder die Zeit noch die Revolutionen geändert haben.
Ihr Mitbürger
(gez.) A. Marrast.
National-Versammlung. Sitzung vom 21. November. Anfang 1 1/2 Uhr. Vizepräsident Lacrosse ersetzt den Präsidenten Marrast.
Lacrosse: Ich ersuche die Versammlung, jetzt das Scrutin wieder zu beginnen, das gestern Abend über Artikel 1 des Gesetzentwurfs des Finanzausschusses rücksichtlich der Entschädigungen der Sparkassen und Schatzbonsträger eröffnet wurde, aber annullirt werden mußte.
Victor Grandin: Ist denn die Versammlung jetzt beschlußfähig? Ich schlage vor, eine zweite Urne auf die Bühne zu stellen und das Scrutin so lange offen zu lassen, bis die Versammlung beschlußfähig.
Lacrosse: Das wäre ein neuer Modus, der nicht reglementsmäßig; ich kann darum auf ihn nicht eingehen. Uebrigens scheint mir und dem Bureau die Versammlung beschlußfähig
Die Wärter schreiten zur Abstimmung, welche folgendes Resultat giebt:
Zahl der Stimmenden 511. Für den 1. Artikel des Finanzausschusses (welcher den Cours der Renten ändert) 405 Dagegen 106.
§ 1 des Artikels 1 des Dekrets, dessen Wortlaut wir gestern mittheilten, ist somit angenommen, d. h. die Sparkassen und Schatzbonsrentencourse sind auf 71 Fr. 10 Ct. (für die 5pCt.) und 46 Fr. 40 Ct. (für die 3pCt.) festgestellt und die Differenzen sollen ausgeglichen werden
Dieser Gegenstand ist wichtig, denn er birgt den Nationalbankerott in seinem Bauche. Es handelt sich, wie die Debats diesen Morgen sehr speziell nachweisen, um die Bagatelle von 600 Millionen Fr.
Hier unterbricht Cavaignac die Debatte. Er steigt auf die Bühne.
Cavaignac (tiefe Stille): Bürger! beginnt er, Niemandeen unter Ihnen ist es ein Geheimniß, daß derjenige Ihrer Kollegen, welchem Sie die Vollziehungsgewalt übertragen, seit mehreren Monaten und namentlich in letzter Zeit Gegenstand der heftigsten Angriffe und Verläumdungen ist. Ich weiß wohl, daß mich das Amt, das Sie mir übertrugen, zum Dulden und Ertragen bestimmt. Aber letztere wurden in den letzten Tagen so heftig, daß ich die Versammlung damit beschäftigen muß. Ich war stets gewohnt, der Luge offen entgegen zu treten, wenn sie sich ohne Maske mir gegenüber zeigte. Damit nun die von meinen Kollegen (Barthelemy, Garnier-Pages, Paguerre, Lamartine etc.) gemachten Enthüllungen ganz an das Tageslicht gezogen und erörtert werden konnten, bitte ich Sie, den nächsten Donnerstag als Tag zur diesfälligen Diskussion festzusetzen
Nach dieser Einleitung tritt der General in eine Beleuchtung der bekannten Erklärung des Lamartinschen Klubs und berührt die Vorwürfe, die ihn wegen der Propagandathätigkeit für seine Präsidentenwahl treffen.
Garnier-Pages erklärt sich gegen einige Aeußerungen. Der General hat gesagt, er habe bisher geschwiegen, um seinen Freund (Lamartine) zu schonen. Wir verlangen, daß er spreche, damit man sehe, daß wir stets loyal waren.
Joly: Lamartine muß anwesend sein. Ich beantrage Vertagung bis zu seiner Rückkehr.
A. Rousseau und Ledru-Rollin nehmen das Wort Letzterer verlangt, daß auch Marie, Justizminister, zugezogen werde. (Ja, ja! Nein!)
Die Versammlung beschließt, dieser parlamentarischen Schlacht den Sonnabend zu widmen und kehrt zur Tagesordnung zurück.
Eine unbeschreibliche Aufregung herrscht noch im Saale. Es gelingt der Schelle des Präsidenten nur mit Mühe, die zur Diskussion nöthige Stille herzustellen.
Die Versammlung nimmt nach einer Pause die Debatte über den § 2 des Artikels 1 des neuen Dekrets über die Schatzbons und Sparkassenbüchelchen-Reluition wieder auf.
Dieser Paragraph lautet:
„Die Differenz der bisherigen Börsencourse der 5pCt. Rente wird vom 7. Juli 1848 an gerechnet und vom 1. Januar 1850 an, ausgezahlt.“
Goudchaux hatte eine Aenderung vorgeschlagen, zieht sie aber zurück.
Der Paragraph und demnächst der ganze Artikel 1 geht endlich durch.
Eben so die Artikel 2, 3, 4 und 5, die lediglich von der Umwandlungsform handeln.
Charamaule trägt darauf an, daß die Vergütung der erlittenen Verluste nur den Inhabern jener Fonds zu Gute kommen soll, welche sie in jener Epoche wirklich besaßen.
Trouve Chauvel, Finanzminister, so wie der Berichterstatter des Finanzausschusses, erklären diese Ermittelung für unmöglich.
Mauguin unterstützt den Antrag
Deeselbe wird zu Abstimmung gebracht und angenommen. (Sensation.)
Artikel 6 verfügt die Gründung eines Amortisationsfonds.
Wird angenommen.
Das Gesammtgesetz kommt nun zur Abstimmung und wird durch Aufstehen und Sitzenbleiben angenommen.
Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.
Schweiz. ** Bern, 20. Novbr. _ ** Lugano, 18. Nov. Die Spannung zwischen den Tessinern und den hiesigen Bundestruppen nimmt täglich zu. In der That aber benehmen sich auch unsere lieben Eidgenossen fast als ob sie in einem eroberten Lande wären. Wieder ein paar neue Thatsachen. Ein italienischer Flüchtling, der nach Piemont übertreten wollte, wurde vom eidgenössischen Gränzposten zurückgewiesen. Er beklagte sich in einem Wirthshause gegen einen Tessineser und sagte unter andern, es scheine. daß die Eidgenossen den Kanton ebenso unterjochen wollten wie Radetzki die Lombardei. Der Tessiner fand die Sache nicht ganz so schlimm und beruhigte den Italiener, gestand aber zu gleicher Zeit, daß er keine große Sympathie für die Art empfinde, mit der die Bundesbehörden in Tessin auftreten. Ein eidgenössischer Offizier, der zugegen war, ging hinaus, kam aber nach einiger Zeit mit einem Piket Soldaten wieder und wollte den Italiener verhaften. Da dieser aber schon fortgegangen, arretirte er den Tessiner, ließ ihn die Nacht in einem kalten Zimmer zubringen und den Morgen (die Sache trug sich in Mendrisio, an der Südspitze des Kantons zu) durch zwei Schützen nach Lugano, 3 Meilen weit, transportiren, ohne auf die Vorstellungen der Ortsbehörden zu hören. Hier angekommen, wurde der Gefangene natürlich sogleich wieder entlassen. — Ferner: Ein von hier abreisender italienischer Flüchtling schickte einem seiner hiesigen Freunde einen versiegelten Tornister mit darauf geschnalltem Säbel zum Aufbewahren zu. Als der Träger vor dem Regierungspalast vorbeikam, wurde er von zwei eidgenössischen Unteroffizieren angehalten und gezwungen, die Sachen in der Wachtstube zu deponiren. Der Empfänger der Sachen wandte sich an die Militärbehörden und erhielt nach einigen Tagen die betreffenden Gegenstände durch einen Soldaten zugeschickt. Aber wie! Die Siegel und Bänder des Tornisters waren zerrissen, der Inhalt durchsucht. Ob die Militärbehörden, ob die Herren von der Wachstube die Urheber dieser Verletzung waren, ist nicht bekannt.
Die Hauptursache des schlechten Vernehmens zwischen Soldaten und Tessinern liegt aber nicht in dem Benehmen der Soldaten, in ihrem häufigen fraternisiren mit den ebenfalls deutschredenden östreichischen Truppen an der Gränze, das den Tessinern höchst widerwärtig sein mußte, in ihrer deutschen Grobheit und Unhöflichkeit, sie liegt in der schiefen Stellung, welche sie hier einnehmen. In der That sind sie weniger gegen die Oestreicher als gegen die Tessiner hergeschickt; die Mission die ihnen die eidg. Repräsentanten gegeben haben, gleicht weit weniger einem Schutz der schweiz. Neutralität gegen Radetzki als einer militärischen Okkupation und einer Polizei in seinem Dienste. Und was sollen vollends jetzt die neuen Sendungen von fast 3 Bataillonen, was die strengen Befehle des Vororts zur Ausweisung aller ital. Flüchtlinge, wo die Tessiner Regierung bereits alle Theilnehmer an dem Einfalle von Vall' Intelvi ausgewiesen und in Folge hiervon fast alle Flüchtlinge freiwillig weggezogen waren, noch ehe dieser Beschluß gefaßt war? In der That, man muß der Tessiner Regierung Recht geben, wenn sie gegen solche Maßregeln an die neuen Bundesbehörden appellirt, wo sie freilich wohl kein geneigteres Ohr finden wird.
Dänemark. * Kopenhagen, 18. Nov. Das Zustandekommen das neuen Ministeriums ist heute dem Reichstage vom Grafen A. W. Moltke offiziell mitgetheilt worden. Es besteht aus Graf A. W. Moltke, Präsident und Minister des Auswärtigen ad interim.; Bardenfleth, Justiz; Graf Sponneck, Finanzen; Madvig, Kultus; Bang, Inneres; Zahrtmann, Marine ad interim.; Hansen, Krieg; Professor Claussen, Minister ohne Portefeuille.
Portugal. * Lissabon, 11. Nov. Nach Allem, was man hier hört und beobachtet, wird binnen Kurzem eine neue Ministerkrisis eintreten. In dem jetzigen Ministerium ist Zwiespalt. Die Parteien Saldanha und Cabral stehen einander schon ziemlich gegenüber. Letztere wird allem Anschein nach die Oberhand behalten.
[Leserbriefe] Frankfurt a. M., 22. November, Morgens. So eben erscheint folgender Aufruf:
An das deutsche Volk!
Deutsche! In ernster Stunde für unser Vaterland spreche ich zu Euch; höret meine Worte mit Vertrauen!
Eine beklagenswerthe Spaltung ist eingetreten zwischen der Krone und den Volksvertretern Preußens. In weiten Kreisen hat das deutsche Volk Partei genommen in diesem Streite; es hat es gethan in ruhiger und gesetzmäßiger Haltung. Aber auch die Stimme der Leidenschaft ertönt, und sie entzündet neue Leidenschaft. Ein Theil der preußischen Volksvertreter hat beschlossen, daß die Erhebung der Steuern einzustellen sei. Die Bande des Staatslebens sind dadurch gelockert, die bürgerliche Gesellschaft ist tief erschüttert, Preuß,n und mit ihm ganz Deutschland stehen auf der Schwelle des Bürgerkrieges.
Preußen! Die zu Frankfurt versammelten Vertreter des deutschen Volkes haben in so verhängnißvollem Augenblicke das ausgleichende Wort des Friedens gesprochen. Die Reichsversammlung hat verlangt, daß Preußens König sich mit Männern umgebe, welche das Vertrauen des Landes genießen. Sie hat die Euch gewährten und verheißenen Rechte und Freiheiten feierlich verbürgt; sie hat Euch gegen jeden Versuch einer Beeinträchtigung derselben ihren Schutz zugesagt. Sie hat aber zugleich den auf die Einstellung der Steuererhebung gerichteten Beschluß der preußischen Volksvertreter für nichtig erklärt.
Preußen! Die Reichsversammlung zu Frankfurt vertritt die Gesammtheit der deutschen Nation, ihr Ausspruch ist oberstes Gesetz für Alle!
Deutsche! In voller Uebereinstimmung mit der Reichsversammlung werde ich handeln. Ich werde die Vollziehung jenes Beschlusses nicht dulden, welcher durch Einstellung der Steuererhebung in Preußen die Wohlfahrt von ganz Deutschland gefährdet. Ich werde aber auch die Bürgschaft der Rechte und Freiheiten des preußischen Volkes zur Geltung bringen; sie sollen ihm unverkümmert bleiben, wie allen unsern deutschen Brüdern.
Ich rechne auf Euch, Preußen; Ihr werdet mir beistehen; Ihr werdet jede Ungesetzlichkeit, jede Gewaltthat meiden und Euch der Freiheit werth zeigen. Haltet den Frieden, ich werde ihn wahren.
Deutsche! Auf Euch Alle rechne ich. Steht Ihr zu mir, wie ich zu Euch stehe! Das längst ersehnte Ziel, nach dem wir streben, ist näher gerückt, bald wird das Verfassungswerk für Deutschland vollendet und unser schönes Vaterland wird in Einheit und Freiheit groß und mächtig sein!
Frankfurt, den 21. Nuvember 1848.
Der Reichsverweser: Erzherzog Johann.
Die Reichsminister: Schmerling. Peucker. Duckwitz. Beckerath. R. Mohl.
Handelsnachrichten. _
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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